1 - 3 Der HERR lenkt und beurteilt alles
1 Wasserbächen gleicht das Herz eines Königs in der Hand des HERRN; wohin immer er will, neigt er es. 2 Jeder Weg eines Mannes ist gerade in seinen Augen, aber der HERR wägt die Herzen. 3 Gerechtigkeit und Recht üben ist dem HERRN angenehmer als Opfer.
Vers 1 ist einer der deutlichsten Beweise in der Schrift für die Souveränität Gottes. Wir sehen dies im Leben der mächtigsten Herrscher, denen wir in der Schrift begegnen: bei Nebukadnezar (Dan 4,1–34), Belsazar (Dan 5,1–30), Ahasveros (Est 6,1–14) und Kores (Esra 6,22; Jes 45,1–7). Gott hat völlige Kontrolle über sie. Dasselbe gilt für die gegenwärtigen Weltführer und auch für die beiden großen Diktatoren in der Endzeit, das Tier aus dem Meer und das Tier aus der Erde (Off 13,1–13). So ist kein menschlicher Herrscher der höchste Herrscher im Universum, sondern der HERR. Er ist in der Tat der König der Könige (Esra 7,21.27; Jes 10,6.7; 41,2–4; Dan 2,21; Joh 19,11; Off 17,17).
Entscheidungen, die ein König in seinem Herzen trifft, werden von Gott gelenkt und kontrolliert. Er führt den König, „wohin immer er will“. Er tut dies in jede von Ihm gewünschte Richtung. Das Herz eines Königs ist in seiner Hand. Das zeigt, dass Er völlige Macht über ihn hat. Es ist wie „Wasserbäche“, mit denen Er handelt, wie ein Landwirt, der Kanäle gräbt, um den Wasserfluss zu seinem Land zu regulieren, so dass das Wasser genau dort hinkommt, wo Er es haben will. So handelt Gott mit dem Herzen eines Königs.
Vers 2 schließt sich nahtlos an Vers 1 an. So wie Gott das Herz eines Königs kennt, so kennt er auch das Herz jedes Menschen. Ein Mensch mag denken, dass „alle Wege“ rein sind „in seinen Augen“ (Spr 16,2). Wir sind Meister darin, unseren Weg „gerade“ zu nennen, obwohl wir einen krummen Weg gehen. Der wahre Richter dessen, was im Herzen ist, ist Gott. Er sieht nicht nur den Weg, den jemand geht, sondern „wägt“ auch „die Herzen“. Er ergründet die Motive.
Der Pharisäer, der eine sehr gute Meinung von sich selbst hat, zeigt in Wirklichkeit, dass er ein Herz voller Stolz auf sich selbst und voller Verachtung für andere hat. Dieses Gericht spricht der aus, der weiß, was im Menschen ist (Lk 18,9–14; Joh 2,24). Er „erforscht das Herz“ des Menschen vollkommen (Jer 17,10) und weiß, dass es „arglistig ist“, „mehr als alles“ (Jer 17,9).
Unsere Sicht auf unseren Weg ist begrenzt, sowohl zeitlich als auch in Bezug auf die Richtung. Gott ist ewig, Er überwacht alles und kennt das Ziel. Deshalb ist es gut, dass wir mit David beten: „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne meine Gedanken! Und sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist, und leite mich auf ewigem Weg!“ (Ps 139,23.24).
Eins der Dinge, die in unseren eigenen Augen richtig sein können (Vers 2), ist es, ein Opfer zu bringen und dann zu denken, dass unser Leben in Ordnung ist (Vers 3). Dann sehen wir ein Opfer als Ausgleich für die von uns begangene Ungerechtigkeit und das Unrecht, das wir ausüben, womit wir dann getrost weitermachen können. Wir geben Gott das eine oder andere und gehen davon aus, dass Er unser Leben im Gegenzug nicht so genau betrachtet.
Es heißt nicht, dass Opfer vermieden werden sollten, sondern dass religiöse Handlungen ohne ein gerechtes Leben wertlos sind. Gott zieht es vor, dass wir „Gerechtigkeit und Recht“ üben, mehr als jede Religionsausübung. „Siehe, Gehorchen ist besser als Schlachtopfer“ (1Sam 15,22; Spr 15,8; 21,27; Ps 40,7–9; Jes 1,11–17; Mk 12,33). Wer Recht und Gerechtigkeit übt, hält sich an das, was Gott in seinem Wort sagt, an seine Rechtsbestimmungen.
Gott verwarf das Opfer Kains, weil er nicht Recht und Gerechtigkeit übte, sondern im Gegenteil Unrecht und Ungerechtigkeit tat. Das zeigte sich, als er seinen Bruder ermordete (1Joh 3,12). Äußere Handlungen wie Taufe und Abendmahl sind wichtig, weil Gott in seinem Wort darüber spricht. Wenn Taufe und Abendmahl jedoch nicht mehr sind als äußere Handlungen und das Herz nicht beteiligt ist, sind sie für Gott verwerfliche Handlungen.
4 Hochmut ist Sünde
4 Stolz der Augen und Überheblichkeit des Herzens, die Leuchte der Gottlosen, sind Sünde.
„Stolz der Augen“ spiegelt „Überheblichkeit des Herzens“ wider. Ersteres beweist das Vorhandensein des zweiten. Beide „sind Sünde“. Äußerlich – Stolz der Augen – und innerlich – Überheblichkeit des Herzens – ist nichts anderes als Sünde. Sie gehören zum Wesen der Gottlosen, das ist ihre Leuchte, ihr Schein.
Ihre Leuchte bedeutet ihr äußeres Erscheinungsbild im Wohlstand (vgl. Spr 13,9; 24,20). Aber aus ihrem Leben „leuchtet“ nur Sünde. Alles dient zu ihrer eigenen Ehre, während sie andere verachten. Ihr äußeres Glück und ihr Wohlstand führt sie in die Sünde, zieht sie in die Schuld und bringt sie so in den Ruin und die Zerstörung.
5 Fleiß, keine Hast
5 Die Gedanken des Fleißigen führen nur zum Überfluss; und jeder, der hastig ist – es ist nur zum Mangel.
Dieser Vers spornt zu Fleiß an und warnt zugleich vor Hast. Fleiß ist gut, wenn planmäßig und mit Überlegung gearbeitet wird. Fleiß und Planung gehen Hand in Hand. Wer fleißig ist und Geduld hat, Pläne zu machen, wird nicht scheitern, sondern „Überfluss“ haben. Dieser Überfluss kann in andere oder neue Projekte investiert werden oder eingesetzt werden, um anderen damit zu helfen, die arm sind.
