1 - 12 Heuschrecken wie Skorpione
1 Und der fünfte Engel posaunte: Und ich sah einen Stern, der vom Himmel auf die Erde gefallen war; und ihm wurde der Schlüssel zum Schlund des Abgrunds gegeben. 2 Und er öffnete den Schlund des Abgrunds; und Rauch stieg aus dem Schlund auf wie der Rauch eines großen Ofens, und die Sonne und die Luft wurden von dem Rauch des Schlundes verfinstert. 3 Und aus dem Rauch kamen Heuschrecken hervor auf die Erde, und ihnen wurde Gewalt gegeben, wie die Skorpione der Erde Gewalt haben. 4 Und ihnen wurde gesagt, dass sie nicht das Gras der Erde noch irgendetwas Grünes, noch irgendeinen Baum beschädigen sollten, sondern die Menschen, die nicht das Siegel Gottes an ihren Stirnen haben. 5 Und ihnen wurde gegeben, dass sie sie nicht töteten, sondern dass sie fünf Monate gequält würden; und ihre Qual war wie die Qual eines Skorpions, wenn er einen Menschen sticht. 6 Und in jenen Tagen werden die Menschen den Tod suchen und werden ihn nicht finden und werden zu sterben begehren, und der Tod flieht vor ihnen. 7 Und die Gestalten der Heuschrecken waren gleich zum Kampf gerüsteten Pferden, und auf ihren Köpfen war es wie Kronen gleich Gold, und ihre Angesichter waren wie Angesichter von Menschen; 8 und sie hatten Haare wie Frauenhaare, und ihre Zähne waren wie die von Löwen. 9 Und sie hatten Panzer wie eiserne Panzer, und das Geräusch ihrer Flügel war wie das Geräusch von Wagen mit vielen Pferden, die in den Kampf laufen; 10 und sie haben Schwänze gleich Skorpionen, und Stacheln, und ihre Gewalt ist in ihren Schwänzen, die Menschen fünf Monate zu beschädigen. 11 Sie haben über sich einen König, den Engel des Abgrunds; sein Name ist auf Hebräisch Abaddon, und im Griechischen hat er den Namen Apollyon. 12 Das eine Wehe ist vorüber; siehe, es kommen noch zwei Wehe nach diesen Dingen.
V1. Der Stern, den Johannes sieht, als der fünfte Engel posaunt, ist bereits auf der Erde. Er sieht diesen Stern nicht vom Himmel fallen, sondern weiß wohl, dass er vom Himmel auf die Erde gefallen ist. Sowohl in Kapitel 8 (Off 8,10) als auch hier geht es um einen Stern aus dem Himmel auf der Erde. In beiden Fällen siehst du eine Macht, die einmal eine anerkannte Autorität mit religiösen Charakter war, doch die nun gefallen und degradiert ist. Sie handelt entweder unter satanischem Einfluss (Off 8,10) oder als Satan selbst (hier).
Der Stern bekommt den Schlüssel zum Schlund des Abgrunds. Der Besitz eines Schlüssel bedeutet den Besitz der Macht über den Bereich, zu dem der Schlüssel Zugang gibt (Off 1,18; 3,7). Hier ist es der Schlund des Abgrunds. So hat der Stern Autorität über die finsteren Mächte des Abgrunds. Der Stern scheint daher auch eine symbolische Darstellung Satans zu sein. Die finsteren Mächte des Abgrunds haben Satan zum König (Vers 11). Der Schlund des Abgrunds ist der Ort, wo in diesem Augenblick das Böse noch unter Kontreolle gehalten wird. Wenn Satan den Schlüssel dazu bekommt, wird er diese bösen Mächte entfesseln, wie die folgenden Verse zeigen. Wenn Gott sein Ziel mit diesem Entfesseln erreicht hat, wird Er alle bösen Mächte einschließlich Satans für 1000 Jahre darin einsperren (Off 20,1–3).
V2. Der Stern öffnet den Schlund des Abgrunds. Der Abgrund ist die niedrigste, am meisten verdorbene Quelle des Bösen, wo die schlimmste Gefahr entspringt. Bis zu diesem Zeitpunkt war der Schlund noch geschlossen, das schlimmste Böse konnte noch nicht offenbar werden. Doch wenn der Schlund einmal geöffnet ist, kommen Schwärme böser Geister frei und werden die Erde überschwemmen. Sie hüllen sich in einen Rauch wie den Rauch eines großen Ofens.
