1 Israel in den Ebenen Moabs
1 Und die Kinder Israel brachen auf und lagerten in den Ebenen Moabs, jenseits des Jordan von Jericho.
Nachdem Israel das ganze Gebiet der Amoriter erobert hatte, zogen sie in die Ebenen Moabs, um sich dort auf die Eroberung Kanaans vorzubereiten. Von hier aus werden sie, nach Moses Tod, unter der Führung Josuas durch den Jordan ziehen, um in das Land Kanaan hineinzukommen.
Bevor es so weit ist, berichtet nun Gott etwas, was zwischen Balak und Bileam geschieht, wovon in diesem Augenblick Israel keine Ahnung hat. Es handelt sich um eine Attacke gegen das Volk Gottes in einer Weise, wie wir sie bisher nicht gesehen haben. Aber wir dürfen daran teilhaben, so wie es auch bei dem Gespräch zwischen Gott und Satan bezüglich Hiob der Fall ist (Hiob 1,6–12). Aber ebenso wie im Fall Hiob wird dieser Angriff Satans auf das Volk Gottes von Gott zum Segen für sein Volk benutzt.
Wenn wir die Geschehnisse der nächsten drei Kapitel tief auf uns einwirken lassen, werden wir mit Paulus ausrufen können: „Wer wird gegen Gottes Auserwählte Anklage erheben? Gott ist es, der rechtfertigt; wer ist es, der verdamme?“ (Röm 8,33.34a).
Moab ist auch einer der hartnäckigsten Feinde Israels. Moabs Kennzeichen ist sein Stolz (Jes 16,6; Jer 48,29). Der Stolz wird immer versuchen, über Gottes Volk zu herrschen. Dieses Volk ist eine große Gefahr für das Volk Gottes. Andererseits sieht Balak in Gottes Volk eine enorme Gefahr für seine eigene Existenz. Er fühlt sich in seiner Ehre bedroht. Doch es gab keinen Grund für seine Angst, weil Gott seinem Volk verboten hatte, Moab aus seinem Gebiet zu vertreiben (5Mo 2,9). Aber gottlose Menschen sehen immer Gefahren, wo keine sind, weil sie ein schlechtes Gewissen haben.
Gewarnt durch die Niederlagen von Sihon und Og glaubt er, dass eine militärische Konfrontation keinen Sinn hat. Das würde für ihn eine bestimmte Niederlage bedeuten. Er wusste auch, dass dieses Volk seine Siege seinem Gott zu verdanken hatte, wie es auch all die Völker um Israel her wussten (Jos 2,10). Er sucht sein Heil in einer anderen Richtung. Er sucht den Schwachpunkt des Volkes und findet ihn in der Untreue des Volkes gegen seinen Gott.
Was er versuchen will, ist, einen Keil zwischen Gott und sein Volk zu treiben. Er tut das in einem taktisch besonders günstigen Augenblick, am Ende der Wüstenreise, wo alle Untreue des Volkes offenbar geworden ist. Aber dabei zeigt Balak, dass er von dem Gott Israels nichts versteht. Er betrachtet den Gott Israels wie einen nationalen Götzen, so wie jedes Volk seinen Gott oder seine Götter besitzt. So sah Sanherib, der König der Assyrer, den Gott Israels auch an (2Chr 32,10–19).
2 - 7 Balak sendet Boten zu Bileam
2 Und Balak, der Sohn Zippors, sah alles, was Israel den Amoritern getan hatte. 3 Und Moab fürchtete sich sehr vor dem Volk, weil es groß war, und es graute Moab vor den Kindern Israel. 4 Und Moab sprach zu den Ältesten von Midian: Nun wird dieser Haufe alles um uns her abfressen, wie das Rind das Grüne des Feldes abfrisst. Und Balak, der Sohn Zippors, war zu jener Zeit König von Moab. 5 Und er sandte Boten zu Bileam, dem Sohn Beors, nach Pethor, das am Strom ist, in das Land der Kinder seines Volkes, um ihn zu rufen, und er ließ ihm sagen: Siehe, ein Volk ist aus Ägypten gezogen; siehe, es bedeckt die Fläche des Landes, und es liegt mir gegenüber. 6 Und nun, komm doch, verfluche mir dieses Volk, denn es ist stärker als ich. Vielleicht gelingt es mir, dass wir es schlagen und ich es aus dem Land vertreibe. Denn ich weiß: Wen du segnest, der ist gesegnet, und wen du verfluchst, der ist verflucht. 7 Und die Ältesten von Moab und die Ältesten von Midian zogen hin mit dem Wahrsagerlohn in der Hand. Und sie kamen zu Bileam und redeten zu ihm die Worte Balaks.
