Einleitung
Die Regierung von Joas ist klar in zwei Teile gegliedert. Diese beiden Teile zeigen eine gegensätzliche Situation. Beide Teile zeigen, dass Joas keinen selbstständigen Umgang mit dem HERRN hat, sondern sich von Beratern in seiner unmittelbaren Umgebung beeinflussen lässt. Der erste Teil seiner Regierungszeit (Verse 1–16) ist durch den Einfluss eines guten Beraters, Jojada (Verse 2.14), gekennzeichnet. Er tut, was recht ist in den Augen des HERRN. Der zweite Teil seiner Regierung (Verse 17–27) ist durch den schlechten Einfluss der Fürsten von Juda gekennzeichnet (Vers 17).
1 - 3 Joas als König von Juda
1 Sieben Jahre war Joas alt, als er König wurde, und er regierte vierzig Jahre in Jerusalem; und der Name seiner Mutter war Zibja, von Beerseba. 2 Und Joas tat, was recht war in den Augen des HERRN, alle Tage des Priesters Jojada. 3 Und Jojada nahm ihm zwei Frauen; und er zeugte Söhne und Töchter.
Joas ist noch sehr jung, als er König wird, er ist erst sieben Jahre alt (Vers 1). Die Dauer seiner Regierungszeit beträgt vierzig Jahre. Der Chronist erwähnt den Namen seiner Mutter: Zibja, was „Gazelle“ bedeutet. Er erwähnt auch den Ort, aus dem sie stammt: dem südlich gelegenen Beerseba. Zibja wird ihrem Sohn in den ersten Jahren seiner Herrschaft sicher mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben. Aber den größten Einfluss auf die Regierung von Joas hat Jojada. Solange er unter der guten Führung Jojadas steht, tut Joas, was recht ist in den Augen des HERRN (Vers 2).
Sogar wenn es um die Hochzeit von Joas geht, arrangiert Jojada alles (Vers 3). Jojada nimmt zwei Ehefrauen für ihn. Dies entspricht zwar dem damaligen Brauch, aber es entspricht nicht dem ursprünglichen Plan Gottes, der die monogame Ehe schon bei der Schöpfung eingeführt hat. Jojadas Motiv mit den beiden Frauen ist nicht falsch. Er möchte, dass die königliche Linie weiter besteht. Das geschieht auch, denn Joas zeugt Söhne und Töchter mit seinen Frauen.
4 - 11 Joas will den Tempel erneuern
4 Und es geschah danach, dass Joas im Herzen hatte, das Haus des HERRN zu erneuern. 5 Und er versammelte die Priester und die Leviten und sprach zu ihnen: Zieht aus in die Städte Judas und sammelt Geld ein von ganz Israel, um das Haus eures Gottes auszubessern Jahr für Jahr; und ihr sollt [euch] mit der Sache beeilen! Aber die Leviten beeilten sich nicht. 6 Da rief der König Jojada, das Haupt, und sprach zu ihm: Warum hast du die Leviten nicht aufgefordert, aus Juda und Jerusalem die Steuer einzubringen, die Mose, der Knecht des HERRN, der Versammlung Israels für das Zelt des Zeugnisses auferlegt hat? 7 Denn die gottlose Athalja [und] ihre Söhne haben das Haus Gottes zerstört und haben auch alle geheiligten Dinge des Hauses des HERRN für die Baalim verwendet. 8 Und der König befahl, und man machte eine Lade und stellte sie draußen an das Tor des Hauses des HERRN. 9 Und man rief in Juda und in Jerusalem aus, dass man dem HERRN die Steuer Moses, des Knechtes Gottes, bringen sollte, die er Israel in der Wüste auferlegt hatte. 10 Da freuten sich alle Obersten und das ganze Volk; und sie brachten und warfen in die Lade, bis man fertig war. 11 Und es geschah zur Zeit, wenn man die Lade durch die Leviten zum Amt des Königs brachte und wenn man sah, dass viel Geld [darin] war, so kamen der Schreiber des Königs und der Beamte des Hauptpriesters und leerten die Lade aus; und sie trugen sie und brachten sie wieder an ihren Ort. So taten sie Tag für Tag und sammelten Geld in Menge.