Es ist schwarzer, starker Rauch, und der verursacht eine Sonnenfinsternis. Der Rauch nimmt nicht nur das Licht weg, sondern auch die Wärme. Er wirkt wie eine erstickende Decke und nimmt allen Sauerstoff weg. Der Rauch nimmt das weg, was Licht und Wärme gibt (die Sonne), und verunreinigt die geistige Atmosphäre der menschlichen Gesellschaft (die Luft). Eine geistige Finsternis legt sich auf die Menschen, sodass ihnen der Blick und das Verständnis für eine gesunde Gesellschaft genommen werden.
V3. Dass es nicht um gewöhnlichen Rauch geht, auch wenn er extrem stark und schwarz ist, zeigt sich auch an dem, was daraus hervorkommt. Der Rauch, der aus dem Schlund aufsteigt, erweist sich als Transportmittel für Heuschrecken. Die Heuschrecken stellen satanische Mächte vor (2Mo 10,12–20; Joel 1,4–7). Diese Insekten vernichten alles, was ihnen in die Quere kommt.
Die Atmosphäre des dichten Rauchs im vorigen Vers ist ein Paradies für Mächte, die wie Heuschrecken alles Leben zerstören und die wie Skorpione die Menschen quälen. Wer von einem Skorpion gestochen wird, der wird, solange das Gift wirkt, völlig unruhig sein und zum völligen Wahnsinn getrieben werden. Das wird über die Juden kommen als Folge davon, dass sie Gott verworfen haben (5Mo 28,28.65; Mt 12,43–45).
V4. Die Mächte der Finsternis werden losgelassen. Sie kommen in Schwärmen aus dem Abgrund herauf, um das Einzige zu tun, was sie tun können: Tod und Verderben säen. Sie können jedoch nicht ungehindert wirken. Sie können und dürfen nur das tun, wozu Gott sie gebrauchen will. Deshalb wird ihnen eine Beschränkung auferlegt, und die ist so groß, dass ihnen eigentlich nur ein Ziel übrig bleibt: Sie dürfen ihr verderbliches Werk nur an den Menschen ausüben, die nicht das Siegel Gottes an ihren Stirnen haben.
Das scheint ein Hinweis darauf zu sein, dass dieses Gericht der fünften Posaune besonders die gottlose Masse des jüdischen Volkes trifft. Du hast in Kapitel 7 gesehen, dass aus Israel 144.000 Menschen versiegelt wurden (Off 7,4–8). Nun siehst du, wozu das diente: Es ist ein Schutz vor den irreführenden und zerstörerischen Geistern aus dem Abgrund. Bei diesem Gericht geht es um die abgefallenen Juden, denn sie hatten mehr als andere Menschen die Erkenntnis Gottes, haben sie jedoch von sich geworfen, indem sie den Messias Gottes verwarfen.
V5. Der Bereich, wo sie ihre boshafte Macht betätigen können, ist begrenzt. Außerdem werden diese geistigen Mächte beim Quälen der Menschen eingeschränkt und auch die Dauer, wo sie ihre Macht ausüben können, ist begrenzt. Die Qual ist so heftig, dass die Menschen danach verlangen, zu sterben. Die Dauer der Qual ist relativ kurz: fünf Monate. Doch vielleicht weißt du aus Erfahrung, wie lang eine verhältnismäßig kurze Zeit sein kann, wenn du von Sekunde zu Sekunde von heftigen Schmerzen geplagt wirst. Bemerkenswert ist, dass diese Zeitspanne der normalen Lebenszeit von Heuschrecken entspricht, die ebenfalls fünf Monate beträgt.
Du kannst übrigens einen Beweis der Güte Gottes darin sehen, dass die Abgefallenen nicht sofort getötet werden. Durch diese „Verzögerung“ bekommt der Einzelne noch die Chance, sich zu bekehren. Dass diese Gelegenheit nicht genutzt wird, zeigt, wie sehr der Mensch sich verhärtet hat. Wie stark der Schmerz durch den Stich des Skorpions auch ist, er denkt nicht daran, zu Gott zu gehen und Ihn um Gnade anzuflehen (Vers 20; Off 16,9).
