Einleitung
In diesem Kapitel werden wir Zeugen des Schuldbekenntnisses der Israeliten. Wir können dieses Kapitel mit Esra 9 und Daniel 9 verbinden, wo wir auch Schuldbekenntnisse finden, die von Esra und Daniel ausgesprochen werden.
1 Fasten und Sacktuch
1 Und am vierundzwanzigsten Tag dieses Monats versammelten sich die Kinder Israel unter Fasten und in Sacktuch [gekleidet] und mit Erde auf ihren Häuptern.
Die Folgen vom Lesen des Gesetzes, von Gottes Wort, werden sichtbar. Das Wort Gottes ist der Ursprung von allem, was folgt. Das Wort wurde in Nehemia 8 gelesen. Die erste Folge davon ist, dass Gott seinen Teil bekommt: das Laubhüttenfest wird gefeiert. Die zweite Folge finden wir hier: das Volk nimmt seinen wahren Platz vor Gott ein. Sie erkennen an, dass ihre gegenwärtige Situation die Folge davon ist, dass sie nicht auf Gottes Gebote gehört haben.
Das Volk Gottes ist unter dem tiefen Eindruck des Wortes Gottes. Das Wort hat große Freude unter dem Volk bewirkt (Neh 8,13). Jetzt führt das Wort Gottes sie zum Bekenntnis der Sünden.
Es wird gefastet und getrauert. Das steht nicht im Widerspruch zu dem Fest und der Freude des vorigen Kapitels. Es gehört zusammen. Freude und Selbstverleugnung gehen bei dem Christen, wenn es richtig läuft, Hand in Hand. Die Freude ist im Herrn, sie ist die Folge davon, Ihn zu kennen; die Demut kommt vom Einsehen des eigenen Versagens, sie ist eine Folge davon, sich selbst zu kennen.
Fasten ist ein Zeichen der Trauer. Wer fastet, sieht den Ernst der Situation, in der sich das Volk Gottes oder er selbst befindet. Durch das Fasten verzichtet man auf Nahrung, auf das, was der Körper braucht und was erlaubt ist, zu sich zu nehmen, um sich im Geist den traurigen Umständen zu widmen und darüber Gott anzurufen. Jesaja spricht über das Fasten, wie es nach Gottes Gedanken ist (Jes 58,6.7; vgl. Joel 2,12–17). Der Mensch nimmt dabei den richtigen Platz gegenüber Gott ein und gibt auch Gott den richtigen Platz.
Eine Fortsetzung des Laubhüttenfests wie wir es hier finden ist nirgendwo im Gesetz vorgeschrieben. Das Laubhüttenfest endet am dreiundzwanzigsten des Monats. Was wir hier lesen, findet am vierundzwanzigsten des Monats statt. Dieser Tag gehört nicht zum Fest. Sie wollen die Feier nicht mit ihrer Trauer zunichtemachen. Nach dem Fest hat das Wort jedoch seine Wirkung auf ihre Gewissen. Es ist freiwillig und eine Ergänzung durch die Wirkung des Geistes. Nach einem überschwänglichen Fest folgt ein Tag der Buße und Reue. So wechseln sich die Gemütsäußerungen ab. Von Segnungen umgeben zu sein, kann uns klein machen, wenn wir uns bewusst machen, wie unverdient sie sind, und uns als Folge davon zum Bekenntnis bringen. Wir fragen uns, womit wir das verdient haben.
Sacktuch und Erde auf dem Kopf ist sozusagen einem Toten gleich zu werden. Diesen Platz einzunehmen, weil das Bewusstsein da ist, in Gegenwart des Allmächtigen Staub und Asche zu sein (vgl. 1Mo 18,27; Hiob 42,6), ist zugleich der Platz des Segens.
2 Absonderung und Bekenntnis
2 Und die Nachkommen Israels sonderten sich ab von allen Kindern der Fremde; und sie traten hin und bekannten ihre Sünden und die Ungerechtigkeiten ihrer Väter.
Das Lob des HERRN beim Laubhüttenfest kann nicht mit Verbindungen zusammengehen, die von Gott verboten sind. Aufrichtiges Erkennen des Versagens führt zum Handeln. Die erste Handlung ist die Absonderung von den Fremden. Darin sind sie nicht halbherzig. Sie trennen sich von „allen“ Fremden. Die zweite Handlung ist das Bekenntnis. Sündenbekenntnis geschieht nicht nur zu Beginn des Lebens als Christ, sondern es ist Teil des gesamten Lebens als Christ. Absonderung und Sündenbekenntnis gehören zusammen.
Außerdem trennen sie sich nicht von ihren Vorfahren. Sie stellen sich nicht über sie, sondern machen sich mit ihnen eins. Es ist die Erkenntnis, dass wir, als Menschen, Gott durch unser Leben verunehrt haben.
3 Zuhören, bekennen und anbeten
3 Und sie standen auf an ihrer Stelle und lasen im Buch des Gesetzes des HERRN, ihres Gottes, ein Viertel des Tages. Und ein [anderes] Viertel [des Tages] bekannten sie [ihre Sünden] und warfen sich nieder vor dem HERRN, ihrem Gott.
Wieder nimmt Gottes Wort den wichtigsten Platz ein. Ihr ganzes Handeln wird dadurch bestimmt. Sie hören Gottes Wort und befolgen es. Sündenbekenntnis und Anbetung sind die Auswirkung vom Hören von Gottes Wort. Es besteht ein Gleichgewicht zwischen der Beschäftigung mit Gottes Wort auf der einen Seite und Bekenntnis und Anbetung auf der anderen Seite. Für beide Tätigkeiten der Seele wird dieselbe Dauer verwendet. Auf die Dauer des Hörens von Gottes Wort folgt eine ebenso lange Zeit, in der das Wort seine Wirkung auf die Gewissen bekommt.
