1 - 4 Die große Hure
1 Und es kam einer von den sieben Engeln, die die sieben Schalen hatten, und redete mit mir und sprach: Komm her, ich will dir das Urteil über die große Hure zeigen, die auf den vielen Wassern sitzt, 2 mit der die Könige der Erde Hurerei getrieben haben; und die, die auf der Erde wohnen, sind trunken geworden von dem Wein ihrer Hurerei. 3 Und er führte mich im Geist weg in eine Wüste; und ich sah eine Frau auf einem scharlachroten Tier sitzen, voller Namen der Lästerung, das sieben Köpfe und zehn Hörner hatte. 4 Und die Frau war bekleidet mit Purpur und Scharlach und übergoldet mit Gold und wertvollem Stein und Perlen, und sie hatte einen goldenen Becher in ihrer Hand, voll von Gräueln und den Unreinheiten ihrer Hurerei;
V1. Im vorigen Kapitel warst du Zeuge der endgültigen Gerichte über die Erde, wie sie von sieben Engeln mittels ihrer sieben Schalen ausgeführt wurden. Damit ist der Grimm Gottes gestillt (Off 15,1). In der Beschreibung der Gerichte im vorigen Kapitel befindet sich lediglich in einem einzigen Vers ein Hinweis auf das Gericht über das große Babylon (Off 16,19). In den Kapiteln 17 und 18 erhält Johannes – und du mit ihm – eine ausführliche Erklärung dieses Gerichtes. Diese Erklärung bekommt Johannes von einem der sieben Schalenengel, also von jemandem, der daran beteiligt ist und weiß, worum es geht.
Es ist jedoch nicht nur eine mündliche Erklärung. Johannes bekommt auch etwas zu sehen. Der Engel lädt Johannes ein, an einen Ort mitzukommen, wo er ihm zeigen will, wie das große Babylon zu seinem Ende kommt.
Bevor sie dort ankommen, informiert der Engel Johannes über das, was er sehen wird. Er wird Augenzeuge des Gerichtes an der Stadt, die hier als „die große Hure“ vorgestellt wird (Vers 18; vgl. Jes 1,21). Aus der darauf folgenden Beschreibung wird deutlich, dass dies eine Bezeichnung für die römisch-katholische Kirche ist. Weiterhin sieht er, dass die Hure „auf den vielen Wassern sitzt“. Was die vielen Wasser sind, steht in Vers 15. Es sind die Völker der Erde, und zwar speziell die, die zum wiederhergestellte römische Reich gehören, was sich in Vers 16 herausstellt.
Die Hure ist die Kirche, die dem Namen nach christlich ist und sich anmaßt, Christus zu vertreten, die sich in der Praxis jedoch völlig mit der Welt („den vielen Wassern“) verbunden hat. Johannes sieht die römische Kirche also in der Verbindung, die sie mit den Königen der Erde geknüpft hat. Ihre Untreue zeigt sich in ihren Liebesbezeugungen gegenüber den Regierungen der Welt. Die Tatsache, dass sie auf den Wassern sitzt, zeigt, dass sie Autorität über viele Regierungen hat. Das siehst du vor allem in Ländern, wo die römische Kirche viele Anhänger hat. In ihrer Verdorbenheit beeinflusst sie diese Regierungen. Sie gibt vor, für eine gute Sache einzustehen, doch in Wirklichkeit ist sie auf Macht aus.
Die römisch-katholische Kirche hat sich wie keine andere Kirche angemaßt, die wahre Kirche und die wahre Braut Christi zu sein. Sie hat auch wie keine andere Kirche in ihrer Geschichte auf die abscheulichste Weise Beweise ihrer durch und durch weltlichen, dämonischen Praktiken gegeben. Sie ist eine echte Anti-Kirche, die in diesem und im nächsten Kapitel in ihrer wahren Natur gezeigt und gerichtet wird.
Alles, was von dieser falschen Kirche gesagt wird, macht deutlich, dass sie völlig zu Recht als „große Hure“ bezeichnet wird. Sie gibt sich als die Braut Christi aus, ist aber eine Hure. Und sie ist nicht nur eine Hure, nein, sie ist „die große Hure“. Man kann sich keinen größeren Gegensatz zu einer ehelichen Beziehung vorstellen. Damit der enorme Gegensatz zwischen der wahren Kirche und der falschen Kirche noch tiefer auf dich einwirken kann, solltest du die Verse 1–5 dieses Kapitels einmal mit Kapitel 21,9–11 vergleichen (Off 21,9–11), wo die wahre Kirche, die Gemeinde, vorgestellt wird.
