Einleitung
Dieser Psalm findet sich in fast gleichen Worten auch in 2. Samuel 22. David bezeugt in diesem Psalm, wer der HERR für ihn ist und was Er für ihn getan hat. Es ist auch die Wiedergabe der Gefühle derjenigen, die sich in ähnlichen Umständen befunden haben und aus der Not gerettet wurden und Gott dafür preisen wollen.
Es gibt vier Möglichkeiten, wie wir diesen Psalm betrachten können – und das gilt auch für viele andere Psalmen. Es wurde bereits in der Einleitung auf andere Weise erwähnt, aber es ist gut, noch einmal bei diesen Psalm darauf aufmerksam zu machen:
1. In diesem Psalm erzählt David seine persönlichen Erfahrungen. Hier haben wir eine historische Beschreibung, denn es geht um die Geschichte Davids.
2. Teile dieses Psalms sind im Leben des Herrn Jesus auf der Erde und in seinem Tod und seiner Auferstehung erfüllt. Andere Teile werden erfüllt werden, wenn Er zur Erde zurückkehrt, um sein Reich der Gerechtigkeit und des Friedens zu errichten.
Der ganze Psalm handelt von Ihm. David ist hier ein Bild von Ihm. Dieser Psalm drückt die Gefühle Christi aus. Der Geist Christi ist in David am Werk, während er diesen Psalm dichtet.
3. In direktem Zusammenhang damit sehen wir auch die Gefühle des gläubigen Überrestes von Israel in der Zukunft. Mit ihnen verbindet sich der Herr Jesus, der Messias, d. h. der Gesalbte, auf innige Weise.
4. Schließlich gibt es noch die Anwendung für uns als neutestamentliche Gläubige persönlich. Der Herr Jesus hat uns auch, und zwar auf eine noch tiefere Weise, mit sich selbst verbunden. Wir müssen uns daran erinnern, dass wir im Himmel mit Ihm verbunden sind, während der Überrest auf der Erde mit Ihm verbunden ist. Wir haben es mit geistlichen Feinden zu tun, während der Überrest es mit Feinden aus Fleisch und Blut zu tun hat. Die Errettung aus der Macht des Feindes geschieht für das irdische Volk durch das Kommen des Herrn auf die Erde, um diese Feinde zu richten, während Er uns von unseren Feinden befreit, indem Er uns aus der Welt in die Luft zu sich nimmt (1Thes 4,15–17).
David gedenkt all dessen, was Gott für ihn war, all dessen, was er in seinen Nöten und Gefahren in Ihm gefunden hat. Er blickt zurück auf die Kraft Gottes, der für ihn gewirkt hat, und was das segensreiche Ergebnis dieser Kraft ist. All dies kommt in diesem Lied zum Ausdruck, einem Ausdruck von Gefühlen, die in Christus ihre volle Erfüllung finden.
Der Psalm beginnt und endet mit einem Lobgesang. Es ist ein Psalm der Dankbarkeit. Wir hören eine Geschichte von Trauer und Leid, die in Freude und Triumph endet. Der Psalm kann mit einem Lobpreis des HERRN beginnen, weil er vergangene Erfahrungen widerspiegelt und nicht eine tatsächliche Situation beschreibt.
Ab Vers 5 beschreibt David was er durchgemacht hat, seine Leiden und seine Not, seinen Hilferuf, gefolgt von Erlösung und Sieg und schließlich seine Krönung. Darin ist er ein Typus des vollkommenen Knechtes des HERRN aus dem Buch Jesaja: dem Herr Jesus. Er ist von Gott vom Tod erlöst. Er wird Feinde besiegen und zum König der Könige und Herrn der Herren gekrönt werden. David ist auch ein Typus des treuen Überrestes, der aus den Händen des falschen Königs von Israel, des Antichristen, erlöst werden wird.
1 Überschrift
1 Dem Vorsänger. Von dem Knecht des HERRN, von David, der die Worte dieses Liedes zu dem HERRN redete an dem Tag, als der HERR ihn errettet hatte aus der Hand aller seiner Feinde und aus der Hand Sauls;
Wie in Psalm 3 und Psalm 7 erwähnt die Überschrift dieses Psalms den Grund für seine Dichtung (Ps 3,1; 7,1). Die Überschrift beginnt mit der Aussage, dass der Psalm für den „Vorsänger“ ist, eine Aussage, die uns schon mehrfach begegnet ist. Der Psalm beginnt, und betont damit, dass er für andere bestimmt ist, die sich in einer ähnlichen Situation wie der Dichter befunden haben. Siehe weiter die Erklärung zu Psalm 4,1.
Der Psalm ist „von dem Knecht des HERRN, von David“. Bevor David seinen Namen erwähnt, spricht er zunächst von sich selbst als „dem Knecht des HERRN“ (vgl. Ps 36,1; 5Mo 34,5; Jos 24,29). Der ganze Psalm atmet die Größe Gottes. Ihm gegenüber bezeichnet sich David nicht als „König“, sondern als „Knecht“. Er ist sich bewusst, dass es eine große Ehre ist, Gott in seinem Königtum zu dienen.
Dies gilt auch für uns, die wir ebenfalls zum Königtum geworden sind (Off 1,6). Wir üben dieses Königtum noch nicht aus, aber wir besitzen seine Würde. Diese Würde drückt sich darin aus, Ihm zu dienen, der unser Herr ist. Es ist ein besonderes Privileg, Ihm zu dienen, der alle Autorität im Himmel und auf der Erde hat. Wer von der Majestät Gottes etwas beeindruckt ist, wird gerne sein Diener sein und sich so nennen.
David hat „die Worte dieses Liedes zu dem HERRN“ geredet. Hier steht, dass dieses Lied zu dem HERRN geredet wird. Dies ist eine wichtige Lektion. Wir sehen hier, dass das Singen von Liedern bedeutet, dass wir zu Gott reden. Das ist es, was dieser Psalm zeigt. Lieder zu singen, bedeutet auch, zu den Menschen zu reden. Das sagt uns Paulus im Brief an die Kolosser (Kol 3,16). Dies unterstreicht, dass es in erster Linie um die Worte geht.
Dass es ein „Lied“ genannt wird, erinnert an die Einleitung des Liedes des Mose nach der Befreiung Israels aus Ägypten (2Mo 15,1) und an das Lied, das Barak und Deborah nach ihrem Sieg über den Feind sangen (Ri 5,1). Die Ähnlichkeit zwischen diesen drei Liedern besteht darin, dass sie Lieder der Befreiung sind, in der sie Gott für die von Ihm gegebene Befreiung loben. Singen ist das Privileg eines erlösten Volkes. Das erste Mal, dass ein Lied in der Bibel gesungen wird, ist in 2. Mose 15 (2Mo 15,1) und das letzte Mal in Offenbarung 14 (Off 14,3).
David redete dieses Lied zu dem HERRN „an dem Tag, an dem der HERR ihn errettet hatte“, d. h. unmittelbar nach seiner Befreiung. Auf die gleiche Weise sollten wir Gott loben, unmittelbar nachdem wir seine Hilfe erfahren haben. David erwähnt nicht nur den Zeitpunkt der Befreiung, „den Tag, an dem“, sondern auch den Grund dafür. Denn der HERR hat ihn aus der Hand skrupelloser Feinde „errettet“. Erretten bedeutet, dass der HERR David aus der Hand seiner Feinde herausgerissen hat, ihn daraus weggezogen hat. Diese Errettung ist der Grund für sein Lied.
Die Zahl der Feinde ist nicht gering. David spricht von „der Hand aller seiner Feinde“. Das sind Feinde feindseliger Nationen, die ihn daran hindern wollten, sein Königtum anzunehmen. Sie sind auch Feinde, die ihn vom Thron stoßen wollten, nachdem er König geworden war.
David erwähnt einen Feind namentlich: Saul. Der HERR errettete ihn auch „aus der Hand Sauls“. Er nennt diesen Feind zuletzt, obwohl Saul sein erster Feind ist. Von Saul hat er die längste und schärfste Feindschaft erfahren. Saul ist im Zusammenhang mit dem gläubigen Überrest ein Typus des Antichristen, des falschen Königs, der dem großen Sohn Davids feindlich gesinnt ist.
Wenn wir dem Herrn in Treue dienen wollen, sollten wir uns nicht wundern, dass wir Feinde haben (Joh 15,18.19). Umso mehr werden wir seine Hilfe und sein Heil erfahren, was uns umso mehr Grund gibt, Ihn zu preisen.
2 - 4 Wer der HERR für David ist
2 und er sprach:
Ich liebe dich, HERR, meine Stärke!
3 Der HERR ist mein Fels und meine Burg und mein Retter; mein Gott, mein Schutz, zu ihm werde ich Zuflucht nehmen, mein Schild und das Horn meines Heils, meine hohe Festung.
