1 Die sieben Sendschreiben
1 Dem Engel der Versammlung in Ephesus schreibe: Dieses sagt der, der die sieben Sterne in seiner Rechten hält, der inmitten der sieben goldenen Leuchter wandelt:
Die Kapitel 2 und 3 sind äußerst bemerkenswert. Deshalb möchte ich zunächst einige einleitenden Bemerkungen darüber machen, bevor wir uns den Text selbst ansehen. In diesen beiden Kapiteln werden sieben Gemeinden auf ihren aktuellen geistlichen Zustand angesprochen. Es ist jedoch offensichtlich, dass die Bedeutung über die damalige Situation hinausgeht. Auch ist klar, dass du aus dem geistlichen Zustand der Gemeinden damals Belehrungen für unsere heutige Zeit ziehen kannst. Doch diese beiden Kapitel zeigen in den sieben Gemeinden auch sieben aufeinanderfolgende Phasen der Kirchengeschichte, von der Entstehung der Gemeinde bis zu ihrer Aufnahme. Sie enthalten einen prophetischen Abriss der Geschichte der Christenheit, denn das ganze Buch, also einschließlich dieser beiden Kapitel, ist ja Prophetie (Off 1,3).
Hier liest du die Geschichte der Gemeinde, so wie sie sich durch die Jahrhunderte hin auf der Erde zugetragen und entwickelt hat. Es geht also um die Verantwortung der Gemeinde. An anderen Stellen in der Bibel liest man von der Gemeinde, wie Gott sie gebildet hat und wie Er sie sieht. In diesem Fall sprechen wir von der Gemeinde nach dem Ratschluss Gottes, und darin ist alles vollkommen. Von dieser Seite aus wird uns die Gemeinde im Buch der Offenbarung also nicht vorgestellt. In diesem Buch der Gerichte wird das Haus Gottes, die Christenheit, als Erstes gerichtet (1Pet 4,17). Dieses Gericht bemisst sich danach, inwieweit sie ihrem Auftrag, ein Zeugnis (ein „Leuchter“) in der Welt zu sein, entsprochen hat. Nach dem Gericht über die Christenheit folgen dann noch das Gericht über Israel und das Gericht über die Welt.
Kurz gesagt, kannst du in den aufeinanderfolgenden Briefen folgende Zeitabschnitte der Kirchengeschichte erkennen:
1. Ephesus (was „die Liebliche“ bedeutet) ist die Zeit, die dem Tod der Apostel unmittelbar folgte. Äußerlich war damals vieles noch in Ordnung, aber man hatte die erste Liebe verlassen.
2. Die Zeit von Smyrna (was „Bitterkeit“ bedeutet) ist die Zeit der Christenverfolgung durch die Römer. Unter zehn römischen Kaisern hat es zehn solcher Verfolgungen gegeben; möglicherweise weist die in Offenbarung 2,10 angesprochene zehntägige Drangsal darauf hin (Off 2,10). Dieser Zeitraum umfasst das Ende des zweiten Jahrhunderts und das dritte Jahrhundert.
3. Die Zeit von Pergamus (was „Festung“ bedeutet) reicht vom vierten bis zum siebten Jahrhundert. Sie beginnt mit der Annahme des Christentums durch Kaiser Konstantin. Das Christentum wurde zur Staatsreligion. Es war jetzt vorteilhaft, ein Christ zu sein.
4. Die Zeit von Thyatira (was „Weihrauch“ oder „Opfer“ bedeutet) umfasst den Zeitraum vom siebten bis zum sechzehnten Jahrhundert. Während dieser Zeit herrschte die (römische) Kirche in der Person des Papstes über die Welt, im Gegensatz zu Pergamus, wo die Kirche den Schutz der Welt suchte. Als herrschende Kirche hat die römische Kirche (vorläufig) ausgedient, aber als Institution existiert sie immer noch und wird bis zum Kommen des Herrn bestehen bleiben.
5. In der Zeit von Sardes (was „Überrest“ bedeutet) entsteht im sechzehnten Jahrhundert aus und neben der römischen Kirche der Protestantismus. Auch die protestantischen Kirchen bleiben bis zum Kommen des Herrn bestehen.
6. Während der Zeit des Protestantismus, dessen Merkmal ein Bekenntnis ohne Leben ist, entsteht im neunzehnten Jahrhundert die Zeit von Philadelphia (was „Bruderliebe“ bedeutet). Gottes Gnade bewirkt im toten Protestantismus eine bibeltreue Erweckungsbewegung, die sich vom Protestantismus absondert. Ebenso wie der römische Katholizismus und der Protestantismus bleibt auch Philadelphia bis zum Kommen des Herrn bestehen.
7. Die letzte Phase der Kirchengeschichte wird durch Laodizea gekennzeichnet (was „Volksherrschaft“ bedeutet). Sie hat ihren Ursprung ebenfalls im neunzehnten Jahrhundert. Das Kennzeichen von Laodizea ist Lauheit. Man hat das hohe Bekenntnis von Philadelphia, aber der Herr steht draußen. Wir finden diesen geistlichen Zustand in allerlei Kirchen und Strömungen, die aus den Erweckungen von Philadelphia hervorgegangen sind. Es sieht aber dort heute geistlich oft noch viel schlimmer aus als in Sardes. Auch Laodizea bleibt bis zum Kommen des Herrn bestehen.
Zum Abschluss dieser einleitenden Bemerkungen über die Kapitel 2 und 3 möchte ich noch kurz auf die Struktur der Briefe hinweisen, die in allen Briefen ziemlich gleich ist:
1. Die Aufgabe: „Schreibe ...“
2. Ein Merkmal Christi: „Dieses sagt der, der ...“, und dann folgt ein Merkmal aus der Beschreibung des Herrn Jesus in Kapitel 1.
3. Die Beurteilung: „Ich kenne ...“
4. Die Verurteilung (außer bei Smyrna und Philadelphia): „Aber ich habe gegen dich ...“
5. Die Warnung (Androhung oder Ansporn): „Tu Buße ...“
6. Der Aufruf: „Wer ein Ohr hat ...“
7. Die Verheißung: „Wer überwindet ...“
Bemerkenswert ist noch, dass in den letzten vier Briefen zuerst die Verheißung gegeben wird und erst danach der Aufruf folgt.
V1. Das erste Sendschreiben betrifft die Gemeinde in Ephesus. Diese Gemeinde hat eine große und kennzeichnende Rolle in der frühen Kirchengeschichte gespielt:
1. Paulus hat während seiner dritten Missionsreise gut drei Jahre dort gewirkt (Apg 20,31).
2. Seine bedeutende Abschiedsrede hat er an die Ältesten von Ephesus gerichtet und darin vor dem kommenden Verfall gewarnt (Apg 20,17–35).
3. Der Brief, den er an sie schrieb, enthält die höchsten christlichen Wahrheiten (der Brief an die Epheser).
4. Nach Paulus hat auch Timotheus dort gearbeitet (1Tim 1,3). An ihn richtete Paulus seinen Abschiedsbrief, in dem er über den Niedergang in den letzten Tagen und über den Weg der Gläubigen in dieser Zeit schrieb (1. und 2. Brief an Timotheus).