Balak sandte Boten zu Bileam, weil er in Bileam einen Propheten des HERRN sah. Aber Bileam ist kein Prophet des HERRN. Ein echter Prophet des HERRN würde zu dem Volk über seine Untreue reden. Außerdem würde er auf den Segen hinweisen, der mit einer Umkehr verbunden ist. Balak und Bileam bilden zusammen ein teuflisches Paar, in dem wir ein teuflisches Paar der Zukunft erkennen können: das Tier und der falsche Prophet (Off 13,1.11.12), die sich unter Anleitung Satans gegen den Christus und sein Volk wenden.
Die Schrift lässt keinen Zweifel darüber, dass Bileam ein falscher Prophet war, ein Knecht Satans, der sich als ein Prophet des Gottes Israels ausgab. Darum wollte Balak ihn anheuern. Wenn er einen Segen über das Volk Gottes ausspricht, tut er das erzwungen. Die Wichtigkeit Bileams als Feind wird durch die Tatsache unterstrichen, dass sein Name in acht verschiedenen Bibelbüchern genannt wird, aber stets im negativen Sinn (4. Mose 22–24 [vielfach]; 4Mo 31,8.16; 5Mo 23,3–5; Jos 13,22; 24,9.10; Neh 13,1.2; Mich 6,5; 2Pet 2,15.16; Jud 1,11; Off 2,14). Am Ende der Geschichte Israels führt es Micha noch einmal an, was Balak und Bileam tun wollten, um durch ihr Beispiel Israel das Recht Gottes vor Augen zu stellen (Mich 6,5a).
Die drei Stellen über Bileam im Neuen Testament sind vielsagend. Wir lesen über „den Weg Bileams“ (2Pet 2,15), „den Irrtum Bileams“ (Jud 1,11) und „die Lehre Bileams“ (Off 2,14). Aus diesen Zitaten im Neuen Testament sehen wir, dass seine Geschichte uns, der Gemeinde, wichtige Lektionen lehrt.
Wird Satan das Ziel, nachdem es ihm nicht gelungen ist, das Volk durch Krieg umzubringen, jetzt mit diesem Versuch auf andere Art erreichen? Die Versuche des Feindes machen klar, dass Gott dem Feind gegenüber seine Beziehungen zu seinem Volk hält und nicht zulässt, dass sein Volk verflucht wird. Balak dachte in seinen Gedanken nur an einen heiligen Gott. Er wusste nichts von der Gnade Gottes. Als ein Feind Gottes hatte er nicht das Recht, Gott gegen sein Volk aufzuhetzen. Die Untreue des Volkes ist nur eine Sache zwischen Gott und seinem Volk.
Balak sucht übrigens nicht nur die Unterstützung Bileams. Er trifft auch Absprachen mit den Ältesten von Midian. Aber seine Hoffnung ist doch in erster Linie Bileam.
