1 - 2 Der Herr wieder in Bethanien
1 Jesus nun kam sechs Tage vor dem Passah nach Bethanien, wo Lazarus, der Gestorbene, war, den Jesus aus den Toten auferweckt hatte. 2 Sie machten ihm nun dort ein Abendessen, und Martha diente; Lazarus aber war einer von denen, die mit ihm zu Tisch lagen.
Nach seinem Aufenthalt in der Stadt Ephraim (Joh 11,54) geht der Herr wieder nach Bethanien. Es sind noch sechs Tage bis zum Passah. Hier fehlt die Zufügung „ein Fest der Juden“. Dadurch liegt die Betonung auf der Bedeutung dieses Festes für den Herrn. An diesem Fest wird Er sich selbst als das wahre Passahlamm in den Tod geben.
Auf dem Weg nach Jerusalem kommt Er nach Bethanien, wo Er bei Martha, Maria und Lazarus zu Gast ist. Dass Lazarus diesmal dabei ist, wird diesem Besuch einen besonderen Glanz verliehen haben. Dieser besondere Glanz wird durch das, das Marias kurz darauf dem Herrn Jesus tun wird, noch größer. Es wird besonders erwähnt, dass Lazarus einer von denen ist, die zugegen sind. Der Grund, dass er da ist: Er war gestorben, aber Christus hatte ihn aus den Toten auferweckt. Der Lebengebende und der zum Leben Erweckte gehören zusammen. So dürfen Gläubige als lebendig gemachte Menschen bei Ihm, der ihnen das Leben gegeben hat, zusammenkommen.
Martha bereitet eine Mahlzeit für den Herrn zu und bedient. Der Dienst Marthas wird hier anerkennend hervorgehoben. Sie tut das, ohne dem Herrn und ihrer Schwester einen Vorwurf zu machen (siehe Lk 10,38–42). Lazarus ist einer von denen, die zu Tisch liegen. Wir lesen nie ein Wort, das Lazarus gesprochen hätte. Er ist ein schönes Vorbild eines echten Anbeters. Er genießt ohne Worte die Gemeinschaft mit seinem Herrn von ganzem Herzen. Er wird den Herrn in einer ganz neuen Weise gesehen haben, voller Dankbarkeit und Bewunderung.
3 Maria salbt den Herrn
3 Da nahm Maria ein Pfund Salböl von echter, sehr kostbarer Narde und salbte die Füße Jesu und trocknete seine Füße mit ihren Haaren. Das Haus aber wurde von dem Geruch des Salböls erfüllt.
Nachdem wir einiges über Lazarus und Martha gehört haben, die beide ihren ganz eigenen Platz in diesem Geschehen haben, wird unser Blick jetzt auf Maria gerichtet. Was sie tut, auch ohne Worte, ist etwas ganz Besonderes. Sie hatte keine besondere prophetische Offenbarung empfangen. Sie handelt entsprechend dem geistlichen Empfinden ihres Herzens, das in dem Christus Gottes alles gefunden hat. Sie hat ein Herz, das die Todesgefahr, die über seinem Haupt schwebt, empfindet. Andere mögen an seine Wunder denken und meinen, dass Er sich doch wohl herausretten könne, wie Er das beispielsweise tat, als man Ihn in Nazareth vom Rand des Berges hinabstürzen wollte (Lk 4,30). Maria hingegen denkt an seinen Tod und sein Begräbnis. Im Blick darauf hat sie Ihn, ihren Herrn, gesalbt.
Sie gebraucht dazu ein Pfund Salböl von echter Narde, die sehr kostbar ist. Sie will, genau wie David früher, kein Opfer bringen, das sie nichts kostet (2Sam 24,24). Für ihren Herrn ist nur das Beste gut genug. Sie beugt sich nieder und salbt seine Füße mit dem Salböl. Seine Füße sprechen davon, dass Er, der Sohn Gottes, auf die Erde gekommen ist, vom Vater gesandt, um Ihn kundzumachen. Sie trocknet seine Füße mit ihren Haaren. Ihr langes Haar ist ihre Ehre (1Kor 11,15). Sie legt sozusagen ihre Ehre über die Füße des Herrn und trocknet sie damit ab. Dadurch werden ihre Haare mit demselben kostbaren Salböl gesalbt und verbreiten denselben herrlichen Duft.
Durch ihre Hingabe, von der das lange Haar als Schleier ebenfalls spricht (1Kor 11,15), genießt ihre Umgebung den lieblichen Duft des Herrn Jesus. Das ganze Haus wird vom Geruch des Salböls erfüllt (vgl. Hld 1,12), so dass alle Anwesenden sich daran erfreuen können. Wenn ein Gläubiger in der Zusammenkunft Christus durch sein Lob ehrt, erfreuen andere sich mit daran.
4 - 6 Die Reaktion des Judas
4 Es sagt aber Judas, Simons Sohn, der Iskariot, einer von seinen Jüngern, der im Begriff stand, ihn zu überliefern: 5 Warum ist dieses Salböl nicht für dreihundert Denare verkauft und den Armen gegeben worden? 6 Er sagte dies aber, nicht weil er für die Armen besorgt war, sondern weil er ein Dieb war und die Kasse hatte und trug, was eingelegt wurde.
Doch nicht alle Anwesenden freuen sich über das, was Maria getan hat. Es sind solche da, die das, was Maria für den Herrn getan hat, nicht wertschätzen. Aus den anderen Evangelien wissen wir, dass die Jünger Kritik daran übten. Hier ist es Judas, der die Kritik äußert. Johannes nennt ihn den‚ „der im Begriff stand, ihn zu überliefern“. Dadurch wird der Kontrast zu dem, was Maria getan hat, auf größtmögliche Weise deutlich.
