Einleitung
In 4. Mose 23 und 24 sahen wir, wie Gott über sein Volk denkt, als Objekte seiner Gnade und Fürsorge. Der Gegensatz zu diesem Kapitel ist groß. Dieser Gegensatz ist auch oft in unserem Leben groß. Auf der einen Seite dürfen wir wissen, dass Gott uns in Christus ansieht. Auf der anderen Seite lassen wir auch manchmal in unserem praktischen Leben noch das Fleisch wirken.
Es war in den vorigen Kapiteln ist es Bileam nicht gelungen, Gott gegenüber seinem Volk untreu zu machen. Jetzt versucht der Feind es auf der Seite des Volkes. Bileam weiß, wie er durch eine List das Volk von Gott abziehen kann, um es untreu gegen Gott werden zu lassen (4Mo 31,16). Das gelingt ihm bei einem Volk, das alle Erfahrungen der Wüstenreise hinter sich hat. Sie haben sich selbst kennengelernt. Sie haben Gottes Treue kennengelernt. Hier lernen wir, dass niemals eine Zeit in unserem Leben kommt, von der wir sagen können, dass der Feind bei uns keine Chance des Angriffs mehr hat.
1 - 5 Israel hängt sich an Baal-Peor
1 Und Israel blieb in Sittim. Und das Volk fing an zu huren mit den Töchtern Moabs; 2 und diese luden das Volk zu den Opfern ihrer Götter ein, und das Volk aß und beugte sich nieder vor ihren Göttern. 3 Und Israel hängte sich an Baal-Peor; und der Zorn des HERRN entbrannte gegen Israel. 4 Da sprach der HERR zu Mose: Nimm alle Häupter des Volkes und hänge sie dem HERRN auf vor der Sonne, damit die Glut des Zorns des HERRN sich von Israel abwende. 5 Und Mose sprach zu den Richtern Israels: Erschlagt jeder seine Leute, die sich an Baal-Peor gehängt haben!
Das Volk „blieb“ in Sittim, wogegen wir früher lasen, dass sie in den Ebenen Moabs „lagerten“ (4Mo 22,1). „Lagern“ beinhaltet die Möglichkeit, täglich weiterzuziehen. „Bleiben“ hat einen dauerhaften Charakter. Sollte das bedeuten, dass Israel begann, das Ziel der Reise aus den Augen zu verlieren, um sich zum permanenten Verbleib in Sittim einzurichten? In jedem Fall ist es vielsagend, dass es dem Feind gelingt, sie dort mit sich zu verbinden. Wenn wir aus den Augen verlieren, dass wir Pilger auf der Reise zu unserem endgültigen Bestimmungsort sind und beginnen, uns für ein Bleiben auf der Erde einzurichten, stehen wir offen für falsche Verbindungen.
Aus Sittim kam auch das Holz für die Stiftshütte. Die Bundeslade und der Tisch waren aus Akazien- oder Sittimholz gemacht. Das ist robustes Holz. Es spricht von dem Herrn Jesus (siehe auch die Betrachtung von 2. Mose 25). Aber in Sittim bleiben bedeutet, nicht an den Herrn Jesus zu denken. Gerade dort wurden sie eine Beute des Feindes. Du kannst dich auf einem Platz des Vorrechtes befinden, aber wenn dein Herz nicht dabei einbezogen ist, wirst du in die Falle laufen, die der Feind aufgestellt hat.
Sie werden eingeladen, von den Schlachtopfern zu essen, die den Götzen dargebracht wurden. Das sieht nach einer freundlichen Einladung aus. So kommen Menschen dieser Welt und laden uns ein, bei ihnen zu essen, und wir können das in Betracht ziehen. Es muss nicht abgelehnt werden (1Kor 10,27). Aber es kann sich in solchen Fällen auch um Freundlichkeiten der Welt handeln, die mehr zu fürchten sind als ihre Feindschaft.