8 - 14 Gespräch zwischen Gott und Bileam
8 Und er sprach zu ihnen: Übernachtet hier diese Nacht, und ich werde euch Antwort bringen, so wie der HERR zu mir reden wird. Und die Fürsten von Moab blieben bei Bileam. 9 Und Gott kam zu Bileam und sprach: Wer sind diese Männer bei dir? 10 Und Bileam sprach zu Gott: Balak, der Sohn Zippors, der König von Moab, hat zu mir gesandt: 11 Siehe, das Volk, das aus Ägypten gezogen ist, es bedeckt die Fläche des Landes; komm nun, verwünsche es mir, vielleicht vermag ich gegen es zu kämpfen und es zu vertreiben. 12 Und Gott sprach zu Bileam: Du sollst nicht mit ihnen gehen; du sollst das Volk nicht verfluchen, denn es ist gesegnet. 13 Und Bileam stand am Morgen auf und sprach zu den Fürsten Balaks: Zieht in euer Land; denn der HERR hat sich geweigert, mir zu gestatten, mit euch zu gehen. 14 Und die Fürsten von Moab machten sich auf und kamen zu Balak und sprachen: Bileam hat sich geweigert, mit uns zu gehen.
Gott eröffnet das Gespräch mit Bileam. Diesen scheint das nicht zu erschrecken, da er den Umgang mit der Geisterwelt gewohnt ist, wobei er doch bisher nur mit bösen Geistern Umgang hatte. Er weiß es nicht besser oder es ist wieder ein Geist der Wahrsagerei. So fängt Gott diesen schlauen Propheten in seinem eigenen Netz (1Kor 3,19).
Gott stellt nie Fragen, weil Er selbst die Antwort nicht wissen würde, sondern um den Menschen dazu zu zwingen, nachzudenken über das, was in seinem Herzen ist. In diesem Fall würde Bileam zu der Tatsache Stellung nehmen müssen, dass man kam, um ihn zu bitten, das Volk Gottes zu verfluchen. Bileam erklärt Gott, worum es geht. Aus dem, was er sagt, geht hervor, dass er wohl keine Ahnung davon hat, dass er es mit dem Volk des Gottes zu tun hat, mit dem er spricht.
Gott beendet die Sache mit dem Befehl an Bileam, nicht mitzugehen, um das Volk zu verfluchen, weil es ein gesegnetes Volk ist. Der nochmalige Versuch Bileams zeigt, dass er durch Geldsucht geleitet wird und nicht durch das, was Gott sagt. Gott hat öfter durch gottlose Menschen geredet, z. B. durch Abimelech und Laban, mit der Anordnung, sich nicht an seinen Auserwählten zu vergreifen (1Mo 20,3; 31,24).
In seiner Antwort an die Boten Balaks spricht Bileam über das Verbot des HERRN, ihn ziehen zu lassen. Es klingt die Enttäuschung eines Mannes durch, der keine Gemeinschaft mit Gott hat. Er wäre gern mitgegangen, aber es wurde ihm doch nicht gestattet. Er erwähnt mit keinem Wort, dass es sich doch um ein gesegnetes Volk handelt. Auch die Boten geben keinen exakten Bericht von dem, was Bileam gesagt hat. Sie sprechen nur von der Weigerung Bileams.
15 - 19 Balak sendet nochmals Boten zu Bileam
15 Da sandte Balak noch einmal Fürsten, mehr und geehrtere als jene. 16 Und sie kamen zu Bileam und sprachen zu ihm: So spricht Balak, der Sohn Zippors: Lass dich doch nicht abhalten, zu mir zu kommen; 17 denn sehr hoch will ich dich ehren, und alles, was du mir sagen wirst, will ich tun; so komm doch, verwünsche mir dieses Volk! 18 Und Bileam antwortete und sprach zu den Knechten Balaks: Wenn Balak mir sein Haus voll Silber und Gold gäbe, so könnte ich nicht den Befehl des HERRN, meines Gottes, übertreten, um Kleines oder Großes zu tun. 19 Und nun bleibt doch hier, auch ihr, diese Nacht, und ich werde erfahren, was der HERR ferner mit mir reden wird.
Balak sendet erneut Boten zu Bileam. Er tut das nicht nur, indem er die Habsucht Bileams anspricht, sondern auch seine Ehrsucht. Eine vornehme Gesellschaft mit viel Geld ist doch etwas anderes, als ein Bote mit viel Geld. Dazu gibt er auch noch die Zusage, dass Bileam nur zu fordern braucht und Balak es erfüllen wird. Menschen dieser Welt geben alles, um die Gunst eines Mediums zu erlangen. Sie glauben, durch den Besitz des Mediums selbst ihre Zukunft sichern zu können, ohne sich darüber bewusst zu sein, dass sie dadurch unter die Macht des Mediums gelangen.
