Einleitung
In diesem Kapitel geht Salomo näher und detaillierter auf das verdorbene Herz ein, das einen Mann dazu bringt, die Frau seiner Jugend für eine andere zu verlassen (Spr 2,16–20). Er zeigt, dass dieser Weg die ganze Persönlichkeit demoralisiert. Es handelt sich um eine Warnung von Mann zu Mann, jede sexuelle Verbindung mit einer fremden Frau, das heißt mit jeder anderen Frau als der einen, eigenen, legitimen Frau zu vermeiden.
1 - 2 Besonnenheit und Erkenntnis
1 Mein Sohn, höre aufmerksam auf meine Weisheit, neige dein Ohr zu meiner Einsicht, 2 um Besonnenheit zu bewahren und damit deine Lippen Erkenntnis hüten.
Wenn wir annehmen, dass in den Versen 1–6 immer noch der Großvater zu dem Vater spricht, sehen wir, dass schon David mit seinem Sohn Salomo über dieses Übel der fremden Frau gesprochen hat. Auf jeden Fall geht es hier um eine Sache, mit der jede Generation zu tun hat. Das sexuelle Verlangen hört auch mit dem Erreichen eines bestimmten Alters nicht auf. Wer sich von der fremden Frau verführen lässt, ist damit vom Weg des Lebens abgewichen und geht den Weg des Todes. Die Endstation des Weges mit der fremden Frau ist der Tod. Viele bestreiten das. Sie wollen sozusagen über den Weg des Todes das Leben erreichen. Allerdings hat Leben für sie eine andere Bedeutung als für Gott. Wahres Leben ist auf diesem Weg nicht möglich.
Wieder spornt der Vater zunächst seinen Sohn an, aufmerksam auf seine „Weisheit“ zu hören und sein Ohr zu seiner „Einsicht“ zu neigen (Vers 1). Die „Weisheit“ ist das, was Gott offenbart hat; die „Einsicht“ hat er durch eigene Erfahrung und Wahrnehmung erworben. Schon öfter hat er dazu aufgerufen, auf ihn zu hören (Spr 1,8; 2,1.2; 4,1), aber hier tut er es vor allem im Blick auf die Versuchung, dass eine fremde Frau sich an den Sohn heranmacht.
Wenn er tatsächlich hört, wird er „Besonnenheit … bewahren“ (Vers 2). Er wird also nachdenken, bevor er etwas tut, und sorgfältig in Selbstdisziplin leben. Das wird ihn vor hastigen, falschen Entscheidungen bewahren. Seine Lippen werden „Erkenntnis hüten“; das bedeutet: Er wird reden, was er von seinem Vater gelernt hat. Diese Erkenntnis zeigt, dass jemand Gott kennt; sie führt zur Ehrfurcht vor Ihm und zum Gehorsam gegenüber seinen Geboten. Diese Erkenntnis drückt sich in seinen Worten aus („deine Lippen“). „Besonnenheit“ und „Erkenntnis“ sind die Basis zur Vermeidung der Versuchung, die katastrophale Torheit des Ehebruchs zu begehen.
Diese Verse bilden die Einführung in die Unterweisung des Vaters an seinen Sohn über die Sexualität. Nur wenn er auf seine weisen Worte hört, wird er davor bewahrt werden, seine sexuellen Begierden auf eine falsche Weise – also außerhalb der Ehe – zu befriedigen. Der Vater sagt ihm auch, dass er diese innerhalb der Ehe optimal genießen kann. Deshalb appelliert er an seinen Sohn, auf seine Weisheit und seine Einsicht zu hören (vgl. Spr 6,20–24; 7,1–5).
3 - 6 Die Lippen und Füße der fremden Frau
3 Denn Honigseim träufeln die Lippen der Fremden, und glatter als Öl ist ihr Gaumen; 4 aber ihr Letztes ist bitter wie Wermut, scharf wie ein zweischneidiges Schwert. 5 Ihre Füße steigen hinab zum Tod, am Scheol haften ihre Schritte. 6 Damit sie nicht den Weg des Lebens einschlägt, schweifen ihre Bahnen ab, ohne dass sie es weiß.