Aber es blieb nicht nur beim Essen. Das Volk beugte sich nieder vor den Götzen der Moabiter. Obwohl sie bereits einmal einen Götzen in dem goldenen Kalb gehabt hatten (2Mo 32,1–7), finden wir hier einen neuen Aspekt der Untreue des Volkes gegenüber Gott. Sie hatten über Essen und Trinken sowie über die Führerschaft von Mose gemurrt. Immer befanden sie sich im Aufstand gegen Gott und gegen Mose und Aaron. Aber jetzt gingen sie einen Schritt weiter. In diesem Götzendienst setzten sie nicht den HERRN zur Seite, sondern sie tauschten Ihn gegen einen Götzen. Die Hartnäckigkeit dieses Bösen wird die Geschichte Israels kennzeichnen. Es wird zu einer der bedeutendsten Klagen Gottes gegen sein Volk sein.
Die Anwendung dieser Geschichte auf uns steht in Offenbarung 2 (Off 2,14). Wir lesen dort über die Lehre Bileams, nicht über seine List. Die List, die er hier gebraucht, ist zu einer Lehre geworden. Die Vermischung des Volkes Gottes mit der Welt wird nicht abgelehnt, sondern es wird dazu ermuntert. Dadurch wird der Blick von dem Herrn abgewendet und auf die Welt hin gerichtet. Er steht nicht mehr an erster Stelle, sondern die Welt.
Von der Gemeinde in Pergamus heißt es, dass sie da wohnen, „wo der Thron des Satans ist“ (Off 2,13). Satan ist der Fürst dieser Welt. „Wohnen“ bedeutet, sich da zu Hause fühlen. Die Gemeinde wohnt im Zentrum der Welt, wo die Regierung ausgeübt wird. Die falsche Lehre ist, dass die Christen nicht von der Welt getrennt sein sollen. Der Weltrat der Kirchen ist ein Beispiel dafür. Die Christen werden aufgerufen, sich mit der Welt zu verbinden und ihren Einfluss da geltend zu machen, um zu einer besseren Welt zu gelangen.
Aber der Herr sagt: „Ich habe gegen dich“, und dann spricht Er von der Lehre Bileams und deren Auswirkungen auf das Volk. Die Haltung, die sich gegenüber dieser Lehre geziemt, ist nicht ein zartes Sich-Wehren. Der Herr Jesus steht dieser Gemeinde gegenüber mit einem scharfen, zweischneidigen Schwert (Off 2,12). Den Gebrauch dieses Schwertes sehen wir hier in den nächsten Versen durch Pinehas.
Der Zorn Gottes entbrennt gegen Israel, weil sich sein Volk an den Baal-Peor gehangen hat. Das Wort „anhängen“ hat die Bedeutung von „gemeinsam unter einem Joch gehen“. Israel begibt sich unter ein Joch mit einem heidnischen Volk in der Anbetung von Götzen (2Kor 6,14.15). Baal-Peor, oder auch Herr von Peor, war der örtliche Gott, der auf dem Berg Peor angebetet wurde (4Mo 23,28). Es kommt eine Plage und es erfolgt ein Gericht. Gott züchtigt das, was seinen Namen trägt, damit sich sein Volk nicht von Ihm entfremden soll. Mit diesem Ziel hat der Brand des Zornes Gottes auch die Christenheit viele Male getroffen.
Die am meisten Verantwortung Tragenden sind in der Untreue vorausgegangen. Darum mussten sie gerichtet werden. Der Ernst dieser Sünde erfordert eine besondere Strafe. Sie mussten öffentlich „dem HERRN aufgehängt werden vor der Sonne“. Das Volk musste es sehen und sich fürchten, denn das Gericht wurde im Auftrag des HERRN ausgeführt. Gottes Zorn über die Sünde muss die Menschen davor abschrecken, eine Sünde zu begehen. Und der Zorn Gottes über die Sünde ist der Beweis seiner Gerechtigkeit. So will Er, dass das Böse bestraft wird.
