Kapitel
Einleitung
Die Autoren dieses Kommentars zum Buch Hiob sind zutiefst beeindruckt von diesem Buch. Das darin beschriebene intensive Leiden Hiobs und sein Ringen mit Gott darüber haben uns tief berührt. Wir haben uns bei den Unterhaltungen, die Hiob und seine Freunde darüber führten, als Anwesende gefühlt.
Wir sind Zeuge von Gesprächen im Himmel zwischen Gott und Satan über Hiob geworden, von denen Hiob nichts wusste. Wir haben aufmerksam den gutgemeinten Aussagen von Hiobs Freunden über Gott und Hiobs Reaktion darauf zugehört. In seiner Reaktion spricht Hiob nicht nur über, sondern auch zu Gott. Einige Aussagen von Hiob haben wir mit angehaltenem Atem zugehört. Wie kann er es wagen, das zu sagen? Es dämmerte uns, dass dies Aussagen eines Mannes sind, der von einem beispiellosen und aussichtslosen Leiden bis zum Äußersten gequält wurde, und dass er keine Erklärung für dieses Leiden finden kann. Der Einzige, der ihm das sagen kann, ist der, der es über ihn gebracht hat. Deshalb stürmt er auf Gott los.
Beeindruckend ist das Schweigen Gottes, während all der Fragen, die Hiob zum Himmel schleudert. Gott lässt sich nicht provozieren und gleichzeitig gibt Er Hiob den Raum, alle seine Fragen zu stellen und seinen tiefen Zweifeln an Gottes Gerechtigkeit Luft zu machen. All diese Fragen und Zweifel zeigen, dass er Gott nicht loslässt, sondern sich an Ihn festklammert.
Als die Gespräche zwischen Hiob und seinen Freunden ins Stocken geraten sind, meldet sich ein vierter Freund. Auch er richtet das Wort an Hiob, aber er tut dies in einem anderen Ton als die drei anderen. Elihu, der vierte Freund, tritt als Vermittler zwischen Hiob und Gott auf. Elihus Beitrag ist die Vorbereitung für das Reden Gottes zu Hiob. Hiob reagiert nicht auf das, was Elihu sagt.
Das Erscheinen Gottes an Hiob hat auch einen tiefen Eindruck auf uns gemacht. Gott präsentiert vor dem Auge Hiobs einige seiner Schöpfungswerke. Er zeigt auch, wie Er alles lenkt und dass Er Hiob darüber keine Rechenschaft schuldet. Schließlich ist er Gott! Gott legt keine Rechenschaft über seine Regierung ab. Hiob erhält keine Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Leidens. Wir auch nicht. Wenn Dinge in unserem Leben passieren, die wir nicht begreifen, möchte Er uns lehren, darauf zu vertrauen, dass Er die vollständige Kontrolle über alles hat und die Kontrolle über unser Leben nicht verloren hat.
Hiob ist sich der Größe Gottes und seiner eigenen Kleinheit zutiefst bewusst geworden. Dieses Bewusstsein hat sich auch bei uns eingestellt. Wir hoffen, dass dies kein vorübergehendes Bewusstsein sein wird. Es ist unser Gebet, dass auch der Leser den gleichen Eindruck erhält.
Ger de Koning / Tony Jonathan
Middelburg / Arnheim, März 2016 / Übersetzung Markus Sauerwald, Februar 2022
Das Buch Hiob ist Teil der „heiligen Schriften“ (2Tim 3,15). Daher ist es ein göttliches Buch. Es „ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werk völlig geschickt“ (2Tim 3,16.17).
Das Buch Hiob gehört zum Alten Testament. Das ist etwas Besonderes, denn während das Alte Testament einen deutlich jüdischen Charakter hat, hat dieses Buch ausnahmsweise nicht diesen Charakter. Wir können dies mit dem Jakobusbrief im Neuen Testament vergleichen, einem Brief, der ausnahmsweise im Neuen Testament einen deutlich jüdischen Charakter hat.
Dass dieses Buch keinen jüdischen Charakter trägt, ist verständlich, wenn man bedenkt, dass es sich um das wahrscheinlich älteste geschriebene Buch des Alten Testaments handelt. Es gibt klare Hinweise darauf, dass es in der Zeit der Patriarchen geschrieben wurde, Jahre bevor Israel als Volk entstanden ist. Darüber hinaus geht das Thema dieses Buches über das Volk Israel hinaus, denn es behandelt ein Problem, das die ganze Menschheit betrifft, nämlich das Problem des Leidens.
