Einleitung
Nehemia 5 ist eine Art Zwischensatz. Darin sehen wir, wie Nehemia mit den Unruhen unter dem Volk beschäftigt ist. In dieser Zeit hören wir nichts vom Feind. Wenn Unruhen unter Gottes Volk sind, muss der Feind keine Anstrengungen unternehmen. Aber Nehemia hat die Unruhe beseitigt und macht jetzt mit dem Bau weiter. Dann lässt auch der Feind wieder von sich hören. Nehemia ist jetzt selbst das Ziel ihrer Feindschaft. Sie wissen: Wenn er ausgeschaltet wird, ist es um das Werk geschehen.
1 - 2 Eine neue List
1 Und es geschah, als Sanballat und Tobija und Geschem, der Araber, und unsere übrigen Feinde erfuhren, dass ich die Mauer gebaut hätte und dass keine Lücke mehr darin wäre – doch hatte ich bis zu jener Zeit die Flügel noch nicht in die Tore eingesetzt –, 2 da sandten Sanballat und Geschem zu mir und ließen [mir] sagen: Komm und lass uns in einem der Dörfer in der Talebene von Ono miteinander zusammentreffen! Sie beabsichtigten aber, mir Böses zu tun.
Der offene Widerstand ist besiegt (Nehemia 4). Auch die inneren Unruhen sind überwunden (Nehemia 5). Jetzt versucht der Teufel es mit List. Der Widerstand nimmt in dem Maße zu, wie sich die Mauer ihrer Fertigstellung nähert. Der Feind bündelt all seine Kraft und List, um die Fertigstellung zu verhindern. Das gilt auch für uns. Wir leben in der Endzeit. Der Kampf ist fast geschafft. Das weiß der Satan auch. Darum tut er alles, was er kann, um uns zu Fall zu bringen und Gottes Plan zu vereiteln.
Verschiedene Versuche werden unternommen, um den Wiederaufbau der Mauer zu stoppen. Der Feind macht dafür Gebrauch von diversen Listen. Aber alle Listen werden durchschaut, weil die Bauenden sich einfach an das Wort Gottes klammern. Der Bau der Mauer wird vollendet (Vers 15). Es ist keine Lücke mehr übriggeblieben, es gibt keinen versteckten Weg mehr, um heimlich in die Stadt zu kommen.
Die erste List ist das Anberaumen einer Konferenz, man kann sagen, einer Friedenskonferenz. Das Gespräch miteinander muss zu einem Kompromiss führen. Aber Nehemia läuft nicht in diese Falle. Wäre es nicht zumindest höflich von Nehemia gewesen, zu hören, was sie zu sagen haben? Nein. Er hat nichts mit den Feinden zu tun. Was sie zu sagen haben, kann nie ein Beitrag zum Werk sein. Der Feind versteht nichts von den Motiven, von denen sich ein Mann des Glaubens leiten lässt und wird selbst von vollkommen entgegengesetzten Motiven geleitet.
Nachdem er das Werk anfangs lächerlich gemacht hat, ändert der Feind seine Taktik und versucht, Nehemia in das Tal hinunter zu locken. Das ist es, was wir heute hören können, wenn Menschen sagen: „Sei nicht so fanatisch, schließ dich uns an.“ Der Feind tut so, als gebe es ein gemeinsames Interesse. Wenn Nehemia auf den Vorschlag eingehen würde, würde er zeigen, dass er darin mit dem Feind übereinstimmt.
Wenn es dem Satan nicht gelingt, uns zu einem moralischen Fall zu verleiten, gelingt es ihm manchmal jedoch, dass wir uns für seine Ratschläge öffnen. Dann sehen wir die Dinge mit seinen Augen. Wenn er uns so weit hat, werden wir das Werk Gottes als nutzlose Arbeit sehen, auf jeden Fall nicht als ein besonderes Werk. Es gibt noch so viele andere interessante Dinge. Verabschiede dich vor allem nicht von weltlichen Freunden. Geh mit ihnen mit ins Kino oder was trinken. Übertreib die Sache mit Gott nicht, sonst wirst du noch verrückt und endest in religiösem Wahnsinn. Die Falle ist, den Maßstab unseres Lebens an der Welt zu messen. Durch die Freundschaft mit der Welt laufen wir in diese Falle.