Der Grund für die Kritik des Judas ist der Betrag, den Maria für ihr Salböl ausgegeben hat. Er wusste den Betrag gut einzuschätzen. Wenn wir bedenken, dass ein Denar der Lohn für einen Arbeiter pro Tag war (Mt 20,2), so hat das Salböl Marias einen ganzen Jahreslohn gekostet. Das können wir auf heutige Verhältnisse umrechnen. Am 1. Januar 2008 lag der Bruttomindestlohn für einen Tag und für eine Person von 23 Jahren oder älter bei €61,62, davon bleiben netto etwas mehr als €50 übrig. Wir rechnen der Einfachheit halber mit €50. Das bedeutet, dass das Salböl Marias einen Wert von €15 000 hatte. Was für eine Verschwendung, wenn man bedenkt, wie vielen Armen man damit hätte helfen können. So jedenfalls sieht Judas die Sache.
Der wahre Grund ist aber, dass er sich selbst damit bereichert hätte. Für die Armen hatte er nichts übrig. Er dachte nur an sich. Abgesehen von den bösen Motiven des Judas gibt es auch viele Christen, die wie Judas argumentieren. Sie sagen, dass eine Zeit der Anbetung vergeudete Zeit sei, da die Not in der Welt so groß sei. Das Evangelium weiterzusagen oder Menschen in Not zu helfen, finden sie viel wichtiger als die Anbetung.
Zweifellos sind das wichtige Dinge, die auch getan werden müssen. Doch wenn wir sagen, dass solche Dinge wichtiger sind als die Anbetung des Sohnes und des Vaters, sagen wir damit, dass Menschen wichtiger sind als Gott. Gerade in diesem Evangelium, das Johannes geschrieben hat, macht der Herr Jesus deutlich, was der Vater sucht: Er sucht Anbeter (Joh 4,23). So jemand ist Maria. Die Tatsache, dass Er sie sucht, zeigt, dass sie – einmal etwas respektlos gesagt – nicht an jeder Straßenecke zu finden, sondern eher selten sind (vgl. Lk 17,12–18).
Es ist bemerkenswert, dass der Herr die Sorge für die Finanzen der Jünger Judas anvertraute. Hätte Er das nicht besser Matthäus übertragen? Als Steuereinnehmer hatte Matthäus gelernt, mit Geld umzugehen. Obwohl ein Dienst für den Herrn oft an das anknüpft, was wir in unserem Berufsleben tun oder getan haben, ist das nicht die übliche Vorgehensweise, wie der Herr den Seinen Aufträge gibt. Dass Er Judas die Verwaltung der Finanzen überließ, heißt nicht, dass Er das tat, weil Judas ein Dieb war. Er stellte Judas damit allerdings auf die Probe, so wie Er auch Adam und Eva auf die Probe stellte und wie Er auch uns oft auf die Probe stellt.
Wenn Er irgendeinen Menschen auf die Probe stellt, tut Er das nicht, weil Er wissen will, wie der darauf reagiert, sondern um diesen Menschen selbst dazu zu bringen, seine Abhängigkeit vom Herrn darin unter Beweis zu stellen. Wenn der Mensch das tut, wird er seine Aufgabe zur Ehre Gottes erfüllen. Wenn der Mensch das nicht tut, wird er zu seinem eigenen Schaden und zu seiner eigenen Schande scheitern.
7 - 8 Reaktion des Herrn
7 Da sprach Jesus: Erlaube ihr, es auf den Tag meines Begräbnisses aufbewahrt zu haben; 8 denn die Armen habt ihr allezeit bei euch, mich aber habt ihr nicht allezeit.
Der Herr weist Judas zurecht. Das tut Er nicht, indem Er die Heuchelei des Judas entlarvt, sondern indem Er entgegen dem heuchlerischen Verhalten des Judas seine Wertschätzung für die Tat Marias ausdrückt. Er rechtfertigt ihr Tun, ein Tun, das nicht verhindert werden durfte. Was sie getan hat, konnte Er in seiner Gnade in ihrem Herzen wirken, weil sie zu seinen Füßen gesessen hatte, um seinem Wort zuzuhören (Lk 10,39).
Der Herr kann zeigen, wenn jemand diese Haltung Ihm gegenüber einnimmt, was Ihn beschäftigt, wodurch die geistlichen Empfindungen für Ihn gebildet werden. Wer auf diese Weise geformt ist, weiß was Ihm gebührt, ohne dass Er ihm seinen Willen ausdrücklich bekanntgemacht hat.
Weil sie Ihm zugehört hat, hat Maria verstanden, dass ihr geliebter Herr sterben und begraben werden würde. Er hat das öfter gesagt, doch die Jünger haben das nicht verstanden. Sie aber wohl. Daher finden wir sie auch nicht bei seinem Grab, so wie die anderen Frauen, die Ihn salben wollten. Sie kamen ja zu spät, weil Er bereits auferstanden war. Was die Frauen aus Liebe, wenn auch in Unwissenheit tun wollten, hatte Maria hier bereits getan.
Wie selten waren Menschen, die etwas von dem empfanden, was den Herrn erwartete und was Ihn beschäftigte. Wie selten sind solche Gläubigen immer noch, die durch ihren innigen Umgang mit seinem Wort verstehen, was Er durch seinen Tod, sein Begräbnis, seine Auferstehung und seine Verherrlichung bewirkt hat, und die Ihn dafür ehren, indem sie Ihm ihr Leben weihen.
Dann weist Er ferner darauf hin, dass sie die Armen allezeit bei sich haben, Ihn aber werden sie nicht allezeit bei sich haben. Arme würde es immer geben und damit auch Gelegenheiten, ihnen zu helfen. Er würde bald von ihnen weggehen, und dann würden sie an Ihm nicht mehr das tun können, was jetzt noch möglich war. Maria hat das verstanden und umgesetzt. Sie hat die Prioritäten richtig gesetzt. Sie hat gespart und ihr Geld für Salböl für den Herrn eingesetzt. Sie hat das Salböl nicht für das Begräbnis ihres Bruders gebraucht, sondern es für das Begräbnis des Herrn aufbewahrt. Ihm gebührt immer und überall der erste Platz. Was an Ihm getan wird, ist wichtiger als das, was für Ihn getan wird.