Es ist schön zu lesen, dass das Herz Joas′ schon in jungen Jahren am Haus des HERRN hängt (Vers 4). Er hat sechs Jahre darin gelebt und kennt das Haus von innen wie kein anderer. Die Eindrücke, die ein Kind bis zum Alter von sechs oder sieben Jahren gewinnt, bestimmen zu einem großen Teil seine weitere Entwicklung. Im Lauf der Zeit ist Gottes Haus verfallen, und Joas will das Haus erneuern, d. h. in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzen.
Wir können darin eine Lektion für die örtliche Gemeinde sehen, in der wir auch ein Auge für den Verfall haben müssen. Dieser Verfall kann durch das Hereinschleichen von Personen und Lehren oder Weltlichkeit stattfinden, die die Gemeinde in ihrer Funktion schwächen. Wir können zum Beispiel an eine Schwächung der Gemeinschaft untereinander denken, an eine Veränderung des Verhaltens der Gläubigen durch Weltgleichförmigkeit, an eine Anpassung der Lehre des Wortes Gottes an das, was die Gemeindemitglieder gerne hören möchten, an die Einführung weltlicher Elemente in die Zusammenkünfte der Gemeinde.
Joas weist die Priester und Leviten an, in den Städten Judas und in ganz Israel Geld zu sammeln (Vers 5). Mit diesem Geld will er das Haus „eures Gottes“ restaurieren. Indem er von „eurem Gott“ spricht, weist er die Priester und Leviten auf ihre Verantwortlichkeit hin, die sie Gott gegenüber haben. Sie sind Gott gegenüber verpflichtet, weil sie in seinem Haus das Priestertum und den Levitendienst für Ihn ausüben sollen. Joas will auch, dass sie schnell tun, was er gesagt hat.
Wir lesen jedoch, dass die Leviten es nicht eilig haben. Ein Grund dafür mag sein, dass sie nicht wirklich mit dem Herzen am Tempeldienst beteiligt sind. Möglicherweise hat ihr Interesse im Lauf der Jahre nachgelassen. Wir werden uns nicht für das Haus Gottes, für uns die Gemeinde Gottes, einsetzen, wenn dieses Haus nicht das tiefe Interesse unseres Herzens hat. Wir werden es nicht einmal dann tun, wenn andere uns an unsere Verantwortung erinnern.
Joas zieht Jojada zur Verantwortung. Er wirft ihm vor, nachlässig gehandelt zu haben. Laut Joas versäumte es Jojada, die Leviten dazu zu bringen, „die Steuer einzubringen, die Mose, der Knecht des HERRN, der Versammlung Israels für das Zelt des Zeugnisses auferlegt hat“ (Vers 6; 2Mo 30,16). Die Frage ist, ob dieser Vorwurf gerechtfertigt ist. Was Joas will, ist lobenswert. Aber die Art und Weise, wie er gehandelt hat, wirft Fragen auf. Er hat die Leviten nicht unter Berufung auf Mose losgeschickt. Alles, was er ihnen sagte, war, dass sie Geld sammeln sollten, um das Haus Gottes wiederherzustellen. Ein Herz, das sich nicht voll und ganz auf eine Arbeit für den Herrn einlässt, wird nicht so schnell bereit sein, andere um Spenden für diese Arbeit zu bitten.
Dass sein Vorwurf möglicherweise nicht gerechtfertigt ist, lässt sich auch aus dem Schweigen des geistlich gesinnten Jojada ableiten. Es gibt keine Verteidigung gegen die Kritik. Das ist keine Schwäche oder das Eingeständnis, dass das Gesagte wahr ist, sondern es spricht von geistlicher Stärke. Schweigen bei ungerechtfertigten Anschuldigungen sagt oft mehr aus als Sprechen. Dieses Schweigen sehen wir auch beim Herrn Jesus in allen Anklagen, die gegen Ihn erhoben werden.
