1 - 3 Der aufrichtige Arme und der Tor
1 Besser ein Armer, der in seiner Lauterkeit wandelt, als wer verkehrter Lippen und dabei ein Tor ist. 2 Auch Unkenntnis der Seele ist nicht gut; und wer mit den Füßen hastig ist, tritt fehl. 3 Die Narrheit des Menschen verdirbt seinen Weg, und sein Herz grollt gegen den HERRN.
Die Gegenüberstellung in Vers 1 ist die zwischen „einem Armen … in seiner Lauterkeit“ und einem, der „verkehrter Lippen und dabei ein Tor ist“. Wegen der Gegenüberstellung mit dem Armen, können wir uns den Toren als jemanden vorstellen, der reich ist. Der Arme ist nicht arm, weil er unter der Strafe Gottes steht und der Reiche ist nicht reich, weil er unter dem Segen Gottes steht. Hier täuscht der erste Eindruck. Reichtum selbst wird nicht verurteilt. Entscheidend ist, woher wir ihn haben und was wir damit machen.
Der Gegensatz besteht zwischen dem inneren Wert und dem äußeren Erscheinungsbild. Der, der alles zu haben scheint, ist der Tor, während der, der alles gegen sich zu haben scheint, aufrichtig und deshalb besser dran ist als der reiche Tor. Persönliche Anständigkeit, auch bei Armut, ist viel besser als törichte Verkehrtheit.
Es hängt alles von der Beziehung zu Gott ab. Der arme Mensch, der aufrichtig seinen Weg geht, kann diesen Weg gehen, weil er seinen Weg mit Gott geht. Deshalb ist er in Wirklichkeit reich. Der Mann mit „verkehrten Lippen“ sagt Dinge, die zeigen, dass er keine Beziehung zu Gott hat. Dazu kommt, dass er ein Tor ist, was bedeutet, dass er überhaupt keine Beziehung zu Gott will. Der Weg, den er ohne Gott geht, endet im Tod.
Das Wort „auch“ zeigt, dass Vers 2 mit Vers 1 verbunden ist. Wer bezüglich der Seele in „Unkenntnis“ ist, ist der Tor von Vers 1. Unüberlegter und gedankenloser Eifer führt zum Scheitern. „Unkenntnis der Seele“ bezeichnet hier so etwas wie gieriger oder hastiger Eifer. Das findet sich bei einem Menschen, der „mit den Füßen hastig ist“, der völlig überhastet drauflosläuft, um sein Ziel zu erreichen. Es zeichnet den Mann aus, der schnelle Ergebnisse und so viel Gewinn wie möglich erzielen will. Menschen, die spontan auf etwas losstürmen, schlagen den falschen Weg ein und verfehlen das Ziel (das Wort „Sünde“ bedeutet wörtlich „das Ziel verfehlen“). Saul war solch ein Mensch (1Sam 13,11–14). Es kann sogar Eifer für Gott geben, aber ohne Verständnis (Röm 10,1–4).
Dieser Spruch erinnert uns daran, dass wir die Zeit und Richtung der Handlung kennen müssen, sonst wird die eifrige Anstrengung zu einer sinnlosen und sogar falschen Aktivität. „Unkenntnis der Seele“ setzt die Füße auf einem Weg der Sünde in Bewegung. Eifer und Beseeltsein sind gut, wenn es um Güte geht (Gal 4,18), aber es erfordert die Kenntnis Gottes und seines Willens. Deshalb muss unser Eifer aus der Gemeinschaft mit Gott kommen, was zeigt, dass wir seinen Willen kennen. Dann werden wir unseren Weg in Frieden und gleichzeitig mit Entschlossenheit gehen. Dadurch wird das Ziel nicht verfehlt, sondern erreicht, und Gott wird verherrlicht.
Begeisterung und Eifer ohne Wissen und Verstand ist etwas, das besonders junge Menschen kennzeichnet, die sich nicht mit dem Wort Gottes beschäftigen. Ihnen fehlt daher das nötige Unterscheidungsvermögen, um den Wert dessen zu kennen, wofür sie sich einsetzen und hingeben. Nur durch das Studium des Wortes Gottes gewinnen sie dieses Unterscheidungsvermögen, und das gilt natürlich auch für die Älteren. Es gibt keinerlei Entschuldigung dafür, unwissend zu sein. Wir haben das ganze Wort Gottes zur Verfügung. Es ist die einzige zuverlässige, unveränderliche Quelle des Wissens und für jeden zugänglich, der lernen will.
Ein Narr, der ohne Wissen ist (Vers 2), verdirbt seinen eigenen Weg, durch den sein Leben zu einem Chaos geworden ist (Vers 3). Dann gibt er Gott auch noch die Schuld dafür. Durch seine eigene Narrheit verdirbt er seinen Weg, er gibt ihm eine Wendung, die in die falsche Richtung läuft. Es ist ein Weg von Gott weg. Für das Elend, das ihm auf diesem Weg begegnet, macht er Gott verantwortlich. Er ist sogar empört über Ihn, weil Er so etwas zulässt.