3 Die Antwort Nehemias
3 Und ich sandte Boten zu ihnen und ließ [ihnen] sagen: Ich führe ein großes Werk aus und kann nicht hinabkommen. Warum sollte das Werk ruhen, wenn ich es ließe und zu euch hinabkäme?
Die Antwort Nehemias ist deutlich. Er lässt sagen, dass er „nicht hinabkommen kann“. Darin liegt die Bedeutung, dass er, um zu ihnen zu gehen, einen Weg nach unten gehen würde. Das ist hier kein Bild von Selbsterniedrigung, sondern ein Verlassen des Weges, von dem der Herr will, dass wir ihn gehen (vgl. Jona 1,3; Lk 10,30).
Das Tal von Ono wird auch „Tal der Handwerker“ (Neh 11,35) genannt. Der Ort, wo Gott wohnt und wo Er angebetet werden möchte, kann nicht ohne Schaden gegen künstlerisch bedachte Werke von Menschen eingetauscht werden, von welcher Form auch immer. Gott möchte, dass wir Ihm auf seiner Ebene dienen und nicht auf der Ebene eines durch den Menschen gebildeten Gottesdienstes.
Nehemia sagt nicht, dass er mit dem Wiederaufbau der Mauer beschäftigt ist, sondern dass er „ein großes Werk ausführt“. Er deutet damit an, dass es ein wichtiges Werk ist. Wer von Gott ein großes Werk als Auftrag erhalten hat, darf sich nicht nach unten ziehen lassen auf das Niveau des Denkens und Handelns der Welt. Sich nach dem zu orientieren, was Ungläubige über das zu sagen haben, was wir für den Herrn tun, würde Verzögerung und Schaden für Gottes Werk bedeuten.
Der Feind sieht in dem Dienst Gottes eine enorme Bedrohung für seinen selbstgeformten Gottesdienst, der ihm Wohlstand verschafft. Das Einführen von wahrem Gottesdienst stellt eine Bedrohung für diesen Wohlstand dar. In geistlicher Hinsicht sehen die Pharisäer diese Bedrohung in dem Herrn Jesus. Sie sehen, wie ihre Macht über das Volk zerfällt (Joh 11,48; 12,19). In materieller Hinsicht sehen die Hersteller der Götzenbilder in Ephesus diese Bedrohung in der Predigt des Apostels Paulus (Apg 19,23–40).
Wer von der Wichtigkeit des Auftrags Gottes durchdrungen ist, darf sich nicht aufhalten lassen (vgl. Lk 10,3.4). Auch der Herr Jesus hat sich nicht durch die verkehrten Ansprüche seiner Familie aufhalten lassen (Mk 3,31–35).
Jedes Werk, das mit der Verteidigung der Wahrheit von Gottes Wort und dem Zeugnis für Ihn zu tun hat, ist ein großes Werk. Von der Verteidigung davon dürfen wir uns unter keinen Umständen abbringen lassen. Der Feind hat zahllose Mittel und unternimmt unzählige Versuche, uns vom Werk abzuhalten, das der Herr uns aufgetragen hat. Wir müssen darauf achten, dass wir dieses Werk tun (vgl. Kol 4,17).
