Einleitung
Dieses Kapitel hat das gleiche Thema wie das vorherige. Auch in diesem Kapitel wird Israel als eine hurende Frau dargestellt. Der Unterschied zu Hosea 1 besteht darin, dass es hier nicht um Hoseas Ehe geht, sondern dass die Untreue Israels hier ausführlicher beschrieben wird.
Gott ruft Hosea in Vers 4 dazu auf, mit seinem Volk zu rechten, weil es eine unzüchtige Frau geworden ist. Es hat sich der schlimmsten Untreue gegenüber Gott schuldig gemacht, indem es seine Hilfe bei den Nationen suchte. Es hat vergessen, dass aller Segen nur von Gott kommt. Deshalb bringt Gott es in die Einsamkeit der Wüste. Dort spricht Er zu ihren Herzen. Seine Gnade bewirkt eine Umkehr des Volkes, das Er wieder „mein Volk“ nennen wird. Auf die gleiche Weise möchte Gott in unserem Leben wirken, wenn wir Ihn vergessen.
1 Zahlreich und Kinder des lebendigen Gottes
1 Doch die Zahl der Kinder Israel wird sein wie der Sand des Meeres, der nicht gemessen und nicht gezählt werden kann; und es wird geschehen, an dem Ort, wo zu ihnen gesagt wurde: „Ihr seid nicht mein Volk!“, wird zu ihnen gesagt werden: „Kinder des lebendigen Gottes“.
Ein heller Hoffnungsschimmer kommt im ersten Wort dieses Verses, „doch“, zum Ausdruck. Nach den Warnungen vor dem kommenden Gericht tritt hier die souveräne Gnade Gottes in den Vordergrund. Wenn Er auch wegen der Untreue Israels jede Verbindung zu ihnen abbrechen musste, so gilt dies nicht für immer. Es wird eine Zeit kommen, in der Gott die Verbindung mit seinem Volk wieder aufnimmt. Dann wird Er alle Verheißungen erfüllen, die Abraham, Isaak und Jakob gegeben wurden.
Der Ausdruck „der Sand des Meeres“ erinnert an die Verheißung Gottes an Abraham, dass seine Nachkommen sein werden „wie der Sand, der am Ufer des Meeres ist“ (1Mo 22,17). Gott gibt dieses Versprechen, nachdem Abraham seinen Sohn aus Glauben geopfert hat (Heb 11,17.18). In diesem Ereignis ist das Bild Gottes, der seinen Sohn Jesus Christus am Kreuz opfert, deutlich sichtbar. Nur aufgrund des Opfers Christi wird Gott alle seine Verheißungen in Bezug auf Israel erfüllen.
Das Volk hat alle Rechte auf Wiederherstellung und alle Ansprüche zur Erfüllung seiner Versprechen verwirkt. Gott würde sie segnen, wenn sie Ihm treu blieben. Sie akzeptieren diese Bedingung, als sie am Sinai dreimal sagen: „Alles, was der HERR geredet hat, wollen wir tun!“ (2Mo 19,8; 24,3.7). Aber im Laufe ihrer Geschichte haben sie gezeigt, wie sie alle gerechten Gebote und Satzungen Gottes verachtet und mit Füßen getreten haben. Auf dieser Grundlage muss Gott seine Gerichte verkünden, wie Er es im ersten Kapitel von Hosea tut. Er führt diese Gerichte tatsächlich aus. Das bedeutet jedoch nicht, dass seine Verheißungen hinfällig geworden wären (Röm 9,6).
Er wird seine Versprechen gegenüber einem Überrest des Volkes, den Er selbst auserwählt hat, erfüllen. Wie dies geschehen wird, ist in Römer 9–11 ausführlich beschrieben. Es gibt noch eine Zukunft für Israel. Diese Zukunft gibt es, nicht nach dem Verdienst des Volkes, sondern nach dem Verdienst von Jesus Christus. Wo Israel versagt hat, hat dieser Messias alles getan, was Gott von Israel verlangt. Er hat die Erfüllung dieser Verheißung möglich gemacht.
Wenn die gegenwärtige Zeit als die Zeit der Gemeinde zu einem Ende gekommen ist – das heißt, wenn der Herr Jesus die Gemeinde zu sich genommen hat (1Thes 4,15–18) – wird Er wieder mit Israel in Verbindung treten. Dann wird Er „den Geist der Gnade und des Flehens“ über sie ausgießen (Sach 12,10). Danach wird Er auf die Erde zurückkehren, und sie werden den sehen, den sie durchstochen haben (Off 1,7). Alle, die dann zur Buße kommen werden, dürfen mit Ihm an der Erfüllung der Versprechen teilhaben. Die Menge wird gerichtet werden, weil sie den Antichristen angenommen hat, der sich dann offenbaren wird.
Die Auserwählten werden sich nicht mit der Masse mitreißen lassen in ihrer Anbetung des Bildes des Tieres, das der Antichrist in den Tempel gesetzt hat (Off 13,14.15). Sie werden trotz schwerer Verfolgung treu auf die Ankunft des Messias warten. Dies ist ihrerseits kein Verdienst. Nur die Gnade lässt sie treu bleiben. Alles kommt von Gott.
Im Friedensreich wird dieser Überrest, zu einer gewaltigen Menschenmenge heranwachsen und sie werden „wie der Sand des Meeres, der nicht … gezählt werden kann“. Der Ausdruck „Sand des Meeres“ weist darauf hin, dass es sich um das irdische Volk Gottes, Israel, handelt. Dies steht im Gegensatz zu dem Ausdruck „Sterne des Himmels“ (1Mo 22,17), der sich auf das himmlische Volk Gottes bezieht.
Es wird jedoch nicht nur eine große Veränderung der Anzahl geben. Es wird auch, und das ist noch wichtiger, eine Veränderung in ihrer Beziehung zum HERRN geben. Statt Götzendiener werden sie nach ihrer Wiederherstellung von Gott seine „Kinder“ genannt werden. Diese Veränderung kann nur durch die Gnade Gottes bewirkt werden.
Aber wenn alles nur auf Gnade beruht, kann diese Gnade nicht ausschließlich auf die Juden beschränkt werden, sondern es wird auch den Nationen die Tür geöffnet. Deshalb zitiert Paulus in Römer 9 diesen Vers aus Hosea (Röm 9,26). Damit zeigt er, dass Gott nicht verpflichtet ist, seine Gnade auf die Juden zu beschränken. Römer 9 ist ein Kapitel, das zeigt, dass Gott souverän ist, auch in dem Erweisen der Gnade an wen Er will. Er hat das Recht, Menschen aus den Nationen zu rufen und sie durch den Glauben zu rechtfertigen (Röm 9,30).
Die Tatsache, dass Paulus diesen Vers aus Hosea zitiert, ist auch darauf zurückzuführen, dass hier von „Kindern des lebendigen Gottes“ gesprochen wird. Dies ist typischerweise ein Ausdruck der Beziehung zwischen Gott und den Christen. Gott kann nicht länger mit den Juden in Verbindung stehen, wie es für die Heiden schon immer der Fall war. Von beiden hat Er sagen müssen: „Ihr seid nicht mein Volk.“ Für die Juden trifft dies zu, da Gott wegen ihrer Untreue seine Verbindung zu ihnen abbrechen musste. Für die Heiden ist es immer wahr gewesen, dass Gott sie ihre eigenen Wege hat gehen lassen. Und nun zitiert Paulus, der Apostel der Nationen, diesen Vers als Beweis dafür, dass alle, die von Gott berufen sind, sowohl von den Juden als auch von den Nationen, von Ihm „Kinder des lebendigen Gottes“ genannt werden.
Gott wird hier „der lebendige Gott“ genannt. Damit steht Er in scharfem Kontrast zu den toten Götzen. Dieser Gegensatz kommt bei der Bekehrung der Thessalonicher, und normalerweise bei jedem Menschen, der Buße tut, wunderbar zum Ausdruck (1Thes 1,9.10). Die Tatsache, dass Er der lebendige Gott ist, zeigt nicht nur, dass Er lebt, sondern auch, dass alles Leben in Ihm seinen Ursprung hat (Joh 1,4; 5,26).
Wenn Petrus die Frage des Herrn Jesus: „Ihr aber, wer sagt ihr, dass ich sei?“ beantwortet mit: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“ (Mt 16,15.16), weist Er darauf hin, dass das Leben in Christus selbst gegenwärtig ist. Deshalb kann der Herr mit diesem Bekenntnis des Petrus über die Wahrheit seiner Person die wunderbare Verheißung des Aufbaus der Gemeinde verbinden. Auf Ihm, dem Sohn des lebendigen Gottes, ist die Versammlung gebaut, eine Versammlung, die vom Tod nicht angetastet werden kann (Mt 16,18).
2 Ein Volk, ein Haupt
2 Und die Kinder Juda und die Kinder Israel werden sich miteinander versammeln und sich ein Haupt setzen und aus dem Land heraufziehen; denn groß ist der Tag von Jisreel.
Nach dem Segen für die zehn Stämme in Vers 1 – und für die Nationen, wie es im Licht des Neuen Testaments deutlich wird (Röm 9,26.30) – spricht Hosea in diesem Vers vom Segen für ganz Israel. Dieser Segen liegt auch heute noch in der Zukunft, denn es wird eine Wiedervereinigung der zwei und der zehn Stämme geben, die seit den Tagen Rehabeams und Jerobeams I. auseinander gerissen sind (1Kön 12,16–19). Auch Jeremia spricht darüber (Jer 31,31).
Wenn diese Zeit kommt, werden sie sich als ein Volk hinter ihren Messias scharen. Dann werden sie nicht mehr zwei Völker sein, jedes mit seinem eigenen Herrscher. Nein, sie werden ein Volk mit „einem Haupt“ sein (vgl. Hes 37,24). Sie werden in dem verworfenen Jesus von Nazareth den König erkennen, der ihnen von Gott gegeben wurde. Aus dem ganzen Land werden sie nach Jerusalem als der Wohnstätte Gottes hinaufziehen, um Ihn zu ehren.
Es ist möglich, dass sich „aus dem Land heraufziehen“ auch auf ihre Rückkehr aus der Zerstreuung bezieht. Das „Land“ stellt dann das Land Ägypten als Symbol für alle Nationen dar, in die die Israeliten zerstreut sind (vgl. Verse 16.17; 5Mo 28,68). Im Laufe der Zeit sind inzwischen schon viele Israeliten in ihr Land zurückgekehrt.