Bileam spricht von „dem HERRN, meinem Gott“. Schlechte Menschen können sehr fromme Aussprüche tun. Aber Gott kennt das Herz der Menschen. Bileam benutzt diese Worte als Form. Von einem Verhältnis kann keine Rede sein. Derjenige, den er „den HERRN, meinen Gott“ nennt, war für ihn nicht mehr als ein wahrsagender Geist, dem er sich zu unterwerfen hatte, dem er sich aber auch nicht entziehen konnte.
Dass er sich nicht der Autorität Gottes bewusst war und dass er Ihm völligen Gehorsam schuldete, zeigt sich wiederum in seinen weiteren Handlungen. Gott hatte deutlich gesagt, dass er nicht gehen sollte. Warum musste er es denn noch einmal versuchen? Er glaubte, mit einem Geist zu tun zu haben, der allmählich zum Nachgeben bereit war.
20 Gott spricht wieder zu Bileam
20 Da kam Gott in der Nacht zu Bileam und sprach zu ihm: Wenn die Männer gekommen sind, um dich zu rufen, so mach dich auf, geh mit ihnen; aber nur das, was ich dir sagen werde, sollst du tun.
Gott spricht erneut zu Bileam. Er kennt dessen Herz und gibt ihm den Auftrag mitzugehen. Gott gibt wohl öfter Aufträge, die dem Verlangen der Menschen entgegenkommen. So gab Er Israel Saul als König. Er wird Bileam gebrauchen, um ein mächtiges Zeugnis bezüglich seines Volkes auszusprechen.
21 - 35 Bileam begegnet Gott als Widersacher
21 Und Bileam machte sich am Morgen auf und sattelte seine Eselin und zog mit den Fürsten von Moab. 22 Da entbrannte der Zorn Gottes, dass er hinzog; und der Engel des HERRN stellte sich in den Weg, um ihm zu widerstehen. Er aber ritt auf seiner Eselin, und seine beiden Diener waren bei ihm. 23 Und die Eselin sah den Engel des HERRN mit seinem gezückten Schwert in seiner Hand auf dem Weg stehen, und die Eselin bog vom Weg ab und ging ins Feld; und Bileam schlug die Eselin, um sie wieder auf den Weg zu lenken. 24 Da trat der Engel des HERRN in einen Hohlweg zwischen den Weinbergen: Eine Mauer war auf dieser und eine Mauer auf jener Seite. 25 Und die Eselin sah den Engel des HERRN und drängte sich an die Wand und drückte den Fuß Bileams an die Wand; und er schlug sie noch einmal. 26 Da ging der Engel des HERRN noch einmal weiter und trat an eine enge Stelle, wo kein Weg war auszuweichen, weder nach rechts noch nach links. 27 Und als die Eselin den Engel des HERRN sah, legte sie sich nieder unter Bileam; und es entbrannte der Zorn Bileams, und er schlug die Eselin mit dem Stab. 28 Da öffnete der HERR den Mund der Eselin, und sie sprach zu Bileam: Was habe ich dir getan, dass du mich nun dreimal geschlagen hast? 29 Und Bileam sprach zu der Eselin: Weil du Spott mit mir getrieben hast; wäre doch ein Schwert in meiner Hand, so hätte ich dich jetzt erschlagen! 30 Und die Eselin sprach zu Bileam: Bin ich nicht deine Eselin, auf der du geritten bist von jeher bis auf diesen Tag? War ich je gewohnt, dir so zu tun? Und er sprach: Nein. 31 Da enthüllte der HERR die Augen Bileams, und er sah den Engel des HERRN mit seinem gezückten Schwert in seiner Hand auf dem Weg stehen; und er verneigte sich und warf sich nieder auf sein Angesicht. 32 Und der Engel des HERRN sprach zu ihm: Warum hast du deine Eselin nun dreimal geschlagen? Siehe, ich bin ausgegangen, um [dir] zu widerstehen, denn der Weg stürzt ins Verderben vor mir. 33 Und die Eselin sah mich und wich nun dreimal vor mir aus; wenn sie nicht vor mir ausgewichen wäre, so hätte ich dich jetzt erschlagen, sie aber am Leben gelassen. 34 Und Bileam sprach zum Engel des HERRN: Ich habe gesündigt, denn ich wusste nicht, dass du mir auf dem Weg entgegenstandest; und nun, wenn es böse ist in deinen Augen, so will ich umkehren. 35 Und der Engel des HERRN sprach zu Bileam: Geh mit den Männern; aber nur das, was ich dir sagen werde, sollst du reden. Und Bileam zog mit den Fürsten Balaks.