5. Jetzt wendet sich der Herr selbst an die Gemeinde in Ephesus ‒ als Erste der sieben Gemeinden.
Der Auftrag an Johannes lautet nicht, an die Gemeinde in Ephesus zu schreiben, wohl aber an den Engel der Gemeinde. Wie bereits erwähnt, bedeutet Engel „Bote“ oder „Repräsentant“. Hier an einen wirklichen Engel zu denken, schafft mehr Probleme als Lösungen. So gibt es nirgendwo ein Beispiel dafür, dass ein Engel seiner Pflicht nicht nachkäme, und noch weniger dafür, dass ein Engel zur Buße aufgefordert würde. Mit dem Engel sind Menschen gemeint, die für den Zustand der Gemeinde verantwortlich sind. Du kannst dabei an Personen wie die Ältesten denken, die in einer Gemeinde eine besondere Verantwortung tragen. Doch das bedeutet nicht, dass die anderen keine Verantwortung hätten. Jeder, der zu einer örtlichen Gemeinde gehört, ist mit dafür verantwortlich, dass sie dem Wort Gottes treu bleibt und dass die Wahrheit in Treue bezeugt wird. Du kannst das mit dem Volk Israel vergleichen und mit dem König, der über sie regierte. Gott machte zwar den König für den Zustand des Volkes verantwortlich, aber Er verringerte damit nicht die Schuld des Volkes.
Der Herr Jesus stellt sich hier vor als der, „der die sieben Sterne in seiner Rechten hält“. Alle Sterne sind in seiner Hand. Er „hält“ oder „hat“ sie in seiner Hand (vgl. Off 1,16) und trägt sie auf seiner Hand (Off 1,20). Das weist auf Macht und Autorität hin, auf Schutz und Unterstützung. Er will sie vor dem völligen Untergang bewahren, aber auch Kontrolle über sie auszuüben. Diese Autorität übt Er in allen örtlichen Gemeinden aus und prüft, ob seiner Autorität in der rechten Weise entsprochen wird. Deshalb wandelt Er inmitten der sieben goldenen Leuchter. Er macht sozusagen die Runde, um zu sehen, ob sie tatsächlich hell leuchten und das Licht verbreiten, das Er angezündet hat.
Lies noch einmal Offenbarung 2,1.
Frage oder Aufgabe: Lerne die Reihenfolge der sieben Briefe auswendig und versuche, ihnen die aufeinanderfolgenden Zeitabschnitte der Kirchengeschichte zuzuordnen.
2 - 7 Die erste Liebe
2 Ich kenne deine Werke und deine Arbeit und dein Ausharren und weiß, dass du Böse nicht ertragen kannst; und du hast die geprüft, die sich Apostel nennen und es nicht sind, und hast sie als Lügner befunden; 3 und du hast Ausharren und hast getragen um meines Namens willen und bist nicht müde geworden. 4 Aber ich habe gegen dich, dass du deine erste Liebe verlassen hast. 5 Gedenke nun, wovon du gefallen bist, und tu Buße und tu die ersten Werke; wenn aber nicht, so komme ich dir und werde deinen Leuchter von seiner Stelle wegrücken, wenn du nicht Buße tust. 6 Aber dieses hast du, dass du die Werke der Nikolaiten hassest, die auch ich hasse. 7 Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Versammlungen sagt! Dem, der überwindet, dem werde ich zu essen geben von dem Baum des Lebens, der in dem Paradies Gottes ist.
V2. Der Herr Jesus beginnt mit den Worten: „Ich kenne.“ Das kann Er sagen, weil Er der allwissende Gott ist. Es ist ein großes Vorrecht, dass Er alles über dich weiß (Heb 4,12; Amos 4,13). Es bedeutet, dass Er dich ganz und gar kennt. Er nimmt an allem Anteil, was du durchlebst, Er weiß alles, was du denkst und empfindest, Er kennt alle deine Pläne (Ps 139,1–4). Wenn dich dieses Wissen beunruhigt, gibt es in deinem Leben vielleicht etwas, woran du Ihn nicht teilhaben lassen willst. Sag es Ihm dann einfach.
In der Gemeinde in Ephesus gab es viel Gutes. Das nennt der Herr zuerst. Er sucht immer zuerst nach dem Guten. Wenn Paulus einer Gemeinde einen Brief schrieb, erwähnte er meistens zuerst das, was lobenswert war, bevor er dann über Dinge sprach, die nicht gut waren. Der Herr sagt, dass Er die Werke, die Arbeit und das Ausharren der Gemeinde von Ephesus kenne. Er sah, dass sie gute Werke taten, dass sie dabei wirklich ihr Bestes gaben (mit „Arbeit“ ist hier wohl mühevolles Arbeiten gemeint) und dabei auch Ausdauer zeigten. Das ist eine schöne Anerkennung.
Allerdings fehlte etwas. Das siehst du, wenn du liest, was Paulus von den Thessalonichern sagen konnte. Bei ihnen konnte er von ihren Werken des Glaubens, ihren Bemühungen der Liebe und ihrem Ausharren der Hoffnung sprechen (1Thes 1,3). Es fällt daher auf, dass hier in Ephesus ihr Handeln nicht aus den eigentlichen christlichen Wesensmerkmalen Glaube, Hoffnung und Liebe hervorkam. Das Herz war nicht (mehr) daran beteiligt.
Doch der Herr erwähnt weiter die guten Dinge, die Er bei ihnen sah. Sie konnten auch Böse nicht ertragen. Du siehst hier ein wichtiges Merkmal einer Gemeinde. Das Böse kann sich dort zwar offenbaren, aber es kann nicht dort bleiben. Es wird für jeden aufrichtigen Christen klar sein, dass die Heiligkeit des Herrn nicht mit der Aufnahme böser Menschen zu vereinbaren ist, als wären sie Christen. Böse Menschen sind Menschen, die nicht mit der Sünde brechen wollen, sei es bezüglich der Praxis oder der Lehre. Solche Menschen hat es immer gegeben, und es gibt sie immer noch. Wenn Unbekannte auftauchen, müssen sie geprüft werden.
In der Anfangszeit haben viele falsche Apostel versucht, die Gemeinde mit Lügen zu zerstören. Doch die Epheser nahmen nicht so ohne weiteres jeden auf, der sich als Apostel ausgab. Wachsam, wie sie waren, prüften sie die Geister derer, die sie nicht kannten (1Joh 4,1). Sie prüften sie anhand der Schrift. Das ist auch heutzutage der Prüfstein für jedes Bekenntnis, der zugrunde gelegt werden muss.
V3. Der Herr konnte noch mehr loben. Die Gemeinde hatte nicht nur gut angefangen, die Gläubigen bewiesen auch Ausharren. Ausharren ist wichtig, wenn du im Glauben wachsen willst. Du hast es mit Widerstand zu tun. Den musst du ertragen lernen. Es geht dabei um Widerstand wegen des Namens des Herrn Jesus. Sobald du öffentlich für seinen Namen einstehst, wirst du das merken. Die Epheser waren darüber hinaus nicht müde geworden: Sie dachten nicht daran, ihr Christsein aufzugeben denn sie empfanden den Kampf gegen die Bösen oder den Widerstand wegen seines Namens nicht als zu schwer.
V4. Wenn die Beschreibung hier geendet hätte, könnte man sagen, dass die Gemeinde in Ephesus bis auf eine Kleinigkeit eine vollkommene Gemeinde war. Welche Gemeinde könnte sich heute damit vergleichen? Doch die „Kleinigkeit“, die in Vers 2 nicht genannt wird, zeigt, dass etwas sehr Wichtiges fehlte, und darauf weist der Herr hin, wenn Er sagen muss: „Aber ich habe gegen dich …“, und das ist, „… dass du deine erste Liebe verlassen hast.“ Nach allem, was Er an positiven Dingen nennt, muss doch auch dies erwähnt werden. Bei allen nach außen wahrnehmbaren und auch anerkennenswerten Aktivitäten fehlte doch innerlich etwas. Der Herr hat das gegen sie. Es ist lediglich eine Sache, doch sie bestimmt den wirklichen Wert aller äußeren Aktivitäten. Der Gegensatz zum Vorhergehenden ist daher groß.
