Einleitung
David hat den HERRN gebeten, dass Er ihn von dem Zorn Gottes erlösen möchte, den er wegen seiner Ungerechtigkeit erlitt (Ps 39,9). In Psalm 40 antwortet der HERR auf Davids Bitte. Die Antwort kommt durch Christus, den Sohn Davids, der in diese Welt kam (Vers 8), um den Willen Gottes zu tun, nämlich um David und uns alle zu retten.
Dies ist ein messianischer Psalm. Es geht um den Herrn Jesus. Dies geht deutlich aus Hebräer 10 hervor, wo die Verse 7–9 dieses Psalms nicht als Zitat von David geschrieben sind, sondern Christus zugeschrieben werden. Er spricht diese Worte bei seinem Kommen in die Welt (Heb 10,5–7). Der Psalm stellt den Herrn Jesus dar, der zum gehorsamen Diener auf der Erde wird in dem Leib, den Gott für Ihn vorbereitet hat. Auf der Erde ist Er elend und arm, während Er geduldig auf Gottes Hilfe harrt.
Chronologisch gesehen scheinen die Verse 2–5 am Ende des Psalms stehen zu müssen. In diesem ersten Teil des Psalms geht es um die Auferstehung Christi und ihre Folgen. Von Vers 7 bis zum Ende des Psalms geht es um das Kommen von Christus und sein Leiden. In diesem Psalm ist es anders als in vielen anderen Psalmen, wo zuerst die Tiefe des Leidens beschrieben wird und mit einem Lied der Erlösung und des Sieges endet.
Wir sehen in diesem Psalm, dass Christus die Leiden seines Volkes durchmacht und geprüft wird, um ihnen ein ermutigendes Beispiel zu sein. Er wartet auf die Befreiung durch seinen Gott, während Er sich dem Willen Gottes unterwirft. In diesem Psalm wird gelegentlich das sühnende Leiden anstelle seines Volkes erwähnt. Das Hauptthema ist das Leiden Christi als Ermutigung für den gläubigen Überrest in der großen Drangsal, im Ihm darin nachzufolgen.
1 Überschrift
1 Dem Vorsänger. Von David, ein Psalm.
Für den Ausdruck „Vorsänger“ siehe die Erklärung zu Psalm 4,1.
Für den Ausdruck „von David, ein Psalm“ siehe die Erklärung zu Psalm 3,1.
Es ist kein direkter Anknüpfungspunkt im Leben Davids zu finden, der ein Grund für das Dichten dieses Psalms sein könnte. Der Geist Christi hat ihn inspiriert, diesen Psalm im Hinblick auf Christus zu verfassen.
2 - 6 Ein neues Lied
2 Beharrlich habe ich auf den HERRN geharrt, und er hat sich zu mir geneigt und mein Schreien gehört.
3 Er hat mich heraufgeführt aus der Grube des Verderbens, aus kotigem Schlamm; und er hat meine Füße auf einen Felsen gestellt, meine Schritte befestigt.
4 Und in meinen Mund hat er ein neues Lied gelegt, einen Lobgesang unserem Gott. Viele werden es sehen und sich fürchten und auf den HERRN vertrauen.
5 Glückselig der Mann, der den HERRN zu seiner Zuversicht macht und sich nicht wendet zu den Übermütigen und zu denen, die zur Lüge abweichen!
6 Vielfach hast du deine Wundertaten und deine Gedanken gegen uns erwiesen, HERR, mein Gott; nicht kann man sie dir der Reihe nach vorstellen. Wollte ich davon berichten und reden, sie sind zu zahlreich, um sie aufzuzählen.
David oder der Geist Christi beginnt den Psalm, indem er darauf hinweist, dass er „beharrlich“, im Sinn von sehr stark, „auf den HERRN geharrt“ hat (Vers 2). Es war nicht nur ein schwaches Harren, sondern er hat intensiv geharrt. Bei ihm hat das Ausharren ein vollkommenes Werk (Jak 1,4). Er hat weiter auf Gott vertraut, während er sehr gelitten hat, während Gott nicht eingegriffen hat.