Diese Haltung prägt den Menschen seit dem Sündenfall. Als Adam seinen Weg verdorben und gesündigt hatte, gab er Gott die Schuld. Es lag an der Frau, die Gott ihm gegeben hatte, dass er in Sünde gefallen war (1Mo 3,12). Wir hören und sehen, dass dies heute täglich in allen Variationen wieder auftritt, in all den Situationen, in denen die Menschen nicht zur Verantwortung gezogen werden wollen. Es ist immer die Schuld eines anderen.
Der Mensch will Gott nicht die Kontrolle über sein Leben geben. Wenn er gute Entscheidungen trifft, die gut funktionieren, lobt er sich selbst. Wenn er schlechte Entscheidungen mit einem schlechten Ergebnis trifft, gibt er Gott die Schuld (vgl. Hes 18,25). Sich einmal selbst zu hinterfragen, ist keine Option. Man dankt Gott nicht, dass Er in seiner Güte Sonne und Regen und fruchtbare Zeiten gibt (Mt 5,45; Apg 14,17). Aber wenn Er schreckliche Plagen über die Welt kommen lässt, die der Mensch sich selbst zuzuschreiben hat, lästern die Menschen den Gott des Himmels, ohne ihre bösen Taten zu bereuen (Off 16,9–11.21).
4 Reichtum und Freunde
4 Reichtum verschafft viele Freunde; aber der Geringe – sein Freund trennt sich von ihm.
Dieser Vers ist wieder eine Beobachtung ohne Schlussfolgerung. Diese Schlussfolgerung bleibt dem Leser überlassen. Es geht um die Unzuverlässigkeit einer auf Besitz basierenden Freundschaft. Wie die Liebe verdient auch die Freundschaft diesen Namen nicht, wenn es nur um den möglichen Nutzen geht, den Liebe oder Freundschaft bringen kann. Wenn wir das Geld lieben, ernten wir von anderen nichts anderes als die Liebe zu dem Geld, das wir haben. Die Menschen jagen dem Reichen nach, in der Hoffnung, etwas zu bekommen.
Doch wenn der Reiche arm wird, verschwinden seine Freunde. Sie lassen ihn im Stich, weil es bei ihm nichts mehr zu holen gibt. Es findet sogar eine Trennung statt, denn stell dir vor, dass der ehemalige Reiche, der nun arm ist, etwas von dir erbitten würde. Du solltest also besser reichlich Abstand halten. Aber der Arme, der den Herrn Jesus kennt, darf wissen, dass er niemals von Ihm getrennt werden kann und wird (Röm 8,38.39; vgl. Ps 40,18).
5 Ein falscher Zeuge und wer Lügen ausspricht
5 Ein falscher Zeuge wird nicht für schuldlos gehalten werden; und wer Lügen ausspricht, wird nicht entkommen.
„Ein falscher Zeuge“ wird bestraft (5Mo 19,16–21); so viel ist sicher. Das Gleiche gilt für den, der „Lügen ausspricht“. Ein falscher Zeuge spricht in der Öffentlichkeit eine Lüge aus. Das Aussprechen von Lügen erinnert eher an das Erzählen von Lügen im allgemeinen Gespräch im privaten Bereich. Ein falscher Zeuge und die, die Lügen aussprechen, stehen auf der gleichen Ebene und empfangen das gleiche Urteil.
Das Gesagte ist allgemein zu verstehen, weil manchmal ein Meineid nicht bestraft wird, weil er nicht entdeckt wird oder weil die Richter korrupt sind. Deshalb müssen wir diesen Vers im Licht Gottes sehen. Er hält den Schuldigen nicht für schuldlos und lässt keinen Schuldigen entkommen.
6 - 7 Reichtum zieht an, Armut stößt ab
6 Viele schmeicheln einem Edlen, und alle sind Freunde des Mannes, der Geschenke gibt. 7 Alle Brüder des Armen hassen ihn; wie viel mehr entfernen sich von ihm seine Freunde! Er jagt Worten nach, die nichts sind.
Die Menschen suchen die Freundschaft einflussreicher Menschen, um Vorteile daraus zu ziehen (Vers 6). Sie sind bestrebt, ihre Gunst zu erlangen (vgl. Jud 1,16). „Schmeicheln“ bedeutet wörtlich „das Gesicht streicheln“ oder „das Gesicht erweichen“ (Ps 45,13). Die Angesehenen (Edlen) werden wegen ihres Besitzes geschätzt, nicht wegen ihrer Eigenschaften.
Auch ein großzügiger Mensch kann sich darauf verlassen, zahllose Freunde zu haben. Großzügigkeit braucht hier keine negative Bedeutung zu haben. Großzügigkeit zieht Menschen an. Jeder will zu seinen Freunden gehören. Es zeigt, dass der Mensch ein Egoist ist, der nur auf seinen eigenen Vorteil aus ist. Wenn es etwas zu holen gibt, das sein Leben ein bisschen angenehmer macht, ist er sofort dabei. So läuft das auch in Wirtschaft und Politik ab.
Dass er nur das will, was sein Leben angenehmer macht, zeigt sich an seiner Ablehnung Gottes als des großen Gebers. Gott hat seinen Sohn als kostenloses Geschenk seiner Gnade gegeben. Aber diese Gabe will der Mensch nicht haben, denn das bedeutet, dass er sich selbst als egoistischen Menschen verurteilen muss. Es würde ja das Ende eines Lebens für sich selbst bedeuten.