9 - 11 Der Plan, Lazarus umzubringen
9 Eine große Volksmenge von den Juden erfuhr nun, dass er dort war; und sie kamen, nicht um Jesu willen allein, sondern um auch Lazarus zu sehen, den er aus den Toten auferweckt hatte. 10 Die Hohenpriester aber beratschlagten, auch Lazarus zu töten, 11 weil viele von den Juden um seinetwillen hingingen und an Jesus glaubten.
Die Ankunft des Herrn in Bethanien ist nicht unbemerkt geblieben. Die Juden haben Ihn gesucht (Joh 11,56), und nun haben sie Ihn gefunden. Sie sind übrigens nicht nur auf Ihn neugierig, von dem sie so viel gehört und von dem viele auch vieles gesehen haben, sondern sie sind auch neugierig darauf, Lazarus zu sehen. Was dieser Jesus mit ihm gemacht hat, ist natürlich absolut spektakulär. Das müssen sie bestaunen, als ginge es um ein seltenes Tier im Zoo. Das ist dieselbe Art von Neugierde, die auch Herodes für den Herrn hatte (Lk 23,8). Immer wieder stellen wir fest, dass die Juden darauf aus sind, Zeichen zu sehen, ohne dass sie ein echtes Verlangen haben, Christus wirklich kennenzulernen.
Die religiösen Führer sehen in Lazarus eine große Gefahr. Seine Auferstehung ist eine enorme Propaganda für Christus. Deshalb soll auch Lazarus getötet werden. Genau wie Jesus muss auch jemand, der so deutlich auf Ihn und seine Macht hinweist, aus dem Weg, ihrem Weg, geräumt werden. Jeder lebende Zeuge ist dem Feind ein Dorn im Auge. Lazarus ist allein durch seine lebendige Erscheinung ein gewaltiger Zeuge für Ihn. Ohne Worte bringt er viele dazu, an Ihn zu glauben. Allein schon dadurch, dass die Juden ihn lebend sehen, glauben sie an den, der das bewirkt hat.
Da dieser Glaube auf einem Zeichen beruht – dem Zeichen der Auferweckung des Lazarus –, müssen wir fürchten, dass dieser Glaube nicht mehr ist als ein Glaube an jemanden, der Zeichen tut. Wir können daraus lernen, dass unser Leben, wenn es bezeugt, dass wir neues Leben haben, dieses Zeugnis andere auf Ihn hinweist. Dann müssen wir nicht beständig etwas sagen.
12 - 16 Der Einzug in Jerusalem
12 Am folgenden Tag, als eine große Volksmenge, die zu dem Fest gekommen war, hörte, dass Jesus nach Jerusalem komme, 13 nahmen sie Palmzweige und gingen hinaus, ihm entgegen, und riefen: Hosanna! Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König Israels! 14 Jesus aber fand einen jungen Esel und setzte sich darauf, wie geschrieben steht: 15 „Fürchte dich nicht, Tochter Zion! Siehe, dein König kommt, sitzend auf einem Eselsfohlen.“ 16 Dies verstanden seine Jünger zuerst nicht; jedoch als Jesus verherrlicht war, da erinnerten sie sich daran, dass dies von ihm geschrieben war und sie ihm dies getan hatten.
Am folgenden Tag ist die Nachricht zu der Volksmenge durchgedrungen, dass der Herr nach Jerusalem unterwegs ist. Er war bereits in Bethanien. Das bedeutet, dass Er in Kürze in die Stadt kommen wird. Die Nachricht von seinem Kommen bewirkt beim Volk eine spontane Reaktion. Sie sind derart beeindruckt von allem, was sie gehört und was viele auch von Ihm gesehen haben, dass sie Ihm entgegengehen.
Diese Ehre, die dem Herrn hier entgegengebracht wird, hat der Geist Gottes bewirkt. Gott will, dass seinem Sohn öffentlich Ehre gegeben wird, bevor Er sich mit seinen Jüngern aus der Öffentlichkeit zurückzieht. Dazu benutzt Gott das allgemeine Empfinden der Volksmenge, die in Ihm den verheißenen Messias sieht.
Wir wissen inzwischen, dass die Volksmenge insgesamt nicht zur Bekehrung gekommen ist, sondern dass sie nur auf eine äußere Weise von Ihm beeindruckt sind. Sie haben gesehen, wie Er für Brot und für Heilung sorgte. Ihre religiösen Führer haben noch nie etwas dergleichen für sie getan, sondern haben sich selbst lediglich auf ihre Kosten bereichert. Die spontanen Hosannarufe sind jedoch nicht mehr als eine äußerliche Regung. Das sehen wir, wenn wir wenige Tage später die Volksmenge „Kreuzige Ihn“ rufen hören. So wechselhaft ist die Gunst des Volkes.
Dennoch wirkt Gott durch seinen Geist in der Volksmenge, seinem Sohn dieses gewaltige öffentliche Zeugnis zu geben. Sie brechen Palmzweige ab, die ein Symbol des Sieges sind. Dann gehen sie Ihm entgegen und gebrauchen dabei die Worte aus Psalm 118 (Ps 118,25.26). Das Wort „Hosanna“ ist ein hebräisches Wort und bedeutet „rette doch“. Obwohl dieses Wort ursprünglich ein Hilferuf war, scheint es mehr und mehr zu einem Ausdruck des Lobpreises geworden zu sein (so schreibt es W. E. Vine in seinem An Expository Dictionary of New Testament Words). In diesem Sinn gebraucht die Volksmenge es hier.
Sie bekennen mit den Worten des Psalms, dass der Herr Jesus im Namen des HERRN kommt. Mit diesem Lobpreis besingt man allerdings nicht die Herrlichkeit Christi auf die erhabene Weise, wie sie uns in diesem Evangelium vorgestellt wird. Er wird ja in diesem Evangelium als der Sohn gesehen, den der Vater gesandt hat und der im Namen des Vaters kommt. Doch wir finden in diesem Zitat, das die Volksmenge in den Mund nimmt, einen schönen Hinweis darauf. Ihrem Lobpreis fügen sie noch hinzu, dass Er der König Israels ist.
