1 Israel wird aufgerufen zu hören
1 Und Mose rief ganz Israel und sprach zu ihnen: Höre, Israel, die Satzungen und die Rechte, die ich heute vor euren Ohren rede; und lernt sie, und achtet darauf, sie zu tun.
Mose ruft Israel zusammen. Er ist ein Bild des Herrn Jesus als der Lehrer, der Gottes Wort verkündigt. Das Volk wird von ihm zum Hören – ein Wort, das mehr als dreißig Mal in diesem Buch vorkommt – aufgerufen, damit sie lernen, was Gott sagt und danach auch tun, was Gott sagt. Hören und Tun sind nicht voneinander zu trennen. Nichts ist unverbindlich, da Gott dieses Volk als sein eigenes Volk angenommen hat. Das Hören ist notwendig, um als Volk zu überleben.
2 - 3 Der Bund
2 Der HERR, unser Gott, hat am Horeb einen Bund mit uns geschlossen. 3 Nicht mit unseren Vätern hat der HERR diesen Bund geschlossen, sondern mit uns, die wir heute hier alle am Leben sind.
Mose weist zurück zum Horeb, wo Gott das Volk in eine Bundesbeziehung mit sich selbst brachte und Er es zu seinem Volk erklärte (2Mo 19,4.5). Das Volk, an das Mose sich hier richtet, war beim Horeb jünger als zwanzig Jahre. Aber sie repräsentieren das Volk, das damals beim Horeb anwesend war.
Der HERR schloss diesen Bund nicht mit den Vätern Abraham, Isaak und Jakob, sondern mit einem Volk, das durch Ihn erlöst worden war. Gott hat seinen Bund nicht mit einem Volk geschlossen, das unter der Sklaverei der Sünde stöhnte, sondern mit einer neuen Generation, einem Volk, das lebt.
4 - 5 Mose, der Mittler
4 Von Angesicht zu Angesicht hat der HERR auf dem Berg, mitten aus dem Feuer, mit euch geredet – 5 ich stand zwischen dem HERRN und euch in jener Zeit, um euch das Wort des HERRN zu verkünden; denn ihr fürchtetet euch vor dem Feuer und stiegt nicht auf den Berg – indem er sprach:
Mit diesem neuen Volk sprach der HERR von Angesicht zu Angesicht, während Mose als Mittler zwischen dem HERRN und dem Volk stand. In gleicher Weise stand der Herr Jesus zwischen Gott und uns. In seinem Angesicht hat Gott sich uns offenbart (2Kor 4,6). Wo Israel Furcht hatte, ist für uns die Furcht verschwunden: „Sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus“ (1Joh 4,18a). Wir stehen nicht auf der Grundlage des Gesetzes, sondern auf der Grundlage der Gnade.
Aus dem Mund des HERRN kommen die zehn Gebote. Sie wurden einem Volk gegeben, das sich dazu verpflichtete, alles zu tun, was der HERR sagte. Sie mussten lernen, dass sie das nicht aus eigener Kraft schaffen konnten. Für uns ist das Gesetz nicht buchstäblich anwendbar, aber es gibt sicherlich eine geistliche Anwendung. Wir können durch das Gesetz viel über die Beziehungen untereinander und die Beziehung mit Gott lernen.
Die Lektionen dieses Buches stehen direkt im Zusammenhang mit unserer christlichen Stellung. Mose klärt sie über das Land auf, welches sie in Kürze betreten werden. Auch informiert er sie darüber, auf welcher Grundlage sie die Segnungen besitzen und genießen können. Die Grundlage ist der Gehorsam.
Die Segnungen der Christen sind von zweierlei Art. Es gibt irdische Segnungen und himmlische Segnungen. Die irdischen Segnungen sind nicht spezifisch christlich. Auch Ungläubige können eine gute Gesundheit, die Natur oder ihre Arbeitsstelle genießen. Die spezifisch christlichen Segnungen sind die des verheißenen Landes, der himmlischen Örter. Im Himmel ist der verherrlichte Mensch Christus Jesus, und alle Segnungen, die Er als Mensch geerbt hat, teilt Er mit den Gläubigen. Dazu ist Er ja gerade Mensch geworden. Christus sitzt in den himmlischen Örtern und ich bin dort auch in Ihm (Epheser 1 und 2).