Vers 3 beginnt mit dem Wort „denn“. Nun folgt also die Begründung, warum der Vater seinem Sohn sagt, dass er Besonnenheit bewahren soll (Vers 2). Ohne Umschweife sagt er ihm nun, dass er es mit „der Fremden“, das ist der fremden Frau, zu tun bekommt. Dies ist keine Vermutung, dass ihm das passieren könnte, sondern eine Feststellung: Es wird passieren.
Die fremde Frau ist die verbotene Frau, die unbefugte Frau. Erstens geht es hier um eine andere Person als die eigene Frau; und außerdem handelt es sich um eine Frau, die gezielt verführen will. Schon vorher hat der Vater etwas über sie gesagt (Spr 2,16–19), aber jetzt fängt er an, seinen Sohn ausführlich über sie aufzuklären.
Sie ist eine ehebrecherische Frau, weil sie nämlich ihrem eigenen Ehemann untreu ist. Die Sünde der Untreue ist die erste große Sünde, die beim Ehebruch begangen wird. Der Vater schildert seinem Sohn, wie sie vorgeht, um ihn zum Ehebruch zu verführen. Diese untreue Frau kommt zu ihm mit Worten, die honigsüß und noch glatter als Öl sind (vgl. Hld 4,11). Sie spricht schmeichelnde, angenehme Worte, die sich leicht in sein Ohr und in sein Herz einschleichen.
Ihre „Lippen“ stehen im krassen Gegensatz zu denen des jungen Mannes, die ja Erkenntnis bewahren (Vers 2). Wer geübt ist, mit seinen Lippen gesunde Worte zu sprechen, dessen Lippen Erkenntnis bewahren, der sich an eine Gesprächsführung gewöhnt hat, die den Glauben auferbaut, wird sofort feststellen, dass ihre Sprache verdorben ist. Zu einer gesunden Wortwahl sind wir nur dann fähig, wenn wir auf Gottes Wort hören und uns dadurch belehren lassen.
Der (Groß-)Vater entlarvt das Verderben, das sich hinter der verlockenden Sprache verbirgt (Vers 4; vgl. Ps 55,22). Er geht direkt von der Versuchung zu den Folgen über: „ihr Letztes“. Damit meint er das Ziel ihrer Versuchung, das Ergebnis ihres verdorbenen Auftretens. Was sie sagt, wirkt so süß und angenehm. Doch wohin der Umgang mit ihr führt, ist so bitter, „bitter wie Wermut“. Ihre Zunge ist „scharf wie ein zweischneidiges Schwert“, wörtlich „ein Schwert mit mehr als einem Mund“, das Schmerz und Zerstörung verursacht. Das Schwert steht für ein verschlingendes Ungetüm (2Sam 2,26; Jes 1,20). Die Verführerin vergiftet und tötet (vgl. Pred 7,26).
Der Vater malt die Folgen eines ehebrecherischen Lebens aus (Vers 5). Sein Sohn muss sich daran erinnern, dass ihn das Bett dieser Frau, das Bett der Sünde, auf den Weg nach unten führt, in den Tod. Ihre Schritte führen in Richtung Grab. Auf dieses Ziel arbeitet sie hin. Bevor wir wissen, ob wir mit jemandem gehen, müssen wir wissen, wohin diese Person geht. Sünde führt immer zum Tod: „Denn der Lohn der Sünde ist der Tod“ (Röm 6,23; Jak 1,15).
Sie geht zielbewusst vor, um den jungen Mann davon abzuhalten, „den Weg des Lebens einzuschlagen“ (Vers 6). Das zeigen auch die zahlreichen Versuchungen heutiger Werbung, auf Werbetafeln und Pornoseiten. Je mehr jemand sie betrachtet und in sich aufnimmt, desto mehr stumpft das Gewissen ab, und man verfolgt den Weg des Todes.
Diese Frau schwankt von einem Weg des Todes zum anderen; es gibt nichts Stabiles in ihrem Leben. Sie geht ziellos, unkontrolliert und unbeständig vor. Das sieht man am Verlauf ihrer Spuren – von links nach rechts und wieder zurück. Sie geht wie eine Betrunkene. Man erkennt weder Ruhe noch Richtung. Wenn der junge Mann sich von ihr verführen lässt, wird er nicht erkennen, dass er genauso schwankt wie sie. Er sieht nur sie und achtet nicht darauf, welchen Weg sie geht.