V2. Die Könige der Erde, die weltlichen Führer, haben den Kontakt zu ihr gesucht. Sie nahmen ihre Einladung an. Das haben sie natürlich aus rein egoistischen Motiven getan. Die römische Kirche ist reich, mächtig und einflussreich. Begierig haben sie daher den Wein ihrer Hurerei getrunken. Durch den Umgang mit ihr sind sie unter ihren Einfluss gekommen und haben sich dadurch berauscht. Sie durchschauen ihre wahren Absichten nicht. Wenn die ihr einmal klar werden, werden sie die Hure hassen und sie töten (Vers 16).
Die Könige der Erde repräsentieren die Bewohner der Länder, über die sie regieren. In ihren Verkehr mit der großen Hure ziehen sie alle ihre Untertanen mit hinein, das sind alle die, die auf der Erde wohnen. Wenn der Papst jetzt irgendwo einen Besuch abstattet, bringt das Menschenmassen auf die Beine. Jeder versucht, einen seiner Blicke zu erhaschen. In seiner Position ist er der Ausdruck der Macht der Kirche. Die Masse ist blind im Blick auf seine Anmaßung, der Stellvertreter Christi zu sein. Für sie ist er der Christus. Er ist sichtbar und einflussreich und von Mystik umgeben. Das gefällt der Menge.
V3. Es scheint so, dass der Engel Johannes eine Vision zeigt. In dieser Vision sieht er sich im Geist in eine Wüste versetzt, in ein Gebiet, wo der Tod herrscht. In einer Wüste fehlt jedes Leben und die Möglichkeit, dort zu leben. Dort sieht Johannes eine Frau, die große Hure des vorherigen Verses. Der Bereich des Todes erweist sich als der Aufenthaltsort der Hure. Das ist eine gute Beschreibung ihres geistlichen Zustandes. Sie ist voller Tod. Es ist kein Leben aus Gott und kein Leben mit Gott vorhanden.
Johannes sieht auch, wie diese Frau auf einem Tier sitzt. Der Beschreibung dieses Tieres bist du bereits früher begegnet, und zwar in Kapitel 13 (Off 13,1–8). Dort hast du gesehen, dass dieses Tier das wiederhergestellte Römische Reich darstellt. Was Johannes hier sieht, macht deutlich, dass die römische Kirche auf dem Tier sitzt, das heißt, dass sie darauf reitet und es lenkt.
Diese Szene symbolisiert das, was aus der Geschichte der Kirche bekannt ist. Es hat nämlich Zeiten gegeben, wo der Papst absolute Macht über die Fürsten Europas hatte. In der Endzeit wird die politische und religiöse Macht der römischen Kirche wieder groß sein. Diese Zunahme an Macht siehst du in der beständig verstärkten Einmischung des Papstes in das Weltgeschehen. Er empfängt weltliche Führer, und sie empfangen ihn.
Auch vernimmt man immer deutlicher die Aufrufe des Papstes an die Adresse der weltlichen Führer zu einer Vielzahl von Themen, die mit dem Leben auf der Erde zu tun haben. Die römische Kirche vermittelt mit solchen Aufrufen den Eindruck, sie wolle für eine gerechte, tolerante und friedliche Gesellschaft eintreten. Sie erweckt auch den Eindruck, sie wolle das zusammen mit den weltlichen Führern verwirklichen. Sie regt sich jedoch nicht darüber auf, dass das Tier voller Namen der Lästerung ist, das heißt, dass all die unterschiedlichen Formen von Gotteslästerung in diesem Tier vorhanden sind. Das Einzige, was sie will: Sie will über den sieben Köpfen und den zehn Hörnern stehen. Was es mit den sieben Köpfen und den zehn Hörnern auf sich hat, hast du in Kapitel 13 (Off 13,1) gesehen.