Es ist nicht möglich, diesen Vers auf die Rückkehr des Volkes Gottes aus Babylon unter Esra und Nehemia zu beziehen. Das betrifft nur einen kleinen Teil des Volkes. Darüber hinaus stehen sie noch unter der Autorität der Nationen, unter die Gott sie gestellt hat, in der Person Nebukadnezars. Sie waren nicht in der Lage, ihr eigenes „Haupt“ zu wählen. Das setzte sich fort, denn bis zum Jahre 1948 waren sie nicht unabhängig.
Wenn der Tag oder die Zeit, von der Hosea spricht, gekommen ist, kann man mit Recht sagen, dass dieser Tag „groß“ ist. Dann wird das geschehen, wovon niemand zu träumen gewagt hat, woran kein Feind Israels denkt. Alle Verheißungen Gottes werden an diesem Tag und für dieses Volk durch Ihn, der ihr Haupt ist, erfüllt werden. Dieser Tag wird „der Tag von Jisreel“ genannt. Jisreel bedeutet, wie bereits in Hosea 1,4 gesagt, „Gott wird zerstreuen“ oder „Gott wird säen“. Die erste Bedeutung wurde wahr, als die Assyrer die zehn Stämme wegführten und sie über alle Länder verstreuten, die sie eroberten. Aber wenn Israel sich unter sein einziges Haupt gestellt haben wird, wird Gott sein Volk in das Land säen. Dann wird es nie wieder zerstreut werden.
Es ist kein Tag der Erniedrigung, sondern ein Tag öffentlicher Herrlichkeit. Jeder wird sein eigenes Erbe im Land haben und die Segnungen genießen können, die Gott dann reichlich geben wird. Wie groß dieser Segen ist und wie Gott ihn kommen lassen wird, werden wir am Ende dieses Kapitels sehen, wo wieder von Jisreel die Rede ist (Vers 24).
In der Tat, „groß ist der Tag von Jisreel“. Die Zeit, die diesem Tag entspricht, ist das Tausendjährige Friedensreich. Dann wird die ungeteilte Nation eine Zeit beispielloser Herrlichkeit unter Christus als dem anerkannten Herrscher erleben (vgl. Jes 2,1–5; 11,1–14; Off 20,1–6).
3 Ein Überrest und sein Kennzeichen
3 Sprecht zu euren Brüdern: „Mein Volk“, und zu euren Schwestern: „Begnadigte“.
Nach der herrlichen Aussicht, die sich in den vorhergehenden Versen entfaltet hat, wird der Prophet angewiesen, etwas zu einer bestimmten Zielgruppe zu sagen. Das ist ein Wort, das zu Menschen gesprochen wird, die Gott „eure Brüder“ und „eure Schwestern“ nennt. Gott sieht diese Menschen in Verbindung mit Hosea. Er betrachtet sie gleichsam als zur Familie Hoseas gehörend. Nicht das ganze Volk wird angesprochen, sondern diejenigen Mitglieder, die Hoseas Empfindungen gegenüber ganz Israel und damit auch die Empfindungen Gottes, teilen.
Auf Gottes Worte zu hören ist das wahre Merkmal in jenen Tagen und es ist das wahre Merkmal heute von jedem, den Er als Mitglied seiner „Familie“ anerkennt. In derselben Weise spricht der Herr Jesus, wenn Er diejenigen, die den Willen seines Vaters tun, seine Brüder und Schwestern nennt (Mt 12,48–50).
Dies kann man als „einen Überrest“ bezeichnen, der vom Herzen Gottes anerkannt wird, und ein solcher Überrest ist Gegenstand seiner Barmherzigkeit, während die Nation als Ganzes von Ihm verworfen werden muss. Diesen Überrest nennt Er, nachdem Er sein Volk eine Zeitlang Lo-Ammi nennen musste, nicht-Mein-Volk, jetzt wieder „Mein Volk“. Dasselbe Volk hat Er Lo-Ruchama nennen müssen, was bedeutet: Nicht-Begnadigte oder Nicht-Erbarmen. Aber jetzt nennt Er es wieder „Begnadigte“, das Gnade erfahren hat.
Auch heute noch inmitten einer Christenheit, in dem es keinen Platz für den Christus der Schriften gibt und das Wort Gottes von allen Seiten angegriffen wird, ist die Liebe zum Herrn Jesus das einfache Kennzeichen für jemanden, der treu sein will. Diese Liebe wird sichtbar im Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes.
4 Aufruf, zu rechten
4 Rechtet mit eurer Mutter, rechtet – denn sie ist nicht meine Frau, und ich bin nicht ihr Mann –, damit sie ihre Hurerei von ihrem Angesicht wegtue und ihren Ehebruch zwischen ihren Brüsten weg,
Der Aufruf, mit eurer „Mutter“, das ist Israel, zu rechten oder mit ihr einen Rechtsstreit einzugehen, richtet sich an die Gottesfürchtigen in eben diesem Israel. Es ist ein treuer Überrest, der sich im Angesicht der Sünde die Seite Gottes wählt. Dieses „Rechten“, zu dem aufgerufen wird, ist ein angemessenes und demütiges Zeugnis gegen das Böse in dem Bewusstsein, dass sie Teil desselben Volkes ist, das angeprangert wird. Die Tatsache, dass dieser Aufruf zweimal hintereinander ertönt, weist auf die Notwendigkeit des Rechtens hin. Die Zeit ist mehr als reif. Eine längere Verzögerung würde den Anschein erwecken, dass Gott den Sünden seines Volkes gegenüber gleichgültig ist.
Wenn Gott gegen das Böse Zeugnis ablegt, müssen die treuen Gläubigen es ebenfalls tun. Hosea ist solch ein treuer Gläubiger, wie auch diejenigen, die im vorigen Vers „Brüder“ und „Schwestern“ genannt wurden (Vers 3). Wie Hosea sind auch sie empört über die Sünde der Untreue, derer sich das Volk schuldig gemacht hat. Sie spüren das Böse und sprechen darüber und handeln damit nach Gottes Willen und so, wie sein Geist es ihnen deutlich macht.
Der Aufruf geht an den einzelnen, treuen Gläubigen, zu bezeugen, dass das Volk als Ganzes auf einem Weg der Sünde ist. Aber es gibt zusätzlichen Mut, dieses Zeugnis furchtlos abzulegen, wenn wir wissen, dass auch wir bei unserem Zeugnis gegen das Böse nicht allein sind, sondern dass andere diese Gefühle mit uns teilen. Indem wir uns klar vom Bösen distanzieren und nicht daran teilhaben oder uns sogar davon absondern, gewinnt dieses Zeugnis seine wahre Stärke.
Niemand kann ein wahrer Zeuge gegen das vorherrschende Böse sein, wenn er damit verbunden bleibt. Dieser Aufruf kann heute auf eine örtliche Gemeinde angewandt werden, die weltliche Einflüsse zulässt und von der Heiligen Schrift abweicht. Wir müssen unsere Stimme erheben und dagegen vorgehen. Die Abweichung von Gottes Gedanken muss aufgezeigt werden.
Wenn nach wiederholten Versuchen kein Gehör gefunden wird, muss eine Trennung erfolgen. Dies kann erst dann geschehen, wenn alle Bemühungen, zur Umkehr zu kommen, gescheitert sind, wenn klar geworden ist, dass man Ungerechtigkeit nicht verurteilt, sondern sie existieren lässt oder bewusst mit ihr verbunden bleibt. Der Aufruf lautet dann: „Jeder, der den Namen des Herrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit!“ (2Tim 2,19b; vgl. Off 18,4.5).
Gott kann Israel nicht länger als seine Frau anerkennen. Wegen ihrer ehelichen Untreue hat sie das eheliche Band zerschnitten. Durch ihre Hurerei hat sie den Bund mit Ihm gebrochen. Sie scheint kein Schamgefühl zu besitzen. Sie schämt sich nicht mehr, weiß nicht mehr, was Scham ist. Stattdessen liest man auf ihrem Gesicht den Wunsch nach Unzucht. Jeremia spricht davon, dass sie „die Stirn eines Hurenweibes“ hat (Jer 3,3). Aber es steht nicht nur auf ihrem Gesicht geschrieben, die Praxis beweist auch ihre völlige Untreue gegenüber Gott. So wie Huren unverhohlen ihre Brüste entblößen, so bietet sich Israel ohne Scham ihren Liebhabern an, um ihre Liebhaber zu verführen.
Gottes Beschreibung der Untreue seines Volkes ist alles andere als schmeichelhaft. Ohne Zurückhaltung vergleicht Er die Haltung und das Verhalten seines Volkes mit dem einer frechen Hure. Er tut dies, damit die Israeliten die Abscheulichkeit ihres Verhaltens erkennen und zur Umkehr kommen. Man stelle sich vor mit einer Hure verglichen zu werden!
Wir mögen über das Verhalten Israels in Entrüstung sprechen, aber dann verstehen wir nicht, dass zu uns dasselbe gesagt wird (2Kor 11,3; Jak 4,4). Wenn wir das erkennen, wie reagieren wir dann? Es ist möglich, wütend oder mit Gleichgültigkeit zu reagieren, aber es kann auch Erkenntnis geben. In der Hoffnung auf letztere Reaktion folgt der Ansporn, sowohl an Israel als auch an uns, die Unzucht in Haltung und Verhalten zu beseitigen.
Der letzte Teil des Verses weist darauf hin, dass dieser Ehebruch an einem verborgenen Ort, im Verborgenen, stattfindet. Wenn verborgene Sünden bekannt und weggetan werden, kann Christus diesen Platz einnehmen. Die Braut im Hohelied sagt von Ihm: „Mein Geliebter ist mir ein Bündel Myrrhe, das zwischen meinen Brüsten ruht“ (Hld 1,13). Jeder, der den Herrn Jesus „mein Geliebter“ nennt, wird nicht zulassen, dass irgendetwas oder irgendjemand Ihn von diesem Ort verdrängt.