Das Alte Testament lässt sich in drei Teile gliedern, nämlich in das Gesetz, die Propheten und die Schriften (vgl. Lk 24,44). Dies ist bis heute die gängige jüdische Einteilung des Tenach, das ist das Alte Testament. Das Gesetz belehrt uns über Gottes Gedanken. In den Propheten hören wir, wie Gott zu seinem Volk spricht. Die Schriften beschreiben die Erfahrung des gläubigen Menschen in dieser Welt.
Das Buch Hiob gehört zu den Schriften. Während die Psalmen als das charakteristischste Buch der Schriften von den Erfahrungen Christi und der Seinen in dieser Welt sprechen, spricht das Buch Hiob als nicht-jüdisches Buch von den Erfahrungen eines gläubigen Menschen in Bezug auf das Leiden in dieser Welt. Dies kommt bereits im Namen Hiob zum Ausdruck – sowohl der Titel als auch der Namen der Hauptperson des Buches. Dieser Name bedeutet „wo ist (mein) Vater“. Diese Bedeutung passt gut zum Thema des Buches. Hiob fragt sich, wo Gott im Leiden ist.
In diesem Buch geht es um die intensiven und tiefen Erfahrungen des einzelnen Menschen. Darin entdecken wir die absolute Nichtigkeit des Menschen im Feuer des Leidens, inmitten des Raubes seines Besitzes, des Verlustes seiner Liebsten und der feurigen Pfeile der Reaktionen seiner Freunde, die mitten durch seine Seele dringen. Schlussendlich und zutiefst werden wir Zeuge von Hiobs Kampf mit seiner eigenen Gerechtigkeit und seinem Unverständnis für Gottes Weg mit ihm.
Als Hiob diesen Tiefpunkt seines Kampfes erreicht hat, kommt ein „Ausleger“ und führt ihn auf einen höheren Boden, wo er die Stimme Gottes hören kann. In der Begegnung mit Gott selbst lernt er sich selbst, aber vor allem Gott kennen. Das gibt ihm schließlich durch das Leiden hindurch Frieden in seine Seele. Dann kommt erneut der überfließende Segen Gottes und er kann auch als Fürbitter ein Segen für seine Freunde sein.
Das sind Lektionen aus dem Buch Hiob, die auch wir als Gläubige, die im modernen 21. Jahrhundert leben, noch lernen müssen, um, wie oben zitiert, „zu jedem guten Werk völlig geschickt“ zu sein (2Tim 3,17).
Auf der Grundlage der Schrift gibt es keinen Zweifel an der historischen Richtigkeit des Buches Hiob. Sein Name wird zweimal im Alten Testament (Hes 14,14.20) und einmal im Neuen Testament (Jak 5,11) erwähnt. In Hesekiel 14 wird er vom HERRN zusammen mit Noah und Daniel als jemand vorgestellt, der persönlich ein Gerechter ist. Der Grund ist der Zustand Israels, der so schlecht geworden ist, dass selbst wenn diese drei Männer zu dieser Zeit in Israel gelebt hätten, sie nur ihr eigenes Leben gerettet hätten und nicht Israel als Nation.
Der Jakobusbrief stellt Hiob als ein Beispiel für das Ausharren dar. Dort sehen wir, wie das Ende seiner Geschichte „das Ende [des] Herrn“ ist, was bedeutet, dass der Herr sein Ziel mit ihm erreicht hat. Wir sehen dort auch, dass wir aus seiner Geschichte lernen können, „dass der Herr voll innigen Mitgefühls und barmherzig ist“ (Jak 5,11). Durch all das Leid hindurch hat Hiob den HERRN auf besondere Weise persönlich kennengelernt (Hiob 42,5).
Möglicherweise ist Moses der Autor dieses Buches – so der Talmud; die Schriftrollen vom Toten Meer weisen in die gleiche Richtung – und es wurde vor dem 1. Buch Mose geschrieben. Wenn dem so ist, dann ist Hiob das älteste Buch der Bibel mit dem Thema „Leiden“. Alte Ausleger vermuten, dass Mose dieses Buch in Midian schrieb, wo er einige Zeit als Schafhirte tätig war (2Mo 2,15–25; 3,1). Er wird es dann in der Absicht geschrieben haben, sein leidendes Volk in Ägypten in seinen Nöten zu trösten und beizustehen und ihre Augen auf den letztendlichen Segen zu richten, den Gott für sein Volk bereithält, so wie Er letztlich auch Hiob segnet.