Das Verlassen der ersten Liebe ist die Ursache alles Bösen in der Gemeinde, wie die folgenden Gemeinden zeigen. Es kann viele Aktivitäten in der Gemeinde geben, doch wenn das Herz nicht beteiligt ist, fehlt ihnen ihr eigentlicher Wert. Eine Frau kann für ihren Mann oder ein Mann kann für seine Frau aus einer Pflicht heraus handeln und das sogar auf eine Weise tun, an der nichts auszusetzen ist. Wenn es jedoch nicht mehr als eine Pflicht ist und die Liebe des Herzens fehlt, die zuerst da war, wird der andere das merken. Er oder sie sind dann nicht mit dem zufrieden, was für ihn oder sie getan wird. Der Herr erinnert sich immer an die erste Liebe und Er erinnert auch die Seinen daran (Jer 2,2).
Die Epheser hatten die erste Liebe nicht verloren, sondern sie hatten sie verlassen. Das hat mit Aktivität zu tun. Der Herr Jesus kann es nicht ertragen, dass eine Distanz zwischen den Seinen und Ihm entsteht. Liebe kann nur durch Liebe befriedigt werden. Er verlangt nach deiner Liebe, und zwar nach deiner ersten Liebe. Die erste Liebe ist die beste oder höchste Liebe. Sie gibt die Qualität dieser Liebe an. Es ist eine Liebe, die nur an der Person des Geliebten interessiert ist und bei der alles andere zweitrangig ist. Werke sind gut, ja sie sind nötig, doch sie haben nur dann Wert, wenn sie aus Liebe zu Ihm getan werden.
V5. Der Herr ruft in seiner Gnade zur Buße auf. Buße beginnt mit einer Erinnerung an den Anfang des Abweichens, wie es vor dieser Zeit war (vgl. Lk 15,17). Wenn du vom Herrn abgewichen bist, musst du immer zu dem Augenblick zurückkehren, wo das Abweichen angefangen hat, und dazu ein Bekenntnis ablegen. Die Epheser waren von der hohen Stellung hinabgefallen, die sie durch den Brief, den Paulus ihnen geschrieben hatte, kennengelernt und genossen hatten.
Ihre Buße würde sich darin zeigen, dass sie die ersten Werke taten. Das sind solche Werke, die von der ersten Liebe motiviert sind. Ohne die erste Liebe kann keine Rede von den ersten Werken sein. Nur dann, wenn bei einer Gemeinde das Herz wieder für Christus schlägt, kann sie ein echtes Zeugnis, ein Lichtträger sein. Wenn eine Gemeinde Christus diesen Platz nicht gibt, muss Er als Richter kommen und eingreifen. Er wird dann den Leuchter von seiner Stelle wegnehmen. Das bedeutet, dass eine Gemeinde aufhört, ein Lichtträger zu sein. Sie besaß einmal Licht, hat es aber nun verloren. So wie heute die Finsternis des Islam die Orte umgibt, in denen sich einmal die sieben Gemeinden befanden, so droht dieses Wegnehmen und die Finsternis den Gemeinden im Westen. Wenn diese nicht an der Güte Gottes bleiben, werden auch sie ausgeschnitten werden (Röm 11,22).
V6. Der Herr Jesus lobt immer das, was lobenswert ist, auch nachdem Er gedroht hat, den Leuchter wegzunehmen. Was hier steht, hat Er nicht vergessen, doch Er will das jetzt besonders erwähnen und so Nachdruck darauf legen. Es geht um den Hass einer besonderen Art des Bösen, etwas, was sowohl der Herr als auch die Gemeinde hasst. Nicht die Menschen, sondern die Werke werden gehasst. Nikolaiten bedeutet Überwinder des Volkes (oder: der Laien). Das könnte darauf hinweisen, dass hier Klerikalismus (Ausübung von Macht durch die Geistlichkeit) gefunden wird.
Diese Lehre siehst du da, wo Menschen von Menschen zu einer geistlichen Tätigkeit angestellt werden, dafür bezahlt werden und man ihnen Autorität gibt, zu befehlen (vgl. Apg 20,28; 1Tim 6,5; 1Pet 5,3), weil sonst die Kirche nicht funktionieren könnte und Unordnung entstünde. Das ist eine Leugnung der Tatsache, dass die Gemeinde nur ein Haupt hat und dass alle Gläubigen Brüder sind (Mt 23,8). Der Herr hasst diese Lehre und Praxis, weil dadurch die, die Er teuer erkauft hat, zu Laien gemacht werden, zu „Verfluchten“, die das Gesetz kennen (Joh 7,49). Sie werden in Unwissenheit gehalten, abhängig von der Geistlichkeit, die bestimmt, wie die Bibel gelesen werden muss.
V7. Der Herr spricht zwar zu der Gemeinde insgesamt, doch darin spricht Er den Einzelnen persönlich an. Es geht darum, dass du persönlich hörst, was der Geist den Versammlungen (Mehrzahl) sagt. Auch das, was den anderen Gemeinden gesagt wird, solltest du zu Herzen nehmen. Beachte: Es geht um das, was der Geist sagt, nicht um das, was die Kirche oder Gemeinde lehrt, verbunden mit der Forderung, dass jedes Glied sich den Beschlüssen der Kirche unterwirft. Jedes Glied der Gemeinde wird aufgefordert, das zu erkennen, was vom Geist ist.
Der Herr endet mit einer Verheißung für den Überwinder. Überwinden hat in jeder Gemeinde mit dem Überwinden des Bösen zu tun, das in der betreffenden Gemeinde gefunden wird. Hier besteht das Überwinden im Festhalten der oder in der Rückkehr zur ersten Liebe, und das auf dem Hintergrund des Verlassens der ersten Liebe. Die Belohnung besteht darin, dass der Herr selbst dir von sich zu essen geben wird (Er ist der Baum des Lebens). Dieser Segen ist zwar für jeden Gläubigen bereit, doch hier wird er als ein besonderer Trost denen verheißen, die auf der Erde die erste Liebe bewahrt haben; das sind die, die überwunden haben.
Wenn du in der ersten Liebe ausharren willst, wird es eine sehr kostbare Verheißung für dich sein, dass du dich einst für immer und ungestört von Ihm ernähren wirst. Das wird im „Paradies Gottes“ geschehen. Paradies bedeutet Lustgarten (Neh 2,8; Pred 2,5; Hld 4,13; vgl. Lk 23,43; 2Kor 12,4). Es ist ein Paradies, dessen Freude und Wonne niemals mehr durch die Untreue des Menschen verlorengehen werden. Der Überwinder befindet sich in der Herrlichkeit der Auferstehung und genießt auf vollkommene Weise das Teil, das er auf der Erde erwählt hat. Ist das auch dir wichtig?
Lies noch einmal Offenbarung 2,2–7.
Frage oder Aufgabe: Wie steht es um deine erste Liebe zu dem Herrn Jesus?
8 - 11 Sei getreu bis zum Tod
8 Und dem Engel der Versammlung in Smyrna schreibe: Dieses sagt der Erste und der Letzte, der starb und wieder lebendig wurde: 9 Ich kenne deine Drangsal und deine Armut (du bist aber reich) und die Lästerung von denen, die sagen, sie seien Juden, und sind es nicht, sondern eine Synagoge des Satans. 10 Fürchte nichts von dem, was du leiden wirst. Siehe, der Teufel wird einige von euch ins Gefängnis werfen, damit ihr geprüft werdet, und ihr werdet Drangsal haben zehn Tage. Sei getreu bis zum Tod, und ich werde dir die Krone des Lebens geben. 11 Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Versammlungen sagt! Wer überwindet, wird nicht beschädigt werden von dem zweiten Tod.
