1 - 3 Elia ergreift die Flucht
1 Und Ahab berichtete Isebel alles, was Elia getan hatte, und alles, wie er alle Propheten mit dem Schwert getötet hatte. 2 Da sandte Isebel einen Boten zu Elia und ließ [ihm] sagen: So sollen mir die Götter tun und so hinzufügen, wenn ich nicht morgen um diese Zeit dein Leben dem Leben eines von ihnen gleichmache! 3 Und als er das sah, machte er sich auf und ging fort um seines Lebens willen und kam nach Beerseba, das zu Juda gehört; und er ließ seinen Diener dort zurück.
Ahab erzählt seiner Frau Isebel alles, was Elia getan hat. Er bezeugt das Werk Elias, aber es ist das Werk Gottes mit einem gewaltigen Ergebnis. Es hat aber keine Auswirkungen auf Ahab selbst. Er spricht auch nicht vom Regen, sondern von den Propheten, die Elia mit dem Schwert getötet hat.
Isebel steht für die päpstliche Macht, eine Macht, die wir besonders im Mittelalter sehen. Wir sehen dies in der Kirchengeschichte, die uns in Offenbarung 2 und 3 gegeben wird, und besonders in der Gemeinde in Thyatira, wo Isebel namentlich erwähnt wird (Off 2,20). So wie die Päpste über die Könige herrschten, so regierte auch Isebel über Ahab. In Offenbarung 17 sehen wir die Frau, die auf dem Tier reitet (Off 17,3b). Das symbolisiert, dass sie die Macht über die Könige hat.
Als Isebel den Bericht ihres Mannes hört, schickt sie einen Boten zu Elia, um ihm das Todesurteil zu verkünden. Sie ist nur von einer Sache besessen: Elia muss sterben. Das lässt sie ihm sagen. Elia ist nicht weit weg. Der Bote muss nicht lange suchen. Die Botschaft ist klar und sehr bedrohlich. Wir werden uns fragen, warum Isebel, wenn sie wirklich Elia töten wollte, dies nicht sofort getan hat. Hatte sie Angst vor den Reaktionen des Volkes? Oder hatte sie Angst vor Elia selbst? Auf jeden Fall will sie ihn bedrohen, vielleicht mit der Hoffnung, dass er fliehen würde. Sie duldet ihn nicht in ihrer Umgebung. Wenn sie tatsächlich die Absicht hatte, Elia Angst einzujagen und ihn dadurch zu verjagen, gelingt es ihr, ihre Absicht durchzusetzen.
Elia hat seinen Höhepunkt erreicht. Was für einen großartigen Dienst durfte er am Karmel tun. Aber jetzt, da er mit dem Tod konfrontiert wird, ist diese Bedrohung zu viel für ihn. Als er die Botschaft von Isebel hört, flieht er aus Angst um sein Leben. Wo ist die Furchtlosigkeit des Mannes, der es gewagt hat, sich für Gott einzusetzen, gegen achthundertfünfzig falsche Propheten und einen gottlosen König und die Masse eines schwankenden Volkes? So etwas passiert nur, wenn man anfängt, an sich selbst zu denken und nicht mehr an Gott. Es passiert, wenn du von den Ergebnissen deines Dienstes enttäuscht bist. Jetzt hat er immerhin das Volk zu Gott zurückgebracht und die einzige Antwort ist, dass sie ihn töten wollen! Elia ist der enttäuschte Diener.
Ist dies nicht für jeden nachvollziehbar, der dem HERRN dienen darf? Es heißt, dass Elia „gesehen“ hat, was Isebel plant. Er „sieht“ die große Gefahr, die über seinem Kopf hängt, und er sieht nur sie allein. Er sieht den HERRN nicht. Und weil er nicht den HERRN sieht, sondern nur die Gefahr für sein Leben, flieht er. Der Mann, der einen so enormen geistlichen Sieg errungen hat, fällt der Angst vor einer Frau zum Opfer. Was mit Elia hier geschah, geschah auch mit Petrus, als er über das Wasser ging und „den starken Wind sah“ (Mt 14,30). Er sah nicht mehr auf den Herrn, und so ging es schief. Er lebte in diesem Moment nicht mehr im Glauben, sondern im Schauen. Dies geschieht auch mit Elia.