4 Ich werde den HERRN anrufen, der zu loben ist, und ich werde gerettet werden von meinen Feinden.
Alle Rettungen aus dem Griff aller Arten von Feinden, und insbesondere aus der Hand Sauls, bringen in David ein Loblied, einen Psalm, hervor. Seine erste Reaktion auf seine Befreiung ist, dass er zum HERRN sagt: „Ich liebe dich“ (Vers 2). Dies ist eine besondere „Liebeserklärung“ an den HERRN persönlich. So etwas kommt nur noch einmal vor, nämlich in Psalm 116 (Ps 116,1). Es ist eine Liebeserklärung, die zum Ausdruck bringt, dass die Intimität der Beziehung auf Erfahrung beruht.
Das Wort für „liebe“ ist hier eine spontane, emotionale Liebe, die auf dem basiert, was David erlebt und gesehen hat. Es ist keine Liebe auf den ersten Blick, sondern eine Liebe, weil Er uns zuerst geliebt hat (vgl. 1Joh 4,19). Dies geht aus Davids Erfahrungen hervor. Er spricht darüber in Vers 20.
Das können wir aus der großen Zahl von Namen ableiten, mit denen David den HERRN erwähnt. Damit zeigt er an, was der HERR ihm bedeutet. Damit untermauert er sozusagen seine Liebeserklärung. Auf diese Weise hat er Gott kennen gelernt, und dadurch hat er Ihn immer mehr geliebt. Der HERR hat viel mehr Namen als David erwähnt. Dass David diese Namen ausdrücklich erwähnt, liegt daran, dass sie auf besondere Weise in den Kontext dieses Liedes passen, in dem es um Flucht, Kampf und Sieg geht.
So wie er Ihn nennt, so hat er Ihn in diesen Situationen erfahren. Er hat auch die persönliche Beziehung zu Gott in besonderer Weise erlebt. Dies geht aus dem Possessivpronomen „mein“ hervor, das immer verwendet wird. Er erlebte und erlebt Gott, wie er Ihn in jedem Namen, mit dem er Ihn nennt, darstellt. In gleicher Weise spricht Paulus von Gott als „meinem Gott“ (Phil 4,19). Der Herr Jesus spricht auch von „meinem Gott“ und „meinem Vater“ (Joh 20,17).
Beim ersten Namen, den David erwähnt, spricht er zu Gott. Er nennt Ihn nicht „meinen Geliebten“, sondern „meine Stärke“. Dies zeigt, dass Davids Liebe zum HERRN darauf beruht, wer Er im Kampf für ihn ist. Die folgenden Namen sind damit verbunden. Nur dadurch spricht er nicht zu Gott, sondern bezeugt gegen andere, wer der HERR für ihn ist.
Der Name „meine Stärke“ ist direkt mit seiner Liebeserklärung verbunden. Das ist es, was Gott für ihn gegen seine Widersacher war. David hat alle seine Widersacher überwunden, weil Gott seine Stärke war und immer noch ist. Seine Sicherheit verdankt er nur Ihm. Er bezeugt dies in den Namen, die er dann nennt.
1. Im ersten „Namensbekenntnis“ sagt er: „Der HERR ist mein Fels“ (Vers 3). Damit sagt er, dass der HERR sein unerschütterliches Fundament ist (vgl. Jes 17,10; Mt 16,18; 1Kor 10,4). Das hebräische Wort für Fels ist hier sela. Es ist ein Wort für hohes, durch Sediment geschichtetes Gestein. Der Felsen hier ist ein Bild des erhabenen Christus. Auf diesem Felsen steht David. Diese hohe Position verdankt er Gott.
2. Dann nennt er ihn „meine Burg“ (Hebräisch mesuda, vgl. Masada). Eine Burg ist eine Bergfestung. Es ist ein Ort, der so befestigt ist, dass ein Feind sich ihm nicht nähern kann. Das ist es, was Gott für David geworden ist. Er ist sozusagen „in sicherer Verwahrung“ bei Gott. Er ist bei Ihm sicher und geborgen für alle seine Verfolger.
3. Gleichzeitig kann er den HERRN „meinen Retter“ nennen. Er wird in der Burg gut bewacht und ist daher frei von seinen Verfolgern.
4. Er ist, sagt David, „mein Gott“, d. h. derjenige, bei dem ich festgestellt habe, dass alles, was ich mir vorstellen kann, zu dem gehört, wer Gott ist, der Allmächtige, Allgegenwärtige, Allwissende, der mich kennt, und der die Gefahren, die mich bedrohen, bei weitem übertrifft. Er ist immer bei mir. Der Christ drückt dies aus, wenn er „Abba, Vater“ sagt.
5. Dann nennt David Ihn „mein Schutz“, wörtlich „Fels“ (siehe 1.). Das hebräische Wort für Fels ist hier tsur. Dies ist ein Wort für niedriges Gestein aus soliden schwarzen Basaltsteine. Der Fels kann hier als ein Bild von Christus in der Erniedrigung gesehen werden.
David lässt hierauf folgen, dass er „Zuflucht“ zu Ihm nimmt. Hier sehen wir eine Aktion von David. Wir mögen wissen, dass wir in Gott einen unerschütterlichen Fels haben, aber wir müssen Ihn als Zuflucht ergreifen. David sagt nicht, dass er „Zuflucht genommen“ hat, sondern „nimmt“. Er hat es in der Vergangenheit getan und wird es auch weiterhin tun. Er sucht ständig Sicherheit und Schutz bei Ihm.
6. „Mein Schild“ (vgl. Ps 3,4; 1Mo 15,1) bedeutet Schutz vor den Pfeilen, die der Feind auf ihn abfeuert (vgl. Eph 6,16). Pfeile dringen in den Körper ein und lähmen oder töten. Aber welcher Pfeil kann am HERRN vorbeikommen? Wer kann Ihn berühren? Er selbst ist unantastbar, und deshalb ist jeder Angriff auf einen der Seinen zum völligen Scheitern verurteilt.
7. „Das Horn meines Heils“ bedeutet, dass Gottes Kraft – das Horn ist ein Bild der Kraft, mit dem sich ein Tier verteidigt – die Errettung oder das Heil der Seinen garantiert. Die Idee ist, dass Gott für den Psalmisten das ist, was das Horn für die Tiere ist, das Mittel zur Verteidigung. Welcher Feind ist Gott gewachsen?
8. „Meine hohe Festung“ (vgl. Ps 9,9.10; 46,2) ist ein hoher Ort, von dem aus David den Feind beobachten kann. Es ist ein natürlicher Wachposten, der gleichzeitig für einen feindlichen Angriff unzugänglich ist und daher völlige Sicherheit bietet (vgl. Jes 33,16; Spr 18,10). Der HERR ist seine garantierte Sicherheit.
Die oben erwähnten „militärischen Attribute“ Gottes können wie folgt beschrieben werden: Geborgenheit, Unerschütterlichkeit, Bewahrung, Befreiung, Schutz, Stärke, Unverletzlichkeit, Sicherheit. All dies ist im Namen der „Stärke“ eingeschlossen.
David hat sich auf diese Person berufen, die er ebenso ausführlich wie seine Stärke beschrieben hat (Vers 4). Nach all seinen Erfahrungen mit Ihm kann er nicht anders, als zunächst noch einmal darauf hinzuweisen, dass Er des Lobes würdig ist. Sein Herz ist voll des Lobes für den, der sich so bekannt gemacht hat, wie er sich in den Namen ausgedrückt hat. Zugleich ruft er alle, denen er Zeugnis ablegt, auf, Ihn ebenfalls zu loben.
Der HERR hat sein Rufen gehört. Er setzte sich für David ein und befreite ihn von seinen Feinden. In den folgenden Versen spricht David über die große Not, in der er gewesen ist und aus der Gott ihn gerettet hat. Umso deutlicher wird, wie sehr der HERR die Namen wert ist, mit denen David Ihn genannt hat. Sie helfen jedem, der in Not ist und vom HERRN erlöst wurde, zu tieferer Einsicht, Ihn für seine Befreiung zu preisen. Denn es ist ein Psalm „dem Vorsänger“.
5 - 7 Die zu Gott gebrachte Not
5 Mich umfingen die Fesseln des Todes, und die Ströme Belials erschreckten mich.
6 Die Fesseln des Scheols umringten mich, die Fallstricke des Todes ereilten mich.
7 In meiner Bedrängnis rief ich zu dem HERRN, und ich schrie zu meinem Gott; er hörte aus seinem Tempel meine Stimme, und mein Schreien vor ihm kam in seine Ohren.