Wer allzu fleißig ist, wer „hastig ist“, gönnt sich keine Zeit zum Planen. Er ist impulsiv und will so viel Nutzen oder Gewinn wie möglich und so schnell wie möglich haben. Doch das führt „nur zum Mangel“, weil er unbesonnen und kopflos handelt. Schnelligkeit ist gut, doch Hast ist nicht gut. Der Text stellt eine überlegte, schnelle, profitable Handlung einer unproduktiven oder gar verlustbringenden Eile gegenüber.
Bei der Hast geht es um die Fälle, bei denen wir meinen, dass wir uns beeilen sollten, weil wir sonst unserer Meinung nach eine große Chance auf Vorteil oder Gewinn verpassen. Die Menschen werden angestachelt, gerade jetzt etwas zu bestellen oder jetzt etwas zu kaufen oder jetzt etwas anzuklicken, weil es in einer Stunde, in einem Tag oder in einer Woche zu spät ist. Dann sei diese einmalige Gelegenheit verpasst.
Wir wollen uns klarmachen, dass die Zeit, in der wir über etwas nachdenken oder etwas sorgfältig planen, keine verlorene Zeit ist. Das ist Zeit, die sich in großen Gewinnen bezahlt macht und jedenfalls große Verluste durch dumme Investitionen verhindert. Deshalb müssen wir unsere Pläne zuerst dem Herrn vorlegen und um seine Zustimmung bitten. Wenn Er sie gibt, können wir fleißig und mit der Gewissheit eines optimalen Ergebnisses arbeiten.
6 - 8 Eine Lügenzunge und ein vielgewundener Weg
6 Erwerb von Schätzen durch Lügenzunge ist verwehender Dunst; solche suchen den Tod. 7 Die Gewalttätigkeit der Gottlosen rafft sie weg, denn sie weigern sich, Recht zu üben. 8 Vielgewunden ist der Weg des schuldbeladenen Mannes; der Lautere aber, sein Tun ist gerade.
„Lügenzunge“ bedeutet, etwas auf betrügerische Weise, durch Lügen oder durch erfundene Geschichten zu erwerben (Vers 6). Da kommt zum Beispiel jemand an die Tür einer älteren Person, erzählt eine Geschichte und entlockt einem älteren Menschen dessen Geld oder die Kreditkarte und den PIN-Code. Er wird feststellen, dass die so erworbenen Schätze ihm keinerlei Nutzen für das Leben bringen. Es wird so sein, als würden sie sich in Luft auflösen. Darüber hinaus gehört er zu denen, von denen gesagt werden kann: „Solche suchen den Tod.“ Sie suchen nicht bewusst nach dem Tod, doch durch das, was sie tun, machen sie das automatisch.
Gehasi ist ein Beispiel für solch eine Person (2Kön 5,20–27). Durch seine Täuschung wurde er reich, doch zugleich aussätzig, eine Krankheit, die zum Tod führt. Im Gegensatz zu dem, was er sich gedacht hatte, konnte er deshalb seine mit seiner Lügenzunge erworbenen Schätze nicht genießen. Ananias und Sapphira bezahlten ihre Täuschung direkt mit dem Tod und konnten keine Minute ihr Geld genießen, das sie in Wirklichkeit von Gott gestohlen hatten (Apg 5,1–11).
Gottlose Menschen sprechen nicht nur mit einer Lügenzunge (Vers 6), ihre Handlungen sind auch zerstörende Handlungen (Vers 7). Sie werden von ihrer Gewalttätigkeit wie willenlose Tiere weggerafft. Sie gehen von Verwüstung zu Verwüstung, sie können nur überall Zerstörung bewirken. Das wird schließlich zu ihrer eigenen Verwüstung führen, „denn alle, die das Schwert nehmen, werden durch das Schwert umkommen“ (Mt 26,52).
Sie sind nicht die passiven Opfer ihrer Verbrechen oder Umstände. Sie verhalten sich bewusst so, weil sie sich weigern, „Recht zu üben“. Sie werden nur sich selbst die Schuld für ihre eigene Verwüstung geben können, weil sie sich entschieden haben, nicht gerecht zu sein und somit im Bösen zu verharren.
In Vers 8 spricht der Vater über die beiden Arten von Menschen, die es gibt. In der ersten Verszeile spricht er von dem „Weg des schuldbeladenen Mannes“, den er in den Versen 6 und 7 vorgestellt hat, der Mensch, der ohne Gott lebt. In der zweiten Verszeile spricht er über die Arbeit eines Menschen, der mit Gott in Verbindung steht.
„Der Weg des schuldbeladenen Mannes“ – also eines Menschen, der sich weigert, den rechten Weg Gottes zu gehen – ist „vielgewunden“. Der Weg des natürlichen Menschen ist voller Kurven, sein ganzes Handeln und sein Weg sind voller Windungen. Ein krummer Weg ist der Wahrheit entgegengesetzt, gegen die Anweisungen des Wortes Gottes bezüglich des geraden Weges. Es ist auch ein fremder Weg, er ist der Schrift fremd, es gibt in der Schrift keine Anweisungen dafür. Darauf gehen solche, die dem Leben Gottes entfremdet sind und kein Teil daran haben. Ihr ganzes Leben zeigt, dass sie einem verdrehten und verkehrten Geschlecht angehören (Phil 2,15).
In der zweiten Verszeile ist vom „Tun“ die Rede statt vom „Weg“, und von einem „Lauteren [Reinen]“ statt einem „schuldbeladenen Mann“. Ein lauterer, reiner Mensch ist durch den Glauben gereinigt worden und steht daher mit Gott in Verbindung. Er hat ein reines Herz, was sich in seinem Tun zeigt (vgl. Tit 1,15). Es ist ein gerades oder richtiges Tun, weil es vor Gott und den Menschen gerade und richtig ist.
9 Besser allein zu wohnen als zusammen mit Zank
9 Besser ist es, auf einer Dachecke zu wohnen, als eine zänkische Frau und ein gemeinsames Haus.
Dies ist wieder ein „besser … als“-Spruch über das Zusammenwohnen mit einer zänkischen Frau (Spr 21,19; vgl. Spr 19,13). Jeder kann sich die Situation vorstellen, die Salomo hier beschreibt, und kann dem zustimmen, was besser ist. Vielleicht bist du mit einer zänkischen Frau verheiratet. Wenn du verheiratet bist, bist du zum Zusammenwohnen verpflichtet. Du kannst alles bis in die kleinsten Einzelheiten geregelt haben. Das Haus ist geräumig und gut ausgestattet. Du ziehst ein, und dann erlebst du in diesem geräumigen und gut ausgestatteten Haus nichts als Zank. Die Atmosphäre im Haus ist verdorben.