Derselbe Mensch Christus Jesus ist auch Gott, der Sohn, von Ewigkeit her. Deshalb ist der Segen des ewigen Lebens auch unser Teil (Joh 17,3). Das fünfte Buch Mose zeigt uns, dass die Segnungen nicht automatisch durch uns empfangen werden. Dazu müssen wir das Land hier und jetzt in Besitz nehmen. Das ist mit Kampf verbunden. Ab Kapitel 4 wird der Weg aufgezeigt, auf dem wir die Segnungen in Besitz nehmen können.
Liebe äußert sich in der Einhaltung der Gebote und das führt im Ergebnis zur Gemeinschaft mit Gott im Land. Gott lieben bedeutet hier, was wir in Johannes 14 finden (Joh 14,21.23). Gläubige, die damit anfangen, gehorsam zu sein, werden immer mehr sehen von den himmlischen Segnungen. Beim Thema Gehorsam stehen die zehn Gebote im Mittelpunkt. Dabei geht es für uns um die geistliche Lektion, die wir daraus ziehen.
6 Der erlösende Gott
6 Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich herausgeführt habe aus dem Land Ägypten, aus dem Haus der Knechtschaft.
Was wir in den Versen 6–21 vor uns haben, ist nicht eine bloße Wiederholung der zehn Gebote aus 2. Mose 20. Das kann man zum Beispiel am Sabbatgebot sehen. Der Grund, um den Sabbat zu halten, ist in 2. Mose 20, dass der HERR in sechs Tagen Himmel und Erde schuf und danach ausruhte (2Mo 20,11), während hier der Grund ist, dass Gott ein Erlösungswerk vollbracht hat (Vers 15). Weiter werden die letzten fünf Gebote hier ausdrücklich miteinander verbunden durch das Wort „und“ zwischen den einzelnen Geboten, was in 2. Mose 20 fehlt.
Gott erinnert das Volk an die Erlösung, die Er bewirkt hat. Er hat sich an erster Stelle als erlösender Gott geoffenbart, der nun ihr Gott ist. Das kann nichts Anderes als Liebe zu Ihm zur Folge haben. Er bittet um Liebe, aber Er hat zuerst seine große Liebe zu uns bewiesen (Röm 5,8; 1Joh 4,9–10.19). Gleichzeitig ist Ehrfurcht angesagt. Je näher wir Ihm kommen – und Er möchte uns bei sich haben! –, desto mehr werden wir seine Majestät und Erhabenheit sehen.
7 - 10 Erstes und zweites Gebot
7 Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. 8 Du sollst dir kein geschnitztes Bild machen, irgendein Gleichnis dessen, was oben im Himmel und was unten auf der Erde und was im Wasser unter der Erde ist. 9 Du sollst dich nicht vor ihnen niederbeugen und ihnen nicht dienen; denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der die Ungerechtigkeit der Väter heimsucht an den Kindern, ja, an der dritten und an der vierten [Generation] derer, die mich hassen; 10 und der Güte erweist auf Tausende hin an denen, die mich lieben und meine Gebote halten.
Für sein Volk ist Er der alleinige, der einzige Gott. Das bedeutet, dass alle Gebiete des Lebens unter seiner Vollmacht stehen. Wir kennen Gott als denjenigen, der sich im Herrn Jesus offenbart hat. Dadurch kennen wir Ihn auf eine so viel herrlichere Weise als Israel Ihn kannte. Wer Ihn liebt, wird seine Gebote bewahren und Ihn anbeten. Dann gibt es keinen Platz für andere Götter. Aber Gott sieht die Gefahr, dass das Herz seines Volkes immer dazu geneigt ist, von Ihm abzuweichen.