Diese Verse beschreiben Davids Gefühle, als der Feind darauf aus war, ihn zu töten. Es sind auch die Gefühle des treuen Überrestes Israels während der großen Drangsal. Wir sehen etwas Ähnliches bei Jona, als er im Bauch des Fisches war (Jona 2,3–10). Darüber hinaus beschreiben diese Verse insbesondere die Gefühle des Herrn Jesus in Gethsemane, wo Ihm das Leiden des Todes in dem Kelch des Leidens, den der Vater Ihm dort zeigt, vor Augen geführt wurde. Von Ihm lesen wir, dass Er „in den Tagen seines Fleisches, da er sowohl Bitten als Flehen dem, der ihn aus dem Tod zu erretten vermochte, … dargebracht hat“ (Heb 5,7a). Das ist Gethsemane.
In dem, was David erlebt – er beschreibt seine Erfahrung als die von jemandem, der ertrinkt (Vers 5) – sehen wir, was Christus in Vollkommenheit und viel tiefer als David erlebt hat. Niemand wie Er weiß, was „Fesseln des Todes“ sind. David hat diese Fesseln im Zusammenhang mit dem körperlichen Tod gefühlt. In 2. Samuel 22 spricht er von „Wogen des Todes“ (2Sam 22,5). Es sind starke Mächte, die David in die Tiefen des Totenreichs ziehen wollten.
Christus spürte diese Fesseln und Wogen im vollsten Sinn des Wortes: von Gott getrennt zu sein. Dasselbe gilt für „die Ströme Belials“, die David „erschreckten“. Im wahrsten Sinn des Wortes sind es die plötzlich schnell fließenden Wasser in den Wadis in der Wüste, die alles mit sich reißen und zerstören. Die „Ströme Belials“ weisen auf den endlosen Strom verderbter Menschen hin, die ihn, angeführt von Satan, jagten, um ihn zu töten.
Christus fürchtete nicht alles leibliche Leiden und den leiblichen Tod. Sonst hätte Er die Seinen niemals ermutigen können, sich nicht zu fürchten „vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht zu töten vermögen“ (Mt 10,28). Er hatte keine Angst davor, was die Menschen Ihm antun würden. Was Ihn erschreckte, war der Zorn Gottes, der in den drei Stunden der Finsternis, in denen Er zur Sünde gemacht werden sollte, über Ihn kommen würde. „Die Fesseln des Scheols“ – der Scheol ist das Totenreich – umgaben ihn auf viel intensivere Weise, als David jemals erleben konnte (Vers 6).
Dasselbe gilt für „die Fallstricke des Todes“. David fühlte sich wie ein Vogel, der in einer Schlinge gefangen ist. Je mehr er versuchte, sich loszureißen, desto enger wurde die Schlinge. Der Tod könnte jeden Moment eintreten. Die Fallstricke des Todes bedrohten und bedrückten auch den Erlöser (vgl. Lk 12,50). Deshalb rief Er in Gethsemane in seiner Not seinen Gott an. Und Er erhörte Ihn und erlöste Ihn – nicht vom Tod, sondern – aus dem Tod, wegen seiner Frömmigkeit (Heb 5,7b), die auf seiner vollen Hingabe an Gott beruht.
David spricht nach der Beschreibung seiner Not darüber, dass er in seiner Bedrängnis zu dem HERRN ruft und zu seinem Gott schreit (Vers 7). Seine Bedrängnis war so groß, dass er am Leben verzweifelte, denn der Tod drohte. Die enormen Kräfte, die er vor sich sah, entzogen sich der menschlichen Kontrolle. Alles, was er tun konnte, war, zu Gott zu rufen, denn er hatte einen Gott, zu dem er rufen konnte.
Nach dem Hilferuf kommt sofort, ohne Pause oder Zögern, die Antwort Gottes (vgl. Mt 14,30.31). Diese Antwort ist das Bewusstsein, dass Gott seine Stimme aus den Tiefen des Totenreichs (Verse 5.6), „aus seinem Tempel [oder: Palast]“, dem Haus seiner Regierung im hohen Himmel, rufen hörte. Gott war nicht zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt. Der Hilferuf hatte seine volle Aufmerksamkeit. David wusste, dass er vor Gott, d. h. in seiner Gegenwart, um Hilfe rief. Deshalb kam es in seine Ohren, die offen waren für den Schmerzensschrei seines auserwählten Königs.
8 - 16 Gott greift ein
8 Da wankte und bebte die Erde, und die Grundfesten der Berge erzitterten und wankten, weil er entbrannt war.
9 Rauch stieg auf von seiner Nase, und Feuer fraß aus seinem Mund; glühende Kohlen brannten aus ihm.
10 Und er neigte die Himmel und fuhr herab, und Dunkel war unter seinen Füßen.
11 Und er fuhr auf einem Cherub und flog daher, und er schwebte auf den Fittichen des Windes.
12 Finsternis machte er zu seinem Bergungsort, zu seinem Zelt rings um sich her, Finsternis der Wasser, dichtes Himmelsgewölk.
13 Aus dem Glanz vor ihm zog sein dichtes Gewölk vorüber, Hagel und feurige Kohlen.
14 Und es donnerte der HERR in den Himmeln, und der Höchste ließ seine Stimme erschallen – Hagel und feurige Kohlen.
15 Und er schoss seine Pfeile und zerstreute sie, und er schleuderte Blitze und verwirrte sie.
16 Da wurden die Betten der Wasser gesehen, und die Grundfesten des Erdkreises wurden aufgedeckt vor deinem Schelten, HERR, vor dem Schnauben des Hauches deiner Nase.
[Tipp für den Leser: Um einen Eindruck von der Antwort des HERRN zu bekommen, ist es gut, alle diese Verse auf einmal zu lesen. Also nicht so sehr Vers für Vers im Detail studieren, sondern zunächst das Ganze in Ruhe nacheinander lesen. Dann wird die Erfahrung des Elias gemacht: Der HERR erschien ihm nicht im Sturm, Feuer oder Erdbeben, sondern schließlich im sanften, stillen Wind (1Kön 19,11–13)].
In diesen Versen erzählt David, dass der HERR auf seinen Hilferuf hörte (vgl. Ps 17,13) und wie Er darauf antwortete. Gottes Antwort, David und sein Volk zu befreien, ist seine mächtige Erscheinung. Er beschreibt, was von Gott sichtbar wurde, als Er zu seinen Gunsten handelte. Es hat David nicht beunruhigt, sondern ihn mit Ehrfurcht erfüllt, dass Gott für ihn gehandelt hat! Rauch und Feuer, Wind- und Wasserströme, Donner und Blitz, all diese Naturphänomene, die Gott für seine Befreiung eingesetzt hat.
Gottes Handeln beginnt mit dem Wanken und Beben der Erde (Vers 8). „Die Grundfesten der Berge“, die die Unbeweglichkeit und Stabilität der Erde symbolisieren, „erzitterten und wankten“. Gott braucht sie nur mit einem Finger zu berühren, und die Erde verliert alles, woran der Mensch glaubt, sich festhalten zu können. Es ist keine leichte Schwingung, sondern ein unkontrollierbares heftiges Hin- und Herbewegen, sodass alles wackelt und umfällt. Dies geschieht „weil er [im Zorn] entbrannt war“. Es zeigt seine erhabene Majestät, wodurch der Mensch in seinem Stolz zu nichts schrumpft.
Es ist durchaus möglich, dass Gott David durch solche Naturphänomene geholfen hat, seine Feinde zu besiegen oder vor ihnen zu fliehen. David sieht darin Gottes Hand, was auch so ist, während die Feinde, und alle Menschen ohne Gott, nur von bemerkenswerten Phänomenen in der Natur sprechen. Alle Arten von Plagen und Katastrophen, die die Menschheit treffen werden, wenn die Gläubigen aufgenommen worden sind, und die im Buch der Offenbarung beschrieben werden, werden von den Ungläubigen auf diese Weise erklärt werden. Der gläubige Überrest sieht darin deutlich die Hand Gottes. Dasselbe sehen wir bei den Plagen, die über Ägypten gekommen sind. Sie wurden als Gerichte über Ägypten gesehen, während sie für die Israeliten Zeichen und Wunder Gottes waren.
Gottes Zorn wird noch durch den Rauch, der aus seiner Nase aufstieg, und das Feuer, das aus seinem Mund kam, unterstrichen (Vers 9; vgl. Jes 65,5). Das Feuer verrichtete eine verzehrende Arbeit, wovon die Kohlen zeugen, die durch das Feuer entzündet wurden. Der Rauch und das verzehrende Feuer machen deutlich, dass Er die Feinde richtet. Feuer ist ausnahmslos ein Bild für Gottes Gericht, das alles verzehrt, was sich Ihm entgegenstellt. Auch „unser Gott ist ein verzehrendes Feuer“ (Heb 12,29).