Ob Salomo hier wohl aus Erfahrung spricht? Schließlich hatte er insgesamt tausend Frauen. Man kann sich vorstellen, dass es unter diesen vielen Frauen einige gab, die ständig zankten. Salomo war von aller Pracht und allem Prunk umgeben, die man sich nur wünschen konnte, doch er weiß, dass Einfachheit und Einsamkeit mit Ruhe besser sind als all der Luxus, der in einer Atmosphäre des Zanks untergeht.
Dann ist es besser, nicht verheiratet zu sein und in Einfachheit in einer kleinen Kammer irgendwo auf einer Dachecke zu leben (vgl. 2Kön 4,10). Du wohnst in einem kleinen Haus, doch du hast Frieden. Es kann eng und einsam sein, möglicherweise bist du auf der Dachecke Wind und Wetter ausgesetzt, aber es gibt Frieden. Du musst dich nicht mit ständigen Konflikten auseinandersetzen, die dein Leben ruinieren.
Wer (noch) nicht verheiratet ist, findet in diesem Vers ein Gegenstück zu der Vorstellung, dass die Ehe das größte Vergnügen bereitet. Die Ehe mit der Frau, die Gott gegeben hat, ist in der Tat ein großes Geschenk und eine ständige Quelle der Freude. Aber wenn du die falsche Frau heiratest, die Frau nach deinen Vorstellungen, kann die Ehe, von der du träumtest, zu einem Alptraum werden. Der Vers zeigt erneut, wie wichtig es ist, nur die Frau zu heiraten, die Gott gibt.
10 Wer nach Bösem verlangt, kennt keine Gnade
10 Die Seele des Gottlosen verlangt nach dem Bösen: Sein Nächster findet keine Gnade in seinen Augen.
„Ein Gottloser“ verlangt nach „Bösem“ und nicht nach Gnade. Er tut nicht nur Böses, sondern seine Seele erfreut sich daran, es auszuüben. Er ist ein Sadist, ein Vertreter Satans, für den es ein Vergnügen bedeutet, andere zu verletzen. Die Seele ist der Sitz der Begierden. Der Gottlose begehrt das Böse mit ganzer Seele, denn nur das befriedigt seine tiefsten Gefühle.
Der Gedanke, seinem Nächsten Gnade zu erweisen, fehlt ihm völlig. In einem solchen Menschen ist nicht nur kein Körnchen von Gnade für seinen Feind, sondern auch nicht für seinen Nächsten. Wenn sein Nächster ihn um Gnade bitten würde, würde er sich freuen, ihm Böses anzutun, obwohl sein Nächster ihn gebeten hat, es nicht zu tun.
11 Der Spötter wird bestraft, der Weise nimmt Erkenntnis an
11 Wenn man den Spötter bestraft, so wird der Einfältige weise; und wenn man den Weisen belehrt, so nimmt er Erkenntnis an.
Hier ist wieder die Rede von drei Personen: der „Spötter“, der „Einfältige“ und der „Weise“. Der „Spötter“ ist eine unbelehrbare Person. Er muss für seinen Spott bezahlen. Die Strafe kann von Gott oder einem Richter oder jemand anderem über ihn verhängt werden, das ändert aber nichts am Verhalten des Spötters. Er spottet beständig weiter. Die Frage ist, ob es Sinn macht, ihn zu bestrafen, wenn es doch nicht hilft.
Dann stellt sich heraus, dass seine Strafe doch eine heilsame Wirkung hat, nicht für ihn selbst, sondern für den „Einfältigen“, der das sieht. Das Beispiel, das er sieht, führt dazu, dass er weise wird. Er sieht die Folgen des Spottes, und die will er vermeiden. Das ist Weisheit. Eine Strafe, die verhängt wird, erreicht nicht nur die Person, die bestraft wird, sondern auch andere. Sie korrigiert den einen und verhindert, dass auch andere diesen Fehler begehen, und so wird der Bestrafung vorgebeugt (Spr 19,25; vgl. 5Mo 19,20; 1Tim 5,20; Apg 5,11).
Während der Einfältige durch ein Vorbild lernt, lernt „der Weise“ durch „Belehrung“, wodurch er „Erkenntnis“ erlangt. Die Belehrung, die er bekommt, lässt ihn nicht nur etwas „erkennen“, sondern gibt ihm auch Einblick in die Probleme des Lebens. Der Weise hört niemals auf zu lernen.
12 Die Gottlosen werden ins Unglück gestürzt
12 Ein Gerechter hat Acht auf das Haus des Gottlosen, er stürzt die Gottlosen ins Unglück.
„Der Gerechte“ lässt sich nicht durch das täuschen, was er vom Haus des Gottlosen sieht. Er sieht oft sein Gedeihen und seinen Wohlstand. Er betrachtet das jedoch nicht oberflächlich, sondern „hat Acht auf das Haus“; er betrachtet es mit den Augen Gottes. Dann sieht er, dass das Gedeihen seines Hauses vorübergehend ist. Wenn er mit dem Auge des Glaubens hinschaut, sieht er das Ende des Wohlstands des heutigen Augenblicks.
Es kommt nämlich ein Augenblick, wo Gott, „die Gottlosen ins Unglück“ stürzt. Alles, worauf sie stolz waren und worin sie Ruhe fanden, wird dann in Unglück und Elend verwandelt, die nicht nur vorübergehend, sondern ewig sind. Dass es einen Augenblick gibt, in dem der Richter der ganzen Erde Gerechtigkeit üben wird, ist eine Ermutigung für den Gerechten, Armut und Leid zu ertragen.
13 Nicht hören und selbst nicht gehört werden
13 Wer sein Ohr verstopft vor dem Schrei des Geringen, auch er wird rufen und nicht erhört werden.
Gottes Gericht trifft nicht nur Menschen, die Böses tun (Vers 12), sondern auch die, die sich weigern, Gutes zu tun. „Wer nun weiß, Gutes zu tun, und tut es nicht, dem ist es Sünde“ (Jak 4,17). Wer „sein Ohr verstopft“, will bewusst nichts hören (vgl. Apg 7,57). Es ist ein Ausdruck von Grausamkeit und Unempfindlichkeit. Hier will jemand den „Schrei des Geringen“ nicht hören. Er verschließt sich der Bitte um Hilfe. Er hört es wohl, tut aber so, als höre er es nicht.