Durch beides zusammen erkennen sie völlig seine Würde als Messias an. Es ist auch schön, daran zu denken, dass das Bekenntnis der Volksmenge – obwohl es leider nicht aus einer inneren Überzeugung des Gewissen hervorkommt – ein Bild von dem ist, was der reumütige Überrest sagen wird, wenn der Herr in Zukunft wiederkommt, um tatsächlich als Messias im Namen des HERRN zu regieren (Mt 23,39).
Wir hören vom Herrn kein Wort der Anerkennung oder des Tadels. Wir sehen wohl, dass Er sich auf einen jungen Esel setzt und damit das erfüllt, was über Ihn geschrieben steht. So wissen wir, dass Er das Zeugnis aus dem Mund der Volksmenge als das von Gott gewirkte Zeugnis annimmt.
Es heißt hier, dass Er einen jungen Esel fand. In anderen Evangelien lesen wir, dass Er seine Jünger sandte, um das Fohlen zu holen, und genau den Ort nennt, wo das Tier zu finden ist. Es passt wieder zu diesem Evangelium, dass Er es findet. Als Gott der Sohn tut Er alles selbst.
Mit diesem Handeln erfüllt der Herr die Prophezeiung aus Sacharja 9 (Sach 9,9). Immer ist Er damit beschäftigt, den Willen seines Vaters zu erfüllen. Er weiß, was über Ihn geschrieben steht, und Er weiß, was zu einem bestimmten Zeitpunkt erfüllt werden muss. Daran richtet Er sich aus (vgl. Joh 19,28).
Obwohl seine Jünger, die doch wirklich an Ihn glauben, diese Dinge sehen, haben sie die Bedeutung des Geschehens nicht völlig verstanden. Möglicherweise hatten sie mit der Menge gejubelt, weil sie meinten, dass Er nun doch noch das Reich errichten würde (Lk 19,11). Wie haben auch sie sich in diesem Punkt geirrt. Sie würden die Bedeutung dieses Geschehens erst nach seiner Verherrlichung verstehen. Dann würde der Heilige Geist kommen (Joh 7,39) und sie in die ganze Wahrheit leiten (Joh 16,13).
17 - 19 Die Volksmenge und die Pharisäer
17 Die Volksmenge, die bei ihm war, bezeugte nun, dass er Lazarus aus dem Grab gerufen und ihn aus den Toten auferweckt hatte. 18 Darum ging ihm auch die Volksmenge entgegen, weil sie hörte, dass er dieses Zeichen getan hatte. 19 Da sprachen die Pharisäer zueinander: Ihr seht, dass ihr gar nichts ausrichtet; siehe, die Welt ist ihm nachgegangen.
Während die große Volksmenge (Vers 12) Ihm zujubelt, ist da noch eine andere Volksmenge, die bei Ihm war, als Er Lazarus auferweckte. Diese Volksmenge bezeugt dieses große Ereignis. Von diesem Zeichen sind sie besonders beeindruckt. So etwas ist doch wirklich unglaublich, und sie durften das mit eigenen Augen sehen.
Das ist wirklich auch eine große Gnade, die die meisten von ihnen leider nicht erkannt haben. Was der Herr mit Lazarus getan hat, will Er in geistlichem Sinn mit jedem Menschen tun. Lasst uns hoffen und beten, dass dieses Wunder des Lebendigmachens sich noch im Leben vieler Menschen vollziehen möge.
Die Volksmenge, die bei der Auferweckung des Lazarus anwesend war, zieht der anderen Volksmenge entgegen, die sich bereits dem Herrn angeschlossen hat. Das muss ein beeindruckender Zug geworden sein, alles zur Ehre Christi, und das wegen des Zeichens, das Er getan hatte. Die Hinzufügung, dass es wegen des Zeichens war, macht deutlich, dass es sich nur um eine spontane Gefühlsäußerung handelt und nicht um eine innere Umkehr.
Wir sehen eine Gefühlsäußerung, wie wir sie oft bei Massenversammlungen feststellen. Dabei ist für persönlich gelebten Glauben kaum Platz. Die Gefühle werden durch die große Menge aufgepeitscht. Zu einer persönlichen Begegnung mit dem Herrn Jesus kommt es dann nicht.
Die Pharisäer sehen das wieder ganz anders. Sie betrachten den großen Zulauf, den der Herr hat, zähneknirschend und mit neidischen Blicken. Es ist ihnen völlig entglitten. Sie müssen feststellen, dass die „[ganze] Welt“ Ihm nachgegangen ist. Juden aus aller Welt sind nach Jerusalem gekommen (vgl. Apg 2,9–11). In Vers 20 ist auch die Rede von Nichtjuden. Die Führer spüren, dass sie die Masse nicht mehr im Griff haben. So machtlos steht der gottfeindliche Mensch da, wenn Gott die Gefühle der Massen einen Augenblick gebraucht, damit sie seinem Sohn zujubeln.
20 - 22 Einige Griechen möchten Jesus sehen
20 Es waren aber einige Griechen unter denen, die hinaufgingen, um auf dem Fest anzubeten. 21 Diese nun kamen zu Philippus, dem von Bethsaida in Galiläa, und baten ihn und sagten: Herr, wir möchten Jesus sehen. 22 Philippus kommt und sagt es Andreas, und wiederum kommt Andreas mit Philippus, und sie sagen es Jesus.
Auch aus den umliegenden Völkern sind Menschen zum Fest gekommen, um anzubeten. Das sind keine Juden, sondern Heiden, möglicherweise Proselyten, das heißt Heiden, die zum jüdischen Glauben übergetreten sind. Vielleicht sind sie auch nur davon angesprochen, wie wir das auch von dem Kämmerer aus Äthiopien annehmen können (Apg 8,27; vgl. 1Kön 10,1). In der Volksmenge haben sie von Jesus gehört und möchten Ihn gern sehen. Das ist ein Werk des Geistes Gottes in ihren Herzen.