Was sie lesen oder vorgelesen bekommen, ist Stoff für das Gebet und durch das Gebet bekommt das Wort seine gewünschte Wirkung. Wort und Gebet müssen zusammengehen. Wer nur das Wort liest, ohne Gebet, sammelt Wissen für den Kopf. Es entsteht ein theoretisches Christentum, was zum Ärger von Mitchristen führen wird. Wer sich nur dem Gebet widmet, läuft Gefahr, sich in Mystik und Fanatismus zu verlieren. Wer beides tut, wird wachsen in der „Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus“ (2Pet 3,18) und ein guter Nachfolger von Ihm werden.
4 Die Leviten rufen zum HERRN
4 Und Jeschua und Bani, Kadmiel, Schebanja, Bunni, Scherebja, Bani, Kenani traten auf die Erhöhung der Leviten, und sie schrien mit lauter Stimme zu dem HERRN, ihrem Gott.
Acht Leviten treten auf einen für sie gemachten Platz, auf eine Erhöhung. Dieses Mal nehmen sie diesen Platz über dem Volk nicht ein, um das Volk aus Gottes Wort zu lehren. Nein, sie sind die ersten, die ihre Schuld gegenüber dem HERRN zum Ausdruck bringen. Sie schreien mit lauter Stimme zum HERRN, ihrem Gott, und gehen dem Volk darin voran. Durch die Erhöhung gehen sie gleichsam in das Heiligtum hinein.
5 Der Aufruf, den HERRN zu loben
5 Und die Leviten Jeschua und Kadmiel, Bani, Haschabneja, Scherebja, Hodija, Schebanja, Petachja sprachen: Steht auf, preist den HERRN, euren Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit! Und man preise deinen herrlichen Namen, der erhaben ist über allen Preis und Ruhm!
Nachdem sich die Leviten zum HERRN gewandt haben, beziehen sie auch das Volk in ihrem Nahen zu Ihm mit ein. Sie rufen das Volk auf, aufzustehen und den HERRN zu preisen. Das Schuldbekenntnis beginnt mit einem Aufruf, den HERRN zu loben, dem die Leviten direkt Ausdruck verleihen. Wahres Schuldbekenntnis vom Volk Gottes findet in einem Geist des Vertrauens in die Güte des HERRN statt. Die Beweise dieser Güte werden ausführlich genannt. In dem Maße, in dem uns die Güte des Herrn deutlicher bewusst wird, wird unser Schuldbewusstsein größer sein, dass wir uns gegen so jemanden so falsch verhalten haben.
Die Leviten wenden sich an den HERRN, indem sie zuerst seinen herrlichen Namen anerkennen, einen Namen, der in der Tat über allen Preis und Ruhm erhaben ist. Sie sind sich bewusst, vor Ihm zu stehen, bei dem alles menschliche Denken und Beschreibungen zu kurz gefasst sind. Was sein Name alles beinhaltet, geht über unser Fassungsvermögen hinaus (Off 19,12b; Mt 11,27). Dieses Bewusstsein sollte auch uns mehr kennzeichnen. Das wird uns vor einem unpassenden, familiären Umgang mit dem Hochheiligen bewahren.
Wir dürfen Gott als unseren Vater kennen und die engste Vertrautheit mit Ihm genießen. Wir dürfen uns Ihm mit Freimütigkeit nahen, mit der Sicherheit, dass Er uns als seine Kinder gerne bei sich hat. Aber das bedeutet nicht, dass keine Ehrfurcht und kein Respekt mehr nötig wäre und dass wir vergessen könnten, wie hoch Er über uns und alles und jeden erhaben ist. Das Bewusstsein seiner Erhabenheit macht uns das Wunder unserer Nähe zu Ihm nur noch größer.
Dieses Bewusstsein kommt im Gebet der Leviten in drei Aspekten zum Vorschein:
1. Sie halten an Gott fest in all seinen Wegen der Zucht mit seinem Volk. Sie erkennen Ihn auch in seiner Allmacht an, die Er bei der Befreiung des Volkes aus Ägypten, bei der Unterstützung des Volkes in der Wüste und bei der Einführung des Volkes in das verheißene Land gezeigt hat. Immer hat Gott in Barmherzigkeit und Gerechtigkeit mit ihnen gehandelt.
2. Sie bekennen ihre eigenen Sünden und die Sünden ihrer Väter und reden ihr Handeln nicht schön.
3. Wegen ihrer großen Bedrückung und Unterwerfung unter die Völker erneuern sie den alten Bund des Gesetzes und machen daraus einen festen Bund, den sie auch mit ihrem Siegel bekräftigen.
Alle Lebewesen im Himmel beten den HERRN an. Sie sind fortwährend unter dem Eindruck ihres Schöpfers und Erhalters und beten Ihn an, ohne aufzuhören. Für uns ist es noch angemessener, eine Haltung der fortwährenden Anbetung einzunehmen, da wir unseren Schöpfer auch als Erlöser kennen dürfen (Heb 2,14–16).
6 Der HERR, der Schöpfer
6 Du bist, der da ist, HERR, du allein; du hast die Himmel gemacht, der Himmel Himmel und all ihr Heer, die Erde und alles, was darauf ist, die Meere und alles, was in ihnen ist. Und du machst dies alles lebendig, und das Heer des Himmels betet dich an.