Mit der fremden Frau ist in erster Linie eine buchstäbliche Gefahr gemeint, die jedoch in ihrer Anwendung auch auf eine geistliche Gefahr hinweist. In der fremden Frau können wir nämlich „Frau Torheit“ sehen, die „Frau Weisheit“ gegenübersteht (Spr 9,1–5.13–18). Die Versuchung, die von Frau Torheit ausgeht, besteht darin, uns von der Furcht des HERRN abzubringen. Sie findet ihre volle Anwendung in Offenbarung 17: „Babylon, die große, die Mutter der Huren“ (Off 17,5), ein Bild der römisch-katholischen Kirche.
7 - 14 Der Preis der Untreue
7 Nun denn, ihr Söhne, hört auf mich und weicht nicht ab von den Worten meines Mundes! 8 Halte fern von ihr deinen Weg und nähere dich nicht der Tür ihres Hauses; 9 damit du nicht anderen deine Blüte gibst, und deine Jahre dem Grausamen; 10 damit nicht Fremde sich sättigen an deinem Vermögen und dein mühsam Erworbenes nicht in das Haus eines Ausländers kommt 11 und du nicht stöhnst bei deinem Ende, wenn dein Fleisch und dein Leib dahinschwinden, 12 und sagst: Wie habe ich die Unterweisung gehasst, und mein Herz hat die Zucht verschmäht! 13 Und ich habe nicht gehört auf die Stimme meiner Unterweiser und mein Ohr nicht zugeneigt meinen Lehrern. 14 Wenig fehlte, so wäre ich in allem Bösen gewesen, inmitten der Versammlung und der Gemeinde.
Ab Vers 7 fährt der Vater (Salomo) mit seinen Belehrungen über die Gefahr der fremden Frau fort, die er von seinem Vater (David) erhalten hat. Diese Belehrungen gehen bis zum Ende von Kapitel 7, mit einer Unterbrechung in Kapitel 6,1–19. Der Vater spricht ausführlich mit seinen Kindern über diese Gefahr, die, wie gesagt, eine Gefahr für jede Generation ist. Der Angesprochene ist möglicherweise ein verheirateter Sohn (Verse 15–19), was aber für die Unterweisungen nicht von Bedeutung ist. Die Gefahren gelten sowohl für den verheirateten als auch für den unverheirateten Sohn und bleiben so lange bestehen, wie er lebt.
Der Vater leitet seinen Unterricht über die Gefahr der fremden Frau mit dem Aufruf an seine Kinder ein, auf ihn zu hören und nicht von den Worten seines Mundes abzuweichen (Vers 7). Das hat er auch schon in den Versen 1 und 2 getan. Dass er es hier wieder tut, zeigt, wie sehr er möchte, dass sie seiner Unterweisung aufmerksam folgen, und zwar solange sie leben. Mit der Hinwendung zu einer fremden Frau weichen sie von der Unterweisung des Vaters ab.
Er beginnt mit der einfachen Grundregel, dass sich der Sohn so weit wie möglich vom Ort der Versuchung fernhält und sich nicht der Tür ihres Hauses nähert (Vers 8). Wenn er in ihre Nähe kommt, hört er ihre schmeichelhafte Stimme. Um sie nicht zu hören und sie nicht zu sehen, muss er einen Umweg machen. Da können und müssen wir beten: „Und führe uns nicht in Versuchung“ (Mt 6,13). Dies können wir jedoch nur dann in Aufrichtigkeit tun, wenn wir die Versuchung nicht aufsuchen.
Ab Vers 9 folgt, was dazu motivieren soll, ihr möglichst weit aus dem Weg zu gehen. Dies wird durch das Wort „damit“ in den Versen 9 und 10 angezeigt. Ihr Einfluss und die Beschäftigung mit ihr wird ihn nämlich seine „Blüte“, seinen guten Namen und seine Ehre kosten (Vers 9). Er hat die Blüte seines Lebens verworfen und sie „anderen“ – wie der fremden Frau – zum „Genuss“ gegeben. Er selbst hat jedes Vergnügen daran verloren. Nie wieder wird er an seiner eigenen Frau, seinen eigenen Kinder und seiner eigenen Familie Freude haben können. Er hat sich in das größte Elend gestürzt.
Auch die besten Jahre seines Lebens und die Zeit danach übergibt er „einem Grausamen“. Dieser Grausame ist die Frau. Sie hat ihn in ihrer Macht und stellt ihm harte Forderungen wie etwa Erpressung – ein nicht ungewöhnliches Phänomen bei Untreue in der Ehe.