4 Der Feind ist beharrlich, Nehemia auch
4 Und sie sandten auf diese Weise viermal zu mir, und ich erwiderte ihnen auf dieselbe Weise.
Der Feind zeigt Aufdringlichkeit. Auch diese Taktik gibt er nicht ohne weiteres auf. Der Druck zum Besprechen wird gesteigert. Überzeugt von seiner richtigen Vorgehensweise besteht er darauf, Nehemia zu einer Unterhaltung einzuladen. Es muss Nehemia dadurch deutlich werden, dass dies die einzige Chance ist, das Werk vollenden zu können. Sie wissen, dass die Wiederholung der Botschaft eine Schwächung des Widerstands von Nehemia bewirken kann, dass er unter dem Druck nachgeben und auf ihren Vorschlag zum Gespräch eingehen wird.
Viele sind dadurch zusammengebrochen, dass unaufhörlich Druck auf sie ausgeübt wurde. Kinder, die ständig quengeln, können ihre Eltern damit so unter Druck setzen, dass sie letztendlich nachgeben. In Glaubensgemeinschaften werden Veränderungen durchgeführt, nachdem fortwährend dieselben Themen auf die Tagesordnung gesetzt werden. Es sind die Taktiken, die die Diplomatie in der Welt regieren, die Lobbyarbeit, um ein bestimmtes Ergebnis zu erreichen oder einen bestimmten Auftrag oder Arbeit einzuholen.
Das Unter-Druck-Setzen ist eine bewährte Methode Satans. Er ist schon früher erfolgreich gewesen. So ist Simson unter dem Druck zusammengebrochen, der auf ihn ausgeübt wurde, um das Geheimnis seiner Kraft zu erfahren (Ri 16,15–21). Aber was sich in der Welt und bei dem untreuen Gläubigen als erfolgreich erwiesen hat, wird bei dem Mann des Glaubens vergeblich versucht. Nehemia ist konsequent in seiner Antwort. Er bleibt bei seinem Standpunkt. Ohne seine Geduld zu verlieren, reagiert er stets auf dieselbe Weise.
5 - 7 Eine neue List des Feindes
5 Da sandte Sanballat auf diese Weise zum fünften Mal seinen Diener zu mir mit einem offenen Brief in seiner Hand. 6 Darin stand geschrieben: Unter den Nationen verlautet, und Gaschmu sagt es, dass ihr, du und die Juden, beabsichtigt, euch zu empören; darum bauest du die Mauer; und du wollest, nach diesem Gerücht, ihr König werden; 7 auch habest du Propheten bestellt, damit sie in Jerusalem über dich ausrufen und sagen: Es ist ein König in Juda! Und nun wird der König diese Gerüchte vernehmen. So komm nun, dass wir uns zusammen beraten.
In direktem Anschluss an die vorige Methode benutzt der Feind ein neues Mittel: einen offenen Brief. Dieses Mittel ist ein Versuch der Einschüchterung. Es ist aus der Sicht des Feinds nun notwendig, sich zu beraten, weil Beschuldigungen gegenüber Nehemia geäußert wurden. Sie spielen sich als Beschützer auf, als Menschen, die ihm helfen wollen, die Anschuldigungen zu entkräftigen. Dafür müssen sie doch mal miteinander ein Gespräch führen. Wenn das kein Grund ist, um einmal zu reden, dann wissen sie es auch nicht mehr!
Wenn die Welt den treuen Christen nicht zu einem Kompromiss bewegen kann, wird sie ein böses Gerücht über ihn verbreiten und ihm falsche Motive zuschreiben. In dem Brief wird der Verdacht geäußert, dass Nehemia die Mauer nur baut, um sich gegen die herrschende Obrigkeit aufzulehnen und dann selbst König zu werden. Wenn das bekannt wird, so ist der Unterton, wird jedes Vertrauen in ihn verloren gehen. Und Nehemia soll bedenken, dass dieses Gerücht allgemein verbreitet war: „unter den Nationen verlautet“ und dass es auch Zeugen gibt: „Gaschmu“. Er muss sich jetzt wohl gezwungen fühlen, mit den Feinden Kontakt aufzunehmen zur Beratung, wie dieses Böse einzudämmen ist.