Die Leviten zeigen in ihrem Gebet – dem längsten in der Bibel, auch länger als das Gebet Salomos bei der Einweihung des Tempels –, dass sie ein Auge für Gottes Gnade und seine Macht haben:
1. in der Schöpfung (Vers 6),
2. in Ägypten und am Roten Meer (Verse 9–11),
3. in der Wüste und am Sinai (Verse 12–21),
4. bei der Eroberung Kanaans (Verse 22–25),
5. durch Propheten und Richter (Verse 26–28),
6. durch Propheten (Verse 29–31) und
7. in der Situation, in der sie sich jetzt befinden (Verse 32–37).
Bis Vers 16 folgt erstmal eine Aufzählung aller Segnungen, die das Volk, als Folge von Gottes Handeln in Güte für sie, genossen hat. Immer wieder ist die Rede von „Du“, von dem HERRN, davon, was Er getan hat. In allem zeigt sich seine Treue, seine Gnade, sein Segen. Kann Er etwas anderes erwarten als dass sie Ihm dafür danken und Ihm mit ihrem ganzen Herzen und Leben dienen? Aber in Vers 16 kommt ein Wendepunkt. Dann ist nicht mehr nur die Rede von „Du“, sondern auch von „sie“. Ab diesem Vers sind Gottes gnädige Handlungen mir ihrer Undankbarkeit, Untreue, Unwillen und Widerspenstigkeit verflochten.
Hier, in Vers 6, wird zuerst der HERR geehrt und anerkannt, in dem wer und was Er ist: Er allein ist HERR, unveränderlich, ewig. Er ist der Schöpfer und der Erhalter. Er ist die Quelle von allem, was besteht (Kol 1,15–17). Dass der HERR der Schöpfer ist, bedeutet, dass der Herr Jesus der Schöpfer ist, denn der HERR des Alten Testaments ist derselbe wie der Herr Jesus im Neuen Testament. Das geht aus Johannes 12 hervor, wo Johannes ein Wort aus Jesaja zitiert (Joh 12,41; Jes 6,1–4). Ein Vergleich von beiden Teilen zeigt, dass Jesaja vom HERRN der Heerscharen spricht, während Johannes sagt, dass Jesaja vom Herrn Jesus spricht.
7 - 8 Die Erwählung von Abraham
7 Du bist es, HERR, Gott, der du Abram erwählt und ihn aus Ur in Chaldäa herausgeführt und ihm den Namen Abraham gegeben hast. 8 Und du hast sein Herz für treu vor dir befunden und hast mit ihm den Bund geschlossen, das Land der Kanaaniter, der Hethiter, der Amoriter und der Perisiter und der Jebusiter und der Girgasiter zu geben – es seinen Nachkommen zu geben; und du hast deine Worte erfüllt, denn du bist gerecht.
Nach seiner Allmacht in der Schöpfung folgt seine Souveränität in seiner Erwählung. Gott ist der Gott der Erwählung und der Verheißungen. Auserwählung ist sein Vorrecht, und Er hat die Macht, seine Erwählung wahrzumachen. Diese Macht wird in der Namensgebung und Namensänderung deutlich. Es zeigt seine Oberherrschaft. Er verspricht und erfüllt seine Verheißungen. Er ist seinem Wort treu, Er hält sein Wort, denn Er ist gerecht.
9 - 11 Der HERR ist ein Erlöser
9 Und du hast das Elend unserer Väter in Ägypten angesehen und hast ihr Schreien am Schilfmeer gehört. 10 Und du hast Zeichen und Wunder getan an dem Pharao und an allen seinen Knechten und an allem Volk seines Landes; denn du wusstest, dass sie in Übermut gegen sie gehandelt hatten; und du hast dir einen Namen gemacht, wie es an diesem Tag ist. 11 Und das Meer hast du vor ihnen gespalten, und sie zogen mitten durch das Meer auf dem Trockenen; aber ihre Verfolger hast du in die Tiefen gestürzt, wie einen Stein in mächtige Wasser.
Gott sieht alles, was Menschen seinem Volk antun, und Er hört, wenn sie zu Ihm rufen (2Mo 3,7). Er ist zutiefst betroffen von allem, was seinem Volk angetan wird und was in ihnen vorgeht. Er tritt handelnd auf, sowohl zu Gunsten seines Volkes als auch im Gericht gegenüber ihren Feinden. So hat Er sein Volk aus ihrem Elend befreit, sie dann auf dem Weg begleitet und versorgt und sie schließlich in das Land der Verheißung gebracht.
Gott ist ein Gott der Erlösung und des Sieges. Um sein Volk zu befreien, hat Er sein Gericht über den Pharao und dessen Volk kommen lassen. Diese Gerichte sind für die Israeliten „Zeichen und Wunder“. Es sind für sie Beweise, dass Gott sich für sie einsetzt und sie erlöst. Er gibt seinem Volk einen Weg zu entkommen, wo sie dachten, dass sie umkämen. Aber sein Volk wird dort gerettet, wogegen die Feinde umkommen.
12 Die Wolkensäule und die Feuersäule
12 Und in einer Wolkensäule hast du sie geleitet bei Tag, und in einer Feuersäule bei Nacht, um ihnen den Weg zu erleuchten, auf dem sie ziehen sollten.