Damit verbunden ist, dass andere von seiner Kraft Besitz ergreifen und dass er alles, was er mit seiner Arbeit verdient, der „Fremden“ abgibt (Vers 10). In der „Fremden“ erkennen wir noch deutlicher die skrupellose Frau aus dem vorherigen Vers – die Verführerin, die Ehebrecherin. Wir sehen hier, dass diese Verbindung mit der fremden Frau finanzielle Probleme mit sich bringt. Jemand, der sich in der Macht einer solchen „Fremden“ befindet, muss oft Schulden machen, um ihren Forderungen nachzukommen, was ausführlich in Sprüche 6 erklärt wird (Verse 1–19).
Dies führt nur zum Stöhnen. Und schließlich macht ihn seine körperliche Erschöpfung zum Wrack (Vers 11). Das kann zum Beispiel durch eine Geschlechtskrankheit und Aids geschehen, Krankheiten, die den Körper zerstören. Der Körper wird vorzeitig zerstört und verbraucht. Dies macht klar, dass der Preis der Untreue aufgrund eines zeitlichen Genusses der Sünde (Heb 11,25) sehr hoch ist. Wer diese Art von Untreue begeht, nimmt eine unbezahlbare Schuld auf sich. Der Weg des Todes führt zum Verlust von Ehre, Zeit, Geld, Stärke und Gesundheit sowie zu Schmerz, Bedauern und ewiger Qual am Lebensende.
Dann kommt es zum erzwungenen Eingeständnis, das sich in verzweifelter Reue und hoffnungslosen Selbstvorwürfen äußert: „Wie konnte ich nur so etwas tun? Wie habe ich die Unterweisung gehasst, und hat mein Herz die Zucht verschmäht?“ (Vers 12). Klar und streng wurde ihm gesagt, dass er sich weit von der Ehebrecherin entfernt halten sollte, aber er wollte nicht hören und ist diesen Weg eigenwillig gegangen. „Hassen“ bedeutet, eine Abneigung dagegen zu haben. Er hat mit Abneigung auf die Ermahnung reagiert.
Innerlich, in seinem „Herzen“, hat er die „Zucht“ verworfen. Er hat sich dagegen gewehrt, anstatt sich ihr zu beugen und sie anzunehmen. Er hörte wohl die Unterweisung und Zucht, aber er wollte sie nicht befolgen. Jetzt verurteilt ihn sein Gewissen: Zu spät wird ihm bewusst, dass er die Unterweisung und die Zucht missachtet hat. Die Hölle wird voll von Menschen sein, die immer wieder voller Gewissensbisse sagen: Hätte ich nur …!
Dann muss er erkennen, dass es seine eigene Schuld ist, weil er nicht auf „meine „Unterweiser“ und „meine „Lehrer“ gehört hat (Vers 13). Diese Menschen, mit denen vor allem sein Vater und seine Mutter gemeint sein werden, haben ihm Privatunterricht erteilt (zweimal redet der Sohn von „mein“). Sie haben sich intensiv mit ihm beschäftigt, um ihm zu vermitteln, wie man die richtigen Entscheidungen trifft. Das haben sie ihn gelehrt und ihn daran gewöhnt. Und dennoch hat er ihre Unterweisung abgelehnt und war den Geboten, die sie ihm eingeschärft haben, ungehorsam. Er hielt sich für weiser als sie; er war weise in seinen eigenen Augen (Spr 3,7). Das macht seine Sünde besonders groß.
All das richtet der Vater an seinen Sohn als einen dringenden Appell, auf seine Warnungen zu hören. Dann wird er vor dem völligen Untergang und endlosen Gewissensbissen wegen einer falschen Entscheidung verschont bleiben.
Die Sünde des Ehebruchs führt zu einer Menge anderer Sünden. Der junge Mann muss zu seiner Schande gestehen, dass nur „wenig fehlte“, so wäre er „in allem Bösen gewesen“ (Vers 14). Er wird sich auch bewusst machen, dass seine Hurerei nicht nur eine persönliche Sünde ist, sondern auch die ganze Gemeinde dadurch verunreinigt wurde (vgl. 1Kor 5,1–13). Im Alten Testament gibt es für diese Sünde kein stellvertretendes Opfer, sondern es folgt die Todesstrafe (3Mo 20,10; 5Mo 22,22). Im Neuen Testament folgt, nachdem diese Sünde begangen wurde, die Zucht der Gemeinde. Das bedeutet, dass eine solche Person als Böser aus der Mitte der Gemeinde hinausgetan wird (1Kor 5,13).