Hiob lebt in Uz, einem Gebiet der Edomiter (Klgl 4,21). Die Septuaginta, die griechische Übersetzung des Alten Testaments, identifiziert Hiob mit Jobab, einem König von Edom (1Mo 36,33).
Hiob muss vor Mose gelebt haben. In Psalm 90 spricht Mose über das Alter der Menschen. Dort sagt er, dass dies, wie es auch heute die Regel ist, siebzig bis achtzig Jahre beträgt (Ps 90,10a). Hiob hingegen erreicht ein erzväterliches Alter von über zweihundert Jahren. Wir können dies daran erkennen, dass er vor seinem Leiden zehn erwachsene Kinder hat, während er nach seinem Leiden noch 140 Jahre lebt (Hiob 42,16).
Ein weiteres Indiz ist, dass es sich bei den in diesem Buch erwähnten Opfern um Brandopfer handelt, auch im Fall einer Sünde (Hiob 1,5; 42,8). Die Unterscheidung bei den Opfern wurde erst durch die Gesetze vom Sinai (3. Mose 1–6) gegeben. Brandopfer finden wir auch immer wieder im ersten Buch Mose. Auch der Name „HERR“ wird relativ wenig erwähnt, während der Name „Gott“ häufig vorkommt.
Hiob gehört zu den heidnischen Völkern, er gehört nicht zu Israel. Doch Gott spricht mit ihm in einer Weise, wie Er es nicht einmal mit einem Abraham tat. Dieses Buch drückt den großen Wert aus, den ein einzelner Mensch für Gott hat, wobei es kein Ansehen der Person bei Gott gibt. Das Buch Hiob beweist, dass dieses Interesse an einem einzelnen Menschen nicht ein nachträglicher Gedanke Gottes ist, als Israel seinen Weg verdorben hatte, sondern dass Gottes Interesse von Anfang an jedem einzelnen Menschen gilt, ohne Unterschied. Es ist daher für den Juden mit dem Buch Hiob in seiner Bibel unmöglich zu sagen, dass jemand aus den Nationen vor Gott nichts zählt.
Das Buch Hiob ist eines der beiden tragischsten Bücher der Bibel. Das andere Buch ist das Buch der Klagelieder. Auch dieses Buch hat das Leiden als Hauptthema. Der Unterschied besteht darin, dass es in den Klageliedern um das Leiden eines ganzen Volkes geht, während es im Buch Hiob um das Leiden einer einzelnen Person geht.
Das Buch Hiob gibt Einsicht in das Rätsel des Leidens, das Gott in seiner Regierung über jemanden bringt, ohne dieses Rätsel selbst zu lösen. Was wir jedoch sehen, worüber wir Einsicht gewinnen, ist „das Ende [des] Herrn“ (Jak 5,11), oder die Absicht, die der Herr damit hat. Es geht um Fragen wie:
1. Warum leiden gottesfürchtige Gläubige?
2. Wenn Gott Liebe ist – und das ist Er! – warum lässt Er es zu, dass die Seinen von Widrigkeiten betroffen sind?
3. Wie ist das Leiden der Gerechten mit der Gerechtigkeit Gottes vereinbar?
Wie wir oben gesehen haben, zeigt uns das Buch das Ringen des nichtigen Menschen mit dem großen Problem des Leidens. Es erlaubt uns auch einen Blick hinter die Kulissen, in den Thronsaal der Herrschaft des großen, souveränen Gottes der Ewigkeit. Er ist am Leiden seiner Geschöpfe im Allgemeinen und jedes einzelnen Menschen im Besonderen involviert. Das Buch wendet sich an alle, die im Leiden sind. Petrus antwortet in seinem ersten Brief auf die Frage nach dem Zweck des Leidens, der darin besteht, „damit die Bewährung eures Glaubens, viel kostbarer als [die des] Goldes, das vergeht, aber durch Feuer erprobt wird, befunden werde zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in [der] Offenbarung Jesu Christi“ (1Pet 1,7).
