1 - 14 Ein neuer Bund
1 Und Mose rief ganz Israel und sprach zu ihnen: Ihr habt alles gesehen, was der HERR vor euren Augen im Land Ägypten getan hat, an dem Pharao und an allen seinen Knechten und an seinem ganzen Land: 2 die großen Prüfungen, die deine Augen gesehen haben, jene großen Zeichen und Wunder. 3 Aber der HERR hat euch nicht ein Herz gegeben, zu erkennen, und Augen, zu sehen, und Ohren, zu hören, bis auf diesen Tag. 4 Und ich habe euch vierzig Jahre in der Wüste geführt: Eure Kleider sind nicht an euch zerfallen, und dein Schuh ist nicht an deinem Fuß zerfallen; 5 Brot habt ihr nicht gegessen, und Wein und starkes Getränk habt ihr nicht getrunken; damit ihr erkennt, dass ich der HERR, euer Gott, bin. 6 Und als ihr an diesen Ort kamt, da zogen Sihon, der König von Hesbon, und Og, der König von Basan, aus, uns entgegen zum Kampf, und wir schlugen sie; 7 und wir nahmen ihr Land ein und gaben es den Rubenitern und den Gaditern und dem halben Stamm der Manassiter zum Erbteil. 8 So haltet denn die Worte dieses Bundes und tut sie, damit ihr Gelingen habt in allem, was ihr tut. 9 Ihr steht heute allesamt vor dem HERRN, eurem Gott: eure Häupter, eure Stämme, eure Ältesten und eure Vorsteher, alle Männer von Israel, 10 eure kleinen Kinder, eure Frauen und dein Fremder, der inmitten deiner Lager ist, von deinem Holzhauer bis zu deinem Wasserschöpfer, 11 damit du in den Bund des HERRN, deines Gottes, eintrittst und in seinen Eidschwur, den der HERR, dein Gott, heute mit dir schließt; 12 damit er dich heute als sein Volk bestätige und er dein Gott sei, wie er zu dir geredet hat und wie er deinen Vätern Abraham, Isaak und Jakob geschworen hat. 13 Und nicht mit euch allein schließe ich diesen Bund und diesen Eidschwur, 14 sondern mit dem, der heute hier ist, der mit uns vor dem HERRN, unserem Gott, steht, und mit dem, der heute nicht mit uns hier ist.
Hier beginnt wieder ein neuer Abschnitt dieses Buches. Es geht um die große Frage, wie das Volk die Segnungen des Landes erhalten kann und wie sie zugleich dieselben bleibend besitzen können. In Kapitel 28 hat der Geist Gottes sie durch Warnungen sehen lassen, wie sie sich im Land verhalten würden und was die Folgen davon sein würden. In Kapitel 29 tut Er das aufs Neue, aber nun in Verbindung mit dem neuen Bund. Hier hören wir von der Vertreibung aus dem Land als Möglichkeit, während es ganz allmählich in eine Gewissheit übergeht. Es handelt sich nicht mehr um eine Warnung, sondern um Prophetie. Glücklicherweise gibt es auch noch eine sichere Weissagung von Wiederherstellung in späterer Zeit.
Für uns geht es um das Sich Aufhalten und Bleiben in den himmlischen Segnungen und an dem Ort, wo der Herr seinen Namen wohnen lässt. Zu diesem Ort dürfen wir den Segen des Landes bringen, so wie es uns bildlich in Kapitel 26 gezeigt wird.
Hier wird von einem neuen Bund gesprochen neben dem Bund vom Horeb. Es ist also keine Erneuerung eines alten Bundes, sondern es ist ein anderer Bund, der den Bund vom Horeb nicht überflüssig macht. Es gibt auch noch einen Bund mit den Vätern Abraham, Isaak und Jakob (Vers 12). Dieser letzte ist ein bedingungsloser Bund, der allein von Gott ausgeht. Der Mensch kann dabei keine Bedingungen stellen, an die Gott sich halten müsste.
