Einleitung
In Psalm 14 sieht Gott niemanden, der Gutes tut. In Psalm 15 stellt sich die Frage, ob es jemanden gibt, der bei Gott weilen kann, jemanden, der die Bedingungen erfüllt, d. h. jemanden, der Gutes tut. In Psalm 16 sehen wir, dass es jemanden gibt. Wir sehen auch, dass es auch die Heiligen gibt, die Gottesfürchtigen, die auf der Erde sind, dass ist der gläubige Überrest Israels in der Endzeit. Diese Heiligen sind mit dem wahren David, dem Messias, verbunden. Jeder Heilige besitzt seine Eigenschaften.
Psalm 16 beschreibt den einzigen Gläubigen, der in Gemeinschaft mit Gott lebt. Dies ist bei dem einen Menschen, Christus, vollkommen der Fall. Dass es in diesem Psalm besonders um Ihn geht, geht aus dem hervor, was sowohl Petrus als auch Paulus in einer in der Apostelgeschichte niedergeschriebenen Rede sagen.
Petrus spricht über das Leben, den Tod und die Auferstehung des Herrn Jesus und zitiert diesen Psalm als Erklärung (Apg 2,25–31). Er wendet den Psalm nicht auf den Herrn Jesus an, als ginge es um jemand anderen, sondern sagt mit Nachdruck: „David sagt über ihn“ (Apg 2,25), was bedeutet, dass er über den Herrn Jesus spricht. Deshalb geht es in diesem Psalm nicht in erster Linie um David, sondern um den Herrn Jesus (Apg 2,30.31a). Paulus bezieht sich auf diesen Psalm in der gleichen Weise, wenn er von der Auferstehung des Herrn Jesus spricht (Apg 13,35–37).
Dieser Psalm verbindet sich daher als dritter messianischer Psalm sehr schön mit den beiden vorangegangenen messianischen Psalmen, Psalm 2 und Psalm 8. Psalm 2 spricht von der Geburt des Herrn Jesus (Ps 2,7). Psalm 8 spricht von seiner Erniedrigung und seinem Tod (Ps 8,5b.6a). Psalm 16 spricht von seiner Auferstehung.
Psalm 16 hat zwei Themen: den Glauben (Verse 1–4.7.8) und die Glaubenserfahrung und ihren Segen (Verse 5.6.9–11). Inhaltlich ähnelt er Psalm 23, denn auch in diesem Psalm geht es um den Glauben. Durch das Leiden offenbart sich das tiefe Vertrauen an Gott. In Psalm 17 sehen wir, dass durch dasselbe Leiden die äußere Haltung zu den Menschen offenbar wird.
1 Gebet um Bewahrung
1 Ein Miktam von David.
Bewahre mich, Gott, denn ich suche Zuflucht bei dir!
Der Psalm wird nicht „ein Psalm“, sondern „ein Miktam“ genannt (Vers 1a). Ein Miktam kann man auch mit „goldenem Kleinod“ (goldenem Schmuckstück) übersetzen. Dieser Ausdruck kommt hier zum ersten Mal vor und weiter in den Psalmen 56–60, insgesamt sechs Mal. Einigen Auslegern zufolge ist es von einem Wort für „Gold“ abgeleitet
Für den Ausdruck „von David“ siehe die Erklärung zu Psalm 3,1. Weil David hier als Prophet spricht (Apg 2,29–31), hören wir in ihm den Herrn Jesus sprechen, während seines Erdenlebens.
Das erste Wort des Psalms ist ein Gebet zu Gott um Bewahrung (Vers 1b). Das Argument dafür ist, dass der Dichter bei Ihm Zuflucht genommen hat. Dies gilt in Vollkommenheit und immer für den Herrn Jesus (Heb 2,13a), den wir durch David als einen Menschen auf Erden sehen und hören. Auf der Erde hat Er an die Bewahrung Gottes appelliert. Jeder Gläubige kann dasselbe tun, indem er Ihn nachahmt. Der Herr Jesus musste sich als Mensch mit allen Versuchungen auseinandersetzen, denen jeder Mensch ausgesetzt sein kann. Er hat Hunger und Durst erlitten und war müde.
Der Herr Jesus ist immer der ewige Gott gewesen. Das hat sich nicht geändert, als Er auf die Erde kam. Gott kann nicht aufhören, Gott zu sein. Der Sohn wurde Mensch, um Menschen zur Erlösung zu führen, um der Führer derer zu sein, die Er durch sein Werk erlöst hat.