V8. Johannes bekommt den Auftrag, einen zweiten Brief zu schreiben. Er soll ihn an den Engel der Gemeinde in Smyrna richten. In diesem Brief kommt kein einziger Tadel vor (ebenso wenig wie in dem Brief an Philadelphia). Es ist ein Brief voller Trost. Dieser Trost war nötig, weil die Gemeinde in Smyrna unter Drangsal, Armut und Lästerung zu leiden hatte. Jede dieser Prüfungen an sich bedeutet bereits Leiden. Nun hatten sie unter drei Prüfungen zu leiden. Dann ist Trost sehr willkommen.
Der Trost kommt vom Herrn Jesus selbst, der sich dieser geprüften Gemeinde als „der Erste und der Letzte, der starb und wieder lebendig wurde“ vorstellt. Du siehst also, dass Er sich auch hier in Übereinstimmung mit dem Zustand der Gemeinde vorstellt. Was Er hier von sich sagt, sind wieder Kennzeichen, die du im vorigen Kapitel bei Ihm gesehen hast (Off 1,8.17). Er zeigt sich hier als der, der die Zeit und die Ewigkeit regiert, der alles in Händen hat, sogar den Tod. Der Tod hat keine Macht über Ihn. Er hat den Tod überwunden, weil Er aus den Toten auferstanden ist. Er ist souverän, auch in der größten Drangsal. Das ist ein großer Trost für die, die den Tod vor Augen haben.
Dass dieser Brief unmittelbar auf den an die Gemeinde in Ephesus folgt, enthält eine wichtige Lektion. In dem Brief an die Gemeinde in Ephesus hast du gesehen, dass der Herr sie tadeln musste, weil sie ihre erste Liebe verlassen hatten. Im Brief an Smyrna liest du von verschiedenen Prüfungen. Darin kannst du die Liebe des Herrn erkennen, der durch Prüfungen bewirken will, dass sein Volk wieder mit ganzem Herzen zu Ihm zurückkehrt. Er möchte gern wieder ihre erste Liebe besitzen. Er will wieder der Einzige sein, dem sie sich zuneigen.
So kann es auch in deinem persönlichen Leben gehen. Wenn du dich vom Herrn entfernst, wenn Er nicht mehr alles für dich bedeutet, wird Er dich nicht loslassen. Er wird durch bestimmte (manchmal unangenehme) Ereignisse dafür sorgen, dass du wieder nach Ihm fragst. Du bist nämlich nur dann glücklich, wenn du in Gemeinschaft mit Ihm lebst und Ihm dein ganzes Leben hingibst. Er hat ein Recht auf dein Leben, doch es ist auch ein Vorrecht, für Ihn leben zu dürfen, und damit ist zugleich das größtmögliche Glück verbunden.
V9. Wenn es Drangsal, Armut und Lästerung im Leben einer Gemeinde gibt, weiß Er darum. Er empfindet das. Es ist nicht so, dass Er diese Dinge zulässt und dann untätig zuschaut, nein, sie betreffen Ihn. In gewisser Hinsicht lenkt Er sie sogar so. Du siehst das bei Hiob. Dort tritt der Satan vor Gott, und Gott macht den Satan auf Hiob aufmerksam. Dann fordert Satan Gott gleichsam heraus, indem er Ihm vorschlägt, Hiob einmal zu prüfen. Gott gesteht ihm das zu. Gott steht also hinter und über den Prüfungen, die auf Hiob kommen. So sieht auch Hiob das, wenn er sagt: „Der HERR hat gegeben, und der HERR hat genommen, der Name des HERRN sei gepriesen!“ (Hiob 1,21). Hiob gibt also nicht dem Satan die Schuld, sondern nimmt alles aus der Hand des HERRN an (Off 2,10).
Nach allen den vergeblichen Versuchen Satans, Hiob zum Sündigen zu veranlassen, war Satan mit seinem Latein am Ende, doch Gott war mit Hiob noch nicht zu seinem Ziel gekommen. Gott gebrauchte die Verdorbenheit Satans, um Hiob an den Punkt zu bringen, wo Er ihn segnen konnte. Hiob musste bewusst werden, wie böse sein Herz war. Dieses Bewusstsein beginnt in den Gesprächen zu wachsen, die Hiob und seine Freunde ab Kapitel 3 miteinander führen. Schließlich kommt Hiob zu dem Ausruf: „Mit dem Gehör des Ohres hatte ich von dir gehört, aber nun hat mein Auge dich gesehen. Darum verabscheute ich mich und bereue in Staub und Asche“ (Hiob 42,5.6). Nun ist Hiob an dem Punkt angekommen, wo Gott ihn haben wollte, und Er überschüttet ihn mit Segnungen, größer, als er sie vor der Zeit besaß. So ist das Handeln Gottes, „stets gesegnet, auch wenn es hart uns scheint“.
Das Bewusstsein, dass das, was dir geschieht, aus der Hand deines Vaters hervorkommt, der dich liebt, gibt dir Kraft, es zu ertragen. Der Glaube weiß und hält daran fest: „Keine Versuchung hat euch ergriffen als nur eine menschliche; Gott aber ist treu, der nicht zulassen wird, dass ihr über euer Vermögen versucht werdet, sondern mit der Versuchung auch den Ausgang schaffen wird, sodass ihr sie ertragen könnt“ (1Kor 10,13).
Abgesehen davon, dass der Herr Jesus um alle Prüfungen weiß und Gott seine weisen und liebevollen Absichten damit hat, hat der Herr Jesus auch selbst alles durchlebt. Der, der dies sagt, spricht aus Erfahrung. Auch das ist ein großer Trost für solche, die leiden und an allem Mangel haben. Es war für sie eine besondere Ehre, Ihm so nahe und so ähnlich zu sein. Das kann auch bei dir der Fall sein, wenn du um seines Namens willen leidest (Lk 6,22.23; Apg 5,41; Phil 3,10.11).
Die Drangsal brachte auch Armut mit sich. Ihnen fehlte es an Nahrungsmitteln. Der Herr wusste darum. Er tröstet sie mit dem Hinweis auf ihren geistlichen Reichtum. Du kannst die ganze Welt gewinnen, doch was nützt dir das, wenn deine Seele Schaden leidet? Du kannst jedoch inmitten größter Armut den größten Frieden und die größte Freude in deiner Seele haben, wenn du daran denkst, dass Christus und alles in Ihm dir gehört. Was du in Christus besitzt, gehört dir in Ewigkeit. Diese Schätze befinden sich im Himmel und sind für die Menschen unerreichbar, die dir auf der Erde alles rauben oder dir Nahrungsmittel vorenthalten können.
Eine besonders schmerzliche Prüfung war die Lästerung von Menschen, die vorgaben, zum Volk Gottes zu gehören. So wie in Ephesus (Vers 2) waren auch hier solche, die sich für sich in Anspruch nahmen, wahre Einsicht und Erkenntnis zu besitzen und die sich über andere erhaben fühlten. Sie beanspruchten für sich, das wahre Volk Gottes zu sein, und schlossen andere davon aus. Diese Anmaßung findest du während der gesamten Geschichte der Christenheit. Damit hast du es auch jetzt zu tun. Vor allem die Namenschristen machen es den wahren Christen sehr schwer, dem Wort Gottes treu zu bleiben. Ob es nun um die Gemeinde geht oder um Formen des Zusammenlebens, sobald du dazu das Wort Gottes sprechen lässt, holst du dir die Lästerung der Namenschristen auf den Hals. Solche Menschen lassen sich nichts durch das Wort Gottes sagen, sondern sind ein Sprachrohr Satans. Lass dich nicht von ihnen irremachen, sondern bleibe der Bibel treu.
V10. Die Gläubigen werden mit den Worten „Fürchte nichts von dem, was du leiden wirst“ ermutigt, furchtlos der Zukunft entgegenzusehen, auch wenn die Zukunft sicher Leiden mit sich bringen wird. Sie werden trostreich auf die Leiden vorbereitet. Drangsal, Armut und Lästerungen waren schlimm genug, doch sollten noch schlimmere Dinge kommen. Es würde nicht nur Verfolgung geben, sondern auch Gefangennahme. Mit der Freiheit ist es vorbei, Satan bekommt die Macht, zu bestimmen, was mit den gefangenen Gläubigen geschieht. Das kann den Tod bedeuten.