5 Folgen der Unbußfertigkeit
5 damit ich sie nicht nackt ausziehe und sie hinstelle wie an dem Tag, als sie geboren wurde, und ich sie der Wüste gleich mache und sie setze wie ein dürres Land und sie sterben lasse vor Durst. –
Das Wort „damit“ bedeutet, dass eine Bekehrung noch möglich ist. Wenn aber dem am Ende von Vers 4 gemachten Aufruf kein Gehör gegeben wird, werden die Konsequenzen wie in Vers 5 beschrieben sein. Eine solche Möglichkeit gibt es in Hosea 1 nicht. Dort wird das Gericht verkündet, ohne zu erwähnen, dass Umkehr dieses Gericht abwendet. In einer Gerichtsverkündigung ist es jedoch auch nicht immer notwendig, darauf hinzuweisen, dass man sich diesem Gericht durch Reue entziehen kann. Jona zum Beispiel predigt nur das Gericht (Jona 3,4). Als dieses Gericht anerkannt wird, kommen Reue und Buße (Jona 3,5). Infolgedessen vollzieht Gott das Gericht nicht (Jona 3,10).
Das Gericht, das Gott über sein Volk bringen wird, wenn es nicht umkehrt, besteht unter anderem darin, dass Er es nackt ausziehen wird wie am Tag seiner Geburt. Das bedeutet, dass Er seinem Volk alle Vorrechte nehmen wird, die Er ihnen geschenkt hat. Er wird sie auch in einen Zustand völliger Hilflosigkeit bringen, einen Zustand, den der Prophet Hesekiel beschreibt, wenn er Israel am Tag seiner Geburt beschreibt (Hes 16,4.5). Dies wird Israel als eine Warnung präsentiert, damit es zur Buße kommt. Darüber hinaus warnt Gott sein Volk, dass Er es auch zu einer Wüste machen wird, einem Ort, an dem es kein Wasser gibt und man verdurstet. Gott wird dem Volk in seinem Gericht den Regen vorenthalten. Kein Segen wird ihnen mehr zuteilwerden.
Es ist immer wieder bewegend zu sehen, wie Gott zu seinem Volk spricht. Es ist, als zögere Er immer noch, sein Gericht zu vollstrecken. Durch Hoseas Dienst bietet Er eine letzte Möglichkeit, diesem zu entkommen. Als Hosea sieht, dass das Volk seine Botschaft – eine Botschaft im Namen Gottes – ignoriert, werden seine Aussagen vehementer und eindringlicher.
6 Kein Erbarmen für die Kinder
6 Und über ihre Kinder werde ich mich nicht erbarmen, weil sie Hurenkinder sind.
Indem der HERR von „eurer Mutter“ (Vers 4) spricht, hat Er sich an das Volk als Ganzes gewandt. Nun spricht Er von ihren „Kindern“, womit die einzelnen Israeliten gemeint sind. Er wird kein Mitleid mit ihnen haben, denn sie sind das Resultat des Umgangs „der Mutter“ mit falschen Göttern. In Israel erreicht der Götzendienst den Höhepunkt. An Gott wird nicht gedacht. Die erhaltenen Segnungen werden dem Baal zugeschrieben (Vers 10). Nicht nur die Nation als Ganzes ist schuldig, sondern auch jeder einzelne Israelit. In jedem Israeliten wird die Frucht des Ehebruchs „der Mutter“ sichtbar. Hier gilt das Sprichwort „Wie die Mutter, so ihre Tochter“ (Hes 16,44).
Man könnte argumentieren, dass Kinder nichts dagegen unternehmen können, wenn ihre Mutter Ehebruch begeht. Aber darum geht es hier nicht. Schließlich folgen nicht alle von ihnen der Mutter bei ihrem ehebrecherischen Verhalten. Diejenigen, die „Brüder“ und „Schwestern“ genannt werden (Vers 3), die aufgerufen sind, mit ihrer Mutter zu rechten (Vers 4), nehmen nicht daran teil.
Wenn Gott sich nicht um Kinder kümmert, die durch Unzucht geboren wurden, dann deshalb, weil sie entsprechend ihrer Geburt handeln. Diese Kinder haben keine Reue, schreien nicht zu Gott und flehen nicht um seine Gnade. Sie tun genau die gleichen Dinge wie ihre Mutter. Die Tatsache, dass Gott keine Gnade mit ihnen hat, liegt nur an ihnen selbst, an ihrem eigenen ehebrecherischen Verhalten in der Nachfolge ihrer Mutter.
7 Die Hurerei der Mutter
7 Denn ihre Mutter hat gehurt, ihre Gebärerin hat Schande getrieben; denn sie sprach: Ich will meinen Liebhabern nachgehen, die [mir] mein Brot und mein Wasser geben, meine Wolle und meinen Flachs, mein Öl und mein Getränk.
„Mutter“ bezieht sich wieder auf das ganze Volk Israel. Mit „ihre“ sind die Kinder in Vers 6 gemeint. So wie Gomer ihren Liebhabern nachjagte und von ihnen Geschenke erhielt, so handelt auch Israel mit den Götzen der umliegenden Völker. Israel schreibt alle Segnungen, mit denen der HERR sie überschüttet hat, der Gunst der falschen Götter zu.
Zweifellos sind diese Dinge durch Handelsabkommen in ihren Besitz gelangt. Aber Israel knüpft den Gedanken an die Tatsache, dass die umliegenden Völker diese Güter aufgrund der Güte eines Götzen besitzen. Daher möchte Israel neben den materiellen Vorteilen auch eine geistliche Verbindung zu diesen Göttern herstellen. Schließlich bringen diese Götter ihnen all ihren Wohlstand.
Das untreue Volk gibt vor, dass diese Güter ihm durch die Großzügigkeit der Welt gehören, von der es sie in der Tat erhalten möchte. Zu ihren „Liebhabern“ gehören vor allem Ägypten und Assyrien, mit denen sie unzüchtige Bündnisse eingegangen sind (Hes 16,26.28.29).
Sie sind diese Bündnisse eingegangen, um irdische Vorteile zu erhalten. Aber sie sind blind für die Tatsache, dass auch sie diese irdischen Wohltaten von Gott empfangen haben (Vers 10). Sie suchen ihre Befriedigung weiterhin ausschließlich in irdischen Vergnügungen. Damit stehen sie außerhalb der von David beschriebenen Erfahrung: „Du hast Freude in mein Herz gegeben, mehr als zur Zeit, als es viel Korn und Most gab“ (Ps 4,8). Davids Freude liegt nicht in irdischem Wohlstand und Überfluss. Wenn das Herz in Gott Ruhe findet, ist es vollkommen glücklich und alle irdische Herrlichkeit kann dem Herz gestohlen bleiben.
Was Israel getan hat, tut die Christenheit jetzt: Sie sucht ihren Vorteil in der Welt. Ohne nach dem Gott zu fragen, von dem alles ist, erfreuen sich Christen an allen möglichen Dingen in der gleichen Weise, wie es die Menschen in der Welt tun. Sie sagen auch oft, dass sie selbst hart dafür gearbeitet haben und machen damit ihr Recht auf einen bestimmten Lebensstandard geltend. Nur der Form halber wird manchmal bei den Mahlzeiten noch ein „Formgebet“ gesprochen. Viele Christen wollen so viel wie möglich von allen möglichen Vorteilen profitieren, um das Leben auf der Erde so angenehm wie möglich zu gestalten.
Die heutige Christenheit ist völlig entfremdet von dem, was einen Mann wie Paulus beseelt hat. Wenn er von bestimmten Vorteilen spricht, von denen er profitieren könnte, um sein Ego zu befriedigen, sagt er, dass er um Christi willen alles für Verlust geachtet hat (Phil 3,7.8). Deshalb kann er Christen, die sich dem Genuss des Wohlstands der Welt hingeben, zu Feinden des Kreuzes Christi erklären (Phil 3,18.19). Wieso sollte es heute keine Götzen geben? Von wie vielen Christen ist der Gott nicht „der Bauch“? Sie füllen sich mit allen möglichen weltlichen „Leckerbissen“. Dieser Götze kann sich daher über eine beispiellose Popularität freuen. Wie es dazu gekommen ist? Weil Christus nicht mehr alles für das Herz ist.
Wir können auch von Rebekkas Haltung lernen, als sie gebeten wird, mit zu Isaak zu gehen. Als Abrahams Knecht alles über Isaak erzählt und ihr auch kostbare Dinge gezeigt hat, und dann vorschlägt, sie solle mit ihm gehen, sagt sie, ohne zu zögern: „Ich will gehen“ (1Mo 24,58). Sie nimmt alle Entbehrungen der Wüstenreise in Kauf, um bei Isaak zu sein. Nichts aus ihrem Elternhaus vermag sie dort zu halten. Obwohl sie Isaak nicht gesehen hat, hat sie so viel von seiner Herrlichkeit gesehen, dass sie gerne mit dem Knecht geht. Sie gibt sich ihm bedingungslos hin, er ist ihre erste Liebe. Wenn unsere Liebe zum Herrn Jesus genauso groß ist, sind wir nicht so voll von all diesen irdischen Leckerbissen.
„Brot“ und „Wasser“ sind notwendige Lebensbedürfnisse; „Wolle“ und „Flachs“ werden zur Herstellung von Kleidung verwendet; „Öl“ und „Getränk“ symbolisieren Freude und Festlichkeiten. Um diese Dinge dreht sich das Leben der Israeliten in der Zeit Hoseas, und um diese Dinge dreht sich auch das Leben unzähliger Christen heute.
Das immer wiederkehrende „mein“, das vor jedem dieser Dinge steht, erinnert an das Gleichnis des reichen Toren, das der Herr Jesus ausspricht (Lk 12,13–21). Dem Mann geht es gut. Die Dinge laufen so gut, dass er nicht mehr alles in seinen Vorratsscheunen lagern kann. Er denkt über die zu ergreifenden Maßnahmen nach und kommt zu dem Schluss, dass er die alten Scheunen abreißen und größere bauen wird. Er spricht von „meinen Früchten“, „meinen Scheunen“, „meinen Weizen und meine Güter“. Wir sehen, wie egoistisch dieser Mann ist und wie sein ganzes Denken auf seinen Besitz ausgerichtet ist. Das Wort „mein“ kommt ziemlich oft aus seinem Mund! Wir sehen diesen Egoismus auch bei Nabal, der David nichts von seinem Besitz geben will (1Sam 25,11).