Der Geist Gottes schreibt uns, was für ein Mensch Elia ist: „Ein Mensch von gleichen Empfindungen wie wir“ (Jak 5,17). Er, der vor nichts Angst hatte, fürchtet um sein Leben. So ist es mit jedem Diener. Sie haben ihre Höhepunkte, gefolgt von einem Tiefpunkt, einem Zusammenbruch. Was ist bei Elia der Grund dafür? Liegt es an der Enttäuschung über die Reaktion des Volkes oder von Ahab? Es scheint, dass er vergisst, dass der HERR ihn zu dieser großen Tat geführt hat. Deshalb vergisst er auch, dass er die Folgen dem HERRN überlassen muss. Das Ergebnis ist, dass er nur mit sich selbst beschäftigt ist.
Der Herr Jesus kannte auch Enttäuschung (Jes 49,4a; Mt 11,20–24), aber wie anders ist seine Reaktion (Jes 49,4b; Mt 11,25). Er beklagt sich zwar, äußert auch seine Enttäuschung, aber er übergibt alles und sich selbst „dem, der gerecht richtet“ (1Pet 2,23). Er durchlebt alles mit seinem Gott und nimmt alles aus seiner Hand.
Elia kommt nach Beerseba, was soviel wie „Ort des Eidschwurs“ bedeutet. Das ruft bei ihm jedoch keine Erinnerung daran hervor. Er lässt seinen Diener zurück. Aber Gott lässt seinen Diener nicht zurück und folgt ihm.
4 - 8 Unter dem Ginsterstrauch
4 Er selbst aber ging in die Wüste, eine Tagereise weit, und kam und setzte sich unter einen Ginsterstrauch. Und er bat, dass er sterben dürfe, und sprach: Es ist genug; nimm nun, HERR, meine Seele, denn ich bin nicht besser als meine Väter. 5 Und er legte sich nieder und schlief unter dem Ginsterstrauch ein. Und siehe da, ein Engel rührte ihn an und sprach zu ihm: Steh auf, iss! 6 Und als er hinblickte, siehe, da lag an seinem Kopfende ein Kuchen, auf heißen Steinen gebacken, und ein Krug Wasser. Und er aß und trank und legte sich wieder hin. 7 Und der Engel des HERRN kam zum zweiten Mal wieder und rührte ihn an und sprach: Steh auf, iss! Denn der Weg ist [sonst zu] weit für dich. 8 Und er stand auf und aß und trank, und er ging in der Kraft dieser Speise vierzig Tage und vierzig Nächte bis an den Berg Gottes, den Horeb.
Elia zieht in die Wüste, setzt sich unter einen Ginsterstrauch und möchte sterben. Aus seinem Wunsch zu sterben, kann man bereits heraushören, dass er sich selbst wohl für besser hält als seine Väter. Gott erhört sein Gebet nicht, denn Gott hat andere, höhere Pläne für sein Ende auf Erden. So geht Gott auch oft mit unseren Gebeten um. In der Zwischenzeit muss Elia jedoch noch ein paar Dinge lernen und tun, lernen über sich selbst und Gott und etwas tun im Hinblick auf seine Nachfolge. Ein Diener hat nie ausgelernt und der Dienst muss übergeben werden. Gott wird sein Werk fortsetzen, auch wenn wir es nicht mehr sehen.
Elia ist am Ende seiner Kräfte. Viele Diener kennen dieses Gefühl. Es macht dich mutlos, wenn es kein Ergebnis gibt oder wenn erwartete Ergebnisse ausbleiben. So kann es auch mit dem prophetischen Dienst in den Zusammenkünften sein. Es geht darum, dass der Diener der Gemeinde Gott vorstellt und nicht sich selbst. Es ist anstrengend, sich selbst darzustellen und selbst wichtig zu sein. Elia findet sich selbst besser als seine Väter. Wer einen bestimmten Dienst tun darf, muss sich bewusst sein, dass er nicht besser ist als andere.