Indem Er die Himmel neigt, bringt Er ihn der Erde näher (Vers 10). Es ist eine poetische und menschliche Beschreibung seines Kommens auf die Erde, um zugunsten seines Frommen zu handeln. In Ihm kam der Himmel auf die Erde. Das bedeutete Gericht für die gottlosen Verfolger und Erlösung für die Gerechten. Die dunkle Wolke unter seinen Füßen betont, dass Er gekommen ist, um zu richten.
Ein weiterer Hinweis darauf, dass Er kam um zu richten, ist, dass „er auf einem Cherub fuhr“ (Vers 11). Hesekiel sieht, dass Cherubim mit dem Thronwagen seiner Regierung verbunden sind (Hes 1,5–14; 10,1). Diese himmlischen Wesen haben große Macht und sind mit der Ausübung der Regierung Gottes verbunden um seine Gerechtigkeit zu wahren. Das sehen wir besonders bei den Cherubim, die auf den Sühnedeckel auf der Bundeslade herabblicken, in der das Gesetz liegt (2Mo 25,22).
Cherubim haben Flügel, die es ihnen ermöglichen, sich schnell zu bewegen. Sie sind daher auch mit dem Himmel verbunden, während sie ihre Arbeit auf der Erde verrichten. Gott ist schnell im Vollzug des Gerichts, wenn die Zeit dafür reif ist. Er geht mit der Geschwindigkeit und Unnachahmbarkeit des Windes zu seinem Ziel (vgl. Ps 104,3.4).
David setzt in bildhafter Sprache seine eindrucksvolle Beschreibung Gottes in seiner Aktion der Befreiung von seinem Gesalbten fort. Gott hat sich in die Dunkelheit der Nacht gehüllt, um sich darin zu verbergen (Vers 12). Dieser Bergungsort ist wie ein Zelt. Dieses Zelt besteht aus „Finsternis der Wasser, dichtes Himmelsgewölk“. Alles spricht von der Drohung eines Gerichts.
Gott kündigt sein Handeln in „dem Glanz vor ihm“ an (Vers 13). Gott kann sich in Dunkelheit verhüllen. Die Drohung, die von ihr ausgeht, kann Ehrfurcht und Bekehrung hervorrufen. Wenn der Mensch diese Bedrohung nicht ernst nimmt, erscheint Gott im Gericht. Dann erscheint Er als blendendes Licht. Aus dem Glanz seiner Heiligkeit kommen „Hagel und feurige Kohlen“. Eine solche Kombination sehen wir auch bei der siebten Plage Ägyptens (2Mo 9,22.23).
Die dunklen, düsteren Wolken begannen majestätisch, ohrenbetäubend zu sprechen: „Es donnerte der HERR in den Himmeln“ (Vers 14). Vom Himmel her ließ Er seine Stimme erschallen durch „Hagel und feurige Kohlen“, die auch im vorhergehenden Vers erwähnt werden. Die Wiederholung deutet darauf hin, dass dies regelmäßig geschah. Er ist „der Höchste“, Er steht über dem Universum. Gott spricht durch seine Gerichte, in denen seine Stimme gehört wird (Ps 29,3–9). Während des Donners schießt Er seine Pfeile in Form von Blitzen in alle Richtungen (Vers 15; vgl. Ps 77,18; 144,6; Hab 3,11). So zerstreute Er die Feinde, störte ihre Ordnung, verwirrte sie und machte sie machtlos.
Als Schlussakt beschreibt David, dass durch das Wirken Gottes die Betten des Wassers sichtbar wurden und dass „die Grundfesten des Erdkreises aufgedeckt wurden“ (Vers 16). Es ist sozusagen ein donnernder Schlussakkord, in dem Gott zeigt, dass es in der ganzen Natur keinen Bereich gibt, der widerstehen kann, wenn Er mit ihr handelt. Es ist ein Bild seines Handelns mit feindlichen Mächten. So wie Er die Betten des Wassers sichtbar macht, so bringt Er alle feindlichen Mächte hervor. Er herrscht über die Fundamente, über die Grundfesten der Welt. Er ist der glorreiche und siegreiche König über alle Mächte im Himmel, auf der Erde und im Meer. Nichts und niemand kann seine Herrschaft stören.
Gott hat all das oben Genannte als „Schelten“ für die Gegner des Gerechten getan, für den Er eintritt. Für dieses Schelten benutzt Er das, was Er aus dem Universum braucht, denn das ganze Universum steht unter seiner Autorität und steht Ihm zur Verfügung. Er braucht nur mit dem Schnauben des Hauches aus seiner Nase gegen ein einziges Element zu blasen, und es wird in einen alles zerstörerischen Sturm verwandelt, gegen den es keinen Schutz gibt.
17 - 20 Die große Errettung
17 Er streckte [seine Hand] aus von der Höhe, er nahm mich, er zog mich aus großen Wassern.
18 Er errettete mich von meinem starken Feind und von meinen Hassern, denn sie waren mächtiger als ich.
19 Sie ereilten mich am Tag meines Unglücks, aber der HERR wurde mir zur Stütze.
20 Und er führte mich heraus ins Weite, er befreite mich, weil er Gefallen an mir hatte.
Nach der eindrucksvollen Beschreibung des Eingreifens Gottes in seiner Allmacht (Verse 8–16) beschreibt David in diesen Versen auf ebenso eindrucksvolle Weise seine Befreiung durch Gott aus der Hand aller seiner Feinde und aus der Hand Sauls. Diese Befreiung wird durch mehrere Verben in diesem Abschnitt ausgedrückt: „streckte [seine Hand] aus“, „nahm mich“, „zog mich“, „errettete mich“, „führte mich heraus“. In all diesen Handlungen beweist Gott seine Treue. David erlebt die Errettung auf eine fast greifbare Weise.
Die Worte „zog mich aus“ kommen auch in 2. Mose vor. Dort stehen sie im Zusammenhang mit dem Umstand, dass Moses von der Tochter des Pharaos aus den Wassern des Todes gezogen wurde (2Mo 2,10).
Das furchterregende Handeln des HERRN, das David in den vorhergehenden Versen beschrieben hat, hat ihn nicht erschreckt. Es war eine „Befreiungsaktion“, bei der seine Feinde eliminiert und er befreit wurde. In Vers 17 erkennen wir die Errettung Israels aus Ägypten. Das Ziehen Israels durch das Rote Meer, ist, als würde man das Volk aus großen Gewässern herausziehen. Es wird bildlich so dargestellt, dass Gott von oben, von seinem heiligen Palast aus, seine mächtige Hand ausstreckte, das Volk packte und aus dem Roten Meer herauszog und es in die Freiheit des gelobten Landes führte. So erlebte David seine Befreiung.
Die „großen Wasser“ sind ein Bild großer Kämpfe und Gefahren. Es war daher ein „starker Feind“, mit dem er zu tun hatte (Vers 18). Darüber hinaus gab es andere, seine „Hasser“. Es waren Menschen, die „mächtiger“ waren als er. Ihre Drohung war so heftig, dass er wusste, dass der Tag seiner Vernichtung gekommen wäre, wenn der HERR nicht eingreifen würde (Vers 19). Die Not hatte ihren Höhepunkt erreicht. „Aber“ dann war da der HERR, Er war da, um ihn zu unterstützen, Er hielt ihn aufrecht, damit er nicht in die Hand des Feindes fiel. Dieses göttliche „aber“ weist auf eine Umkehrung hin, dass Gott in einer Situation wirkt, in der ein Mensch nichts mehr tun kann (vgl. Eph 2,1–4).
Statt seines Unglücks hat David die Unterstützung des HERRN erfahren. Anstatt von seinen Feinden umgeben zu sein, hat der HERR ihn in den Raum gestellt (Vers 20). Anstatt in die Hand seiner Feinde zu fallen, hat er die Erlösung Gottes erfahren. Er verdankt alles Gott und nichts sich selbst. Und was war der Grund für Gott, in dieser erhabenen Weise einzugreifen, um ihn zu retten? David erkennt es mit großer Dankbarkeit und Verwunderung an: „Weil er Gefallen an mir hatte.“ David wusste, dass er selbst der Gegenstand der Liebe Gottes war.
Was David von seiner Befreiung von den Fesseln des Todes durch die Kraft Gottes erzählt, ist ein klares Bild von der Erlösung des Herrn Jesus vom Tod durch die Kraft Gottes. Paulus schreibt darüber, wenn er sagt, dass wir wissen, „welches die überragende Größe seiner Kraft an uns, den Glaubenden, nach der Wirksamkeit der Macht seiner Stärke, in der er gewirkt hat in dem Christus, indem er ihn aus den Toten auferweckte; (und er setzte ihn zu seiner Rechten in den himmlischen Örtern, über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird, nicht allein in diesem Zeitalter, sondern auch in dem zukünftigen“ ist (Eph 1,19–21).