Es geht dabei um eine ausgesprochene Bitte um Hilfe. Es kann auch auf eine unausgesprochene Bitte um Hilfe angewendet werden, wenn man bemerkt, dass jemand arm ist, aber einen Bogen um ihn macht. Wer das tut, hat kein Gefühl, er verschließt sein Inneres, sein Herz (1Joh 3,17). Er kann seine Taubheit sogar mit sehr frommen Worten tarnen (Jak 2,16).
Wer keine Gnade zeigt, wird keine Gnade bekommen, wenn er selbst darum ruft (vgl. Jak 2,13). Der arme Lazarus lag am Tor des reichen Mannes und sehnte sich danach, seinen Hunger mit dem zu stillen, was vom Tisch des reichen Mannes herabfiel, aber der Reiche sah an ihm vorbei. Er verschloss seine Ohren und Augen vor Lazarus und kümmerte sich nicht um ihn. Als der reiche Mann seine Augen in der Qual öffnete und darum bat, dass seine Zunge gekühlt würde, fand er kein Gehör (Lk 16,19–31).
14 Eine Gabe und ein Geschenk bringen Beruhigung
14 Eine Gabe im Verborgenen wendet den Zorn ab, und ein Geschenk im Gewandbausch den heftigen Grimm.
„Eine Gabe im Verborgenen“ ist eine Gabe, die nicht laut angekündigt wird. Es ist die Gabe einer Person an eine andere, ohne dass andere etwas davon hören. Eine solche Gabe hat eine beruhigende Wirkung auf jemanden, der – aus welchem Grund auch immer – wütend ist. Er wird dadurch milder gestimmt. Die zweite Verszeile sagt mit anderen Worten dasselbe.
In diesem Vers scheint es nicht um ein Bestechungsgeschenk, Schmiergeld oder Schweigegeld zu gehen, sondern um ein Mittel, mit dem man jemand beruhigen kann. Es tut jemandem, der über etwas wütend ist, häufig gut, wenn jemand kommt, der freundlich zu ihm ist. Die Gabe oder das Geschenk muss nicht von dem kommen, auf den die Person wütend ist, sondern es kann auch jemand sein, der davon gehört hat. Beispiele sind das Geschenk, das Jakob an Esau sandte (1Mo 32,14–22), und das Geschenk, das Abigail mitnahm, als sie David entgegenging (1Sam 25,18–35).
15 Recht zu üben, bewirkt Freude und Schrecken
15 Dem Gerechten ist es Freude, Recht zu üben; aber denen, die Frevel tun, ein Schrecken.
Der Charakter von Menschen zeigt sich an ihrer Reaktion darauf, wenn sie sehen, dass Recht geübt wird. Wenn die Ausübung des Rechts für jemanden „eine Freude“ ist, haben wir es mit einer gerechten Person zu tun. Wenn die Ausübung des Rechts für Menschen „ein Schrecken“ ist, haben wir es mit jemandem zu tun, der Unrecht tut. Der Gerechte übt nicht nur Recht, weil es sich so gehört, sondern er tut es mit Freuden. Er ist nicht gerecht, weil er Angst vor den Folgen hat, wenn er nicht gerecht ist, sondern er handelt gerecht, weil er das Recht liebt. Der Herr Jesus ist der wahre Gerechte. Gott bezeugt über Ihn: „Du hast Gerechtigkeit geliebt und Gesetzlosigkeit gehasst“ (Heb 1,9).
Menschen die „Frevel tun“, deren Leben besteht darin, Unrecht zu tun. Recht zu üben, bedeutet, den Willen Gottes zu tun. Darüber denken sie nicht nach. Allein der Gedanke ist für sie ein Schrecken. Sie können nicht Recht üben, und sie wollen es auch überhaupt nicht. Sie werden völlig entsetzt sein, wenn sie vor Gott Rechenschaft ablegen müssen. Dann werden sie gezwungen, Recht zu üben, indem sie sich vor Ihm niederbeugen, vor dem sie sich nie niederbeugen wollten. Die Hölle wird voll von Menschen sein, die das Recht immer gehasst haben. Sie werden in ewigem Entsetzen sein, weil ihrem Unrecht Recht widerfährt.
16 Abirren führt zu den Gestorbenen
16 Ein Mensch, der vom Weg der Einsicht abirrt, wird ruhen in der Versammlung der Schatten.
Ein Mensch, „der vom Weg der Einsicht abirrt“, hat den guten Weg erkannt, ihn aber dann verlassen. Der Weg der Einsicht ist der Weg Gottes. Wer diesen verlässt, kehrt Gott, seinem Wort und seinem Volk den Rücken zu. Zunächst wandelte er auf dem Weg, den Gott dem Menschen in seinem Wort als den rechten Weg vorstellt, das ist der Weg des Segens. Wer davon abirrt, wird jemand, der beständig und immer einen Irrweg geht (2Pet 2,15).
Die Tragik ist, dass eine solche Person glaubt, sie gehe auf diesem falschen Weg den Weg der Einsicht. Dieser Eindruck kann vorhanden sein, aber es ist der Weg seines eigenen verfinsterten Verstandes. Es ist unmöglich, dass jemand, der in völliger geistlicher Dunkelheit lebt, den guten Weg findet und geht. Nur die Gnade Gottes kann einen Menschen dazu bringen, dass er seinen Irrtum entdeckt.
Wer abirrt, ist auf dem Weg zur „Versammlung der Schatten“, um dort zu „ruhen“, das bedeutet, dort zu leben oder zu bleiben. Das bezieht sich auf den Irrweg, den er geht. Dieser Weg ist voll von geistlich Toten, die ohne Gott als Tote leben. Das bezieht sich auch auf den Ort, wo jemand schließlich landet, wenn er dem Leib nach stirbt.