Joas sagt, wodurch das Haus des HERRN in einen Zustand gekommen ist, der die Wiederherstellung erfordert (Vers 7). Es ist die Schuld Athaljas. Sie ist die Verkörperung der Gottlosigkeit. Politische Macht, die um ihrer selbst willen ausgeübt wird, wird den Dienst an Gott immer als etwas Abscheuliches ansehen. Diese Macht wird alles in ihrer Macht Stehende tun, um den Dienst an Gott zu zerstören. Bei einer derart bösen Macht geht es nicht nur darum, die Gemeinde zu vernachlässigen, sondern sie wird die Gemeinde angreifen und alles, was für den Dienst an Gott von Wert ist, wegrauben.
Eine böse Macht veranlasst, dass „alle geheiligten Dinge des Hauses des HERRN für die Baalim verwendet“ werden. Wir sehen dies zum Beispiel in der auf populäre Weise interpretierten Leidensgeschichte Christi (The Passion). Dasselbe gilt für die Matthäus-Passion, die die Mitglieder des Kabinetts (in den Niederlanden) besuchen, weil sie so eindrucksvoll aufgeführt wird. Herz und Gewissen bleiben völlig unzugänglich. So werden die heiligen Dinge, die für Gottes Haus, die Gemeinde, zentral sind, wie Perlen vor die Säue geworfen (Mt 7,6). Die verheerenden Folgen für die Gemeinde sind unübersehbar, denn sie sind für jeden wahrnehmbar, der erleuchtete Augen des Herzens hat.
Dann startet Joas eine neue Aktion zur Eintreibung von Geld (Vers 8). Auf seinen Befehl wird eine Lade angefertigt, und „draußen an das Tor des Hauses des HERRN“ gestellt. Dann, diesmal unter Berufung auf die Steuer Moses, wird in Juda und in Jerusalem dazu aufgerufen, Geld zu sammeln (Vers 9). Die Reaktion auf diesen Aufruf ist ganz anders als beim letzten Mal. Alle Führer und das ganze Volk sind glücklich, zur Wiederherstellung des Tempels beizutragen (Vers 10). Sie alle geben gerne und werden weiterhin geben, bis die Restaurierungsarbeiten abgeschlossen sind. Die Aufsicht über die Lade liegt bei den Leviten (Vers 11). Jedes Mal, wenn sie voll ist, bringen sie sie zum Beamten des Königs. Die Schreiber des Königs und der Beamte des Hauptpriesters leeren die Truhe. Ein Vertreter des Königs und ein Vertreter des Hohenpriesters sind beteiligt. Aus dem Mund von zwei oder drei Zeugen wird jede Sache bestätigt werden (2Kor 13,1). Es ist wichtig, über das eingenommene Geld zuverlässig Rechenschaft ablegen zu können (2Kor 8,20.21).
Hier geht es nochmal um die Kombination von König und Priester. Es besteht eine enge Verbindung und Zusammenarbeit zwischen den beiden. Das sehen wir auch bei dem Herrn Jesus, dem wahren König-Priester (Sach 6,13). Nachdem das Geld auf diese verantwortungsvolle Weise aus der Lade entnommen wurde, wird sie zurückgebracht und wieder an ihren Platz beim Tempel gestellt. Auf diese Weise wird Geld im Überfluss gesammelt.
12 - 14 Die Renovierung des Tempels
12 Und der König und Jojada gaben es denen, die das Werk der Arbeit am Haus des HERRN betrieben; und diese stellten Steinhauer und Handwerker an, um das Haus des HERRN zu erneuern, und auch Handwerker in Eisen und Kupfer, um das Haus des HERRN auszubessern. 13 Und die das Werk taten, arbeiteten, und die Herstellung des Werkes nahm zu durch ihre Hand; und sie setzten das Haus Gottes wieder in seinen früheren Zustand und verstärkten es. 14 Und als sie fertig waren, brachten sie das übrige Geld vor den König und vor Jojada; und er machte davon Geräte für das Haus des HERRN, Geräte für den Dienst und für die Brandopfer, und Schalen und goldene und silberne Geräte. Und man opferte Brandopfer im Haus des HERRN beständig, alle Tage Jojadas.
