Einleitung
Übersicht Hauptteil 1.2 – Jesaja 13–27
Gott und die Völker
Der zweite Teil des ersten Hauptteils (Jesaja 1–35) enthält Jesaja 13–27 und kann wie folgt unterteilt werden:
1. Prophezeiung über Babel (Jesaja 13,1–14,23)
2. Prophezeiung über Assyrien (Jesaja 14,24–27)
3. Prophezeiung über die Philister (Jesaja 14,28–32)
4. Prophezeiung über Moab (Jesaja 15,1–16,14)
5. Prophezeiung über Damaskus und Ephraim (Jesaja 17,1–14)
6. Prophezeiung über Kusch (Jesaja 18,1–7)
7. Prophezeiung über Ägypten (Jesaja 19,1–25)
8. Prophezeiung über Ägypten und Kusch (Jesaja 20,1–6)
9. Prophezeiung über Babel (Jesaja 21,1–10)
10. Prophezeiung über Edom (Jesaja 21,11–12)
11. Prophezeiung über Arabien (Jesaja 21,13–17)
12. Prophezeiung über Jerusalem (Jesaja 22,1–25)
13. Prophezeiung über Tyrus (Jesaja 23,1–18)
14. Die (prophetische) Erde wird gerichtet (Jesaja 24,1–23)
15. Psalmen und Vorhersagen von Gericht und Befreiung (Jesaja 25,1–12)
16. Lobpreis, Gebet und Prophezeiung (Jesaja 26,1–21)
17. Die Wiederherstellung Israels (Jesaja 27,1–13)
Einleitung zu Jesaja 13
In Jesaja 1–12 ist die Hand des HERRN gegen sein Volk ausgestreckt (Jes 5,26), aber in dem Teil von Jesaja 13–23 ist die Hand des HERRN „über alle Nationen“ ausgestreckt (Jes 14,26). Der Teil von Jesaja 13–23 enthält „Aussprüche“ über die heidnischen Völker im Nahen Osten. Das Wort „Ausspruch“ kommt hier regelmäßig vor und macht deutlich, dass diese Kapitel ein Ganzes bilden. „Ausspruch“ bedeutet, dass das Wort als Gericht von Gott, das zuerst auf Israel „fällt“ (Jes 9,7), nun auch auf alle Völker als schweres Gewicht fällt.
Diese Kapitel sind die Antwort auf den Aufruf: „Macht unter den Völkern kund seine Taten“ (Jes 12,4b). Bevor die Völker den HERRN preisen können (Jes 12,4a), müssen sie erst durch das Gericht Gottes gereinigt werden, genau wie das Volk Israel. Der nächste Teil, Jesaja 24–27, betrifft die ganze Erde.
Es besteht die Gefahr, dass wir diese Kapitel überspringen, wenn wir das Buch Jesaja lesen, weil wir meinen, dass es wenig geistlichen Gewinn für uns darin gibt. Aber alle Schrift ist von Gott inspiriert und für uns nützlich (2Tim 3,16). Die Völker, die Israel umgeben, werden in ihren Beziehungen zu Israel gesehen. Die Aussprüche über diese Völker verbinden die Ereignisse, die in den Tagen Jesajas kommen, mit dem Ende der Zeiten.
Sie sind eine passende Fortsetzung des großen Themas der messianischen Prophezeiungen in Jesaja 7–12. Darin wird vorausgesagt, dass die Herrschaft des Messias über alle Reiche der Welt ausgeübt werden wird. Sie enthalten auch tröstliche Botschaften mit Blick auf den endgültigen Segen und die Herrlichkeit Israels. In Übereinstimmung damit wird der Untergang der heidnischen Mächte vorausgesagt. Ein Herrschaftsbereich nach dem anderen geht unter, sodass Platz für die Errichtung des Friedensreichs entsteht.