V6. Der Stich der Skorpione ist kein buchstäblicher Stich, so wie es sich auch nicht um buchstäbliche Skorpione handelt. Die Heuschrecken sind ebenfalls keine buchstäblichen Heuschrecken. Es geht um Symbole für Wesen, die in extrem sadistischer Weise vorgehen werden. Sie haben ein teuflisches Vergnügen daran, Menschen in einer Weise zu peinigen, dass sie den Tod suchen, weil sie glauben, dass sie dann von den Folterschmerzen frei sind. Doch der Tod, die letzte Waffe Satans, entzieht sich ihnen, sodass die Qualen weiter fortdauern.
Die Qual, die verursacht wird, besteht aus höllischen Lehren, die die Menschen in ihren Herzen und Gewissen foltern werden und denen sie sich nicht entziehen können. Dass sich dämonische Einflüsse ihrer bemächtigt haben, ist die Folge davon, dass sie sich dem Okkultismus, dem Spiritismus, der Magie und der Wahrsagerei geöffnet haben. Diese Strömungen finden zunehmend Anhänger. Menschen, die sich ihnen hingeben, werden mit Wahnsinn geschlagen werden. Sie werden versuchen, Selbstmord zu üben, um davon befreit zu werden, doch das wird ihnen nicht gelingen.
V7. Dann folgt eine Beschreibung dieser dämonischen Mächte. Die Beschreibung macht deutlich, dass sie kriegssüchtig und aggressiv sind. Pferde sind ein gutes Symbol dafür. In einigen Ländern werden Heuschrecken Pferdchen genannt, weil ihre Köpfe Pferdeköpfen gleichen (vgl. Hiob 39,23). Sie sind auch nicht zu stoppen, sondern ziehen siegend weiter, was man an ihren Köpfen erkennen kann, auf denen etwas „wie Kronen gleich Gold“ war. Das zeigt zugleich, dass sie Königswürde beanspruchen.
„Ihre Angesichter waren wie Angesichter von Menschen“: Sie handeln mit Einsicht. Diese Einsicht haben sie durch den jahrhundertelangen Umgang mit Menschen erworben. Sie präsentieren ihre verderblichen Lehren, die entsetzliche Schmerzen verursachen, sehr glaubhaft und menschlich (Menschenrechte, Rechte von Kindern, Recht auf Privatsphäre), doch das geschieht, um Gott vom Thron zu stürzen. Hinter diesem „menschlichen Angesicht“ stecken dämonische Mächte, die ihre wahre Natur verbergen.
V8. Außerdem haben sie „Haare wie Frauenhaare“. Das kann nur bedeuten, dass es um langes Haar geht. Das „Material“ ist kein anderes als das bei dem Mann. Wenn du nachschaust, was über das lange Haar der Frau in 1. Korinther 11 geschrieben steht (1Kor 11,6–15), kannst du in Verbindung mit dieser Erwähnung des Frauenhaares zwei Aspekte im Auftreten dieser Wesen erkennen.
Erstens haben sie ein angenehmes, scharmantes Auftreten, so wie das lange Haar der Frau ihr Schmuck ist und sie anziehend macht. Zweitens macht das deutlich, dass es abhängige Mächte sind, die nicht eigenmächtig operieren, sondern in Wirklichkeit ihrem Fürsten, dem Satan unterworfen sind. Diese Abhängigkeit von Satan zeigt sich auch darin, dass sie Zähne wie Löwen haben. Das bedeutet, dass ihr Vorgehen die wilde, grausame und zerreißende Kraft von Löwen hat.
V9. In ihrer gnadenlosen Grausamkeit sind sie zudem für jeden Widerstand unangreifbar. Ihr eiserner Panzer zeigt, dass sie unverwundbar sind. Er zeigt auch ihre Gefühllosigkeit und Herzlosigkeit, das völlige Fehlen von Erbarmen. Entweder haben sie kein Gewissen oder es ist verhärtet. Ihr Kriegsgerassel ist angsteinjagend (Joel 2,4–6). Ihr Ziel ist Krieg ohne Erbarmen. Sie werden von Satan angepeitscht, während sie Terror und Angst bei ihren Opfern bewirken.