17 Wer Freude, Wein und Öl liebt
17 Wer Freude liebt, wird ein Mann des Mangels werden; wer Wein und Öl liebt, wird nicht reich.
Die Liebe zu „Freude“ und „Wein und Öl“ ist eine Liebe zu diesen Dingen an sich, ohne eine Verbindung zu Gott. Es geht um jemanden, der zur Gruppe der Menschen gehört, von denen Paulus sagt, dass sie das Vergnügen mehr lieben als Gott (2Tim 3,4). Wir können sicherlich von allerlei Arten von irdischen Segnungen genießen, die Gott uns gegeben hat. Doch wenn wir vergessen, dass wir Ihm alles zu verdanken haben und sich unser Leben nur um irdische Dinge dreht, fehlt uns das geistliche Leben und der geistliche Reichtum. Freude im Sinn flacher Unterhaltung, jeden Tag viel Spaß zu haben, ist eine hohle Lebensform. Dieses Leben wird von der uns umgebenden Welt als das höchste Gut angesehen.
Genießen ist das Schlüsselwort. Man begegnet dem Wort in zahlreichen Anzeigen. Köstliches Essen und Trinken, Musik, Sport und Unterhaltung in allen Variationen sollen ein Gefühl der Freude geben. Es ist jedoch das Knistern der Dornen, die beim Anzünden zwar etwas Wärme geben, deren Feuer aber in kurzer Zeit erlischt. Dann ist es aus und vorbei mit der Wärme.
Wein und Öl symbolisieren hier ein luxuriöses Leben und sind an sich Ursachen der Freude (Amos 6,6). Wer diesen Dingen nachjagt, wird zu einem Leben in selbstgefälliger Freude geführt, was wiederum zu geistlicher Armut führt. Wer sich auf ein Leben im Luxus ausrichtet, wird immer weniger nach der Gemeinschaft mit Gott durch Bibellesen und Gebet verlangen. Er wird geistlich verarmen. Wer dem Luxus nachjagt, wird auch andere Verantwortlichkeiten wie Aufmerksamkeit und Fürsorge für seine Frau und seine Kinder vernachlässigen.
Das hat auch uns als Christen etwas zu sagen. Wir können uns so sehr auf die Freude des Glaubens konzentrieren, dass wir die Quelle der Freude vergessen. Es geht dann um Freude um der Freude willen. Freude ist jedoch nie nur eine Erscheinung, sondern fließt aus der Quelle hervor, aus der man schöpfen kann. Man begegnet dieser Einstellung in bestimmten Gemeinden, in denen die Freude und der „Geist“, von dem das Öl ein Bild ist, einen übermäßigen Platz einnehmen. Die Folge ist daher auch immer Armut, von der hier die Rede ist.
18 Ein Gottloser als Lösegeld
18 Der Gottlose ist ein Lösegeld für den Gerechten, und der Treulose tritt an die Stelle der Aufrichtigen.
Wenn Gott sein Gericht über die Gottlosen bringt, kann das als Lösegeld für die Gerechten gelten (vgl. Jes 43,3.4). Der Gerechte wird dadurch von der Unterdrückung der Gottlosen befreit. Lösegeld ist der Preis, den man bezahlt, um einen Gefangenen zu befreien. Gott lässt den Gottlosen das Böse treffen, das er dem Gerechten angetan hat (vgl. Spr 11,8). Auch den Treulosen trifft das Gericht Gottes. Er bekommt das Gericht, weil er zuvor die Aufrichtigen unterdrückt hat.
Es kommt eine Zeit, in der Gott die Rollen umkehrt. Das geschieht beim Kommen des Herrn Jesus auf die Erde, um zu richten und zu regieren. Er wird die Unterdrücker seines Volkes richten und sein Volk, das unterdrückt wurde, zur Ruhe bringen (2Thes 1,6.7). Er bringt den Gottlosen um und befreit dadurch den Gerechten.
19 Besser einsam wohnen als mit einer zänkischen Frau
19 Besser ist es, in einem wüsten Land zu wohnen, als eine zänkische Frau und Ärger.
Wie Vers 9 ist dieser Spruch ein „besser … als“-Spruch über das Leben mit einer zänkischen Frau. Von einer Dachecke, wo der Mann in Vers 9 einen besseren Platz hatte als in einer gemeinsamen Wohnung, ist er nun in ein wüstes Land umgezogen. Dort kann er besser wohnen als mit einer zänkischen Frau. Er ist dort weit genug weg von der Frau, so dass er sie nicht mehr hören kann.
Auf einer Dachecke konnte er sie noch hören, aber dort konnte er auch noch soziale Kontakte unterhalten. In einem wüsten Land wohnt er völlig allein und fast ohne soziale Kontakte. Es ist dünn besiedelt und sehr ruhig, aber auch gefährlich wegen der wilden Tiere. Dennoch haben diese Wohngegend und ihre Umgebung den Vorzug vor einer beständigen Konfrontation mit entsprechendem Zank. Die Frau ist nicht nur zänkisch und beständig auf Streit aus, sondern sorgt auch noch für Ärger. Sie ist eine Frau, über die der Mann sich ärgert und die ihn verdrießlich macht. Die Ehe mit solch einer Frau ist vielmehr eine ständige Quelle des Elends statt der Freude.
Beide Verse, in denen es um das Zusammenwohnen mit einer zänkischen Frau geht, sind eine Warnung für den unverheirateten Mann. Sie sind keine Empfehlung für einen verheirateten Mann, sich an einen anderen Ort zu begeben, wenn seine Frau zänkisch ist und Ärger verursacht. Diese Verse unterstreichen, wie wichtig es ist, bei der Wahl des Ehepartners vorsichtig zu sein. Zugleich sind sie eine Warnung für den verheirateten Mann, sich dafür einzusetzen, dass nicht Streit und Ärger, sondern dienende Liebe die Ehe kennzeichnet. Das ist in erster Linie seine Verantwortung.
20 - 21 Der Weise ist sparsam und lebt
20 Ein kostbarer Schatz und Öl ist in der Wohnung des Weisen, aber ein törichter Mensch verschlingt es. 21 Wer der Gerechtigkeit und der Güte nachjagt, wird Leben, Gerechtigkeit und Ehre finden.
Ein Weiser (Vers 20) lebt im Hinblick auf die Zukunft, während er auch für den einzelnen Tag lebt. Es gibt in seiner Wohnung einen „kostbaren Schatz und Öl“, von dem er jeden Tag Gebrauch macht, weil er weiß, dass das, was er hat, auch in künftigen Zeiten der Not ausreicht. Das liegt daran, dass er weiter und vor allem höher als diese Mittel schaut. Er sieht, dass er sie aus der Hand Gottes empfängt.