Noch einmal sei daran erinnert, dass viele Aussprüche über einen Herrschaftsbereich eine Bedeutung haben, die über das unmittelbar bevorstehende Gericht dieses Herrschaftsbereichs hinausgeht. Das heißt, vieles in der Beschreibung des Untergangs eines Herrschaftsbereichs erfüllt sich auch – und manchmal erst – in der Endzeit und besonders am Ende der „großen Drangsal“. In diesem Buch der Bibel wird diese Zeit „der Grimm“ (des HERRN) genannt (Jes 10,5.25).
Jesaja 13–14 ist die Einleitung zu dieser Periode, während am Ende von Jesaja 27 das Friedensreich kurz erwähnt wird. Der Teil von Jesaja 14,28–27,13 ist eine Beschreibung der Ereignisse in der Welt von den letzten Tagen der großen Drangsal bis zum Beginn des Tausendjährigen Friedensreichs. Auch Israel wird aufs Neue erwähnt, dann aber als Teil der Welt.
Die Nationen, über die nacheinander das Urteil ausgesprochen wird, werden aufgrund ihres Götzendienstes und ihrer Haltung gegenüber Israel gerichtet. Der Grund, warum sie erwähnt werden, während viele andere Nationen nicht erwähnt werden, ist die Art und Weise, wie sie sich in der Vergangenheit gegenüber Gottes Volk verhalten haben und dass sie sich daran vergriffen haben. Gottes Volk ist sein „Augapfel“ (Sach 2,12). Wer also sein Volk anrührt, trifft den HERRN in seinem Herzen.
Auch die beiden anderen großen Propheten, Jeremia und Hesekiel, prophezeien dieses Gericht über die umliegenden Völker (Jeremia 46–51; Hesekiel 25–32). Jesaja und Jeremia sprechen in ihren Prophezeiungen über die Nationen hauptsächlich über die Zerstörung Babels, obwohl sie auch über andere Nationen sprechen, während Hesekiel hauptsächlich über Gottes Gericht über Ägypten spricht.
1 Ausspruch über Babel
1 Ausspruch über Babel, den Jesaja, der Sohn Amoz, geschaut hat.
Nach dem Gericht über Juda und Jerusalem, das in den vorhergehenden Kapiteln, Jesaja 7–12, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand, kommt nun, in Jesaja 13–27, das Gericht über die Nationen der Welt. Als Einleitung dazu beginnt Gott mit dem Gericht über Babel (Jesaja 13–14). Es beginnt mit dem „Ausspruch über Babel“ (Vers 1), denn Babel wird die Weltherrschaft Assyriens zerstören und dieser nachfolgen.
Was Jesaja gesehen hat, wird „Ausspruch“ genannt, weil es ein Wort von Gott ist, das dem Propheten als „Last“ auferlegt wird (Jer 23,33–40). [Der hebräische Ausdruck hat die doppelte Bedeutung: „Last“ und „wichtiger Ausspruch“.] Die meisten Prophezeiungen in den folgenden Kapiteln beginnen mit diesem Wort „Ausspruch“. Wieder wird „Jesaja“ mit Namen genannt. Die Tatsache, dass er diesen Ausspruch „gesehen“ hat, unterstreicht, dass es sich um eine echte Prophezeiung handelt, die vor dem Fall Babels gesprochen wurde, denn in der Zeit des Ahas, als Jesaja dies schreibt, ist Babel noch weit davon entfernt, eine Weltmacht zu sein. Es macht ferner deutlich, dass mit Jesaja 13 ein neuer Teil beginnt.
Wenn die Schrift über Babel spricht, kann sie sich sowohl auf die Stadt als auch auf das Land beziehen. Babylon bedeutet dasselbe wie Babel. Babylon ist der griechische Name und Babel der hebräische Name. Der Leser muss dann sehen, ob damit die Stadt oder das Land gemeint ist. Das erste Königreich, das in der Schrift erwähnt wird, ist das von Babel. Es wird von einem Mann gegründet, der ein Gewaltiger ist, ein Mann von Gewalt und ein Jäger, d. h. ein Mann des Blutvergießens (1Mo 10,8–10).