Die Menschen meiden die Armen (Vers 7). Der Gedanke an „Hass“, im Sinne von „Ablehnung“, deutet darauf hin, dass Familienmitglieder und oberflächliche Freunde den armen Mann verlassen werden, weil er nichts mehr für sie tun kann. Das sehen wir auch beim Herrn Jesus. Seine irdische Familie, die Juden, haben ihn gehasst.
Wenn dein Glück vorbei ist, wird dich sogar deine Familie meiden. Deine Freunde wollen, dass du stirbst. Du kannst rufen, was immer du willst, aber sie hören nicht zu. Wenn sie dich kommen sehen, schauen sie in die andere Richtung und tun so, als würden sie dich nicht sehen, weil es ja heißt „aus den Augen, aus dem Sinn“.
8 Seine Seele lieben und Gutes finden
8 Wer Verstand erwirbt, liebt seine Seele; wer auf Verständnis achtet, wird Gutes finden.
„Wer Verstand erwirbt“, hat sich darum bemüht und sich dafür eingesetzt. Damit beweist er, dass er seine Seele, sein Leben, liebt. Es bedeutet, dass er den Willen Gottes für sein Leben kennenlernen will. Damit erweist er sich selbst eine große Wohltat. Wer Verstand erwirbt, kommt so weit, dass er sein Leben nicht liebt bis zum Tod (Off 12,11). Die Liebe zu seinem Leben bezieht sich nicht auf das irdische Leben, sondern auf das Leben, das Gott ihm gegeben hat, um für Ihn zu leben.
Das ist noch nicht alles. Nach dem Erwerb folgt die Erhaltung des Erworbenen. Das beweist Verständnis für das wirklich Wichtige. Das Ergebnis ist, dass er „Gutes“ findet. Das Gute ist das gute Leben, das Leben mit und für Christus. Das Gute ist die Erkenntnis des Willens Gottes für sein Leben. Das bedeutet, dass jemand Christus gleichgestaltet wird, dass Er in seinem Leben sichtbar wird. Hier kommen Verstand und Verständnis zu ihrem Recht.
9 Noch einmal: Ein falscher Zeuge und wer Lügen ausspricht
9 Ein falscher Zeuge wird nicht für schuldlos gehalten werden, und wer Lügen ausspricht, wird umkommen.
Dieser Spruch ist fast wörtlich gleich mit Vers 5. Vers 5 klingt mehr oder weniger wie eine Warnung, er wird „nicht entkommen“, aber hier wird klar gesagt, er wird „umkommen“. Die Übertretung des neunten Gebotes begründet seine Schuld und das Gericht Gottes. Ein falscher Zeuge zu sein und Lügen auszusprechen, widerspricht allem, was Gott ist. Er ist „gerecht und gerade“, „der treue und wahrhaftige Zeuge“, der „Gott, der nicht lügen kann“ (5Mo 32,4; Off 3,14; Tit 1,2).
10 Was sich nicht geziemt
10 Nicht geziemt einem Toren Wohlleben; wie viel weniger einem Knecht, über Fürsten zu herrschen!
Es gibt genug Toren, die in Luxus leben. Das macht zugleich die Wahrheit dieses Spruchs deutlich. Ein Tor gibt sich immer dem Wohlleben hin. Wirklich genießen kann der Tor es aber nicht, weil ihm die Weisheit fehlt. Er hat keine Weisheit zum richtigen Umgang mit dem Wohlleben. Dieses Wohlleben kann aus Besitz, aber auch aus einer Stellung bestehen. Er nutzt beides falsch. Er benimmt sich schäbig und unsensibel, dadurch macht er sich verhasst und lächerlich.
Noch schlimmer als ein Tor, der im Luxus lebt, ist ein Knecht, der Macht bekommt (vgl. Pred 10,7). Es gibt Knechte, die regiert haben, weil sie treu waren. Denke an Joseph und Daniel. Es muss sich hier um einen treulosen Knecht handeln. Der Knecht hier kann jemand sein, der sich selbst „verliehen“ hat, um eine Schuld zu begleichen. Er ist durch Torheit in Schulden geraten. Wenn er sein eigenes Eigentum nicht verwalten kann, wie kann er dann Herrschaft gebührend ausüben über die, die dazu wohl imstande sind?
In der heutigen Welt gibt es viele Menschen, die große Schulden haben und trotzdem denken, dass sie eine leitende Stellung haben können. Gleiches gilt für die Gemeinde. Eine Person, die ihrem eigenen Haus nicht vorzustehen weiß, kann keine führende Funktion im Haus Gottes, der Gemeinde des lebendigen Gottes, haben. Eine solche Stellung geziemt ihm nicht (1Tim 3,5).
11 Langmut und Vergebung
11 Die Einsicht eines Menschen macht ihn langmütig, und sein Ruhm ist es, Vergehung zu übersehen.
Wem Unrecht angetan wird und der dann seinen Gefühlen freien Lauf lässt, gerät in Zorn und reagiert heftig. Aber wenn sein Verstand im Sinn geistlicher Einsicht die Oberhand behält, wird er Langmut zeigen. Das ist nur möglich, wo es Gemeinschaft mit Gott gibt. So kann er der Aufforderung nachkommen: „Rächt nicht euch selbst, Geliebte, sondern gebt Raum dem Zorn; denn es steht geschrieben: „Mein ist die Rache; ich will vergelten, spricht der Herr““ (Röm 12,19).