Diese List des Feindes beinhaltet die erfundene Beschuldigung, dass Nehemia stolz handeln würde und auf den eigenen Vorteil aus sei. Er würde sich selbst als König aufspielen wollen. Das haben Menschen wie Abimelech und Absalom getan (Ri 9,1–6; 2Sam 15,10). Diese Söhne gottesfürchtiger Väter haben sich das Königtum angemaßt und haben Verderben über das Volk gebracht.
Der Brief spricht von einer bestimmten Taktik, der Nehemia folgen würde, um sich selbst dem Volk als König zu präsentieren. Er habe dafür Propheten angestellt. Das würde dem von ihm begehrten Königtum den Schein geben, dass es sich um etwas von Gott Gewolltes handeln würde. Die Vorstellung des Feindes geht weit. Er weiß, wie er auf die Gefühle der Menschen eingehen muss, um sie dazu zu bringen, das zu tun, was er will. Diese Feinde scheinen mit dem Einsetzen von (falschen) Propheten vertraut zu sein, die ihrer Sache dienen (Vers 14).
8 - 9 Antwort Nehemias
8 Da sandte ich zu ihm und ließ [ihm] sagen: Es ist nicht geschehen nach diesen Worten, die du sprichst; sondern aus deinem [eigenen] Herzen erdichtest du sie. 9 Denn sie alle wollten uns in Furcht versetzen, indem sie sprachen: Ihre Hände werden von dem Werk ablassen, und es wird nicht ausgeführt werden. Und nun, stärke meine Hände!
Aber auch der offene Brief hat keine Wirkung. Ohne darüber eine Diskussion anzufangen, weist Nehemia die Anschuldigungen, auf die im Brief angespielt wird, von sich und nimmt seine Zuflucht zu Gott. Herrschsüchtiges Verhalten ist dem wahren Führer unter Gottes Volk fremd. Dass der wahre Diener des Herrn der Herrschsucht beschuldigt wird, sagt dann auch nur etwas von den Anklägern.
An der Reaktion Nehemias sehen wir eine Bestätigung von dem, was wir schon von ihm wissen: dass ihm ein solches Verhalten fremd ist. Er bestreitet die Anschuldigung nicht, verteidigt sich nicht, sondern verneint es entschieden. Sein Gewissen ist rein. Seine Antwort ist genauso einfach wie radikal. Es klingt keinerlei Zögern an. Diese Deutlichkeit braucht das Volk Gottes heute auch. Mit Vorstellungen eines Feindes musst du nicht herumlavieren, um etwas zu suchen, worin du mit ihm übereinstimmst. Klar und entschlossen wird der Abstand zwischen den gegensätzlichen Interessen festgehalten.
Nehemia handelt hier nach dem Vorbild des Herrn Jesus. Was wurden auch über Ihn falsche Gerüchte verbreitet. Aber Er hat alles dem übergeben „der gerecht richtet“ (1Pet 2,23b).
Nehemia weiß, dass der Feind darauf aus ist, sie in Furcht zu versetzen. Der Feind weiß gut, dass Furcht vor Menschen das Handeln lähmt. Wenn Furcht da ist, wird die Arbeit aufhören und nicht vollendet werden. Aber Nehemia durchschaut die Absicht des Feindes und läuft nicht in diese Falle. Statt sich selbst zu verteidigen, nimmt er im Gebet seine Zuflucht zu Gott. Der Feind ist darauf aus, die Hände kraftlos zu machen, sodass sie im Werk nachlassen, aber Nehemia bittet den HERRN, seine Hände zu stärken. Er spricht freimütig und vertrauensvoll zu Ihm, den er als denjenigen kennt, zu dem er kommen kann. Er betet direkt aus seinem Herzen, ohne Umwege und ohne Umschweife, kurz und dadurch vielsagend: „Und nun, stärke meine Hände!“
Es ist das Gebet des abhängigen Dieners, der weiß, dass er selbst keine Kraft hat. Er weiß, dass seine Hände nur dann kräftig sind, wenn sie „durch die Hände des Mächtigen Jakobs“ (1Mo 49,24) gestärkt werden. Wie viel seine Hände auch schon geleistet haben, wie viel sie auch noch leisten müssen, nie wird etwas seiner eigenen Kraft zugeschrieben werden können. Alle Ehre, für welches Werk des Glaubens auch immer, gehört Gott.