Aber der Mann in dem Gleichnis hat seine Überlegungen noch nicht beendet. Er hat genug Geld verdient, um in Frieden zu leben, und muss nicht mehr arbeiten. Er meint nun, er könne es genießen. Wir können sagen, dass der Mann gut nachgedacht und seine Angelegenheiten sehr gut geregelt hat. Aber über eine Sache hat er nicht nachgedacht, und das ist das Wort, das der Herr Jesus spricht, bevor Er das Gleichnis erzählt: „Denn [auch] wenn jemand Überfluss hat, besteht sein Leben nicht durch seine Habe“ (Lk 12,15b).
Daher endet das Gleichnis nicht mit einem erfolgreichen Geschäftsmann, der das Leben genießt, sondern mit der Realität, dass Gott das letzte Wort hat. Gott nennt jemanden, der nur für Geld und Güter, Essen, Trinken und Vergnügen lebt, einen „Toren“. Plötzlich kann das irdische Leben zu einem Ende kommen, und dann kannst du all die Dinge, für die du so hart gearbeitet hast und an denen du so sehr hängst, nicht mehr genießen.
8 Dornen und eine Mauer
8 Darum siehe, ich will deinen Weg mit Dornen verzäunen, und ich will ihr eine Mauer errichten, dass sie ihre Pfade nicht finden soll.
Dieser Vers zeigt, wie Gott mit seinem Volk handelt, um es von seinem eigenen Weg zurückzubringen. Er verwendet hierbei zweimal Bildsprache: „Mit Dornen verzäunen“ und „eine Mauer errichten“. Ein mit Dornen versperrter Weg ist ein Weg, auf dem eine undurchdringliche Barriere steht. Diesen Weg kann man nur einschlagen, wenn man schmerzhafte Verletzungen in Kauf nimmt. Der Weg der Sünde wird unansehnlich gemacht; ihre schmerzhafte Seite wird gezeigt.
Jemand kann von einem sündigen Weg abgehalten werden, wenn deutlich gezeigt wird, dass z. B. der Weg den Ruin seiner Gesundheit bedeutet. Ein militärischer Übungsplatz oder ein Minenfeld kann mit Stacheldraht abgesperrt werden, weil es lebensgefährlich ist, dieses Gelände oder Feld zu betreten. Wer die Warnungen nicht beachtet und es trotzdem riskieren will, muss die Konsequenzen tragen. Er kann viele Risse in der Kleidung und auch körperliche Verletzungen bekommen, er läuft sogar Gefahr, getötet zu werden. Nur ein Tor schert sich nicht um Dornen oder Stacheldraht.
Aber Gott hat noch ein anderes Mittel. Er wird den Zugang zum Weg der Sünde mit einer Mauer verschließen. Er tut dies, um die illegalen Nutzer – sein untreues Volk – von dem Pfad der Sünde wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Gott errichtet eine Mauer, eine Mauer, die sein Volk von ihren Liebhabern trennt (vgl. Hiob 19,8).
Dies geschieht, wenn Er Israel zerstreut. Dann existieren sie nicht mehr als Nation und haben keinen Kontakt mehr zu fremden Völkern und ihren Götzen. Auf diese Weise können sie nicht mehr mit den Götzen Ehebruch begehen. In Hosea 3 wird dies weiter ausgeführt, aber hier wird dieses Gericht als eine Zuchtmaßnahme beschrieben, die zur Rückkehr führen muss (Vers 9).
9 Die Entscheidung zur Rückkehr
9 Und sie wird ihren Liebhabern nachlaufen und sie nicht erreichen, und sie wird sie suchen und nicht finden; und sie wird sagen: Ich will hingehen und zu meinem ersten Mann zurückkehren, denn damals ging es mir besser als jetzt.
In diesem Vers folgt die Auswirkung dessen, was Gott in Vers 8 getan hat. Wenn Israel vergeblich an die Völker appelliert, von denen sie so viel profitiert haben, werden sie sich daran erinnern, dass sie gar keine so schlechte Zeit bei Gott hatten. Sie werden zu Ihm zurückkehren. Leider fehlt das Bekennen der Sünden. Von Reue fehlt jede Spur. Es gibt keine Abscheu vor ihrer Sünde, und die Götzen werden nicht aufgegeben.
Anders verhält es sich mit dem verlorenen Sohn in Lukas 15. Dieser Junge denkt auch, dass es in der Welt besser ist als zu Hause. Aber als es ihm elendig geht, erinnert er sich daran, wie viel besser es ihm zu Hause ergangen ist. Als er aufsteht und wieder nach Hause geht, dann tut er dies mit einem Bekenntnis (Lk 15,13–20).
Wenn Israel doch nur mit einem solchen Bekenntnis zu Gott zurückgekehrt wäre. Der folgende Vers macht deutlich, dass sie sich nicht dessen bewusst sind, dass Gott ihnen alles gegeben hat, was sie den Götzen zuschreiben.
Dieses Bild von Israel gilt auch für die Namenschristen. Man sucht die Welt und ihren Nutzen, ihren Reichtum und Wohlstand, das angenehme Dasein, ohne nach Gott zu fragen. Aber es kann passieren, dass in der Welt kein Vorteil mehr zu gewinnen ist, z. B. durch eine Naturkatastrophe, die einem Land den ganzen Reichtum raubt, oder durch eine Krankheit, die allen Plänen ein Ende setzt. Dann gibt es die Tendenz, diesen altertümlichen „Gottesdienst“ wieder aus der Schublade zu holen. In Kriegszeiten füllen sich die Kirchen, und wenn persönliche Not herrscht, fangen die Menschen oft wieder an zu beten. Aber wenn man ausschließlich aus der Not heraus wieder anfängt, nach Gott zu fragen, ohne Reue und Umkehr, dann ist das nur eine hohle Phrase. Gott wird sicher nicht darauf hören (Hiob 35,9.10.12.13).
10 Gott nicht als der Geber anerkannt
10 Und sie erkannte nicht, dass ich ihr das Korn und den Most und das Öl gab und ihr Silber und Gold mehrte, das sie für den Baal verwendet haben.
Gott ist die Quelle allen Segens. „Das Korn und der Most und das Öl“ werden oft zusammen erwähnt (5Mo 7,13; 11,14; 12,17; 14,23; 28,51). Es sind die drei Hauptsegnungen des Landes. Betrachtet man die Gaben, die Gott in der Natur oder geistlich gegeben hat, getrennt von Ihm als dem Geber, wird die Untreue geboren. Israel hat das Bewusstsein dafür verloren, dass es alles, was es besitzt, Gott zu verdanken hat.
Wir sehen, dass dies die Sünde in die Welt gebracht hat. Im Paradies sagt Gott dem Menschen, dass er frei von allen Bäumen des Gartens essen darf. Aber was kommt bei Eva zuerst? Aus ihrer Antwort an die Schlange geht hervor, dass bei ihr die Frucht im Vordergrund steht und nicht der freie Verzehr. Ihre Aufmerksamkeit richtet sich auf das Geschenk und nicht auf den Geber. Und dann geht alles schief. In gewisser Weise segnet Gott alle Menschen (Mt 5,45b; Apg 14,17). Aber ebenso wenig wie Israel und ebenso wenig wie Eva erkennt der moderne Mensch nicht, dass Gott die Quelle der Nahrung und Freude ist, die er jeden Tag genießen darf.
Nicht nur, dass Israel Gott nicht dafür dankt, es nutzt die Gaben Gottes in seiner Kühnheit, um sie dem Baal zu geben. Dies geschieht z. B. dadurch, dass das Gold für ein Bild für den Baal verwendet wird, aber auch dadurch, dass diesem selbstgemachten Bild alle möglichen Arten von Geschenken dargebracht werden. Es ist möglich, dass der Name „Baal“ hier für alle Götzen steht, von denen Baal der beliebteste ist.
Wir können uns durchaus fragen: Wofür verwende ich das, was ich von Gott bekommen habe? Diene ich mir damit selbst? Oder diene ich damit anderen, aber nur für den Vorteil, den es mir bringt? Oder diene ich damit den Göttern unserer Zeit, indem ich mich voll und ganz in meine Karriere vertiefe, indem ich viel Aufmerksamkeit und Geld auf mein Aussehen verwende oder indem ich mich bemühe, so schlagkräftig wie möglich zu argumentieren? Es gibt weitere Beispiele, wie eine Person das, was sie von Gott erhalten hat, zu ihrem eigenen Vorteil missbraucht.
11 Gott nimmt den Segen weg
11 Darum werde ich mein Korn zurücknehmen zu seiner Zeit und meinen Most zu seiner bestimmten Zeit und werde [ihr] meine Wolle und meinen Flachs entreißen, die ihre Blöße bedecken sollten.
Wegen des mangelnden Bewusstseins, dass Gott die Quelle ihres Segens ist (Vers 10), wird Gott ihnen den Segen wieder wegnehmen. Wegen ihrer sündigen Taten wird Gott ihnen Nahrung und Kleidung wegnehmen, sodass es an den grundlegendsten Dingen des Lebens mangelt (1Tim 6,8). Zum Beispiel könnte Gott dem Land den Regen vorenthalten. Mehrmals wurde das Volk für seine Untreue und Götzenverehrung mit Dürre bestraft (1Kön 17,1–7). Er kann den Segen auch wegnehmen durch Feinde, die die Ernte rauben (Ri 6,1–6).
Gott handelt so, weil das Volk Ihm untreu ist. Deshalb beginnt dieser Vers, wie auch Vers 8, mit „Darum“, denn Gott kann nicht zulassen, dass sich sein Volk das aneignet, was Ihm gehört. Gott spricht hier von „mein Korn“, „meinen Most“, „meine Wolle“ und „meinen Flachs“, um anzuzeigen, dass es von Ihm kommt und von Ihm bleibt. Was Er gibt, verliert Er nicht. Er bleibt der Eigentümer davon und hat das Recht, es zurückzunehmen.
Geistlich gesehen ist das auch so. Die Gemeinde hat wegen ihrer Untreue sehr viel Segen verloren. Feinde haben das Sagen in der Gemeinde übernommen. Menschen, die die Bibel kritisieren, erhalten auf der Kanzel den Raum, ihre verderblichen Lehren zu verkünden. Christen sind offener für Einflüsse aus der Welt als für das Wort Gottes. Wenn sich Versammlungs- und Organisationstechniken in der Welt scheinbar bewähren, werden sie auch eingesetzt, um das Funktionieren der Gemeinde Gottes zu verbessern.