Der Weise kann ein armer Mann sein, der in einer Hütte wohnt. Der begehrenswerte Schatz ist nicht so sehr eine Menge Gold oder Silber, sondern es kann ein Stück Brot sein, wobei er Gott vertraut, dass dieser ihm jeden Tag die Menge an Brot gibt, die er an diesem Tag braucht (Mt 6,11). Beim Öl geht es nicht um einen großen Vorrat an Öl, den er später verkaufen kann, sondern um eine kleine Menge. Er vertraut darauf, dass es genug ist für den Tag, an dem er es braucht und für die folgenden Tage. Kurz gesagt, der Weise vertraut auf Gott.
Die Witwe in Zarpat war solch eine weise Frau (1Kön 17,11–15). Sie hatte eine Hand voll Mehl und ein wenig Öl und den Mann Gottes im Haus. Er sorgte dafür, dass das Mehl und das Öl nicht ausgingen, denn die Frau glaubte ihm. So haben wir einen kostbaren Schatz und Öl im Haus, wenn wir alles in unserem Haus dem Herrn Jesus geben. Dann wird Er dafür sorgen, dass es uns an nichts fehlt.
Der Narr denkt nicht an die Zukunft. Er hat auch einen kostbaren Schatz und Öl, aber kein Vertrauen auf Gott. Deshalb verbraucht er alles, was er hat. Der Weise lebt im Hier und Jetzt, aber sein Blick ist auf die Zukunft gerichtet. Der Narr hingegen lebt nur für das Hier und Jetzt. Der Narr lässt das Geld wie Sand zwischen seinen Finger zerrinnen. Er sieht seinen Besitz nicht im Licht der Zukunft und deshalb verschwendet er ihn. Er merkt nicht, dass er einmal Gott begegnen wird und sich Ihm gegenüber für das verantworten muss, was er mit seinem Besitz gemacht hat.
Wer „nachjagt“ (Vers 21), ist vom Wert einer Sache überzeugt und davon, dass es der Mühe wert ist, sich ganz dafür einzusetzen. Der Weise ist vom Wert der „Gerechtigkeit und der Güte“ überzeugt. Gerechtigkeit bedeutet, dass man Gott das gibt, worauf Er ein Recht hat, und auch Menschen, worauf sie ein Recht haben. Das ist Handeln in Übereinstimmung mit dem Recht. „Güte“ weist auf eine Gesinnung der Barmherzigkeit hin. Sie sind bei Gott auf eine vollkommen ausgewogene Weise in Übereinstimmung. So soll es auch beim Gerechten sein.
Wer diesen beiden Eigenschaften nachjagt, wird das wahre „Leben“ finden und erleben, sowohl jetzt als auch in Ewigkeit. Das wahre Leben ist ein Leben der Gemeinschaft mit Gott, so wie Christus es kannte, als Er auf der Erde war. Der Gerechte findet auch „Gerechtigkeit“. Er weiß sich völlig von Gott angenommen. Es geht hier nicht darum, eine Stellung vor Gott zu bekommen, denn diese Stellung kann man nicht verdienen. Es geht hier um das Bewusstsein des Segens, in der Gegenwart Gottes zu sein. Die Grundlage dafür ist das Werk Christi. Schließlich findet er auch „Ehre“. Gott ehrt ihn für seinen Einsatz (vgl. Joh 12,26).
Niemand kann in eigener Kraft „nachjagen“. Das kann nur durch den Heiligen Geist geschehen, der dieses Nachjagen in dem neuen Leben bewirkt. Timotheus wird ebenfalls gesagt, dass er nach Gerechtigkeit und einer Reihe anderer Eigenschaften streben soll. Wenn er das tut, wird er das wahre, das ewige Leben ergreifen (1Tim 6,11.12). Timotheus war ein Gläubiger, doch es geht darum, dass das neue Leben auch von ihm erlebt wird. Das ist es, was auch Salomo hier meint.
22 - 23 Der Weise überwindet und bewahrt sich selbst
22 Der Weise ersteigt die Stadt der Helden und stürzt die Festung ihres Vertrauens nieder. 23 Wer seinen Mund und seine Zunge bewahrt, bewahrt seine Seele vor Bedrängnissen.
Die „Stadt der Helden“ hält sich für nicht einnehmbar (Vers 22). Sie vertraut auf die Kraft ihrer Helden. Aber „Weisheit ist besser als Kraft“ (Pred 9,16). Es ist wirkungsvoller, Weisheit zu gebrauchen als auf Kraft zu vertrauen: „Die Weisheit macht den Weisen stärker als zehn Machthaber, die in der Stadt sind“ (Pred 7,19). Ein Weiser ist durch seine Weisheit in der Lage, diese Stadt zu ersteigen, trotz der Helden, die in ihr sind, und die Festung niederzustürzen, von der man dachte, sie sei nicht einnehmbar (Pred 9,14.15).
Die Festung wird niedergestürzt, weil man darauf vertraut. Das ist der Unterschied zur Weisheit. Weisheit ist stärker als Selbstvertrauen und Vertrauen auf menschliche Mittel, denn Weisheit stützt sich auf Gott. Gottesfurcht ist ja der Anfang der Weisheit. Nur durch die Kraft Gottes, die mit der Weisheit gepaart ist, ist der Weise in der Lage, eine Stadt der Helden zu ersteigen.
Eine vorsichtige Taktik und eine weise Anwendung von Mut sind besser als bloße Muskelkraft oder ein guter Umgang mit Waffen. So nahm Josua Ai ein (Jos 8,3–22), und Gideon besiegte mit einer kleinen Armee das große Heer der Midianiter (Ri 7,7). Die Macht des Feindes wird durch den gebrochen, der auf Gott vertraut. Das gilt auch für den geistlichen Kampf. Jede Festung des menschlichen und gottfeindlichen Denkens wird von denen niedergestürzt und niedergeworfen, die sich durch den Geist Gottes und das Wort Gottes leiten lassen (2Kor 10,3–5).
Ein weiterer Sieg ist der Sieg über die Zunge (Vers 23). Jeder, der seine Zunge bezwingen und unter Kontrolle halten kann, verhindert dadurch, dass er in Schwierigkeiten gerät. Der Weise kennt die Zeit, wo es zu schweigen gilt (Pred 3,7). Wer geschwätzig ist, gerät schnell in die Klemme. Er hat sich verplappert und etwas gesagt, das niemand wissen sollte, oder er war zu schnell, indem er ein Urteil über jemanden ausgesprochen hat. Das bringt ihm Widerstand und manchmal sogar Feindschaft ein. Man nimmt es ihm übel, dass er das gesagt hat.