Für uns ist diese Gefahr auch da. Johannes schreibt in seinem ersten Brief über den Segen des ewigen Lebens für den Gläubigen. Er schließt seinen Brief mit der Warnung ab: „Kinder, hütet euch vor den Götzen!“ (1Joh 5,21). Alles, was sich zwischen Gott und uns zwängt, um uns zu verführen, dieser Sache Ehre zu geben, ist Götzendienst. Sobald wir der Versuchung nachgeben, verspielen wir den Genuss des Segens des ewigen Lebens, das ist Christus selbst: „Wir wissen aber, dass der Sohn Gottes gekommen ist und uns Verständnis gegeben hat, damit wir den Wahrhaftigen erkennen; und wir sind in dem Wahrhaftigen, in seinem Sohn Jesus Christus. Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben“ (1Joh 5,20).
Gott ist ein Geist und kann durch nichts abgebildet werden. Jedes Bild kann höchstens eine Karikatur von Ihm sein, der nicht durch Menschen darstellbar ist. Dann wäre Gott in der Hand des Menschen, der etwas aus der Schöpfung nimmt und dieser Sache nach seiner eigenen Fantasie eine Form gibt. Wer Ihn durch den Glauben als Vater kennt, darf Ihn in Geist und Wahrheit anbeten. Solche Menschen sucht der Vater (Joh 4,23.24).
Das einzige Bild, das wir von Gott haben, ist der Herr Jesus (Kol 1,15). Er konnte sagen: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen“ (Joh 14,9). Außerhalb des Herrn Jesus können wir nichts von Gott erkennen, oder es ist eine lästerliche Darstellung seiner Person. Jede Auffassung von Gott, die nach unseren eigenen Gedanken ist, ist ein geschnitztes Bild.
Gott teilt seine Ehre mit nichts und niemandem. Wer trotzdem etwas von Ihm sichtbar machen will, wird die Ungerechtigkeit davontragen, selbst bis in das vierte Geschlecht, das mit der Übernahme des Götzendienstes auch den Zorn Gottes zu spüren bekommen wird. Im Gegensatz dazu sehen wir Gottes Barmherzigkeit im Leben derer, die Ihn lieben, Ihn ehren und Ihm dienen als dem alleinigen Gott. Gottes Liebe geht in der Tat viel weiter als sein Zorn und ist über diesen erhaben.
11 Das dritte Gebot
11 Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht zu Eitlem aussprechen; denn der HERR wird den nicht für schuldlos halten, der seinen Namen zu Eitlem ausspricht.
Das Gebot, den Namen des HERRN nicht zu Eitlem auszusprechen, ist nicht darauf beschränkt, nicht zu fluchen. Es betrifft jeden Gebrauch des Namens des Herrn Jesus in einem Zusammenhang, in dem sein Name als ein Deckmantel für eigene Vorstellungen genannt wird. Das kann zum Beispiel beim Schwören passieren. Davor warnt der Herr Jesus (Mt 5,33–37). Andere Formen des eitlen Gebrauchs seines Namens sind zum Beispiel: seinen Namen nennen und gleichzeitig Sünde im eigenen Leben zulassen, seinen Namen als Mittelpunkt des Zusammenkommens ausrufen und doch die Zusammenkunft nach eigenen Maßstäben ausrichten oder seinen Namen nennen, während wir auf eine weltliche Weise unseren Glauben an Ihn ausleben.
12 - 15 Das vierte Gebot
12 Halte den Sabbattag, dass du ihn heiligst, so wie der HERR, dein Gott, dir geboten hat. 13 Sechs Tage sollst du arbeiten und all dein Werk tun; 14 aber der siebte Tag ist Sabbat dem HERRN, deinem Gott: Du sollst keinerlei Werk tun, du und dein Sohn und deine Tochter und dein Knecht und deine Magd und dein Rind und dein Esel und all dein Vieh und dein Fremder, der in deinen Toren ist; damit dein Knecht und deine Magd ruhen wie du. 15 Und erinnere dich daran, dass du ein Knecht gewesen bist im Land Ägypten und dass der HERR, dein Gott, dich mit starker Hand und mit ausgestrecktem Arm von dort herausgeführt hat; darum hat der HERR, dein Gott, dir geboten, den Sabbattag zu feiern.