Das Volk ist untreu in all den Punkten, die Gott in seinem Segen über das Volk bemerkt hatte:
1. Es war ein Volk, das abgesondert wohnte (4Mo 23,9), aber hier vermischt es sich mit den Nationen.
2. Es war ein Volk, in dem Gott kein Unrecht sah (4Mo 23,21), aber hier beging es Ungerechtigkeit.
3. Es war ein Volk, worin Er Schönheit sah (4Mo 24,5), aber hier beging es Hurerei in seinen Zelten.
4. Es war ein Volk, das seine Feinde unterwerfen sollte (4Mo 24,19), aber hier unterwirft es sich seinen Feinden.
Wir finden hier, dass Mose keine Fürbitte für das Volk tut. Das sagt uns wohl etwas über den Ernst der Sünde. Hier ist keine Fürbitte angebracht, sondern Gericht. Die Erinnerung an diese Sünde wird kraftvoll in Israel lebendig erhalten – die ganze Geschichte Israels hindurch (Jos 22,17; Ps 106,28–31; Hos 9,10).
6 - 15 Pinehas eifert für den Herrn
6 Und siehe, ein Mann von den Kindern Israel kam und brachte eine Midianiterin zu seinen Brüdern, vor den Augen Moses und vor den Augen der ganzen Gemeinde der Kinder Israel, als diese am Eingang des Zeltes der Zusammenkunft weinten. 7 Und als Pinehas, der Sohn Eleasars, des Sohnes Aarons, des Priesters, es sah, da stand er auf aus der Mitte der Gemeinde und nahm eine Lanze in seine Hand; 8 und er ging dem israelitischen Mann nach in das Innere des Zeltes und durchstach sie beide, den israelitischen Mann und die Frau, durch ihren Bauch. Da wurde die Plage von den Kindern Israel abgewehrt. 9 Und die an der Plage Gestorbenen waren 24000. 10 Und der HERR redete zu Mose und sprach: 11 Pinehas, der Sohn Eleasars, des Sohnes Aarons, des Priesters, hat meinen Grimm von den Kindern Israel abgewandt, indem er in meinem Eifer in ihrer Mitte geeifert hat, so dass ich die Kinder Israel nicht in meinem Eifer vertilgt habe. 12 Darum sprich: Siehe, ich gebe ihm meinen Bund des Friedens; 13 und er wird ihm und seinen Nachkommen nach ihm ein Bund ewigen Priestertums sein, weil er für seinen Gott geeifert und für die Kinder Israel Sühnung getan hat. 14 Und der Name des erschlagenen israelitischen Mannes, der mit der Midianiterin erschlagen wurde, war Simri, der Sohn Salus, der Fürst eines Vaterhauses der Simeoniter; 15 und der Name der erschlagenen midianitischen Frau war Kosbi, die Tochter Zurs; er war Stammeshaupt eines Vaterhauses unter den Midianitern.
Aber da ist ein Mann, ein Israelit, der dem vollzogenen Gericht trotzt. Er bekümmert sich gar nicht um das Gericht Gottes und bringt in unglaublichem Übermut eine midianitische Frau zu seinen Brüdern. Hier ist nicht die Rede von nur irgendeine Sünde. Es ist ein frontaler Angriff auf den wahren, hohen und reinen Gottesdienst. Er versetzt mit seiner Tat Gott einen Schlag ins Gesicht, es interessiert ihn auch nicht, was er mit seiner Tat seinen Brüdern antut. Seine Brüder trauern um die Situation. Durch seine Tat deutet er an, dass sie sich anstellen. So reizt er Gott und verachtet sein weinendes Volk.
Die Israeliten weinen – ist es nur wegen der Plage oder auch wegen der begangenen Untreue gegen Gott? – und schauen zu, während diese große Sünde stattfindet. Aber es muss nicht nur geweint, es muss auch gehandelt werden. Pinehas begreift, was geschehen muss. Für den oberflächlichen Leser erscheint es als ein Akt der Unbarmherzigkeit. Aber durch seine Tat zeigt er gerade Liebe zu Gott und zu seinem Volk. Wahre Liebe „freut sich nicht über die Ungerechtigkeit“ (1Kor 13,6a). Nicht zu handeln würde Sünde sein. Mit einer derart unverschämten Sünde kann nur auf eine Weise gehandelt werden: Tod ohne Pardon gegen den, der schamlos sündigend die Plage verursachte.