Durch das Kreuz hat der Herr Jesus alle Mächte besiegt (Kol 2,14.15). Gott antwortet auf diesen Sieg, indem Er Christus von den Toten auferweckt. Es war seine Freude, dies zu tun. Nicht nur die Kraft Gottes, sondern auch die Herrlichkeit des Vaters hat Christus von den Toten auferweckt (Röm 6,4). Weil Christus Ihn auf der Erde verherrlichte, verherrlichte der Vater Ihn als Antwort darauf und tat dies direkt, indem Er Ihn in den Himmel aufnahm (Joh 13,31.32). Seine Verherrlichung auf der Erde steht noch aus. Ein Bild davon sehen wir in diesem Psalm auch in dem, was Gott mit David tut.
21 - 27 Gottes gerechte Vergeltung
21 Der HERR vergalt mir nach meiner Gerechtigkeit, nach der Reinheit meiner Hände erstattete er mir.
22 Denn ich habe die Wege des HERRN bewahrt und bin von meinem Gott nicht frevelhaft abgewichen.
23 Denn alle seine Rechte waren vor mir, und seine Satzungen – ich entfernte sie nicht von mir.
24 Und ich war vollkommen vor ihm und hütete mich vor meiner Ungerechtigkeit.
25 Und der HERR erstattete mir nach meiner Gerechtigkeit, nach der Reinheit meiner Hände vor seinen Augen.
26 Gegen den Gütigen erzeigst du dich gütig, gegen den vollkommenen Mann erzeigst du dich vollkommen,
27 gegen den Reinen erzeigst du dich rein, und gegen den Verkehrten erzeigst du dich entgegenstreitend.
In diesem Abschnitt geht es um die Vollkommenheit des Herrn Jesus. David war dem HERRN aufrichtig hingegeben und blieb Ihm treu, aber er war nicht vollkommen. Als schwaches Beispiel für Christus spricht er als Prophet von Ihm, der wirklich und einzig vollkommen ist. Was David in Vollkommenheit ist, dankt er dem Herrn; was der Herr Jesus in Vollkommenheit ist, ist Er persönlich. Aus diesem Grund ist Er König.
Der Abschluss von Vers 20 ist die Einleitung zu den Versen 21–25. In diesen Versen sagt David, warum Gott ihm wohlgefällig war und für ihn eintrat. Wie gesagt, diese Beschreibung in seiner ganzen Fülle trifft nur auf den Herrn Jesus zu. Was David in diesen Versen über sich selbst sagt, trifft in vollem Umfang auf Ihn zu. Er war absolut fehlerfrei und hielt sich vollkommen an Gottes Wege und Gebote.
In gewisser Weise kann David ohne Mäßigung sagen: „Der HERR vergalt mir nach meiner Gerechtigkeit, nach der Reinheit meiner Hände erstattete er mir“ (Vers 21). Wir müssen uns dann daran erinnern, dass er sich damit auf die Art und Weise bezieht, wie er mit seinem größten Feind, Saul, umgegangen ist. Solange David nicht auf dem Thron saß, hat er Saul immer als den von Gott ernannten König anerkannt.
Er hat auf diese Weise Gerechtigkeit geübt, d. h. er hat in Übereinstimmung mit Gottes Gesetz gehandelt und Saul den gebührenden Respekt erwiesen. Er hat seine Hände immer rein gehalten, obwohl er zweimal gedrängt wurde, das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen (1Sam 24,5.11–14; 26,9–11.18). Als Belohnung dafür hat Gott ihn gerettet.
Wir sehen in David ein schwaches Schattenbild Christi. Was in David wahr ist, aber nicht immer wahr, ist im Herrn Jesus immer, unter allen Umständen und vollkommen wahr. Deshalb sehen wir in diesen Versen besonders Ihn. Er wurde, wie oben erwähnt, wegen seiner Frömmigkeit erhört, die Er ununterbrochen in seinem Leben auf der Erde gezeigt hat. Das war seine Gerechtigkeit, und sie ist von Gott vergütet worden.
Christus hat von Gott Belohnung erhalten, entsprechend der Reinheit seiner Hände, die immer nur das getan haben, was Gott Ihm geboten hatte. Seine Hände haben nie etwas Unreines getan. Seine Hände waren so rein, dass Er einen unreinen Aussätzigen berühren konnte, wodurch dieser von seinem Aussatz geheilt und rein wurde (Mt 8,3).
David bewahrte in seiner Haltung gegenüber Saul „die Wege des HERRN“, und er ist von seinem „Gott nicht frevelhaft abgewichen“ (Vers 22). Er tat dies, weil er alle Rechte Gottes im Auge behielt und seine Satzungen nicht von sich entfernte (Vers 23). Er war nicht immer vollkommen, wenn es darum ging, den Weg des HERRN zu gehen, und er hat sich auch nicht immer an Gottes Gebote gehalten, aber auch hier geht es wieder um seine Haltung gegenüber Saul.
Indem er in den Wegen des HERRN ging und Gottes Rechte bewahrte, war er „vollkommen vor ihm“ (Vers 24). Es kam ihm nie in den Sinn, etwas gegen Saul zu unternehmen, weil er vor Gott aufrichtig war. Er lebte in Gemeinschaft mit Gott, was ihn vor Schaden bewahrte. Dies gilt insbesondere für das Übel, das darin besteht, das Recht in die eigenen Hände zu nehmen und Saul zu töten. Letzteres deutet darauf hin, dass er sich der Möglichkeit bewusst war, Ungerechtigkeit zu begehen.
Hier sehen wir, dass das Gehen des Weges des Herrn durch einen Gläubigen, ohne davon abzuweichen, untrennbar mit dem Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes verbunden ist. Wir bleiben auf dem Weg des Herrn, wenn wir sein Wort ständig vor uns haben (vgl. 5Mo 8,6).
Auch dies ist von unserem Erlöser in Vollkommenheit in die Praxis umgesetzt worden. Er ist immer ununterbrochen auf den Wegen seines Gottes gegangen und hat während seines ganzen Erdenlebens sein Gesetz im Auge behalten. Bei Ihm war das nicht um zu verhindern, dass Ungerechtigkeit begangen würde. Er war und ist ohne Sünde, und Er hatte und hat nicht die Neigung zur Sünde in sich selbst.
David spricht in Vers 25 noch einmal von der Reinheit seiner Hände als seiner Gerechtigkeit und davon, dass Gott ihm „erstattete“, d. h. die Errettung gab. Dasselbe tat er in Vers 21. Dass er es wieder tut, liegt vielleicht daran, dass er Saul zweimal töten konnte, es aber beide Male nicht getan hat. Beide Male bewies er, dass er reine Hände hat. Er ist kein Mörder. Er hat nicht das Blut eines Mörders an seinen Händen. Gott sah das. Es war „vor seinen Augen“. Darum hat Gott ihn gemäß seiner Gerechtigkeit gegeben.
Die Verse 26 und 27 geben das allgemeine Prinzip an, nach dem Gott handelt. Gott hat das im Leben Davids getan und tut das immer mit jedem Menschen. So wie wir uns anderen Menschen gegenüber verhalten, so wird Gott mit uns handeln. Mit anderen Worten sagt der Herr Jesus dasselbe: „Mit demselben Maß, mit dem ihr messt, wird euch wieder zugemessen werden“ (Lk 6,38).
Wenn wir anderen gegenüber Güte zeigen, wird Gott uns Güte zeigen. Wir werden ernten, was wir säen (Gal 6,7b.8). Dies ist eine Haltung gegenüber jemandem, der uns geschadet oder verletzt hat. Güte ist hier das hebräische Wort, das Treue zu den Rechten des Bundes bedeutet. Der HERR sagt, dass Er die Rechte dieses Bundes mit Sicherheit einhalten wird, wenn sein Volk dasselbe tut. Er ist der treue Gott des Bundes.
Gott ist vollkommen gegenüber jemandem, der vollkommen, d. h. innerlich auf Gott ausgerichtet ist, und das im Umgang mit seinen Mitmenschen zeigt. Es bedeutet, dass Gott für einen solchen Menschen eintritt, wenn er verleumdet oder verfolgt wird. Der Reine ist jemand, der rein ist, unvermischt in seinen Gedanken, Motiven und Verhaltensweisen; er hält sich selbst von der Welt abgesondert. Gott teilt seine eigene Reinheit mit ihm; es besteht Gemeinschaft mit ihm, ohne dass irgendetwas von Sünde diese Gemeinschaft stört.
Wer verkehrt, buchstäblich „verdorben“ im Sinn von pervers ist, ist der, der falschen, verdrehten Wegen folgt und versucht mit seiner Verkehrtheit andere auf seinen Wegen mitzureißen. Er ist nicht gerade, er ist ein Verdrehter. Ein solcher Mensch bekommt es mit Gott zu tun als jemand, der gegen ihn in den Krieg zieht. Er wird mit ihm so handeln, wie er ist: verdorben, verdreht, böse. Was er gesät hat, das wird er ernten (Gal 6,7b).