In den Versen 12–21 ist das Volk in der Wüste, in den Versen 22–29 ist es im Land. In jedem Teil der Geschichte Israels sehen wir eine Verflechtung der Untreue des Menschen und der Barmherzigkeit Gottes. Nach ihrer Befreiung überlässt Er sein Volk nicht seinem Schicksal. Er geht selbst vor ihnen her und zieht mit ihnen durch die Wüste. Sein Licht bescheint den Weg, den sie gehen müssen.
13 - 14 Auf dem Sinai
13 Und auf den Berg Sinai bist du herabgestiegen und hast vom Himmel her mit ihnen geredet; und du hast ihnen gerade Rechte und Gesetze der Wahrheit, gute Satzungen und Gebote gegeben. 14 Und deinen heiligen Sabbat hast du ihnen kundgetan und hast ihnen Gebote und Satzungen und ein Gesetz geboten durch Mose, deinen Knecht.
Er regelt ihr ganzes Leben. Sie brauchen sich nicht selbst etwas einfallen zu lassen, um ein Volk zu bleiben. Vom Himmel her, seinem Wohnort, spricht Er mit ihnen. Wo Er wohnt, ist alles in Übereinstimmung mit Ihm selbst. Wenn Er von dort zu seinem Volk spricht, kann das nur in einem für sie nützlichen Sinn sein. Er hat sein Volk erlöst, um bei ihnen wohnen zu können. Dann muss dieser Wohnort dem Himmel entsprechen.
Darum gibt Er ihnen „gerade Rechte“. Der Ausgangspunkt für seinen Aufenthalt in ihrer Mitte ist seine Gerechtigkeit. Er gibt seinem Volk diese Rechte, damit sie den Segen seiner Gegenwart genießen können. Außerdem versieht Er sie mit „Gesetzen der Wahrheit“. Ihr Zusammenleben vor seinem Angesicht wird durch unbestechliches Recht bestimmt. Es sind keine Gesetze, die an die Situation angepasst werden. Auf diese Gesetze können sie vertrauen, sie kommen von Ihm, der vollkommen und in jeder Hinsicht vertrauenswürdig ist.
Darüber hinaus gibt Er ihnen „gute Satzungen und Gebote“. Er bestimmt ihr Leben in gesellschaftlicher, sozialer und gottesdienstlicher Hinsicht. Seine Satzungen und Gebote sollen als Mark für das Knochengerüst des Zusammenlebens dienen. Er hat bei diesem allen ihr Wohl im Auge. Das alles als ein Geschenk von Ihm anzunehmen und anzuwenden, bedeutet Segen und Gedeihen. Davon abzuweichen, hat Unheil und Elend zur Folge. Gott hat uns sein gutes Wort gegeben. Wenn wir uns davon belehren lassen und danach leben, werden wir seinen Segen genießen. Jede Abweichung von seinem Wort hat schlimme Folgen.
Der Sabbat wird hier nicht ein Gebot, sondern ein „heiliger Sabbat“ genannt. Zwischen der Aufzählung von allem, was der HERR in Form von Gesetzen, Geboten und Satzungen gegeben hat, erinnern die Leviten hier an diese besondere Einrichtung. Der HERR hat diesen Tag als Segen gegeben. Das Volk braucht an diesem Tag nicht zu arbeiten. Sie dürfen an der Ruhe Gottes teilhaben. Durch das Halten dieses Tages zeigen sie, dass sie Gottes Ruhe wertschätzen. Es ist zugleich ein Beweis dafür, dass sie alle Gebote Gottes wertschätzen.
15 Brot und Wasser
15 Und Brot vom Himmel hast du ihnen gegeben für ihren Hunger, und Wasser aus dem Felsen ihnen hervorgebracht für ihren Durst; und du hast ihnen gesagt, dass sie hineinziehen sollten, um das Land in Besitz zu nehmen, das du ihnen zu geben geschworen hattest.
Der HERR hat sein Volk aus dem Elend erlöst, von ihren Bedrückern befreit, in der Wüste geführt und sie in die Lage versetzt, als sein Volk zu funktionieren. Alle nicht-materiellen Voraussetzungen sind erfüllt. Sie stehen an erster Stelle. Nach all diesen Anstrengungen, die der HERR auf sich genommen hat, um das Volk mit dem zu versorgen, was sie brauchen, hat Er ihnen in der Wüste auch Nahrung und Wasser gegeben. Zudem hat Er ihnen zugesagt, dass sie in das Land kommen werden, das Er ihnen geben will. Er hat dafür einen Eid geschworen.
Er hat dem Volk also stets geholfen und ihnen eine Perspektive für die Zukunft gegeben. Sie hätten, mit allem Nötigen versorgt, von der erfahrenen Unterstützung überwältigt und ermutigt durch das, was Er ihnen in Aussicht gestellt hat, als dankbares und glückliches Volk leben können.
16 - 17 Aber …
16 Aber sie, nämlich unsere Väter, waren übermütig, und sie verhärteten ihren Nacken und hörten nicht auf deine Gebote. 17 Und sie weigerten sich zu gehorchen und erinnerten sich nicht an deine Wunder, die du an ihnen getan hattest; sie verhärteten ihren Nacken und setzten sich in ihrer Widerspenstigkeit ein Haupt, um zu ihrer Knechtschaft zurückzukehren. Du aber bist ein Gott der Vergebung, gnädig und barmherzig, langsam zum Zorn und groß an Güte, und du verließest sie nicht.
Das Gebet der Leviten bekommt hier eine Wendung. Diese Wendung wird mit „aber“ eingeläutet. Nachdem gesehen wurde, wer Gott ist und wie Er in Treue und Gnade mit ihnen gehandelt hat, ist es jetzt nötig, zurückzuschauen auf die Haltung des Volkes seit ihrer Befreiung aus Ägypten.