10 Noch eine List
10 Und ich kam in das Haus Schemajas, des Sohnes Delajas, des Sohnes Mehetabeels, der sich eingeschlossen hatte. Und er sprach: Lass uns im Haus Gottes, im Innern des Tempels, zusammenkommen und die Türen des Tempels verschließen, denn sie werden kommen, um dich zu ermorden. Und zwar werden sie bei Nacht kommen, um dich zu ermorden.
Listen von Menschen außerhalb des Volkes sind von vornherein verdächtig, muss sich der Feind nach allen vergeblichen Versuchen gedacht haben. Dann müssen wir es bei der nächsten List einmal mit einem Volksgenossen Nehemias versuchen, der sich als Freund ausgibt. Er muss Nehemia soweit bringen, dass er etwas tut, was gegen das Gesetz Gottes verstößt: den Tempel betreten.
Aber wie sollten sie Nehemia dazu bringen können? Sie werden ihn unter dem Vorwand, ihn vor den bösen Plänen des Feindes zu beschützen, dorthin locken. Wer würde sich dafür eignen, Nehemia diese Geschichte mit einer vernünftigen Chance auf Erfolg zu verkaufen? Sie finden in Schemaja jemanden, der ihrem Profil entspricht.
Schemaja scheint in Jerusalem zu wohnen. Sein Vater und Großvater werden auch genannt. Er scheint sich in seinem Haus eingeschlossen zu haben, wodurch er verhindert ist, selbst zu Nehemia zu gehen. Will er damit den Eindruck verstärken, dass er selbst Angst vor dem Feind hat, um seine Geschichte glaubwürdiger zu machen? In jedem Fall kommt Nehemia zu ihm, möglicherweise hat Schemaja ihn rufen lassen.
In seiner Geschichte verbindet Schemaja sein eigenes Schicksal mit dem von Nehemia. Alles macht den Anschein, dass echte Sorge um Nehemia da ist. Schemaja ist ein Volksgenosse aus einer bekannten Familie. Er scheint selbst auch unter dem Feind zu leiden. Er scheint auch in Sorge um das Schicksal Nehemias zu sein und ist jemand, dem Nehemia offenbar vertraut. So jemand macht einen Vorschlag, der ehrlich und akzeptabel erscheint. Das ist eine List, die sehr schwer zu durchschauen ist.
Unter einem frommen Deckmantel versucht der Feind, Nehemia zu einer Handlung zu bringen, die gegen Gottes Wort ist. Der Wolf kommt in Schafskleidern, der Satan kommt als ein Engel des Lichts. Der Mann, der auf Nehemia zukommt, gibt sich als Prophet aus. Er sagt voraus, was Nehemia erwartet. Er bietet ihm auch einen Ausweg, sodass er der Gefahr entkommen kann. Er spielt auf die Angst an, die Nehemia um sein Leben haben könnte.
11 - 13 Nehemia durchschaut die List
11 Aber ich sprach: Ein Mann wie ich sollte fliehen? Und wie könnte einer, wie ich bin, in den Tempel hineingehen und am Leben bleiben? Ich will nicht hineingehen! 12 Und ich merkte, dass nicht Gott ihn gesandt hatte, sondern er sprach diese Weissagung gegen mich, und Tobija und Sanballat hatten ihn gedungen. 13 Darum war er gedungen worden, damit ich mich fürchten und so handeln und mich versündigen sollte und damit sie ein böses Gerücht hätten, um mich in Verruf zu bringen.