Menschen, die die Kontrolle über ihren Mund und ihre Zunge haben, denken nach, bevor sie etwas sagen. Sie werden nicht leicht aufgrund einer falschen Bemerkung in soziale oder rechtliche Schwierigkeiten geraten (vgl. Spr 13,3). Deshalb ist es gut, Dinge zu bedenken, die wahr, würdig, gerecht, rein, lieblich und wohllautend sind (Phil 4,8), und diese Dinge auch zu sagen, wobei wir alles vermeiden, was falsch, schmerzhaft und schädlich für andere ist.
24 Der Spötter und sein vermessener Übermut
24 Der Übermütige, Stolze – Spötter ist sein Name – handelt mit vermessenem Übermut.
„Übermut“ und „Stolz“ sind die Eigenschaften, an denen der Spötter erkannt wird. Jemand, der übermütig und stolz ist, trägt den Namen „Spötter“. Er geht arrogant durchs Leben und verachtet jede Form der Autorität. In seinem Übermut weigert er sich, sich vor Gott zu beugen. In seinem Stolz erhebt er sich über andere. Er hat keinerlei Verlangen nach Weisheit, denn das bedeutet, dass er Ehrfurcht vor Gott haben muss.
Dem Spötter fehlt es völlig an Bescheidenheit. In seiner Einbildung handelt er „mit vermessenem Übermut“. Er meint, dass er alles tun kann und dass er jedem befehlen kann, ihm zu helfen. Er duldet keinen Widerspruch. Der Antichrist ist der Spötter schlechthin. Der Pharao und Sanherib haben sich prahlerisch über Gott geäußert und sind beide durch das Gericht Gottes umgekommen (2Mo 5,2; 14,23–30; Jes 36,16–20; 37,6–10.36–38). Der Antichrist wird auf die gleiche Weise untergehen; so auch jeder, der ihm folgt und von seinem Geist des Spottes gekennzeichnet ist.
25 - 26 Der Faule und der Gerechte
25 Die Begierde des Faulen tötet ihn, denn seine Hände weigern sich zu arbeiten. 26 Den ganzen Tag begehrt und begehrt man, aber der Gerechte gibt und hält nicht zurück.
„Ein Fauler“ hat eine äußerst starke „Begierde“, aber „Hände“, die sich „weigern“ zu arbeiten (Vers 25). Diese Kombination bringt ihm den Tod ein. Ein Fauler hängt seinen Tagträumen vom Essen und Trinken nach, er träumt davon, was andere haben und was er haben will. Aber er will nicht, dass seine Hände zupacken. Das kostet ihn zu viel Energie. Es ist nicht eine Frage des Könnens, sondern des Wollens. Er entscheidet sich dafür, nicht zu arbeiten.
Der Faule ist zudem unverständig oder kindisch, weil er nicht merkt, dass seine Faulheit ihm den Tod einbringt. Er ist so sehr mit seinen Wünschen beschäftigt, er lebt so sehr in der Scheinwelt des „Wunschdenkens“, dass diese Lebensweise für ihn fatal wird und er an Mangel stirbt.
Vers 26 schließt an Vers 25 an und setzt das Thema über den Faulen und seine Wünsche fort. Ein Fauler ist in seiner eigenen Welt völlig gefangen. Er ist den ganzen Tag über von Lustgefühlen erfüllt, die nach Befriedigung suchen. Dabei kann es um gutes Essen und Trinken gehen oder um den Kauf von Dingen, die das Leben angenehm oder spannend machen. Das sind für ihn begehrenswerte Dinge. Er hat sich in seiner Fantasie damit umgeben, aber den Gedanken daran, diese Dinge mit selbstverdientem Geld zu kaufen, weist er zurück.
„Ein Gerechter“ ist kein Fauler, sondern ein fleißiger Arbeiter. Dass er ein Gerechter ist, zeigt sich auch an seiner Freigebigkeit. Die Bibel lehrt, dass er gerecht ist und gibt. Der Gerechte ist nicht nur fleißig und hat nicht nur genug für sich selbst, sondern hat auch so viel, dass er den Armen etwas geben kann. Wer faul ist, begehrt beständig, der Gerechte gibt beständig und ohne zurückzuhalten (vgl. Apg 20,34.35). Der Faule will immer etwas empfangen, ohne dafür zu arbeiten. Der Gerechte arbeitet hart und gibt dem Armen reichlich.
27 - 29 Der Heuchler kommt um
27 Das Opfer der Gottlosen ist ein Gräuel; wie viel mehr, wenn er es in böser Absicht bringt! 28 Ein Lügenzeuge wird umkommen; ein Mann aber, der hört, darf immer reden. 29 Ein gottloser Mann zeigt ein trotziges Gesicht; aber der Aufrichtige, er achtet auf seinen Weg.
Für Gott ist „das Opfer“ oder die Anbetung „der Gottlosen“ ein Gräuel, weil sie ohne Bekenntnis ihrer Sünden zu Gott kommen und deshalb ohne Gerechtigkeit vor Gott stehen (Vers 27; Jer 6,20; Amos 5,21–24). Das Opfer oder die Anbetung solch eines Menschen, ist für Gott nicht nur unannehmbar, sondern ein Gräuel, etwas Abscheuliches. Gott verlangt von einem Anbeter zuerst eine wahre Bekehrung und die Absicht, rechtschaffen zu leben. „Die Opfer Gottes sind ein zerbrochener Geist; ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verachten“ (Ps 51,19).
Heuchlerische Anbetung ist schlimm genug; Anbetung „in böser Absicht“ ist völlig verwerflich. Gott will keine Anbetung ohne Reue und Er verabscheut sie völlig bei jemandem, der meint, Gott mit seinem Opfer bestechen zu können, damit Gott ihm seine Wünsche erfüllt. Ich bringe Gott ein Opfer – zum Beispiel gebe ich der Kirche Geld oder besuche ab und zu einen Kranken –, dann muss Er mir geben, was ich will oder jedenfalls dafür sorgen, dass mir nichts passiert. Schändliche Absichten sind für Gott ein großer Gräuel.
Der Heuchler von Vers 27 wird Gott gegenübergestellt. Der Heuchler in Vers 28 steht Menschen gegenüber. „Ein Lügenzeuge“ ist jemand, der wissentlich eine falsche Aussage über jemanden macht. Er wird umkommen. Gott wird ihn richten. Wenn sich für die Menschen herausstellt, dass er ein falsches Zeugnis abgelegt hat, wird er von einem Richter auf der Erde gerichtet werden.