Bei jedem Bund stellt Gott die Bedingungen, wobei Er manchmal auch bestimmte Verpflichtungen auf sich nimmt. Ein Bund setzt mindestens zwei Parteien voraus. So kennen wir den Bund mit der ganzen Schöpfung zwischen Gott und Noah und seinen Nachkommen. Es gibt auch den Bund mit den Vätern, bei dem Bedingungen nur auf der Seite Gottes sind, um Abraham eine reiche Nachkommenschaft zu geben und diese in das Land der Verheißung zu bringen.
Dann hören wir hier von dem Bund, den Gott am Horeb mit Israel schloss. Dieser Bund geht in seinem Wesen aus der Gnade hervor aus dem, was Gott getan hat. Doch in dem Augenblick, als das Volk ein Leben aus Gnade abweist und sich selbst unter Verantwortung stellt, gibt Gott ihnen das Gesetz. Dadurch wird der Bund in Bezug auf sie selbst, was ihre Verantwortung betrifft, von ihrem Gehorsam abhängig gemacht. Der Bund am Horeb ist somit ein Bund, der auf das Gesetz gegründet ist, und auf dieser Grundlage konnte das Volk unmöglich ins Land kommen.
Hier haben wir noch einen anderen Bund, und zwar den Bund im Land Moab. Dieser Bund bringt die Grundsätze der Gnade Gottes, die in dem Bund mit den Vätern zum Ausdruck kommen, und das Gesetz Gottes, als Grundlage des Bundes am Horeb, zusammen. Zur Errichtung dieses Bundes stellt Mose dem Volk wieder das Handeln Gottes in der Vergangenheit vor Augen. Das betrifft insbesondere die, die unter zwanzig Jahre alt waren beim Beginn der Wüstenreise. Sie haben alles sehr wohl gesehen. Das Volk, an das er sich richtet, ist die neue Generation, die ins Land kommen wird. Alle, die über zwanzig Jahre alt waren beim Beginn der Wüstenreise, sind in der Wüste umgekommen.
Doch hat diese neue Generation ein Auge dafür, was der HERR getan hat? Begreifen sie, wie sehr sie abhängig sind von der Gnade? Haben sie auf seine Stimme gehört? Der HERR hat ihnen kein Herz, Auge oder Ohr gegeben, wodurch sie zu Ihm umkehren würden. Das war nicht, weil Er es nicht wollte, sondern weil sie es nicht wollten. Sie hatten Ihn nicht darum gebeten! Durch ihre Widerspenstigkeit und Bosheit hatten sie Ihn daran gehindert, ihnen das zu geben, was Er ihnen geben wollte.
Sie hatten wohl Gottes Taten gesehen, aber die Sprache, die Gott dadurch sprach, hatten sie nicht begriffen. So geschah es mit den Wundern und Zeichen, die der Herr Jesus insbesondere im Evangelium nach Johannes tat. Wenn das Volk durch die Zeichen keinen Blick bekommt für die Herrlichkeit des Herrn Jesus, dann ist es geistlich blind. Das gilt auch für uns.
Mose erinnert sie auch daran, dass die Kleidung und die Schuhe, die sie trugen, als sie aus Ägypten auszogen, nicht verschlissen waren. Nach vierzig Jahren in der Wüste hatten Kleider und Schuhe nicht gelitten (5Mo 8,4). Sie haben nicht überlebt durch eigene Vorausplanungen und eigenhändig angelegte Vorräte von Brot und Wein. Gott hat in all dieser langen Zeit in wunderbarer Weise dafür gesorgt, dass sie keinen Mangel an Speise und Trank hatten. Das tägliche Manna und das Wasser aus dem Felsen zeugten von seiner Liebe und Erbarmung, von seiner Fürsorge zu ihrem Wohlergehen. Dadurch konnten sie wissen, dass Er der HERR, ihr Gott ist.
Auch in Bezug auf ihre Feinde hatte Gott für sie gesorgt. Sie konnten bereits deren Land in Besitz nehmen. So wird deutlich, dass Gott in allen Umständen an sie dachte und für alles Nötige sorgte. Von Gottes Seite hat es ihnen an nichts gefehlt. Das ist doch wohl ein enormer Ansporn, um auf Ihn zu hören, wobei wieder neuer Wohlstand in Aussicht gestellt wurde. Gott will nichts anderes als segnen, wenn das Volk auf Ihn hört.