Dann wird er in der Lage sein, die „Vergehung zu übersehen“. Das geht weiter, als einmal jemandem in einer verzeihenden Stimmung die Schuld nicht übel zu nehmen. Es ist auch die Fähigkeit, die Beleidigungen nicht zuzurechnen und ein nachwirkendes Schmerzgefühl nicht zuzulassen, auch wenn die Worte eine Wunde verursacht haben.
Eine solche Haltung wird in der Welt belächelt, aber von Gott sehr geschätzt. Dieser Spruch gilt in Vollkommenheit für Gott: „Wer ist ein Gott wie du, der die Ungerechtigkeit vergibt und die Übertretung des Überrestes seines Erbteils übersieht? Er behält seinen Zorn nicht auf ewig, denn er hat Gefallen an Güte“ (Mich 7,18). Er ist langmütig, und es ist seine Ehre, eine Vergehung zu übersehen. Er kann das tun wegen des Werkes seines Sohnes, gegenüber dem Er nicht langmütig war und die Vergehung nicht übersehen hat, als Er Ihn zur Sünde machte.
12 Der Zorn und das Wohlgefallen des Königs
12 Der Zorn des Königs ist wie das Knurren eines jungen Löwen, aber sein Wohlgefallen wie Tau auf das Gras.
Wir haben hier einen schönen, bildreichen Gegensatz. Auf der einen Seite das „Knurren eines jungen Löwen“, das jeden erschreckt, der es hört. Auf der anderen Seite der „Tau auf das Gras“, der unhörbar niedergeht, der erquickend ist und einfach so niedergetrampelt werden kann. Diese beiden Äußerungen sehen wir bei einem König. Sein Zorn ist erschreckend (Off 10,3), während sein Wohlgefallen oder Gunst eine Wohltat ist (Ps 72,6).
Ein König hat die Macht, zu erschrecken oder zu erquicken und zu erfrischen. Er kann bedrohlich, aber auch freundlich schauen. Dieser Spruch rät den Untertanen des Königs, keine Dinge zu tun, die ihn zornig machen, denn das würde für sie nicht gut ausgehen. Sie können jedoch auf sein wohltuendes Wohlgefallen rechnen, wenn sie ihm in Treue dienen.
Wir können diesen Vers, wie den vorherigen, auf Gott und Christus anwenden. Christus ist der Löwe aus dem Stamm Juda. Wir müssen seinen Zorn fürchten, wenn wir uns Ihm widersetzen, aber wir können uns seiner erquickenden Wertschätzung sicher sein, wenn wir Ihm in Treue dienen.
13 - 15 Häusliches Elend und häusliches Glück
13 Ein törichter Sohn ist Verderben für seinen Vater; und die Zänkereien einer Frau sind eine beständige Traufe. 14 Haus und Gut sind ein Erbteil der Väter, aber eine einsichtsvolle Frau kommt von dem HERRN. 15 Faulheit versenkt in tiefen Schlaf, und eine lässige Seele wird hungern.
„Ein törichter Sohn“ und „Zänkereien einer Frau“ sind zwei Probleme, die in einer Familie Chaos verursachen (Vers 13). „Ein törichter Sohn“ beraubt seinen Vater aller Freude durch seine Ausschweifung, Faulheit und Dickköpfigkeit, durch seinen Stolz und seine Widerspenstigkeit. Das Wort „Verderben“ steht im Plural und deutet darauf hin, dass ein solcher Sohn seinen Vater immer wieder betrübt. Er verursacht eine Serie von aufeinanderfolgenden Katastrophen für seinen Vater, unter denen natürlich auch seine Mutter leiden wird.
Eine Frau, die zankt, tut dasselbe wie der Sohn, denn auch sie macht das Haus wegen ihrer Zänkereien unbewohnbar. Das Haus, das eine Oase des Friedens sein sollte, ist voller Neid und Zwist. Eine Zänkerei folgt der anderen, so wie Wassertropfen stetig und unaufhörlich aufeinander folgen. Wenn es anfängt, durch das Dach zu tropfen, weiß man nicht, wo das Leck ist. Solange das Leck nicht gefunden und geschlossen wird, tut das Wasser im Verborgenen sein zerstörerisches Werk. Manchmal ist es das Gleiche mit dem Gezänk einer Frau. Du weißt nicht, wo das Gezänk herkommt oder wie du es abstellen kannst.
Es kann sein, dass in diesem Fall bekannt ist, woher der Zank kommt, und das ist das Verhalten des Sohnes. Wenn sich ein Sohn oder ein Kind schändlich benimmt, kann das Spannungen in der Ehe verursachen. Das geschieht, wenn die Frau ihrem Mann die Schuld dafür gibt (in der Praxis kann es auch umgekehrt sein). Glücklicherweise kann es auch so sein, dass die Sorge um ein Kind Mann und Frau zu einer engeren Einheit schmiedet. Das wird der Fall, wenn sie das Kind als gemeinsames Anliegen im ständigen Gebet vor den Herrn bringen.