V10. Die Beschreibung endet mit dem nochmaligen Hinweis darauf, dass es darum geht, den Menschen Schaden zuzufügen, und dass ihnen dafür eine begrenzte Zeit zur Verfügung steht. Das Gift befindet sich in ihren Schwänzen. Das wird hier deutlich. Schwänze stehen für falsche Lehren (Jes 9,14.15). Sie verursachen geistige Schäden durch die Verbreitung falscher Lehren, die enorme Schmerzen bewirken. Das Gift kommt aus dem Abgrund. Der abtrünnige Teil Israels wird Lehren und Grundsätze, die aus dem Abgrund hervorkommen, annehmen, und die bewirken in ihrer Seele und in ihrem Gewissen unerträgliche Ängste.
V11. Dieser Vers macht deutlich, dass sie unter einem Anführer stehen und also nicht unabhängig und nach eigenem Ermessen vorgehen. Der Engel des Abgrunds ist ihr König. Sie stehen unter seiner Herrschaft. Er ist der kontrollierende Intellekt und der verborgene Organisator dieser zerstörerischen Schlachtordnung. Sein Name wird sowohl auf Hebräisch als auch auf Griechisch genannt. Möglicherweise weist sein hebräischer Name auf die Verbindung des Antichrists mit dem abgefallenen jüdischen Volk hin und sein griechischer Name auf die Verbindung des Antichrists mit dem abgefallenen Christentum.
Die Namen haben dieselbe Bedeutung. „Abaddon“ bedeutet Verderben und bezieht sich mehr auf das Ergebnis seines Wirkens. „Apollyon“ bedeutet Verderber und bezieht sich mehr auf die Person selbst. Es kann niemand anders sein als Satan (Joh 8,44). Er ist der Engel des Abgrunds, dargestellt in dem Stern (vgl. Jes 14,12), der vom Himmel gefallen ist (Vers 1). Er beseelt den Antichrist und das Tier.
V12. Das erste „Wehe“, die fünfte Posaune, ist damit zu Ende gekommen. Die Katastrophen, die die Heuschrecken aus dem Abgrund verursachten, sollten ja auch lediglich fünf Monate dauern. Es kann sein, dass es eine kurze Unterbrechung gibt, bevor das nächste „Wehe“ ertönt. Danach muss noch ein weiteres „Wehe“ kommen. Das findet erst in Kapitel 11 statt, wenn der siebte Engel posaunt (Off 11,15–18).
Mit einem „Siehe“ wird die Aufmerksamkeit besonders darauf hingelenkt, dass nach diesem „Wehe“ noch zwei „Wehe“ kommen. So schrecklich das erste „Wehe“ auch war, die beiden anderen werden folgen. Das zweite „Wehe“ ist die sechste Posaune; dieses Gericht hat erneut Bezug auf das Römische Reich und steht in Verbindung mit dem zweiten (griechischen) Namen im vorhergehenden Vers. Nach dem Gericht an den abtrünnigen Juden unter dem ersten „Wehe“, folgt nun das Gericht an den abtrünnigen Christen.
Lies noch einmal Offenbarung 9,1–12.
Frage oder Aufgabe: Nimmst du bereits verderbliche Einflüsse in deiner Umgebung wahr? Wie kannst du sie erkennen?
