Kapitel
Einleitung
Wenn wir eine Person beschreiben, können wir das aus verschiedenen Blickwinkeln tun. So können wir beispielsweise jemanden als Familienvater beschreiben. Danach können wir dieselbe Person vielleicht auch als Kollegen oder als Nachbarn beschreiben. Wir sehen, wie auf diese Weise vier Evangelisten – unter der Inspiration des Heiligen Geistes – über das Leben des Herrn Jesus, während er hier auf der Erde gelebt hat, berichtet haben. In den vier Lebensbeschreibungen, die wir dadurch in der Bibel haben, berichtet Matthäus in seinem Evangelium über den Herrn Jesus als König, Markus stellt Ihn als Diener vor, Lukas beschreibt Ihn als den wahren Menschen und Johannes schließlich schreibt über Ihn als den ewigen Sohn Gottes.
Die vier lebendigen Wesen im Buch der Offenbarung (Off 4,7) symbolisieren in wunderschöner Weise jeweils eins der vier Evangelien. Das dritte der vier lebendigen Wesen gleicht einem Menschen. Dieses Symbol passt zu dem Evangelium, das den Herrn Jesus als Menschen vorstellt.
Man kann auch einen Vergleich machen zwischen den Farben der Stiftshütte und den vier Evangelien. Die Farbe, die zu diesem Evangelium passt, ist weiß, die Farbe des weißen Linnens; sie weist auf die reine, sündlose Menschheit des Herrn Jesus hin. Wir lesen hier mehr als in den anderen Evangelien von der Sündlosigkeit des Herrn Jesus. Das sehen wir treffend in dem Prozess gegen Ihn, wo ein vielfaches Zeugnis seiner Sündlosigkeit gegeben wird, zum größten Teil von seinen Feinden (Lk 23,4.14.15.22.41.47).
Das Ziel dieses Evangeliums besteht darin, dass wir den Herrn Jesus als Menschen betrachten. Wer dieses Evangelium mit dem Wunsch liest, Ihn als Menschen zu sehen, wird Ihn als jemanden kennenlernen, in dem Gott uns Menschen sehr nahe gekommen ist. Er ist den Menschen gleich geworden, ausgenommen die Sünde (Heb 4,15).
Der wesentliche Inhalt dieses Evangeliums
Lukas zeigt den Herrn Jesus als den Sohn des Menschen, den Menschen Gottes, der für alle Menschen da ist. In Ihm offenbart Gott sich verlorenen Menschen, um sie in seiner Gnade zu erlösen. Lukas wendet sich in seinem Evangelium an die gesamte Menschheit. Hier wird nicht, wie im Evangelium nach Matthäus, die Haushaltung des Gesetzes durch eine andere Haushaltung (das Reich) ersetzt, sondern hier wird das Gesetz durch die rettende himmlische Gnade ersetzt. Gnade ist nicht nur die Lösung für das Problem der Sünde. Gnade geht viel weiter, und das wird in diesem Evangelium gezeigt. Es geht in diesem Evangelium nicht so sehr um das, wovon Gott uns befreien wollte, sondern um das, was Er aus uns machen wollte.
In diesem Evangelium werden Menschen vorgestellt, an denen Gott sein Wohlgefallen hat. Gott hat sie dazu bestimmt. Daher könnte als Überschrift über diesem Evangelium stehen: „Begnadigt in dem Geliebten“ (Eph 1,6). Gnade schließt alles ein, was Gott in seinen Ratschlüssen für uns vorgesehen hat. Von Gläubigen heißt es, dass sie begnadigt oder angenehm gemacht sind in dem Geliebten, denn in diesem geliebten Sohn hat Gott sich offenbart. In Ihm kommt Gott in Gnade als Mensch zu uns. Er ist der Mensch aus dem Himmel, wirklich und wahrhaftig Mensch, wenn auch ohne Sünde.
Der Schreiber Lukas
Gott hat Lukas gebraucht, dieses Evangelium zu schreiben. Lukas war ein Mitarbeiter des Apostels Paulus und von Beruf Arzt (Kol 4,14; 2Tim 4,11; Phlm 1,24; siehe auch die „wir“-Texte in der Apostelgeschichte ab Apg 16,10). Er war seiner Herkunft nach höchstwahrscheinlich ein Heide und schreibt an einen Heiden. Das zeigt, dass die Gnade Gottes auch den Heiden gilt.
Lukas, der Paulus auf manchen Reisen begleitet hat, schreibt über Dinge, die Paulus in seinen Briefen näher ausführt. Es gibt eine enge Verbindung zwischen diesen beiden Dienern. Lukas zeigt uns die Sohnschaft des Gläubigen. Paulus arbeitet sie weiter aus. Lukas spricht über Söhne des Höchsten (Lk 6,35), über Söhne des Friedens (Lk 10,6), Söhne des Lichts (Lk 16,8), Söhne Gottes (Lk 20,36), Söhne der Auferstehung (Lk 20,36). Sohnschaft ist die höchste Stellung, die ein Gläubiger vor Gott haben kann. Ein Gläubiger ist ein Sohn Gottes, zur Freude seines Herzens (Eph 1,5).