Der Erwerb von „Haus und Gut“ ist eine Frage des Erbes (Vers 14). Ein Erbe geht vom Vater auf den Sohn über. Es ist eine Folge der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Familie. Ganz anders ist es mit dem Erwerb einer „einsichtsvollen Frau“. Da gibt es keine Familienbeziehung. Wenn jemand „eine einsichtsvolle Frau“ bekommt, ist das ein besonderes Geschenk Gottes. So ist der Gegensatz einerseits der Reichtum, der vom Vater übernommen werden kann, und andererseits eine einsichtsvolle Frau, die ein Geschenk des HERRN ist.
„Faulheit“ ist eine weitere Ursache, die Elend über andere bringt und nicht nur über den Faulen selbst (Vers 15). Dieser Spruch ist als abschreckende Warnung vor Faulheit gemeint. Faulheit bedeutet, dass jemand völlig inaktiv ist. Ein „tiefer Schlaf“ (vgl. 1Mo 2,21) ist ein Zustand der Bewusstlosigkeit. Die Zeit vergeht, ohne dass der Faule sich dessen überhaupt bewusst ist.
Wer faul ist, verschwendet die Zeit, die nötig ist, sich um sich selbst und seine Familie zu kümmern. Die Familie, in der der Ehemann und Vater aufgrund seiner Faulheit keine Sicherheit bietet, weil er nicht für ein Einkommen sorgt, ist eine erbärmliche Familie. Es gibt Hunger, aber es gibt nichts, womit man ihn stillen könnte. Ein Fauler ist ein schlechter Verwalter eines kostbaren Geschenks Gottes: der Zeit. Faulheit ist wie der Sarg eines Lebenden.
16 Seine Seele bewahren oder sterben
16 Wer das Gebot bewahrt, bewahrt seine Seele; wer seine Wege verachtet, wird sterben.
„Das Gebot“, von dem hier gesprochen wird, ist das Gebot Gottes, denn Gottes Gebot ist zum Leben. Der Gehorsam gegenüber dem Gebot Gottes ist ein Schutz für das Leben. Es geht auch um den Gehorsam gegenüber den Geboten eines Vaters, denn er vertritt Gott auf der Erde. Dasselbe gilt für die Gebote der Obrigkeit. Wer diese Gebote nicht beachtet, verachtet seine Wege und „wird sterben“.
Wenn jemand selbst bestimmt, wie er leben will, drückt er damit Verachtung für Gottes Gebote aus. Er will nichts mit dem zu tun haben, was Gott über seine Wege, seine Lebensweise und seine Entscheidungen sagt. Er denkt, dass er auf dem Weg des Lebens ist, aber er befindet sich auf dem Weg des Todes. Seine Wege verachten bedeutet, Gottes Gebote für seine Wege einfach links liegen lassen. Er wird feststellen, dass ihn am Ende seiner eigensinnigen Wege der Tod erwartet.
17 Barmherzigkeit gegenüber Geringen wird belohnt
17 Wer sich des Geringen erbarmt, leiht dem HERRN; und er wird ihm seine Wohltat vergelten.
Wenn jemand „sich des Geringen erbarmt“, ist das wie für den HERRN getan (vgl. Mt 25,40). Geld, das an einen armen Menschen weitergegeben wird, hat man nicht verloren. Gott sieht es als eine Leihgabe an Ihn, Er betrachtet es als eine „Wohltat“. Er wird das Darlehen reichlich zurückzahlen. Wer sich des Geringen erbarmt, zeigt damit eine Eigenschaft Gottes, der ein Erbarmer ist (Jes 49,10; 54,10).
Die Anwesenheit der Armen im Volk Gottes ist eine Prüfung für die Reichen (5Mo 15,7–11). Unsere Reaktion auf ihre Anwesenheit zeigt, ob Glauben vorhanden ist oder nicht (Jak 2,14–17). Jeder, der sich der Geringen erbarmt, zeigt „Wohltätigkeit“, eine Tat, die der Herr Jesus „eure Gerechtigkeit“ nennt (Mt 6,1–4). Der Herr sagt weiter, dass dies nicht vor den Augen der Menschen geschehen soll, nicht einmal, um sich selbst ein gutes Gefühl zu verschaffen, sondern dass es „im Verborgenen“ geschehen soll. Wer auf diese Weise gibt, erhält von Ihm die Verheißung: „Und dein Vater, der im Verborgenen sieht, wird es dir vergelten.“ Gott segnet die Großzügigkeit der Seinen mit seiner göttlichen Großzügigkeit.
Das Versprechen einer Belohnung bedeutet nicht unbedingt eine Rückzahlung des Gegebenen. Wenn es das allein wäre, wäre es wie die Vergeltung für eine Wohltat. Es geht aber um eine Belohnung, die Wertschätzung ausdrückt. Wenn Gott etwas belohnt, ist das unendlich viel mehr als nur eine Rückzahlung dessen, was gegeben worden ist. Er wird dem Erbarmer einen tieferen Eindruck vom Reichtum des Lebens mit Ihm vermitteln. Kein noch so hoher Betrag an Geld oder Gold kann damit konkurrieren.
