1 - 14 Die Rache des HERRN an Babel
1 So spricht der HERR: Siehe, ich erwecke gegen Babel und gegen die, die im Herzen meiner Widersacher wohnen, einen verderbenden Wind. 2 Und ich sende nach Babel Fremde, die es worfeln und sein Land ausleeren werden; denn sie werden ringsumher gegen es sein am Tag des Unglücks. 3 Der Schütze spanne seinen Bogen gegen den, der da spannt, und gegen den, der sich in seinem Panzer erhebt. Und verschont seine Jünglinge nicht, vertilgt sein ganzes Kriegsheer! 4 Und Erschlagene sollen fallen im Land der Chaldäer und Durchbohrte auf seinen Straßen. 5 Denn nicht verwitwet ist Israel noch Juda von seinem Gott, von dem HERRN der Heerscharen; denn jener Land ist voll Schuld wegen des Heiligen Israels. 6 Flieht aus Babel hinaus und rettet jeder sein Leben, werdet nicht vertilgt, [jeder] wegen seiner Ungerechtigkeit! Denn es ist die Zeit der Rache des HERRN: Was es getan hat, vergilt er ihm. 7 Babel war ein goldener Becher in der Hand des HERRN, der die ganze Erde berauschte; von seinem Wein haben die Nationen getrunken, darum sind die Nationen rasend geworden. 8 Plötzlich ist Babel gefallen und zertrümmert. Jammert über es! Holt Balsam für seinen Schmerz; vielleicht wird es geheilt werden! 9 „Wir haben Babel heilen wollen, aber es ist nicht genesen. Verlasst es und lasst uns jeder in sein Land ziehen; denn sein Gericht reicht bis an den Himmel und erhebt sich bis zu den Wolken.“ 10 Der HERR hat unsere Gerechtigkeiten ans Licht gebracht; kommt und lasst uns in Zion erzählen die Tat des HERRN, unseres Gottes. 11 Schärft die Pfeile, fasst den Schild! Der HERR hat den Geist der Könige von Medien erweckt; denn gegen Babel ist sein Gedanke, es zu verderben; denn es ist die Rache des HERRN, die Rache seines Tempels. 12 Erhebt das Banner gegen die Mauern von Babel hin, verschärft die Bewachung, stellt Wächter auf, bereitet die Hinterhalte! Denn wie der HERR es sich vorgenommen hat, so führt er aus, was er über die Bewohner von Babel geredet hat. 13 Die du an vielen Wassern wohnst, reich an Schätzen [bist] – dein Ende ist gekommen, das Maß deines Raubes. 14 Der HERR der Heerscharen hat bei sich selbst geschworen: Habe ich dich auch mit Menschen gefüllt wie mit Heuschrecken, so wird man doch Triumphgeschrei über dich anstimmen!
Dieses Kapitel setzt die Beschreibung des Gerichts über Babel fort, mit der im vorigen Kapitel begonnen wurde. Der HERR benutzt alle möglichen Beispiele und Beschreibungen, um uns wissen zu lassen, wie sehr Er über Babel erzürnt ist und was Er tun wird. Jetzt spricht Er von einem verderbenden Wind, den Er erwecken wird (Vers 1). Dieser Wind kommt „gegen Babel und gegen die, die im Herzen meiner Widersacher wohnen“. Er wird in Babel einen verderbenden Geist – Wind und Geist sind das gleiche Wort im Hebräischen – geben, der es ins Verderben stürzen wird.
Es wird Fremde in Babel geben, Feinde, die alles Wertvolle aus dem Land wegnehmen und das Wertlose zurücklassen werden (Vers 2). Das Worfeln ist auch mit dem Geist, oder Wind, von Vers 1 verbunden. Das Worfeln geschieht durch den Wind. Der Wind nimmt also das Wertlose und zerstreut es, während das Wertvolle zurückbleibt. Der Feind wird die Menschen als wertlos zerstreuen und sich die materiellen Schätze aneignen.
Obwohl die Babylonier mit Bogen und Panzer bereit sind, sich zu verteidigen, wird jeder Widerstand rücksichtslos niedergeschlagen (Vers 3). Die Jünglinge werden nicht verschont und das ganze Heer Babels wird niedergeschlagen. Leichen liegen im ganzen Land und auf den Straßen der Städte (Vers 4).