Es ist nicht nötig, eine lange Geschichte über das Wohlergehen von Hiob zu erzählen. Nur wenige Verse sind seinem Wohlstand gewidmet, der als Hintergrund für alles dient, was ihm widerfährt. Im Gegensatz zu den wenigen Worten über seinen Wohlstand hat der Heilige Geist es für gut befunden, uns im Detail über alles zu berichten, was während seiner Prüfungen geschieht. Er hielt dies zum Nutzen aller Kinder Gottes bis zum Ende der Zeit für sinnvoll.
Hiob ist das überragende Beispiel für den Glauben eines Mannes inmitten von überwältigendem Leiden. Wir sehen einen Menschen, der die Lektion des eigenen Nichts-Seins lernt, im heftigen Feuer schwerster Prüfung durch Raub, Verlust und Krankheit, der es aber dazu noch mit der starren Philosophie und den harten Angriffen seiner Freunde aufnehmen muss. Außerdem lernt er seinen eigenen Stolz, seine eigene Rechtschaffenheit und seinen Unglauben kennen. Bis ein „Ausleger“, Elihu, zu Wort kommt, der ihn an den Punkt bringt, an dem er auf Gott hört und die Lektion aller Jahrhunderte lehrt, dass nur Gott allein Gott ist und dass in dieser Erkenntnis sein Segen und der eines jeden Menschen liegt.
Das große Problem, das in diesem Buch angesprochen wird, ist die Regierung Gottes, die nicht direkt ist wie bei Israel, sondern indirekt durch Vorsehung. Eine direkte Regierung bedeutet, dass Gott das Böse eines Menschen direkt bestraft und gute Taten direkt belohnt. Eine indirekte Regierung in der Vorsehung bedeutet, dass es scheint, dass man ungestraft Böses tun kann und dass gute Taten unbelohnt bleiben.
Hiobs Freunde – aber auch Hiob selbst – verstehen nichts von der Regierung Gottes. Sie gehen von einer direkten Regierung Gottes aus. Sie behaupten, dass Hiob wohl gesündigt haben muss, sonst würde er nicht so sehr zu leiden haben. Eine oberflächliche Betrachtung des Lebens kann dazu führen, dass man gemäß dem Ausmaß der begangenen Sünden zu leiden hat. Die Reaktion von Hiob ist ebenfalls nicht richtig. Auch er versteht die Regierung Gottes nicht. Er erklärt, dass er unschuldig ist und dass Gott ihn zu Unrecht leiden lässt.
Obwohl Hiob nicht mit seinen Lippen sündigt, offenbaren die Gespräche mit seinen Freunden, was in seinem Herzen ist. Obwohl die Freunde die Regierung Gottes nicht verstehen, sagen sie doch viele wahre Dinge über diese Regierung für andere Fälle. Die Frage, die für Hiob und seine Freunde im Hintergrund aufkommt und die sie zu ihren Aussagen bringt, ist diese: Wie kann Gott sowohl gut als auch souverän sein, wenn man sich das Leiden der Unschuldigen und den Wohlstand der Übeltäter ansieht?
Es war schon immer schwierig zu erklären, warum die Gottlosen „vor dem Wind segeln“ können, während die Gottesfürchtigen so oft von Unterdrückung heimgesucht werden. Diese Schwierigkeit verschwindet, wenn wir uns vor Augen halten, dass wir unter einer indirekten Regierung Gottes leben. Wie bereits gesagt wurde, bestraft Gott in einer direkten Regierung das Böse unmittelbar und belohnt das Gute unmittelbar. In einer indirekten Regierung wird das Böse nicht direkt bestraft, obwohl die Strafe sicher kommt, und das Gute wird nicht direkt belohnt, obwohl die Belohnung danach sicher kommt.
In Psalm 73 hatte Asaf die gleichen Fragen, bis er „hineinging in die Heiligtümer Gottes“ (Ps 73,17). Ebenso finden Hiobs Fragen ein Ende, als er sagt: „Mit dem Gehör des Ohres hatte ich von dir gehört, aber nun hat mein Auge dich gesehen“ (Hiob 42,5b).
Die Gesprächsrunden und die „Hauptakteure“
Es gibt drei Dialoge oder Gesprächsrunden zwischen Hiob und seinen Freunden (Hiob 4–27) und drei Monologe: von Hiob, Elihu und Gott (Hiob 29–41). Die Dialoge und Monologe werden durch eine Rede Hiobs über Weisheit (Hiob 28) getrennt.