Dies war besonders bei Christus der Fall. Sein Leben auf der Erde war eine Zeit des Leidens, besonders in der letzten Woche seines Lebens auf der Erde. Sein Beispiel wird eine besondere Ermutigung für den gläubigen Überrest sein, wenn sie in der großen Drangsal leiden.
Christus erlebte, wie Gott sich zu Ihm neigte. Gott hat sozusagen sein Ohr an den Mund von Christus gehalten. Auf diese Weise hörte Er aufmerksam auf seine Hilferufe. Wir hören diesen Hilferuf von Ihm als Er in Gethsemane Bitten und Flehen dem darbringt, der vermag Ihn aus dem Tod zu erretten. Und Er ist erhört worden wegen seiner Frömmigkeit (Heb 5,7), nachdem Er den ganzen Weg des Gehorsams gegenüber Gott vollendet hat.
Eine erste Erhörung auf sein Flehen geschah in dem Moment, als Er seinen Geist in die Hände des Vaters befiehlt. Dann ist das Werk vollbracht. Nach den drei Stunden der Finsternis, in denen der Herr Jesus von Gott verlassen ist, gibt es wieder Gemeinschaft mit seinem Gott. Er wird dann „heraufgeführt aus der Grube des Verderbens“ (Vers 3; vgl. Ps 69,3.15). Er ist in den kotigen Schlamm unserer Sünden eingetaucht worden.
Die weitere Erfüllung der Erhörung geschieht, als die Herrlichkeit des Vaters den Herrn Jesus aus den Toten auferweckt (Röm 6,4) und seine „Füße auf einen Felsen gestellt“ hat. Die Auferstehung ist der feste, unerschütterliche Grund, auf dem jeder Gläubige steht, der mit Christus durch sein Werk am Kreuz verbunden ist. Auf diesem Weg sind die Schritte befestigt. Es besteht keine Gefahr, wieder in die Grube zu kommen und im schlammigen Morast zu versinken.
Diesem Handeln Gottes zu seinen Gunsten in seiner Befreiung folgt das neue Lied, das Er in den Mund Christi legt (Vers 4). Es ist das Lied der vollständigen Befreiung vom Gericht, weil es von Ihm getragen wurde. Das neue Lied ist immer mit der Erlösung verbunden (vgl. Off 14,3).
Das neue Lied, das in seinem Mund ist, ist „ein Lobgesang unserem Gott“, das heißt, ein Lobgesang, das von allen gesungen wird, die Gott „unseren Gott“ nennen. Sie gehören dem Herrn Jesus durch den Glauben an Ihn. Durch sein Werk ist sein Gott auch ihr Gott geworden (vgl. Joh 20,17; Heb 2,12).
Von dem, was Gott in der Auferstehung von Christus getan hat, geht ein Zeugnis aus, das von vielen gesehen wird. Infolgedessen werden sie Gott fürchten und auf Ihn vertrauen. Das wird auch in der Endzeit so sein, wenn der treue Überrest das neue Lied der Erlösung singen wird, weil er mit und in Bezug auf Christus gelitten hat und auch erhört wurde, wie Er erhört wurde. Es ist ein Zeugnis für alle.
Das gilt auch für uns. Unser Leben ist mit dem auferstandenen Herrn verbunden. Das neue Lied, das wir singen, das Lied des Lammes, basiert ebenfalls auf dem Opfer Christi. Es ist ein Zeugnis für die Menschen um uns herum, sodass es solche gibt, die auf Gott vertrauen werden.
Wir sind die ersten der vielen, die das neue Lied im Himmel singen (Off 5,9; 14,3). Wir singen das neue Lied bereits auf der Erde als ein Lied des Dankes für die uns in Christus geschenkte Erlösung. Es ist doch nicht möglich, über seine Hingabe an Gott zu schweigen, durch die wir vor dem Gericht gerettet wurden und unzählige Segnungen erhalten haben?