Der HERR ist auch erzürnt über Israel und Juda, aber Er wird sich ihrer erbarmen (Vers 5). Ihr Land ist voller Schuld, der HERR sieht das sehr wohl, dennoch wird Er diesem Volk kein Ende bereiten, eben weil Er „der Heilige Israels“ ist. Jesaja verwendet diesen Namen für den HERRN 25-mal. Jeremia verwendet diesen Namen hier zum zweiten und letzten Mal (Jer 50,29), beide Male im Zusammenhang mit dem Gericht über Babel. Deshalb ruft er sein Volk auf, vor Babel zu fliehen und nicht zusammen mit Babel vernichtet zu werden (Vers 6; Jer 50,8). Babel wird vom HERRN das Gericht erhalten, das es verdient, und die Zeit dafür ist nun gekommen.
„Babel war ein goldener Becher in der Hand des Herrn, der die ganze Erde berauschte“ (Vers 7). Nebukadrezar ist das goldene Haupt (Dan 2,38), dem der HERR Macht über alle Nationen gegeben hat. Er vollstreckte Gottes Gericht über die Nationen. Jede Nation hat vor ihm gezittert. Aber seine Macht hat ein plötzliches Ende gefunden (Vers 8). Er hat sich bekanntlich auf seine eigene Macht verlassen und den HERRN nicht beachtet.
Es wurden wohl Versuche unternommen, Babel wieder zu heilen. Babel hat nämlich auch viele Vorteile gebracht. Es ist ein gutes Land gewesen, um dort zu wohnen. Die Tatsache, dass man nicht mehr frei war, spielte keine große Rolle. Doch die Versuche, Babel zu heilen, haben sich als vergeblich erwiesen (Vers 9). Deshalb sagen sich alle gegenseitig, dass sie die Gelegenheit nutzen und in ihr eigenes Land zurückkehren sollen. Es hat keinen Sinn, noch länger dort zu bleiben, denn die Situation verschlimmert sich, anstatt sich zu verbessern.
Israel wird erkennen, dass der HERR für sie eingetreten ist (Vers 10). Sie werden erkennen, wie der HERR sie nach seinem Ratschluss sieht. Sie sagen sich auch gegenseitig, dass sie in ihr Land ziehen sollen. Sie tun dies in der Absicht, in Zion die Taten des HERRN, ihres Gottes, zu erzählen. Hierin liegt die Lektion für uns, dass es gut ist, wenn der Herr uns aus einer bedrängenden Situation befreit hat, davon an dem Ort zu erzählen, an dem Er wohnt, nämlich in der örtlichen Gemeinde.
Der HERR ruft sein Werkzeug, um die Pfeile zu schärfen, den Köcher zu füllen und den Schild zu fassen (Vers 11). Er erweckt den Geist der Könige von Medien gegen Babel. Das passt in seinen Plan, um Babel zu zerstören. Babel hat seinen Tempel brutal zerstört, und dafür hat es die Rache des HERRN auf sich gezogen. Es wird dann erkennen, gegen wen es rebelliert hat.
Der HERR beginnt mit dem Errichten eines Banners, das anzeigt, dass der Sieg bereits errungen ist, bevor der Krieg begonnen hat (Vers 12). Vor der eigentlichen Schlacht gibt Er den Befehl, die Bewachung zu verschärfen, Wächter aufzustellen und Hinterhalte vorzubereiten. Die Gewissheit des Sieges lässt einen nicht übermütig werden. Auf diese Weise wird Er seine Absicht ausführen, die Er vorhergesagt hat.
Babel wohnt an vielen Wassern (Vers 13), das heißt, es herrscht über viele Nationen (Off 17,15). Babel ist auch reich an Schätzen. Diesen Reichtum hat es durch ungezügelte Gier und Habsucht erlangt. Doch seine Macht und sein Reichtum sind wertlos als Schutz vor Gottes Gericht. Babel verdankt es dem HERRN der Heerscharen, so zahlreich geworden zu sein wie ein Schwarm Heuschrecken, aber es hat sich selbst den ganzen Ruhm zugesprochen. Deshalb hat der HERR der Heerscharen bei sich selbst geschworen, dass Er Babel richten wird (Vers 14). Das wird einen Jubelschrei unter den unterdrückten Völkern auslösen.