Auf diese Weise erhält der Feind die Kontrolle über das Geschehen in der Gemeinde. Das Wort Gottes ist nicht mehr der Maßstab, sondern das Wort der Menschen. Die Gemeinde wird zu einer Vereinigung, die in Übereinstimmung mit dem geführt wird, was in weltlichen Vereinigungen akzeptabel ist. Gott nimmt dann weg, was Er an Segen gegeben hat. Die Gläubigen verlieren das Bewusstsein ihrer Verbindung zu einem verherrlichten Christus, „in dem verborgen sind alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis“ (Kol 2,3).
Dies kann auch auf das natürliche Leben und materielle Dinge angewendet werden. Manchmal muss Geld für Dinge ausgegeben werden, die das Ergebnis von Untreue oder der Verletzung vorgeschriebener Regeln sind. Dies ist der Fall bei einem Strafzettel für Geschwindigkeitsüberschreitungen. Das Geld, das dafür bezahlt werden muss, ist verloren. Wenn man einen Zusammenstoß verursacht, kostet das oft noch mehr Geld. Es ist auch möglich, deine Gesundheit unverantwortlich zu behandeln, wodurch der Körper bestimmte Funktionen verliert. Durch schlechtes Verhalten kann dir Geld und Gut und Gesundheit genommen werden, du hast es verloren.
Doch nun die Reaktion. Tue ich es ab mit: „Nun, das kann jedem passieren, also auch mir“? Das ist wahr, aber schaut der Christ nicht weiter? Gott spricht dadurch. Bin ich offen dafür, das zu lernen, was Gott mich dadurch lehren will? Letzteres könnte man sicherlich von einem Christen erwarten.
12 Gottes Volk in Schande gebracht
12 Und nun werde ich ihre Schande aufdecken vor den Augen ihrer Liebhaber, und niemand wird sie aus meiner Hand erretten.
Das hier mit „Schande“ übersetzte Wort bedeutet „verdorrter Zustand“. Das ist das Endergebnis, wenn Gott ihnen all ihren Überfluss genommen hat. Israels „Liebhaber“ werden es deshalb verachten und nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen. Es bezeichnet die tiefe Demütigung Israels.
So ergeht es jedem, der Gott verlässt, um der Welt zu dienen. Gott wird einen solchen Menschen vor den Augen der Welt entehren. Die Welt scheint ein Liebhaber zu sein, aber sobald es nichts mehr zu holen gibt, wird man beiseitegeschoben wie der letzte Dreck. So etwas passiert einem ägyptischen jungen Mann. Weil er krank geworden ist, wird er von seinem Herrn verlassen als Beute für jeden, der ihn findet. Glücklicherweise fällt dieser junge Mann in die Hände von David (1Sam 30,11–20).
Wenn Gott sein Urteil verkündet, ist es unmöglich, sich dem zu entziehen. Niemand kann Ihn dann aufhalten. Vielleicht gibt es Menschen, die Mitleid mit deiner Situation haben, aber wenn es keine wirkliche Rückkehr zu Gott gibt, ist es nicht möglich, wirklich aus diesem „verdorrten Zustand“ herauszukommen.
13 Gott nimmt dem Volk ihre Feste weg
13 Und ich werde all ihrer Freude, ihren Festen, ihren Neumonden und ihren Sabbaten und allen ihren Festzeiten ein Ende machen.
Gott wird alles wegnehmen, worüber sein Volk sich freut, weil es eine Freude ohne Ihn ist. Die Feste sind zu religiösen Formen verkommen, in denen kein Platz für Gott ist. Das Zentrum für die religiösen Zeremonien ist Jerusalem. Das Zehnstämmereich wird seine Festlichkeiten wohl in Bethel und Dan bei den goldenen Kälbern (1Kön 12,25–33) oder an anderen geweihten Orten abgehalten haben.
Von den in 3. Mose 23 beschriebenen Festen werden hier das Fest des Posaunenschalls erwähnt, das mit „Neumonden“ bezeichnet wird, die wöchentlichen „Sabbate“ und „all ihre Festzeiten“, das sind die jährlichen Feste. Zu den jährlichen Festen gehören das Passahfest, das Pfingstfest und das Laubhüttenfest.
Aber was in 3. Mose 23 „die Feste des HERRN“ genannt wird (3Mo 23,2), wird hier ihre Feste, ihre Neumonde und ihre Sabbate, und alle ihre Festzeiten genannt. Im Johannes-Evangelium finden wir dasselbe. Dort wird das „Passah dem HERRN“ (3Mo 23,5) „das Passah der Juden“ genannt (Joh 2,13; 6,4; vgl. Joh 5,1; 7,2). Sie halten diese Feste nicht zu Ehren Gottes, sondern für das Fest selbst. Nur die Form wird beibehalten.
Dasselbe gilt auch für die Christenheit. Die äußeren Formen des Gottesdienstes existieren nach wie vor. Sie sind jedoch leere Hüllen, in denen Gott nicht geehrt wird, sondern in denen der Mensch im Mittelpunkt steht und es sich gut gehen lässt. Im Neuen Testament werden zwei Dinge als „des Herrn“ bezeichnet. Das ist „des Herrn Mahl“ (1Kor 11,20) und „des Herrn Tag“ (Off 1,10). Der Ausdruck „des Herrn“ bedeutet „dem Herrn gehörend“ und kommt als Ausdruck nur an diesen beiden Stellen vor.
Das Abendmahl des Herrn ist zu einem Abendmahl der Menschen geworden. Ob man sagt, dass das Sakrament zur Stärkung des Glaubens dient, wie im Protestantismus, oder ob man sagt, dass man durch den Gebrauch des Sakraments Christus isst und somit das ewige Leben hat, wie im römischen Katholizismus, in beiden Fällen wird nicht verstanden, was dieses Mahl bedeutet. Das Abendmahl ist ein Gedächtnismahl zum Gedenken an den, der sich Gott übergeben hat und für die Gemeinde gestorben ist (1Kor 11,23–26).
Ebenso ist der Tag des Herrn, der Sonntag, zu einem Tag geworden, den wir mit Dingen füllen, die wir gerne tun. Vielleicht besuchen wir noch eine Kirche oder eine Gemeinde, aber das darf alles nicht zu lange dauern, denn es sollte auch für uns selbst noch genügend Zeit bleiben. Wir betrachten ihn nicht mehr als einen Tag, den Er speziell für sich selbst vorgesehen hat.
Übrigens ist „des Herrn Tag“ keine verkappte Form des Sabbats, für den man sich alle möglichen Regeln ausgedacht hat, was man tun darf und vor allem, was man nicht tun darf. Der Zweck des Tages des Herrn besteht darin, dass sich jeder Christ an diesem Tag besonders mit dem Herrn beschäftigt. Dasselbe gilt natürlich auch für andere Tage, an denen ein Christ mit dem Herrn beschäftigt ist. Er kann nicht einen Augenblick ohne Ihn leben. Aber an diesem besonderen Tag rücken die alltäglichen Dinge, die wir immer tun müssen, so weit wie möglich beiseite, um Ihn zu ehren.
Dieses Ehren wird in erster Linie bei dem Zusammenkommen mit Kindern Gottes geschehen. Wir können Ihn auch ehren, indem wir einigen von denen, die einen Besuch zu schätzen wissen, ein wenig mehr Aufmerksamkeit schenken. Darüber hinaus wird jeder, der sich vom Herrn führen lässt, sicherlich eine Gestaltung für diesen Tag finden, die der Tatsache entspricht, dass es „des Herrn Tag“ ist.
14 Verwüstung von Weinstock und Feigenbaum
14 Und ich werde ihren Weinstock und ihren Feigenbaum verwüsten, von denen sie sprach: Diese sind mein Lohn, den mir meine Liebhaber gegeben haben. Und ich werde sie zu einem Wald machen, und die Tiere des Feldes werden sie abfressen.
Von den Festen in dem vorhergehenden Vers geht der Prophet zu den Früchten des Landes über. Feste und Früchte gehören zusammen, denn die jährlichen Feierlichkeiten sind mit der Landwirtschaft verbunden. Der Weinstock und der Feigenbaum stehen für die köstlichen Früchte des Landes, die Gott als Segen für jeden Israeliten vorgesehen hat. Zur Zeit Salomos, als er über ein großes Gebiet regierte und Frieden auf allen Seiten hatte, lebten Juda und Israel in Frieden, „jeder unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum“ (1Kön 5,4.5).
Doch was ein Geschenk Gottes ist, wird von Israel als etwas angesehen, das es von seinen Liebhabern, Ägypten und Assyrien, erhalten hat. Wenn sie ihren Weinstock und Feigenbaum sehen, werden sie nicht mehr an die Güte Gottes erinnert, sondern an ihre Handelspartner. Vielleicht rühmen sie sich ihres Einfallsreichtums bei den Verhandlungen.
Gott ist in ihrem Denken nicht mehr gegenwärtig. Was für eine Beleidigung für Ihn! Aber wenn sie glauben, dass sie den Segen, den Gott ihnen gegeben hat, von ihren „Liebhabern“ erhalten haben, brauchen sie nicht mehr auf Gottes Schutz zu zählen. Er wird ihnen jeglichen Schutz nehmen und sie zu einer Beute für ihre Feinde machen. Wer Gottes Segen verachtet, muss auch den Schutz Gottes entbehren.
15 Heimsuchung für die Tage der Baalim
15 Und ich werde an ihr die Tage der Baalim heimsuchen, an denen sie ihnen räucherte und sich mit ihren Ohrringen und ihrem Halsgeschmeide schmückte und ihren Liebhabern nachging; mich aber hat sie vergessen, spricht der HERR.
Der Grund für das Gericht liegt in den Opfergaben für den Baal. Dies bezieht sich auf die Tage Ahabs, durch den der Dienst des Baals zur „Staatsreligion“ erhoben wurde, während der Dienst Gottes beiseitegelegt worden war (1Kön 16,31–33). Obwohl Jehu den Baal Götzendienst auslöschte (2Kön 10,18–28), blieben die Herzen des Volkes an den Baal gebunden. Der Götzendienst ist wiederbelebt worden, und der Dienst des Baals hat wieder begonnen (2Kön 11,18).