Diejenigen, die in der Nachfolge Christi ihr Vertrauen auf Gott setzen, sind „glückselig“ oder glücklich im vollsten Sinn des Wortes (Vers 5; vgl. Ps 1,1). Die Umstände, unter denen dies geschieht, werden im zweiten Teil des Verses erwähnt. Es ist eine Zeit, in der sich viele an Menschen wenden, die übermütig sind. Übermütige Menschen vertrauen auf sich selbst und nicht auf Gott. Das sind Menschen, die den Platz Gottes einnehmen wollen; das ist der Kern der Sünde des Teufels (1Tim 3,6), der wie Gott sein wollte.
Wir sehen diese übermütigen Menschen in der Masse der abgefallenen Juden. Sie verwerfen die Wahrheit in Christus und greifen zur Lüge (2Thes 2,11). Hochmut und Falschheit sind die Merkmale des Antichristen und seiner Anhänger. Wer da nicht mitmacht, sondern gegen den Strom auf Gott vertraut, ist gesegnet.
David drückt durch den Geist Christi sein Staunen über die Wunder aus, die der HERR, sein Gott, an allen getan hat, die zum Überrest gehören (Vers 6). Jeder Gläubige, der davor bewahrt wird, in den Abfall hineingezogen zu werden, ist ein von Gott gewirktes Wunder. Dies gilt für die Gläubigen in der großen Drangsal. Er hat sie bewahrt.
Hier geht es in der Tat um die vielen Wunder, die der HERR in der Vergangenheit für uns getan hat, besonders im Zusammenhang mit dem Kommen Christi auf die Erde. Gottes Wundertaten für die Seinen sind in jedem Gläubigen zu allen Zeiten und in seinem Volk als Ganzes sichtbar, sowohl im Alten als auch im Neuen Testament.
Gott hat nicht nur viele Wundertaten vollbracht, sondern Er hat auch Gedanken über die Seinen. Dies sind seine Ratschlüsse, seine Vorsätze, alle die Seinen zu segnen. Zu seinen Segnungen gehört, dass Er unsere Sünden wegnimmt und uns an allen Ergebnissen des Werkes Christi teilhaben lässt. Alle diese Gedanken hat Christus verwirklicht.
Sie sind so vielfach, dass es nicht möglich ist, sie in eine bestimmte Reihenfolge zu bringen. Sie sind so zahlreich, dass sie nicht aufgezählt werden können. Es ist auch nicht möglich, etwas mit Ihm zu vergleichen. Wir haben einfach nicht die Worte oder das Wissen dafür (vgl. 1Kor 2,9). Wir erkennen nur stückweise (1Kor 13,9). Wir können das Ganze nicht begreifen und können nur Segen um Segen sehen, darüber staunen und Ihn dafür ehren.
7 - 11 Siehe, ich komme
7 An Schlacht- und Speisopfer hattest du kein Gefallen; Ohren hast du mir bereitet: Brand- und Sündopfer hast du nicht gefordert.
8 Da sprach ich: Siehe, ich komme; in der Rolle des Buches steht von mir geschrieben.
9 Dein Wohlgefallen zu tun, mein Gott, ist meine Lust; und dein Gesetz ist im Innern meines Herzens.
10 Ich habe die Gerechtigkeit in der großen Versammlung verkündet; siehe, meine Lippen hemmte ich nicht – HERR, du weißt es!
11 Deine Gerechtigkeit habe ich nicht im Innern meines Herzens verborgen; deine Treue und deine Rettung habe ich ausgesprochen, deine Güte und deine Wahrheit nicht vor der großen Versammlung verhehlt.
Die Verse 7–9 handeln nicht von David, sondern können sich nur auf Christus beziehen. Dies geht aus dem Zitat dieser Verse im Neuen Testament hervor (Heb 10,7–9). Mit dem „Schlachtopfer“ (Vers 7) ist das Friedensopfer gemeint. Von diesem Opfer darf der Opfernde gemeinsam mit Gott und allen Reinen essen. Das „Speisopfer“ ist ein unblutiges Opfer. An diesen Opfern als solchen fand Gott keine Freude. Sie sind nur ein Schattenbild. Das, woran Gott Freude findet, ist das, worauf diese Opfer hinweisen, nämlich die Wirklichkeit, die Christus ist (Heb 9,11–14; 10,5–9).