15 - 26 Der allmächtige HERR und die ohnmächtigen Götzen
15 Er hat die Erde gemacht durch seine Kraft, den Erdkreis festgestellt durch seine Weisheit und die Himmel ausgespannt durch seine Einsicht. 16 Wenn er beim Schall [des Donners] Wasserrauschen am Himmel bewirkt und Dünste aufsteigen lässt vom Ende der Erde, Blitze zum Regen macht und den Wind herausführt aus seinen Vorratskammern – 17 dumm wird jeder Mensch, ohne Erkenntnis; beschämt wird jeder Goldschmied über das geschnitzte Bild, denn sein gegossenes Bild ist Lüge, und kein Geist ist in ihnen. 18 Nichtigkeit sind sie, ein Werk des Gespötts: Zur Zeit ihrer Heimsuchung gehen sie zugrunde. 19 Jakobs Teil ist nicht wie diese; denn er ist es, der das All gebildet hat und den Stamm seines Erbteils; HERR der Heerscharen ist sein Name. 20 Du bist mir ein Hammer, eine Kriegswaffe; und mit dir zerschmettere ich Nationen, und mit dir zerstöre ich Königreiche; 21 und mit dir zerschmettere ich das Pferd und seinen Reiter, und mit dir zerschmettere ich den Wagen und seinen Lenker; 22 und mit dir zerschmettere ich Mann und Frau, und mit dir zerschmettere ich Greis und Knaben, und mit dir zerschmettere ich Jüngling und Jungfrau; 23 und mit dir zerschmettere ich den Hirten und seine Herde, und mit dir zerschmettere ich den Ackerbauer und sein Gespann, und mit dir zerschmettere ich Statthalter und Vorsteher. 24 Und ich will Babel und allen Bewohnern Chaldäas all ihr Böses, das sie an Zion verübt haben, vor euren Augen vergelten, spricht der HERR. 25 Siehe, ich will an dich, spricht der HERR, du Berg des Verderbens, der die ganze Erde verdorben hat; und ich will meine Hand gegen dich ausstrecken und dich von den Felsen hinabwälzen und dich zu einem verbrannten Berg machen, 26 so dass man von dir weder Eckstein noch Grundstein nehmen kann; denn eine ewige Wüstenei sollst du sein, spricht der HERR.
Der HERR stellt sich in seiner Allmacht als Schöpfer vor (Vers 15). Er hat die Schöpfung durch „seine Kraft“ bewirkt und dabei mit „seiner Weisheit“ und „seiner Einsicht“ gewirkt. Die ganze Natur antwortet auf seine Stimme (Vers 16). Wolken, Blitze, Winde, Er verfügt über sie. So hat sich der HERR auch einmal Hiob gegenübergestellt, woraufhin Hiob sich tief demütigte (Hiob 40,1–5; 42,1–6).
Babel aber zeigt keine Aufmerksamkeit für diesen allmächtigen Gott. Babel ist ein dummer Mensch, ohne Erkenntnis und daher völlig ohne Wissen (Vers 17). Ein Goldschmied ist auch eine Art Schöpfer, aber von einem Götzen. Aber was für ein Betrug, es ist ein totes Ding. Es ist kein Atem und kein Geist in ihm. Ein Goldschmied kann nur etwas herstellen, das tot ist. Verglichen mit dem, was Gott ist, wird das Werk eines Goldschmieds zur Nichtigkeit und zum Gespött (Vers 18), das zur Zeit ihrer Heimsuchung keinerlei Schutz bietet.
Wie ganz anders ist „Jakobs Teil“, der der lebendige HERR ist (Vers 19). Er ist der Formgeber aller Entwicklungen und darin hat Er eine besondere Beziehung zu Israel, das sein persönliches Eigentum ist. Er ist der HERR der Heerscharen, das ist sein Name. Er steht über allen himmlischen und irdischen Mächten und niemand ist Ihm gleich.
Babel ist für den HERRN ein Hammer, eine Kriegswaffe, mit der man kämpfen kann (Vers 20). Babel darf sich nicht einbilden, jemand von Bedeutung zu sein und eigene Macht zu haben. Jedes Werk Babels ist ein Werk des HERRN. Der HERR wird durch Babel Nationen schlagen und Königreiche zu Grunde richten. Alles, was unter den Kriegshammer Babels fällt, ist ein Gegenstand des Gerichts des HERRN.
Der Kriegshammer des HERRN kommt herab auf „das Pferd und seinen Reiter“ und auf „den Wagen und seinen Lenker“ (Vers 21); auf „Mann und Frau“, auf „Greis und Knaben“ und auf „Jüngling und Jungfrau“ (Vers 22); auf „den Hirten und seine Herde“, auf „den Ackerbauer und sein Gespann“, auf „Statthalter und Vorsteher“ (Vers 23). Das Wort für „zerschmettern“ hat die Bedeutung von kraftvollem und intensivem Zerschmettern, es ist zermalmendes Zerschmettern (2Mo 15,6; Ps 2,9).