Der Sonntag ist kein verdeckter Sabbat, auf den alle Sabbatgebote übertragen werden müssen. Was der Sabbat ist, steht in Hebräer 4, es ist die Ruhe im Friedensreich (Heb 4,8.9). Den Sabbat dürfen wir in geistlichem Sinn verwirklichen, indem wir so leben, als ob Gottes Sabbat (das Friedensreich) schon angebrochen wäre.
Das Sabbatgebot ist in Bezug auf den Gehorsam das zentrale Gebot. Alle anderen Gebote können selbst von Ungläubigen nachvollzogen werden. Der einzige Grund den Sabbat zu halten, ist der, dass Gott es befohlen hat. Dies war der große Gehorsamstest für Israel. Darum wird das Übertreten dieses Gebotes immer wieder als Grund für das Gericht genannt (3Mo 26,33–35; 2Chr 36,21). Im Friedensreich wird der Sabbat wieder eingehalten werden (Hes 45,17).
Der Grund, dass Christen den Sonntag feiern, den ersten Tag der Woche, ist nicht, weil der Sabbat, der siebte Tag der Woche, abgeschafft ist. Für sie gilt: „Also seid auch ihr, meine Brüder, dem Gesetz getötet worden durch den Leib des Christus, um eines anderen zu werden, des aus den Toten Auferweckten, damit wir Gott Frucht brächten“ (Röm 7,4). Deshalb feiern Christen, die mit Christus gestorben und auferweckt sind, als auferweckte Menschen den Tag der Auferstehung Christi, den ersten Tag der Woche.
Hier lernen wir, dass neben der Schöpfung die Erlösung der Grund für unseren Gehorsam ist. Gott hat einen Anspruch auf unseren Gehorsam, weil Er unser Schöpfer ist. Aber hat Er nicht ein viel größeres Recht auf unseren Gehorsam, weil Er für uns die Erlösung bewirkt hat? Diese Erlösung ist ein mächtiger Beweggrund für unsere Herzen, gehorsam zu sein. Zudem wird die Erlösung uns dazu bringen, anderen Menschen gegenüber gnädig zu sein.
16 Das fünfte Gebot
16 Ehre deinen Vater und deine Mutter, so wie der HERR, dein Gott, dir geboten hat, damit deine Tage verlängert werden und damit es dir wohl gehe in dem Land, das der HERR, dein Gott, dir gibt.
Mit diesem Vers fängt die zweite Gesetzestafel an, auf der sich die sechs Gebote befinden, die die Beziehungen zum Nächsten betreffen. Wenn diese Beziehung nicht in Ordnung ist, kann ich auch die Segnungen des Landes nicht genießen. Auf der ersten Gesetzestafel wird die Beziehung zu Gott geregelt. Darin finden wir seine Liebe zu uns und unsere Antwort an Ihn. „Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat“ (1Joh 4,19). Unsere Liebe betrifft nicht nur Gott, sondern auch den Bruder. Den Bruder zu lieben ist auch ein Gebot.
Die Beziehung zum Nächsten beginnt damit, dass wir Vater und Mutter ehren, die erste Beziehung, die zu einem Nächsten entsteht. Dieses Gebot hat ein klares Ziel, denn es geht um das Genießen der Segnungen des Landes. Gott hat die Familie als ein Bild der Familie Gottes eingesetzt, in der die Beziehung zwischen Eltern und Kindern die Beziehung zwischen Gott, dem Vater, und seinen Kindern widerspiegeln soll. Im geistlichen Sinn bedeutet es, dass die Gläubigen die, welche Väter und Mütter in Christus sind, in der Gemeinde ehren sollen (Heb 13,17; 1Thes 2,7.11). In ähnlicher Weise sehen wir das, wenn Jüngere den Älteren untertan sind (1Pet 5,5). Wenn diese Beziehungen respektiert werden, wird Segen das Resultat sein.
Das Anerkennen der Autoritätsverhältnisse, die Gott in der Familie und der Gemeinde gegeben hat, lässt den Segen des Landes genießen (Eph 6,1–3). Wer diese Autorität nicht respektiert, wird den Segen des Landes verspielen, der Genuss wird verschwinden.