Als Mensch ist Er uns gleich, „ausgenommen [die] Sünde“ (Heb 4,15). Er weiß aus Erfahrung, was es bedeutet, durch eine feindliche Welt zu gehen. Dies hat Ihn als Mensch zu einem ständigen Gebet um Bewahrung geführt. Seine einzige Zuflucht auf der Erde ist sein Gott. Darin ist Er ein beeindruckendes Beispiel für uns und für all die Seinen in allen Zeiten. Er zeigt, wie jemand ein wahrer Mensch ist, ein Mensch, wie Gott ihn gewollt hat.
Dieses Gebet um Bewahrung wird auch das Gebet des treuen Überrestes inmitten gottloser Menschen in der großen Drangsal sein.
2 - 3 Du bist der Herr
2 Du, [meine Seele], hast zu dem HERRN gesagt: Du bist der Herr; meine Güte [reicht] nicht zu dir [hinauf].
3 [Du hast] zu den Heiligen [gesagt], die auf der Erde sind, und zu den Herrlichen: An ihnen ist all mein Gefallen.
In Vers 2 spricht David weiter über seine Beziehung zu seinem Gott. Wie gesagt, David ist in erster Linie ein Typus von Christus. Als Mensch bekennt Christus den HERRN (Jahwe) als den Herrn (Adonai), das heißt als Herrn oder Gebieter. Er zeigt, dass Er sich als Mensch dem Herrn (Adonai) unterworfen hat und der gehorsame Knecht geworden ist (Phil 2,6–8). Er hat alles getan, was Gott Ihm gesagt hat. Diese Unterwürfigkeit wurde einmal ausgesprochen, bei seinem Kommen in die Welt (Heb 10,5–7), und das hat seinen ganzen Weg auf Erden bestimmt.
Dies ist auch das Kennzeichen des gläubigen Überrestes in der Zukunft. Sie wollen nichts anderes tun als den Willen Gottes. Dies ist auch das Kennzeichen aller, die in unserer Zeit, der Zeit der Gemeinde auf der Erde, zur Buße kommen. Wir sehen dies bei Paulus, der unmittelbar nach seiner Bekehrung fragt: „Was soll ich tun, Herr?“ (Apg 22,10).
Die wörtliche Übersetzung der zweiten Zeile von Vers 2 lautet: „Ich habe nichts Gutes außerhalb von dir.“ Die Bedeutung ist: „Ich habe nichts auf dieser Welt, das ich besitze, außer Dir. Es gibt nichts, das mir Glück schenkt, außer Dir allein.“ Was David sagt, gilt wieder voll und ganz für den Herrn Jesus und ist auch das Bekenntnis des treuen Überrestes. Der Herr Jesus sagt hier, dass der Vater für Ihn alles ist. Sein Leben auf der Erde ist durch seine Beziehung zu seinem Vater gekennzeichnet. Er hat alles mit und für Ihn getan.
Gott erwartet, dass alle Erlösten dies mit ihrem Herzen bekennen, sowohl Ihm gegenüber als auch gegenüber dem Herrn Jesus. Der Sohn muss „in allem den Vorrang haben“ (Kol 1,18). Er hat Anspruch auf unsere „erste Liebe“ (Off 2,4), die unsere volle Liebe ist.
Dem Satz, der in Vers 2 begann, wird in Vers 3 etwas hinzugefügt. Der Herr Jesus sagt in Vers 2, dass Er außerhalb von Gott nichts Gutes hat. In Vers 3 fügt Er hinzu, dass Er all sein Gefallen hat in „den Heiligen, die auf der Erde sind“. Auf seine Liebe zu Gott folgt untrennbar seine Liebe zu den Gläubigen (vgl. Spr 8,31b).
„Die Heiligen“ sind nicht die heiligen Engel, denn sie sind im Himmel. Engel werden manchmal als „heilige Engel“ bezeichnet, aber nirgendwo werden sie als „Heilige“ bezeichnet. Sie sind auch nicht die Heiligen der Gemeinde, denn die Gemeinde gehört nach ihrer Stellung dem Himmel an und ist bereits in Christus (Eph 1,3).