Babel ist ein Werkzeug in der Hand des HERRN. Das bedeutet aber nicht, dass die Babylonier keine eigene Verantwortung haben. Denn sie haben Zion ohne Auftrag des HERRN Böses angetan (Vers 24). Das kann der HERR nicht ungestraft lassen, sondern Er wird es ihnen vergelten.
Der mächtige Berg Babel, der die ganze Erde verdorben hat, wird vom HERRN gerichtet werden (Vers 25). Er wird seine Hand gegen ihn ausstrecken, sodass Er ihn von seinem hohen Felsen hinabwälzen wird. Er wird ihn mit seinem Feuer in Brand setzen, sodass er zu einem brennenden Berg wird. Die Zerstörung wird so radikal sein, dass nichts Brauchbares übrig bleibt, das als Fundament für den Wiederaufbau der Stadt dienen könnte (Vers 26).
27 - 33 Befehl an die Nationen
27 Erhebt das Banner im Land, stoßt in die Posaune unter den Nationen! Weiht Nationen gegen es, ruft gegen es die Königreiche Ararat, Minni und Aschkenas herbei; bestellt Kriegsoberste gegen es, lasst Pferde heraufziehen wie furchtbare Heuschrecken! 28 Weiht Nationen gegen es, die Könige von Medien, dessen Statthalter und alle seine Vorsteher und das ganze Land ihrer Herrschaft! 29 Da erbebt und erzittert die Erde; denn die Gedanken des HERRN erfüllen sich gegen Babel, um das Land Babel zu einer Wüste zu machen, ohne Bewohner. 30 Babels Helden haben aufgehört zu kämpfen, sie sitzen in den Bergfestungen; versiegt ist ihre Kraft, sie sind zu Weibern geworden; man hat ihre Wohnungen angezündet, ihre Riegel sind zerbrochen. 31 Ein Läufer läuft dem anderen entgegen, und der Bote dem Boten, um dem König von Babel die Botschaft zu bringen, dass seine Stadt von allen Seiten her eingenommen ist. 32 Und die Übergänge sind besetzt, und die Teiche hat man mit Feuer ausgebrannt, und die Kriegsleute sind erschrocken. – 33 Denn so spricht der HERR der Heerscharen, der Gott Israels: Die Tochter Babel ist wie eine Tenne zur Zeit, da man sie stampft; noch eine kurze [Zeit], so wird die Zeit der Ernte für sie kommen.
Wiederum ergeht das Wort des HERRN, ein Banner im Land zu errichten, d. h. in dem Land, das den Angriff auf Babel machen soll (Vers 27). Andere Nationen werden durch die Posaune zum Mitmachen aufgerufen. Es soll Kriegsoberste geben und eine Menge von Pferden. Alle, die bereits unter die Herrschaft der Könige der Meder gebracht wurden, sollen eingesetzt werden (Vers 28). Babel wird erbeben und erzittern (Vers 29). Schließlich hat der HERR es beschlossen, und es ist festgelegt. Daran kann nichts mehr geändert werden. Babel wird eine Wüste werden.
Babels Helden sehen die Sinnlosigkeit des Kampfes gegen die furchterregende Übermacht (Vers 30). Sie bleiben in den Festungen, nicht um sich zu verteidigen, sondern um sich vor den anrückenden Feinden zu verbergen. Die Kraft, die sie besessen haben, ist „versiegt“, jede Lebenskraft ist dahin; sie sind schwach wie Frauen. Ihre Wohnungen, womit wohl die Kasernen gemeint sind, in denen die Helden, die Soldaten, stationiert sind, wurden in Brand gesteckt. Diese Festungen sind nun offen für alle, denn die Riegel sind zerbrochen.
Der König von Babel wird in rasender Geschwindigkeit durch eine Staffel von Eilboten und Kurieren informiert, wie es um „seine Stadt“ steht (Vers 31). Ihm wird mitgeteilt, dass die Stadt von allen Seiten eingenommen ist und dass die Fluchtwege über die Übergänge des Euphrat besetzt sind (Vers 32). Ein Entkommen ist unmöglich.