In Babel ist die Urgesellschaft der Menschheit nach der Sintflut vereint zusammen. Als die ganze Erde noch die gleiche Sprache spricht, will der Mensch in Babel einen Turm bauen, der bis zum Himmel reicht, um damit seine Macht auf der Erde zu vergrößern. Gott kommt dem zuvor und zerstreut in Babel die Menschheit durch die Verwirrung der Sprache (1Mo 11,1–9). Dadurch wird die Menschheit auf die fünf Kontinente verteilt.
Der Sturz der Macht von Assyrien wird im Buch Nahum beschrieben. Dort lesen wir vom Fall Ninives, der Hauptstadt Assyriens. Zum Zeitpunkt, als Jesaja diese Prophezeiung ausspricht, ist von Babel als Weltmacht noch nicht viel zu sehen. Dass Jesaja mit Babel als erster Nation beginnen kann, liegt nur daran, dass er prophetisch den Aufstieg Babels und auch den Aufstieg der folgenden Reiche sieht. Babel ist die Macht, die Juda richten wird, weil Juda in Götzendienst und Auflehnung gegen den HERRN lebt. Babel ist ferner die Macht, die in der Endzeit einen Bund mit dem abgefallenen Israel unter dem Antichristen schließen wird.
Die Beschreibung der Einnahme Babels zeigt, dass sie sehr gewaltsam geschieht, im Gegensatz zur Einnahme Babels anderthalb Jahrhunderte später, 539 v. Chr., durch die Meder und Perser, die fast geräuschlos geschieht. Das liegt daran, dass die Betonung hier auf der Zerstörung des prophetischen Babels in der Zukunft liegt, nämlich der des ersten Tieres mit den zehn Hörnern, dem Anführer des wiederhergestellten Römischen Reiches, den vereinigten Staaten Europas, die ehemals christlich waren (Off 13,1–10).
Assyrien ist übrigens ein Typus des zukünftigen Königs des Nordens, dem Anführer der (nordöstlichen) arabisch-islamischen (schiitischen?) Allianz, unterstützt von Gog und Magog (Russland). Bemerkenswerterweise wird auch in Psalm 83 ein Bündnis genannt, das aus zehn Ländern besteht (Ps 83,6–9).
Schließlich finden wir den König des Südens – hier nicht erwähnt, aber in Daniel 11 (Dan 11,40) – worunter wir ein Bündnis von (südlichen) arabisch-islamischen (sunnitischen?) Völkern verstehen können. Sie werden als Erste Israel angreifen, gefolgt vom König des Nordens. Wenn der König des Nordens Israel und insbesondere Jerusalem verwüstet hat, wird er danach den König des Südens angreifen und überwältigen. Dann wird er wegen der Ankunft des Heeres des Tieres (Europa) nach Israel zurückkehren und von Christus vernichtet werden (Dan 11,41–45).
2 - 5 Werkzeuge des Zornes Gottes
2 Erhebt ein Banner auf kahlem Berg, ruft ihnen zu mit lauter Stimme, schwingt die Hand, dass sie einziehen in die Tore der Edlen! 3 Ich habe meine Geheiligten entboten, auch meine Helden zu meinem Zorn gerufen, meine stolz Frohlockenden. 4 Horch, ein Getümmel auf den Bergen, wie von einem großen Volk! Horch, ein Getöse von Königreichen versammelter Nationen! Der HERR der Heerscharen mustert ein Kriegsheer: 5 aus fernem Land Gekommene, vom Ende des Himmels – der HERR und die Werkzeuge seines Grimmes, um das ganze Land zu verderben.