„Die Heiligen“ sind der treue, gläubige Überrest Israels, des irdischen Volkes Gottes. Die Augen des HERRN sind auf sie gerichtet (Ps 101,6). Sie weihen sich Gott und heiligen sich vor Ihm, in der Nachfolge Christi, der dasselbe tut. Diese Heiligen werden auch „die Herrlichen“ genannt. Die „Heiligen“ sind „die Herrlichen“, weil sie mit dem Herrlichen, das ist Christus, verbunden sind. Für uns bedeutet das, dass Gott uns in der Herrlichkeit von Christus sieht, die wir von Ihm und in Ihm empfangen haben (Joh 17,22; vgl. Eph 1,6).
Christus ist mit diesen Heiligen verbunden. Mit ihnen nimmt Er die gleiche Stellung vor Gott ein, wie geschrieben steht: „Denn sowohl der, der heiligt [das ist Christus], als auch die, die geheiligt werden [das sind die Heiligen, die Gläubigen], [sind] alle von einem“ (Heb 2,11). Von den Heiligen sagt Christus hier: „An ihnen ist all mein Gefallen.“ Wir sehen dies auf bemerkenswerte Weise ausgedrückt, wenn Er sich von Johannes dem Täufer taufen lässt. Durch die Taufe macht Er sich eins mit den Seinen (vgl. Joh 8,31b).
Indem Christus sich taufen lässt, schließt Er sich denen an, die von Johannes getauft worden sind, „indem sie ihre Sünden bekannten“ (Mt 3,5.6.13–16). Dass Er sich ihnen anschließt, aber gleichzeitig weit über ihnen steht, geht aus dem hervor, was der Vater unmittelbar nach seiner Taufe zu allen Anwesenden sagt: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe“ (Mt 3,17). Der Vater macht deutlich, dass Er in ihrer Mitte der einmalige Sohn Gottes ist. Er hat keine Sünden zu bekennen, denn Er ist der Sündlose.
Wir sehen hier die Illustration dessen, was Gottes Wort uns Gläubigen des Neuen Testaments über die Liebe zu Gott und die Liebe zu denen, die zu Ihm gehören, sagt. Wer sagt, dass er Gott liebt, wird auch das Volk Gottes lieben. Diese beiden Aspekte sind in der neuen Natur des Gläubigen untrennbar miteinander verbunden (1Joh 5,1.2). Du lügst, wenn du sagst, du liebst Gott, während du deinen Bruder hasst.
4 Keine Verehrung von Götzen
4 Zahlreich werden die Schmerzen derer sein, die einem anderen nacheilen; ihre Trankopfer von Blut werde ich nicht spenden und ihre Namen nicht auf meine Lippen nehmen.
In diesem Vers spricht David von zahlreichen „Schmerzen derer, … die einem anderen nacheilen“. Die „anderen“ sind Götzen. Wer sein einziges Gut nicht in Gott findet und deshalb auch keine Gemeinschaft mit Gläubigen hat, ist zutiefst auf Götzen ausgerichtet. Diesen eilt er nach und macht ihnen Geschenke und schenkt ihnen eine Fülle von Zeit und Mühe. Dies gilt für die abtrünnige Masse des Volkes Gottes in der Zukunft.
In der Zeit des Herrn Jesus sind dies die Pharisäer und die Schriftgelehrten, die nur an ihrer eigenen Ehre interessiert sind. Sie sind ihr eigenes Idol. Übertragen auf unsere Zeit sehen wir es in der Verehrung von Filmstars, Athleten, Aussehen, Reichtum oder was auch immer jemand abgöttisch verehrt. Die Schmerzen, die jemandem zugefügt werden, der andere Götter verehrt, fügt er sich selbst zu (vgl. 1Tim 6,9.10).
Für David und auch für die Heiligen, den treuen Überrest, ist es klar. Er kümmert sich überhaupt nicht darum. Ein Trankopfer ist ein Opfer, das über das Hauptopfer gegossen wird. Im israelitischen Gottesdienst ist es ein Weinopfer (vgl. 2Tim 4,6). Hier ist es ein Blutopfer, was bedeutet, dass es ein götzendienerisches Opfer ist. Götzenopfer, selbst in ihrer geringsten Form, wird er niemals bringen (vgl. Mt 4,9.10). David nimmt nicht einmal die Namen der Götzen auf die Lippen, denn sie zu erwähnen, würde bedeuten, ihnen zu viel Ehre zu erweisen. Er ignoriert sie völlig, er schweigt sie tot, sozusagen.