V4. Nun folgt eine ausführliche Beschreibung der Frau. Das macht überdeutlich, dass dieses abscheuliche Wesen die römisch-katholische Kirche darstellt. Du siehst das an ihrer Kleidung (Vers 4), die ihren Hang zu weltlichem Luxus zeigt. Außerdem ist sie trunken vom Blut der Heiligen (Vers 6), was darauf hinweist, dass sie die wahren Gläubigen mit Feuer und Schwert verfolgt hat. Ein deutliche Sprache sprechen in diesem Zusammenhang auch die sieben Köpfe, eine Darstellung von sieben Bergen (Vers 9), auf denen Rom liegt und von denen es heißt, dass die Frau darauf sitzt. Schließlich wird unumwunden gesagt, dass die Frau die große Stadt ist (Vers 18).
An dem Luxus, in dem sie schwelgt, sieht man unverkennbar ihre Verbindung zur Welt. Sie ist mit allem irdischen Prunk geschmückt und übertrifft damit die weltlichen Führer. Das Tier hat eine scharlachrote Farbe (Vers 3), so kleidet sie sich mit denselben Farben. Ihre Üppigkeit ist so groß, dass sogar die weltlichen Führer durch sie reich geworden sind (Off 18,3). Sie hat nicht nur politischen und religiösen Einfluss. Sie hat auch auf wirtschaftlichem Gebiet sehr viel zu bieten und konkurriert im Angebot von Handelsware. Entscheidend ist, dass etwas Gewinn bringt, sei es in harter Währung, sei es in Ansehen und Einfluss.
Der Becher in ihrer Hand ist voll von Gräueln. „Gräuel“ bezeichnet Götzendienst. Die römisch-katholische Kirche hat mit großer Raffinesse, Entschiedenheit und Beharrlichkeit den Götzendienst in die christliche Kirche eingeführt. Der deutlichste Beweis ist ihre Marienverehrung und die Verehrung vieler anderer von der römischen Kirche heiliggesprochener Menschen.
Vor einiger Zeit las ich in den Nachrichten einen Bericht, der gut in diesen Zusammenhang passt. Er war eine Bestätigung dafür, dass die Heiligenverehrung noch üppig gedeiht: „Italienische Katholiken, die auf die Unterstützung eines Heiligen rechnen, brauchen nicht mehr ein Porträt von ihm oder ihr bei sich zu tragen. Sie können das Bild des Heiligen auch auf ihr Handy herunterladen. Nicht jeder römisch-katholische Führer ist über diesen neuen Service glücklich, weil er plump und zu kommerziell sei. ,Wir entdeckten eine Marktlücke und füllten sie aus’, sagt Barbara Labate im Namen des Unternehmens, das die Heiligen für das Handy anbietet. In vielen Taxis, Personen- und Lastwagen in Italien hängt ein santino (ein Heiligenbild) am Armaturenbrett. Millionen Italiener tragen ein santino in ihrem Portmonee oder in der Tasche.“
Von dem Becher wird auch gesagt, dass er voll von den Unreinheiten ihrer Hurerei ist. Das zeigt, wie sie sich mit den Elementen der Welt verbunden hat. Du kannst das überall beobachten, wo die römische Kirche in heidnischen Ländern Fuß gefasst hat. Dort hat sie die heidnischen Gewohnheiten verchristlicht, statt sie abzuschaffen. Sehr listig hat sie den Götzendienst, der bis dahin diese Völker kennzeichnete, mit einem christlichen Mäntelchen umgeben.
Alles, was du in der Bibel über Babylon findest, steht mit Götzendienst in Verbindung. Die erste Erwähnung Babels – das ist in der Geschichte vom Turmbau zu Babel – zeigt bereits diese Verbindung (1Mo 11,1–9). Das sündige Streben nach Einheit und Macht kam hervor aus dem Willen des Menschen, wie Gott zu sein. Das ist im Grunde Götzendienst. Gott wird nicht aufgegeben, aber man raubt Ihm seinen wahren Platz. Der Mensch setzt sich an die Stelle Gottes und bestimmt selbst, wie er Gott dient. Damit war der Götzendienst geboren.
Dazu gehört, dass man sichtbaren und greifbaren Dingen geistlichen Wert beimisst. Das dient dann der Befriedigung der geistlichen Gefühle des Menschen. Auch das ist eine entsetzliche Vermischung weltlicher Elemente mit dem Gottesdienst, wodurch dieser Gottesdienst zur Hurerei entartet. Die römische Kirche ist voll von diesen Elementen. Denk nur an Kruzifix, Altar, Oblate, um nur einige zu nennen.