Gott hat Freude an dem gefunden, dessen Ohren Er „bereitet“ hat – wörtlich Ohren „gegraben“ hat – das ist der Herr Jesus. Er ist das wahre Friedensopfer, das wahre Speisopfer. Durch Ihn wird die Gemeinschaft zwischen Gott und dem reuigen Sünder wiederhergestellt. Das Friedensopfer spricht davon. Er lebte ganz zur Ehre Gottes als das wahre Speiseopfer. Die bereitete Ohren sprechen davon.
In Hebräer 10 wird „Ohren bereitet [besser: gegraben]“ aus der Septuaginta, der griechischen Übersetzung des Alten Testaments, zitiert. Dort heißt, dass Gott Ihm einen „Leib“ bereitet hat (Heb 10,5). Ohren weisen auf Hören und Gehorsam hin. Sein Leib ist gewissermaßen ganz und gar Ohr für den Willen des Vaters. Er wurde ein Sklave und wurde in allen Dingen völlig gehorsam, bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz (Phil 2,7.8).
Wir lesen dreimal von den Ohren des Herrn Jesus und jedes Mal bezieht es sich auf seinen Gehorsam:
1. Die „Ohren durchbohrt [besser: gegraben]“ (Ps 40,7) weist darauf hin, dass der Herr Jesus Mensch wurde, um zu gehorchen und zu sterben.
2 „Das erweckte Ohr“ (Jes 50,4), spricht davon, dass sein Leben auf der Erde von Gehorsam geprägt war.
3. Das „Durchbohren“ des Ohres spricht von dem Ohr des Herrn Jesus im Vorbild des hebräischen Sklaven (2Mo 21,5.6). Dies bezieht sich auf das Ende seines Dienstes und seines Lebens auf der Erde, die durch Gehorsam gekennzeichnet sind. Es spricht auch von der Tatsache, dass Er für immer dienen wird (Lk 12,37).
Christus sagt, dass Gott Brand- und Sündopfer nicht gefordert hat. Hat Gott damals nicht das Sündopfer vorgeschrieben oder gefordert? Immerhin steht das immer wieder in 3. Mose 4 (3Mo 4,2.3.13.14.22.23.27.28). Sicherlich wurden sie geopfert, weil Er es gefordert hat. Aber es bedeutet nicht, dass Er daran Freude fand oder dass dadurch die Forderung nach seiner Gerechtigkeit erfüllt wurde. Der HERR konnte an diesen Opfern nur Freude finden, weil diese Opfer Schattenbilder des Opfers Christi sind. Deshalb konnte Er die Sünden der Opfernden hingehen lassen (Röm 3,25).
Diese Opfer können die Sünden nicht wegnehmen und können mit unaufrichtigen Herzen gebracht werden. Gott hat sie nie als Opfer gefordert, durch die jemand in seine Gegenwart gebracht werden kann, denn das ist unmöglich. Ein tierisches Brandopfer kann einen Menschen nicht wohlgefällig für Gott machen, und ein tierisches Sündopfer kann keine Sünde von einem sündigen Menschen wegnehmen.
Das Wort „da“, mit dem Vers 8 beginnt, hat die Bedeutung „weil dies so ist“ und bezieht sich auf die Beobachtung des vorherigen Verses. Da spricht der Herr Jesus die beeindruckenden Worte „siehe, ich komme“. Er bietet sich selbst an, um zu erfüllen, was kein Tieropfer zu tun vermochte, und um zu erfüllen, worauf alle Opfer hingewiesen haben: auf sich selbst als das wahre Opfer.
Er tut dies in Übereinstimmung mit dem, was über Ihn „in der Rolle des Buches“ geschrieben steht (vgl. Lk 4,17–21). Es ist unmöglich, dies auf David zu beziehen. Niemand außer dem Herrn Jesus kann das sagen. Von niemandem außer dem Herrn Jesus kann geschrieben werden, dass Er „als er in die Welt kommt“ (Heb 10,5) etwas gesagt hat. Gott hat in seinem Ratschluss festgelegt, dass Christus kommen würde. Er ist das Lamm, das vor Grundlegung der Welt zuvor erkannt ist (1Pet 1,20). David sagt dies prophetisch über den Herrn Jesus.