Die „Hauptfiguren“ im Buch sind nach Hiob seine drei Freunde und Elihu. Nachdem diese fünf Menschen gesprochen haben, spricht Gott. Er spricht nicht als Jemand, der nach den Versuchen der Freunde und Elihus einen letzten Versuch unternimmt, Hiob zu überzeugen. Er kann mit keinem der Vorredner verglichen werden. Er ist Gott und spricht als Gott. Als Hiob ihm von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht, verachtet er sich selbst und zeigt Reue.
Von denen, die ab Hiob 3 zu Wort kommen, können wir einleitend einige Merkmale nennen:
1. Eliphas ist der erste, der auf Hiobs Äußerungen des Elends reagiert. Es gibt gute Gründe für die Annahme, dass Eliphas ein Edomiter ist. Es ist die Rede von einem Eliphas, der der erstgeborene Sohn von Esau ist. Dieser hat einen Sohn namens Teman (1Mo 36,4.15). Verschiedene Propheten erwähnen Teman als einen Ort oder eine Region in Edom (Jer 49,7.20; Hes 25,13; Amos 1,12; Obad 1,8.9).
a. Offenbar ist Eliphas der älteste der drei Freunde, denn er spricht zuerst. Er wird auch am Ende des Buches von Gott als der Wortführer der Drei angesprochen (Hiob 42,7). In seinen Reden zeigt er einen breiteren Geist als die anderen, indem er Hiob als einen gottesfürchtigen Mann akzeptiert, der aber in die Irre gegangen ist. Obwohl er einen Mangel an Mitgefühl zeigt, ist er der Einzige der drei, der doch wenigstens ein gewisses Maß an Mitgefühl und Respekt zeigt.
b. In seinen Reaktionen auf Hiobs Worte scheint es, dass er alles aus seiner persönlichen Erfahrung heraus betrachtet. Wir hören dies in den Worten „so wie ich es gesehen habe“ (Hiob 4,8). Er als der Älteste repräsentiert „die alte Garde“.
2. Bildad ist der zweite. Er wird weiter in keinem anderen Buch des Alten Testaments erwähnt. Er betrachtet Hiobs Ringen über die Gerechtigkeit Gottes als Lästerung. Er nutzt seine Gelehrsamkeit, sein Wissen und die Tradition der alten Weisheiten, um zu beweisen, dass Hiobs Familienmitglieder erhalten haben, was sie verdient haben, und er warnt Hiob vor dem gleichen Schicksal.
Bildad beurteilt die Situation Hiobs von der Tradition und der Autorität des Alters her. Wir hören das in seiner Aufforderung an Hiob: „Denn befrage doch das vorige Geschlecht, und richte deinen Sinn auf das, was ihre Väter erforscht haben“ (Hiob 8,8). Er repräsentiert das mittlere Alter.
3. Zophar, der dritte, ist der sarkastischste der Freunde. Seine Botschaft ist, dass Hiob sich bekehren muss, sonst wird er einen grässlichen Tod sterben, wie ihn Übeltäter verdient haben.
Zophar betrachtet Hiob aus dem Blickwinkel von Gesetz und Religion. Er sagt zu Hiob: „Wenn Frevel in deiner Hand ist, so entferne ihn, und lass Unrecht nicht in deinen Zelten wohnen –, ja, dann wirst du dein Angesicht erheben ohne Makel und wirst unerschütterlich sein und dich nicht fürchten“ (Hiob 11,14.15). Er ist von seinem eigenen scharfen Urteil überzeugt, „so ist es und nicht anders“ (Hiob 11; 20).
4. Hiob, in seinen Versuchen, sich wegen der Verdächtigungen und negativen Urteile seiner Freunde zu verteidigen, beschuldigt Gott indirekt der Ungerechtigkeit (Hiob 10,7.8).
5. Elihu ist jünger als die drei Freunde und hält sich deshalb aus der Diskussion heraus und wartet, bis sie alle ausgeredet haben (Hiob 32,4–6). Er ist ein Typus von Christus als dem Mittler. Er spricht für Gott (Hiob 33,4.5).
6. Als alle Redner schweigen, ergreift Gott das Wort. Er zeigt Hiob seine göttliche Weisheit und seine Macht in der Natur. Demgegenüber sieht Hiob, wie völlig unbedeutend er ist.