18 - 20 Zucht oder keine Zucht und wie sie anzuwenden ist
18 Züchtige deinen Sohn, weil noch Hoffnung da ist; aber trachte nicht danach, ihn zu töten. 19 Wer jähzornig ist, muss dafür büßen; denn greifst du auch ein, so machst du es nur noch schlimmer. 20 Höre auf Rat und nimm Unterweisung an, damit du in der Zukunft weise bist.
Es ist ein Auftrag, Kinder den Gehorsam beizubringen (Vers 18). Es ist zugleich eine eindringliche Warnung vor elterlicher Untätigkeit. Es gibt eine Zeit, wo man Kinder Gehorsam lehrt. Diese Zeit beginnt, sobald ein Kind anfängt, Gut und Böse zu erkennen, und das ist schon in einem sehr frühen Alter der Fall.
Wenn erkennbar ist, dass ein Kind nicht auf eine elterliche Aufforderung hört, muss es lernen zu gehorchen (1Mo 18,19). Das kann sehr viel Geduld erfordern. Manchmal kann es so schlimm werden, dass ein Elternteil die Geduld und sogar seinen Verstand verliert. Daher die Warnung, nicht den Gedanken aufkommen zu lassen, ihn zu töten oder Entscheidungen zu treffen, die zu seinem Tod führen.
„Trachte nicht danach, ihn zu töten“, kann also bedeuten, ihn so hart zu bestrafen, dass er stirbt. Aber auch eine andere Bedeutung ist möglich, nämlich ihn überhaupt nicht zu züchtigen, so dass er ein Tor wird, auf den falschen Weg kommt und durch sein böses Verhalten den Tod findet. Wer sein Kind nicht züchtigt, tötet es, denn dann geht es weiter auf dem Weg, der zum Tod führt. Ihm jetzt seine Strafe zu verweigern, wird ihn auf den Weg zu einer viel schwereren und ewigen Strafe bringen. Nachgiebigkeit bewirkt seinen Untergang. Falsche Nachsicht ist echte Grausamkeit.
Eli hat seinen Söhnen keinen Gehorsam beigebracht. Dadurch wurden sie zu Toren und sind wegen ihrer Torheit umgekommen (1Sam 3,12.13). Auch David rügte seinen Sohn Adonija nicht, wodurch dieser zum Toren wurde, was zu seinem frühen Tod führte (1Kön 1,6; 2,24).
Es gibt Fälle, in denen es keinen Sinn mehr macht, jemandem Gehorsam beizubringen (Vers 19). Jede Hoffnung auf Korrektur muss aufgegeben werden. Das ist der Fall, wenn jemand jähzornig ist. Ein Mensch, der nicht beruhigt werden kann, muss die Folgen seiner Torheit selbst erfahren. Wer ihm helfen will, wird nie mit ihm fertig werden, denn er wird seine Lektion nie lernen.
Ein hitzköpfiger Mensch wird ständig in Schwierigkeiten sein. Nur Bekehrung und der Heilige Geist können eine Veränderung bewirken. Allein Christus kann vor einem solchen Verhalten retten. Der Sohn macht frei (Joh 8,36).
Vers 20 schließt an die beiden vorherigen Verse an. Wer „Rat“ hört und „Unterweisung“ annimmt, wird „in der Zukunft weise“ sein. Schließlich wird durch alle Zucht, die ausgeübt wurde, und all die Unterweisungen, die gegeben wurden, das Erwachsensein kommen. Es wird eine unerschütterliche Ausdauer auf dem Weg des Lebens geben. „In der Zukunft“ bedeutet nicht am Ende seines Lebens, sondern am Ende des Lernprozesses.
21 - 23 Ratschluss, Mildtätigkeit und Leben
21 Viele Gedanken sind im Herzen eines Mannes; aber der Ratschluss des HERRN, er kommt zustande. 22 Die Willigkeit des Menschen macht seine Mildtätigkeit aus, und besser ein Armer als ein lügnerischer Mann. 23 Die Furcht des HERRN ist zum Leben; und gesättigt verbringt man die Nacht, wird nicht heimgesucht vom Unglück.
„Viele Gedanken“ oder „viele Pläne“ haben, darf sein, aber es ist gut, sich dabei dem „Ratschluss des HERRN“ oder der Absicht Gottes zu unterwerfen (Vers 21; Jak 4,13–15). Der Mensch muss immer wieder bedenken, dass er ein Mensch ist und dass Er mit Gott zu tun hat. Der Mensch ist extrem begrenzt in dem, was er sich ausdenken kann, und noch mehr in dem, was er ausführen kann. Gott hingegen ist unendlich an Verstand und Vermögen. Nicht das, was der Mensch sich ausdenkt, sondern das, was Gott bestimmt, das geschieht (Klgl 3,37; Ps 33,10.11; Jes 46,10). Auch Paulus hat auf diese Weise Pläne gemacht, aber Gott hat es anders gelenkt (Röm 15,22–32).
Jeder Mensch wünscht sich, dass ein anderer ihn mit „Mildtätigkeit“ behandelt (Vers 22). Jeder findet es angenehm, freundliche Worte zu hören, mildtätige Worte, also Worte der Güte. Es sind erbauende, ermutigende Worte, die keinerlei Lügen enthalten. Sie werden nicht gesprochen, um zu schmeicheln.