Vielleicht haben sie eine gewisse Scheu, direkt zu Ihm zu gehen, und wenden sich daher zunächst an Philippus. Es scheint so, als wüsste Philippus mit dieser Bitte nicht so viel anzufangen, denn er bespricht sich zuerst mit Andreas. Philippus und Andreas sind von der ersten Stunde an beide beim Herrn (Joh 1,35–45). Dann gehen sie zusammen zum Herrn und sagen Ihm, dass da einige Griechen sind, die Ihn gern sehen wollen.
23 - 26 Die Antwort des Herrn
23 Jesus aber antwortet ihnen und spricht: Die Stunde ist gekommen, dass der Sohn des Menschen verherrlicht werde. 24 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht. 25 Wer sein Leben lieb hat, wird es verlieren; und wer sein Leben in dieser Welt hasst, wird es zum ewigen Leben bewahren. 26 Wenn mir jemand dient, so folge er mir nach; und wo ich bin, da wird auch mein Diener sein. Wenn jemand mir dient, so wird der Vater ihn ehren.
Auf die Bitte der Griechen hin, die seine beiden Jünger dem Herrn weitersagen, gibt Er erneut eine besondere Belehrung über sich selbst, über sein Werk und die Ergebnisse daraus. Um diese Belehrung richtig zu verstehen, müssen wir bedenken, dass die Griechen stellvertretend für alle Nichtjuden stehen. Deshalb spricht der Herr Jesus nun nicht wie zuvor von sich als dem Sohn Gottes, der die Toten auferweckt oder lebendig macht, auch nicht von sich als dem Sohn Davids, dem verheißenen Messias, sondern als dem Sohn des Menschen, der verherrlicht wird. Wenn Er als der Sohn des Menschen verherrlicht sein wird, wird Er zum Segen für alle Menschen sein und nicht nur für die Juden. Dann werden Ihn nicht nur einige wenige Griechen sehen, sondern die ganze Welt (Off 1,7).
Bevor es jedoch so weit ist, muss Er in den Tod gehen, um dann daraus aufzuerstehen und verherrlicht zu werden, zunächst im Himmel und später öffentlich auf der Erde. Die Griechen wünschen Jesus zu sehen, das heißt, dass sie in Ihm nicht mehr als einen Menschen auf der Erde sehen und Ihn auch so zu sehen wünschen. Doch es ist nicht möglich, Jesus wirklich als Menschen in seiner Niedrigkeit auf der Erde zu sehen, wenn wir nicht zuerst verstanden haben, dass Er der verherrlichte Mensch im Himmel ist. Und das ist nur möglich, wenn wir gesehen haben, dass Er in den Tod gegangen ist.
Im Blick darauf spricht der Herr von sich als dem Weizenkorn, das in die Erde fallen und sterben muss. Das ist die Voraussetzung dafür, an seiner Verherrlichung teilhaben zu können. Diese Voraussetzung leitet Er wieder mit dem zweifachen Wahrlich ein und dem ausdrücklichen „Ich sage euch“ ein. Es ist auch äußerst wichtig, dass Er als das Weizenkorn stirbt, denn wenn Er das nicht tut, kann es keine Frucht geben. Gerade dadurch, dass Er in den Tod geht, wird es reiche Frucht geben, so wie aus einem Weizenkorn, das in die Erde fällt und stirbt, eine Ähre mit vielen Weizenkörnern wächst.
Dass sein Tod die einzige Weise ist, dass diese Frucht hervorkommt, macht den Zustand des Menschen deutlich. Vom Menschen ist keinerlei Frucht zu erwarten, weil er in der Sünde lebt. Nur der Tod ist die Antwort auf die Not der Sünde, und nur sein Tod ist der Ausweg für den Sünder und macht aus ihm „viel Frucht“ aufgrund des Werkes Christi. Diese Frucht sind die geistlichen Nachkommen, das Ergebnis seines Werkes (Jes 53,10.11; Heb 2,12.13).
Wer eine Frucht seiner Auferstehung ist, wird Ihm in seinem Leben auf der Erde nachfolgen. Das bedeutet, dass ein Jünger des Herrn Jesus an seinen Leiden teilhaben wird. Das sind nicht die Leiden am Kreuz wegen der Sünden, sondern Leiden, die jemandem von Menschen zugefügt werden, weil er Christus nachfolgt. Es ergeht dem Diener nicht anders als dem Meister. Was der Herr Jesus von sich gesagt hat, bezieht Er auf alle, die Ihm angehören wollen.
Jeder, der Ihm angehören will, muss sterben. Dieses Sterben geschieht, wenn ein Mensch sich selbst verurteilt. Er gibt seine eigenen Wünsche auf und sieht ein, dass der Tod Christi dem Eigenleben ein Ende bereitet hat. Wer sein Leben in dieser Welt hasst, zeigt das dadurch, dass er nicht mehr für sich selbst lebt. So jemand bewahrt sein Leben für die Zeit auf, wo es in der ewigen Herrlichkeit vollkommen genossen werden wird.
Das ist eins der wenigen Male, wo Johannes das ewige Leben als etwas beschreibt, was noch in der Zukunft liegt, und nicht als das gegenwärtige Teil des Gläubigen. Ein verlorenes Leben, ein Leben, das gehasst wird, ist ein Leben, in dem jemand Christus dient und Ihm nachfolgt. Wer Ihm nachfolgt, kommt sozusagen automatisch dorthin, wo Er ist, nämlich ins Vaterhaus. Dort erwartet diesen Gläubige eine besondere Ehrung. Der Vater wird den, der dem Sohn dient, ehren. Ist das nicht großartig?
27 - 30 Verherrlichung des Namens des Vaters
27 Jetzt ist meine Seele bestürzt, und was soll ich sagen? Vater, rette mich aus dieser Stunde! Doch darum bin ich in diese Stunde gekommen. 28 Vater, verherrliche deinen Namen! Da kam eine Stimme aus dem Himmel: Ich habe ihn verherrlicht und werde ihn auch wiederum verherrlichen. 29 Die Volksmenge nun, die dastand und zuhörte, sagte, es habe gedonnert; andere sagten: Ein Engel hat mit ihm geredet. 30 Jesus antwortete und sprach: Nicht um meinetwillen ist diese Stimme ergangen, sondern um euretwillen.