Dieser Bund des HERRN wird mit allen Gruppierungen des Volkes geschlossen. Selbst solche wurden einbezogen, die noch nicht geboren sind, „der heute nicht mit uns hier ist“, also die kommenden Generationen. Sie alle bilden sein Volk. Er erklärt feierlich, dass sie dies sind. Er will an ihnen seine Zusagen gegenüber den Vätern erfüllen. Doch wenn sie die Segnungen seiner Zusagen und die Erklärung, dass sie sein Volk sind, erfahren wollen, dann würden sie sich an die Worte des Bundes halten müssen.
15 - 27 Wie das Volk alles verlieren kann
15 Denn ihr wisst ja, wie wir im Land Ägypten gewohnt haben und wie wir mitten durch die Nationen gezogen sind, durch die ihr gezogen seid; 16 und ihr habt ihre Scheusale gesehen und ihre Götzen [aus] Holz und Stein, Silber und Gold, die bei ihnen sind, 17 dass kein Mann oder [keine] Frau oder [keine] Familie oder [kein] Stamm unter euch sei, dessen Herz sich heute von dem HERRN, unserem Gott, abwende, um hinzugehen, den Göttern jener Nationen zu dienen; dass nicht eine Wurzel unter euch sei, die Gift und Wermut trage, 18 und es geschehe, wenn er die Worte dieses Eidschwurs hört, dass er sich in seinem Herzen segne und spreche: Ich werde Frieden haben, wenn ich auch in der Verhärtung meines Herzens wandle! – damit zugrunde gehe das Getränkte mit dem Durstigen. 19 Nicht wird der HERR ihm vergeben wollen, sondern dann wird der Zorn des HERRN und sein Eifer rauchen gegen diesen Mann; und der ganze Fluch, der in diesem Buch geschrieben ist, wird auf ihm ruhen, und der HERR wird seinen Namen unter dem Himmel austilgen; 20 und der HERR wird ihn aus allen Stämmen Israels zum Unglück aussondern, nach all den Flüchen des Bundes, der in diesem Buch des Gesetzes geschrieben ist. 21 Und das künftige Geschlecht, eure Kinder, die nach euch aufkommen werden, und der Ausländer, der aus fernem Land kommen wird, werden sagen, wenn sie die Plagen dieses Landes sehen und seine Krankheiten, womit der HERR es geschlagen hat, 22 dass sein ganzes Land Schwefel und Salz, ein Brand, ist, dass es nicht besät wird und nichts sprossen lässt und keinerlei Kraut darin aufkommt, gleich der Umkehrung von Sodom und Gomorra, Adama und Zeboim, die der HERR in seinem Zorn und in seinem Grimm umkehrte – 23 und alle Nationen werden sagen: Warum hat der HERR diesem Land so getan? Weshalb diese große Zornglut? 24 Und man wird sagen: Weil sie den Bund des HERRN, des Gottes ihrer Väter, verlassen haben, den er mit ihnen geschlossen hatte, als er sie aus dem Land Ägypten herausführte, 25 und hingingen und anderen Göttern dienten und sich vor ihnen niederbeugten, Göttern, die sie nicht kannten und die er ihnen nicht zugeteilt hatte, 26 da entbrannte der Zorn des HERRN über dieses Land, so dass er den ganzen Fluch darüber gebracht hat, der in diesem Buch geschrieben ist; 27 und der HERR hat sie herausgerissen aus ihrem Land im Zorn und im Grimm und in großem Unwillen und hat sie in ein anderes Land geworfen, wie [es] an diesem Tag [ist].
In diesen Versen wird vorgestellt, wie wir alles wieder verlieren können. In Vers 17 werden die Gefahren dazu zusammengefasst. Zuerst verlieren wir unsere Segnungen, wenn wir wieder ein Auge haben für die Dinge, die außerhalb des Volkes in der Welt gefunden werden. Zweitens verlieren wir unsere Segnungen nicht durch das, was von außen kommt, sondern durch das, was im Innersten des Menschen sein kann: eine Wurzel der Bitterkeit.