Der Plural „Baalim“ weist darauf hin, dass es mehrere Erscheinungsformen des Götzendienstes gibt. Regional werden unterschiedliche Götter unter dem Namen Baal verehrt, ebenso wie es heute von Ort zu Ort unterschiedliche Madonnen einer einzigen Marienverehrung gibt. Es gibt auch Baalim mit unterschiedlichen Funktionen. Die Ehrung der Baalim geht Hand in Hand mit ausgedehnten Zeremonien. Menschen kleiden sich wie Huren, um ihre Liebhaber zu verführen.
Dann kommt das eindrucksvolle „mich aber hat sie vergessen“. Hier hören wir die ergreifende Sprache des Herzens Gottes wegen der Verschmähung seiner Liebe. Ihn zu vergessen oder zu ignorieren ist vielleicht noch schlimmer, als gegen Ihn vorzugehen. Es zeigt Verachtung. Es ist nicht nur, dass man ihn übergeht, sondern auch, dass man so tut, als wäre Er nicht da. Es gibt nichts, was einen Menschen mehr verletzen kann, als so zu tun, als gäbe es ihn nicht. Wie schockierend kann es für ein Kind sein, wenn es entdeckt, dass seine Eltern es vergessen haben. Dann ist man nicht wirklich wichtig, dann sind andere Dinge oder Menschen offenbar wichtiger. Jemand kann aus unseren Gedanken verschwinden, weil wir ihn oder sie nicht mehr interessant finden.
So kann es auch mit Gott geschehen. Manche Menschen sagen, sie hätten ein schwaches Gedächtnis und meinen, sie könnten sich dafür entschuldigen, dass sie Gott nicht gedient haben. Aber wenn man ihnen zuhört, merkt man, dass sie sich an andere Dinge sehr gut erinnern können. Gott zu vergessen ist eine schuldige Handlung, wodurch Ihm enormes Unrecht angetan wird. Ihn lässt es sicher nicht kalt, wie sein Volk Ihn behandelt. Wenn seine Liebe nicht erwidert wird, bereitet Ihm das großen Kummer.
16 Gott wird sein Volk locken
16 Darum siehe, ich werde sie locken und sie in die Wüste führen und zu ihrem Herzen reden;
Mit diesem Vers beginnt eine Beschreibung dessen, was Gott mit seinem Volk in der Zukunft tun wird. Diese Beschreibung geht bis zum Ende des Kapitels weiter. Auf die Ankündigungen des Gerichts folgen nun die Verheißungen der Erlösung. Das Gericht, das Gott verkünden und auch vollstrecken muss, ist nicht sein letztes Wort an sein Volk. Das „Darum“, mit dem der Vers beginnt, leitet hier den Segen ein, so wie das „Darum“ in den Versen 8 und 11 das Gericht einleitet.
Der Ort, den Gott auswählt, um mit dem Segen zu beginnen, ist die Wüste. Dort muss das Volk lernen, dass die falschen Götter es nicht reich machen konnten. In der Einsamkeit der Wüste, nur mit dem HERRN allein, wird es erfahren, wohin seine Sünde es gebracht hat. Dort wird es den Mangel an den Segnungen spüren, die Gott ihm in seinem Land gegeben hatte. Dies ist Gottes Weg mit seinem Volk, um ihm schließlich Gutes zu tun.
Dieses Führen Gottes in die Wüste geschieht, wenn Er sein Volk von den Assyrern wegführen und in „die Wüste der Völker“ (Hes 20,35.36) zerstreuen lässt. Die Wüste ist der Ort, an dem die „Kindheitserinnerungen“ wachgerufen werden. Gott kann sie dort an die alten Tage erinnern, als Israel Ihm in seiner ersten Liebe folgte (Jer 2,2). Das Wort „Wüste“ hier in Hosea und die Erwähnung von „Ägypten“ im folgenden Vers weisen auf eine historische Ähnlichkeit zu der Zeit des Auszugs Israels aus Ägypten hin. So wie Gott damals dem Volk befahl, Ägypten zu verlassen, in die Wüste zu gehen und die Reise in das gelobte Land anzutreten, so wird Er es auch in Zukunft tun.
Genau wie in dieser Zeit, der Zeit ihrer ersten Liebe, wird das Volk erneut in die „Wüste“ gebracht werden. Dort wird Gott sie prüfen, richten und reinigen, sodass es den Weg des Segens wiederfindet und das Land wiedererlangt. Viele werden verurteilt werden. Nur ein Überrest wird tatsächlich ins Land kommen. So war es auch bei dem Auszug aus Ägypten auf dem Weg in das gelobte Land. Die Leiber von vielen sind in der Wüste gefallen.
Es ist bemerkenswert, wie dieses Gericht der Zerstreuung hier dargestellt wird, nämlich als eine Angelegenheit der göttlichen Liebe. Gott sagt, dass Er sie dorthin „locken“ und „zu ihrem Herzen reden“ wird. Er „lockt“ sie. Er zerrt sie also nicht an den Haaren in die Wüste. Das Wort für „locken“ beinhaltet den Gedanken, durch „attraktive Vorteile zu überreden“.
Hinter dem Zwang zur Zerstreuung, der wegen ihrer Untreue notwendig ist, verbirgt sich die Liebe Gottes. Gott möchte sein Volk wieder für sich allein haben. „Zu ihrem Herzen reden“ bedeutet „mit jemandem freundlich, ermutigend, tröstend sprechen“. Derselbe Ausdruck wird in Jesaja 40 und Ruth 2 verwendet, wo er auch dazu dient, den anderen zu beruhigen (Jes 40,2; Rt 2,13).
So wie für Israel die Wüste ein Bild der Zerstreuung unter die Nationen ist, so ist die Wüste für uns ein Bild des Ortes, an dem Gott uns prüft und formt. In unserem persönlichen Leben beginnt, nachdem wir vom Weg mit dem Herrn abgewichen sind, die Wiederherstellung oft auch, weil wir uns in einer Prüfung befinden.
Wir entdecken, dass ein Leben ohne Gott nicht die Befriedigung gibt, die wir erwartet haben. Wir machen enttäuschende Erfahrungen. Das Leben beginnt, wie eine Wüste auszusehen. Es gibt nichts „Essbares“ zu finden, nichts, was einem Menschen wirklich Befriedigung verschaffen kann. Aber dann entdecken wir auch, dass Gott uns in diese Prüfung „gelockt“ hat und in ihr „zu unseren Herzen reden“ will. So handelt Gott, auch mit uns, weil Er die Seinen liebt.
17 Eine Tür der Hoffnung
17 und ich werde ihr von dort aus ihre Weinberge geben und das Tal Achor zu einer Tür der Hoffnung. Und sie wird dort singen wie in den Tagen ihrer Jugend und wie an dem Tag, als sie aus dem Land Ägypten heraufzog.
Die Rückkehr aus der Wüste ins Land wird mit wunderschönen Worten Salomons im Buch Hohelied beschrieben: „Wer ist sie, die da heraufkommt von der Wüste her, sich auf ihren Geliebten stützt? (Hld 8,5). Hier sehen wir Israel, das sich nicht mehr auf die eigene Kraft stützt, sondern auf ihren Geliebten. Er sprach zu ihrem Herzen und versprach ihr Segen. Deshalb zieht sie aus der Wüste herauf.
Der Trost, den der HERR für sein Volk hat, drückt sich nicht nur in Worten aus. In seiner Gnade wird Er ihm auch den Zugang zu seinen Segnungen gewähren. Es sind Segnungen, die Er ihm zuerst gab und dann wieder wegnahm. Nun, da es gelernt hat, dass alle Segnungen nur von Gott kommen, darf es sie wieder aus der Hand Gottes annehmen. In seiner Gnade nennt Er die Weinberge sogar „ihre Weinberge“. Hier stellen diese Weinberge die Segnungen des Landes Kanaan dar.
„Das Tal Achor“ erinnert an Gottes Gericht über die Sünde (Jos 7,1.24–26). Wenn Israel dieses Gericht von Gott über die Sünde, die unter ihnen geschehen ist, vollstreckt hat, kann die Tür, die den Zugang zum Segen ermöglicht, wieder geöffnet werden. So wird eine „Trübsal“ – das bedeutet Achor – zu einer Tür der Hoffnung (vgl. Jes 65,10).
Das gilt auch für uns persönlich. Das Tal, in dem wir unsere Sünde bekennen und verurteilen, wird zu einem Ort der Hoffnung. Ein Tal spricht von Erniedrigung. Erniedrigung, das Verurteilen unserer Sünden, ist der Ausgangspunkt, um die Gemeinschaft mit Gott neu zu erfahren. In Golgatha sehen wir zutiefst diesen Platz des Gerichts, an dem aber auch die Tür der Hoffnung weit offensteht.
Wenn Israel in Zukunft wieder die Segnungen des Landes besitzen darf, wird es „singen“, wie es das nach seiner Erlösung aus der Knechtschaft Ägyptens am Roten Meer getan hat (2Mo 15,1). „Singen“ ist hier wörtlich „antworten“, d. h. antworten im Wechselgesang (2Mo 15,21a). Dies ist das Lied „in den Tagen ihrer Jugend“.
Mit den Segnungen, die sie in Zukunft wieder genießen wird, wird sie die Freude über ihre erste Befreiung und Erlösung wieder erleben. Gnade gibt ihrer Geschichte, die von unerschütterlichem Segen begleitet ist, einen neuen Anfang. Die Frische dieser erneuerten Jugend, die für das ganze Volk anbricht, wird dann nicht mehr verloren gehen.
18 Mein Mann
18 Und es wird geschehen an jenem Tag, spricht der HERR, da wirst du mich nennen: Mein Mann; und du wirst mich nicht mehr nennen: Mein Baal.
In der Zukunft, wenn Gott sein Volk wieder in Gnade für sich gewonnen hat, wird Er ihnen wie ein Ehemann sein. Er möchte dann nicht mehr ein Meister (Baal) für sie sein und als solcher angesprochen werden. Es ist möglich, dass Israel den HERRN als Baal angesprochen hat. Wenn das Volk noch an einer Verbindung mit Gott festhält, aber die Liebe zu Ihm nicht mehr vorhanden ist, wird Er als einer der vielen Götter angesehen, denen man sich unterwirft. Was Israel betrifft, so wird diese Situation in Zukunft ein Ende haben. Dann wird Israel wieder in der aufrechten Liebesbeziehung zu Ihm sein (Jes 54,5).