Sich in den Teichen zu verstecken ist auch nicht möglich, denn sie sind mit Feuer ausgebrannt. Er kann auch nicht mit menschlicher Unterstützung rechnen, denn die kämpfenden Männer sind vor Schrecken überwältigt und gelähmt. Der HERR der Heerscharen, der Gott Israels, sagt, dass Er die Tochter Babel wie eine Tenne machen wird (Vers 33). Diese Tenne wird von den Gerichten, die über sie kommen, zertreten werden. Die Ernte wird kommen, die Ernte des Gerichts.
Vieles von dem, was hier beschrieben wird, wird sich durch die Meder und Perser erfüllen, wenn sie Babel erobern (Dan 5,30). Die volle Erfüllung wird jedoch in der Endzeit eintreten (Off 18,1–19).
34 - 44 Sinnlose Verteidigung von Babel
34 Nebukadrezar, der König von Babel, hat mich gefressen, hat mich vernichtet, hat mich hingestellt als ein leeres Gefäß; er verschlang mich wie ein Ungeheuer, füllte seinen Bauch mit meinen Leckerbissen, stieß mich fort. 35 Die an mir [begangene] Gewalttat und mein Fleisch komme über Babel!, spreche die Bewohnerin von Zion – und mein Blut über die Bewohner von Chaldäa!, spreche Jerusalem. 36 Darum, so spricht der HERR: Siehe, ich will deine Rechtssache führen und deine Rache vollziehen, und ich werde sein Meer austrocknen und seine Quelle versiegen lassen. 37 Und Babel soll zum Steinhaufen, zur Wohnung der Schakale, zum Entsetzen und zum Gezisch werden, ohne Bewohner. 38 Sie brüllen allesamt wie junge Löwen, knurren wie die Jungen der Löwinnen. 39 Wenn sie erhitzt sind, richte ich ihnen ein Trinkgelage an und berausche sie, damit sie frohlocken und entschlafen zu ewigem Schlaf und nicht mehr erwachen, spricht der HERR. 40 Wie Fettschafe, wie Widder samt Böcken stürze ich sie hinab zur Schlachtung. 41 Wie ist Scheschak eingenommen, und erobert der Ruhm der ganzen Erde! Wie ist Babel zum Entsetzen geworden unter den Nationen! 42 Das Meer ist heraufgestiegen über Babel; mit dem Brausen seiner Wellen ist es bedeckt. 43 Seine Städte sind zur Wüste geworden, ein dürres Land und eine Steppe, ein Land, worin niemand wohnt und durch das kein Menschenkind zieht. 44 Und ich werde den Bel in Babel heimsuchen und aus seinem Maul herausnehmen, was er verschlungen hat; und nicht mehr sollen Nationen zu ihm strömen. Auch Babels Mauer ist gefallen.
Dann hören wir die Klage Jerusalems oder Zions über das, was Nebukadrezar ihr angetan hat (Vers 34). Er hat Zion verschlungen, zermalmt und ausgeleert wie ein Seeungeheuer. Mit allen Leckerbissen des Landes hat er sich den Bauch gefüllt, und das Land selbst hat er weggespült, indem er die Bewohner von ihm vertrieben hat. Die Bewohnerin von Zion wird ermutigt, um Vergeltung zu bitten (Vers 35).
Das passt nur in die damalige Zeit. Der Gläubige der Gemeinde bittet das nicht, sondern bittet um Vergebung für seine Feinde. Im Alten Testament und nach der Entrückung der Gemeinde gilt das Gesetz. In diesen Zeiten steht Gott in Beziehung zu seinem irdischen Volk, eine Beziehung, die durch das Gesetz geregelt ist. Die Zeit der Gemeinde, des himmlischen Volkes Gottes, auf der Erde ist von der Gnade geprägt.
Der HERR antwortet auf die Forderung nach Vergeltung mit der Verheißung, dass Er den Prozess seines Volkes aufnehmen wird (Vers 36). Er wird Rache für sie nehmen. Er wird den Grenzfluss Euphrat trockenlegen (Off 16,12), damit feindliche Armeen ohne Schwierigkeiten in das Land eindringen können. Er wird auch dafür sorgen, dass es keinen neuen Wassernachschub geben wird. Babel wird zerstört werden (Vers 37). Nur Schakale werden dort wohnen. Kein Mensch wird diesen Ort mehr begehren, weil von ihm Schrecken ausgeht und er zum Gespött geworden ist.