Bileam erfährt Gott als seinen Widersacher. Bileam geht, weil Gott es ihm gesagt hatte, und weil er geht, entbrennt der Zorn Gottes. Das klingt wie ein Widerspruch. Bileam war sich bewusst, dass es gegen den Willen Gottes war, aber er ging, getrieben von seiner Geldliebe.
In dem Geschehen mit der Eselin zeigte Gott Bileam, dass er noch dümmer war als seine Eselin. Er wusste, verblendet durch seine Geldsucht, nicht, in welcher Gefahr er sich befand. Die Eselin hatte das wohl vor Augen. Tiere haben oft einen besseren Blick für ihren Schöpfer als Menschen (Jes 1,3). Ein Tier sieht hier mehr als jemand, der im Bild Gottes erschaffen worden ist. Welche Torheit, auf einem bösen Weg weiterzugehen, auf dem das Schwert des HERRN gegen den Bösen gezückt ist. Die Eselin spricht zu ihm von dieser Torheit (2Pet 2,16).
Bileam scheint das Ungewohnte, das Sprechen seiner Eselin, nicht zu bemerken. Er führt mit ihr ein Gespräch. Es ist wohl zu vermuten, dass er vielleicht durch seine Kontakte mit Dämonen an sprechende Tiere gewöhnt war. Vielleicht war er aber auch durch seine Wut so außer sich, dass ihm das Ungewohnte daran nicht auffiel.
Dass der HERR die Eselin sprechen lässt, zeigt, wie außergewöhnlich diese Begebenheit mit Bileam ist. Der Einsatz war ja auch sehr hoch. Es ging um Segen oder Fluch für das Volk Gottes und die damit zusammenhängenden Verheißungen. Gott kann alles benutzen und ihr eine Stimme geben, um seine Allmacht zu bezeugen und dadurch zu warnen (Lk 19,40; Hab 2,11). Er kann auch, wenn es in die Ausführung seines Planes passt, in die durch Ihn selbst festgelegten Gesetzmäßigkeiten eingreifen (2Kön 6,6; Jos 10,13; 2Kön 20,11).
Der Unglaube spricht spottend über die drei „seligmachenden Tiere“: die sprechende Schlange (1Mo 3,1), die sprechende Eselin (4Mo 22,28.30) und den Fisch, in dem Jona war (Jona 2,1). Doch in Wirklichkeit ist es so, dass, wenn jemand nicht glaubt, dass dieses wirklich geschehen ist, er nicht errettet werden kann, denn er macht Gott zum Lügner. Es geht um den Sündenfall (die Schlange), die Verbindung zwischen Gott und seinem Volk mit den damit in Verbindung stehenden Verheißungen (die Eselin) und den Herrn Jesus in seinem Tod (der Fisch). Und alle drei werden im Neuen Testament zitiert (2Kor 11,3; 2Pet 2,16; Mt 12,40).