Als er das Gericht vollzogen hatte, hörte die Plage auf. Durch das Vollstrecken des Gerichts bewirkt Pinehas Sühnung. Bei der Plage waren 24.000 Personen gestorben. Das scheint im Widerspruch zu stehen mit den 23.000, die in 1. Korinther 10 genannt werden (1Kor 10,8). Aber dort steht „an einem Tag“. Das kann bedeuten, dass am anderen Tag nochmals 1.000 Personen durch die Plage umgekommen sind. Es kann ebenso sein, dass bei den 24.000 auch der Tod der Häupter des Volkes mitgezählt worden sind, die gehenkt worden waren. Es würde sich dann um etwa 1.000 Häupter gehandelt haben. In jedem Fall zeigt es uns, wie umfassend diese Untreue war.
Pinehas war der Sohn Eleasars, des Hohenpriesters, und der Enkelsohn Aarons. Alle drei sind ein Bild von dem Herrn Jesus, dem wahren Hohenpriester. Aaron war gestorben. Er ist ein Bild von dem Herrn Jesus, der Sühnung getan hat und sein Blut ins Heiligtum getragen hat. Eleasar ist als Hoherpriester ein Bild von dem Herrn Jesus in dem, was Er jetzt für uns tut, nachdem Er aus den Toten auferstanden ist. Pinehas ist auch Hoherpriester und auch ein Bild von dem Herrn Jesus, aber in seiner richterlichen Macht. Dem Herrn Jesus, als dem Sohn des Menschen, ist das Gericht übertragen worden. Das Gericht Pinehas über die Sünde hat zur Folge, dass das ganze Volk verschont wurde. Der Herr Jesus richtet die Gemeinde, damit die Beziehungen zwischen Ihm und seinem Volk erhalten bleiben sollen. Harte Maßregeln sind oft nötig, damit wir – sein Volk – so erhalten werden, dass Er mit uns Gemeinschaft haben kann.
Wegen seines durchgreifenden Auftretens belohnt Gott ihn (Pinehas) und seine Nachkommen mit einer ewigen Priesterschaft (Ri 20,28a; 1Chr 6,4–15). Bei der Aufzählung der Türhüter wird Pinehas mit großem Respekt genannt (1Chr 9,19b.20). Er hatte sich wie ein wahrer Türhüter benommen und dafür gesorgt, dass das Böse aus der Gegenwart Gottes weggetan wurde. Der Geist des Pinehas sollte auch uns kennzeichnen. Es ist der Geist der Priesterschaft, ausgeübt in der Gegenwart Gottes. Für uns geht es um den Dienst im Heiligtum, am Tisch des Herrn, wenn wir als Gemeinde zusammenkommen.
Der Mann, der es wagte, eine derartige Sünde zu begehen, war der Sohn eines Familienfürsten. Das lehrt uns, dass Abstammung und Stellung keinerlei Garantie dafür sind, nicht in eine so schreckliche Sünde fallen zu können. Davor werden wir nur bewahrt, wenn wir unser Vertrauen nicht auf uns selbst, sondern auf den Herrn setzen.
16 - 18 Die Mideaniter als Feinde behandeln
16 Und der HERR redete zu Mose und sprach: 17 Befeindet die Midianiter und schlagt sie; 18 denn sie haben euch befeindet durch ihre List, womit sie euch überlistet haben in der Sache des Peor und in der Sache der Kosbi, der Tochter eines Fürsten von Midian, ihrer Schwester, die am Tag der Plage wegen des Peor erschlagen wurde.
Die Haltung Israels gegenüber den Mideanitern wird bestimmt von der Haltung Mideans gegenüber Israel. Die Mideaniter hatten sich mit Moab bei dem Versuch verbündet, das Volk Gottes zu verfluchen (4Mo 22,4). Sie hatten auch ihre „Hand im Spiel“ gehabt, Israel zu verleiten, Unzucht mit den Töchtern Moabs zu begehen. Das Gericht über Moab wird in 4. Mose 31 vollzogen. Alles was uns zur Sünde verführen kann, sollen wir als Feind behandeln.