Als Elia sich vor Ahab verstecken musste, benutzte Gott Raben und eine Witwe, um ihn zu versorgen. Hier benutzt Gott einen Engel, möglicherweise ist es der Herr Jesus selbst. So geht Gott mit seinem Diener um, der deprimiert und niedergeschlagen unter dem Ginster liegt. Dort kommt Gott zu ihm, dort sucht Er ihn auf. Gott ist persönlich damit beschäftigt, sich um Elia zu kümmern. Er gibt ihm Nahrung und gönnt ihm auch seinen Schlaf, so wie Er einem ganzen Volk vierzig Jahre lang Nahrung und Ruhe gegeben hat.
Der Engel rührt ihn an und Elia wacht auf. Es ist eine sanfte Berührung. Es gibt keine Worte des Vorwurfs, sondern Worte der Ermutigung, aufzustehen und zu essen. Elia bekommt einen Kuchen, kein Fleisch. Der Kuchen spricht vom Herrn Jesus in seinem Leben auf Erden, von seinem Menschsein. Es ist ein Kuchen, der auf Kohle gebacken ist. Es steht für den Herrn Jesus, der von Gott in den Umständen des Lebens geprüft wurde. Das Speisopfer spricht vom Herrn Jesus als Mensch auf Erden, was wir in besonderer Weise im Psalm 16 sehen, den wir ruhig „den Psalm vom Speisopfer“ nennen können.
Es gibt auch einen Krug Wasser zur Erfrischung und zur Reinigung. Das Wasser ist ein Bild des Wortes Gottes. Wenn wir Gottes Wort lesen, werden wir belebt und unsere Gedanken werden auch vom Selbstmitleid gereinigt. Wasser im Krug symbolisiert das Wort Gottes in unserem Leben.
Gott sorgt dafür, dass Elia die Kraft bekommt, weiterzugehen. Er ermutigt ihn zweimal von dem zu essen, was Er für ihn zubereitet hat. Gott gibt uns immer die Kraft, das zu tun, was Er von uns verlangt. Geistliche Nahrung gibt Kraft für den Weg, den wir ohne diese nicht gehen können.
Die Nahrung gibt Elia die Kraft, zum „Berg Gottes, dem Horeb“ zu gehen. Elia ist auf dem Weg durch die Wüste unterwegs zu Gott, eine Reise von vierzig Tagen und vierzig Nächten. Der Herr Jesus war auch in einer Wüste, vierzig Tage und vierzig Nächte, aber er war dort mit dem Teufel.
9 - 14 Am Horeb
9 Und er ging dort in die Höhle und übernachtete dort. Und siehe, das Wort des HERRN [erging] an ihn, und er sprach zu ihm: Was tust du hier, Elia? 10 Und er sprach: Ich habe sehr geeifert für den HERRN, den Gott der Heerscharen; denn die Kinder Israel haben deinen Bund verlassen, deine Altäre niedergerissen und deine Propheten mit dem Schwert getötet; und ich allein bin übrig geblieben, und sie trachten danach, mir das Leben zu nehmen. 11 Und er sprach: Geh hinaus und stell dich auf den Berg vor den HERRN! Und siehe, der HERR ging vorüber, und ein Wind, groß und stark, zerriss die Berge und zerschmetterte die Felsen vor dem HERRN her; der HERR war nicht in dem Wind. Und nach dem Wind ein Erdbeben; der HERR war nicht in dem Erdbeben. 12 Und nach dem Erdbeben ein Feuer; der HERR war nicht in dem Feuer. Und nach dem Feuer der Ton eines leisen Säuselns. 13 Und es geschah, als Elia es hörte, da verhüllte er sein Angesicht mit seinem Mantel und ging hinaus und stellte sich an den Eingang der Höhle. Und siehe, eine Stimme erging an ihn, die sprach: Was tust du hier, Elia? 14 Und er sprach: Ich habe sehr geeifert für den HERRN, den Gott der Heerscharen; denn die Kinder Israel haben deinen Bund verlassen, deine Altäre niedergerissen und deine Propheten mit dem Schwert getötet; und ich allein bin übrig geblieben, und sie trachten danach, mir das Leben zu nehmen!