17 Das sechste Gebot
17 Du sollst nicht töten.
Es geht hier um Mord, nicht um das Töten auf Befehl Gottes durch die Obrigkeit (1Mo 9,6). Mord bedeutet, jemandem den Segen des Landes zu nehmen, Leben bedeutet Genießen. In Verbindung mit Hass gibt es kein Genießen, kein ewiges Leben (1Joh 3,15). Der Herr Jesus stellt seinen Jüngern vor, dass Hass eine tödliche Auswirkung hat (Mt 5,21.22).
Paulus weist darauf hin, wie ein Bruder durch unsere Freiheit umkommen kann (1Kor 8,9–11). Wir sollen nicht „töten“, sondern Sorge dafür tragen, dass unser Bruder den Freiraum für einen optimalen Genuss der Segnungen des Landes bekommt.
18 Das siebte Gebot
18 Und du sollst nicht ehebrechen.
Dieses Gebot beschäftigt sich mit der einzigartigen Beziehung zwischen Mann und Frau in der Ehe. Es ist die Basis aller anderen zwischenmenschlichen Beziehungen. Wer in der Ehe untreu ist, kann in anderen Beziehungen nie die richtige Haltung einnehmen, weder gegenüber Gott noch gegenüber dem Nächsten. Das Verhältnis in der Ehe soll für Israel ihre Beziehung zu Gott darstellen. Gott nennt Israel seine Braut (Jer 2,2). Im Neuen Testament ist die Ehe ein Bild von der Beziehung zwischen Christus und der Gemeinde (Eph 5,22–33).
Ehebruch bedeutet in der bildhaften Sprache der Schrift, eine Verbindung mit der Welt zu haben. Es ist die Folge davon, dass die Liebe zum Herrn Jesus erkaltet ist. An ihre Stelle tritt dann die Liebe zu anderen Dingen. Die „Einfalt gegenüber dem Christus“ (2Kor 11,3) ist abhandengekommen, das bedeutet, dass Christus nicht länger einziger Gegenstand unserer Liebe ist. Hurerei steht im Widerspruch zu dem Verhalten der Gemeinde in Bezug auf Christus. Paulus schreibt darüber: „Ich habe euch einem Mann verlobt, um euch als eine keusche Jungfrau dem Christus darzustellen“ (2Kor 11,2). In dieser Beziehung sehen wir die Zuneigung der Braut zum Bräutigam. Eine Verbindung mit der Welt passt nicht dazu.
19 Das achte Gebot
19 Und du sollst nicht stehlen.
Stehlen bedeutet, von jemand anderem etwas wegnehmen, was dieser vom Herrn empfangen hat, und es für sich selbst gebrauchen. Damit wird das Recht auf persönlichen Besitz verletzt. Es ist etwas grundlegend anderes, als etwas zu empfangen. Was man empfängt, wird Eigentum. Der gute Ruf einer Person kann z. B. gestohlen werden durch die Verbreitung von Gerüchten oder ungeprüften Behauptungen. Man kann auch einen Bruder „stehlen“ (5Mo 24,7), das heißt, man beraubt ihn seiner Freiheit und macht ihn von sich abhängig.
Absalom stahl das Herz der Israeliten durch Schmeichelei (2Sam 15,5.6). Stehlen ist das Werk von falschen Hirten und Mietlingen (Joh 10,1.10; Apg 20,30). Sie versuchen, die Gläubigen vom Herrn Jesus wegzuziehen und sie hinter sich oder ihrer falschen Lehre her zu ziehen.
Worte können gestohlen werden (Jer 23,30). Dies geschieht, wenn man Worte übernimmt, die andere über Gott gesagt haben, und sich dabei so verhält, als hätte man es selbst in Gottes Wort entdeckt. Etwas, das ich lese oder von einer anderen Person höre, muss erst mein geistliches Eigentum werden, bevor ich es weitergeben kann. Man kann von keiner einzigen Wahrheit behaupten, dass sie persönliches Eigentum ist, wenn die Wahrheit nicht erst in das Herz gekommen und in Anbetung zu Gott zurückgekehrt ist.
Für den Christen, der seine Segnungen kennt, geht es nicht nur darum, nicht zu stehlen, sondern um das Gegenteil, nämlich Gutes zu tun (Eph 4,28). Das gehört zum Leben im Land.