Ihre Haltung der Widerspenstigkeit und des Unglaubens nach all dieser Güte Gottes kommt über uns wie eine kalte Dusche. Eine kalte Dusche wirkt ernüchternd. Das ist nötig, denn wenn wir einerseits die Treue Gottes gesehen haben, müssen wir andererseits auch ein Auge für die Reaktion darauf haben. Diese muss uns beschämt machen.
Unsere Beschämung wird noch größer, wenn wir sehen, dass auch die undankbare Reaktion des Volkes von Gottes Seite mit einem „aber“ beantwortet wird. Er ist trotz ihrer Widerspenstigkeit, ihres Ungehorsams und ihres schlechten Verhaltens weiter in Gnade mit ihnen umgegangen, sowohl in der Wüste als auch im Land. Die Leviten haben ein Auge dafür und lassen mitten in Vers 17 eine neue Aufzählung von Gottes Wohltaten folgen, die nur mehr Verwunderung und Dankbarkeit bewirken kann.
Immer wieder finden wir die Wechselbeziehung zwischen dem „aber“, das das Handeln von Gottes Volk einläutet und dem „aber“, das Gottes Handeln einläutet. Wie weit ist Er doch über das Handeln des Menschen erhaben. Wie völlig anders ist sein Handeln als das des Menschen. Gott ist ein Gott der Vergebung, der Begnadigung. Das Wort für „Vergebung“ steht im Grundtext im Plural. Es ist ein seltenes Wort und kommt sonst nur in Psalm 130 und in Daniel 9 vor (Ps 130,4; Dan 9,9).
18 - 21 Gottes Treue – die Untreue des Volkes
18 Sogar als sie sich ein gegossenes Kalb machten und sprachen: Das ist dein Gott, der dich aus Ägypten heraufgeführt hat!, und große Schmähungen verübten, 19 verließest du in deinen großen Erbarmungen sie doch nicht in der Wüste. Die Wolkensäule wich nicht von ihnen bei Tag, um sie auf dem Weg zu leiten, noch die Feuersäule bei Nacht, um ihnen den Weg zu erleuchten, auf dem sie ziehen sollten. 20 Und du gabst [ihnen] deinen guten Geist, um sie zu unterweisen; und dein Manna versagtest du nicht ihrem Mund, und du gabst ihnen Wasser für ihren Durst. 21 Und vierzig Jahre lang versorgtest du sie in der Wüste, sie hatten keinen Mangel; ihre Kleider zerfielen nicht, und ihre Füße schwollen nicht.
Ein Tiefpunkt ihrer Verwerfung Gottes ist die Herstellung des goldenen Kalbs. Damit haben sie einen sichtbaren Gott in ihrer Mitte. Diesem Gott schreiben sie ihre Befreiung zu. Das ist sehr kränkend für ihren Befreier und eine große Beleidigung. Dennoch hat Er sie nicht den Gefahren der Wüste ausgeliefert, um durch sie verschlungen zu werden. Er bleibt seinem Eid treu und führt sie weiter mit seinem Licht auf dem Weg, den sie gehen müssen. Wenn Segnungen, die wir durch unsere Untreue verlieren müssten, doch unser Teil bleiben, sollte uns das zu doppelter Dankbarkeit bringen.
Auch in der Christenheit gab es immer der Hang zu einer sichtbaren Führerschaft. Wenn der Glaube verschwindet, nimmt das Verlangen nach greifbaren Dingen zu. Gott ist für das natürliche Auge unsichtbar. Aber wer glaubt, „dass Er ist“ (Heb 11,6), bekommt reichlich Beweise für sein Dasein und für die Fürsorge, die Er übt. Eine sichtbare Führerschaft kann nichts anderes als ein Geschöpf sein, wodurch es per Definition eine versagende Führung sein wird. Wer darauf vertraut statt auf Gott, wird kein Gelingen haben.
In Vers 20 finden wir wieder einen Überfluss von guten Gaben, die Gott seinem Volk geschenkt hat, um durch die Wüste ziehen zu können. Die Betenden sprechen von „deinem guten Geist“, von „deinem Manna“ und von „Wasser“. Es ist nicht nur die Rede vom Geist Gottes, sondern von Gottes „gutem“ Geist. Der Geist Gottes ist in Güte unter ihnen wirksam, um sie zu unterweisen. Er möchte ihre Gedanken leiten, damit sie so denken, wie Gott denkt. Gott hat ihnen seine Gedanken in seinen Geboten und Satzungen mitgeteilt. Sie müssen seine Absichten nicht erraten. Der gute Geist Gottes unterweist sie.
Der Heilige Geist wohnt nicht in den Gliedern des irdischen Volkes Gottes, so wie Er das jetzt in den Gliedern des himmlischen Volkes Gottes, der Gemeinde, tut (1Kor 6,19). Aber Er wirkt wohl in und unter ihnen. Jeder Israelit, der sich bekehrt, tut dies dadurch, dass der Geist ihn von seinen Sünden überzeugt. Dadurch bekommt er eine Natur, die danach verlangt, das zu tun, was Gott möchte.