Doch der Herr hat sein eigenes Ziel damit. Die Prüfung dient der Läuterung des Glaubens und der Reinigung des Lebens (1Pet 1,6.7); sie dient nicht dazu, den Gläubigen zu Fall zu bringen. Dabei ist Er es, der das Maß der Bedrängnis bestimmt, ihre Zeitdauer festlegt (vgl. Dan 1,12). Die Drangsal wird zehn Tage dauern und keinen Tag länger. So hat Gott auch die Tage der großen Drangsal in der Endzeit auf dreieinhalb Jahre festgesetzt, eine Zeitspanne, die nicht überschritten werden wird (Mt 24,21.22; Off 11,2.3).
In prophetischer Hinsicht ist die Zeitspanne von zehn Tagen bedeutungsvoll. Sie hat mit der Zeitspanne der Kirchengeschichte zu tun, die das Kennzeichen Smyrnas trägt, nämlich dem zweiten und dritten Jahrhundert unserer Zeitrechnung. Während dieser Zeit haben nämlich zehn große Verfolgungen stattgefunden. Die prophetische Anwendung bedeutet dann, dass die Drangsal von zehn Tagen auf zehn besondere Zeiten hinweist, in denen die Gläubigen von den römischen Herrschern unterdrückt wurden.
Der Herr ermutigt seine geprüfte Gemeinde in Smyrna, bis zum Tod treu zu bleiben. Ist nicht auch Er treu geblieben? Auch stellt Er ihnen zur Ermutigung eine Belohnung in Aussicht: die Krone des Lebens, die Er selbst ihnen geben wird. Über den Tod hinaus kann der Feind nichts tun (Mt 10,28). Bis zu diesem Augenblick wird der Gläubige ermutigt, treu zu bleiben. Danach folgt die Auferstehung, die Welt des Auferstandenen. Darauf wird sein Auge gerichtet.
V11. Obwohl die Gesamtheit angesprochen wird, wird die persönliche Verantwortung sehr betont. Es geht darum, ob du ein Ohr hast, zu hören, was der Geist den Gemeinden sagt. Wenn du die Botschaft an den Engel in Smyrna verstanden hast und darauf hören willst, bist du ein Überwinder. Du lässt dich durch Prüfungen nicht aus dem Feld schlagen, sondern bleibst trotz allen Widerstandes dem treu, der dich mit seinem Blut erkauft hat.
Die Belohnung für die Treue bis zum Äußersten besteht darin, dass du nicht vom zweiten Tod beschädigt werden wirst. Das Wort nicht ist ein starker Ausdruck, der „auf keine nur erdenkliche Weise“ bedeutet. Auch diese Verheißung ist das Teil jedes Gläubigen, doch auch hier ist sie gerade für die Gläubigen, die sich in Drangsal befinden und den Tod vor Augen haben, eine große Ermutigung. Der Feind hat Macht (d. h. ihm wird erlaubt), sie den ersten Tod sterben zu lassen (Mt 10,28). Doch sie dürfen wissen, dass der zweite Tod (das ist die Hölle, der Feuersee; Off 20,14) für sie besiegt ist und keinerlei Macht mehr über sie hat.
Lies noch einmal Offenbarung 2,8–11.
Frage oder Aufgabe: Auf welche Weise hast du mit Drangsal, Armut und Lästerungen zu tun?
12 - 17 Wo der Thron des Satans ist
12 Und dem Engel der Versammlung in Pergamus schreibe: Dieses sagt der, der das scharfe, zweischneidige Schwert hat: 13 Ich weiß, wo du wohnst: wo der Thron des Satans ist; und du hältst fest an meinem Namen und hast meinen Glauben nicht verleugnet, auch in den Tagen, in denen Antipas mein treuer Zeuge war, der bei euch, wo der Satan wohnt, ermordet worden ist. 14 Aber ich habe ein weniges gegen dich, dass du solche dort hast, die die Lehre Bileams festhalten, der den Balak lehrte, einen Fallstrick vor die Söhne Israels zu legen, Götzenopfer zu essen und Hurerei zu treiben. 15 So hast auch du solche, die in gleicher Weise die Lehre der Nikolaiten festhalten. 16 Tu nun Buße; wenn aber nicht, so komme ich dir bald und werde Krieg mit ihnen führen mit dem Schwert meines Mundes. 17 Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Versammlungen sagt! Dem, der überwindet, dem werde ich von dem verborgenen Manna geben; und ich werde ihm einen weißen Stein geben, und auf den Stein einen neuen Namen geschrieben, den niemand kennt als nur der, der ihn empfängt.
V12. In der Kirchengeschichte bricht eine neue Epoche an. Diese Zeit wird in der Gemeinde in Pergamus vorgestellt. In Smyrna hast du die Zeit der Christenverfolgungen gesehen. Nach dieser Zeit bricht in der Kirchengeschichte eine Zeit der Ruhe an, die im Jahr 313 beginnt. In diesem Jahr bekehrt Kaiser Konstantin der Große sich äußerlich zum Christentum und macht das Christentum zur Staatsreligion. Es ist nun voreilhaft, Christ zu werden, weil man dadurch zu Geld und Ansehen kommt.
Satan verändert nun seine Taktik. In Smyrna benutzte er die heidnischen Herrscher zu Verfolgungen. Dort offenbarte er sich als brüllender Löwe (1Pet 5,8). Seine Versuche, das Christentum auszurotten, hatten jedoch keinen Erfolg. In Pergamus wird er zum Beschützer des Christentums und nimmt die Gestalt eines Engels des Lichts an (2Kor 11,14). Er sorgte dafür, dass die Gemeinde sich in der Welt heimisch fühlte und sich auf einen angenehmen Aufenthalt in ihr einstellte.
Doch es gibt jemanden, der diese List durchschaut. Das ist der, der „das scharfe, zweischneidige Schwert hat“, das Wort Gottes (Heb 4,12). Allein durch das Wort Gottes bekommst du einen Blick für die Listen Satans. Wenn Satan dir durch Gegenschläge und Prüfungen nichts anhaben kann, wird er versuchen, dich mit Luxus und Wohlleben dazu zu verleiten, deiner Berufung untreu zu werden. Er wird alles dafür einsetzen, dass du vergisst: Ich bin mit Christus, der auf der Erde verworfen ist, im Himmel verbunden. Doch wenn du das Wort Gottes liest und das Verlangen hast, danach zu leben, wirst du der himmlischen Berufung treu bleiben.
V13. Der Herr beginnt damit, zu sagen, dass Er weiß, wo die Gemeinde wohnt: dort, wo der Thron des Satans ist. Es ist nicht zu tadeln, dass du dort bist, wo der Thron Satans ist. Du kannst dem nicht entkommen. Es ist aber wohl zu tadeln, dort zu wohnen. Wohnen bedeutet, sich irgendwo heimisch zu fühlen, sich nicht nur dort aufzuhalten, sondern all seine Interessen darauf zu richten und daran gebunden zu sein. Doch wie kann die Gemeinde sich da heimisch fühlen, wo Satan seinen Thron hat, wo er also herrscht? Satan ist der Fürst der Welt (Joh 14,30). Er lenkt die Welt und macht sie sich gefügig. Die Gemeinde ist aus der Welt herausgenommen (Gal 1,4), damit sie mit ihrem verherrlichten Haupt im Himmel eins wäre (Eph 4,15.16). Es ist nicht Gottes Ziel, dass Christen in der Welt sesshaft werden und sich dort heimisch fühlen. Durch die List Satans hat die Gemeinde jedoch nicht an ihrem Haupt festgehalten, sondern hat eine irdische Ausrichtung bekommen (Phil 3,19).