15 - 23 Die Freude der Treue in der Ehe
15 Trink Wasser aus deiner Zisterne und Fließendes aus deinem Brunnen. 16 Mögen nach außen sich ergießen deine Quellen, deine Wasserbäche auf die Straßen. 17 Dir allein sollen sie gehören, und nicht Fremden mit dir. 18 Deine Quelle sei gesegnet, und erfreue dich an der Frau deiner Jugend, 19 der lieblichen Hirschkuh und anmutigen Gämse – ihre Brüste mögen dich berauschen zu aller Zeit, taumle stets in ihrer Liebe. 20 Und warum solltest du, mein Sohn, an einer Fremden taumeln und den Busen einer Unbekannten umarmen? 21 Denn vor den Augen des HERRN sind eines jeden Wege, und alle seine Bahnen wägt er ab. 22 Seine eigenen Ungerechtigkeiten werden ihn, den Gottlosen, fangen, und in den Fesseln seiner Sünde wird er festgehalten werden. 23 Sterben wird er, weil ihm Zucht mangelt, und in der Größe seiner Torheit wird er dahintaumeln.
Die Alternative, der Versuchung der fremden Frau zu entgehen, ist nicht eine zwanghafte völlige Enthaltsamkeit oder Zölibat (1Tim 4,3). Der Vater weist seinen Sohn auf seine eigene Frau hin. Die Sehnsucht nach verbotenem Genuss ist eine Folge der Unzufriedenheit mit den Segnungen, die ein Mensch besitzt. Er sagt ihm, dass seine eigene Frau ihm genügen soll (Vers 15). In seinem eigenen Haus hat er eine Quelle, die seinen Durst stillen kann. Damit meint er seine Frau. Auf diese Weise kann die Ehe geehrt sein „in allem und das Ehebett unbefleckt; denn Hurer und Ehebrecher wird Gott richten“ (Heb 13,4).
Sie befriedigt seine sexuellen Bedürfnisse, so wie Wasser die Bedürfnisse eines Durstigen erfüllt. Zur Befriedigung dieses Bedürfnisses braucht er keine andere zu suchen (1Kor 7,2–5). Der Vergleich mit einer Zisterne und einem Brunnen zeigt die Erfrischung, die die Sexualität mit sich bringt. Im trockenen Israel ist der Zugang zu Wasser sehr wertvoll und bereitet große Freude.
Das ist eine andere Vorstellung von Sexualität. Manche sagen, dass jede sexuelle Erfahrung eingeschränkt werden und sich nur auf die Fortpflanzung beziehen soll. Sexuelle Bedürfnisse, so wird behauptet, seien viel zu gefährlich; diese fließenden Gewässer seien viel zu kräftig. Aber das ist nicht die Sprache der Bibel. Gott hat das Verlangen nach Sexualität als etwas Gutes in den Menschen gelegt. Sexueller Umgang kann und darf genossen werden, und zwar im Rahmen des Ehebundes, zu seiner Ehre.
Gott hat das Erleben von Sexualität in der Ehe als eine Quelle tiefer Freude gegeben (5Mo 24,5; Pred 9,9; 1Mo 24,67). Das sehen wir in diesen Versen. Im Licht des Neuen Testaments können wir sehen, dass es ein Geheimnis ist, das von Christus und der Gemeinde spricht (Eph 5,25–33). Es ist also eindeutig eine Erfahrung, die durch Gottes Wort geheiligt wird.
Sexuelle Bedürfnisse dürfen entwickelt werden, und zwar für die eigene Frau und mit ihr. Ist es notwendig, darauf hinzuweisen? Ja, es ist nötig, auch wenn wir schon etwas länger oder sogar lange verheiratet sind. Jedes Verlangen nach jemand anderem als unserer eigenen Frau müssen wir vermeiden und alle Bedürfnisse sozusagen auf unsere eigene Frau „kanalisieren“. Sie fließen in eine Richtung, hin zu der eigenen Frau. Dies gilt auch für die Frau in Bezug auf ihren Ehemann.