Einteilung des Buches Hiob
I. Einleitung (Hiob 1–2)
--A. Hiobs Wohlstand (Hiob 1,1–5)
--B. Hiobs Prüfung (Hiob 1,6–Hiob 2,13)
----1. Satans Anklage gegen Hiob (Hiob 1,6–12)
----2. Hiob bleibt standhaft trotz dem Verlust von Familie und Besitz (Hiob 1,13–22)
----3. Satans weitere Anschuldigungen (Hiob 2,1–6)
----4. Hiob bleibt standhaft in seinem persönlichen Leiden (Hiob 2,7–10)
----5. Die Ankunft von Hiobs Freunden (Hiob 2,11–13)
II. Die Dialoge (Zwiegespräche) oder die Streitgespräche (Hiob 3–27)
--A. Hiobs Eröffnungsklage (Hiob 3)
--B. Die erste Gesprächsrunde (Hiob 4–14)
----1. Eliphas (Hiob 4.5)
----2. Hiobs Antwort (Hiob 6.7)
----3. Bildad (Hiob 8)
----4. Hiobs Antwort (Hiob 9.10)
----5. Zophar (Hiob 11)
----6. Hiobs Antwort (Hiob 12–14)
--C. Die zweite Gesprächsrunde (Hiob 15–21)
----1. Eliphas ( Hiob 15)
----2. Hiobs Antwort (Hiob 16.17)
----3. Bildad (Hiob 18)
----4. Hiobs Antwort (Hiob 19)
----5. Zophar (Hiob 20)
----6. Hiobs Antwort (Hiob 21)
--D. Die dritte Gesprächsrunde (Hiob 22–26)
----1. Eliphas (Hiob 22)
----2. Hiobs Antwort (Hiob 23.24)
----3. Bildad (Hiob 25)
----4. Hiobs Antwort (Hiob 26)
--E. Hiobs Abschlussrede an seine Freunde (Hiob 27)
III. Zwischenkapitel über Weisheit (Hiob 28)
IV. Die Monologe (Hiob 29–41)
--A. Hiobs abschließende Reden (Hiob 29–31)
----1. Hiobs frühere Ehre und Segen (Hiob 29)
----2. Hiobs aktuelle Unehre und Leiden (Hiob 30)
----3. Hiobs letzte Erklärung der Unschuld (Hiob 31)
--B. Elihus Ansprachen (Hiob 32–37)
----1. Einleitung (Hiob 32,1–5)
----2. Erste Ansprache: Teil 1 (Hiob 32,6–22)
----3. Erste Ansprache: Teil 2 (Hiob 33)
----4. Zweite Ansprache (Hiob 34)
----5. Dritte Ansprache (Hiob 35)
----6. Vierte Ansprache (Hiob 36.37)
--C. Gott spricht zu Hiob (Hiob 38,1–Hiob 41,25)
----1. Die erste Rede Gottes (Hiob 38,1–Hiob 40,2)
----2. Hiob demütigt sich (Hiob 40,3–5)
----3. Die zweite Rede Gottes (Hiob 40,6–Hiob 41,25)
V. Hiob bereut (Hiob 42,1–6)
VI. Der Abschluss (Hiob 42,7–17)
--A. Gott spricht Recht (Hiob 42,7–9)
--B. Wiederherstellung des Wohlstands von Hiob (Hiob 42,10–17)
Zusammengefasst ist das Buch folgendermaßen aufgebaut:
1. Hiob 1 und 2
Die historische Einführung, die Hiobs Frömmigkeit und Wohlstand enthält und sein Leiden durch Satan, der seinen Besitz, seine Familie und seine Gesundheit zerstört.
2. Hiob 3–31
Der Disput zwischen Hiob und seinen drei Freunden. Er offenbart die Sinnlosigkeit des menschlichen Denkens in Bezug auf
a. das Erklären der Wege Gottes in den Katastrophen, die über einen Menschen kommen;
b die tief verwurzelte Selbstgerechtigkeit des menschlichen Herzens.
3. Hiob 32–37
Das Zeugnis von Elihu über Gottes Eigenschaften der Heiligkeit und Barmherzigkeit.
4. Hiob 38–42,6
Das Zeugnis von Gott selbst aus der Schöpfung, durch das Hiob geprüft wird und was ihn in den Staub bringt.
5. Hiob 42,7–17
„Das Ende des Herrn“ (Jak 5,11), d. h. das Ergebnis von Gottes Wegen mit Hiob, der ihn wiederherstellt und ihm einen größeren Segen gibt, als er verloren hat.