20 Das neunte Gebot
20 Und du sollst kein falsches Zeugnis ablegen gegen deinen Nächsten.
Gott ist ein „Gott der Treue (Wahrheit)“ (Jes 65,16). Seine Worte sind Wahrheit (Ps 119,142.151). Er hasst falsche Zungen und solche, die Lügen verbreiten (Spr 6,17.19). Für den Christ geht es nicht nur darum, Unwahrheiten zu vermeiden, er will gerade die Wahrheit sagen. Er will von dem sprechen, wozu Gott uns geschaffen hat (Eph 4,25). Glieder voneinander werden sich nicht belügen. Das würde ja bedeuten, dass man sich selbst belügt. Glieder sind unlösbar miteinander verbunden. Wer die Einheit des Leibes Christi kennt und wertschätzt, wird danach streben, dass die Einheit gestärkt wird.
21 Das zehnte Gebot
21 Und du sollst nicht die Frau deines Nächsten begehren; und du sollst dich nicht gelüsten lassen nach dem Haus deines Nächsten [noch] nach seinem Feld, noch nach seinem Knecht, noch nach seiner Magd, [noch] nach seinem Rind, noch nach seinem Esel, noch nach all dem, was dein Nächster hat.
Dieses Gebot stellt den Keim der Sünde bloß. Es geht nicht nur darum, was der Mensch tut, was sichtbar ist, z. B. etwas wegnehmen, was einem anderen gehört, sondern es geht um das, was die Ursache dafür ist: die Begierde. Das ist für den anderen nicht sichtbar. Durch die Begierde wird die Sünde gekennzeichnet und erkannt (Röm 7,7b.8a). Durch Missgunst, Neid und Unzufriedenheit mit dem, was der Mensch bekommen hat, ist die Sünde in die Welt gekommen. Bei dem Begehren dessen, was der Nächste hat, kann es um seinen Besitz gehen, aber es kann auch seine geistliche Gabe betreffen. Dieses Gebot macht jedem deutlich, dass er das Gesetz nicht halten kann.
Paulus konnte sagen, dass er niemandes Silber, Gold oder Kleidung begehrt hatte, sondern dass er gearbeitet hatte, um geben zu können (Apg 20,33.34). Auf dem Gebiet, wo alles Gnade ist, ist es eine böse Sache zu begehren, was einem anderen gehört. Es gibt übrigens auch gute Begierden (Ps 27,4).
22 Ein vollständiges Wort
22 Diese Worte hat der HERR auf dem Berg zu eurer ganzen Versammlung geredet, mitten aus dem Feuer, dem Gewölk und dem Dunkel, mit starker Stimme, und er fügte nichts hinzu. Und er schrieb sie auf zwei steinerne Tafeln und gab sie mir.
Diese „zehn Worte“ (5Mo 10,4) hat Gott direkt zum Volk geredet und selbst aufgeschrieben. Die anderen Worte teilte Er Mose mit, der sie dem Volk weitergab (Vers 31). Die „zehn Worte“ beinhalten den Grundverhaltenskodex für alle Beziehungen, zu Gott und zum Nächsten, und das nicht nur für die Generation des Volkes, zu dem Gott das Wort sprach, sondern auch für alle kommenden Generationen. Diese kurze Liste enthält alles und ist somit komplett.
Dieses Wort war ein vollständiges Wort mit dem Ziel, den Segen genießen zu können. Es wurde nichts hinzugefügt. So wie die Worte gesprochen wurden, wurden sie niedergeschrieben. Gott ist der redende und schreibende Gott. Was Er spricht, ist immer wahr. Er schreibt, um es für uns unveränderlich festzulegen, damit wir immer nachschlagen können, was Er gesagt hat (Jes 30,8).