Die Babylonier haben sich immer als brüllende junge Löwen gesehen, vor denen jeder flieht (Vers 38). Sie brauchen nur zu knurren und Schrecken ist die Folge. Doch der HERR wird ihnen einen Trank verschreiben, der sie trunken macht und sie den Blick für die Realität verlieren lässt (Vers 39; vgl. Dan 5,1–4.30). Sie werden getötet werden und nie wieder aufwachen. Der „ewige Schlaf“ ist kein Seelenschlaf, denn den gibt es nicht, sondern ein Hinweis darauf, dass sie nie wieder Macht besitzen werden. Der HERR wird sie töten wie Lämmer zum Schlachten (Vers 40; vgl. Jer 12,3).
Scheschak wurde besiegt und mit ihm der Ruhm der ganzen Erde (Vers 41). So relativ ist der Ruhm des Menschen, dass er einfach untergehen kann. Das imposante Babel ging unter und wurde so zu einem Schrecken. Was niemand für möglich gehalten hat, dass dieses mächtige Babel fallen würde, ist geschehen. Ein Völkermeer erhob sich gegen es und Babel versank darin (Vers 42; vgl. Vers 13). Seine Städte wurden unbewohnbar zerstört, ebenso wie das Land (Vers 43). Niemand wohnt mehr dort, niemand zieht auch hindurch.
Zwei Dinge, durch die Babel berühmt war, waren der Gott Bel und die Mauer der Stadt. Der HERR vollzieht das Gericht über Bel, den Gott Babels (Vers 44). Alles, was im Namen dieses Gottes erobert und ihm geweiht wurde, alles, wovon dieser Gräuel die Ehre erhalten hat, wird der HERR ihm wegnehmen. Die Dämonen, die hinter diesem Gräuel stehen, werden keine Ehre mehr erhalten. Der HERR wird alle Ehre beanspruchen. Jedes Knie wird sich vor Ihm beugen. Nach dem Gericht über die unsichtbare dämonische Quelle ihrer Macht vollzieht der HERR auch das Gericht über die Mauer, seine greifbare und sichtbare Quelle der Macht. Der ganze Widerstand Babels wird mit dem Fall der Mauer gebrochen.
45 - 48 Israel soll aus Babel hinausziehen
45 Zieht aus ihm hinaus, mein Volk, und rettet jeder sein Leben vor der Zornglut des HERRN! 46 Und dass euer Herz nicht zaghaft werde und ihr euch nicht fürchtet vor dem Gerücht, das im Land vernommen wird! Denn in dem einen Jahr kommt dieses Gerücht und im Jahr danach jenes Gerücht, und Gewalttat im Land, Herrscher gegen Herrscher. 47 Darum siehe, Tage kommen, da ich die geschnitzten Bilder Babels heimsuchen werde; und sein ganzes Land wird beschämt werden, und alle seine Erschlagenen werden in seiner Mitte fallen. 48 Und Himmel und Erde und alles, was in ihnen ist, werden über Babel jubeln; denn von Norden her kommen ihm die Verwüster, spricht der HERR.
In Anbetracht des Gerichts über Babel ruft der HERR sein Volk auf, Babel zu verlassen (Vers 45; vgl. Vers 6). Sein grimmiger Zorn ist gegen Babel entbrannt. Wenn sie den Aufruf, Babel zu verlassen, nicht beherzigen, werden sie durch die Nachrichten, die sie über die Geschehnisse im Land erreichen werden, erschrecken (Vers 46). Es wird zu Bürgerkriegen kommen, die die Einheit zerstören und die Kraft rauben werden.
Es kommen Tage, an denen der HERR die Götzen Babels heimsuchen wird (Vers 47). Dann werden diese Götzen keinerlei Schutz bieten. Dazu brauchen sie nur auf die Gefallenen in ihrer Mitte zu schauen. Wenn die Verderber aus dem Norden kommen und Babel zerstören, wird das große Freude in der ganzen Schöpfung auslösen (Vers 48).