In der Endzeit wird die ungläubige Masse des jüdischen Volkes den Antichristen anbeten und dem Götzendienst verfallen (Joh 5,43; Mt 12,43–45). Dies wird durch das Malzeichen des Tieres angezeigt, das sie auf ihre rechte Hand oder auf ihre Stirn bekommen haben. Die Gläubigen, die Heiligen, werden nicht einmal den Namen des Tieres und anderer Götzen auf ihre Lippen nehmen, um ihn auszusprechen (vgl. 2Mo 20,3–5; 23,13; Hos 2,19; Sach 13,2). Ihre Treue zu Gott wird ihnen den Hass und die Verfolgung durch den Antichristen bescheren.
Wenn wir Gott treu sein wollen und uns nicht an einer der unzähligen Formen des modernen Götzendienstes beteiligen wollen, insbesondere nicht an denen, die sich aus dem vorherrschenden Materialismus ergeben, werden wir dasselbe erleben (2Tim 3,12).
5 - 6 Mein Teil
5 Der HERR ist das Teil meines Erbes und meines Bechers; du erhältst mein Los.
6 Die Mess-Schnüre sind mir gefallen in lieblichen Örtern; ja, ein schönes Erbteil ist mir geworden.
In diesen Versen folgt der große Kontrast zu den Götzendienern. David spricht zuerst über den HERRN selbst (Vers 5) und dann über das, was er empfangen hat (Vers 6). Er – und jeder Gottesfürchtige des gläubigen Überrestes in der Zukunft – distanziert sich entschieden von jedem Götzen, weil er im HERRN selbst alles hat, was sein Herz erfüllt.
Einem Götzen, was immer es auch sein mag, wird keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt, nicht einmal im geringsten Maße wie der Aussprache seines Namens. Seine ungeteilte Aufmerksamkeit gilt dem HERRN, der sein „Teil“ ist. Das sehen wir auch bei den Leviten, von denen der HERR auch ihr Teil ist (5Mo 10,9; 18,1.2; Jos 13,33; Hes 44,28). Der Ausdruck wird auch für den abgemessenen Teil (Anteil) eines Opfertieres verwendet (3Mo 6,10).
Der HERR ist auch sein Becher, der von allen Segnungen spricht, die er als Erfüllung aller ihm gemachten Versprechen erhält. Auf diese Weise wird er ermutigt, erquickt und unterstützt. Der Becher spricht zwar von den vielen Segnungen, die ihm geschenkt wurden, aber was er sagt, ist, dass der HERR sein Becher ist. Es geht nicht in erster Linie um das Geschenk, sondern um den Geber.
Darin ist David auch ein Vorbild für uns. Das können wir auf unsere geistlichen Segnungen anwenden. Sie wird uns zu großen Bewunderung für denjenigen, der sie gegeben hat, bringen. Der Geber von Segnungen ist immer viel größer als die Segnungen. Das bringt uns zur Anbetung.
Dass der HERR sein Teil und sein Becher ist, sieht er nicht als seinen eigenen Verdienst an, sondern als ihm vom „Los“ zugeteilt, d. h. von Gott bestimmt (vgl. Joh 15,16a). Josua nutzte das Los, um das Land unter den Stämmen aufzuteilen, die noch kein Erbe hatten. Auf diese Weise wurde der Anteil für jeden Stamm von Gott bestimmt (Jos 18,6).
David sagt auch, dass Gott den ihm zugewiesenen Teil „erhält“. Daher ist es unerschütterlich, dass er es bekommen wird. Dies steht in scharfem Kontrast zu dem, was die Toren besitzen. All dies wird von ihnen weggenommen, vielleicht sogar während ihres Lebens und auf jeden Fall, wenn sie sterben.
In Vers 1 fragt David, ob Gott ihn bewahren will. In Vers 5 sagt er, dass Gott das, was ihm zugewiesen worden ist, erhält oder bewahrt. Dasselbe gilt für uns und das Erbe, das wir erhalten haben. Aufgrund der Auferstehung des Herrn Jesus ist das Erbe für uns in den Himmeln aufbewahrt, während wir selbst durch die Kraft Gottes für das Erbe bewahrt werden (1Pet 1,3–5).