Es bleibt nicht beim Unterweisen des Willens Gottes. Gott gibt ihnen auch die Kraft, seinen Willen zu tun. Dafür gibt Er ihnen sein Manna. Diese Nahrung versetzt sie in die Lage, den Weg zu gehen, von dem Gott möchte, dass sie ihn gehen. Das Manna ist ein bekanntes Bild von dem Herrn Jesus in seinem Leben auf der Erde. Er spricht von sich selbst in Verbindung mit dem Manna als dem Brot aus dem Himmel (Joh 6,31–35). Für unseren Wandel auf der Erde durch die Wüste dieser Welt bekommen wir die Kraft, indem wir uns mit dem Herrn Jesus und seinem Leben auf der Erde beschäftigen. Der Weg, den wir gehen müssen, ist Er uns vorangegangen. Sein Vorbild gibt uns die Kraft, Ihm nachzufolgen.
In dem eben zitierten Abschnitt aus Johannes 6 sagt der Herr Jesus auch, dass, wer an Ihn glaubt, nie mehr dürsten wird (Joh 6,35). Das ist das dritte, was die Leviten in ihrem Gebet in diesem Vers anführen. Sie sagen dem HERRN, dass Er seinem Volk auch Wasser für ihren Durst gegeben hat. Der Glaube an den Herrn Jesus, das wirkliche Vertrauen auf Ihn, ist eine Erfrischung, die den Durst nach anderen Dingen verschwinden lässt.
Wir haben hier in Vers 20:
1. den Heiligen Geist, der in Güte Unterweisung gibt;
2. in dem Manna das Vorbild auf den Herrn Jesus, in dem die Unterweisung gleichsam sichtbar wird;
3. in dem Wasser – ein Bild vom Wort Gottes (Eph 5,26) – ein Mittel, das den Durst wegnimmt.
Die Leviten bemerken noch mehr Gütigkeiten. Vierzig Jahre lang hat der HERR für sein Volk gesorgt. Die Versorgung, die im vorigen Vers genannt wird, ist keine zeitlich begrenzte Versorgung. Sie sind all die Zeit, die sie in der Wüste waren, beim Volk gewesen. Sie haben keinen Mangel gelitten, weder an Essen und Trinken noch an Kleidung. Immer haben sie Wärme gehabt. Die Wärme ihrer Kleidung ist ein Symbol für die Wärme von Gottes liebevoller Fürsorge.
Auch an ihren Füßen ist nichts von den Anstrengungen der Reise zu sehen. Wenn sie auf ihre Füße schauen, können sie bemerken, dass der HERR sie keinen Weg hat gehen lassen, der zu viel von ihnen verlangt hätte. Ja, Er hat sie getragen, „wie ein Mann seinen Sohn trägt“ (5Mo 1,31).
22 - 25 Was der HERR gegeben hat
22 Und du gabst ihnen Königreiche und Völker und teiltest sie [ihnen] nach Gegenden zu; und sie nahmen das Land Sihons in Besitz, sowohl das Land des Königs von Hesbon als auch das Land Ogs, des Königs von Basan. 23 Und ihre Söhne mehrtest du wie die Sterne des Himmels; und du brachtest sie in das Land, von dem du ihren Vätern gesagt hattest, dass sie hineingehen sollten, um es in Besitz zu nehmen; 24 und die Söhne kamen hinein und nahmen das Land in Besitz. Und du beugtest vor ihnen die Bewohner des Landes, die Kanaaniter, und gabst sie in ihre Hand, sowohl ihre Könige als auch die Völker des Landes, um mit ihnen zu tun nach ihrem Wohlgefallen. 25 Und sie nahmen feste Städte ein und ein fettes Land und nahmen Häuser in Besitz, die mit allerlei Gut gefüllt waren, ausgehauene Brunnen, Weinberge und Olivengärten und Obstbäume in Menge. Und sie aßen und wurden satt und fett und ließen es sich wohl sein durch deine große Güte.
Gott hat sie nicht nur mit seiner Fürsorge umgeben, Er hat ihnen auch bei der Inbesitznahme von Königreichen und Völkern geholfen. Sihon und das Land Og werden namentlich erwähnt. Das sind die ersten Reiche, die Israel in Besitz nehmen musste, noch bevor sie über den Jordan gezogen sind.
Darüber hinaus hat der HERR sie mit zahlreichen Nachkommen gesegnet, sodass sie das Land bevölkern konnten. Diese Nachkommen haben den Befehl bekommen, das in Besitz zu nehmen, was der HERR ihren Vätern verheißen hat. Das haben sie mit der Hilfe des HERRN getan, der die Bewohner des Landes in ihre Hand gibt. Er hat ihnen freie Hand gegeben, um mit diesen Völkern zu tun, was sie wollen. Damit hat Er sie auf die Probe gestellt. Werden sie mit den Völkern so handeln, wie Er es befohlen hat? Er hat gesagt, dass sie die Bewohner ausrotten müssen. Wegen ihrer Untreue sind die Rollen vertauscht worden. Die Völker herrschen über sie, und die Völker handeln mit ihnen nach ihrem Gutdünken (Vers 37).
Durch ihre Eroberung des Landes fällt ihnen einen Schatz an Segnungen in den Schoß. Sie haben sich daran gütlich getan. Das war erlaubt. Es ist alles durch Gottes große Güte in ihren Besitz gekommen. Gott möchte seinem Volk alles geben, um es zu genießen. Er wünscht sich jedoch, dass Er dabei mit einbezogen wird, dass Er als der Geber anerkannt wird und dass Ihm dafür Dank und Ehre gebracht wird.
Das ist keine Ehrsucht von Seiten Gottes, wie das bei uns der Fall wäre. Er weiß, dass der Genuss ohne Ihn zu Egoismus und Ausschweifung führt, woraus viel Böses entsteht. Genießen ohne Ihn hat eine zerstörende Auswirkung auf das Verhältnis der Menschen untereinander. Wo das Band mit Ihm zerrissen wird, geht auch das Band zwischen den Menschen kaputt.