Der König und Jojada – auch hier sehen wir die enge Beziehung zwischen König und Priester – stellen das Geld denjenigen zur Verfügung, die die Reparaturarbeiten durchführen (Vers 12). Das Geld wird für die Einstellung von Arbeitskräften verwendet. Für die Restaurierungsarbeiten werden Steinmetze, Handwerker, Schmiede und Kupferschmiede benötigt. Sie arbeiten eng zusammen, wobei jeder das tut, was in seinen Fähigkeiten liegt.
Der Herr Jesus ist als König-Priester tätig, um uns die Mittel zum Bau seines Hauses zu geben. Die verschiedenen Arbeiter, die die Restaurierungsarbeiten durchführen, weisen auf die verschiedenen Aufgaben hin, die die Gläubigen beim Bau des Hauses Gottes haben. Steinmetze können als ein Bild von Evangelisten gesehen werden. Sie bringen lebendige Steine in Gottes Haus. Handwerker oder Zimmerleute arbeiten mit Holz. Sie bringen Struktur in Gottes Haus. In ihnen können wir ein Bild von Lehrern sehen. Die Schmiede sind wie Schäfer. Sie sorgen dafür, dass die Gläubigen gut miteinander verbunden bleiben. Die Kupferschmiede arbeiten mit Kupfer. Kupfer ist ein Bild der Gerechtigkeit Gottes. Kupfergießerei können wir als ein Bild für Gläubige sehen, die anderen helfen, in Übereinstimmung mit Gottes Gerechtigkeit zu leben.
Alle diese Arbeiter arbeiten mit dem, was ihnen vom König und von Jojada gegeben wurde (Vers 13). Es ist schön zu lesen, dass die Restaurierungsarbeiten unter ihrer Hand voranschreiten. Ziel ist es, das Gotteshaus wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen. Um so arbeiten zu können, müssen die Arbeiter wissen, was der ursprüngliche Zustand ist. Die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands des Hauses Gottes bedeutet auch, dass das Haus verstärkt wird.
Dies gilt auch für die gesamte Arbeit, die für die Gemeinde geleistet wird. Die Blaupause der Gemeinde und ihr lokaler Ausdruck sind im Wort Gottes zu finden. Wir müssen Gottes Wort zurate ziehen, wenn wir am Bau von Gottes Haus arbeiten. Die Arbeit an Gottes Haus bedeutet für uns, dass wir den Mitgläubigen zeigen, welche Stellung sie in Christus einnehmen (Kol 1,28.29) und dass sie fest an Ihn gebunden sind (2Kor 1,21; Kol 2,6.7).
Nach den Restaurierungsarbeiten am Tempel scheint Geld übrig geblieben zu sein (Vers 14). Dieses Geld wird dem König und Jojada gebracht. Joas stellt, wahrscheinlich auf Anraten von Jojada, alle möglichen Gerätschaften her, die für den Gottesdienst im Tempel verwendet werden können. Das Ergebnis ist, dass man, solange Jojada lebt, ständig Brandopfer im Haus des HERRN darbringt. Hier finden wir den großen Zweck der Wiederherstellung des Hauses Gottes: das Darbringen von Brandopfern.
Die Wiederherstellung des Hauses Gottes, die zur Darbringung von Brandopfern führte, zeigt uns, dass der Dienst der Anbetung in der Gemeinde wieder im Mittelpunkt steht. Dies ist nicht der programmierte Lobpreis mit Gesang und Musik unter der Leitung eines Lobpreisleiters, sondern eine vom Heiligen Geist geleitete Anbetung. Der Heilige Geist will die Herzen aller Gemeindeglieder auf den Herrn Jesus lenken, der das wahre Brandopfer für Gott ist. Das Brandopfer ist das Opfer, das ganz und gar für Gott ist (3Mo 1,9.13). Gott wünscht, dass die Gläubigen als Gemeinde mit Brandopfern kommen. Jojada ist ein Bild des Herrn Jesus, der der „große Priester über das Haus Gottes“ ist (Heb 10,21). Durch Ihn können wir Gott im Heiligtum nahen, um unsere Opfer zu bringen (Heb 10,19–22).