Er bietet sich nicht nur bereitwillig, sondern auch mit Freuden an, um Gottes Willen zu tun, was für Ihn bedeutet, Gottes „Wohlgefallen zu tun“ (Vers 9). Er weiß, dass Er, wenn Er Gottes Willen tut, sein Wohlgefallen ausführt. Er ist auch voll dazu in der Lage, weil Gottes Gesetz im Innern seines Herzens ist. Sein Gehorsam ist nicht nur eine äußere, sondern auch eine innere Angelegenheit. Er führt das ganze Gesetz Gottes von innen heraus aus. Fragen wir uns, ob wir nicht nur äußerlich das Richtige tun, sondern ob Gottes Wort auch tief in uns ist und von dort aus alle unsere Gedanken, Worte und Taten bestimmt.
Im Fall des Herrn Jesus wirkte das Gesetz Gottes tief in Ihm, um „die Gerechtigkeit in der großen Versammlung“ zu verkünden, d. h. als frohe Botschaft zu verkünden (Vers 10). Er tut dies, während Er seinen Weg auf der Erde in der „großen Versammlung“ Israels geht. Wir könnten zum Beispiel an die Bergpredigt in Matthäus 5–7 denken, die Er vor einer großen Menschenmenge sprach (Mt 5,1).
Er bezeugte die Gerechtigkeit Gottes in großer Treue als frohe Botschaft. Die Gerechtigkeit Gottes ist eine frohe Botschaft für den reuigen Sünder. Er hat seine Lippen nicht gehemmt, davon zu sprechen. Er kann und will nicht anders und kann deshalb sagen, dass der HERR es weiß (vgl. Joh 17,4.6.8.14.26)!
Was Er ausspricht, was Er bezeugt, ist nichts anderes als das, was Gott eigen ist: seine Gerechtigkeit, seine Treue, seine Rettung oder Bewahrung, seine Güte und seine Wahrheit (Vers 11). Gottes Gesetz ist im Innern seines Herzens (Vers 9b), aber Gottes „Gerechtigkeit“ hat Er nicht im Innern seines Herzens verborgen. Gottes „Treue“ und Gottes „Rettung“ hat Er ausgesprochen. Gottes „Treue“ verbindet sich mit Gottes Wahrheit am Anfang dieses Verses. Der Herr Jesus hat gezeigt, dass Gott vollkommen treu und vertrauenswürdig ist. Er wies auch auf die Liebe Gottes hin, indem Er Gottes Rettung vorstellte, die der Weg ist, um gerettet zu werden.
Gottes „Güte“ ist mit der Erlösung Gottes verbunden. Güte ist das hebräische chesed. Es bedeutet „Bundestreue“. Das sind die Segnungen, die guten Dinge, die der HERR geben will, entweder aufgrund der Treue des Volkes – und das ist nicht der Fall – oder aufgrund des Werkes eines Mittlers, der die Anforderungen des Bundes, die Anforderungen des Gesetzes, erfüllt hat, indem Er am Kreuz gestorben ist.
In Christus erschien „die Güte und die Menschenliebe unseres Heiland-Gottes“ (Tit 3,4). Das gesamte Leben bis hin zum Tod Christi ist die Verkündigung der Güte Gottes. Er hat Gottes Wahrheit über den Menschen und die Heiligkeit Gottes gepredigt. Er verhehlte die Güte und Wahrheit Gottes nicht vor der großen Versammlung Israels. Immer und überall sprach Er davon, wer Gott ist, damit das Volk Gottes zu Gott zurückkehren würde. Christus hat alle Eigenschaften Gottes in Gerechtigkeit offenbart, das heißt, was Er tut, entspricht dem, was Gott ist.
12 - 17 Ruf um Hilfe
12 Du, HERR, halte deine Erbarmungen nicht von mir zurück; deine Güte und deine Wahrheit lass beständig mich behüten!
13 Denn Übel bis zur Unzahl haben mich umgeben, meine Ungerechtigkeiten haben mich erreicht, dass ich nicht sehen kann; zahlreicher sind sie als die Haare meines Hauptes, und mein Herz hat mich verlassen.