Lies noch einmal Offenbarung 17,1–4.
Frage oder Aufgabe: Welche Elemente des Götzendienstes in der römisch-katholischen Kirche kennst du?
5 - 10 Das Geheimnis erklärt
5 und an ihrer Stirn hatte sie einen Namen geschrieben: Geheimnis, Babylon, die große, die Mutter der Huren und der Gräuel der Erde. 6 Und ich sah die Frau trunken von dem Blut der Heiligen und von dem Blut der Zeugen Jesu. Und ich verwunderte mich, als ich sie sah, mit großer Verwunderung. 7 Und der Engel sprach zu mir: Warum verwundertest du dich? Ich will dir das Geheimnis der Frau sagen und des Tieres, das sie trägt, das die sieben Köpfe und die zehn Hörner hat. 8 Das Tier, das du sahst, war und ist nicht und wird aus dem Abgrund heraufsteigen und ins Verderben gehen; und die, die auf der Erde wohnen, deren Namen nicht in dem Buch des Lebens geschrieben sind von Grundlegung der Welt an, werden sich verwundern, wenn sie das Tier sehen, dass es war und nicht ist und da sein wird. 9 Hier ist der Verstand, der Weisheit hat: Die sieben Köpfe sind sieben Berge, auf denen die Frau sitzt. Und es sind sieben Könige: 10 Fünf von ihnen sind gefallen, der eine ist da, der andere ist noch nicht gekommen; und wenn er kommt, muss er eine kurze Zeit bleiben.
V5. Dämonen nehmen die religiösen Gefühle, die von der ehebrecherischen Kirche propagiert und zum Ausdruck gebracht werden, mit teuflischer Dankbarkeit auf. Die Schrift macht nämlich deutlich, dass hinter Götzendienst Satan steckt (1Kor 10,20). Jede Bewunderung dessen, was sichtbar und greifbar ist, ist ihm zuzuordnen. Babylon wird nicht von ungefähr „Geheimnis“ genannt. Obwohl sie ihren Namen für alle sichtbar trägt, ist ihr wahrer Charakter für alle diejenigen, die sich in ihrer Macht befinden, dennoch verborgen. Geheimnis bedeutet, dass Einsicht erforderlich ist, um den wahren Charakter Babylons zu kennen. Dieser wahre Charakter ist, dass sie die Mutter der Huren und der Gräuel der Erde ist.
Wir brauchen ein Bibelbuch wie die Offenbarung, um ihren wahren Charakter zu durchschauen. Die Annäherung der protestantischen Kirchen an die römisch-katholische Kirche zeigt, dass sie für viele immer noch ein Geheimnis ist. Diese Annäherung ist auch unter evangelikalen Christen immer mehr zu beobachten. Angesichts der Annäherung protestantischer und evangelischer Kirchen und evangelikaler Gruppen ist auch ihr anderer Name, „die Mutter der Huren“, aufschlussreich. Dieser Name zeigt, dass die römische Kirche Kinder hat, die ihr in ihrer Verbindung zur Welt folgen. Sie ist die Mutter von Töchtern, die dieselben Eigenschaften haben wie sie.
Das ist bei all diesen Kirchen zu erkennen, die sich dem Weltkirchenrat angeschlossen haben, unter ihnen viele protestantische Kirchen. Du siehst das auch in den Staatskirchen, die aus der römisch-katholischen Kirche heraus entstanden sind. Bei ihnen sind bestimmte Kennzeichen geistlicher Hurerei zu sehen, die auch in der römischen Kirche zu sehen sind. Daher müssen sie in moralischer Hinsicht als Töchter bezeichnet werden. Dass sie auch die Mutter der Gräuel der Erde ist, bedeutet, dass sie den Götzendienst hervorgebracht hat, sie ist dessen Ursprung. Schau dir noch einmal den Kommentar zum vorherigen Vers an.
Die Blindheit der Masse für den wahren Charakter der römisch-katholischen Kirche lässt sich auch dadurch erklären, dass es kaum Bibelstudium gibt. Und wenn man mal in der Bibel liest, geschieht das häufig, um etwas „für die Praxis“ davon zu haben, etwas daraus zu erfahren. Es muss ein gutes Gefühl vermitteln. Dem entspricht perfekt der römische Katholizismus mit all seinen Ritualen und Ikonen. Deshalb ist seine Anziehungskraft so groß und deshalb finden diese Dinge eine immer größere Anhängerschaft. Dass auf ihrer Stirn eine Warnung in Großbuchstaben steht, dringt nicht ins Bewusstsein.