15 - 16 Der Tod Jojadas
15 Und Jojada wurde alt und der Tage satt, und er starb; er war 130 Jahre alt, als er starb. 16 Und man begrub ihn in der Stadt Davids bei den Königen, weil er Gutes getan hatte an Israel und für Gott und sein Haus.
Jojadas Leben geht zu Ende. Er stirbt nicht an Krankheit oder infolge eines Unfalls, sondern an Altersschwäche (Vers 15). Er hat das hohe Alter von einhundertdreißig Jahren erreicht. Bis ins hohe Alter war er aktiv im Dienst für Gott und sein Haus tätig (Vers 16). Sein Dienst war ein Segen für Israel. Er, der Priester war, hat sich gleichzeitig königlich verhalten. Deshalb wird er „bei den Königen begraben“. Dass sie ihn dort begraben, ist ein Beweis für den Respekt, den Joas und das Volk vor ihm haben.
Wie werden wir von den Gläubigen, mit denen zusammen wir eine örtliche Gemeinde bilden, wahrgenommen? Kann von uns gesagt werden, dass wir in der Gemeinde Gutes getan haben? Gutes tun muss in erster Linie vor Gott geschehen. Er sieht unser ganzes Leben. Ist das auf Ihn gerichtet? In direktem Zusammenhang damit steht das Wohltun gegenüber seinem Haus, d. h. der Gemeinde, das sind die Seinen. Seinem Haus Gutes zu tun bedeutet, dass wir uns in seinem Haus gemäß den Maßstäben verhalten, die Er dazu in seinem Wort gegeben hat (1Tim 3,15).
17 - 18 Joas verfällt dem Götzendienst
17 Und nach dem Tod Jojadas kamen die Obersten von Juda und beugten sich vor dem König nieder; und der König hörte auf sie. 18 Und sie verließen das Haus des HERRN, des Gottes ihrer Väter, und dienten den Ascherim und den Götzenbildern. Da kam ein Zorn über Juda und Jerusalem wegen dieser ihrer Verschuldung.
Auf jede Erweckung folgt Lauheit. Das sehen wir auch hier. Als sein Ratgeber Jojada gestorben ist, weicht Joas vom Weg des HERRN ab. Der Einfluss Jojadas war bestimmend für sein Handeln. Nun, da er mit dem Tod Jojadas den Halt und den Kompass verloren hat, ist er orientierungslos. Leider kennt er keinen persönlichen Umgang mit dem HERRN. Joas hat mehr durch den Glauben Jojadas als durch seinen eigenen Glauben gelebt. Wir können dies für uns selbst in Bezug auf unsere Kinder anwenden. Wenn wir sie nicht lehren, mit dem Herrn in einer selbstständig aufgebauten Beziehung zu Ihm zu leben, werden sie – wenn sie auf eigenen Füßen stehen müssen – dem Herrn den Rücken kehren.
Durch den Tod Jojadas ist bei Joas ein geistliches Vakuum entstanden. Diese Leere wird von den Fürsten Judas gefüllt (Vers 17). Sie kommen zu ihm und verneigen sich heuchlerisch vor ihm. Sie sind nicht darauf aus, ihm zu helfen, weiterhin nach Gottes Willen zu regieren, sondern sie verfolgen ihre eigenen Interessen. Joas hört auf ihr verderbliches Reden. Der König und die Fürsten, die eben noch mit der Restaurierung des Tempels beschäftigt waren, verlassen den HERRN und sein Haus und gehen hin, um den Götzen zu dienen (Vers 18). Die Fürsten haben vielleicht mit ihm gesprochen und gesagt, dass die alte Religion nicht ausreicht und dass „den Ascherim und den Götzenbildern“ zu dienen ein viel besseres Gefühl vermittelt. Joas hat sozusagen im Geist begonnen, vollendet aber im Fleisch (Gal 3,3).
Gottes Antwort auf das Abweichen von Joas und dem Volk bleibt nicht aus. Das Volk ist vor Ihm schuldig. Wegen dieser Schuld ruht Gottes Wohlgefallen nicht mehr auf Juda und Jerusalem, stattdessen ruht sein Zorn nun auf ihnen.