14 Lass dir gefallen, HERR, mich zu erretten! HERR, eile zu meiner Hilfe!
15 Lass sie alle beschämt und mit Scham bedeckt werden, die nach meinem Leben trachten, um es wegzuraffen! Lass zurückweichen und zuschanden werden, die Gefallen haben an meinem Unglück!
16 Lass sich entsetzen über ihre Schande, die von mir sagen: Haha! Haha!
17 Lass fröhlich sein und sich in dir freuen alle, die dich suchen; die deine Rettung lieben, lass stets sagen: Erhoben sei der HERR!
David, und ihm folgend der treue Überrest, nimmt Zuflucht zu dem Gott der Vergangenheit (5Mo 33,26.27). Manche übersetzen „HERR“ als „ewiger Gott“, wörtlich „der Gott von gestern“, d. h. der Gott, der in der Vergangenheit gezeigt hat, wer Er ist und was Er tut. Nachdem der Überrest gesehen hat, was Gott tut (Verse 1–11), gehen sie hin und bitten den HERRN um Errettung (Verse 12–18). Auch wir bitten Gott um Hilfe, basierend auf dem, was Er in der Vergangenheit durch den Herrn Jesus getan hat.
Der Herr Jesus bezeugte in den Versen 10 und 11 in großer Treue einige der Eigenschaften Gottes in der großen Versammlung von Israel. Nun beruft Er sich auf einige der Eigenschaften Gottes für sich selbst (Vers 12). Er bittet darum, dass Er Ihm seine Erbarmungen nicht vor Ihm zurückhält, weil Er so elend ist (Vers 13).
Der Psalmist, und das gilt auch für den treuen Überrest, bittet auch, dass Er ihn mit seiner Güte und Wahrheit behütet. Er hat diese verkündet und bittet nun, dass Gott sie auch für ihn wahrmacht. Er bittet auch, dass Gott das „beständig“ tut. David ist hier ein Typus oder Schattenbild von Christus als dem wahren Menschen, der um Schutz bittet während des gewaltigen Werkes, das Er zu verrichten hat.
Der Anlass für die Frage des Psalmisten und des Überrestes ist, dass Übel bis zur Unzahl, ihn umgeben haben, d. h. die ihn von allen Seiten umgeben (Vers 13). Er ist von ihnen umgeben, völlig eingeschlossen von ihnen. Diese Übel sind das Ergebnis seiner Treue zu Gott. Dies gilt auch für die „Ungerechtigkeiten“, die ihn erreicht haben.
Das sind die Ungerechtigkeiten Israels, die beiden Sünden des Volkes: die Verwerfung Christi und die Annahme des Antichristen. Wenn wir hierbei an Christus denken, geht es ausschließlich um die Sünden, die Er für die, die an Ihn glauben, auf sich genommen hat, um für sie das Gericht Gottes zu erleiden (Heb 2,17; 2Kor 5,21). Dies sind die Sünden aller Erlösten. Indem Er sie auf sich genommen hat, hat Er den Willen Gottes vollständig erfüllt.
Die Übel und Ungerechtigkeiten, die in der großen Drangsal über den Überrest kommen werden, stellen eine unermessliche Menge dar. Die Haare des Hauptes weisen auf eine Menge hin, die von uns nicht gezählt werden kann (vgl. Ps 69,5). Gott ist dazu in der Lage (Mt 10,30). Was über den Psalmisten, und den Überrest, kommt, hat ihn so getroffen, dass sein Herz ihn verlassen hat.
Was die Anwendung auf Christus betrifft, so weiß Gott genau, welche Sünden Christus zu tragen hatte. Für Christus ist all das, was Er zu ertragen hatte, „zahlreicher“, als irgendein Mensch berechnen kann.