13 - 21 Die sechste Posaune
13 Und der sechste Engel posaunte: Und ich hörte eine Stimme aus den vier Hörnern des goldenen Altars, der vor Gott ist, 14 zu dem sechsten Engel, der die Posaune hatte, sagen: Löse die vier Engel, die an dem großen Strom Euphrat gebunden sind. 15 Und die vier Engel wurden gelöst, die sich bereitgemacht hatten auf Stunde und Tag und Monat und Jahr, damit sie den dritten Teil der Menschen töteten. 16 Und die Zahl der Reitertruppen war zweimal zehntausend mal zehntausend; ich hörte ihre Zahl. 17 Und so sah ich die Pferde in dem Gesicht und die, die auf ihnen saßen: Und sie hatten feurige und hyazinthene und schweflige Panzer; und die Köpfe der Pferde waren wie Löwenköpfe, und aus ihren Mäulern geht Feuer und Rauch und Schwefel hervor. 18 Von diesen drei Plagen wurde der dritte Teil der Menschen getötet, von dem Feuer und dem Rauch und dem Schwefel, die aus ihren Mäulern hervorgehen. 19 Denn die Gewalt der Pferde ist in ihrem Maul und in ihren Schwänzen; denn ihre Schwänze sind gleich Schlangen und haben Köpfe, und damit beschädigen sie. 20 Und die Übrigen der Menschen, die durch diese Plagen nicht getötet wurden, taten nicht Buße von den Werken ihrer Hände, dass sie nicht anbeteten die Dämonen und die goldenen und die silbernen und die kupfernen und die steinernen und die hölzernen Götzenbilder, die weder sehen noch hören, noch gehen können. 21 Und sie taten nicht Buße von ihren Mordtaten noch von ihren Zaubereien, noch von ihrer Hurerei, noch von ihren Diebstählen.
V13. Die sechste Posaune wird von dem sechsten Engel geblasen. Als Folge davon hört Johannes eine Stimme. Die Stimme kann die Stimme Gottes oder die des Herrn Jesus sein. Sie kommt aus den vier Hörnern des goldenen Altars, der vor Gott ist. Das vermittelt den Eindruck, dass dieses Gericht die Antwort auf die Gebete der Heiligen ist, die nach Rache und Erlösung gerufen haben (Off 6,9–11; vgl. Off 8,3). Die vier Hörner zeigen, dass das Gericht voller Kraft (Hörner) und auch allgemeiner Art (die Zahl 4) ist.
V14. Hier liest du etwas, was bei keinem der bisherigen Engel geschehen ist. Der Engel, der die Posaune geblasen hat, bekommt nämlich einen Auftrag. Dieser Engel wird dadurch bei dem Gericht, das er ankündigt, selbst mit einbezogen. Er bekommt den Auftrag, die vier Engel zu lösen, die am Euphrat gebunden sind. Der Euphrat ist immer die Grenze zwischen Israel im weitesten Sinn (1Mo 15,18) und den östlichen Mächten, insbesondere Assyrien. Er war auch die äußerste östliche Grenze des Römischen Reiches.
Diese vier gebunden Engel dürfen nicht mit den vier Engeln in Kapitel 7 (Off 7,1–3) verwechselt werden, die die vier Winde festhielten. Hier werden Mächte gelöst, dort wurden sie festgehalten. Dort sind es gute Engel, die das Ausbrechen des Bösen noch kurz zurückhalten; hier sind es böse Engel, die selbst im Begriff stehen, Unglück zu bewirken. Es sind böse Engel, was man daran erkennt, dass sie gelöst werden müssen.
V15. Es ist bemerkenswert, dass hier steht, dass die vier Engel sich bereitgemacht haben, um in einem genau bestimmten Augenblick gelöst zu werden. Das macht dir deutlich, dass Gott alles in seiner Vorsehung bestimmt. Er regelt alles im Voraus, sodass es alles in dem richtigen Augenblick geschehen kann. Er bestimmt die Mittel und den Zeitpunkt. Gott hat diese Engel längst bereitstehen. Er hält alles in der Hand und lässt es geschehen, wie es seinem Plan entspricht und seinem Ziel dient. Das gilt auch für alle zerstörerischen Mächte. Sie werden gelöst, um den dritten Teil der Menschen zu töten.
V16. Mit dem Lösen der Engel zieht eine riesige Armee herauf. Es scheint so, dass die vier bösen Engel diese Armeen mobilisieren. Alle Armeen, bestehend aus Pferden mit Reitern, bilden zusammen ein Heer von zweihundert Millionen Reitern. Johannes hört ihre Zahl, denn es war unmöglich, sie zu zählen. Die Zahl wird genannt, um einen Eindruck von der enormen Menge zu geben, die sich aufmacht, um Krieg zu führen.
Es kann sehr gut sein, dass diese Zahl buchstäblich zu verstehen ist. Es ist auch möglich, dass in dieser Anzahl die dämonischen Mächte mitgerechnet werden müssen, die diese Armee anführen. Diese Mächte kommen aus dem Osten. Möglicherweise kann man bei diesen Armeen an den großen Einflusses des Islam denken, der sich in dieser Zeit immer mehr Geltung verschafft.