Anstatt sich zu fragen, warum die Eselin, die ihn noch nie im Stich gelassen hatte, so reagierte, schlug er sie und wollte sie sogar töten. Weil Bileam kein Schwert bei sich hatte, wurde er gehindert, diese Torheit, seine Eselin zu töten, zu begehen. Was hätte er dadurch gewonnen? Er würde dabei nur Verlust gehabt haben. So tun viele Menschen in ihrer Torheit Dinge, die ihnen statt Gewinn nur Verlust bringen. Auch durch die ungerechte Behandlung seines treuen Reittiers beweist Bileam, dass er ein Ungerechter ist. Der Gerechte weiß ja, was sein Vieh braucht (Spr 12,10a). Übrigens gab es doch ein Schwert in der Nähe, nämlich das, was der Engel des HERRN hatte. Aber dafür war Bileam blind. Hinzu kommt, dass dieses nicht gegen die Eselin gerichtet war, sondern gegen Bileam selbst.
Die Reaktion der Eselin ist nicht nur wunderlich, indem sie sprach, sondern auch durch das, was sie sagt. Sie spricht mit mehr Verstand als Bileam. Aus ihren Worten, in Frageform, sind weise Belehrungen für Bileam und jeden Menschen in seinem Verhältnis zu Gott enthalten. Zunächst erkennt sie das Eigentumsrecht, das Bileam an ihr hatte, an: „Bin ich nicht deine Eselin?“. Als Zweites kann sie sagen, dass sie ihm immer treu im Dienst gewesen ist: „Auf der du geritten hast von je her bis auf diesen Tag“. Als Drittes kommt, dass ein derartiges Handeln nicht aus ihrer Unwilligkeit entspringt: „War ich je gewohnt, dir so zu tun?“, womit sie indirekt sagt, dass die Unwilligkeit in ihm war.
Die Fragen der Eselin haben keinen prophetischen Inhalt. Es sind keine Fragen, die von Gott kommen und eine besondere Bedeutung haben. Sie sagt auch nichts über den Engel des HERRN. Es sind einfach Fragen, die jedes Tier, das misshandelt wird, stellen würde, wenn es die Gelegenheit dazu hätte. Sie gehen nicht über den Bereich der Gefühle eines Tieres hinaus, sondern bleiben im Bereich des tierischen Seelenlebens. Die einzige Antwort, die er wohl auf die gestellten Fragen geben musste, war „Nein“. Aber von irgendeiner Reaktion seines Gewissens ist keine Rede.
Es kann eine ganz praktische Anwendung gemacht werden. Wenn wir unterwegs sind und es gibt ein Hindernis, sodass wir nicht weiterfahren können – wie reagieren wir dann? Der Herr möchte, dass ein solches Hindernis uns dazu bringen soll, nachzudenken, welche Beweggründe unsere Fahrt hat, die wir unternehmen, ob sie lang oder kurz ist. Es muss nichts Verkehrtes sein, aber Er möchte, dass wir in seine Gedanken eindringen und uns bewusst werden, dass alles nur zu seiner Ehre sein kann, wenn Er mit uns geht. Das Vorerwähnte gilt in noch stärkerem Maß für den Lebensweg, dem wir auf der Reise unseres Lebens folgen, die Wahlen, die wir treffen: Welche Ausbildung, welcher Beruf, welcher Mann oder welche Frau passt zu mir. Aus welcher Motivation wählen wir den Weg, den wir gehen?
So wie der HERR den Mund der Eselin öffnet (Vers 28), öffnet Er auch die Augen Bileams (Vers 31). Das bringt ihn auf die Knie. Der HERR spricht ihn fragend an hinsichtlich seines Verhaltens gegenüber der Eselin. Weiterhin macht Er Bileam klar, dass Er und Bileam sich gerade gegenüberstanden. Bileam ist nicht auf dem Weg des HERRN, sondern „der Weg stürzt ins Verderben vor mir“. Der Engel weist Bileam darauf hin, dass er nun dreimal seine Eselin misshandelt hatte, um sie zu zwingen, den Weg zu gehen, aber dass die Eselin ihn dreimal vor seinem Untergang bewahrt hat, indem sie dem Engel auswich.