49 - 53 Gewissheit des Falls von Babel
49 Wie Babel darauf ausging, dass Erschlagene Israels fielen, so werden wegen Babel Erschlagene der ganzen Erde fallen. 50 Ihr dem Schwert Entronnenen, geht, bleibt nicht stehen! Erinnert euch an den HERRN aus der Ferne, und Jerusalem komme euch in den Sinn! 51 Wir sind beschämt worden, denn wir haben Verhöhnung gehört; Schmach hat unser Angesicht bedeckt; denn Fremde sind über die Heiligtümer des Hauses des HERRN gekommen. 52 Darum siehe, Tage kommen, spricht der HERR, da ich seine geschnitzten Bilder heimsuchen werde; und tödlich Verwundete werden ächzen in seinem ganzen Land. 53 Wenn auch Babel bis zum Himmel hinaufstiege und die Höhe seiner Stärke befestigte, von mir aus werden ihm Verwüster kommen, spricht der HERR.
Babel hat viele Völker unterjocht, aber der HERR rechnet Babel besonders an, was es Israel angetan hat. Denn es hat Israel zu Fall gebracht und hat viele erschlagen, darum werden auch in Babel, im ganzen Weltreich, Erschlagene sein. Dies ist eine Ermutigung für Israel, für diejenigen, die nicht durch Nebukadrezars Schwert getötet wurden, an den HERRN und an Jerusalem zu denken, wo immer sie sind (Vers 50). Darauf sollen ihre Herzen wieder gerichtet sein.
Sie mögen sich an die frühere Herrlichkeit erinnern. So sollen sie es tun, aber mit gebührender Scham (Vers 51). Es ist wegen ihrer eigenen Untreue, dass sich jetzt Fremde in den heiligen Stätten des Hauses des HERRN befinden. Wenn diese Erkenntnis da ist, sind sie in der richtigen Gesinnung, um wieder zurückzugehen.
Der HERR selbst wird ihnen den Weg frei machen, indem er Babel und seine Götzen bestraft (Vers 52). Das Land Babel wird von dem Ächzen der tödlich Verwundeten voll sein. Es gibt kein Entkommen für Babel vor dem Gericht der Verwüster, die der HERR über es schickt (Vers 53). Ganz gleich, wie hoch sie klettern und wie hoch sie ihre Festung bauen würden, das Gericht wird sie treffen.
54 - 58 Die Zerstörung Babels ist total
54 Horch! Ein Geschrei aus Babel und große Zertrümmerung vom Land der Chaldäer her. 55 Denn der HERR verwüstet Babel und tilgt daraus das laute Getöse; und es brausen seine Wogen wie große Wasser, es erschallt das Geräusch ihres Getöses. 56 Denn über es, über Babel, kommt ein Verwüster; und seine Helden werden gefangen, ihre Bogen sind zerbrochen. Denn ein Gott der Vergeltung ist der HERR, er wird gewiss vergelten. 57 Und ich berausche seine Fürsten und seine Weisen, seine Statthalter und seine Vorsteher und seine Helden, dass sie entschlafen zu ewigem Schlaf und nicht mehr erwachen, spricht der König, HERR der Heerscharen ist sein Name. 58 So spricht der HERR der Heerscharen: Die Mauern von Babel, die breiten, sollen ganz und gar geschleift und seine hohen Tore mit Feuer verbrannt werden. Und so mühen sich Völker vergebens ab und Völkerschaften fürs Feuer, und sie ermatten.
Jeremia sieht die Zerstörer Babels bereits in der Gegenwart. Es sind Schreie, die aus Babel kommen (Vers 54). Das ist kein Kriegsgeschrei, sondern ein Schrei der Angst, wegen des Unglücks, das über das Land kommen wird. Dieses Unglück kommt über sie vom HERRN, der Babel vernichtet. Er wird den großen Klang ihres Geschreis in einem noch größeren Klang der herannahenden Heere ersticken, die wie mächtige Wasser brausen (Vers 55). Der Zerstörer, der über Babel kommt, wird ihre Helden gefangen nehmen und jeden Widerstand brechen (Vers 56). Babel hat es mit dem HERRN als dem Gott der Vergeltung zu tun. Er vergilt Babel für all das Böse, das es getan hat.
Alle, die in Babel für das von ihnen verübte Böse verantwortlich sind, die Fürsten, Weisen, Statthalter, Vorsteher und Helden, werden ihren Verstand und ihre Kraft verlieren und umkommen (Vers 57). Sie werden nie wieder auf der Erde erwachen (vgl. Vers 39) und nie wieder die Möglichkeit haben, Böses zu tun. Derjenige, der dies verkündet, ist der König, und sein Name ist HERR der Heerscharen. Deshalb wird es so sein, wie Er es gesagt hat. Die Mauern von Babel sind kein Problem für Ihn (Vers 58). All die Arbeit, die von Menschen aller Art an ihm geleistet wurde, ist nutzlos. Alle Kräfte sind vergeudet worden. Sie haben sich umsonst abgemüht und aufgerieben. Ihre Arbeit wird eine Beute des Feuers (vgl. Hab 2,13).