Nach der Zuteilung des Erbes durch das Los gibt es noch die Vermessung desselben mit „Mess-Schnüren“ (vgl. Amos 7,17; Sach 2,5). Dies trennt das Erbe von den Erben anderer und so kann das Erbe besehen werden. Dies bewirkt eine Freude an der Lieblichkeit des Erbes, die sich in einem zustimmenden Jubel ausdrückt: „Ja, ein schönes Erbteil ist mir geworden.“ Die Segnungen sind überwältigend, denn der HERR ist das Erbe. Das bedeutet, dass der Gottesfürchtige Teil an allem hat, was Gott gehört.
Wenn wir dies auf den Herrn Jesus anwenden, besteht sein Erbe aus allem, was Er geschaffen hat. Er erhält dieses Erbe durch sein Werk am Kreuz, wo Er das Erbe für Gott erkauft hat (Off 5,1–9).
7 - 8 Rat und Unterstützung
7 Den HERRN werde ich preisen, der mich beraten hat; sogar bei Nacht unterweisen mich meine Nieren.
8 Ich habe den HERRN stets vor mich gestellt; weil er zu meiner Rechten ist, werde ich nicht wanken.
Hier beginnt die zweite Hälfte des Psalms, die wie die erste Hälfte mit einem Glaubensbekenntnis beginnt. Inzwischen ist das Vertrauen des Glaubens so sicher geworden, dass David diesen zweiten Teil mit einem Lobpreis beginnen kann. Er preist Gott für den Rat, den Er gegeben hat (Vers 7). Er führt ihn durch seinen Rat, während er tagsüber durch das Land zieht.
Wir sehen dies auch vollkommen bei dem Herrn Jesus. Weil Er sich vom Rat Gottes leiten ließ, ist Er zum Beispiel zur rechten Zeit am Jakobsbrunnen, um dort einer Frau zu begegnen und ihr die Gabe Gottes anzubieten (Joh 4,4–10). Gott ist der Allgegenwärtige in seinem Leben. Er lebte auf Erden in enger Gemeinschaft mit Ihm. Gott nennt Ihn „meinen Genossen“ (Sach 13,7). Es hat nie einen Moment gegeben, in dem Er seine Augen von Ihm abgewandt hat.
David ist nicht nur tagsüber, sondern auch nachts für Gottes Rat offen. Selbst dann denkt er über die Unterweisung nach, die der HERR ihm gibt und durch die er Einsicht erhält, um zu erkennen, was wichtig ist. In der Nacht unterweisen ihn seine Nieren. Die Nieren repräsentieren das Innere, das Innere des Menschen, wo die Weisheit wohnt (Hiob 38,36). Sie symbolisieren Weisheit, um zu erkennen, was nützlich und was nutzlos oder sogar schädlich ist. Der Heilige Geist benutzt das Wort Gottes, um Einsicht zu geben und Gottes Willen zu erkennen.
Die Nieren im Körper sind ein spezielles Reinigungssystem. Sie scheiden im Körper aus, was nicht gut ist, und bewahren, was gut ist. Das ist Weisheit. Im geistlichen Sinne repräsentieren sie die Reinheit der inneren Gefühle. Der Herr Jesus ist vollkommen rein in seinen tiefsten, innersten Gefühlen. Dies wird deutlich, wenn Er in der Nacht auf seinen Gott hört. Alles in Ihm ist auf Gott ausgerichtet.
In seiner Betrachtung hat Er sein Auge ständig auf den HERRN, seinen Gott, gerichtet (Vers 8). Wir sehen das in der ganzen Art und Weise, wie Er seinen Weg geht, über den wir in den Evangelien lesen (Joh 14,31). Dies ist ein wichtiger Hinweis für uns. Wenn wir uns mit Gottes Wort beschäftigen, um von ihm Rat und Anleitung für den Weg zu erhalten, den wir gehen sollen, werden wir diesen Weg nur dann kennen lernen, wenn wir immer auf den Herrn Jesus schauen.
David hat den HERRN „stets“ vor sich gestellt. Für uns ist es wichtig, immer auf den Herrn Jesus zu schauen. Auf diese Weise werden wir Ihn besser kennen lernen, sodass wir unseren Weg auf der Erde mit umso größerer Zuversicht gehen können. Aus diesem Grund werden wir auch sehen, dass Er zu unserer Rechten ist. Die rechte Hand steht für Stärke. Er gibt uns die Kraft, zur Ehre Gottes zu wandeln, und sorgt mit seiner Kraft dafür, dass wir nicht ins Wanken geraten.