19 - 22 Joas tötet den Propheten Gottes
19 Und er sandte Propheten unter sie, um sie zu dem HERRN zurückzuführen, und diese zeugten gegen sie; aber sie nahmen es nicht zu Ohren. 20 Und der Geist Gottes kam über Sekarja, den Sohn Jojadas, des Priesters; und er stand auf über das Volk und sprach zu ihnen: So spricht Gott: Warum übertretet ihr die Gebote des HERRN? Es wird euch ja nicht gelingen! Weil ihr den HERRN verlassen habt, so hat er euch verlassen. 21 Und sie machten eine Verschwörung gegen ihn und steinigten ihn auf Befehl des Königs im Hof des Hauses des HERRN. 22 Und der König Joas gedachte nicht der Güte, die sein Vater Jojada an ihm erwiesen hatte, und ermordete dessen Sohn. Und als er starb, sprach er: Der HERR möge es sehen und fordern!
Bevor Gott seinen Zorn, der nun auf ihnen ruht, tatsächlich spüren lässt, sendet Er in seiner Gnade zunächst noch Propheten zu ihnen (Vers 19; vgl. Jer 7,25). Durch seine Propheten will Er sie dazu aufrufen, zu Ihm zurückzukehren. Sie warnen vor den Folgen, wenn das Volk in seiner Abweichung von Ihm verharrt. Leider hören Joas und die Fürsten nicht.
Einer der Propheten wird besonders erwähnt (Vers 20). Es ist Sekarja, der Sohn Jojadas. Sekarja steht erhöht, um vom Volk besser gehört zu werden (vgl. Neh 8,5). Aus diesem Grund steht er auch als ein Einzelner dem Volk gegenüber. Er ist ein wahrer Antipas (d. h. „gegen alle“), der auch als Einzelner treu Zeugnis ablegte und, wie Sekarja, sein Zeugnis mit dem Tod bezahlen musste (Off 2,13).
Ohne große Umschweife hält Sekarja dem Volk seine Sünden vor. Er sagt ihnen, dass ihr Götzendienst ihnen nicht den Wohlstand bringen wird, den sie von ihm erwarten. Auf ihrem Handeln ruht kein Segen, weil sie den HERRN verlassen haben und Er deshalb sie verlassen musste. Sie sind nun ohne Ihn unterwegs. Wie könnte es denn dann Wohlstand für sie geben?
Joas kommt sogar selbst, um zu befehlen, den Mann, der ihm die Worte Gottes bringt, zu steinigen (Vers 21; Heb 11,37). Hier wird ein heiliger Mann (ein Priester und Prophet) an einem heiligen Ort (dem Tempel) mit einer heiligen Botschaft (einem Wort Gottes) getötet, als wäre er ein Gotteslästerer. Wie weit sind der König und sein Volk vom HERRN abgewichen.
Joas stellt sich in eine Reihe mit dem gottlosen Ahab, der auch einen rechtschaffenen Mann, Nabot, steinigen ließ (1Kön 21,8–13). Sekarja wird übrigens im Hof des Hauses des HERRN, wofür Joas sich während des ersten Teils seines Königtums so einsetzte, gesteinigt. Der Ort der Anbetung wird mit Blut beschmiert.
Der Geist Gottes zeigt deutlich, dass diese Steinigung nicht nur ein Verbrechen, sondern auch ein Akt größtmöglicher Undankbarkeit ist (Vers 22a; vgl. Ri 8,35). Die Güte, die ihm Sekarjas Vater, Jojada, erwiesen hat, ist aus seiner Erinnerung verschwunden.
Wenn wir vergessen, für all das dankbar zu sein, was der Herr uns in unseren Brüdern und Schwestern gegeben hat, können wir, geistlich gesprochen, zu ihren Mördern werden, wenn sie uns auf unser Versagen hinweisen. Undankbarkeit ist eines der Merkmale der letzten Tage, d. h. der Zeit, in der wir leben (2Tim 3,1–3). Es ist eine Zeit, in der das Wort Gottes nahezu vollständig ignoriert wird.