Die Prophezeiung beginnt mit einem dreifachen Aufruf oder Befehl. Auf einem „kahlen Berg“, also einem Berg ohne Aufforstung, ohne alles, was die Sicht behindert, soll zuerst ein Zeichen, „ein Banner“ als Symbol des Kampfes, hoch aufgerichtet werden, sodass es deutlich sichtbar ist (Vers 2). Auf das Banner folgt zweitens die Aufforderung zu einem Ruf „mit lauter Stimme“ und drittens der Befehl zu einer Geste, „schwingt die Hand“, um dadurch Gottes Armeen in Bereitschaft zu versetzen.
Das Schwingen mit der Hand ist das Zeichen, sie heranziehen zu lassen, um in die Tore Babels einzutreten. In diesen Toren befinden sich noch die Edlen, die die Stadtregierung bilden, aber es ist Zeit für die Eroberer, die Macht zu übernehmen. Von einem Widerstand wird nichts berichtet. Auch Babel wurde ohne Widerstand eingenommen.
Der Auftrag geht vom HERRN aus – „Ich“, mit Betonung – (Vers 3). Die Meder (Vers 17) und Perser werden gerufen, um ihre Aufgabe zu erfüllen. Sie sind von Gott auserwählt worden, der Herrschaft Babels ein Ende zu setzen. Deshalb nennt Gott sie „meine Geheiligten“, denn sie sind von Ihm für diesen Zweck und für diese Aufgabe abgesondert worden. Es hat nichts mit den Personen selbst zu tun, dass sie vom Charakter her heilig sein würden.
Gott nennt sie auch „meine Helden“. Er macht sie zu unüberwindbaren Helden, denn sie müssen seinen Zorn ausführen. Die Armeen der Meder und Perser erfüllen „stolz frohlockend“ ihren Auftrag. Sie sind eifrig dabei, weil die Majestät Gottes sie anspornt. Die Tatsache, dass der HERR selbst den persönlichen Befehl gibt, Babel zu zerstören, ist ein Hinweis darauf, dass Er in der Zukunft persönlich und dann ohne menschliche Hilfsmittel das wiederhergestellte Römische Reich zerstören wird (Dan 2,45).
Der einfache Klang der befehlenden Stimme, der Stimme des HERRN, wird durch ein mehrstimmiges „Getümmel auf den Bergen“ (Vers 4) ersetzt. Es ist das „Getöse von Königreichen versammelter Nationen“, der Armeen, die der HERR für sein Werk abgesondert hat. Die Armeen der Meder und Perser kommen von weit her als „Werkzeuge seines Grimmes, um das ganze Land zu verderben“ [das ist das babylonische Weltreich] (Vers 5).
Ihr Jubel bei der Ausführung dieses Werkes bedeutet nicht, dass sie sich bewusst sind, dass sie Gottes Auftrag ausführen oder mit Zustimmung an Gottes Plan mitwirken. Genauso wissen Titus und die Römer nicht, dass sie als Heer „des Königs“ das Gericht über Jerusalem ausführen, von dem der Herr Jesus in seinem Gleichnis spricht (Mt 22,7).
Es geht um den Untergang des Landes Babel (Jeremia 50 und 51). Babel ist das, was wir heute als Südirak bis einschließlich Bagdad kennen. Assyrien ist das, was wir heute als Nordirak, nördlich von Bagdad bis Pakistan, kennen. Das Land der Meder geht weiter bis zum Iran, dem derzeitigen Kurdistan.
Abraham kommt aus dem Land der Chaldäer oder Babel (1Mo 15,7; Apg 7,2–4). Er hat sich zu dem wahren Gott bekehrt. Seine Nachkommen werden nach Babel in die Gefangenschaft zurückgeführt, weil Israel von dem wahren Gott abgefallen ist. Sie enden in dem Land, aus dem ihr Stammvater kommt, und haben dort den Götzen Babels gedient. Die Zeit der Weltherrschaft Babels dauert siebzig Jahre (Jer 25,11).