V6. Johannes sieht, wie die Frau sich an der Ermordung der Gläubigen ergötzt. Diese Gläubigen sind nicht solche Heiligen, die von der römischen Kirche für heilig erklärt wurden, sondern sie sind die wahren Heiligen, wie Gott sie sieht. Solche Heiligen wecken die Blutgier der Kirche. Ihre Blutgier wird auch durch die Zeugen Jesu erregt. Diese Gläubigen bezeugen nicht die römische Kirche als die einzig wahre Kirche, sondern sie bezeugen Jesus. Jesus ist der Name des Herrn, der auf die Zeit hinweist, als Er in Niedrigkeit auf der Erde war, in völliger Armut und Unscheinbarkeit. Das steht in krassem Gegensatz zu der üppigen Wohlfahrt, in der die römische Kirche schwelgt.
Das Blut, das die Frau vergießt, versetzt sie in einen Rausch. Mit teuflischem Vergnügen schlürft sie das Blut, bis sie übermäßig davon gesättigt ist. Ihr Anblick bewirkt bei Johannes große Verwunderung. Ein solches Blutbad und das wollüstige und teuflische Vergnügen, womit das geschieht, würden ihn nicht verwundert haben, wenn sie dem Römischen Reich zugeschrieben worden wären. So braucht es auch uns nicht zu verwundern, wenn die Welt uns hasst (Joh 15,18; 1Joh 3,13). Was Johannes verwundert, ist der grausame Charakter der Frau, die behauptet, Stellvertreter und Repräsentant Christi zu sein. Statt das Volk Gottes zu beschützen, verfolgt und tötet sie gerade die, die Christus angehören. Das ist der Grund für seine große Verwunderung.
V7. In seiner Reaktion auf die Verwunderung des Johannes sagt der Engel, dass die Frau sich so offenbare, brauche ihn nun auch wieder nicht zu sehr zu verwundern. Auch uns braucht es nicht sehr zu verwundern. Der Mensch ist nämlich zu allem fähig. Waren es nicht gerade religiöse Menschen, die den Herrn Jesus, den Sohn Gottes, umbrachten? Wie konnte das geschehen? Das geschah, weil sie in Ihm eine Bedrohung ihrer Stellung sahen. So ist jedes religiöse System darauf aus, alle hinauszuwerfen oder ihnen zu wehren, die ihr Existenzrecht auch nur in Frage stellen. Was nach dem Fleisch ist, verfolgt immer das, was nach dem Geist ist (Gal 4,29).
Der Engel weiht ihn in das Geheimnis ein. In Vers 5 betraf das Geheimnis allein die Frau, jetzt fügt er das Geheimnis des Tieres und seine Kennzeichen hinzu. Dieses Geheimnis steht im Gegensatz zu einem Geheimnis von ganz anderem Charakter, nämlich dem Geheimnis „Christus und die Gemeinde“ (Eph 5,32). Während das eine Geheimnis in Zusammenhang mit vollkommener Reinheit, Heiligkeit und Einheit im Guten steht, spricht das andere Geheimnis von Finsternis, Verderben und Verführung.
V8. Johannes erhält eine nähere Erklärung der Dinge, die bereits früher beschrieben wurden und auf die schon kurz hingewiesen wurde (Off 11,7; 12,4; 13,1–8.). Der Engel erklärt, was diese Symbole bedeuten. Er beginnt mit dem Tier. Zuerst nennt er vier Perioden aus der Geschichte des Tieres, also des Römischen Reiches.
1. Die erste Phase („war“) beginnt mit der Gründung Roms im Jahre 753 v. Chr. Seitdem hat Rom eine stetige und eindrucksvolle Entwicklung mitgemacht, die ihren Höhepunkt in der Erlangung der Weltherrschaft etwa im Jahr 168 v. Chr. erreichte. Das Römische Reich hat die Weltherrschaft unangefochten besessen, bis im vierten und fünften Jahrhundert n. Chr. der Verfall eintrat, was schließlich zum Fall Roms im Jahre 476 führte.