Einem „lügnerischen Mann“ fehlt Mildtätigkeit. Er kann so tun, als wäre er mildtätig, indem er alles verspricht und den Eindruck erweckt, dass er voller Mildtätigkeit ist, aber das ist Heuchelei und Täuschung. Hinter seinen Worten stecken unehrliche Motive. Du hast es besser mit einem Armen zu tun, von dem du nicht erwarten kannst, dass er etwas geben kann, aber von dem Mildtätigkeit ausstrahlt, als mit einem solchen Lügner.
Ehrfurcht vor dem HERRN bringt ein Leben voller Zufriedenheit und Sicherheit hervor (Vers 23). Wer den HERRN fürchtet, der hat keinen Mangel und fürchtet keine Gefahr. Gott gibt eine Lebensqualität, die nicht durch das Böse gestört werden kann. Der Gottesfürchtige geht ins Bett, ohne Hunger zu haben, und schläft friedlich, ohne Angst vor dem Unglück, das über ihn kommen könnte.
Das Leben, das mit der Furcht des HERRN verbunden ist, ist nicht das Leben, das der Mensch von Natur aus führt, sondern es ist das Leben in Verbindung mit Ihm. Dieses Leben wird erst dann in seiner Fülle genossen, wenn der Gläubige bei Ihm ist. Aber schon hier auf der Erde gilt, dass nichts dieses Leben antasten kann, denn es ist ein inneres, geistliches Leben. Es ist das Leben aus Gott. Dieses Leben kennt keinen Mangel und keine Furcht. Der Herr Jesus sagt daher, dass wir uns nicht zu fürchten brauchen „vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht zu töten vermögen“ (Mt 10,28).
Das wahre Leben, das hier gemeint ist, findet sich nicht im Reichtum oder in der Gesundheit, auch nicht in einer guten Ehe oder einer lieben Familie, sondern in Christus allein. Das müssen wir unseren Kindern vorstellen und ihnen davon erzählen und es ihnen vorleben. Von dem Unglück, das uns begegnen kann, wissen wir, dass Gott es zum Guten mitwirken lässt (Röm 8,28; Ps 91,9.10).
24 Noch zu faul, um zu essen
24 Hat der Faule seine Hand in die Schüssel gesteckt, nicht einmal zu seinem Mund bringt er sie zurück.
„Der Faule“ ist so faul, dass er seine Hand, mit der er das Brotstück in die Schüssel mit Dip getaucht hat, „nicht einmal zu seinem Mund“ zurückbringt. Die beschriebenen Tätigkeiten haben ihn dermaßen ermattet, dass er bereits wieder eingeschlafen ist, bevor er kauen kann. Bei dieser Beschreibung eines Faulen könnte man lachen. Das Ziel dieser Beschreibung ist es, kein Fauler sein zu wollen und dem Spott vorzubeugen, der damit verbunden ist.
In der geistlichen Anwendung sehen wir, dass es Menschen gibt, die sich nicht die Mühe machen, auch nur den geringsten Schritt zu tun, um aus ihrem sündigen Elend herauszukommen. Die Erlösung wird ihnen im Evangelium angeboten und ist in Griffweite, aber sie strecken ihre Hand nicht aus, um den zugeworfenen Rettungsring zu erfassen.
25 Zucht macht andere klug
25 Schlägst du den Spötter, so wird der Einfältige klug; und weist man den Verständigen zurecht, so wird er Erkenntnis verstehen.
In diesem Vers werden drei Arten von Menschen genannt: der „Spötter“, der „Einfältige“ und der „Verständige“. Durch ihre Reaktion auf Zucht zeigen sie, wer sie sind. Der Spötter lässt sich von keiner Zucht korrigieren. Er versteht deren Zweck nicht, weil er sich ihr vollständig verschließt.
Der Einfältige weiß nicht, dass er ein Dummer, ein Hohlkopf ist. Er ist noch nicht so verhärtet wie der Spötter. Zu ihm kann es noch durchdringen, dass die Zucht, die über den Spötter kommt, eine Warnung für ihn ist. Wenn dies zu ihm durchdringt, wird er klug werden und verstehen, was ihn erwartet, wenn er auf dem Weg des Unverstandes weitergeht und zum Spötter wird (vgl. 5Mo 19,20).
Der Verständige braucht keine Schläge. Er hat eine ausreichend geistliche Reife, um zwischen Gut und Böse unterscheiden zu können. Wenn er etwas tut, das korrigiert werden muss, kann man ihn mit Worten zurechtweisen. Diese Worte können auch schmerzhaft sein, aber er wird darauf hören und „Erkenntnis“ bekommen über das, was er getan oder gesagt hat, was nicht gut war und der Korrektur bedarf.
26 - 27 Ein Sohn, der schändlich handelt
26 Wer den Vater zugrunde richtet, die Mutter verjagt, ist ein Sohn, der Schande und Schmach bringt. 27 Lass ab, mein Sohn, auf Unterweisung zu hören, die abirren lässt von den Worten der Erkenntnis.
In Vers 26 scheint es um eine Situation zu gehen, in der Vater und Mutter vom Sohn abhängig sind und der Sohn die Situation zu seinem eigenen Vorteil missbraucht. Das wird scharf verurteilt. Es sollte Kinder davon abhalten, sich auf diese schlimme Weise gegenüber ihren alten Eltern zu verhalten.