26 - 28 Untreue des Volkes und Gottes Rettungen
26 Aber sie wurden widerspenstig und empörten sich gegen dich und warfen dein Gesetz hinter ihren Rücken; und sie ermordeten deine Propheten, die gegen sie zeugten, um sie zu dir zurückzuführen; und sie verübten große Schmähungen. 27 Da gabst du sie in die Hand ihrer Bedränger, und diese bedrängten sie; und zur Zeit ihrer Bedrängnis schrien sie zu dir, und du hörtest vom Himmel her und gabst ihnen Retter nach deinen großen Erbarmungen, und diese retteten sie aus der Hand ihrer Bedränger. 28 Aber sobald sie Ruhe hatten, taten sie wieder Böses vor dir. Da überließest du sie der Hand ihrer Feinde, dass diese über sie herrschten; und sie schrien wieder zu dir, und du hörtest vom Himmel her und errettetest sie nach deinen Erbarmungen viele Male.
Wenn der Mensch sich von Gott löst, Ihn nicht mehr in sein Tun und Lassen mit einbezieht, kommt er zu „großen Schmähungen“. Dann werden die großen Wohltaten Gottes durch den Menschen mit dem größten Übel beantwortet. Die Widerspenstigkeit des Volkes äußert sich im Aufstand gegen Gott. Sie werfen sein Gesetz hinter ihren Rücken. Das ist eine Tat der Verachtung. Wenn Gott dann seine Propheten sendet, um sie dazu zu bringen, zu Ihm umzukehren, töten sie sie.
Sie haben mit Gott abgerechnet. Sie wollen Ihn nicht mehr. Sie erklären Ihn für nicht mehr zeitgemäß. Ihr „aufgeklärtes“ Denken wird von seiner Existenz und seiner Anwesenheit gestört. Darum muss jede Stimme, die Ihn verkündigt, zum Schweigen gebracht werden. Als ob Gott damit zum Schweigen gebracht werden könnte.
Gott gibt nicht auf. Er hat eine andere Methode, um sie zur Einsicht zu bringen. Wenn sie nicht auf seine Stimme hören wollen, sollen sie auf sein Handeln hören. Er gibt sie in die Hand ihrer Feinde. Das verfehlt seine Wirkung nicht. Sie werden bedrängt und rufen zum HERRN. Und, Wunder der Gnade, Er hört auf sie. Nach seinen „großen Erbarmungen“ gibt Er Retter.
Und das geschieht nicht nur ein Mal. Nein, viele Male wiederholt sich dieser Gang der Dinge. Jedes Mal tun sie nach ihrer Errettung wieder Böses. Sie sind wirklich rückfällige Menschen, die immer wieder aufs Neue in denselben Fehler verfallen, „Wiederholungstäter“. In seiner Treue gibt der HERR sie dann in die Hand ihrer Feinde. Dann werden sie wieder bedrängt und in ihrer Bedrängung rufen sie zum HERRN. In seiner unveränderlichen Barmherzigkeit hört Er auf ihr Rufen und errettet sie. Das Buch Richter beschreibt auf eindrucksvolle Weise den Verlauf dieser Ereignisse.
29 Das Volk sündigt gegen Gottes Rechte
29 Und du zeugtest gegen sie, um sie zu deinem Gesetz zurückzuführen; sie aber waren übermütig und gehorchten deinen Geboten nicht, sondern sündigten gegen deine Rechte, durch die der Mensch, wenn er sie tut, leben wird; und sie zogen die Schulter widerspenstig zurück und verhärteten ihren Nacken und gehorchten nicht.
Trotz all diesen Handelns Gottes in Barmherzigkeit geht es mit dem Volk immer weiter bergab. Gott ermahnt sein Volk, zu seinem Gesetz zurückzukehren, denn im Halten des Gesetzes liegt das Leben. In dem Nicht-Halten des Gesetzes, der Übertretung, liegt der Tod. Sein Volk handelt nicht als Unwissende. Sie sind mit Gottes Gesetz vertraut. Sie stellen jedoch ihre Schultern nicht darunter, sondern ziehen sie zurück. Sie beugen ihren Nacken nicht, sondern verhärten ihn. Sie häufen Sünde auf Sünde.
30 - 31 Gottes große Geduld hat ein Ende
30 Und du hattest viele Jahre Geduld mit ihnen und zeugtest gegen sie durch deinen Geist, durch deine Propheten, aber sie gaben kein Gehör. Da gabst du sie in die Hand der Völker der Länder. 31 Aber in deinen großen Erbarmungen hast du ihnen nicht den Garaus gemacht und sie nicht verlassen; denn du bist ein gnädiger und barmherziger Gott.
Viele Jahre lang hat Gott dieses fortwährende aufständische Verhalten mit Langmut ertragen. In Vers 20 ist der Geist damit beschäftigt, das Volk zu unterweisen. Da sie jedoch nicht auf die Unterweisung des Geistes gehört haben, hat der Geist sie dann ermahnt. Immer wieder hat Gottes Geist in seinen Propheten gewirkt, um zum Volk zu sprechen und sie von ihren Sünden zu überzeugen (2Chr 36,15). Er möchte sein Volk glücklich machen. Darum ermahnt Er sie unaufhörlich, mit der Sünde zu brechen und sich seinen Geboten zu unterwerfen. Aber sie hören nicht.