Am Horeb geht Elia in eine Höhle. Mose war auch in einer Höhle (2Mo 33,22). Und Mose hatte auch ein Problem, nämlich das des richtenden Gottes gegen ein gottloses Volk auf der einen Seite und andererseits des gnädigen Gottes, der sein Volk verschonen wollte.
Nachdem Elia die Nacht in der Höhle verbracht hatte, fragte Gott ihn: „Was tust du hier, Elia?“ Das sollte ihn eigentlich zum Nachdenken bringen. Elia ist jedoch voll von sich selbst und dem, was man ihm antun will, und das, obwohl er sich so sehr dem HERRN hingegeben hat, und das noch als einziger. Die ganze vierzigtägige Reise hat seine Gedanken nicht verändert. Er ist immer noch derselbe enttäuschte Prophet.
Er verklagt Israel vor Gott. Das Volk ist sehr untreu gegenüber Gott und seinen Propheten, und selbst den einen, der übrig geblieben ist, wollen sie töten. Was für ein Volk! Er hat vergessen, dass es noch mehr Getreue gibt. Gott nimmt dies sehr ernst, was die Tatsache beweist, dass Gott diese Anklage im Neuen Testament zitiert (Röm 11,2a–4). Gott tut dies mit keinem einzigen anderen Verschulden eines alttestamentlichen Gläubigen, als nur hier mit Elia. Hier ist Elia ein Verkläger des Volkes. Viele alttestamentliche Gläubige werden im Neuen Testament zitiert, aber nur ihre Glaubenswerke treten dort in den Vordergrund. Elia ist eine negative Ausnahme.
Dann muss er vor dem Angesicht des HERRN erscheinen (Vers 11). An dieser Stelle will der Herr jeden von uns haben: vor Ihm, vor seinem Angesicht. Dort geht der HERR vorbei. Aber bevor dies geschieht, finden einige beeindruckende Ereignisse statt. Der HERR sendet zuerst einen starken Wind, dann ein Erdbeben und dann ein Feuer. Sie sind Äußerungen seiner Macht. Jedes Mal steht jedoch dabei, dass der HERR nicht darin war. Vielleicht dachte Elia: „Wie beeindruckend wären solche Offenbarungen von Gottes Macht, wenn man damit zu dem Volk gehen könnte!“ Aber, und das ist entscheidend, Gott würde nicht darin sein.
Wo kann man den HERRN also finden? Er zeigt sich im „Ton eines leisen Säuselns“. Elia hat die Kraft Gottes ungerührt angesehen, vielleicht mit einem Gefühl der Erregung. Aber als er dieses leise Säuseln hört, verhüllt er sein Gesicht. Hier sieht er sich vor Gott gestellt, der sich ihm als der Barmherzige zeigt. Es gibt nichts, was einen Menschen so klein macht, als wenn er sich mit einem gnädigen Gott konfrontiert sieht.
Es ist nicht die Zeit des Gerichts, die in den verschiedenen Elementen – Wind, Erdbeben und Feuer – dargestellt wird. Das scheint Elia zu gefallen, aber der HERR ist nicht darin, noch nicht. Noch handelt er in Gnade mit seinem Volk und mit seinem Diener. Das zeigt das leise Säuseln. Es geht nicht um beeindruckende, ohrenbetäubende Manifestationen, sondern um Frieden und Ruhe.
Wieder kommt die Frage: „Was tust du hier, Elia?“ Und, unbegreiflich wenn wir uns selbst nicht ein bisschen kennen würden, antwortet Elia mit den gleichen Worten. Steine können gebrochen werden, aber Herzen zerbrechen ist schwieriger. Elia sagt mit seinen Bemerkungen aus, dass mit seinem Tod das Zeugnis für Gott von der Erde verschwunden sein wird. Er hat kein Auge für die siebentausend, die Gott aber sehr wohl sieht.