Nach dieser Belehrung anlässlich der Frage der Griechen spricht der Herr über das, was Ihn erwartet. Es ist nicht sein unmittelbares Ziel, dass Er zu seinem Vater kommt. Er ist sich völlig der Dinge bewusst, die zuvor noch mit Ihm geschehen werden: der Leiden, die Ihm begegnen werden. Wenn Er daran denkt, wird seine Seele erschüttert. Er denkt dabei nicht an die Leiden, die Ihm vonseiten der Menschen zugefügt werden, sondern an das, was Er vonseiten Gottes der Sünde wegen erleiden wird.
Soll Er deshalb lieber den Vater bitten, Ihn aus dieser Stunde zu erretten? Nein, denn Er hat die Ehre und Verherrlichung des Vaters vor Augen und weiß, dass die Liebe des Vaters Ihn leitet. Er ist ja das Lamm Gottes geworden, um die Sünde der Welt wegzunehmen (Joh 1,29), denn die Sünde hat seinen Vater so überaus verunehrt. Seine Liebe zum Vater bringt Ihn in diese Stunde unermesslicher Not, damit Gott inmitten einer sündigen Welt durch das Wegnehmen der Sünde verherrlicht wird und damit Sünder auf einer gerechten Grundlage errettet werden könnten.
Der Sohn wendet sich an seinen Vater und bittet Ihn, seinen Namen als Vater zu verherrlichen. Dazu ist Er in allererster Linie auf die Erde gekommen. Die Antwort folgt unmittelbar. Die Stimme des Vaters erklingt aus dem Himmel. Der Vater hat seinen eigenen Namen in der Auferweckung des Lazarus verherrlicht (und auch in dem gesamten Leben seines Sohnes), und Er wird seinen herrlichen Vaternamen in der Auferweckung seines geliebten Sohnes erneut verherrlichen (Röm 6,4) und auch durch das Werk seines Sohnes am Kreuz.
Die Stimme des Vaters ist für den Unglauben nicht wahrnehmbar. Wenn Ungläubige etwas vom Vater hören, spekuliert der Unglaube über das Geräusch. Die Volksmenge meint, einen Donner wahrgenommen zu haben. Menschen, die keine Beziehung zu Gott haben, erleben das Reden des Vaters als Donnerschlag. Andere gehen einen Schritt weiter und meinen, ein Engel habe zu Ihm gesprochen. Jedenfalls haben sie eine Stimme gehört und sogar den Schluss gezogen, dass diese Stimme an Ihn gerichtet war, ohne jedoch etwas von den Worten verstanden oder begriffen zu haben. Aber auch sie sind weit von der Wahrheit entfernt.
Der Herr erklärt, dass die Stimme nicht Ihm galt, sondern ihnen. Sie war für die Volksmenge ein zusätzliches Zeugnis seiner Beziehung zum Vater, wenn sie nur Ohren gehabt hätten, recht zu hören.
31 - 34 Wenn ich von der Erde erhöht bin
31 Jetzt ist das Gericht dieser Welt; jetzt wird der Fürst dieser Welt hinausgeworfen werden. 32 Und ich, wenn ich von der Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen. 33 (Dies aber sagte er, andeutend, welchen Todes er sterben sollte.) 34 Die Volksmenge nun antwortete ihm: Wir haben aus dem Gesetz gehört, dass der Christus bleibe in Ewigkeit, und wie sagst du, dass der Sohn des Menschen erhöht werden müsse? Wer ist dieser, der Sohn des Menschen?
Der Herr spricht von einem neuen Jetzt. Das in Kapitel 5 gebrauchte Jetzt (Joh 5,25) bezieht sich auf sein Herniederkommen in die Welt. Das Jetzt, das der Herr hier gebraucht, bezieht sich auf sein Kreuz. Wenn der Vater in Verbindung mit der Auferweckung seines Sohnes über die Verherrlichung seines Namens gesprochen hat, bedeutet das das Gericht für die Welt und für den Fürsten der Welt. Die Auferweckung Christi ist der Beweis, dass der Vater keinerlei Beziehung zur Welt mehr hat und die Welt als unverbesserlich schlecht dem Gericht übergeben muss.
Dieses neue Jetzt hat auch Folgen für den Teufel. Er wird hinausgeworfen werden (Lk 10,18; Off 12,9; 20,3.10). Obwohl es noch einige Zeit dauern wird, bevor dieses Gericht vollzogen wird, liegt es fest durch die Auferweckung des Herrn Jesus. Für den Gläubigen bedeutet das, dass er durch seine Beziehung zu Christus in der Auferstehung nicht mehr zum Herrschaftsbereich des Teufels gehört.
Für all die Seinen wird Christus, wie Er am Kreuz hängt, der Anziehungspunkt. Dort am Kreuz zieht Er die Seinen aus der gegenwärtigen bösen Welt zu sich (Gal 1,4). Mit dem Hinweis auf die Erhöhung von der Erde, womit der Herr deutlich macht, wie Er sterben wird, kündigt Er seinen Kreuzestod an. Nur durch den Tod am Kreuz wird jemand von der Erde erhöht. So wird auch die Schrift erfüllt werden, dass Er an einem Holz sterben würde (5Mo 21,23; Gal 3,13). Damit schließt der Herr aus, dass Er durch Steinigung getötet werden würde, die bei den Juden gebräuchliche Art der Hinrichtung.
Die Volksmenge weiß, dass Er sich selbst als den Sohn des Menschen bezeichnet hat. Diesen Titel kennen sie aus Daniel 7. Nun spricht Er über seine Erhöhung. Vielleicht haben sie verstanden, dass Er vom Kreuz sprach (Joh 8,28). Es kann auch sein, dass sie daran gedacht haben, dass Er zum Himmel gehen würde, weil Er davon zuvor schon einmal gesprochen hatte (Joh 6,62). Jedenfalls wissen sie aus dem Gesetz, dass der Christus, wenn Er einmal auf der Erde sein würde, immer auf seinem Thron auf der Erde bleiben würde (Ps 89,5.37; Jes 9,5.6; Dan 7,14). Dazu passt keine Erhöhung auf das Kreuz oder in den Himmel. Konnte Er denn dann wohl der Sohn des Menschen sein? Und wenn Er es nicht war, wer war Er dann?