Der Herr vermerkt auch, dass die Gemeinde in Pergamus an den christlichen Grundwahrheiten festhält. Sie hatten an dem Namen Christi festgehalten und nicht im Namen des Kaisers geschworen. Auch hatten sie den Glauben an Ihn, den Sohn Gottes und den Sohn des Menschen, und an sein Erlösungswerk nicht aufgegeben. Sie waren durch die Feindschaft, die sie trotz ihrer Verbindung zur Welt von der Welt erfuhren, nicht wankend geworden. Dass die Welt sich trotz ihrer toleranten Haltung gegenüber einem weltlichen Christentum nicht wirklich verändert hatte, konnten sie an dem erkennen, was mit Antipas geschah.
Wer dem Namen des Herrn treu ist, wird immer den Hass der Welt auf sich ziehen. Der Herr nennt Antipas seinen treuen Zeugen. Damit erweist Er diesem Zeugen eine große Ehre. Antipas bedeutet „gegen alle“. Wenn sich auch die Masse zu einem geruhsamen Christentum verleiten ließ, schwamm er doch gegen den Strom und zeugte von seinem Herrn. Es ist auffallend, dass das griechische Wort für Zeuge martys ist, das eigentlich „Märtyrer“ bedeutet. Die Stimme des Antipas konnte nur durch den Tod zum Schweigen gebracht werden. Das war auch das Schicksal früherer Zeugen wie das von Johannes dem Täufer (Mk 6,16–18), den Propheten (Mt 23,34) und vor allem dem Herrn Jesus (Off 1,5). Was Christus für Gott war, das war Antipas für Christus.
V14. Nach dem Lob, das der Herr Jesus auch für diese Gemeinde hatte, hält Er ihnen vor, was Er gegen sie hat. Er tadelt ihre tolerante Haltung gegenüber Irrlehrern in ihrer Mitte. Deren Irrlehre wird genannt: die Lehre Bileams. Das Verderbliche dieser Lehre besteht darin, dass auf listige Weise Wahrheit mit Lüge und die Kinder Gottes mit der Welt vermischt werden. Bileam verführte die Israeliten dazu, „Götzenopfer zu essen und Hurerei zu treiben“ (4Mo 25,1.2; 31,16). Das ist die große List Satans, die auch heute so erfolgreich ist. Du siehst das überall dort, wo weltliche Grundsätze in die Gemeinde eingeführt werden. Die Lehre Bileams findet Eingang, wenn du die Gemeinde als eine Organisation oder eine Firma siehst. Wenn eine Firma gut laufen soll, müssen Strukturen geschaffen, Aufgaben verteilt und Arbeitskreise eingerichtet werden. Die Gemeinde hat ein Produkt, das angepriesen und schmackhaft gemacht werden muss, damit andere es sich anschaffen. Der Bekanntheitsgrad der Gruppe ist wichtig. Jedenfalls ist politischer Einfluss bedeutend.
Diese Entwicklung ist seit Pergamus während der gesamten Geschichte der Kirche zu finden. Jakobus nennt die Anhänger und Verteidiger einer solchen Entwicklung „Ehebrecher“ (Jak 4,4). Es ist geistliche Hurerei, wenn die Kirche sich mit der Welt verbindet. Man findet in der Christenheit in geistlicher Hinsicht auch das Essen von Götzenopfern. Als ich vor einiger Zeit irgendwo eine Kirche besuchte, schockierte es mich erneut, als ich sah, wie Menschen Bilder von Heiligen küssten und sich ehrfurchtsvoll davor verbeugten. Die Verehrung Marias und des Papstes ist unausrottbar. Zahllose Menschen geben sich ihr hin und essen von den Götzenopfern. Maria und der Papst sind durch die (römische) Kirche nicht Christus, sondern dem Teufel geweiht. Die Verehrung, die ihnen dargebracht wird, wird von Dämonen entgegengenommen.
V15. In der Spur der Lehre Bileams befindet sich die Lehre der Nikolaiten. Auch die hatte in Pergamus Eingang gefunden, und auch dafür muss der Herr sie tadeln. Was in Ephesus noch allein in Werken bestand und was sie auch hassten (Vers 6), ist hier zu einer Lehre erhoben. Wie schon bei Vers 6 bemerkt, bedeutet Nikolaiten „Volksbesieger“ (oder: „der Besieger der Laien“). Diese Besieger des Volkes betrachteten sich selbst als die Geistlichkeit und das Volk als Laien. Dass hier von der „Lehre der Nikolaiten“ die Rede ist, zeigt, dass der Unterschied zwischen Geistlichen und Laien zu einer Institution geworden war. Du findest diesen Unterschied bereits in den Namen, die die Geistlichen seit dem dritten Jahrhundert in der Christenheit annahmen. Zu der Zeit wurde beispielsweise der Bischof in Rom erstmalig „Papa“ genannt, wovon das uns bekannte Wort „Papst“ abgeleitet ist. Dieses Böse hat sich tief in der Christenheit gefestigt und darin verankert.
V16. Nach den Anklagen folgt nicht das Gericht, sondern der Aufruf: „Tu nun Buße.“ Das kann man nur als einen Beweis der Gnade betrachten. Der Herr gibt Gelegenheit zur Umkehr, bevor Er richtet. Die Gemeinde kann dem Aufruf Gehör schenken, indem sie die Verbindungen zur Welt abbricht und die Vertreter der verdorbenen Lehren aus ihrer Mitte entfernt. Wenn das nicht geschieht, wird Christus kommen und durch sein Wort das Urteil über sie fällen. Böses in der Gemeinde muss immer aufgrund des Wortes gerichtet werden. Wenn die Gemeinde das nicht tut, tut Er es selbst. Du siehst hier allerdings einen Unterschied zwischen dem Engel und den Treuen einerseits (komme Ich dir bald) und den Vertretern der verkehrten Lehren andererseits (werde Ich Krieg mit ihnen führen). Es gibt also zwei Gruppen in dieser Gemeinde.
V17. Hier wird dieser Aufruf noch ausgesprochen, bevor das Wort an die Überwinder gerichtet wird. Das bedeutet, dass die Gesamtheit angesprochen wird, während das, was gesagt wird, von jedem Gläubigen persönlich verwirklicht werden muss. Jeder Gläubige, der auf den Aufruf hört, ist ein Überwinder. Ein Überwinder ist derjenige, der sich nicht von den Gefahren mitreißen lässt, wie sie dieser Gemeinde drohen. So jemand ist ein echter Fremdling, der nicht unter den Einfluss des Fürsten der Welt gerät.
Um in einer Situation zu überwinden, in der die Gemeinde sich in der Welt heimisch fühlt und das Denken der Welt in ihrer Mitte zugelassen hat, ist es nötig, dass der Gläubige im Verborgenen durch die Kraft des Wortes mit Gott lebt. Das Manna spricht von dem Sohn Gottes, der Mensch geworden ist, um uns das Leben zu geben, und der sich erniedrigt hat und in alle unsere Umstände eingetreten ist. Von diesem Brot ernähren sich die Starken, das sind Engel (Ps 78,25). Das Manna lag jeden Morgen – und das während der gesamten Wüstenreise von 40 Jahren – zum Einsammeln in der Wüste. So muss Christus unsere tägliche Nahrung sein. Wenn die Gemeinde in ihrem Herzen zur Welt zurückkehrt, ernährt sie sich von dem Knoblauch und von den Zwiebeln Ägyptens (4Mo 11,5). Das kannst du mit Unterhaltungssendungen im Fernsehen und mit Illustrierten vergleichen. Sie erscheinen würzig und pikant, haben jedoch keinen Nährwert und riechen übel.