Das Recht auf den Leib des anderen (1Kor 7,4) darf nicht missbraucht werden, was dann nicht passieren wird, wenn der Ehemann daran denkt, dass er seine Frau so lieben soll, wie Christus die Gemeinde geliebt hat und noch immer liebt (Eph 5,25). Es ist wichtig, dass der Mann sich bewusst ist, dass seine Frau ein schwächeres Gefäß ist (1Pet 3,7). Deshalb müssen sich Mann und Frau kennenlernen, indem sie miteinander kommunizieren. Es ist auch wichtig, sich ohne sexuelle Erregung berühren zu können, eine Berührung, die auch in Anwesenheit anderer stattfindet. Dann wird auch die sexuelle Berührung ein Ausdruck der Liebe und kein Missbrauch des Leibes des anderen sein.
Vers 16 ist schwer zu übersetzen, weshalb auch die Erklärung nicht einfach ist. Am besten scheint es zu sein, diesen Vers als eine Frage zu lesen: „Sollten sich deine Quellen nach außen ausbreiten, die Wasserbäche auf die Straßen?“ Eine Erklärung, die zum vorhergehenden und nachfolgenden Vers passt, ist folgende: Wenn der Mann sein Haus und seine Frau verlässt, um zu einer fremden Frau zu gehen, geht er „nach außen“, zu den „Wasserbächen auf den Straßen“. Die Quellen, die draußen sind, die Frau, die ihn verführt, sind für jeden zugänglich, wie sehr ihn die Frau auch davon überzeugen will, dass sie allein für ihn da sei (Spr 7,15).
Vers 17 enthält die Antwort auf die Frage von Vers 16: Die Quelle der Erfrischung sollte nur seine eigene Frau sein. Es darf keine Option sein, seine Liebe auch auf eine fremde Frau zu richten.
Eine geistliche Anwendung ist, dass der Herr, und Er allein, für uns ausreicht. Er liebt uns bedingungslos und ausschließlich, verlässt sich aber auch auf unsere bedingungslose, ausschließliche Liebe: „Denn ich eifere um euch mit Gottes Eifer; denn ich habe euch einem Mann verlobt, um euch als eine keusche Jungfrau dem Christus darzustellen“ (2Kor 11,2). Wahre Befriedigung jedes Wunsches ist nur in der Liebe Christi zu finden. Wenn wir älter werden, wird unsere Liebe zu unserer Frau nicht abnehmen, sondern erst recht zunehmen – genauso wie unsere Liebe zu Christus.
Der Vater möchte, dass sein Sohn in der Ehe mit seiner Frau gesegnet wird (Vers 18). Dies zeigt, dass die sexuelle Freude in der Ehe von Gott gegeben ist und dass der junge Mann sie genießen darf. Er wird aufgerufen, sich an der „Frau seiner Jugend“ zu „erfreuen“. Und diese Freude soll dauerhaft bleiben, auch im Alter (vgl. Pred 9,9). Es ist reine Dummheit, wenn ein Mann und seine Frau sagen dass sie „überdrüssig“ sind und deshalb eine Beziehung mit einer fremden Frau beginnen. Das ist Lüge und Ungehorsam, denn Gott ruft zur Freude an der eigenen Frau auf, genauso wie Er den Ehemann dazu aufruft, seine Frau zu lieben.
In der vertraulichen Beziehung des Vaters zu seinem Sohn versichert er ihm, dass er die Befriedigung seiner Wünsche bei seiner eigenen Frau finden wird (Vers 19). Er weist seinen Sohn auf das Verhalten der geliebten Frau hin, die er mit einer „lieblichen Hirschkuh“, einer „anmutigen Gämse“ vergleicht. Diese Tiere bewegen sich elegant und graziös. So darf er auf seine Frau schauen. Ihre Brüste mögen ihn berauschen, er darf davon trunken werden, sich davon betäuben lassen.
Ohne Unterlass darf er sich in ihrer Liebe bewegen, das heißt, er darf sich davon fangenlassen und davon hingerissen sein. Er darf sich ständig an ihr erfreuen, in ihrem Bann stehen. Das sind ein Appell und eine Ermahnung, die Erfüllung seiner sexuellen Bedürfnisse nur bei seiner eigenen Frau zu suchen.