15 - 18 Drei Aufträge für Elia
15 Und der HERR sprach zu ihm: Geh, kehre auf deinem Weg zurück, zur Wüste von Damaskus; und wenn du angekommen bist, so salbe Hasael zum König über Syrien. 16 Und Jehu, den Sohn Nimsis, sollst du zum König über Israel salben; und Elisa, den Sohn Saphats, von Abel-Mehola, sollst du zum Propheten salben an deiner statt. 17 Und es soll geschehen: Wer dem Schwert Hasaels entkommt, den wird Jehu töten; und wer dem Schwert Jehus entkommt, den wird Elisa töten. 18 Aber ich habe 7000 in Israel übrig gelassen, alle die Knie, die sich nicht vor dem Baal gebeugt haben, und jeden Mund, der ihn nicht geküsst hat.
Als Elia sozusagen seine Kündigung als Prophet bei Gott eingereicht hat, akzeptiert Gott dies. Er gibt ihm noch einige Aufträge, um damit seinen Dienst abzuschließen. Er muss drei Personen salben.
Wieder sagt Gott „Geh“ (Vers 15; 1Kön 18,1), aber jetzt, um auf seinen Weg zurückzukehren. Das erste, was er tun muss, ist, Hasael zum König über Syrien zu salben. Elia erfüllt diese Aufgabe nicht persönlich, sondern durch Elisa. Hasael wird von Elisa gesalbt. Dieser König wird ein Mittel zur Züchtigung des Volkes Gottes werden, denn das Volk ist untreu und von Gott abgewichen.
Neben Hasael muss auch Jehu gesalbt werden. Auch diese Salbung wurde nicht von Elia persönlich, sondern von Elisa vorgenommen. Jehu wird den töten, der dem Schwert Hasaels entkommen ist. So ist es geschehen. Joram, der Hasael entkommen war, wurde von Jehu getötet.
Die dritte Aufgabe ist die Salbung Elisas durch Elia. Elisa gehört zu den siebentausend, die Gott übriggelassen hat. Den Auftrag, ihn zu salben, erfüllt Elia jedoch selbst. Das bedeutet, dass er Elisa durch eine symbolische Handlung zu seinem Nachfolger beruft. Es ist einzigartig im Dienst des Propheten, dass er einen Nachfolger hat. Elisa tritt an die Stelle von Elia.
Mit Elisa sehen wir den Beginn der Gnade. Wir lesen nicht, dass Elisa jemanden getötet hat. Elisa tötet nicht durch den Wind, das Erdbeben und das Feuer, wie es Hasael und Jehu tun werden, sondern lässt das leise Säuseln der Gnade hören.
19 - 21 Die Berufung Elisas
19 Und er ging von dort weg und fand Elisa, den Sohn Saphats, der gerade mit zwölf Joch [Rindern] vor sich her pflügte, und er war beim zwölften; und Elia ging zu ihm hin und warf seinen Mantel über ihn. 20 Und er verließ die Rinder und lief Elia nach und sprach: Lass mich doch meinen Vater und meine Mutter küssen, so will ich dir nachfolgen. Und er sprach zu ihm: Geh, kehre zurück! Denn was habe ich dir getan? 21 Und er kehrte von ihm zurück und nahm das Joch Rinder und schlachtete es, und mit dem Geschirr der Rinder kochte er ihr Fleisch und gab es den Leuten, und sie aßen; und er machte sich auf und folgte Elia nach und diente ihm.
Von den drei Aufträgen, die Gott gegeben hat, hat Elia persönlich nur Elisa zu seinem Nachfolger ernannt. Dort geht er zuerst hin und nicht zu Hasael und Jehu, die doch zuerst vom HERRN erwähnt wurden. Die Geschichte geht sofort weiter mit der Berufung Elisas, dem dritten und letzten Teil des göttlichen Befehls.
Dies bedeutet nicht das Ende des eigenen Dienstes von Elia. In 1. Könige 21, wo er Ahab das Gericht im Weinberg von Nabot (1Kön 21,17–22) verkündet, und in 2. Könige 1, wo er den Tod Ahasjas voraussagt (2Kön 1,3.4), lesen wir noch einmal von ihm. Für Elisa waren diese Jahre, in denen er in der Nähe des Propheten lebt und ihm dient, zweifellos eine gute Gelegenheit, sich auf seine eigene Aufgabe vorzubereiten.