28 - 37 Gott ist und tut alles für den Gerechten
28 Denn du wirst das elende Volk retten, und die hohen Augen wirst du erniedrigen.
29 Denn du lässt meine Leuchte scheinen; der HERR, mein Gott, erhellt meine Finsternis.
30 Denn mit dir werde ich gegen eine Schar anrennen, und mit meinem Gott werde ich eine Mauer überspringen.
31 Gott – sein Weg ist vollkommen; das Wort des HERRN ist geläutert; ein Schild ist er allen, die zu ihm Zuflucht nehmen.
32 Denn wer ist Gott, außer dem HERRN, und wer ein Fels, als nur unser Gott?
33 Der Gott, der mich mit Kraft umgürtet und vollkommen macht meinen Weg,
34 er macht meine Füße [denen] der Hirschkühe gleich und stellt mich hin auf meine Höhen.
35 Er lehrt meine Hände den Kampf, und meine Arme spannen den ehernen Bogen.
36 Und du gabst mir den Schild deines Heils, und deine Rechte stützte mich, und deine Herablassung machte mich groß.
37 Du machtest Raum meinen Schritten unter mir, und meine Knöchel haben nicht gewankt.
Vers 28 kann als endgültiger Abschluss der Verse 21–27 angesehen werden. Der Vers ist auch der Übergang zum nächsten Abschnitt. Ab Vers 28 werden die glorreichen Folgen des Werkes des Herrn Jesus erzählt. Im vorigen Abschnitt ist Er befreit, im nächsten Abschnitt ist Er der Befreier. In diesen Versen hören wir auch ein wunderbares Zeugnis des Geistes Christi im gläubigen Überrest Israels in der Endzeit. Dieser Überrest empfängt von Christus, der sich im Geist mit ihnen vereint, die Kraft, um in der großen Drangsal gegen alle Feinde standzuhalten und zu siegen.
Nachdem David gesagt hat, wer Gott ist und wie Er in der Errettung gehandelt hat, singt er in den Versen 28–37 wer Gott für ihn ist. In Vers 28 hören wir, wie David die Errettung Gott zuschreibt und nicht seinen eigenen militärischen Qualitäten. Die Betonung liegt auf „du“, das ist Gott. Er sagt von sich selbst und von denen, die bei ihm sind, dass sie „das elende Volk“ sind. Es gibt keinen Ruhm, sondern das Bewusstsein einer großen Hilflosigkeit. Er war ein schwacher Mann, der völlig auf Gottes Hilfe angewiesen war, um von seinen Feinden gerettet zu werden. Gegen sein Elend steht der Stolz seiner Feinde. Er weiß, dass dies der Grund ist, warum Gott sie demütigt.
Dass seine Lampe leuchtet, hat er Gott zu verdanken (Vers 29). Auch hier liegt die Betonung auf „du“. Gott hat es getan, nicht er. Mit seiner „Leuchte“ kann er sein Lebenslicht meinen. Gott hat dafür gesorgt, dass es in seinem Leben noch oder wieder Licht ist. Durch Ihn, den Er „meinen Gott“ nennt, ist die Dunkelheit verschwunden, und der Himmel hat sich gelichtet. Gott ist in die Finsternis gekommen, um seine Feinde zu richten, mit dem Ergebnis, dass die von seinen Feinden verursachte Dunkelheit sich aufgehellt hat.
Es geht nicht mehr um die Rettung Davids, sondern um einen Gegenangriff. Das Blatt hat sich gewendet. Jetzt wird David seinen Feind verfolgen und vernichten. Prophetisch gesehen handelt es sich um eine Situation kurz vor dem Friedensreich, in der der treue Überrest zuerst gerettet und dann dazu benutzt wird, die letzten Feinde zu vernichten (Mich 5,4–8).
Weil Gott gekommen ist und mit ihm war, konnte er die feindliche Armee, die ihn umzingelt hatte, durchbrechen (Vers 30). Er war in der Lage zu kämpfen und zu überwinden, weil Gott mit ihm war. Er sagt auch „mit dir“. Mit Ihm, den er wieder „mein Gott“ nennt, übersprang er auch eine Mauer. Wenn Gott mit dir ist, ist kein Hindernis zu hoch. Wir können uns ein Bollwerk vorstellen, das seine Feinde gebaut hatten, um sich zu schützen und einen weiteren Durchbruch zu verhindern, wenn er die ersten Linien durchbrochen hätte. Auf diese Weise führt jeder Sieg zurück zu Gott. Er bekommt die ganze Ehre, und sie gehört Ihm allein.
Der Weg der Verfolgung und des Kampfes ist nicht der Weg, den er selbst gewählt hat. Gott hat diesen Weg für ihn bestimmt, denn er diente seiner Erziehung. Jetzt, da er hinter diesem Weg steht und zurückblickt, kann er nur sagen: „Gott – sein Weg ist vollkommen“ (Vers 31). Den Weg Gottes für vollkommen zu erklären, ist das Geheimnis der Ruhe in ihm. Wenn wir dies mit unserem Herzen sagen können, können wir sicher sein, dass Gott nicht außer Kontrolle gerät.
Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass Gottes Weg immer parallel zu seinem Wort verläuft. So steht es in der zweiten Zeile von Vers 31. Sein Wort ist „geläutert“, vollkommen rein. Im Fall von Silber und Gold erfolgt die Reinigung durch mehrmaliges Schmelzen dieser Metalle im Feuer, wodurch sie gereinigt werden. Jedes Mal werden Verunreinigungen entfernt. Im Fall des Wortes Gottes Wort ist das Feuer nur dazu da, zu beweisen und zu zeigen, dass es vollkommen rein ist.
Die Reinheit von Gottes Wort ist im Laufe der Jahrhunderte auf vielfältige Weise geprüft worden und hat sich aber immer als vollkommen rein erwiesen. Sie ist durch und durch vertrauenswürdig. Es war nie anders, aber jede Prüfung der Reinheit, jeder Angriff auf sie, liefert einen zusätzlichen Beweis für ihre Zuverlässigkeit. Darauf können wir uns verlassen. Gott weicht niemals von seinem Wort ab. Er handelt immer in Übereinstimmung mit dem, was Er gesagt hat, sei es mit dem Einzelnen oder mit seinem Volk als Ganzem.
Es kann passieren, dass wir auf unserem Weg mit Überraschungen konfrontiert werden. Oft liegt die Ursache darin, dass wir Gottes Wort, in dem Er uns sagt, wie Er die Dinge sieht oder was Er uns darin sagt, nicht kennen oder vergessen. Wenn wir uns Gott übergeben in den Wegen, die Er mit uns geht und wir auf sein Wort vertrauen, dass es die besten Wege sind, nehmen wir Zuflucht bei Ihm und Er erweist sich als „ein Schild“.
Wir sehen in diesem Vers, dass Gott uns einige besondere Hilfsmittel gibt, mit denen Er uns ermutigt. Sein Weg ist ein Weg, auf dem man niemals umherirrt; sein Wort ist voll von seinen Verheißungen, die niemals scheitern; Er selbst ist wie ein Schild, durch den wir keinen Feind zu fürchten brauchen (vgl. 1Mo 15,1). Lassen wir uns diese Hilfsmittel immer wieder nutzen.
Die Beschreibungen der Güte Gottes bringen den Psalmisten dazu, auszurufen: „Wer ist Gott, außer dem HERRN?“ (Vers 32). Dies ist mehr als eine rhetorische Frage. Es ist eine hebräische Form der feierlichen Zusicherung, was bedeutet, dass es absolut keinen Gott, außer dem HERRN gibt. Die Antwort auf die Frage „Wer ist ein Fels, als nur unser Gott?“ ist ähnlich: „Es gibt absolut keinen Fels, als nur unseren Gott“ (2Mo 15,11; 5Mo 33,26; 1Sam 2,2; Jes 45,5a).
In den Versen 33–37 erklärt der Psalmist, warum Gott für unvergleichbar ist. Es ist Gott, der ihn „mit Kraft umgürtet“ (Vers 33; vgl. Hiob 40,7). Er muss sich nicht aus eigener Kraft aus der Not befreien. Gott hat seinen Weg vollkommen gemacht. Er muss nicht herausfinden, welchen Weg er für sich selbst wählen soll. Gott hilft, seine Pläne zu verwirklichen, damit sie Erfolg haben.
Gott macht es so, dass seine „Füße [denen] der Hirschkühe gleich“ sind (Vers 34). Hirschkühe haben die Fähigkeit, sich in unwegsamen Felsformationen mit spielerischer Leichtigkeit zurechtzufinden. Sie sind schnell und wendig mit einem besonderen Gespür für Gefahren. Daran anknüpfend sagt David, dass Gott ihn auf seine „Höhen“ stellt. Dort ist er sicher, denn dort ist er für Verfolger unerreichbar. Das bedeutet nicht, dass er nicht kämpfen muss. Gott „lehrt“ seine Hände „den Krieg“ (vgl. Ps 144,1) und lehrt seine Arme, „den ehernen Bogen“ zu spannen (Vers 35).