Ihre Argumente gehen immer wieder in die falsche Richtung, weil sie nichts wissen – und auch nichts wissen wollten – von einem leidenden Sohn des Menschen. Das liegt daran, dass sie Psalm 8 vergessen, wo geschrieben steht, dass Er wegen des Leidens des Todes für eine kurze Zeit unter die Engel erniedrigt werden müsse.
35 - 36 Letzter Aufruf, an das Licht zu glauben
35 Da sprach Jesus zu ihnen: Noch eine kleine Zeit ist das Licht unter euch. Wandelt, während ihr das Licht habt, damit nicht Finsternis euch ergreife! Und wer in der Finsternis wandelt, weiß nicht, wohin er geht. 36 Während ihr das Licht habt, glaubt an das Licht, damit ihr Söhne des Lichts werdet. Dieses redete Jesus und ging weg und verbarg sich vor ihnen.
Der Herr beantwortet nicht ihre neugierigen Fragen, sondern weist sie darauf hin, dass ihnen nur noch eine kurze Zeit bleibt, um der Finsternis zu entkommen. Jetzt ist Er noch als das Licht bei ihnen. Wenn sie doch ihre Zuflucht zu Ihm nehmen und im Licht wandeln würden! Dann würde die Finsternis der Nacht sie nicht ergreifen, so dass sie völlig ohne Orientierung wären. Sie haben mit seiner Person das Licht bei sich.
Er ruft sie auf, an Ihn zu glauben. Dann werden sie Söhne des Lichts werden, Menschen, die vom Licht gekennzeichnet sind, weil sie aus dem Licht hervorgekommen sind (Lk 16,8; Eph 5,8; 1Thes 5,5). Sie werden dann alles verstehen, was Er gesagt hat, und auch selbst Licht für andere verbreiten (Mt 5,14; Phil 2,15). Nach dieser Einladung zieht der Herr sich von ihnen zurück; sie können Ihn nicht mehr finden.
37 - 43 Der Unglaube des Volkes
37 Obwohl er aber so viele Zeichen vor ihnen getan hatte, glaubten sie nicht an ihn, 38 damit das Wort des Propheten Jesaja erfüllt würde, das er sprach: „Herr, wer hat unserer Verkündigung geglaubt, und wem ist der Arm des Herrn offenbart worden?“ 39 Darum konnten sie nicht glauben, weil Jesaja wiederum gesagt hat: 40 „Er hat ihre Augen verblendet und ihr Herz verhärtet, damit sie nicht sehen mit den Augen und verstehen mit dem Herzen und sich bekehren und ich sie heile.“ 41 Dies sprach Jesaja, weil er seine Herrlichkeit sah und von ihm redete. 42 Dennoch aber glaubten auch von den Obersten viele an ihn; doch wegen der Pharisäer bekannten sie ihn nicht, um nicht aus der Synagoge ausgeschlossen zu werden; 43 denn sie liebten die Ehre bei den Menschen mehr als die Ehre bei Gott.
Hier steht in deutlichen Worten, dass alle Zeichen des Herrn sie nicht dazu gebracht haben, an Ihn zu glauben (vgl. Mt 11,20). Das ist auch nicht überraschend, denn es ist vorhergesagt. Sie lehnen Ihn trotz der vielen Zeichen ab, die Er vor ihnen getan hat; das ist eine Erfüllung des Wortes des Propheten Jesaja (Jes 53,1). Jesaja hat in seinen Tagen über die Macht des HERRN zugunsten seines Volkes gepredigt und geredet. Doch das Volk hat nicht gehört, sondern den HERRN verworfen. Johannes wendet dieses Wort Jesajas jetzt auf den Herrn Jesus an, ja, er sagt sogar, dass dieses Wort Jesajas sich jetzt erfüllt.
Mit diesem Zitat fragt Johannes den Herrn sozusagen erstaunt, ob die Predigt der Propheten Gottes und die des Herrn Jesus im Besonderen überhaupt irgendein Ergebnis hatten, trotz der Offenbarung der Macht Christi gegenüber seinem Volk. Doch es gibt eine Antwort auf diese Frage. Diese Antwort gibt ebenfalls Jesaja. Jesaja sagt, dass Gott die Augen seines Volkes verblendet und ihre Herzen verhärtet hat. Dieses Gericht der Verhärtung ist die Folge ihrer absoluten Weigerung, Gott zu gehorchen. Sie haben Ihn und sein Wort verworfen. So war es in den Tagen Jesajas, und so geschieht es auch hier mit dem Herrn Jesus. Das Volk will nicht glauben.
Dann bestimmt Gott irgendwann, dass das Volk auch nicht mehr glauben kann. Er besiegelt ihre Entscheidung. Dasselbe Wort Jesajas über die Verhärtung finden wir auch, als das Volk das Zeugnis über den verherrlichten Christus verwarf (Apg 28,25–27). So sehen wir, dass der dreieine Gott verworfen worden ist:
1. In Jesaja 6 betrifft es den HERRN der Heerscharen.
2. Hier betrifft es den Herrn Jesus.
3. In Apostelgeschichte 28 geht es um das Zeugnis des Heiligen Geistes.
Im Anschluss an sein Zitat aus Jesaja erklärt Johannes, dass Jesaja, als er über den HERRN sprach, tatsächlich über den Herrn Jesus sprach. Damit haben wir einen deutlichen und überzeugenden Beweis dafür, dass der Herr Jesus derselbe ist wie der HERR des Alten Testaments. Der Herr Jesus ist Gott, und überall dort, wo Gott sich im Alten Testament offenbart hat, hat Er das in seinem Sohn getan. Es kann nicht deutlicher gesagt werden, als Johannes es hier tut. Welche Herrlichkeit sah Jesaja? Er sah „den König, den HERRN der Heerscharen“ (Jes 6,5). Und Johannes sagt hier, dass Jesaja von Ihm, das ist von dem Herrn Jesus, sprach. Was für ein eindrucksvolles Zeugnis!