Das ist mehr als nur Ungehorsam gegenüber den Eltern. Ungehorsam an sich ist schon schlimm genug. Es ist eine Übertretung des Gebotes, Vater und Mutter zu ehren (2Mo 20,12). Aber hier ist es das Verlassen der natürlichen Liebe, die ein Kind zu seinen Eltern haben sollte. Er verstößt gegen die elementarsten Gesetze der Natur. Der hier beschriebene Sohn versäumt nicht nur zu tun, was geboten wird, sondern behandelt seine Eltern mit Verachtung. Gott lässt die Leviten davon sagen: „Verflucht sei, wer seinen Vater oder seine Mutter verachtet“ (5Mo 27,16). Dieser Sohn ist seinen Eltern nicht nur ungehorsam, sondern nutzt sie aus.
Dies ist in einem immer kälter werdenden sozialen Klima immer häufiger der Fall. Wie aus dem, was Salomo hier sagt, deutlich hervorgeht, kam so etwas damals schon vor und ist heute aktueller denn je. In immer mehr Fällen verletzen Kinder ihre Eltern verbal oder körperlich mit der Absicht, sich zu bereichern, anstatt sich um sie zu kümmern (vgl. Mt 15,4–7). Vor kurzem gab es eine Schlagzeile: „Ausbeutung älterer Menschen durch ihre eigenen Kinder ist eine unterschätzte Form des Missbrauchs älterer Menschen“ (Het Reformatorisch Dagblad – eine niederländische Zeitung –, 15.06.2015).
Ein Sohn kann seinen Vater bestehlen. Er kann das Leben für seine Mutter so unerträglich machen, dass sie das Haus verlässt. Er bringt Schande und Schmach, weil er schändlich handelt. Es ist eine besondere Bitterkeit für Eltern, wenn sich ein Sohn so verhält. So verhielt sich Israel Gott gegenüber (Jes 1,2.3).
Im Spruch von Vers 27 ist eine gewisse Ironie zu hören. Was der Vater zu seinem Sohn sagt, ist kein Ratschlag, nicht zuzuhören. Der Vater will nur klarstellen, dass es für seinen Sohn keinen Sinn macht, auf seine Ermahnung zu hören, wenn er ohnehin nicht danach handelt. Sein Sohn darf aufhören, der Ermahnung zuzuhören, wenn er sowieso vor hat, „von den Worten der Erkenntnis“ abzuirren.
Die Ermahnung besteht also aus Worten der Erkenntnis, das sind Worte der Erkenntnis des Willens Gottes für sein Leben. Wenn er darauf hört und gehorsam ist, wird der Sohn den richtigen Weg gehen. Die Art und Weise, wie der Vater sich hier um seinen Sohn kümmert, konfrontiert den Sohn mit seiner Verantwortung. Will er einen anderen Weg gehen als den, der ihm in den Worten der Erkenntnis gezeigt wird? Dann kann er ruhig aufhören, der Ermahnung zuzuhören. Hoffentlich wird dieser Ansatz den Sohn dazu bringen, aufmerksam zuzuhören und nicht abzuirren.
28 - 29 Spötter und das Recht
28 Ein Belialszeuge verspottet das Recht, und der Mund der Gottlosen verschlingt Unheil. 29 Für die Spötter sind Gerichte bereit, und Schläge für den Rücken der Toren.
„Ein Belialszeuge“ (Vers 28) ist buchstäblich „ein verdorbener Zeuge“. Er ist von Satan inspiriert. Er verdreht bewusst die Fakten. Dass er „das Recht verspottet“, bedeutet, dass er die Verdrehung des Rechts mit größtem Vergnügen betreibt. Das Recht ist gegeben, um die Menschen von der Sünde abzuhalten, aber das kümmert einen verdorbenen Zeugen nicht im Geringsten. Ein Begriff wie „Gerechtigkeit“ ist für ihn etwas, das er lächerlich machen kann. Er kümmert sich nicht um Gott als Richter, sondern trotzt Ihm durch seine bewusste Verachtung des Rechts.
Wo es Verachtung des Rechts gibt, wird Ungerechtigkeit verschlungen, ja sogar gefressen. Die Gottlosen sind wie hungrige Wölfe, die schamlos nach Unheil jagen, um es aufzufressen, als wäre es die größte Delikatesse. Unheil ist für den Mund der Gottlosen ein wahrer Genuss. Sie kauen lügnerische Worte und sprechen sie dann aus. Daraus beziehen sie ihre ganze Lebensenergie.
Was den Gottlosen kennzeichnet, kennzeichnet unsere gefallene Natur. Unsere gefallene Natur macht uns nicht nur empfänglich für Lügen, sondern lässt uns diese auch genießen.
Gott hat „Gerichte“ für die hartnäckigen „Spötter“ bereit (Vers 29). Sie verspotten die heiligen Dinge. Ihre Verspottung wird öffentlich gerichtet werden, wenn Gott seine Gerichte nach seinem Vorsatz ausführen wird. Diesen können sie nicht entkommen. Auch die „Schläge für den Rücken der Toren“ sind bereit und werden sie unweigerlich treffen.