Gott kämpft für die seinen. Manchmal tut Er es für sie, an ihrer Stelle (2Mo 14,14), aber oft tut Er es durch sie, d. h. indem Er ihnen in ihrem Kampf hilft oder sie dazu benutzt, seine Kriege zu führen. Dazu lehrt Er ihre Hände. Nicht nur die Kraft zum Kampf kommt von Gott, sondern auch alles Können. Dies gilt auch für den geistlichen Kampf (2Kor 10,4.5a).
Das Spannen eines ehernen Bogen erfordert zusätzliche Kraft. Ein Bogen ist das Symbol für einen Kampf mit einem Gegner, der weit entfernt ist. Um ihn zu eliminieren, braucht man besondere Kraft. Dann kommt Gott David zu Hilfe und sorgt mit seiner Kraft dafür, dass er den Bogen gespannt halten kann (vgl. 1Mo 49,23.24).
Im Kampf konnte er auf Gottes Heil oder Rettung vertrauen (Vers 36). Gott hat ihm sein Heil als Schild gegeben. Sein Heil stand wie ein Fels und war die Garantie für den Sieg. Er erfuhr die Unterstützung der rechten Hand Gottes. Aus diesem Grund ist er stehen geblieben.
David erkennt, dass Gott in seiner „Herablassung“ mit ihm gehandelt hat. Nur deshalb hatte er seinen ganzen Wohlstand im Leben. Bei Gott hatte er keinen Anspruch darauf. Es gab keinen Verdienst bei ihm, keine eigene Stärke oder Tapferkeit, die ihn so groß machte. Das alles geschah, weil Gott gut zu ihm gewesen war. Das bedeutet für uns, dass wir alle Erfolge in unserem Leben an ihren Ursprung zurückbringen müssen: die Herablassung Gottes.
In seiner erhabenen Stellung gab Gott ihm Raum zum Gehen, ohne dass er über etwas stolpern konnte (Vers 37). Alle vergangenen Nöte waren verschwunden, alle Hindernisse, die es ihm schwer machten, seinen Weg zu gehen, waren beseitigt. Er konnte nun frei gehen. Seine Knöchel wankten nicht, während er energisch gehen konnte. Es war als sei er ein Krüppel, dem von Gott die Kraft zum Gehen gegeben worden war.
38 - 46 Gott gibt den Sieg
38 Meinen Feinden jagte ich nach und erreichte sie, und ich kehrte nicht um, bis sie aufgerieben waren.
39 Ich zerschmetterte sie, und sie vermochten nicht [wieder] aufzustehen; sie fielen unter meine Füße.
40 Und du umgürtetest mich mit Kraft zum Kampf, beugtest unter mich, die gegen mich aufstanden.
41 Und du gabst mir den Rücken meiner Feinde; und meine Hasser, ich vernichtete sie.
42 Sie schrien – und kein Retter war da – zu dem HERRN, und er antwortete ihnen nicht.
43 Und ich zermalmte sie wie Staub vor dem Wind; wie Straßenkot schüttete ich sie aus.
44 Du errettetest mich aus den Streitigkeiten des Volkes; du setztest mich zum Haupt der Nationen; ein Volk, das ich nicht kannte, dient mir.
45 Sobald ihr Ohr hörte, gehorchten sie mir; die Söhne der Fremde unterwarfen sich mir mit Schmeichelei.
46 Die Söhne der Fremde sanken hin und zitterten hervor aus ihren Schlössern.
In den Versen 33–37 sehen wir in dem Bild Davids Christus, den auferstandenen und verherrlichten Herrn als von Gott für den Kampf ausgerüstet. In den Versen, die danach unsere Aufmerksamkeit erhalten, sehen wir in dem Bild Davids, dass Christus seine Feinde vollständig besiegt und vernichtet (Verse 38–43). Dann errichtet Er sein Königreich auf der Erde und regiert als König der Könige und Herr der Herren (Verse 44–46; 1Kor 15,25; Off 19,11–16; 20,7–10). Er ist das Haupt seines Volkes und aller Nationen. Alle Nationen unterwerfen sich seiner Herrschaft, auch wenn viele es nur vortäuschen, und es unaufrichtig und heuchlerisch tun.
Durch die Übung des Kampfes, die unterstützende Kraft Gottes und Raum für seine Füße ist David bereit, den Sieg über seine Feinde zu preisen. Mit großer Geschwindigkeit und Kraft hatte er seine Feinde verfolgt und überholt (Vers 38). Er kehrte erst zurück, nachdem er alle seine Feinde vernichtet hatte. Über den Ausgang des Kampfes gab es keinerlei Zweifel. Es blieb kein Feind übrig, der noch die Kraft hatte, ihm zu widerstehen, geschweige denn ihn zu besiegen, denn er „zerschmetterte sie, und sie vermochten nicht [wieder] aufzustehen“ (Vers 39). Sie fielen unter seine Füße, was bedeutet, dass er sie vollständig unterworfen hat. Es war ein vollständiger Sieg.
Diesen vollkommenen Sieg verdankte er Gott. Das sagt er in den Versen 40 und 41. Gott hatte ihn mit Kraft für den Kampf gegürtet (Vers 40). Uns wird gesagt, wir sollen den guten Kampf des Glaubens kämpfen (1Tim 6,12). Wir können nur dann Siege im geistlichen Kampf erringen, wenn wir uns in der Kraft seiner Stärke stärken (Eph 6,10; vgl. 2Tim 2,1).
Gott hatte diejenigen, die sich gegen David erhoben, veranlasst, sich unter ihn zu beugen. Er hatte den Feind zur Kapitulation gezwungen. Er hatte ihm den Rücken seiner Feinde gegeben, d. h., Er hatte seine Feinde veranlasst, vor ihm zu fliehen. Eine andere Übersetzung lautet: „Den Nacken gegeben.“ Das bedeutet, dass David seinen Fuß auf den Nacken seiner Gegner setzen konnte, als Beweis dafür, dass er sie völlig unterworfen hatte (vgl. Jos 10,24; 1Mo 49,8).
Diese Bedeutung passt besser in den Kontext dieser beiden Verse. Dem entspricht auch die zweite Zeile von Vers 41. David hat seine Feinde vollständig unterworfen. Er tötete nicht jeden, auf den er seinen Fuß gesetzt hatte. Er hat einen Unterschied zwischen Anführern und Anhängern gemacht. Die Anführer waren diejenigen, die ihn hassten. Er tötete sie und setzte damit ihrer Macht und der Möglichkeit, eine neue Rebellion gegen ihn zu organisieren, ein Ende.
In Vers 42 drückt David die völlige Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit der besiegten Feinde aus. Sie haben um Hilfe gerufen, um Barmherzigkeit, um leben zu dürfen. Aber es gab niemanden, der ihnen helfen konnte, sodass ihr Leben verschont werden konnte. Selbst als sie schließlich, als letzten Strohhalm zur Rettung, zum HERRN schrien, erhielten sie keine Antwort von Ihm. Gott weiß, dass sie, sobald Er sie gerettet hätte, Ihn wieder ablehnen würden. In ihrem Schreien lag keine Aufrichtigkeit.
Er antwortet immer und rettet jemanden, der in Not ist und aufrichtig zu Ihm ruft. Das ist es, was wir in David sehen, dem Er geantwortet und ihn gerettet hat. Gott weiß, dass sie, wenn Er sie einmal gerettet hätte, ihn wieder ablehnen würden. Sie wollten am Leben bleiben. Sie riefen nicht wegen ihrer sündigen Taten zu Gott mit der Erkenntnis, dass sie es verdient hatten, nicht am Leben zu bleiben. Menschen, die ihr Recht auf Leben aufgeben und gleichzeitig anerkennen, dass sie den Tod verdienen, finden das Leben.
Davids Feinde bekamen, was sie verdienten. Er „zermalmte sie wie Staub vor dem Wind“ (Vers 43; vgl. Dan 2,35.44). Seine Feinde wurden zu Staub zerrieben, kraftlos, wie Staub, der vom Wind in alle Richtungen weggeweht wurde. So machtlos sie auch waren, so wertlos und verachtenswert waren sie auch. „Wie Straßenkot schüttete“ er sie aus. Straßenkot ist etwas, das man wegräumt. Es macht schmutzig, und nimmt man es mit, hinterlässt es eine Spur von Schmutz auf anderen. Deshalb will man den Kot loswerden. Kot bietet auch keinen Halt. David behandelte seine Feinde wie Straßenkot (vgl. Jes 10,6).