2. Dann beginnt die zweite Phase, in der das Reich nicht existiert („ist nicht“). Das ist die Zeit, in der wir uns – seit dem Fall Roms – immer noch befinden. Augenblicklich besteht das Römische Reich nicht. Allerdings haben während dieser Zeit mehrere versucht, dieses Reich zu beleben (z. B. Karl der Große, Napoleon). Diese Periode hat ihre längste Zeit hinter sich.
3. Die Zeit rückt nämlich schnell näher, dass das Tier „aus dem Abgrund heraufsteigen“ wird. Das ist dann die dritte Phase. Hier wird die Wiederherstellung des verlorengegangenen und verloren geglaubten Römischen Reiches angedeutet, auch dass diese Wiederherstellung einen besonderen Ausgangspunkt hat. Niemals zuvor ist ein Reich aus dem Abgrund heraufgestiegen. Dieses Reich wird nicht von Gott gegeben, sondern von Satan und seinen Dämonen. Es ist dämonischen Ursprungs. Dieser Ursprung ist neu. Bis dahin gab es keine Obrigkeit, außer von Gott (Röm 13,1–6; vgl. Dan 2,37; 5,18–19.). Das Tier bekommt seine Autorität nicht von Gott, sondern vom Drachen. Der Abgrund ist der Bereich der Dämonen (Off 9,1–11). Die Wiederherstellung dieses Reiches wird überall Verwunderung hervorrufen (Off 13,3). Du hast diese Aspekte auch in Kapitel 13 gesehen.
4. Die vierte Phase dieses Reiches ist die des Verderbens („geht ins Verderben“). Seine Herrschaft wird also beendet, und zwar durch das Gericht, das der Herr Jesus vollziehen wird (Vers 14). Das wird in Kapitel 19 ausführlicher beschrieben, und dort werden wir weiter darüber nachdenken.
V9. Um diese Dinge zu verstehen, ist Verstand mit Weisheit erforderlich. Der Engel erklärt das näher. Die sieben Köpfe stehen für die sieben Berge, auf denen Rom liegt. Das macht deutlich, dass Rom das politische Zentrum des Reiches ist. Zugleich ist Rom das Zentrum der Kirche, dargestellt durch die Frau, die auf sieben Bergen sitzt.
V10. Doch es gibt noch eine zweite Bedeutung der sieben Köpfe. Die sieben Köpfe sind nicht nur ein Bild von sieben Bergen, sondern auch von sieben Königen. Wie lässt sich das mit den zehn Hörnern in Übereinstimmung bringen, von denen wir wissen, dass sie auch zehn Könige darstellen (Vers 12; Dan 7,24)? Die Erklärung ist, dass die sieben Köpfe sieben Könige oder Regierungsformen sind, die nacheinander Macht ausgeübt haben. Das sieht man in diesem Vers. Wir lesen von fünf Königen oder Regierungsformen, die es bereits gegeben hat, von einer, die „ist“ (die kaiserliche Form zur Zeit des Johannes), und von einer, die noch kommen wird. Von den zehn Königen oder Herrschern lesen wir dagegen in Vers 12, dass sie eine Stunde zusammen mit dem Tier regieren, also gleichzeitig. Was in Vers 12 „eine Stunde“ genannt wird, wird hier in Vers 10 „eine kurze Zeit“ genannt. Aus Kapitel 13 weißt du, dass es um die verhältnismäßig kurze Zeit von dreieinhalb Jahren geht.
Zur Zeit des Johannes hatte es also bereits fünf Regierungsformen gegeben. Welche Formen das waren, lässt sich nicht mehr genau sagen. Um einige Möglichkeiten zu nennen: Wir können beispielsweise an Formen wie das Königtum, Herrschaft von Konsuln oder Diktaturen usw. denken. In jedem Fall bestand in den Tagen des Johannes die sechste Form, das ist das Kaisertum.
Lies noch einmal Offenbarung 17,5–10.
Frage oder Aufgabe: Was ist die Erklärung des Geheimnisses?