In Vers 20 stellt der Vater einige rhetorische Fragen. Wenn der Sohn vernünftig ist, wird er nicht für eine kurzweilige Beziehung in Verbindung mit einem zeitlichen Genuss der Sünde an einer fremden Frau taumeln. Hier wird das gleiche Wort „taumeln“ gebraucht wie im vorherigen Vers, aber dort ist es ein beständiges und zulässiges Taumeln. Bei einer fremden Frau sind kein Platz und keine Zeit für Intimität. Intimität erfordert eine lebenslange Verbindung mit der Ehefrau der Jugend.
Die Sünde des Ehebruchs geschieht immer im Verborgenen; sie ist ein Werk der Finsternis (Hiob 24,15.16). Aber vor Gott ist nichts verborgen (Vers 21; 2Chr 16,9; Hiob 31,4; 34,21; Spr 15,3; Jer 16,17; 32,19). Er ist kein menschlicher Inspektor, der hin und wieder vorbeikommt, um etwas oder jemanden zu überprüfen. Er sieht und wägt alle Bahnen ab, auf denen ein ehebrecherischer Mann seine Spuren hinterlässt.
Das Wort „Bahnen“ zeigt, dass es um ein Verhalten geht, das zu einer eingefleischten Gewohnheit geworden ist. Der Weg zur fremden Frau ist zu einer viel befahrenen Route geworden. Dabei können wir auch an die Spuren des Elends denken, die zurückbleiben, wie etwa die Folgen, die ein solches Verhalten für die Kinder und andere Familienmitglieder hat.
Gott sieht nicht nur alles; Er ist auch gerecht. Er weiß, wie schwer Ehebruch wiegt, und wird den Ehebrecher dafür richten (Heb 13,4). „Abwägen“ heißt: Er prüft, was Er auf der Grundlage seines Maßstabs, des Gesetzes, tun wird, insbesondere unter Berücksichtigung des siebten Gebots, „du sollst nicht ehebrechen“ (2Mo 20,14).
Das Bewusstsein, dass es vor Gott keine Geheimnisse gibt, wird uns helfen, nichts zu tun, was das Tageslicht nicht verträgt. Eine offene und enge Beziehung zu Gott ist ein wichtiges Mittel, unsere menschlichen Beziehungen rein und sauber zu halten. Der Schlüssel zur Selbstbeherrschung ist die Erkenntnis, dass wir niemals allein sind, sondern dass Gott uns überall sieht.
Durch mangelnde Selbstbeherrschung bei sexueller Befriedigung wird der Gottlose zum Gefangenen seiner Ungerechtigkeiten (Vers 22). Viele Leute denken, sie könnten nach einer Weile mit einer bestimmten Sünde aufhören. Es fehlt ihnen jedoch die Einsicht, dass eine Sünde, die regelmäßig wiederholt wird, süchtig macht und jeglichen Widerstand wegnimmt, damit zu brechen.
Ein Beispiel dafür ist Simson (obwohl er kein Gottloser war), der durch Delila gefangengehalten wird (Ri 16,19–21). Er ist in der Sünde verstrickt, wird darin gefangengehalten und kann sich nicht daraus befreien. So wird er zum Verderben geführt. Wenn der junge Mann nicht von seiner eigenen Frau „gefesselt“ wird, sondern in den Bann einer fremden Frau gerät, werden seine eigenen Ungerechtigkeiten ihn fesseln. So wird er in den Untergang getrieben.
Der Weg des Ehebrechers endet im Tod (Vers 23). Er stirbt, „weil ihm Zucht mangelt“, weil er nicht auf Zucht hören wollte. Es könnte auch bedeuten, dass er ohne Selbstzucht oder Selbstdisziplin lebte. Wer nicht auf Ermahnung hört, um sich von einer Ehebrecherin fernzuhalten, wird „in der Größe seiner Torheit … dahintaumeln“. Es geht also nicht nur um Torheit, sondern um große Torheit.
Für den Gläubigen ist Hurerei oder Ehebruch nicht irgendeine Sünde, sondern eine besondere Sünde: „Jede Sünde, die ein Mensch begehen mag, ist außerhalb des Leibes; wer aber hurt, sündigt gegen seinen eigenen Leib. Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt, den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euer selbst seid?“ (1Kor 6,18.19). Wer die „große Torheit“ der Hurerei oder des Ehebruchs begeht, verlässt den geraden Weg und wird hoffnungslos in die Irre gehen und umkommen.