Als Sekarja stirbt, fleht er, dass der HERR es sehen und ahnden möge (Vers 22b). Dieser Racheschrei passt zum Alten Testament. Dieser Aufruf wird aber auch nach der Entrückung der Gemeinde erklingen (Off 6,9–11). In unserer Zeit richtet der Gläubige einen Ruf nach Gnade und Vergebung für seine Verfolger und Folterer an Gott (Apg 7,59.60a).
In seiner Rede gegen die Pharisäer verweist der Herr Jesus auf die Ermordung Sekarjas (Sacharjas) (Mt 23,34.35; Lk 11,51). In dieser Rede erwähnt Er den ersten und den letzten Mord an Gläubigen des Alten Testaments als Anfang und Ende einer langen Reihe von Blutvergießen an den Rechtschaffenen. Der erste Mord ist der an Abel, der letzte der an Sekarja (Sacharja). Dass Sekarja der letzte Gläubige ist, der im Alten Testament ermordet wurde, ist wahr. Denn wir müssen bedenken, dass das Buch der Chronika in der hebräischen Bibel das letzte Buch der Bibel ist und nicht, wie in unseren Bibeln, das Buch Maleachi.
23 - 24 Strafgericht an Joas
23 Und es geschah beim Umlauf des Jahres, dass ein Heer der Syrer gegen ihn heraufzog. Und sie kamen nach Juda und Jerusalem und schlachteten aus dem Volk alle Obersten des Volkes; und all ihre Beute sandten sie dem König von Damaskus. 24 Obwohl das Heer der Syrer mit wenigen Männern gekommen war, gab der HERR doch ein sehr zahlreiches Heer in ihre Hand, weil sie den HERRN, den Gott ihrer Väter, verlassen hatten. Und sie übten Gericht an Joas.
Gottes Antwort auf den Vergeltungsruf seines sterbenden Dieners Sekarja ließ nicht lange auf sich warten. Zum Jahreswechsel marschiert die Armee Syriens gegen Joas (Vers 23; vgl. 2Sam 11,1). Die Armee Syriens dringt sogar so weit vor, dass sie in Jerusalem eindringt und dort die Obersten tötet. Infolgedessen sind die Menschen führerlos geworden. Die Beute, die die Syrer auf ihrem Feldzug stehlen, schicken sie an ihren Herrn, den König von Damaskus.
Die Syrer sind überlegen in ihrem Kampf gegen Juda und Jerusalem. Es liegt nicht daran, dass sie so zahlreich sind. Im Gegenteil, sie haben nur eine kleine Armee (Vers 24). Dennoch erzielen sie große Erfolge, weil der HERR gegen sein Volk kämpft. Er zeigt sich als der Widersacher seines Volkes, weil es Ihn verlassen hat.
Frühere Könige – Abija, Asa und Josaphat – sind errettet worden, obwohl Juda einer mächtigeren Armee gegenübersteht (2Chr 13,3; 14,11; 20,20). Hier bei Joas aber schenkt der HERR Syrien den Sieg, das „mit wenigen Männern“ gegen das mächtigere Juda herangezogen ist. Ein übermächtiges Juda verliert gegen eine kleine Armee, weil der HERR sie in die Hand ihrer Feinde gibt (3Mo 26,17a). Dem HERRN zu dienen oder Ihn zu verlassen, ist eine so ernste Angelegenheit, dass alle militärischen Zahlen völlig bedeutungslos sind.
Die Syrer sind die Zuchtrute in Gottes Hand, um die Strafe an Joas zu vollstrecken. Das Wort für „Gericht“ wird auch für die Plagen verwendet, die über Ägypten gekommen sind, um den Pharao dazu zu bewegen, Gottes Volk aus Ägypten freizulassen (2Mo 6,5; 7,4; 12,12; 4Mo 33,4). Dies zeigt deutlich den Ernst der Zucht, die der HERR über den Anführer seines Volkes bringt. Die Gerichte, mit denen Er das gottlose Ägypten schlug, bringt Er hier über sein Volk.