59 - 64 Der Befehl an Seraja
59 Das Wort, das der Prophet Jeremia Seraja, dem Sohn Nerijas, des Sohnes Machsejas, gebot, als er mit Zedekia, dem König von Juda, im vierten Jahr seiner Regierung nach Babel zog; und Seraja war Reisemarschall. 60 Und Jeremia schrieb in ein Buch all das Unglück, das über Babel kommen sollte, alle diese Worte, die gegen Babel geschrieben sind. 61 Und Jeremia sprach zu Seraja: Wenn du nach Babel kommst, so sieh zu und lies alle diese Worte 62 und sprich: HERR, du hast gegen diesen Ort geredet, dass du ihn ausrotten wirst, so dass kein Bewohner mehr darin sei, weder Mensch noch Vieh, sondern dass er zu ewigen Wüsteneien werden solle. 63 Und es soll geschehen, wenn du dieses Buch zu Ende gelesen hast, so binde einen Stein daran und wirf es mitten in den Euphrat 64 und sprich: So wird Babel versinken und nicht wieder emporkommen wegen des Unglücks, das ich über es bringe; und sie werden erliegen. – Bis hierher die Worte Jeremias.
Am Ende der langen Prophezeiung gegen Babel, nach all den Worten, die Jeremia über Babel gesprochen hat, hat er einen Befehl für Seraja (Vers 59). Seraja ist wahrscheinlich der Bruder von Baruch (Jer 32,12) und Reisemarschall oder Quartiermeister von Zedekia. Als Quartiermeister soll er dafür sorgen, dass der König überall, wohin er reist, ein gutes Zuhause hat.
Im vierten Jahr der Herrschaft Zedekias geht er nach Babel. Jeremia hat das ganze Unglück, das er über Babel ankündigte, in ein Buch geschrieben (Vers 60). Das sind die Worte, die wahrscheinlich von Baruch aufgeschrieben wurden, als Jeremia sie aussprach. Er gibt das Buch an Seraja, als er nach Babel geht. Wenn er in Babel ankommt, muss er sich zuerst genau umsehen (Vers 61). Er wird die ganze Herrlichkeit und Macht Babels sehen.
Dann soll er alle Worte des Buches lesen. Er soll dies mit dem Gebet zum HERRN tun, weil Er diese Worte über Babel gesprochen hat (Vers 62). Als wahrer Elia wird er sich bewusst sein, dass er vor dem HERRN steht und nicht vor der Macht Babels (vgl. 1Kön 17,1a). Für Babel wird das vom HERRN angekündigte Ende sicher kommen. Es wird nichts davon übrig bleiben. Jeremia kündigte den Untergang Babels an, wie er auch den von Juda und Jerusalem ankündigte, auch wenn von beiden Untergängen noch nicht viel zu sehen ist und auch wenn viele gar nicht daran glauben.
Als Seraja mit dem Vorlesen fertig ist, muss er einen Stein an das Buch binden und es in die Mitte des Euphrat werfen, wo der Fluss am tiefsten ist (Vers 63). Wenn er das getan hat, muss er erklären, warum er das getan hat, was diese Tat bedeutet (Vers 64). So wie das Buch in die Tiefe des Flusses gesunken ist, um nie wieder hochzukommen, wird auch Babel versinken und sich nie wieder erheben (Off 18,21). Das ist das Gericht, das der HERR über Babel verhängt hat. Die zermürbenden Bemühungen, Babel über Wasser zu halten, bleiben erfolglos. Wir sehen hier, dass Jeremia in der Zeit, in der er zur Unterwerfung Babels aufruft, gleichzeitig den endgültigen Fall dieser Stadt ankündigt.
Damit enden die Worte Jeremias. Sein Dienst ist zu Ende. Seine Weissagung gegen Babel soll eine Ermutigung für den Glauben des Volkes von Juda sein. Das folgende Kapitel beschreibt die Eroberung Jerusalems durch Nebukadrezar. Aber es wird vorher deutlich und klar gesagt, dass Nebukadrezars Macht weder unbegrenzt noch endlos ist. Gott hat das letzte Wort. Dieses Wissen gibt nur dann Halt, wenn wir Gott und seinem Wort vertrauen.