Alles, was Schemaja sagt und tut, gleicht einer Freundschaft, aber es ist Verrat. Nehemia erkennt, dass Schemaja nicht vom HERRN, sondern vom Feind gebraucht wird, dass er sich dafür sogar bestechen ließ. Die Antwort Nehemias ist wieder deutlich. Als er über „ein Mann wie ich“ spricht, drückt er damit ein Bewusstsein für seine verantwortliche Position aus. Er kann einfach, die Arbeit, die er tut, nicht im Stich lassen. Er weiß, dass er von Gott zu diesem Werk berufen ist.
Für seine Weigerung zu kommen, gibt er zwei Gründe an. Erstens lässt er sich keine Angst machen. Nie wird er aus Furcht seinen Posten verlassen und fliehen (Ps 11,1). Wenn er das täte, würde er ein besonders schlechtes Vorbild sein. Mit dem Mut des Glaubens und dem Vertrauen auf Gott widersteht er dem Feind. Zweitens weiß er, dass der Platz, den er als Zufluchtsort angeboten bekommt, für ihn ein verbotenes Gebiet ist. In den Tempel zu gehen, ist nur den Priestern erlaubt (4Mo 3,10; 18,7). Dorthin zu gehen, würde das Ende seines Lebens und damit seines Werkes bedeuten.
Es ist immer wichtig, die Motive von jedem Vorschlag zu durchschauen, der uns gemacht wird, um uns, sei es auch nur für kurze Zeit, von der Arbeit für den Herrn abzuhalten. Wenn wir aufgefordert werden zu fliehen, müssen wir überprüfen, von wem dieser Vorschlag kommt. Kommt er vom Feind, dann werden wir merken, dass er an unserer Angst um unser eigenes Leben anknüpft. Der Entschluss muss dann sein, dass wir bleiben. Es kann aber auch sein, dass der Herr Jesus das zu uns sagt. Das werden wir an den Gedanken bemerken, die dann bei uns aufkommen, dass eine Flucht das Werk Gottes fördern wird (Mt 10,23).
Der Feind wird sich auch immer offenbaren durch die Sicherheit, die er bietet. Diese Sicherheit wird immer mit einem Ort verbunden sein, der Gottes Interessen schadet und den Interessen des Feindes in die Hände spielt.
Nehemia glaubt Schemaja nicht „blauäugig“. Er „prüft die Geister, ob sie aus Gott sind“ (1Joh 4,1). Gott hat ihm den Auftrag gegeben, die Mauer wiederaufzubauen. Würde Gott ihm jetzt den Auftrag geben, zu flüchten? Der einzige Test ist, was Gott sagt. Die Prüfung anhand des Wortes Gottes macht deutlich, dass er es nicht mit einem Propheten zu tun hat, der im Namen Gottes spricht.
Er wird aufgefordert, eine Handlung zu tun, die im Gegensatz zu Gottes Wort steht. Dadurch wird Schemaja als falscher Prophet entlarvt (5Mo 13,4-5). Schemaja wurde als ein Bileam angeheuert, um jemandem von Gottes Volk zu schaden, indem er zu einer sündigen Tat verleitet wird. Schemaja ist ein korrupter und daher falscher Prophet. Geld bestimmt die Botschaft, die er bringt. Geld macht ihn blind für das Recht Gottes. Die Geschichte vom König Ussija lässt uns sehen, wie Gott über unbefugtes Eintreten in den Tempel denkt (2Chr 26,16–20).
Angst ist nie ein guter Ratgeber. „Menschenfurcht legt einen Fallstrick; wer aber auf den HERRN vertraut, wird in Sicherheit gesetzt“ (Spr 29,25). Der Herr Jesus lässt sich auch keine Angst machen und zu verkehrtem Handeln bringen (Lk 13,31.32; vgl. Joh 11,9–11). Kein Mensch kann Gottes Werk tun, wenn er sich von dem leiten lässt, was andere sagen.