Prophetisch gesehen ist dieser Abschnitt über Babel ein Schattenbild des zukünftigen Gerichts über das wiederhergestellte Römische Reich oder die zukünftigen vereinigten Staaten von Europa, unter der Leitung eines Mannes, der „das Tier“ genannt wird (Off 13,1–10). Dann wird der Herr Jesus selbst, höchstpersönlich, „aus einem fernen Land, vom Ende des Himmels“ mit den himmlischen Heerscharen kommen, um das Gericht über Babel zu vollstrecken (Off 19,11–21).
6 - 13 Der Tag des HERRN kommt
6 Heult, denn nahe ist der Tag des HERRN! Er kommt wie eine Verwüstung vom Allmächtigen. 7 Darum werden alle Hände erschlaffen, und jedes Menschenherz wird zerschmelzen. 8 Und sie werden bestürzt sein, Wehen und Schmerzen werden sie ergreifen, sie werden sich winden wie eine Gebärende; einer starrt den anderen an, ihre Angesichter glühen. 9 Siehe, der Tag des HERRN kommt grausam mit Grimm und Zornglut, um die Erde zur Wüste zu machen; und ihre Sünder wird er von ihr vertilgen. 10 Denn die Sterne des Himmels und seine Gestirne werden ihr Licht nicht leuchten lassen; die Sonne wird finster sein bei ihrem Aufgang, und der Mond wird sein Licht nicht scheinen lassen. 11 Und ich werde an dem Erdkreis heimsuchen die Bosheit und an den Gottlosen ihre Ungerechtigkeit, und ich werde dem Hochmut der Übermütigen ein Ende machen und den Stolz der Gewalttätigen erniedrigen. 12 Ich will den Sterblichen kostbarer machen als gediegenes Gold und den Menschen als Gold von Ophir. 13 Darum werde ich die Himmel erzittern lassen, und die Erde wird aufbeben von ihrer Stelle beim Grimm des HERRN der Heerscharen und am Tag seiner Zornglut.
In diesen Versen bewegt sich die prophetische Szene vom bevorstehenden Untergang Babels als Schattenbild der Zukunft zu den zukünftigen Gerichten Gottes über das wiederhergestellte Römische Reich und die ganze Welt in der Endzeit, d. h. zum Kommen „des Tages des HERRN“ (Vers 6). Es ist ein Tag, der nicht aufgehalten oder abgewehrt werden kann, denn er kommt „wie eine Verwüstung vom Allmächtigen“. Dieser Tag begann eindeutig nicht im Jahr 539 v. Chr., als Babel von den Medern und Persern besiegt wurde. Damals wurde die Stadt nicht zerstört. Das geschah erst viel später. Nein, dieser Tag findet in der Zukunft statt mit Bezug zum prophetischen Babel (Off 16,19).
Hier, vor dem Auge des Propheten, verschmilzt das Gericht über Babel mit dem Endgericht über das wiederhergestellte Römische Reich. In der Erfüllung liegen viele Jahrhunderte zwischen den beiden Gerichten, aber im Wesentlichen sind sie eins. Das eine ist ein Muster, ein Vorschatten des anderen. Babel ist das erste der vier großen Weltreiche (Dan 2,37–40; 7,1–7) und ist ein Schattenbild des letzten Vertreters der Weltreiche, nämlich des wiederhergestellten Römischen Reiches.
In unseren Tagen sehen wir das mehr und mehr im vereinten Europa, der Europäischen Union, Gestalt annehmen. Für Gott ist alles ein Ganzes. Das Gericht über Babel ist ein Vorschatten für das Gericht über das Tier in der Endzeit. Babel, dargestellt als Frau, die große Hure, und das Tier sind auf das Engste miteinander verbunden (Off 17,3b). Die große Hure betont den religiösen Aspekt Babels – das Gegenstück zur Braut –, während das Tier den politischen Aspekt Babels betont – das Gegenstück zu Jerusalem, der Stadt des großen Königs.