Die Salbung Elisas erfolgt auf symbolische Weise. Die symbolische Handlung Elias in der Berufung seines Nachfolgers ist, dass er seinen Mantel auf ihn wirft (Vers 19). Die Geste sagt genug aus. Er sagt Elisa auf diese Weise, dass er sein Nachfolger werden soll. Er überredet Elisa nicht, ihm zu folgen; das überlässt er dem HERRN. Elisa muss die Schlussfolgerung selbst ziehen.
Elisa nimmt den Prophetenmantel aus der Hand Elias und wird ihn in Zukunft tragen dürfen (2Kön 2,12.13). Dieser Mantel spielt übrigens später noch eine interessante Rolle, wenn Elia in den Himmel aufgenommen wird. Das Wasser des Jordans teilt sich nach beiden Seiten, sobald Elia und später Elisa mit dem Mantel auf das Wasser schlagen (2Kön 2,8.14). Der Jordan, der im Toten Meer endet, kann als Todesfluss bezeichnet werden. Die Macht des Todes muss der Macht Gottes weichen, die über die Grenzen des Todes hinausreicht.
Während Elia, was soviel wie „mein Gott ist Jahwe“ bedeutet, als der Prophet des Gerichts beschrieben wird, ist Elisa, was soviel wie „mein Gott ist Rettung“ bedeutet, der Prophet der Gnade schlechthin. Immer wieder sehen wir ihn heilend und rettend wirken. Wo er auf der Bühne erscheint, gibt es Leben und Hoffnung.
Elisa erhält Anteil am Geist Elias, als er ihn in den Himmel aufsteigen sieht. So haben auch wir Teil am Geist Christi nach seiner Verherrlichung im Himmel erhalten. In der Kraft dieses Geistes können wir unsere Berufung und Aufgabe erfüllen. Als Elisa gerufen wird, Elia zu folgen, ist er auf dem Feld beschäftigt. Auch heute noch ruft Gott Menschen inmitten ihrer geschäftigen Arbeit zu, diese aufzugeben und ihre Zeit und Kraft auf eine andere Art und Weise Ihm zu widmen (vgl. Mt 4,18–22).
Elisa muss ein reicher Bauer gewesen sein. Er muss viel aufgeben. Das sehen wir auch bei Mose und Paulus, die ebenfalls alle natürlichen Vorteile für den Herrn aufgegeben haben. Gott ruft Mose, als er sich in der privilegiertesten Position befand. Mose gibt diese Position für „die Schmach des Christus“ auf (Heb 11,24–26). Auf die gleiche Weise gibt Paulus eine enorm privilegierte Position in der religiösen Welt auf.
Wenn Menschen ihre Arbeit aufgeben und in das Werk des Herrn gehen wollen, weil sie ihre Arbeit nicht mögen, ist es nicht vom Herrn. Zum Beispiel sollte ein Geschäftsmann, dessen Geschäft schlecht läuft, seine Geschäfte nicht aufgeben, um das Werk des Herrn zu tun. Er muss sich mit dem Herrn darüber beraten, wie er seine Situation verbessern kann.
Elisa pflügt mit zwölf Joch Rindern vor sich. Er befindet sich bei dem zwölften Joch. Gott ruft ihn da, wo er ist, bei dem zwölften Joch Rinder. Die Zahl zwölf wird hervorgehoben. Sie erinnert an den Altar, den Elia gebaut hat und für den er zwölf Steine benutzte (1Kön 18,31). Die Zahl zwölf meint für uns das ganze Volk Gottes. Zwölf Paar Rinder weisen darauf hin, dass Gott will, dass sein ganzes Volk Ihm gemeinsam dient.
Elia wirft Elisa seinen Mantel zu. Von nun an wird Elisa nicht mehr als Bauer, sondern als Prophet durchs Leben gehen müssen. Gott ruft, wen immer Er will, und Er ruft, wohin immer Er will. Er ruft Angesehene und Er ruft Geringe. Er ruft die Bauern auf, auf den Feldern dieser Welt zu pflügen und dann den Samen des Wortes Gottes zu säen. Die Fischer ruft Er, um sie zu Menschenfischern zu machen. Gott ist souverän und seine Berufung ist lebendig und kraftvoll.