11 - 18 Die Könige und das Tier gegen die Hure
11 Und das Tier, das war und nicht ist, er ist auch ein achter und ist von den sieben und geht ins Verderben. 12 Und die zehn Hörner, die du sahst, sind zehn Könige, die noch kein Königreich empfangen haben, aber sie empfangen Gewalt wie Könige für eine Stunde mit dem Tier. 13 Diese haben einen Sinn und geben ihre Macht und Gewalt dem Tier. 14 Diese werden mit dem Lamm Krieg führen, und das Lamm wird sie überwinden; denn er ist Herr der Herren und König der Könige, und die mit ihm sind Berufene und Auserwählte und Treue. 15 Und er spricht zu mir: Die Wasser, die du sahst, wo die Hure sitzt, sind Völker und Völkerscharen und Nationen und Sprachen. 16 Und die zehn Hörner, die du sahst, und das Tier, diese werden die Hure hassen und werden sie öde und nackt machen und werden ihr Fleisch fressen und sie mit Feuer verbrennen. 17 Denn Gott hat in ihre Herzen gegeben, seinen Sinn zu tun und in einem Sinn zu handeln und ihr Königreich dem Tier zu geben, bis die Worte Gottes vollbracht sein werden. 18 Und die Frau, die du sahst, ist die große Stadt, die das Königtum hat über die Könige der Erde.
V11. Die siebte Form muss noch kommen, denn wir leben heute immer noch in der Zeit, wo das Tier „nicht ist“. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass diese siebte Form die Form ist, wo die zehn Könige sich freiwillig zusammenschließen und ihre Macht dem Tier geben, dem Haupt des Reiches. Hier wird das Reich mit seiner achten und letzten Staatsform gleichgesetzt, das ist das wiederhergestellte Römische Reich mit seinem dämonischen Alleinherrscher. Das Tier ist sowohl ein Bild von dem Reich als auch von seinem Haupt.
Die siebte Form ist das Bündnis der zehn Könige, und die achte ist die Diktatur. Von dieser letzten Form lesen wir, dass sie „von den sieben“ ist. Das bedeutet, dass es eine aus der Vergangenheit bekannte Form und also keine neue sein wird. Es könnte also gut sein, dass der Diktator ein Kaiser ist. Auch hier ist es nicht möglich, endgültig die Art der Form zu anzugeben. Doch wenn wir die Umstände sehen, die wir hier haben, ist es am wahrscheinlichsten, dass es die kaiserliche Form ist. In jedem Fall ist es eine diktatorische Form.
V12. Die zehn Hörner befinden sich nicht auf dem Kopf des Tieres, sondern werden von dem Tier unterschieden. Es sind die zehn Könige, die Gewalt zusammen mit dem Tier bekommen, das hier als der letzte Herrscher des Reiches gesehen wird. Die Tatsache, dass das Tier auf Kosten von dreien dieser Könige an die Macht kommt, wird zwar in Daniel 7 erwähnt, nicht aber hier. Wenn das Tier herrscht, sind die Könige auch noch an der Macht. Sie regieren also zusammen mit dem Tier.
V13. Die eigentliche Macht liegt jedoch in den Händen des Tieres, des Diktators. Die zehn Könige schließen sich ja zu einem Staatenbund zusammen, zu den Vereinigten Staaten von Westeuropa, und sie geben freiwillig (wenn auch möglicherweise gezwungen durch ihr eigenes Unvermögen, mit all den Problemen fertigzuwerden) ihre Macht und Gewalt aus den Händen, um sie in die Hände des Tieres zu legen.
V14. Dieses Mammutbündnis des vereinigten Europa führt zu einem Höhepunkt der Rebellion des Menschen gegen das Lamm. Dieses Lamm wird hier genannt „Herr der Herren und König der Könige“. Diese Namen spiegeln seine Majestät und Erhabenheit über jede Macht und jede Gewalt auf der Erde wider. Mit einem einzigen Wort wird der Ausgang des Krieges beschrieben, den die Könige und das Tier in ihrer Vermessenheit mit dem Lamm zu führen wagen. Der Ausgang steht ohne jeden Zweifel fest: Das Lamm wird sie zusammen mit all denen überwinden, die bereits bei Ihm im Himmel waren und Ihm aus dem Himmel gefolgt sind. Das wird in Kapitel 19 beschrieben (Off 19,11–16).