Der HERR wird den großen Namen seiner Allmacht in den Gerichten, die Er kommen lässt, beweisen. In den Versen 7 und 8 sehen wir die Reaktionen der Menschen darauf. Die Hände werden schwach, kraftlos. „Jedes Menschenherz wird zerschmelzen“, es gibt keinerlei Mut mehr. Das Entsetzen und die Fassungslosigkeit sind auf ihren Gesichtern zu lesen. Ihre Körperhaltung, zusammengekauert wie eine Frau in den Wehen, passt zu dem Entsetzen und den Schmerzen, die sie plagen. Das alles zeigt, dass sie mit einem richtenden Gott nicht gerechnet haben.
Die Sünde des Menschen und seine Unbußfertigkeit sind die Ursache dafür, dass der HERR an seinem Tag, wenn Er die Herrschaft in seine Hände nimmt, „grausam, mit Grimm und Zornglut“, richten wird (Vers 9). Seine Urteile betreffen sowohl „die Erde“ als auch „ihre Sünder“. „Er macht die Erde zur Wüste“ und „die Sünder wird er von ihr vertilgen“. Hier werden, wie das Gleichnis vom Unkraut und vom Weizen zeigt, die Gesetzlosen gesammelt und in den Feuerofen geworfen (Mt 13,40–42; 24,40.41).
Die ganze Schöpfung endet in der Finsternis, weil „die Sterne des Himmels und seine Gestirne“ und „die Sonne … und der Mond“ ihr „Licht nicht scheinen lassen“ (Vers 10). Wenn es eine Hoffnung gibt, dass die Sonne bei Tagesanbruch aufgeht, dann erweist sich diese Hoffnung als vergeblich, denn „die Sonne wird finster sein bei ihrem Aufgang“ (Mt 24,29; Mk 13,24).
Das Gericht über Babel beim Erscheinen Christi in der Endzeit betrifft den ganzen „Erdkreis“ und nicht nur ein bestimmtes Gebiet wie zur Zeit Jesajas (Vers 11; vgl. Lk 21,35). Es ist wie bei der Sintflut, die ebenfalls weltweit war. Gottes Gericht kommt über die Welt wegen ihrer „Bosheit“. Dieses Böse drückt sich in der „Ungerechtigkeit“ der „Gottlosen“, „dem Hochmut der Übermütigen“ und in dem „Stolz der Gewalttätigen“ aus. Gott wird das Böse vergelten, den Hochmut beenden und den Stolz erniedrigen. Gott hat die passende Antwort auf alles Böse.
Auffallend ist auch, dass das Gericht über Babel durch Kores vollzogen wird, der „sein Gesalbter“ genannt wird (Jes 45,1), ein schönes Bild für Christus (= Gesalbter). Der Name Kores bedeutet „Sonne“, das ist der Titel von Christus selbst (Mal 3,20).
Der Fall von Babel geschieht unerwartet. Während die Stadt feiert, kriecht die Armee der Meder und Perser unter der Stadtmauer hindurch, nachdem es zuvor den Verlauf des Kanals, der durch die Stadt fließt, verlegt hat. So wird das Kommen Christi, um Babel zu vernichten, wie ein Dieb in der Nacht geschehen, unerwartet.
Vers 12 sagt die Reduzierung der Weltbevölkerung am Ende der Zeit voraus, so wie es der Herr Jesus voraussagt (Mt 24,22; Off 6,8; 9,19). Durch diese Gerichte werden alle Bösen weggefegt. Was übrig bleibt, ist ein Rest, der aus „Sterblichen“ besteht. Das zeigt, dass sie an sich nicht wertvoller sind als die Bösen, die umgekommen sind. Aufgrund ihrer geringen Anzahl ist dieser Überrest seltener als die seltensten und kostbarsten Metalle. Sie werden wegen ihrer positiven Einstellung zu Israel verschont (vgl. Mt 25,31–41).