Elia überzeugt Elisa nicht mit Worten, ihm nachzufolgen. Durch eine Geste wird Elisa herausgefordert und geübt. Einen Menschen davon zu überzeugen, dem Herrn zu dienen, ohne dass sein Herz und sein Gewissen geübt werden, bringt nur Elend.
Elisa möchte zuerst seinen Vater und seine Mutter grüßen und sich von ihnen verabschieden. Er bittet Elia um Erlaubnis, dies zu tun. Elia beantwortet diese Frage nicht. Er bittet Elisa nicht, Rechenschaft abzulegen. Er lässt es eine Sache zwischen Elisa und Gott sein.
Gottes Berufung greift oft tief in bestehende Situationen und Beziehungen ein. Die Berufung ist nicht unverbindlich und kann zu einem Bruch mit Familienmitgliedern oder engen Freunden führen. Das sehen wir auch im Leben von Elisa. Er muss sich von seiner Familie, seinem Vater und seiner Mutter verabschieden (Vers 20). Er gehorcht bereitwillig, und verlässt sein Vieh, so wie die Jünger später alles, was sie besitzen, im Stich lassen, um dem Herrn Jesus zu folgen. Auch wenn er Elia hinterhereilte, hatte er das Problem seiner familiären Beziehungen: „Lass mich doch meinen Vater und meine Mutter küssen, dann will ich dir nachfolgen“.
Die Antwort des Propheten ist zustimmend, aber sie erinnert ihn deutlich an die Berufung Gottes, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann: „Geh, kehre zurück! Denn was habe ich dir getan?“ Der Wortlaut dieser Antwort ist etwas vage. Elia überlässt es Elisa. Elisa musste Elia nicht in erster Linie folgen, sondern sein Nachfolger werden.
In den Evangelien lesen wir von jemandem, der dem Herrn Jesus folgen will, aber eine Bedingung macht: „Ich will dir nachfolgen, Herr, zuvor aber erlaube mir, Abschied zu nehmen von denen, die in meinem Haus sind“ (Lk 9,61). Vermutlich will er dies als Vorwand benutzen, um die Nachfolge des Herrn noch einen Moment aufzuschieben. Aber der Herr, der die Herzen kennt und sie durchschaut, antwortet ihm dann wie folgt: „Niemand, der die Hand an den Pflug gelegt hat und zurückblickt, ist tauglich für das Reich Gottes“ (Lk 9,62).
Gottes Berufung duldet keinen Aufschub. Diese Berufung erfordert eine Entschlossenheit des Herzens, dem Herrn zu dienen, und die Festlegung bestimmter Prioritäten. Das Reich Gottes muss an erster Stelle in unserem Leben stehen. Glücklicherweise zögert Elisa nicht zu folgen. Er ist bereit, seine Hand an den Pflug zu legen, nicht mehr auf dem Feld seines Vaters, sondern auf dem Feld Gottes, dem Arbeitsfeld der zwölf Stämme Israels. Obwohl er aus menschlicher Sicht einer unsicheren Zukunft gegenübersteht, gibt Gott ihm ein viel größeres Arbeitsfeld als das, das er zurücklässt.
Als Reaktion auf die Antwort von Elia reagierte Elisa mit einer radikalen Entscheidung. Wir lesen nicht, ob er noch zu seinen Eltern gekommen ist. Es kann sein. Was wir lesen, ist, dass er völlig mit der Vergangenheit bricht. Er zögert nicht. Er verbrennt seine Schiffe sozusagen hinter sich. So beginnt er seine neue Aufgabe. Er begann sicherlich nicht, Zeichen und Wunder unter Israel zu vollbringen. Er muss zuerst auf die Worte des Propheten Elia hören und sich unter anderem um dessen persönliche Bedürfnisse kümmern (2Kön 3,11). Er beginnt mit einfacher Arbeit, aber das Leben in der Nähe des Propheten bereitet ihn allmählich auf andere Aufgaben vor.
Dieser Grundsatz gilt auch für uns. Das Leben in der Gegenwart unseres Herrn und Meisters und das Hören auf sein Wort bilden die notwendige Grundlage, um uns „zu jedem guten Werk“ vollständig auszurüsten (2Tim 3,16.17).