Die rechte Hand stellt auch den Ehrenplatz dar. Der Herr Jesus hat Gott immer den Ehrenplatz gegeben, den höchsten Platz in seinem Leben. Dass Gott zu unserer Rechten ist, bedeutet für uns, dass wir Ihm den Ehrenplatz einräumen, den höchsten Platz in unserem Leben. Diese Abhängigkeit schenkt eine nie dagewesene Freude im Herzen und die Bewahrung des Körpers, selbst wenn der Körper gestorben und im Grab ist. Wir hören dies in den letzten Versen dieses Psalms.
9 - 11 Der Weg des Leben
9 Darum freut sich mein Herz und frohlockt meine Seele. Auch mein Fleisch wird in Sicherheit ruhen.
10 Denn meine Seele wirst du dem Scheol nicht überlassen, wirst nicht zugeben, dass dein Frommer die Verwesung sehe.
11 Du wirst mir kundtun den Weg des Lebens; Fülle von Freuden ist vor deinem Angesicht, Lieblichkeiten in deiner Rechten immerdar.
Das Wort „darum“ zeigt an, dass eine Schlussfolgerung auf Basis des Vorangegangenen folgt (Vers 9). David hat Gott als seinen souveränen Herrn (Adonai) anerkannt und sich an Ihn gewandt (Verse 1.2). Während er jeden Götzendienst ablehnte, hat er die Güte Gottes erfahren (Verse 3–8).
„Darum“ freut er sich in seinem Herzen und frohlockt seine Seele (Lk 10,21; Heb 12,2). Sein „Herz“ ist das Zentrum seiner Existenz. Von dort aus wird sein Leben geregelt. Sein Herz ist ständig in Gemeinschaft mit Gott. Das Wort „Seele“ hat die Bedeutung aller Werte seines inneren Wesens, aller seiner Gefühle für Gott. Auch in Bezug auf seinen „Körper“ fühlt er sich sicher. „Mein Herz“, „meine Seele“ und „mein Fleisch“ bilden den ganzen Menschen, wie das Neue Testament von „Geist und Seele und Leib“ spricht (1Thes 5,23).
Petrus zitiert diesen Vers in seiner Rede in Apostelgeschichte 2 als Beweis für die Auferstehung Christi (Apg 2,25–31). Dies ist keine Idee der Autoren dieses Kommentars, sondern es ist der vom Heiligen Geist inspirierte Kommentar der Schrift zu dem, was in diesem Psalm geschrieben steht. Deshalb ist es notwendig, hier die Verse aus Apostelgeschichte 2 zu zitieren.
David schreibt diesen Psalm zehn Jahrhunderte früher als zur Zeit der Rede des Petrus. Er schreibt in der „Ich“-Form. Dennoch kann er nicht über sich selbst schreiben. Schließlich ist er gestorben, begraben worden und, wenn Petrus dieses Schriftwort zitiert, immer noch nicht auferstanden. David ist hier ein Prophet, der über einen anderen, den Herrn Jesus, schreibt.
Niemand, außer dem Herrn Jesus Christus, ist seinen Weg gegangen, ohne für einen Augenblick sein Auge von Gott, seinem Vater, abzuwenden. Er sah immer Gott, seinen Vater vor sich. Er wusste Ihn auch immer mit sich (Joh 8,29). Die Gemeinschaft mit seinem Gott schenkte Ihm Freude in seinem Herzen, die Er mit dem Mund zum Ausdruck brachte, selbst in der Zeit, als er Ablehnung erfuhr (Mt 11,25).
Durch seine Gemeinschaft mit seinem Gott hatte Er Hoffnung auf Frieden für sein Fleisch, seinen Leib. Er wusste, dass Er den Tod des Sünders sterben würde, aber Er trat diesen Tod mit dem Vater vor und neben sich entgegen und sah die Freude, die danach kommen würde (Heb 12,2). Er wusste, dass Gott seine Seele nicht dem Scheol überlassen würde.