25 - 27 Der Tod Joas’
25 Und als sie von ihm weggezogen waren – sie ließen ihn aber in großer Krankheit zurück –, machten seine Knechte eine Verschwörung gegen ihn, wegen des Blutes der Söhne des Priesters Jojada; und sie ermordeten ihn auf seinem Bett, und er starb. Und man begrub ihn in der Stadt Davids, aber man begrub ihn nicht in den Gräbern der Könige. 26 Und diese sind es, die die Verschwörung gegen ihn machten: Sabad, der Sohn Schimeats, der Ammoniterin, und Josabad, der Sohn Schimrits, der Moabiterin. 27 Seine Söhne aber und die Größe des Tributs, der ihm auferlegt wurde, und der Bau des Hauses Gottes, siehe, das ist geschrieben in der ausführlichen Beschreibung des Buches der Könige. Und Amazja, sein Sohn, wurde König an seiner statt.
Die Strafen werden nicht nur dem Volk, seinen Obersten und seinem Besitz zugefügt, sondern offenbar auch Joas selbst (Vers 25). Als die Feinde abziehen, hinterlassen sie Joas „in großer Krankheit“, eine Krankheit, die wahrscheinlich die Folge schwerer Verwundungen ist, die ihm zugefügt wurden. Damit ist das Maß von Gottes Zucht über ihn noch nicht voll. Zwei Diener verschwören sich gegen ihn und töten ihn, während er hilflos auf seinem Krankenbett liegt. Joas wird zwar in der Stadt Davids begraben, aber nicht in den Gräbern der Könige, eine Ehre, deren er aber Jojada für würdig befunden hat (Vers 16).
Als Grund für die Ermordung von Joas wird angegeben, dass es „wegen des Blutes der Söhne des Priesters Jojada“ geschehen sei. Es scheint, dass Joas von den Söhnen Jojadas nicht nur Sekarja, sondern auch noch andere Söhne Jojadas getötet hat. Der angegebene Grund bedeutet nicht, dass dies die beiden Mörder zum Handeln veranlasst hat. Es bedeutet, dass Gott in seinen Regierungswegen den Mord als Vergeltung für das Blut, das Joas vergossen hat, zulässt. Beide Männer werden zu Recht für ihr Verbrechen bestraft werden (2Chr 25,3).
Die Namen der Diener und ihre Herkunft werden erwähnt (Vers 26). Sie sind zwei Söhne ausländischer, wenn auch mit Israel verwandter Frauen. Die Ammoniter und Moabiter sind Nachkommen von Lot (1Mo 19,30–38), dem Neffen Abrahams. Sie haben Gottes Volk fortwährend feindselig gegenüber gestanden. Die Tatsache, dass Joas sie als Diener akzeptierte, mag darauf zurückzuführen sein, dass er ihren Göttern diente. Wer in den Götzendienst verfällt, holt sich immer Elemente ins Haus, die ihm feindlich gesinnt sind und auf sein Verderben aus sind.
Der Chronist beendet seine Beschreibung des Lebens von Joas mit einem Verweis auf einige Dinge, die „in der ausführlichen Beschreibung des Buches der Könige“ (Vers 27) beschrieben sind. Dieses Buch ist nicht für uns erhalten geblieben. Was darin beschrieben wird, betrifft seine Söhne, möglicherweise wer sie sind und wie er mit ihnen umgegangen ist. Sie betrifft auch „die Größe des Tributs, der ihm auferlegt wurde“. Das bezieht sich wohl auf die Gerichtsprophezeiungen des HERRN, die gegen ihn ausgesprochen wurden. Der letzte Hinweis bezieht sich auf den Bau des Hauses Gottes, in dem wir eine gewisse Wertschätzung für das, was Joas für das Haus Gottes getan hat, feststellen können.
Das Leben von Joas mag einen tragischen Verlauf und ein tragisches Ende gehabt haben, aber die Treue Gottes bleibt. Der Sohn Joas’, Amazja, wird König an Joas’ Stelle. So hält Gott noch immer eine Lampe für das Haus David am Brennen. Das Licht ist noch nicht erloschen.