V17. Johannes teilt mit, dass er das alles in einem Gesicht sieht. Die Armee ist also noch nicht wirklich vorhanden, sondern er sieht mit seinem geistigen Auge, was stattfinden wird. Er sieht nicht nur Ereignisse und den Schauplatz, wo es geschieht, sondern er sieht auch die Handelnden. Es sind Erscheinungen, die Angst einjagen. Dennoch hat Johannes keine Angst. Das braucht auch bei dir nicht der Fall zu sein. Es sind ja Wesen, die letztlich in der Hand Gottes sind. Er bestimmt ihr Handeln und ihren Weg.
Die Kennzeichen dieser Armeen sind die der Hölle; sie tragen die Waffenrüstung der Hölle. Feuer und Schwefel sind die verzehrenden Elemente, die im Gericht gebraucht werden (1Mo 19,24). Sie sind auch Symbole für die ewige Qual (Off 20,10). Ihre Rüstungen weisen wieder auf ihre völlige Gefühllosigkeit hin. Die Löwenköpfe zeigen ihre Überlegenheit. Was aus ihren Mäulern kommt, kommt aus ihrem Herzen (Mt 15,18.19; 12,34; Off 16,13), wobei deutlich ist, dass ihr Herz mit der Hölle in Verbindung steht. Was sie ausstoßen, verzehrt und erstickt alles Leben und führt in Finsternis und Täuschung, ohne irgendeinen Ausweg.
V18. In diesem Krieg werden höllische Mittel – Feuer, Rauch und Schwefel – eingesetzt, um Menschen zu töten. Diese Armeen ernten für den Tod. Die Mittel, mit denen sie töten, werden in diesen Versen zweimal erwähnt und kommen aus ihren Mäulern; auch das wird zweimal erwähnt. Ihre Mäuler weisen auf ihre Gefräßigkeit hin, nämlich dass Menschen von ihnen verschlungen werden. Es kann auch sein, dass sie mit beispielloser Redegewandtheit an Menschen herangehen und sie dadurch gewinnen und dass die Menschen auf diese Weise diesen Armeen zum Opfer fallen. So werden sie getötet, was in geistlicher Hinsicht bedeutet, dass jede Verbindung mit Gott, falls die überhaupt noch vorhanden sein mag, ausgelöscht wird.
V19. Hier wird noch einmal der verschlingende und verführerische Charakter dieser Heeresmacht betont. Das Maul weist auf Verschlingen hin. Die Schwänze mit Köpfen weisen auf Täuschung und Verrat hin, was durch den Vergleich mit Schlangen deutlich wird. Die Reiter scheinen hier übrigens keine Rolle zu spielen, denn es ist nur von Pferden die Rede.
Bemerkenswert ist, dass „Maul“ hier in der Einzahl steht – während vorher zweimal von „Mäulern“ (Plural) die Rede ist – und dass „Schwänze“ im Plural steht. Das zeigt, dass ein Geist sie alle beseelt und sie aus diesem einen Geist heraus handeln, während die Schwänze auf die vielfältigen Lehren und Lügen Satans hinweisen. Die Köpfe an den Schwänzen weisen darauf hin, dass ihr bösartiger Einfluss klug gesteuert wird.
V20. Nachdem die Pferde ihr verderbliches Werk ausgeführt haben, bleiben noch viele Menschen übrig. Sie werden das ungeheure Abschlachten sehen, das diese außergewöhnliche Armee durchführt. Doch es gibt bei ihnen keinerlei Bewegung in Richtung auf den lebendigen Gott zu, um sich zu Ihm zu bekehren. Sich haben Ihn aufgegeben, und es gibt keinerlei Gedankenansatz bei ihnen, Gott wieder in ihrem Leben zuzulassen.