Der Verfolgung aus dem Weg zu gehen, die Weigerung, das Kreuz zu tragen, kommt oft aus der Angst davor, was „andere wohl sagen werden“, wenn wir eine bestimmte Arbeit tun möchten. Angst oder Feigheit wird als erste Eigenschaft von Menschen genannt, die ewig in der Hölle sein werden (Off 21,8). Angst hält Menschen davon ab, die richtige Entscheidung zu treffen.
14 Gebet Nehemias
14 Gedenke es, mein Gott, dem Tobija und dem Sanballat nach diesen ihren Werken, und auch der Prophetin Noadja und den übrigen Propheten, die mich in Furcht versetzen wollten!
Widerstand von denen, die bekennen, im Namen Gottes zu handeln, ist viel schlimmer als der von erklärten Gegnern Gottes. Es ist eine besondere Versuchung, zu merken, dass die, die behaupten, im Namen Gottes zu sprechen, mit den Gegnern der Wahrheit gemeinsame Sache machen.
Auch hier unternimmt Nehemia nichts, sondern nimmt in dieser Sache wieder seine Zuflucht zu Gott (vgl. 2Tim 4,14; Jud 1,9). Es gibt viele Formen von Bösem, die nicht offen bekämpft werden können, ohne dabei sich selbst oder anderen Schaden zuzufügen. Viele böse Arbeiter in der Gemeinde Gottes müssen in Ruhe gelassen werden. Wenn man sie bekämpfen würde, würde das eher der Sache des Feindes dienen als der Sache Gottes. Aber unsere Hilfsquelle ist immer, wegen ihnen zu Gott zu rufen.
Wieder bekommen wir hier einen Einblick in das Gebetsleben dieses Mannes Gottes. Genauso wie nach dem Abwehren des Angriffes vom Feind von außen (Vers 9), betet Nehemia auch hier nach dem Abwehren des Angriffes durch falsche Propheten. Er nennt die Feinde vor Gott mit Namen. Er macht Gottes auch darauf aufmerksam, woraus das Böse besteht, das sie ihm antun wollten.
Die Prophetin Noadja wird nur hier erwähnt. Im Alten Testament werden noch vier Frauen „Prophetin“ genannt: Mirjam (2Mo 15,20), Debora (Ri 4,4), Hulda (2Kön 22,14) und die Frau Jesajas (Jes 8,3). Das sind aber echte Prophetinnen. Sie haben Worte Gottes gesprochen.
15 - 16 Die Mauer wird vollendet
15 Und die Mauer wurde vollendet am Fünfundzwanzigsten des Elul, in zweiundfünfzig Tagen. 16 Und es geschah, als alle unsere Feinde es hörten, da fürchteten sich alle Nationen, die rings um uns her waren, und sie sanken sehr in ihren Augen; und sie erkannten, dass dieses Werk von unserem Gott aus geschehen war.
Trotz allen Widerstands, und das in vielen Formen, wird die Mauer vollendet. Das ist ein Sieg über den Feind, der durch die Hilfe Gottes davongetragen wurde. Der Feind hat Jerusalem und Juda abgeschrieben. Aber Gott nicht. Und wenn Er etwas beginnt, beendet Er es auch. Aber wir sehen in den vorigen Versen auch die Wachsamkeit Nehemias und seine Hingabe an das Werk.
Die Tatsache, dass durch ein so schwaches Volk gegenüber einem so mächtigen Feind die Mauer vollendet wird, ist ein Zeugnis für die Nationen. Sie fürchten sich deshalb und erkennen in dem Werk die Hilfe Gottes, durch den das Werk zu einem guten Ende gekommen ist. Wenn ein Werk seinen Ursprung nicht im Herzen Gottes hat, kommt es auch nicht zu einem guten Ende. Dann nützen alle Anstrengungen nichts.
Wir sind nicht hier, um unsere Programme zum Bau der Gemeinde auszuführen. Es geht um Gottes Programm. Die Last von Gottes Herz sehen wir im Herrn Jesus, der die Menge sieht als „Schafe, die keinen Hirten haben“ (Mt 9,36). Wenn diese Last auch auf unser Herz kommt, können wir ein Werk beginnen, denn dann geht es aus dem Herzen Gottes hervor.