David ist auch vom Herrn „aus den Streitigkeiten des Volkes“ errettet worden (Vers 44). Abgesehen davon, dass sie tatsächlich gegen ihn kämpften, versuchten seine Feinde auch, ihn zu beschuldigen. Anklagen sind ein mächtiges Mittel, um die eigene geistliche Kraft zu zerstören. Gott hat dies nicht zugelassen. Er hat die Anklagepunkte ihrer Macht beraubt, indem Er David seine bedingungslose Unterstützung gewährt hat. Wenn Gott für jemanden ist, wer wird dann gegen ihn sein und Anklage gegen ihn erheben können (Röm 8,31.33)?
Die Furcht vor ihm war so groß (vgl. Ps 2,9–11), dass diese Völkern ihm gehorchten, sobald ihr Ohr von ihm hörte (Vers 45). Es wurde nicht daran gedacht, ihm zu widerstehen. Sie baten um seine Gunst. „Die Söhne der Fremde“, diejenigen, die nicht zum Volk Gottes gehörten, unterwarfen sich ihm „mit Schmeichelei“. Sie verbeugten sich mit dem Kopf, aber nicht mit dem Herzen. Es war eine kalkulierte, heuchlerische Unterwerfung. Sie schauderten vor seiner Kraft und Macht. Es war ein Tribut aus Selbsterhaltung, aus ihrer Selbstliebe heraus, und nicht aus Liebe zu David. David akzeptierte sie, obwohl er ihre Heuchelei kannte. Er hat sich nicht täuschen lassen.
In der prophetischen Anwendung sehen wir hier einen Hinweis darauf, dass nicht alle Menschen, die das Friedensreich betreten, auch wiedergeboren sind. Viele werden sich der Regierung des Herrn Jesus nur äußerlich unterwerfen (vgl. Ps 66,3).
Diese Söhne der Fremde werden schließlich als solche offenbar werden (Vers 46). Sie mögen noch lange in Heuchelei verharren, aber die Stunde der Wahrheit wird kommen. Sie werden dem Druck der Wahrheit erliegen und „aus ihren Schlössern“, den Orten ihrer eigenen Aktivität und Sicherheit, hervorzittern. Da es keine Liebesbeziehung zu David gibt, werden sie keine dauerhafte Beziehung zu ihm haben und den endgültigen Segen verpassen.
47 - 51 Lobpreis an Gott
47 Der HERR lebt, und gepriesen [sei] mein Fels! Und erhoben werde der Gott meines Heils,
48 der Gott, der mir Rache gab und mir Völker unterwarf,
49 der mich errettete von meinen Feinden. Ja, du erhöhtest mich über die, die gegen mich aufstanden; von dem Mann der Gewalttat befreitest du mich.
50 Darum, HERR, will ich dich preisen unter den Nationen und deinem Namen Psalmen singen,
51 [dich], der groß macht die Rettungen seines Königs und Güte erweist seinem Gesalbten, David und seinen Nachkommen in Ewigkeit.
David schließt sein Lied mit einem Lobgesang für Gott ab. Weil Gott ihm die Kraft für die Siege gegeben hat, gibt David Ihm die ganze Ehre dafür. Dass „der HERR lebt“ (Vers 47), hat Er in allen seinen Handlungen zugunsten Davids deutlich gezeigt.
Wie wunderbar ist es, zu wissen und zu erkennen, dass wir als Realität täglich in unseren Herzen wissen, dass wir einen Herrn haben, der lebt! Er ist der lebendige Gott (5Mo 5,26; Jos 3,10; 2Kön 19,4; Ps 42,3; Mt 16,16; 1Thes 1,9). Dies steht im Gegensatz zu den toten Götzen der Nationen. Die Götter der Nationen waren nicht in der Lage, ihren Verehrern zu helfen. Natürlich nicht, denn sie leben nicht. Sie existieren nicht einmal, sie sind Eitelkeit, Leere.
Wieder einmal preist David den HERRN als „meinen Fels“. Mit diesem Namen für Gott begann er sein Lied (Vers 3). Im Psalm hat David gezeigt, dass Gott dieses Namens voll und ganz würdig ist. Deshalb erwähnt er diesen Namen erneut. Gott errettete ihn aus aller Not, half ihm, seine Feinde zu besiegen, und gab ihm eine hohe Position. Gott hat alles als der unerschütterliche Fels getan. Gleichzeitig ist damit das Endergebnis unerschütterlich. Niemand wird das jemals ändern können.
Indem er sagt, „gepriesen“, ruft er auch andere auf, Gott dafür zu preisen, dass Er sein Fels ist. Dasselbe gilt für „erhoben werde der Gott meines Heils“. Das ist das Heil oder die Rettung, die Gott für ihn gewirkt hat. Was Gott für und mit ihm getan hat, ist auch Anlass für andere, Ihn zu erheben. David lenkt die Aufmerksamkeit auf den, der so gut zu ihm gewesen ist. Es ist wirklich so, dass Gott alles getan hat. Deshalb gehört alle Ehre allein Ihm.
In Vers 48 spricht er über Gott als „der Gott, der mir Rache gab“. David hat das Gesetz nie selbst in die Hand genommen. Er hat die Rache oder gerechte Vergeltung für das Böse, das ihm angetan wurde, Gott überlassen (5Mo 32,35). Dieses Prinzip wird auch uns, Gläubigen des Neuen Testaments, vorgestellt (Röm 12,19). Gott hat ihm Völker unterworfen. Gott hat dies getan, indem Er David die Macht gab, diese Völker zu unterwerfen. David ist sich dessen wohl bewusst. Er nimmt keine Ehre für sich in Anspruch, sondern gibt Gott alle Ehre.
Dasselbe gilt für die Errettung von seinen Feinde und die erhabene Stellung, die er über diejenigen einnimmt, die gegen ihn aufstanden (Vers 49). Anstatt von ihnen beherrscht zu werden, regiert er über sie. Er ist erhaben, sie sind gedemütigt. Ein besonderes Wort widmet David „dem Mann der Gewalttat“, von dem Gott ihn erlöst hat. Es mag sein, dass David an Saul denkt. Es ist auch möglich, dass er an seinen eigenen Sohn Absalom denkt. In prophetischer Hinsicht können wir dies auf den Antichristen oder den König des Nordens, den Assyrer, anwenden. Beide sind Männer von großer Gewalt.
Wegen der Befreiung, die er in den vorhergehenden Versen besungen hat, sagt David in Vers 50 zum HERRN: „Darum, HERR, will ich dich preisen unter den Nationen und deinem Namen Psalmen singen.“ Paulus zitiert diesen Vers, um deutlich zu machen, dass das Kommen des Herrn Jesus – von dem David in diesem Psalm in so vieler Hinsicht ein bemerkenswertes Bild ist – nicht nur für Israel, sondern auch für die Nationen ein Segen ist (Röm 15,9).
Für Gott ist das Werk seines Sohnes so groß, dass Er seine Folgen nicht auf Israel beschränken kann (Jes 49,6). Er möchte, dass alle Nationen an der Barmherzigkeit teilhaben, die durch Christus zu den Menschen gekommen ist und die allen Menschen angeboten wird. Das Ergebnis ist, dass Gott überall verherrlicht und groß gemacht wird. Das ist genau das, was dieser Vers sagt und warum Paulus ihn zitiert. Es geht um die Befreiung des Überrestes durch Gott aus der Hand des Feindes. Diese Befreiung ist für sie der Grund, den Namen Gottes unter den Nationen zu bekennen.
David ist sich bewusst, dass seine „großen Rettungen“ ihm von Gott geschenkt wurden und dass sie das Ergebnis der „Güte“ gegenüber „seinem Gesalbten“ sind (Vers 51). „Güte“ ist auch hier die Übersetzung des hebräischen Wortes chesed, was „Bundestreue“ bedeutet.
Wir verstehen aus dem Neuen Testament, dass der Herr seinen Segen gemäß dem Bund geben kann, weil der Mittler dieses Bundes alles erfüllt hat. Es ist nicht nur zu Ihm, es ist auch durch Ihn. Diese Güte wird niemals scheitern, denn es geht in der Tat um den Gesalbten, den Herrn Jesus, den Christus, den Mann der Freude Gottes. In Ihm sind alle Verheißungen Gottes Ja und Amen (2Kor 1,20).
Wegen „seines Gesalbten“, Christus, erweist Gott auch „Güte“ gegenüber „David und seinen Nachkommen in Ewigkeit“. Was für eine wunderbare Aussicht. Die Treue Gottes zu seinem Gesalbten ist auch für uns die Grundlage dafür, dass Gott zugunsten von uns handeln wird. Es gibt nichts in uns und aus uns selbst, alles ist aus Ihm und durch Ihn. Dafür gebührt Ihm Lob und Ehre in alle Ewigkeit!