Verfall kommt durch das, was von außen nach innen eindringt und durch das, was aus uns selbst zum Vorschein kommt. Wenn wir ein Auge für die Dinge der Welt haben und dadurch angezogen werden, werden die inneren Auswirkungen nicht ausbleiben. Wenn Gläubige gegeneinander verbittert werden, ist das oft deshalb, weil die Welt Eingang erhalten hat im Denken (Heb 12,15).
Gift oder Galle ist der Name einer intensiv bitteren Pflanze, die besonders schnell wächst. Wermut ist wahrscheinlich der sehr bittere Aufguss dieser Pflanze. Er wird in der Bibel häufig genannt als ein Hinweis auf Bitterkeit (Jer 9,14; 23,15; Klgl 3,15.19; Amos 5,7; 6,12; Off 8,10.11). Dieses Gift (oder Galle) wirkte als eine Art Opium. Darum wurde es auch zum Betäuben solcher gebraucht, die hingerichtet wurden (Mt 27,34).
Wenn Bitterkeit vorhanden ist, kommen abtrünnige Gedanken. Das bringt Menschen dazu, über Frieden zu sprechen (vgl. Jer 23,17), obwohl kein Friede vorhanden ist, im Gegenteil, das Verderben steht vor der Tür (1Thes 5,3). Der Herr wird solchen Menschen nicht vergeben und sie nicht verschonen.
Es geht in den Versen 18–20 um einen Einzelnen. Die Verantwortung des Einzelnen wird in den Vordergrund gestellt. Weil das Volk untreu ist und das Böse nicht aus der Mitte weg tut, wird der HERR diesen Einzelnen zur Rechenschaft ziehen. Aber dann sehen wir, wie Mose in seiner Ansprache von dem Einzelnen, der von Gott ausgetilgt wird, zu dem ganzen Volk übergeht, das aus dem Lande herausgerissen und weggetrieben würde.
Gott tilgt das Volk nicht aus, sondern „wirft sie weg“ (Vers 27). In der Geschichte des Volkes wurde das leider Wirklichkeit. Die zehn Stämme wurden nach Assyrien weggeführt und die zwei Stämme nach Babel. Dadurch erfährt das Volk die realen Folgen wegen des Verlassens der Segnungen. Gott sorgt dafür, dass sie nichts mehr genießen können in seinem Land und an seinem Wohnplatz. In einer Anwendung auf uns können wir sagen, dass Er von Gläubigen, die untreu sind, die Kenntnis wegnimmt über den wahren Platz des Gläubigen in den himmlischen Örtern und über den Platz, an welchem der Herr die Seinen um sich versammelt. Das sind die beiden zentralen Themen dieses Buches.
28 Verborgene und offenbarte Dinge
28 Das Verborgene ist des HERRN, unseres Gottes; aber das Offenbarte ist unser und unserer Kinder in Ewigkeit, damit wir alle Worte dieses Gesetzes tun.
Dieser Vers ist keine Entschuldigung, sich nicht mit den Dingen Gottes zu beschäftigen, weil es verborgene Dinge seien. Die Schrift spornt uns an, uns mit allem zu beschäftigen, was Gott uns offenbart hat. Was Er offenbart hat, finden wir in der Schrift und das können wir durch seinen Geist verstehen, den Er uns gegeben hat (1Kor 2,9.10). Gott hat uns durch das Licht des Neuen Testamentes offenbart, was mit den verborgenen Dingen gemeint ist, über die wir hier lesen.
„Das Offenbarte“ hat Bezug auf das Gesetz, worin Er seinen Willen kundgetan hat. Es sind Gottes Regierungswege, die Er in dem vorigen Kapitel und in diesem Kapitel durch Mose mitgeteilt hat. Für diese und die kommenden Generationen bildet das Offenbarte die Grundlage für das Wohnen im Land.
„Das Verborgene“ bezieht sich auf Gottes gnädiges Handeln mit einem Überrest, wenn Er das Volk als Ganzes wegen ihrer Gesetzesübertretung strafen muss. Im folgenden Kapitel wird schon etwas von den verborgenen Dingen sichtbar. Wenn Er Wiederherstellung geben will, dann gehört das zu den verborgenen Dingen. Für den Glauben ist es bereits jetzt schon eine offenbarte Tatsache, die Erfüllung wird in der Zukunft geschehen.