23 - 27 Das Volk fürchtet den HERRN
23 Und es geschah, als ihr die Stimme mitten aus der Finsternis hörtet, während der Berg im Feuer brannte, da tratet ihr zu mir her, alle Häupter eurer Stämme und eure Ältesten, 24 und spracht: Siehe, der HERR, unser Gott, hat uns seine Herrlichkeit und seine Größe sehen lassen, und wir haben seine Stimme mitten aus dem Feuer gehört; an diesem Tag haben wir gesehen, dass der HERR mit dem Menschen redet und er am Leben bleibt. 25 Und nun, warum sollten wir sterben? Denn dieses große Feuer wird uns verzehren. Wenn wir die Stimme des HERRN, unseres Gottes, noch weiter hören, so werden wir sterben. 26 Denn wer ist von allem Fleisch, der die Stimme des lebendigen Gottes mitten aus dem Feuer hätte reden hören, wie wir, und wäre am Leben geblieben? 27 Tritt du hinzu und höre alles, was der HERR, unser Gott, sagen wird; und du sollst alles zu uns reden, was der HERR, unser Gott, zu dir reden wird, und wir wollen hören und es tun.
Das Volk fürchtet den HERRN und bittet Mose, sich zwischen sie und den HERRN zu stellen. Damit möchte Gott uns darauf hinweisen, was die Bedeutung des Mittlers ist (1Tim 2,5). Ein Mittler ist nicht nur jemand, der zwischen Gott und uns steht, sondern er ist auch der Garant für die Konsequenzen unserer Fehler. Er hat sein Leben gegeben und sich danach für immer zwischen Gott und sein Volk gestellt.
Bei dem Berg, der im Feuer brennt, entdecken wir, dass wir einen Mittler brauchen. Das sehen wir am Kreuz. Es gibt keinen Ort, an dem wir das besser sehen können, denn dort offenbarte Gott sich in Finsternis und Feuer gegenüber der Sünde.
28 - 30 Das Verlangen des HERRN
28 Und der HERR hörte die Stimme eurer Worte, als ihr zu mir redetet; und der HERR sprach zu mir: Ich habe die Stimme der Worte dieses Volkes gehört, die sie zu dir geredet haben; es ist alles gut, was sie geredet haben. 29 Möchte doch dieses ihr Herz ihnen bleiben: mich allezeit zu fürchten und alle meine Gebote zu halten, damit es ihnen und ihren Kindern wohl ergehe auf ewig! 30 Geh hin, sprich zu ihnen: Kehrt in eure Zelte zurück!
Der HERR ist erfreut über die Haltung des Volkes. Er erkennt ihre Worte an und bringt sein Verlangen zum Ausdruck, dass sie seine Gebote bewahren sollen. Sein Herz geht aus zu seinem Volk und Er wünscht ihnen Glück, das nur darin zu finden ist, dass man tut, was Er sagt. Wir können durch den Geist sein Verlangen erfüllen.
Nachdem Er dem Volk seine Worte mitgeteilt hatte und Gott sich über die Reaktion des Volkes freute, durften sie zu ihren Zelten zurückkehren. Sie durften in ihrem Alltagsleben und vor allem in ihrer häuslichen Umgebung wahrmachen, was Gott zu ihnen gesagt hatte, womit sie sich einverstanden erklärt hatten und wonach Er verlangend ausschaute.
31 Mose erhält Mitteilungen
31 Du aber bleib hier bei mir, und ich will das ganze Gebot und die Satzungen und die Rechte zu dir reden, die du sie lehren sollst, damit sie sie tun in dem Land, das ich ihnen gebe, es zu besitzen.
Das Volk durfte zu ihren Zelten zurückkehren, aber Mose musste noch beim HERRN bleiben. Der HERR teilt Mose als Mittler alles mit, was er das Volk lehren muss.
32 - 33 Befehl, die Gebote zu halten
32 So achtet nun darauf, zu tun, wie der HERR, euer Gott, euch geboten hat; weicht weder zur Rechten noch zur Linken ab. 33 Auf dem ganzen Weg, den der HERR, euer Gott, euch geboten hat, sollt ihr wandeln, damit ihr lebet und es euch wohl ergehe und ihr eure Tage verlängert in dem Land, das ihr besitzen werdet.
Mose drängt beim Volk darauf, die Gebote Gottes einzuhalten, denn davon hängt es ab, ob sie in dem Land bleiben können und es ihnen dort wohlergehen wird.