Nachdem der HERR Bileam die Lektion mit der Eselin erklärt hat, spricht es Bileam aus: „Ich habe gesündigt!“ Aber es geschieht in der gleichen Weise wie bei dem Pharao, bei Saul und bei Judas (2Mo 9,27; 10,16; 1Sam 15,24; Mt 27,4). Von echter Reue ist keine Rede. Gott entbindet ihn auch nicht von seinem Auftrag, sondern verpflichtet ihn, fortzufahren mit der Mitteilung, nur das zu sagen, was Gott ihm zu sagen gibt. Es wird zur größeren Ehre Gottes ausschlagen, wenn Er Bileam nicht nur verhindert, das Volk zu verfluchen, sondern Bileam gerade zu einem Instrument macht, durch das Er sein Volk segnet.
36 - 41 Balak und Bileam auf den Höhen des Baal
36 Und als Balak hörte, dass Bileam kam, da ging er aus, ihm entgegen, zur Stadt Moabs, an der Grenze des Arnon, der an der äußersten Grenze [fließt]. 37 Und Balak sprach zu Bileam: Habe ich nicht ausdrücklich zu dir gesandt, um dich zu rufen? Warum bist du nicht zu mir gekommen? Vermag ich etwa nicht, dich zu ehren? 38 Und Bileam sprach zu Balak: Siehe, ich bin zu dir gekommen; vermag ich nun wohl irgendetwas zu reden? Das Wort, das Gott mir in den Mund legt, das werde ich reden. 39 Und Bileam ging mit Balak; und sie kamen nach Kirjat-Chuzot. 40 Und Balak opferte Rind und Kleinvieh und schickte [davon] Bileam und den Fürsten, die bei ihm waren. 41 Und es geschah am Morgen, da nahm Balak Bileam und führte ihn hinauf zu den Höhen des Baal, und er sah von dort aus den äußersten [Teil] des Volkes.
Beim ersten Kontakt, den Balak mit Bileam hat, kann er ihm nur noch vorwerfen, dass er nicht eher gekommen ist. Seine Erwartungen sind sehr hoch. Bileam dämpft diese Erwartungen, indem er darauf hinweist, dass er nur das aussprechen kann, was Gott ihm in den Mund legt. Er weiß, dass er sein Gefangener ist.
Balak nimmt Bileam mit zu den Höhen des Baal. Es ist das erste Mal, dass hier Baal in der Bibel erwähnt wird. Von diesem Ort aus soll der erste Versuch der Verfluchung stattfinden. Es ist ein Ort, der ganz der Anbetung Satans geweiht ist, der sich hier hinter dem Namen Baal verbirgt.
Baal war der männliche Hauptgott der Phönizier und der Kanaaniter, während Astarte die weibliche Hauptperson der Gottheit war. Diese Form des Götzendienstes bekam einen festen Platz in Israel während der Zeit der Richter. In den ersten Tagen des Auftreten Samuels werden diese Götzen aus dem Land verbannt. Aber sie kamen zurück. Während der Zeit der Regierung des gottlosen Königs Ahab über das Zehnstämmereich wird durch seine noch gottlosere Frau Isebel der Baalsdienst zu einem offiziellen Gottesdienst in Israel.
Von dem Platz aus, den Balak auserwählt hat, kann Bileam nicht das ganze Volk sehen, sondern nur einen Teil. Es sollte Bileam den Eindruck vermitteln, dass es sich nur um ein kleines Volk handele, was ihn zur Geringschätzung des Volkes bringen sollte. Aber sehen wir, zu welch einem Ausspruch Gott den Bileam in 4. Mose 23 bringt: „Meine Seele sterbe den Tod der Rechtschaffenen, und mein Ende sei gleich dem ihren“ (4Mo 23,10).
Jeder weitere Versuch findet von einem anderen Ort aus statt, anscheinend immer näher an das Volk. Es ist die Absicht Balaks, dass Bileam das sieht, was ihm einen negativen Eindruck von dem Volk vermittelt, sodass er „Material“ in die Hand bekommt, wodurch er das Volk verfluchen kann.