Zum Schluss kann Er nicht anders, als sie in die Hand der Völker der Länder um sie herum zu geben. Erst wurden die zehn Stämme durch Assyrien aus dem Land vertrieben und über viele Länder verstreut. Später wurden die zwei Stämme nach Babel weggeführt. Aber Er hat sie nicht vernichtet. Trotz aller Untreue des Volkes und Gottes Zucht darüber, hat Er nicht endgültig mit ihnen abgerechnet. Er bleibt „ein gnädiger und barmherziger Gott“.
32 Bitte um Gottes Gunst
32 Und nun, unser Gott, du großer, starker und furchtbarer Gott, der den Bund und die Güte bewahrt, lass nicht gering vor dir sein all die Mühsal, die uns betroffen hat, unsere Könige, unsere Obersten und unsere Priester und unsere Propheten und unsere Väter und dein ganzes Volk, seit den Tagen der Könige von Assyrien bis auf diesen Tag!
Die Leviten haben in den vorigen Versen die Geschichte von Gottes Treue gegenüber der Untreue des Volkes auf eindrucksvolle Weise vor Gottes Angesicht erzählt. Auf dieser Grundlage reden sie nun zu Ihm im Hinblick auf ihren heutigen Zustand der Untreue und Schwachheit. Sie stellen das Volk mit all seinen gesellschaftlichen Schichten dem „großen, starken und furchtbaren Gott“ vor, den sie zuerst und vor allem „unser Gott“ nennen.
Sie sprechen Ihn in seiner Beziehung zu ihnen an. In dieser Beziehung kennen sie Ihn als „groß“. Er ist allumfassend und ist über allem. Er ist auch „stark“, allmächtig, unbegrenzt in seinen Möglichkeiten. Und Er ist „furchtbar“, Er ist von allen zu fürchten, vor allem von denen, die sich gegen Ihn auflehnen.
Sie kennen Ihn auch als den Gott, der „den Bund … bewahrt“. Sie wissen, dass Er nie den von Ihm beschlossenen und bekräftigten Bund brechen wird. Das Volk hat sich nicht an seinen Teil des Bundes gehalten. Darum sprechen sie auch darüber, dass Gott „die Güte“ bewahrt. Sie bitten Gott, dass Er in dem Überfluss der Güte, die Ihm eigen ist, nicht gering von der Mühsal denkt, die sie getroffen hat von dem Moment an, als Er sie in die Macht ihrer Feinde gegeben hat. Sie schreiben Gott nicht vor, wie Er handeln soll, sondern bitten um seine Gunst.
33 - 35 Gottes Handeln ist gerechtfertigt
33 Doch du bist gerecht in allem, was über uns gekommen ist; denn du hast nach der Wahrheit gehandelt, wir aber haben gottlos gehandelt. 34 Und unsere Könige, unsere Obersten, unsere Priester und unsere Väter haben dein Gesetz nicht gehalten und haben nicht geachtet auf deine Gebote und auf deine Zeugnisse, womit du gegen sie gezeugt hast. 35 Und sie haben dir nicht gedient in ihrem Königreich und in der Fülle deiner Güter, die du ihnen gegeben, und in dem weiten und fetten Land, das du vor sie gelegt hattest, und sind nicht umgekehrt von ihren bösen Handlungen.
Während sie sich auf Gottes Barmherzigkeit berufen, vergessen sie nicht, anzuerkennen, dass Gott in allem, was sie betroffen hat, das Recht auf seiner Seite hat (vgl. Ps 51,6). Sie nehmen die richtige Haltung vor Gott ein. Da ist keine einzige Rechtfertigung ihres eigenen sündigen Verhaltens und sie werfen Ihm kein ungerechtes Handeln vor. Es ist ihnen klar, wo die Ursache allen Elends liegt. Alles Elend, das sie über sich gebracht haben, ist auf ihren Ungehorsam gegenüber Gottes Wort zurückzuführen.
Gott hat ihnen ein Reich gegeben. Er hat sie mit Wohltaten überschüttet. Er hat ihnen Raum und Überfluss zur Verfügung gestellt. Nichts hat Er ihnen vorenthalten, um sie glücklich, zufrieden und dankbar zu machen. Aber statt Ihm zu dienen, haben sie sich selbst gedient. Er hat sie darauf hingewiesen, aber sie sind nicht von ihren bösen Taten umgekehrt.
36 - 37 Die Knechtschaft ist gerechtfertigt
36 Siehe, wir sind heute Knechte; und das Land, das du unseren Vätern gegeben hast, um seine Früchte und seine Güter zu genießen – siehe, wir sind Knechte darin! 37 Und seinen Ertrag mehrt es für die Könige, die du um unserer Sünden willen über uns gesetzt hast; und sie herrschen über unsere Leiber und über unser Vieh nach ihrem Wohlgefallen, und wir sind in großer Bedrängnis.
Sie sind wohl zurück im Land, aber da ist keine Freiheit. Eine fremde Macht herrscht über das Land und nicht ein König aus dem Haus Davids. Sie erkennen damit ihre wahre Stellung an. Sowohl vor Gott als auch vor der Welt um sie her nehmen sie den Platz ein, den sie durch ihre Untreue verdient haben.
Auch den Ertrag des Landes können sie nicht uneingeschränkt genießen. Sie können ihn nur so weit genießen, wie ihre Herrscher es zulassen. Der Ertrag ist nicht für sie, sondern für die, denen sie wegen ihrer Sünden von Gott unterworfen sind. Sie können selbst ihre Körper nicht mehr ihren Besitz nennen. Es ist alles in der Macht von fremden Herrschern.