In seiner großen Not schreit der Psalmist, es möge Gott gefallen, ihn zu erretten und ihm schnell zu Hilfe zu kommen (Vers 14). Angesichts dieses unfassbaren Leidens, von einer Schwere jenseits menschlicher Vorstellungskraft, hat der Herr Jesus in Gethsemane „sowohl Bitten als Flehen dem, der ihn aus dem Tod zu erretten vermochte, mit starkem Schreien und Tränen dargebracht hat (und wegen seiner Frömmigkeit erhört worden ist)“ (Heb 5,7). Gleichzeitig zeigt sich auch sein vollkommener Gehorsam in der Unterwerfung unter den Willen des Vaters (Joh 18,11).
In den Versen 15–17 wird eine Unterscheidung zwischen der gläubigen und der abgefallenen Masse des jüdischen Volkes gemacht. Der Prüfstein ist die Haltung gegenüber dem leidenden Christus. Die Menge trachtete Christus nach dem Leben und tötete Ihn und fand ihre Freude in seinem Unglück (Vers 15).
Die gerechte Forderung Christi an Gott ist, dass sie alle beschämt und mit Scham bedeckt werden. Sie müssen zurückweichen und zuschanden werden, denn sie haben versucht, Ihn daran zu hindern, Gottes Werk zu tun und von Gott zu zeugen. Solche Gegner müssen als Lohn für die Schmach, die sie über Ihn ausgeschüttet haben, entsetzt werden, d. h. wie ein Acker werden, auf dem nichts wächst (Vers 16).
Sie haben Ihn verspottet, der von Gott zu ihnen kam, um sie zu retten. Christus ist zum Gegenstand des Spottes geworden, besonders am Ende seines Weges des Gehorsams. Als Er am Kreuz hängt, amüsieren sich seine Widersacher mit Schadenfreude über ihn. Diejenigen, die die Güte Gottes so verhöhnen, verdienen das Gericht.
Für diejenigen, die Gott suchen, bittet Christus das Gegenteil (Vers 17). Er sucht nie seinen eigenen Ruhm, sondern immer den seines Gottes. Er möchte, dass diejenigen, die Gott suchen, fröhlich sind und sich in Gott selbst freuen. Alle, die die Rettung Gottes lieben, sind diejenigen, die sich über den Weg der Rettung freuen, den Gott in Christus gegeben hat. Sie haben diese Rettung angenommen und freuen sich darüber, von der Knechtschaft der Sünde befreit zu sein. Es ist unvermeidlich, dass sie „stets sagen: Erhoben sei der HERR!“
18 Der Herr denkt an mich
18 Ich aber bin elend und arm; der Herr denkt an mich. Meine Hilfe und mein Erretter bist du; mein Gott, zögere nicht!
Dieser Vers bringt uns zurück zu all den Leiden, die der Herr ertragen musste. Wenn Er für uns bittet, dass wir uns über Gottes Rettung und die herrlichen Ergebnisse seines Werkes freuen, dürfen wir nie die Umstände vergessen, in denen Er sich befunden hat. Er selbst vergisst nie, dass Er „elend und arm“ war. Wir wissen, dass Er um unseretwillen arm gewesen ist, damit wir durch seine Armut reich würden (2Kor 8,9). Das Gleiche gilt für den „elenden und armen“ gläubigen Überrest (Mt 5,3).
In allen Umständen weiß Er, dass Gott an Ihn denkt. Er mag von allen verlassen und vergessen sein, aber nicht von Gott. Daran hält Er fest. Er weiß, dass Gott seine Hilfe und sein Erretter ist. Er wendet sich an Ihn und bittet Ihn, nicht zu zögern, nicht länger mit seiner Errettung zu warten. Dies spricht nicht von Verzweiflung, sondern von einem vollkommenen Vertrauen. Er hat immer weiter auf seinen Gott vertraut.
Er ist das Vorbild für den gläubigen Überrest in der Zeit der großen Drangsal. Er ist auch das große Vorbild für uns in den Schwierigkeiten und Leiden, die wir um seines Namens willen erfahren. Wir können alle Prüfungen ertragen, wenn wir darauf vertrauen, dass Gott uns nicht vergessen hat, sondern an uns denkt, auch wenn uns alle verlassen. Gott hört nie auf, an uns zu denken.