Es ist wichtig, in diesem Abschnitt zwischen der Entrückung der Gläubigen (1Thes 4,15–18) und dem Erscheinen des HERRN zum Gericht zu unterscheiden. Bei der Entrückung werden die Gläubigen von der Erde genommen und die Ungläubigen zurückgelassen. Bei der Erscheinung des HERRN, des Herrn Jesus, werden die Bösen durch das Gericht von der Erde weggenommen und die Gläubigen auf der Erde zurückgelassen, um in das Friedensreich einzugehen (Mt 24,40.41).
Die Folgen der Gerichte werden in Vers 13 noch detaillierter beschrieben als in Vers 10. In Vers 10 werden die Auswirkungen des Gerichts in bestimmten Teilen der Schöpfung gesehen, während wir in Vers 13 die Folgen des Gerichts für Himmel und Erde als Ganzes sehen. „Die Himmel erzittern“ und die Erde „wird aufbeben von ihrer Stelle“ (Hag 2,6.7; Heb 12,25–29; Sach 14,4.5). Das sind die überwältigenden Auswirkungen beim Ausbruch „des Grimmes des HERRN der Heerscharen und am Tag seiner Zornglut“. Das bestätigt die Erinnerung an die Sintflut, bei der auch Himmel und Erde in große Umwälzungen geraten waren.
14 - 18 Der HERR straft das Böse
14 Und es wird sein wie mit einer verscheuchten Gazelle und wie mit einer Herde, die niemand sammelt: Jeder wird sich zu seinem Volk wenden und jeder in sein Land fliehen. 15 Jeder, der gefunden wird, wird durchbohrt werden; und jeder, der aufgegriffen wird, wird durchs Schwert fallen. 16 Und ihre Kinder werden vor ihren Augen zerschmettert, ihre Häuser geplündert und ihre Frauen vergewaltigt werden. 17 Siehe, ich erwecke gegen sie die Meder, die Silber nicht achten und an Gold kein Gefallen haben. 18 Und ihre Bogen werden Jünglinge niederstrecken, und über die Leibesfrucht werden sie sich nicht erbarmen, ihr Auge wird die Kinder nicht verschonen.
In Vers 14 kehrt die Prophezeiung zurück zur Zerstörung von Babel. Dies ist aus dem Rest des Kapitels ersichtlich. Alle Fremdlinge, die einst von den Reichtümern Babels angezogen wurden und ihren Vorteil auf diesem Weltmarkt suchten, werden aus der Stadt fliehen, um zu ihrem eigenen Volk und Land zurückzukehren. Nervös wie „eine verscheuchte Gazelle“ und zerstreut „wie eine Herde“ ohne einen Hirten, werden sie den vorrückenden Armeen der Meder und Perser zu entkommen suchen. Auch das wiederhergestellte Römische Reich (Europa) wird aus Menschen aus vielen Ländern bestehen. Wenn das Gericht kommt, werden diese Menschen fliehen und zu ihrem eigenen Volk und ihrem Heimatland zurückkehren.
Wer nicht flieht oder auf der Flucht gefangen wird, fällt in die Hände eines Feindes, der nichts und niemanden verschont (Verse 15–18). Was ihnen auf ihrem Weg begegnet, wird ohne Bedenken durchbohrt oder mit dem Schwert niedergestreckt (Vers 15). Respekt vor dem, was anderen an Leben, Besitz und Ehe gehört, haben sie nicht (Vers 16). Sie haben nicht die entsprechenden Gefühle. Rücksichtslos zerschmettern sie kleine Kinder vor den Augen ihrer Eltern und schänden Frauen, ohne Rücksicht auf ihr Flehen, das nicht zu tun.
Sie lassen sich nicht bestechen, unempfindlich wie sie sind gegenüber Silber und Gold, das ihnen nichts bedeutet (Vers 17). Ihr Ziel ist es, ihre Feinde mit rücksichtsloser Grausamkeit zu vernichten und dafür zu sorgen, dass keine neue Nachkommenschaft entstehen kann. Deshalb vernichten sie Jünglinge, töten Kinder schon im Mutterleib und verschonen kein bereits geborenes Kind (Vers 18).