Selbst innerhalb der Christenheit gibt es die Vorstellung, dass Gott ein strenger Herrscher ist, dessen eisernem Willen sich niemand entziehen kann. Gott möchte dieser Situation, die das Leben vieler Christen äußerst düster macht, ein Ende setzen. Diese Christen leben gewissermaßen im Tal Achor, ohne jedoch die Tür der Hoffnung zu kennen, die dieses Tal auch enthält. Sie sehen Gott immer als einen Gott, der über die Sünde, ihre Sünde, verärgert ist. Aber es scheint, als seien sie blind für die Tür, die Gott genau in diesem Moment öffnet.
Gott will sie zu glücklichen, dankbaren Christen machen, die Ihn kennen und zu Ihm als Vater sprechen dürfen, statt zu „einem Gott, der ständig zürnt“. Diejenigen, die Gott nur als zornigen Herrscher kennen, haben ein einseitiges und daher falsches Bild von Ihm. Damit wird Gott auf eine Stufe mit den Götzen gestellt, die völlig willkürlich handeln, ohne jede Zuneigung für ihre Anbeter. Götzen sind immer fordernde Götter. Wer den Gott und Vater des Herrn Jesus Christus als einen bloß fordernden Gott darstellt, zeichnet ein verzerrtes Bild von Ihm und missachtet den gebenden und vergebenden Gott. In Jesus Christus hat Gott alles gegeben, um einen Menschen zu seinem Kind zu machen und sein Vater zu sein. „Gott sei Dank für seine unaussprechliche Gabe!“ (2Kor 9,15).
19 Keine anderen Namen mehr
19 Und ich werde die Namen der Baalim aus ihrem Mund wegtun, und sie werden nicht mehr mit ihrem Namen erwähnt werden.
Durch Israels Bekehrung werden sie den Götzen nicht mehr dienen. Die Namen der Götzen werden nicht mehr erwähnt (vgl. Ps 16,4). Es wird für die Zeit, in der Israel wieder in Treue zu seinem Gott leben wird, kennzeichnend sein, dass andere Götter nicht mehr in Erscheinung treten (Sach 13,2a). Das wiederhergestellte Volk, das wieder im Land lebt, wird dann das Gesetz in seinem Herzen geschrieben haben und entsprechend handeln. Sie werden keine Schwierigkeiten mehr haben mit dem Wort, das ihnen auf dem Sinai gesagt und dann so oft von ihnen übertreten wurde (2Mo 23,13).
Für uns Christen gibt es eine ähnliche Warnung in Gottes Wort: „Hurerei aber und alle Unreinheit oder Habsucht werde nicht einmal unter euch genannt, wie es Heiligen geziemt; auch Schändlichkeit und albernes Geschwätz oder Witzelei, die sich nicht geziemen, sondern vielmehr Danksagung“ (Eph 5,3). Wer wagt zu behaupten, dass er sich nie einer oder mehrerer der genannten Äußerungen schuldig gemacht hat? Zweideutige Bemerkungen sollten nicht aus dem Mund eines Christen kommen. Sexuelles Gerede passt nicht zu Kindern Gottes. Alle Arten von unsittlichen Anspielungen auf jemanden des anderen Geschlechts sind aus dem Bösen und nicht aus Gott heraus. Aussagen, die an Habsucht erinnern, sind ein Zeichen dafür, dass wir mit dem, was wir haben, nicht zufrieden sind.
All diesen Äußerungen des Fleisches, Ausdrucksformen, die für die Welt charakteristisch sind, steht ein einziges anderes Wort entgegen: „Danksagung.“ Wer dankt, steht in Verbindung mit Gott als dem Geber, als der Quelle aller guten Gaben und jedes reinen Wortes. Gott möchte, dass wir allein mit Ihm in Verbindung stehen und aus dieser Beziehung leben. Dann gibt es keinen Platz mehr für irgendeine Form von Götzendienst.
20 Frieden auf der Erde
20 Und ich werde an jenem Tag einen Bund für sie schließen mit den Tieren des Feldes und mit den Vögeln des Himmels und mit den kriechenden Tieren der Erde; und ich werde Bogen und Schwert und den Krieg aus dem Land zerbrechen und werde sie in Sicherheit wohnen lassen.
Im zukünftigen Friedensreich wird die Tierwelt nicht mehr von der Angst vor dem Menschen geprägt sein, die seit dem Sündenfall da ist (1Mo 9,2). Der Friede, den Israel dann als Volk haben wird, wird seine Ausstrahlung über die ganze Erde, einschließlich des Tierreichs, haben. Jesaja spricht in seiner Prophezeiung überschwänglich über diese Zeit und den dann herrschenden Frieden (Jes 11,6–9). Was Hosea hier sagt, wird buchstäblich erfüllt werden.
Es kann auch eine Anwendung gemacht werden. In den verschiedenen Tieren können wir die Werkzeuge der Gerichte Gottes sehen, d. h. die verschiedenen Feinde, durch die Gott sein Volk gezüchtigt hat. Wenn die feindlichen Nationen die ihnen von Gott anvertraute Aufgabe erfüllt haben, wird auch mit ihnen ein Bund geschlossen. So werden sie auch an dem Segen teilhaben, der Israels Teil sein wird (Jes 19,22–25). Den Krieg, der durch die Jahrhunderte hindurch die Geißel der Erde ist und hier durch „Bogen und Schwert und den Krieg“ repräsentiert wird, wird es nicht mehr geben. Der HERR wird diese Dinge von der Erde verschwinden lassen und Krieg wird nicht mehr gelehrt werden (Jes 2,4; Mich 4,3). Er wird „sie in Sicherheit wohnen lassen“, was bedeutet, dass sein Volk in Frieden wohnen wird.
21 Israel wieder von Gott zur Braut genommen
21 Und ich will dich mir verloben in Ewigkeit, und ich will dich mir verloben in Gerechtigkeit und in Gericht und in Güte und in Barmherzigkeit,
Gott spricht hier direkt zu Israel. Es wird ein Neuanfang gemacht, als ob Israel nie untreu gewesen wäre. Es ist ein neuer Bund, der an die Stelle des alten, von Israel gebrochenen Bundes tritt. Der neue Bund, den Gott dann mit seinem Volk schließt, ist „in Ewigkeit“ und wird nie mehr gebrochen werden. Israel wird dann nicht mehr von Gott abirren, denn Gottes Gesetz ist in ihren Herzen geschrieben.
Dieses Verhältnis basiert auf mehreren Dingen. An erster Stelle steht „in Gerechtigkeit und in Gericht“. Es drückt die vollkommen legale Grundlage für diese Ehe aus. Es handelt sich nicht um eine Beziehung, in der Sünde geduldet wird. Die ganze Untreue des Volkes ist von Gott gerecht gerichtet worden, während ein Überrest wegen des Werkes seines Sohnes verschont wurde. An diesem Überrest, der Jesus als den Christus bekennt, wird Gott alle seine Verheißungen erfüllen. Weil Gottes Gerechtigkeit durch Christus vollständig erfüllt wurde, hat Christus auch Anspruch auf die Erfüllung der Verheißungen. Er ist im Recht, wenn Er das Volk wieder zu seiner Braut nimmt.
Neben der Gerechtigkeit und dem Gericht liegen „Güte und … Barmherzigkeit“ der Wiederherstellung der Beziehung zwischen dem HERRN und seiner Braut zugrunde. Auf diese Weise wird ausgedrückt, dass Gott sich von ganzem Herzen um seine Braut kümmert. Dies zeigt Gottes Gesinnung für sein Volk und seine innerliche Barmherzigkeit über die elendige Situation, in der es sich befindet. Was die Beziehung zwischen dem Messias und seinem irdischen Volk kennzeichnet, zeigt sich auch in der Art und Weise, wie der Messias im Friedensreich regiert: „Gerechtigkeit und Gericht sind die Grundfeste deines Thrones; Güte und Wahrheit gehen vor deinem Angesicht her“ (Ps 89,15).
Es ist für manche schwer zu verstehen, dass der Herr Jesus zwei Bräute hat, eine irdische Braut, Israel, und eine himmlische Braut, die Gemeinde, „die Braut, die Frau des Lammes“ (Off 21,9). Aber wir müssen uns daran erinnern, dass es nur um Bildsprache geht. Es ist eine Darstellung der Beziehung zwischen dem Herrn Jesus und Israel und eine Darstellung der Beziehung zwischen dem Herrn Jesus und der Gemeinde. Sowohl mit Israel auf der Erde als auch mit der Gemeinde im Himmel unterhält der Herr Jesus eine enge Beziehung der Liebe und Gemeinschaft. Diese Beziehung und dieses Band, das er sowohl mit Israel als auch mit der Gemeinde hat, kann nicht besser dargestellt werden als durch das Bild der Ehe.
22 Treue
22 und ich will dich mir verloben in Treue; und du wirst den HERRN erkennen.
Das fünfte Merkmal, nach den vier Merkmalen des vorherigen Verses, auf dem die neue Beziehung zwischen Gott und seinem Volk beruht, ist „Treue“. Diese Eigenschaft der Treue wird sicherlich auch für das Volk in seiner Beziehung zu Gott gelten. Sie werden Ihm nicht mehr untreu sein. Für Gott gilt das immer: „Wenn wir untreu sind – er bleibt treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen“ (2Tim 2,13).
Dass Er treu ist, zeigt auch, dass Er der Garant für alle seine Verheißungen an Israel ist. Er wird sie erfüllen. Sie werden nicht mehr vom HERRN abirren, weil sie Ihn wirklich erkennen werden. Das ist das Ergebnis des neuen Herzens, das sie dann erhalten und in das Gott seine Gesetze geschrieben hat (Heb 8,8–12; Jer 31,31–34). Es ist diese Erkenntnis des HERRN, die für das Friedensreich kennzeichnend ist (vgl. Jes 11,9). Diese Erkenntnis ist bis heute noch nicht vorhanden (Vers 10; Hos 4,1.6).