Der Scheol ist der Ort, wohin die Seelen der Toten unmittelbar nach ihrem Tod gehen, das Totenreich. Im Zitat des Petrus, das aus der Septuaginta – der griechischen Übersetzung des Alten Testaments – entnommen ist, steht das Wort Hades, die griechische Übersetzung von Scheol.
Dann besagt das Zitat, dass Gott die Seele Christi „nicht im Hades zurücklassen“ wird. Das bedeutet, dass Gott die Seele Christi nicht dem Totenreich überlassen würde. Christus war „der Fromme“ Gottes, der in völliger Treue zum Bund als Gottes Heiliger zu seiner Ehre lebte. Er erlitt die Schmerzen des Todes in seiner Seele für jeden, der an Ihn glaubt, in den drei Stunden der Finsternis am Kreuz unter Gottes Gericht. Nach seinem Tod ging seine Seele ins Paradies (Lk 23,43). Jeder Ungläubige wird im Hades und schließlich ewig in der Hölle leiden.
Nachdem Christus gestorben war, wurde Er in das Grab gelegt, aber sein Körper sah keine „Verwesung“. Das heißt, sein Körper war von dem Verderben des Todes nicht betroffen. Auch in seinem Tod war Er „der Heilige“ Gottes. Deshalb wurde Er nach einem kurzen Aufenthalt im Grab – „ein wenig“ oder „eine kurze Zeit“ (Heb 2,9) – auferweckt. Als Ergebnis seines Werkes weiß der neutestamentliche Gläubige, dass sein Geist und seine Seele unmittelbar nach seinem Tod beim Herrn sind (2Kor 5,8; Phil 1,23), während sein Körper im Grab liegt. Sein Leib wird bei der Ankunft des Herrn Jesus für die Seinen aus dem Grab auferstehen, dann aber erneuert und mit seinem Geist und seiner Seele vereint werden (1Thes 4,16; 1Kor 15,52).
Nachdem wir Christus in dem Zitat über seinen Tod und die darin enthaltene Bewahrung durch Gott sprechen gehört haben, hören wir dann, wie Er über Leben und Freude spricht (Vers 11). Hier spricht Er von seiner Auferstehung. Das ist Leben und Freude, nachdem Er durch den Tod gegangen ist. Nach der Auferstehung werden Wege des Lebens geöffnet und offenbart. Das Leben in der Auferstehung ist ein Leben voller Freude; es ist ein Leben, das auf das Angesicht Gottes gerichtet ist. Im geistlichen Sinn gilt dies heute für jeden Gläubigen, der sein Auge auf Christus richtet. Ein solcher Mensch ist immer auf dem Weg des Lebens, auch wenn er durch den Tod führen kann.
Dieser Lebensweg wird von Gott dem Herrn Jesus und damit den Seinen offenbart. Der Weg des Lebens ist immer der Weg durch den Tod. Gott weckt auf aus den Toten. Er ist der Ursprung dieses Weges, denn Er ist das Leben, Er ist der lebendige Gott, das Leben ist nur in Ihm. Es ist nicht so sehr der Weg, der zum Leben führt, sondern vielmehr der Weg, auf dem das Leben genossen wird. Es ist der Weg, der vom Leben geprägt ist (vgl. Ps 25,9.10).
Leben im vollen Sinne des Wortes und Freude gehören zusammen. Auf dem Weg des Lebens ist „Fülle von Freuden“, weil es ein Weg vor dem „Angesicht“ Gottes ist, der auf seine fortwährende Gegenwart hinweist. Nur auf diesem Weg, nur in einem Leben der Gemeinschaft mit Ihm, gibt es eine Fülle von Freuden. Dies ist sowohl in diesem Leben als auch im Leben nach diesem Leben auf der Erde der Fall.
Dies gilt auch für die „Lieblichkeiten“, die sich in seiner „Rechten“ befinden. Sie sind „immerdar“. Mit „Lieblichkeiten“ ist eine enorme Menge an angenehmen Dingen gemeint, die unser Herz immer wieder und ohne Unterbrechung erfreuen werden. Es gibt keinen Moment, in dem dies nicht so ist. Sowohl in der Gegenwart als auch in der Zukunft ist Er mächtig – die rechte Hand spricht von Kraft –, um die Lieblichkeiten allen zu geben, die mit Ihm in der Auferstehungswelt verbunden sind. Sein Angesicht und seine rechte Hand stehen für seine Person und seine Taten, für das, was Er gibt und was Er tut.