19 - 22 Babel vollständig vernichtet
19 Und Babel, die Zierde der Königreiche, der Stolz des Hochmuts der Chaldäer, wird sein wie die Umkehrung Sodoms und Gomorras durch Gott. 20 Es wird niemals bewohnt werden und keine Niederlassung mehr sein von Geschlecht zu Geschlecht; und der Araber wird dort nicht zelten, und Hirten werden dort nicht lagern lassen. 21 Aber Wüstentiere werden dort lagern, und ihre Häuser werden voller Uhus sein; und Strauße werden dort wohnen und Böcke dort hüpfen; 22 und wilde Hunde werden heulen in seinen Palästen und Schakale in den Lustschlössern. Und seine Zeit steht nahe bevor, und seine Tage werden nicht verlängert werden.
Diese Verse beschreiben das Gericht über Babel. Babel, das sich als eine Zierde aller Königreiche präsentiert hat, wird all seiner Pracht und seines Stolzes beraubt werden (Vers 19). Es wird mit Babel gehen wie mit Sodom und Gomorra, die durch Gott umgekehrt wurden. Es wird völlig entvölkert werden und nie wieder bewohnt werden (Vers 20). Kein Araber der umherziehenden arabischen Nomaden (Beduinen) wird dort noch sein Zelt aufschlagen, denn es gibt dort nichts mehr, was einen Vorteil verspricht. Es gibt auch keinen Hirten mehr, der seine Herde dorthin bringt, weil es dort viele wilden Tiere gibt.
Die einzigen Bewohner werden die Wüstentiere sein (Verse 21.22a). Die in diesen Versen erwähnten Tiere, die im gefallenen Babel leben, erinnern an Offenbarung 18 (Off 18,2). Das unterstreicht, dass die endgültige Zerstörung, ähnlich wie die von Sodom und Gomorra, in ferner Zukunft liegt. Die kurzfristige Zerstörung wird angedeutet durch die Worte „und seine Zeit steht nahe bevor“ (Vers 22b). Die damals kurz bevorstehende Zerstörung Babels war nicht wie die Zerstörung von Sodom und Gomorra, denn Babel entstand wieder neu. Hier haben wir wieder das Prinzip von zwei Ebenen in der Prophetie, wo es eine erste Erfüllung in der nahen Zukunft und eine letztendliche Erfüllung in der, zum damaligen Zeitpunkt, fernen Zukunft gibt.
Der Schlüssel zu der Frage, ob Babel aufs Neue als Machtzentrum wieder entstehen wird, um dann endgültig zerstört zu werden, ist am Anfang von Jesaja 14 zu finden. Das Wort „denn“, womit es beginnt, deutet an, dass eine Erklärung des Vorangegangenen folgt. Jesaja 14 erzählt von dem Tag der Befreiung Israels und dem tausendjährigen Segen. Dies ist der Tag des HERRN, der ihnen Ruhe von Kummer, Angst und Sklaverei gibt und an dem sie sich wegen der Zerstörung Babels freuen und ihren Hohn gegenüber der Stadt des Unterdrückers zum Ausdruck bringen werden.
Über die Zerstörung Babels, die sich vor etwa zweieinhalbtausend Jahren ereignet hat, wurde nichts dergleichen berichtet. In der Zukunft aber wird es eine derartige Beschreibung beim Fall dieser auferstandenen Stadt geben (Off 18,20). Dann wird diese Prophezeiung Jesajas ihre vollständige Erfüllung finden. Europa wird zu Beginn des Tausendjährigen Friedensreichs in einem verwüsteten Zustand mit wenigen Einwohnern übrig bleiben und so wird es während des gesamten Friedensreichs bleiben.