Angesichts des falschen Zeugen lautet die zweite Verszeile: „Ein Mann aber, der hört.“ Eine solche Person ist ein wahrer, zuverlässiger Zeuge. Der Mann, der immer zuerst zuhört, was über einen Fall gesagt wird, bei dem er aussagen muss, und der nichts sagt, außer dem, was er gehört oder gesehen hat, ist stets ein brauchbarer Zeuge. Er ist vertrauenswürdig, er kann jedes Mal bei anstehenden Fällen aussagen. Weil er die Wahrheit weiß und begreift, braucht er nie zu schweigen. Niemand wird ihm widersprechen oder ihn wiederlegen können.
Stephanus war solch ein Zeuge. Er hat auf die Stimme Gottes durch sein Wort gehört. Der Weisheit und dem Geist, mit denen er sprach, konnte niemand widerstehen (Apg 6,10). Er spricht auch noch, nachdem er gestorben ist (vgl. Heb 11,4). Der Herr Jesus ist vor allem der treue und wahrhaftige Zeuge. Er hat immer auf Gott gehört und darf daher immer sprechen. Er ist die Wahrheit und spricht die Wahrheit.
„Ein gottloser Mann“ erweckt den Eindruck, ein überzeugter Mann zu sein (Vers 29). Sein Gesicht ist trotzig. Er schämt sich niemals für Fehlverhalten und kennt keine Beschämung (Jer 6,15; 8,12). Das trotzige Herz spiegelt ein verhärtetes, unbußfertiges Herz wider (Jes 48,4; Jer 5,3; Hes 3,7). Mit gerecktem Kopf erzählt er die gröbsten Lügen und verübt die grausamsten Taten. Die zweite Verszeile zeigt, dass ein gottloser Mann nicht auf seinen Weg achtet. Man kann sich nicht auf ihn verlassen, wie mächtig er auch sein mag. Er wird in grenzenloses Elend versinken, wenn er von Gott gerichtet wird.
„Aber der Aufrichtige, er achtet auf seinen Weg“, weil er zu Gott aufblickt und Ihn um Führung bittet. Er weiß, dass er abhängig und schwach ist. Dadurch ist er stark, denn Gott gibt ihm Kraft. Gottes Wohlgefallen ruht auf ihm. Der Herr Jesus ist auch hier das vollkommene Vorbild. Paulus ist in seiner Nachfolge ebenfalls ein Vorbild. Er war aufrichtig (2Kor 1,17) und erkannte an, dass er von der Gnade abhängig war: „Denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark“ (2Kor 12,10).
30 - 31 Der HERR ist nicht zu besiegen und rettet
30 Da ist keine Weisheit und keine Einsicht und kein Rat gegenüber dem HERRN. 31 Das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes, aber die Rettung ist des HERRN.
Das Kapitel endet, womit es begonnen hat: mit der absoluten Souveränität und Erhabenheit Gottes. Alles, was Er sich vornimmt, wird geschehen. Es gibt nichts und niemanden, der Ihn daran hindern könnte, seine Pläne auszuführen (Vers 30). Er lacht über all das, was der Mensch tut, um seine Pläne zu vereiteln (Ps 2,1–4).
Menschliche „Weisheit“, „Einsicht“ und „Rat“ sind im Licht der Weisheit, der Einsicht und des Rates Gottes nichts anderes als Torheit. Sie offenbaren völlige Blindheit und Ohnmacht. Die dreimalige Wiederholung des Wortes „keine“ oder „kein“ betont, dass wirklich nichts gegen den HERRN vorzubringen ist. Alle seine Pläne und sein Handeln sind vollkommen und für jegliche Macht unantastbar.
Wir sehen das an allem, was gegen den Herrn Jesus geplant war, um Ihn zu töten. Doch alles ist so geschehen, wie Gott es bestimmt hatte (Apg 2,23). Wenn zum Beispiel die religiösen Führer sein Grab bei Gottlosen bestimmt haben, so war Er doch in seinem Tod bei einem Reichen, weil Gott das so bestimmt hatte (Jes 53,9; Mt 27,57–60). Gott verkündet von Anfang an das Ende. Daran kann der Mensch nichts ändern. Im Gegenteil, Gott benutzt ihn sogar zur Erfüllung seiner Pläne.
Ein Mensch kann in gewisser Hinsicht weise sein und Einsicht haben und daher einen vernünftigen Rat erteilen. Er mag studiert haben und Erfahrungen gesammelt haben, doch wenn er den HERRN nicht fürchtet, fehlt ihm die wahre Weisheit und die wahre Einsicht und sein Rat erweist sich als Torheit. Wir beleidigen Gott, wenn wir menschliche Weisheit und Einsicht und menschlichen Rat mit seiner Weisheit, Einsicht und seinem Rat vergleichen.
Die Menschen sind von „gestern und wissen nichts“ (Hiob 8,9). „Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit“ (Heb 13,8). Da Er Gott ist, überschaut Er die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Der Mensch kann nicht in die Zukunft schauen. Er kann Vorhersagen auf der Grundlage von Erfahrungen und Annahmen treffen, doch Garantien kann er nicht geben. Gott bestimmt, was geschieht. Der Mensch tut gut daran, Amen dazu zu sagen und sich nicht gegen Ihn zu wenden. Die sogenannten Weisen haben keine Weitsicht und keine Kontrolle über die Zukunft. Sie maßen sich das zwar an, indem sie mit hochtrabenden Worten Ziele für die Zukunft vorlegen, doch alle ihre Ansprüche erleiden Schiffbruch am HERRN, denn nur Er allein hat Weisheit, Einsicht und Rat.
Der schlussendliche Erfolg eines Vorhabens oder der Sieg in einem Kampf kommt von Gott und nicht durch menschliche Anstrengung (Vers 31). Der Gegensatz besteht hier einerseits in den Plänen und Bemühungen für den Kampf – „das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes“ – und andererseits in der Anerkennung der wahren Quelle, der Rettung „des HERRN“: „Diese denken an Wagen und jene an Rosse, wir aber erinnern uns an den Namen des HERRN, unseres Gottes“ (Ps 20,8; 33,17). Man mag Mittel einsetzen, um etwas zu erreichen, doch wir dürfen nie vergessen, dass wir es Gott zu verdanken haben, wenn etwas gelingt. Wir können Mittel einsetzen, dürfen sie aber niemals zu einem Götzen machen (vgl. Hab 1,16).