Das Gericht der Verhärtung ist über das Volk in seiner Gesamtheit gekommen. Es musste auch kommen, denn obwohl viele der Obersten an Ihn glauben, sie tun das, ohne Ihn wirklich zu bekennen. Sie bekennen Ihn nicht gemäß der Wahrheit seiner Person, denn sie sehen in Ihm nur jemanden, der Zeichen tut. Sie bewundern Ihn heimlich, doch sie bekennen Ihn nicht öffentlich, weil sie Angst vor den Pharisäern haben. Wenn die Pharisäer erführen, dass sie Ihn bewundern, würden sie aus der Synagoge ausgeschlossen werden. Und das ist ihnen die Sache nicht wert. Der wirkliche Grund, dass sie Christus nicht öffentlich bekennen, ist der, dass ihnen die Ehre bei den Menschen wichtiger ist als die Ehre bei Gott. Die Ehre bei Gott steht an zweiter Stelle, die Ehre bei den Menschen an erster Stelle.
44 - 50 Letztes Zeugnis
44 Jesus aber rief und sprach: Wer an mich glaubt, glaubt nicht an mich, sondern an den, der mich gesandt hat; 45 und wer mich sieht, sieht den, der mich gesandt hat. 46 Ich bin als Licht in die Welt gekommen, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe; 47 und wenn jemand meine Worte hört und nicht bewahrt, so richte ich ihn nicht, denn ich bin nicht gekommen, um die Welt zu richten, sondern um die Welt zu erretten. 48 Wer mich verwirft und meine Worte nicht annimmt, hat den, der ihn richtet: Das Wort, das ich geredet habe, das wird ihn richten am letzten Tag. 49 Denn ich habe nicht aus mir selbst geredet, sondern der Vater, der mich gesandt hat, er hat mir ein Gebot gegeben, was ich sagen und was ich reden soll; 50 und ich weiß, dass sein Gebot ewiges Leben ist. Was ich nun rede, rede ich so, wie mir der Vater gesagt hat.
Der Herr ruft ihnen als ein letztes Zeugnis zu, dass sie nicht an Ihn glauben können, ohne auch an den Vater zu glauben. Das ist eigentlich eine Zusammenfassung seines gesamten Dienstes in diesem Evangelium inmitten seines Volkes und der Welt. Es geht um den, der Ihn gesandt hat. Es ist nicht möglich, seine Ehre zu suchen ohne zugleich Gott zu ehren. An Ihn zu glauben, bedeutet zugleich, an den zu glauben, der Ihn gesandt hat. Der Glaube an Ihn, allein seiner Zeichen wegen, ist kein Glaube, der ewiges Leben gibt. Wer in rechter Weise auf Ihn sieht, das heißt im Glauben, der sieht den Vater, der Ihn gesandt hat. Der Herr legt wieder den größten Nachdruck auf sein Einssein mit dem Vater.
Noch einmal weist Er auf sich selbst als das Licht hin, das in die Welt gekommen ist, um Menschen aus der Finsternis zu erretten. Das geschieht mit jedem, der an Ihn glaubt. Wer seine Worte hört, aber daran vorbeigeht, den wird Er nicht sofort richten. Das ist nicht das Ziel, zu dem Er auf die Erde gekommen ist. Er ist nicht gekommen, um zu richten, sondern um die Welt zu erretten (Joh 3,17). Kann jemand Ihn daher ungestraft verwerfen und an seinem Wort vorbeigehen? Nein, er wird sicherlich am letzten Tag gerichtet werden.
Der Maßstab, nach dem er gerichtet werden wird, ist das Wort, das der Herr geredet hat. Es wird deutlich gemacht werden, dass so jemand das Wort des Herrn gehört, es aber bewusst missachtet hat. Es geht um das Wort, den logos, das Er gesprochen hat, nicht um die einzelnen Wörter. Indem Er auf den logos als das Mittel hinweist, das jemanden richtet, weist Er auf sich selbst hin. Er ist der logos, ein Wort, das anzeigt, dass Er das ist, was Er spricht. Der logos, das ist der Sohn, der sich selbst durch sein Wort bekanntgemacht hat, richtet den Menschen. Es ist überaus ernst, Ihn als den logos abzulehnen, denn wer das Wort des Sohnes ablehnt, lehnt zugleich das Wort des Vaters ab, der Ihn gesandt hat. Der Sohn ist in seinem Reden und Handeln vollkommen seinem Vater unterworfen und zugleich derart eins mit dem Vater, dass jemand, der Ihn ablehnt, auch den Vater ablehnt.
Der Herr Jesus spricht hier zum zweiten Mal von einem Gebot, das Er von seinem Vater bekommen hat. Das erste Gebot, das der Vater Ihm gegeben hat, hat Bezug darauf, dass Er sein Leben ablegt und es wiedernimmt (Joh 10,17.18). Das zweite Gebot betrifft alles, was der Vater Ihm aufgetragen hat, was Er sagen und reden sollte. Er weiß, worüber Er spricht und was die Worte des Vaters bedeuten. Er kennt diese Worte auf eine vollkommene Weise. Es gibt nichts Unklares in Bezug auf das, was der Vater Ihm zu sagen aufgetragen hat. Er steht vollkommen hinter diesen Worten. Er gibt sie nicht mechanisch weiter, sondern mit völliger Zustimmung und den entsprechenden Empfindungen.
Er weiß, dass das Gebot für jeden, der es annimmt, ewiges Leben bedeutet. Darum hat Er alles in der Weise gesprochen, in der der Vater es Ihm im persönlichen Gespräch gesagt hat; Er hat keine eigene Form der Weitergabe gewählt. Er ist auch nicht über die Worte hinausgegangen, die der Vater Ihm gesagt hat. Er hat genau das – und nicht mehr als das – gesagt, weil allein diese Worte vollkommen auf seine Zuhörer abgestimmt sind.