Überwinder sind solche, die wie Christus von der Welt abgesondert gelebt haben. Ihnen verheißt Christus selbst das verborgene Manna. Ich denke, dass dies bedeutet, dass Er, der in seinem Leben auf der Erde völlig für Gott abgesondert war, dem Überwinder von seinem wunderbaren Weg auf der Erde berichten wird. Der weiße Stein spricht von Anerkennung und Wertschätzung. In der Justiz bedeutete er einen Freispruch. Bei einer Wahl machte man mit einem weißen Stein die Zustimmung zu einer Person deutlich. Das wird der Herr Jesus mit dem Überwinder in Pergamus zu. Das bringt die persönliche Gemeinschaft zwischen dem Herrn Jesus und dem Überwinder zum Ausdruck. Es ist der neue Name des Gläubigen, mit dem er im Himmel angeschrieben ist (Jes 62,2; 65,15; Lk 10,20; Heb 12,23). Im Himmel tun wir Dinge gemeinsam, es gibt jedoch auch eine Beziehung zu dem Herrn Jesus, die ganz persönlich ist, und eine Freude an Ihm, an der andere keinen Anteil haben.
Lies noch einmal Offenbarung 2,12–17.
Frage oder Aufgabe: Wie steht es mit deiner Absonderung von der Welt?
18 - 29 Die Frau Jesabel
18 Und dem Engel der Versammlung in Thyatira schreibe: Dieses sagt der Sohn Gottes, der seine Augen hat wie eine Feuerflamme und seine Füße gleich glänzendem Kupfer: 19 Ich kenne deine Werke und deine Liebe und deinen Glauben und deinen Dienst und dein Ausharren und weiß, dass deine letzten Werke mehr sind als die ersten. 20 Aber ich habe gegen dich, dass du die Frau Jesabel duldest, die sich eine Prophetin nennt, und sie lehrt und verführt meine Knechte, Hurerei zu treiben und Götzenopfer zu essen. 21 Und ich gab ihr Zeit, damit sie Buße tue, und sie will nicht Buße tun von ihrer Hurerei. 22 Siehe, ich werfe sie in ein Bett und die, die Ehebruch mit ihr treiben, in große Drangsal, wenn sie nicht Buße tun von ihren Werken. 23 Und ihre Kinder werde ich mit Tod töten, und alle Versammlungen werden erkennen, dass ich es bin, der Nieren und Herzen erforscht; und ich werde euch einem jeden nach euren Werken geben. 24 Euch aber sage ich, den Übrigen, die in Thyatira sind, so viele diese Lehre nicht haben, die die Tiefen des Satans, wie sie sagen, nicht erkannt haben: Ich werfe keine andere Last auf euch; 25 doch was ihr habt, haltet fest, bis ich komme. 26 Und wer überwindet und meine Werke bewahrt bis ans Ende, dem werde ich Gewalt über die Nationen geben; 27 und er wird sie weiden mit eiserner Rute, wie Töpfergefäße zerschmettert werden, 28 wie auch ich von meinem Vater empfangen habe; und ich werde ihm den Morgenstern geben. 29 Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Versammlungen sagt!
V18. Diese Gemeinde zeigt in prophetischer Hinsicht die dunkelste Zeit der Kirchengeschichte. In Pergamus stand die Kirche unter dem Schutz der Welt. In Thyatira herrscht die Kirche über die Welt. Das war die Zeit, in der die römische Kirche weltliche Macht erworben und ausgeübt hat. Man nimmt allgemein an, dass diese Zeit im Jahr 590 mit der Wahl Gregors des Großen zum ersten Papst angefangen und bis zur Reformation im frühen 16. Jahrhundert gedauert hat. Der Papst hatte während dieser Zeit eine derart große Macht, dass kein einziger König oder Fürst ihm widerstehen konnte. In dieser herrschenden Kirche siehst du das, was der Herr Jesus in Vers 20 „die Frau Jesabel“ nennt.
Der Herr Jesus richtet sich als der Sohn Gottes an Thyatira. Als der Sohn Gottes ist Er das Fundament der Gemeinde (Mt 16,16–18). Das steht im deutlichen Gegensatz zur Lehre der römisch-katholischen Kirche, die behauptet, dass Petrus der Fels und zugleich der erste Papst sei. Jeder nachfolgende Papst wird als Nachfolger von Petrus gesehen. Als Sohn Gottes ist der Herr Jesus auch Sohn über sein Haus (Heb 3,6). Das steht im Gegensatz zur Frau Jesabel, die sich so verhält, als wäre die Kirche ihr Haus. Gegenüber dem Bösen der römischen Kirche stellt sich der Sohn Gottes dar als derjenige, „der seine Augen hat wie eine Feuerflamme“. Dies deutet auf seine göttliche Einsicht hin, mit der Fähigkeit, das Böse zu richten. Er wird alles richten, was im Widerspruch zu seiner Heiligkeit steht, und zwar in Übereinstimmung mit der vollkommenen, leuchtenden Gerechtigkeit, wie „seine Füße gleich glänzendem Kupfer“ zeigen. Seine Augen und Füße hast du bereits in Kapitel 1 gesehen (Off 1,14–15).
V19. Obwohl der Zustand der Gemeinde in Thyatira einen Tiefpunkt in der Kirchengeschichte darstellt, sieht der Herr doch auch hier Dinge, die Er loben kann. Es ist sogar so, dass sein Lob reichlicher ausfällt als das Lob, das Er für andere Gemeinden hat. Das liegt daran, dass die Treue der Treuen in einer derart düsteren Zeit umso heller leuchtet. In den finsteren Jahrhunderten des Mittelalters findet man bei denen, die den Herrn Jesus von Herzen lieb hatten, bei wenig Licht große Glaubenskraft und Hingabe. Beispiele dafür sind die Waldenser und die Albigenser, die den groben Irrlehren der mächtigen Kirche Roms widerstanden.
Der Herr sagt: „Ich kenne deine Werke und deine Liebe und deinen Glauben und deinen Dienst und dein Ausharren.“ Er erwähnt jeden Aspekt ihres Einsatzes und ihrer Hingabe im Einzelnen. Er hat ein Auge für jede Einzelheit des Beweises ihrer Treue. Er kann von ihnen sogar sagen, dass ihre letzten Werke mehr sind als ihre ersten. Statt dem Druck nachzugeben, nimmt Er ein Zunehmen bei ihnen wahr.
V20. Dann muss Er ihnen sagen, was Er gegen sie hat: Sie lassen die Frau Jesabel, die sich eine Prophetin nennt, gewähren. Diese Frau ist ein Bild des fremden Elements in der Kirche, das nicht dorthin gehört, so wie die historische Isebel nicht zum Volk Gottes gehörte (1Kön 16,31), dort aber Einfluss bekam. Dabei maßte sie sich an, eine Prophetin zu sein, das heißt, sie berief sich darauf, Worte Gottes zu sprechen. Genau so ist das Papsttum. Der Herr Jesus verübelt es dem Engel, dass er die Frau gewähren lässt. Das ist eine große Sünde. Es ist das Dulden dessen und die Toleranz gegenüber dem, was Gott hasst.
Jesabel lehrt. Das ist es, was die römische Kirche tut; sie maßt sich die Autorität an, zu lehren. Das kirchliche System, dargestellt in einer Frau (vgl. Sach 5,5–11), behauptet, die wahre Lehre zu besitzen und keine lehrmäßigen Fehler machen zu können. Sie entscheidet über Lehre und Leben derer, die sich zu ihr bekennen. Mit ihrem anmaßenden unfehlbaren Sprechen (ex cathedra, das ist das Reden des Papstes von Rom aus in höchster Lehrgewalt) versucht sie, die Knechte des Herrn zu verführen und zu einem abtrünnigen Handeln zu verleiten. Man sieht hier, dass die Lehre Bileams, auf der einige in Pergamus beharrten (Vers 14), von dieser Frau ‒ der Kirche in ihrer Gesamtheit ‒ gelehrt wird und der Irreführung dient. Der Sauerteig von Pergamus wirkt in Thyatira weiter.