Diese Menschen sind allerlei Formen des Götzendienstes anheimgefallen sowie dämonischen Mächten der Gewalt und des Verderbens. Sie beten ihre kulturellen, technischen und medizinischen Produkte an, Leistungen, die sie erbracht haben, ohne Gott dafür zu danken, der sie dazu befähigt hat. Der unterschiedliche Wert der Materialien, die aufgezählt werden, macht deutlich, dass alle Gesellschaftsschichten, die Reichen und die Armen, sich dem Götzendienst hingegeben haben. Jeder macht mit den Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen, einen eigenen Götzen, den er anbetet. Die Art des Götzen, der angebetet wird, entspricht dem Verhalten des Anbeters und zeigt, was für einen Charakter er hat. Das siehst du im folgenden Vers.
Dabei musst du bedenken, dass die Menschen, um die es hier geht, die Namenschristen von Westeuropa sind. Das ist der Teil der Welt, wo das Licht des Evangeliums am hellsten geschienen hat. Das Evangelium ist jedoch immer mehr ein soziales Gerede über Menschenfreundlichkeit geworden, und Gott in seiner Heiligkeit Gott ist daraus stets mehr vertrieben worden. Dadurch ist das Licht zur Finsternis geworden. Wenn Licht zur Finsternis wird, ist das die größtmögliche Finsternis (Mt 6,23).
Sie „taten nicht Buße von den Werken ihrer Hände“, das heißt, von ihren Götzen. Ihr gesamtes Leben, alle ihre täglichen Beschäftigungen, waren so mit Götzendienst verbunden, dass sie völlig blind dafür waren, dass sie Götzendienst übten. Schließlich wird von den Götzen noch einmal gesagt, dass sie gänzlich unfähig sind, irgendetwas zu tun. Gottes Geist verhöhnt sie, wie du das auch in Jesaja 44 (Jes 44,9–20) nachlesen kannst.
V21. Noch einmal wird festgestellt, dass sie nicht Buße taten. Im vorherigen Vers hast du eine Beschreibung des Verfalls des Christentums gesehen. Die Werke von Menschenhand sind Gegenstände der Anbetung geworden. Doch das ist nicht alles. Mit dieser Anbetung der Götzen ist eine innere Verdorbenheit verbunden, die sich auf abscheulichste Weise äußert. Es zeigt sich ein grenzenloser Egoismus in Bezug auf andere Menschen.
Hier offenbart sich eine völlige moralische Entartung, wie die Welt sie noch nie gesehen hat. Bei der Anbetung seiner Götzen folgt der Mensch ohne irgendein Hemmnis den Begierden seiner verdorbenen Natur. In den Taten des Menschen wird deutlich, dass die beiden Kennzeichen Satans, Lüge und Mord, den Menschen am Ende vollständig beherrschen werden.
Es geht nicht um Zwischenfälle, sondern um Mord, Zauberei, Hurerei und Diebstahl, und die sind an der Tagesordnung. Die Dinge, die aufgezählt werden, zeigen die völlige Selbstsucht des Menschen und den völligen Mangel an Achtung vor dem, was einem anderen gehört. Jede von Gott verbotene Beziehung wird von diesen Menschen gierig gesucht. Wo die Beziehung zu Gott nicht vorhanden ist, werden die Beziehungen innerhalb der Gesellschaft immer lockerer und es verschwindet der Respekt vor den Rechten und dem Besitz anderer. Jeder dreht sich nur noch um sich selbst.
Mord offenbart den Mangel an Respekt vor dem Leben. Den siehst du heutzutage in der Legalisierung der Abtreibung (Mord im zartesten Stadium des Lebens) und der Legalisierung der Euthanasie (Mord am Lebensende). Dazwischen liegen die zahllosen gewalttätigen Morde.
Bei der Zauberei geht es um den unerlaubten Umgang mit bösen Geistern, damit man die Zukunft vorhersagen kann (1Sam 28,7). Hurerei bedeutet, die von Gott eingesetzte Ehe mit Füßen zu treten und die Rechte zu verachten, die damit zusammenhängen (siehe 1Thes 4,6). Diebstähle werden mit der größten Selbstverständlichkeit durchgeführt, als bestünde ein Recht auf den Besitz eines anderen. Die Moral ist so tief gesunken, dass es keinerlei Bewusstsein bezüglich Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit mehr gibt.
Lies noch einmal Offenbarung 9,13–21.
Frage oder Aufgabe: Welche Formen des Götzendienstes stellst du in deiner Umgebung fest? Siehst du auch bei dir selbst die Gefahr, einen Götzen zu verehren?