Der Herr Jesus kommt nicht allein, sondern zusammen mit Berufenen, Auserwählten und Treuen. Niemand kann bei dem Lamm sein, es sei denn, er ist berufen (1Kor 1,9; 2Tim 1,9). Und wer der Berufung Gottes gefolgt ist, hat das getan, weil er von Gott auserwählt ist (Röm 8,29.30). Was ihr Leben auf der Erde betrifft, so sind die Berufenen und Auserwählten an ihrer Treue zu erkennen und an ihrem Vertrauen, das sie in Ihn gesetzt haben. Damit haben sie ihre Berufung und Erwählung festgemacht (2Pet 1,10).
V15. Nachdem der Engel Johannes (und dir) gezeigt hat, was das Tier, was die sieben Köpfe und die zehn Hörner bedeuten und was mit ihnen geschehen wird, gibt er Erklärungen zu der anderen Person in dem Geheimnis (Vers 7). Er weist kurz auf das hin, was Johannes von der Hure gesehen hat, und erinnert an den großen Einfluss der Frau, das ist der Einfluss, den die römische Kirche weltweit hat.
V16. Doch der Alleinherrscher und die zehn Könige, die mit ihm regieren, werden ihre religiöse Herrschaft in einem bestimmten Augenblick nicht länger ertragen. Jede Form von Religion, sei es auch in der verdorbenen Form des römischen Katholizismus, ist für den Diktator und seine Verbündeten eine Last, derer sie sich entledigen werden.
Die Könige und das Tier werden Babylon ein Ende setzen, und zwar ihrer Hurerei. Sie, die ihre manipulierende Macht über die Welt ausüben wollte, wird nun von dieser selben Welt öde und nackt gemacht. Sie wird keine Anhänger mehr haben und wird ihrer Macht und ihres Prunks beraubt werden. Was sie an irdischem Reichtum besaß, das werden die Könige „fressen“, das heißt, sie werden sich den Reichtum aneignen.
Schließlich werden sie sie mit Feuer verbrennen. Von ihren religiösen Anmaßungen bleibt nichts übrig. Ihre verdorbenen geistlichen Lehren und ihre irdischen Besitztümer konnten ihr keinerlei Schutz bieten. Sie wurde verzehrt vom Feuer des Gerichtes, das Gott durch die an ihr vollzog, mit denen sie solch enge Beziehungen hatte und über die sie so unrechtmäßig Macht ausübte. Das Verbrennen mit Feuer ist das angemessene Gericht. Es entspricht der Gesetzesvorschrift, dass die Tochter eines Priesters, die hurt, mit Feuer verbrannt werden muss (3Mo 21,9). Wir finden hier Einzelheiten der siebten Zornesschale, wodurch das Ende Babylons herbeigeführt wird (Off 16,19; vgl. Hes 23,25–26.29; 2Kön 9,30–37).
Die Führer der Welt hassen die Hure (nicht die Stadt, die ihnen so viele Vorteile brachte). Was hier geschieht, gilt für alle Zeiten. Die politischen und wirtschaftlichen Mächte verachten eine ehebrecherische Kirche, die nach Einfluss und Gunst giert, denn sie haben ihre Heuchelei durchschaut. Ihr Hass entspringt allerdings rein egoistischen Motiven. Mit demselben und noch größerem Hass führen sie Krieg gegen das Lamm. Sie dulden keinerlei Macht über sich.
V17. Gott weiß alles zur Erfüllung seiner Ziele zu gebrauchen. Er gebraucht den Hass des Tieres und der Könige gegen jede Religiosität, um die falsche Kirche zu richten. Er wird es ihnen ins Herz geben, sie zu vernichten. Auch die Einigkeit der Könige ist ihnen von Gott ins Herz gegeben (vgl. Ri 9,23), denn sie führen seinen Plan aus. Das wird das Ende der religiösen Macht Roms sein, doch noch nicht das Ende der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Macht Roms.
V18. Babylon als Hure ist gerichtet. Doch sie hat noch einen anderen Charakter, und zwar den einer Stadt. Das weist auf die politische und wirtschaftliche Bedeutung der römischen Kirche hin. In religiöser Hinsicht ist ihre Rolle zu Ende. Doch auch als politische und wirtschaftliche Hochburg wird sie gerichtet werden. Das Papsttum ist zu seinem Ende gekommen. Die Vatikanstadt muss noch gerichtet werden. Die entsprechende Beschreibung finden wir im nächsten Kapitel.
Lies noch einmal Offenbarung 17,11–18.
Frage oder Aufgabe: Warum hassen die Könige und das Tier die Hure?