V21. Der Herr hat sehr lange Geduld mit ihr gehabt. Aufgrund der langen Geduld ist die Hartnäckigkeit ihrer Bosheit umso deutlicher zu Tage getreten. Hier sind nicht nur Blindheit und Unwissenheit, sondern ein Wille, der in Rebellion gegen Gott handelt. Sie will nicht Buße tun von ihrer Hurerei. Sie will nicht mit der Welt brechen. Das Ausüben von Macht fühlt sich zu gut an.
V22. Weil sie nicht umkehren will, wird ihr Gericht angekündigt, das sie unweigerlich treffen wird. Das Bett, das Symbol ihrer Hurerei und ihres Vergnügens, macht Gott zu einem Symbol von Krankheit und Schmerzen. Indem Gott sie auf ein Bett wirft, übergibt Er sie sozusagen ihren verdorbenen Wegen.
Doch das Gericht Gottes trifft nicht nur die römische Kirche. Es trifft auch die, die Ehebruch mit ihr treiben. Das betrifft alle Kirchen, die gemeinsam mit ihr der Ökumene nachstreben. Auch verschiedene protestantische Kirchen wollen gern an ihrem Einfluss auf die weltliche Politik teilhaben und versuchen sich daher der römischen Kirche anzunähern. Die römische Kirche wird sie sich einverleiben. Das kirchliche System, das dabei entsteht, wird „Babylon, die große“ genannt werden. Gott wird es richten (Off 17,1–18; 18,1–24). Für diejenigen, die sich ihr angeschlossen haben, ohne dass sie noch dazugerechnet werden, scheint es jedoch noch die Möglichkeit zu geben, sich von ihren Werken zu bekehren.
V23. Die Kinder Jesabels sind Ungläubige, die zu diesem System gehören und mitverantwortlich sind. Es sind Menschen, die die gleiche Gesinnung haben; ihre geistige Mutter ist Jesabel. Der Herr wird sie töten. Er nimmt jedes Leben weg.
Durch dieses Gericht werden alle anderen Gemeinden ‒ das ist der Rest der Christenheit ‒ erkennen, dass das Gericht von Gott kommt und dass Er mit vollkommenem Wissen handelt.
Möglicherweise waren diese anderen Gemeinden von ihrer Lehre beeindruckt, aber durch den Tod, den der Herr darüber bringen wird, werden sie erkennen, wie verdorben diese Lehre war. Der Herr wird das Gericht entsprechend dem Maß der Verantwortung vollziehen, das jeder von denen hatte, der Thyatira angehörte. Das gilt für den Engel, für Jesabel, für ihre Kinder und für die, die Ehebruch mit ihr trieben.
V24. Nun richtet der Herr sich an einen Überrest in Thyatira. Als Kennzeichen erwähnt Er, dass sie die falsche Lehre der römischen Kirche nicht angenommen haben und sich auch nicht mit den Tiefen des Satans eingelassen haben, das ist mit dem Okkultismus dieser Kirche. Der Herr legt ihnen keine andere Last auf. Er sagt hier noch nicht, dass sie weggehen sollen. In Sardes wird Er diese Gelegenheit wohl geben. In der Endzeit, in der wir jetzt leben, erklingt der Ruf: „Geht aus ihr hinaus, mein Volk, damit ihr nicht ihrer Sünden teilhaftig werdet und damit ihr nicht empfangt von ihren Plagen“ (Off 18,4). Das macht deutlich, dass es bis zum Kommen des Herrn Treue in der römischen Kirche geben wird.
V25. Was die Treuen haben, ist nicht viel. Dennoch ruft der Herr sie auf, das Wenige bis zu seinem Kommen festzuhalten. Thyatira oder der römische Katholizismus werden also bis zum Kommen des Herrn bestehen bleiben. Das steht im Gegensatz zu den drei vorhergehenden Gemeinden, die ihre Zeit in der prophetischen Geschichte hatten und vergangen sind. Thyatira wird nicht durch Sardes ersetzt werden, sondern Sardes würde daraus hervorkommen und sich neben Thyatira weiterentwickeln. Es ist der Protestantismus, der neben dem römischen Katholizismus bestehen bleiben wird.
V26. Auch in Thyatira hat der Herr eine Verheißung für die Überwinder. Allerdings spricht Er nicht nur vom Überwinden, sondern auch vom Bewahren seiner Werke. Seine Werke sind die Werke, die Er aufgetragen hat und die in seiner Kraft getan werden. Hier ist also von einer doppelten Voraussetzung die Rede. Er verheißt den Überwindern, dass sie seine Herrschaft über die Nationen teilen werden. Thyatira hatte geherrscht, doch sie hatten nicht daran teilgenommen. Nun dürfen sie mit dem Herrn herrschen. Solche, die sich während der Abwesenheit des Herrn Jesus geweigert haben, über die Welt zu herrschen, werden am Tag seiner Herrlichkeit Regierungsmacht von Ihm bekommen (vgl. 1Kor 4,8–9).
V27. Der Überwinder wird mit eiserner Rute herrschen, einer Rute, die nicht zerbrochen werden kann. Seine Regierung besteht im „Weiden“ oder „Hüten“, das heißt führen, bewahren und beschützen, und zwar der Völker, die ins Friedensreich hineingehen werden. Seine Regierung besteht auch in der Zerschmetterung der gottlosen Heiden. Die Ausübung dieses Gerichtes wird in Psalm 2 dem Herrn Jesus zugeschrieben (Ps 2,9), wird hier aber auch auf die Überwinder in Thyatira angewendet. Jede Macht, die der Herr Jesus verleiht, hat Er selbst von seinem Vater empfangen (vgl. Mt 11,27; 28,18; Joh 3,35; 5,22.27; 13,3).
V28. Als eine zusätzliche Belohnung erhält der Überwinder den „Morgenstern“ aus den Händen des Herrn Jesus. Der Morgenstern ist der Herr Jesus selbst (Off 22,16). Das bedeutet, dass Er selbst sich ihnen zur Ermutigung in einer besonderen Weise vorstellt als der, der für seine Gemeinde kommt (2Pet 1,19). Bevor Er als die Sonne der Gerechtigkeit aufgeht (Mal 3,20), wird Er als der Morgenstern aufgehen, um seine Gemeinde in den Himmel einzuführen. Darunter sind auch die Treuen aus Thyatira. Sie werden nicht in dem Gericht über Babel umkommen.
V29. Der Brief an Thyatira endet mit einem Aufruf an jeden Einzelnen, der ein Ohr zu hören hat, und zwar um zu hören, was der Geist den Gemeinden sagt. Das ist in diesem Fall besonders bedeutsam, weil es in völligem Gegensatz zu dem steht, was die katholische Kirche sagt: Höre auf das, was die Kirche sagt.
Hier folgt diese Aufforderung zum ersten Mal nach der Verheißung für die Überwinder. Bei den vorhergehenden Malen wurde jede Gemeinde in ihrer Gesamtheit aufgefordert. Nun gilt diese Aufforderung nur den Überwindern. Sie hören, was der Geist den Gemeinden sagt. Die Christenheit kann sich nicht mehr in ihrer Gesamtheit bekehren. Der Geist spricht zwar noch zu den Gemeinden, doch von der Gesamtheit wird nicht mehr erwartet, dass sie hört, das wird nur noch von einem treuen Überrest erwartet.
Lies noch einmal Offenbarung 2,18–29.
Frage oder Aufgabe: Welche Kennzeichen der „Frau Jesabel“ erkennst du in der Christenheit?