Gott hat kein Interesse für unsere Bemühungen, ein sozial erträgliches Klima zu schaffen. Das hat Er auch nicht für unsere Anstrengungen, eine neue Ordnung mit Weltfrieden zu errichten. Sein Programm schließt an dem an, was am Pfingsttag begonnen wurde. Da hat eine neue Ordnung in der Kraft des Heiligen Geistes begonnen, worin Er ans Werk gegangen ist und worin jeder, der sich durch seinen Geist leiten lassen will, eingesetzt werden kann. Die einzige Hoffnung gegen alles Böse ist eine kämpfende Gemeinde, die sich vollständig dem Willen Gottes übergeben hat.
17 - 19 Briefwechsel
17 Auch ließen in jenen Tagen Edle von Juda viele Briefe an Tobija abgehen, und solche von Tobija kamen an sie. 18 Denn es gab viele in Juda, die ihm [Treue] geschworen hatten, denn er war ein Schwiegersohn Schekanjas, des Sohnes Arachs; und sein Sohn Jochanan hatte die Tochter Meschullams, des Sohnes Berekjas, genommen. 19 Auch redeten sie vor mir von seinen guten Taten und hinterbrachten ihm meine Worte; [und] Tobija sandte Briefe, um mich in Furcht zu versetzen.
Unter den Mitarbeitern Nehemias sind solche, die mit dem Feind in der Person Tobijas korrespondieren. Auf diese Weise tauschen sie Gedanken mit dem Feind aus. Tobija ist in zweierlei Hinsicht mit Gottes Volk verbunden, in beiden Fällen durch eine Eheverbindung. Er selbst ist mit einer Tochter Schekanjas verheiratet; sein Schwiegervater ist also ein Jude. Sein Sohn ist mit der Tochter Meschullams verheiratet; seine Schwiegertochter ist also eine Jüdin. Meschullam sind wir bei dem Wiederaufbau der Mauer begegnet (Neh 3,4.30). Durch diese Verbindungen hat er viele Verwandte in Gottes Volk und durch sie kann er seinen Einfluss auf das Volk ausüben.
Gemischte Ehen, das heißt, eine Ehe eines Angehörigen von Gottes Volk mit jemandem, der nicht zu Gottes Volk gehört, sind gegen den Willen Gottes (2Kor 6,14–18). Wo sie gefunden werden, wird der Gläubige fast immer in die Welt mitgezogen.
Noch eine List ist, dass die eigenen Volksgenossen Nehemias gut über den Feind reden. Tobija mag ein Gegner des Mauerbaus sein, aber sonst ist er doch sehr nett. Sie hinterbringen ihm auch die Worte Nehemias, womit sie Nehemia vor dem Feind in ein schlechtes Licht rücken. Während sie den Feind gegenüber Nehemia loben, sprechen sie zum Feind über Nehemia, als einen Mann von leeren Worten. Die Briefe, die Tobija an Nehemia schickt, sind aber kräftig. Es sind echte Drohbriefe.
Durch Verbindungen mit dem Feind verschwindet das Unterscheidungsvermögen. Der Feind wird dann als freundlich und mitfühlend dargestellt. Solche Sichtweisen haben das Ziel, die Meinung von Menschen anzupassen, die den Feind immer nur als Feind sehen. Der Feind hat doch auch so viele gute Dinge. Das müssen wir doch auch berücksichtigen.
Doch der Feind kommt nicht vorwärts mit all seinen Versuchen, das Werk zu verhindern. Darin liegt eine Ermutigung für jeden, der für den Herrn arbeitet. Wenn in dem Werk auf den Herrn vertraut wird, wird jeder Angriff des Feindes zu nichts führen. Nehemia gewinnt, weil er Gott kennt und Ihn in alles mit einbezieht.