23 - 24 Der HERR erhört
23 Und es wird geschehen an jenem Tag, da werde ich erhören, spricht der HERR: Ich werde den Himmel erhören, und dieser wird die Erde erhören; 24 und die Erde wird das Korn und den Most und das Öl erhören; und sie, sie werden Jisreel erhören.
Das Herz des Volkes ist zu Gott zurückgebracht worden. Die zerbrochene Beziehung zwischen Gott und seinem Volk ist wiederhergestellt. Nach der Wiederherstellung der inneren Verbindung steht dem Strom von Gottes Segen nichts mehr im Weg. Aber dieser Strom des Segens kommt erst, nachdem das Volk darum gebeten hat. Gott will sich als ein Gott, der hört, zu erkennen geben. Das kommt zuerst. Alles andere ist nur die Auswirkung dessen. Während Israel die Segnungen des Landes zunächst als seinen eigenen Besitz ansah, erkennen sie nun durch ihr Gebet, dass es Segnungen sind, die von Gott kommen müssen und aus Gnade geschenkt sind.
Sie verlassen sich nicht mehr auf die Gunst der Götzen für ihre Bedürfnisse. Israel hat den Baalim den Segen zugeschrieben. Deshalb hat Gott ihnen diesen Segen vorenthalten, damit sie lernen, dass Er der Geber ist (Verse 9.10). Jetzt gibt es keinen Platz mehr für Götzen. In der wiederhergestellten Beziehung zu ihrem Gott machen sie Ihm nun ihre Bedürfnisse im Gebet bekannt. Er wird ihnen antworten, und wie! Es wird einen ununterbrochenen Strom des Segens zwischen dem HERRN und seinem irdischen Volk geben.
Himmel und Erde sind seit dem Sündenfall des Menschen voneinander getrennt. Seitdem hat Satan Macht auf der Erde (Lk 4,5.6) und tritt vor Gott im Himmel als Verkläger der Gläubigen auf (Off 12,10). Aber in der Zeit des Segens, die dann für Israel gekommen sein wird, wird die Macht des Satans gebrochen werden. Auf der Erde kann er während dieser Zeit nichts Böses mehr tun (Off 20,2.3). Und der Himmel wird von seiner Gegenwart gereinigt sein, nachdem er von ihm entfernt wurde (Off 12,9.10).
Dann wird es eine schöne Harmonie zwischen Himmel und Erde geben. Es wird auch eine schöne Harmonie zwischen Saat und Ernte geben. Die Segenskette findet ihren Ursprung in Gott. Das Erste, was gesagt wird, ist: „Da werde ich erhören.“ Das sagt Gott und dann beginnt der Segen zu strömen. Der Himmel wird Gott bitten, der Erde Regen, das ist Segen, zu geben, und Gott wird erhören. Aber die Bitte an den Himmel kommt von der Erde. Die Erde wird als eine Person gesehen, die den Himmel um Regen bittet. Der Himmel wird antworten und den Segen geben.
Aber auch die Frage der Erde steht nicht allein. Die Erde ihrerseits wird durch das Korn, den Most und das Öl um Fruchtbarkeit gebeten. Deshalb bittet die Erde den Himmel um Regen. Aber auch die Bitte von dem Weizen, dem Most und dem Öl steht nicht allein. Jisreel hat nach den Früchten des Landes gefragt. Also bittet Jisreel als Erster. Jisreel ist Israel, wie es zu dieser Zeit von Gott in das Land gesät worden sein wird – siehe auch die Auslegung zu Hosea 2,2. Israel ist der Gegenstand von Gottes Segen. So werden der Himmel und die Erde und die Früchte der Erde – im Friedensreich – für die Bedürfnisse des Volkes Gottes sorgen.
Es ist wunderbar zu sehen, wie die Gebete hier aufeinander abgestimmt sind. Alle Gebete haben das gleiche Ziel, jedes Glied in dieser Gebetskette trägt dazu bei. Es geht um Segen für Gottes Volk. Der Himmel wird erhört von Gott, der Regen geben wird. Deshalb wird Jisreel den Segen des Landes als aus Gottes Hand kommend und als Gebetserhörung genießen können.
Der Inhalt dieser Gebete hat uns etwas zu sagen. Gott will auch sein gegenwärtiges Volk, die Gemeinde, segnen. Beten wir dafür? Es geht darum, das zu genießen, was Gott uns bereits gegeben hat. Gott hat uns „gesegnet … mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen [Örtern] in Christus“ (Eph 1,3). Aber Paulus betet für die Epheser, dass sie sich auch daran erfreuen, was Gott ihnen gibt (Eph 1,16b–19; vgl. Kol 1,9.10; 4,2.3). Wenn wir uns in unseren Gebeten mehr auf den Inhalt dessen konzentrieren würden, was Paulus betet, würden wir dann nicht einen wirklichen Segen von Gott in Christus genießen?
Was die Wiederherstellung Israels in seiner Beziehung zum HERRN betrifft, gibt es noch mehr zu berichten. Es wird nicht nur ein Segen für Israel sein, sondern die ganze Erde wird an diesem Segen teilhaben. Die ganze Schöpfung wird dann von dem Fluch, der durch den Sündenfall auf sie gelegt wurde, befreit sein. Die Befreiung der Schöpfung wird mit der „Offenbarung der Söhne Gottes“ verbunden sein (Röm 8,19–21).
Wenn der Herr Jesus wiederkommt und jene herrliche Zeit für Israel und die ganze Erde anbricht, wird Er nicht allein kommen. Alle, die durch den Glauben an den Sohn Gottes Söhne Gottes geworden sind, werden Ihn begleiten (Off 19,14). Zusammen mit allen Gläubigen des Alten Testaments sowie allen, die nach der Aufnahme der Gemeinde während der Zeit der großen Drangsal getötet wurden, „herrschten mit dem Christus tausend Jahre“ (Off 20,4–6).
25 Du bist Mein Volk
25 Und ich will sie mir säen im Land und will mich über Lo-Ruchama erbarmen. Und ich will zu Lo-Ammi sagen: „Du bist mein Volk“; und es wird sagen: „Mein Gott“.
Gott ist zu seinem Ziel gekommen. Er hat sein Volk zurück in seinem Herz und in seinem Land. Das Volk, das von Ihm und für Ihn gesät wurde, wird in der Gemeinschaft mit Ihm vollen Segen genießen. In dieser Zeit, der Zeit des Friedensreiches, wird sich die Situation, die Hosea in seinen Tagen in den Namen seiner Kinder ausdrücken musste (Hos 1,4.6.9), völlig umkehren. Das „Gott zerstreut“, die eine Bedeutung von „Jisreel“, in der sein Gericht zum Ausdruck kommt, wird umgewandelt in „Gott sät“, die andere Bedeutung von „Jisreel“. Dies ist der Ausdruck von Gottes Segen. Dass Gott hier von Säen spricht, lässt nicht nur an den Segen für die Saat denken, sondern auch an die Vermehrung, die Zunahme der Menge. Das Volk wird den Segen genießen, aber auch sehr zahlreich werden und sich in Scharen ausbreiten (Jes 54,3).
Paulus zitiert diesen Vers in seinem Brief an die Römer (Röm 9,25). In Römer 9 zitiert er auch, wie wir gesehen haben, Hosea 2,1 (Röm 9,26). Dieses Zitat dient dazu, zu zeigen, dass Gottes Gnade nicht auf den Juden beschränkt werden kann. Das Zitat aus Hosea 2,25 dient einem anderen Zweck. Dieser Vers macht deutlich, dass, obwohl die Gnade ohne Unterschied Juden und Heiden erwiesen wird, es noch einen separaten Segen für den Juden gibt. Dieser Segen ist: Die Wiederherstellung im eigenen Land, ein Land, das Gott den Vätern verheißen hatte.
Auch Petrus bezieht sich in seinem ersten Brief auf diesen Vers. Er beleuchtet noch einen anderen Aspekt. Aus seinem Brief geht hervor, dass er an bekehrte Juden „von [der] Zerstreuung“ schreibt (1Pet 1,1). Er schreibt an sie: „Die ihr einst „nicht ein Volk“ wart, jetzt aber ein Volk Gottes seid; die ihr „nicht Barmherzigkeit empfangen hattet“, jetzt aber Barmherzigkeit empfangen habt“ (1Pet 2,10). Damit bezieht sich Petrus auf den Vers hier. Er will damit deutlich machen, dass die gläubigen Juden, denen er schreibt, bereits in der Beziehung zu Gott stehen, die das ganze Volk erst in der Zukunft haben wird.
Da sie von Natur aus Juden sind, ruht das Gericht, das Gott in Hosea offenbart, auf ihnen. Als bekehrte Juden sind sie bereits als Gottes Volk angenommen worden und haben bereits seine Gnade empfangen. Es ist auch wahr, dass sie durch ihren Glauben an den Herrn Jesus in die Gemeinde eingegliedert wurden, aber diese Tatsache wird hier von Petrus nicht erwähnt. Es geht ihm darum, seinen jüdischen Brüdern zu zeigen, was sie durch den Glauben an den Messias von Gott empfangen haben.
Wie wir schon bei dem Namen „Jisreel“ gesehen haben, werden auch die anderen in Hosea 1 erwähnten Namen „Lo-Ruchama“ und „Lo-Ammi“ durch Gottes Gnade zum Guten verändert. In Hosea 1 bedeuten sie Gericht. Hier bekommen sie eine positive Bedeutung, die an Barmherzigkeit und Segen denken lässt. Gott kümmert sich um Lo-Ruchama, was „nicht-Erbarmen“ bedeutet. Zu Lo-Ammi, was „nicht-mein-Volk“ bedeutet, sagt Er: „Du bist Mein Volk.“
Bei so viel Güte und Barmherzigkeit kann das Volk nur ausrufen: „Mein Gott“. Dabei drücken sie all die Gefühle der Dankbarkeit, der Bewunderung und des Lobes aus, die ihr Herz erfüllen. Das erinnert an das, was wir von Thomas lesen. Thomas ist ein Bild des Überrestes, der erst zum Glauben kommt, wenn er den auferstandenen Herrn sieht. Als Thomas Ihn aber sieht, sagt er voller Ehrfurcht und Staunen: „Mein Herr und mein Gott!“ (Joh 20,28).