Einleitung
Das Lied, das Barak und Debora nach dem Sieg singen, ist ein besonderes und beeindruckendes Lied. Es ist auch ein langes Lied, wenn wir die kurze Beschreibung des Kampfes beachten. Es ist das einzige Lied im Buch, es wird weiter nicht gesungen. Der Inhalt des Liedes passt zum Zustand jener Tage. Die durchlebten Gefühle kommen darin zum Ausdruck, und die Erinnerung an Gottes Taten bleibt bewahrt.
Doch es geht nicht allein um den Blick zurück in die Vergangenheit, auf das, was Gott getan hat und wie die verschiedenen Personen und Stämme sich verhalten haben. Es ist auch ein Lied, in dem der Glaube den zukünftigen Endsieg sieht. Es entnimmt diese Sicherheit aus dem, was Gott gerade für sein Volk bewirkt hat. Im Leben des Gläubigen ist jeder Sieg, den er erringt, ein Vorschuss auf den Endsieg. Er darf im Glauben mit der Erfüllung rechnen: „Der Gott des Friedens aber wird in kurzem den Satan unter eure Füße zertreten“ (Röm 16,20). Der Endsieg steht fest. Jeder Glaubenssieg verweist auf jenen Augenblick und ermutigt den Gläubigen in seinem Vertrauen auf Gott.
Im ersten Lied, dem wir in der Bibel begegnen, dem Lied des Mose (2Mo 15,1), sehen wir etwas Derartiges. Wir lesen dort, wie der Glaube Moses über die ganze Wüstenreise hinweg, die damals noch vor ihnen lag, gleichsam in das verheißene Land hineinsieht (2Mo 15,13.17). Das besingt er, und das ganze Volk stimmt mit ein. Letzteres verhält sich im Lied der Debora nicht so. Wir hören nur zwei Stimmen. Schön zu sehen ist, wie dieses Lied mit dem HERRN beginnt und endigt (Verse 1–5; Vers 31).
Eine Einteilung dieses Liedes kann helfen, den Inhalt besser zu verstehen:
1. Der HERR wird gepriesen für sein Eingreifen (Verse 1–5).
2. Israel während der Besatzungszeit (Verse 6–8).
3. Aufruf, von dem Sieg des HERRN zu zeugen (Verse 9–11).
4. Die Rolle der einzelnen Stämme (Verse 12–18).
5. Beschreibung des Kampfes (Verse 19–23).
6. Jael wird für ihre Tat gerühmt (Verse 24–27).
7. Die Mutter Siseras wartet vergeblich (Verse 28–30).
8. Umkommen und aufgehen (Vers 31).
1 - 5 1. Der HERR wird gepriesen
1 Und Debora und Barak, der Sohn Abinoams, sangen an jenem Tag und sprachen:
2 Weil Führer führten in Israel,
weil freiwillig sich stellte das Volk,
preist den HERRN!
3 Hört, ihr Könige; horcht auf, ihr Fürsten!
Ich will, [ja], ich will dem HERRN singen,
will singen und spielen dem HERRN,
dem Gott Israels!
4 HERR, als du auszogst von Seir,
als du einherschrittest vom Gebiet Edoms,
da erzitterte die Erde; auch troffen die Himmel,
auch troffen die Wolken von Wasser.
5 Die Berge erbebten vor dem HERRN,
jener Sinai vor dem HERRN, dem Gott Israels.
Vers 1. Wie gesagt, wird dieses Lied nur von zwei Menschen gesungen, einer Frau des Glaubens und einem Mann des Glaubens, während doch das ganze Volk an dem Sieg teilhatte. Doch es bleibt ein Lied nach dem Herzen Gottes. Es geht in Zeiten des Verfalls nicht darum, eine Masse Menschen zum Singen von Lobliedern zusammenzubringen. Wir dürfen uns heute wirklich fragen, ob die Organisation von Lobpreis-Zusammenkünften, wozu jeder eingeladen wird, aus der Wirksamkeit des Geistes Gottes hervorgeht. Doch wenn solche Zusammenkünfte abgehalten werden, um die Einheit unter Christen zu bewirken, dann wird das Singen für eine Sache gebraucht, die nicht von der Bibel unterstützt wird.
Wie entsteht ein Loblied? Es wird in einem Herzen geboren, das eine Erfahrung mit Gott gemacht hat. Gott ist in einem solchen Leben auf eine besondere Weise gegenwärtig gewesen. Die Folge davon ist ein Loblied. Wer weiß, dass seine Sünden vergeben sind, kann davon singen. Das kann zusammen mit allen geschehen, die ebenfalls die Sicherheit der Vergebung ihrer Sünden haben. Das bringt zusammen; es gibt dann einen gemeinsamen Anlass für das gemeinsame Singen. Wie könnte man gemeinsam mit Ungläubigen zur Ehre Gottes singen? Sie haben doch keine Erfahrungen mit Gott gemacht?
Der Anlass für das Lied Deboras und Baraks ist das, was Gott mit Jabin getan hat. Im vorherigen Kapitel steht: „So beugte Gott an jenem Tag Jabin“ (Ri 4,23). In Vers 1 unseres Kapitels steht: „Debora und Barak … sangen an jenem Tag.“ Am selben Tag, da Gott Jabin beugte, wurde gesungen. Es gab keine Wartezeit für eine formelle Angelegenheit. Das Handeln Gottes zugunsten seines Volkes ruft offensichtlich eine spontane Reaktion in Form eines Liedes bei Debora und Barak hervor. So ist auch jede Form der Befreiung für uns ein direkter Grund zum Singen eines Lobliedes. Uns wird sogar gesagt, dass wir durch den Herrn Jesus „Gott stets ein Opfer des Lobes darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen“ (Heb 13,15). Tun wir das auch?
Vers 2. Die Übersetzung des ersten Teils dieses Verses scheint nicht einfach zu sein. Jemand, der des Hebräischen, der Sprache, in der das Alte Testament größtenteils geschrieben worden ist, mächtig ist, schreibt in einer Erläuterung zu diesem Vers: „Der Öffnungssatz ist einer der unklarsten Verse des Liedes. Er kann auch so übersetzt werden: „Als die Haarlocken lang wuchsen in Israel“, was ein Hinweis auf eine Praxis sein könnte, bei der man sein Haar nicht schneiden ließ, um ein Gelübde zu erfüllen (4Mo 6,5.18). Dies würde eine Hingabe an den HERRN zur Teilnahme an einem heiligen Krieg bedeuten. 5. Mose 32,42 kann einen Hinweis auf langhaarige Soldaten beinhalten, obwohl „Führer“ dort auch möglich ist (5Mo 32,42).“
Das lange Haar weist auf Hingabe und Unterwürfigkeit hin. Von der Frau heißt es, dass das lange Haar „eine Ehre für sie ist, weil das Haar ihr anstatt eines Schleiers gegeben ist“ (1Kor 11,15). Es geht in diesem Abschnitt um ihr Verhältnis zum Mann und darum, wie Gott dieses sieht. Die Frau kann an ihrem Äußeren erkennen lassen, dass sie innerlich eine Gesinnung der Hingabe und Unterwürfigkeit dem Mann gegenüber hat. Die Frau kann durch das Tragen von langem Haar erkennen lassen, dass sie mit dem übereinstimmt, was Gott in ihrer Beziehung zum Mann von ihr verlangt. Sie gibt ihren eigenen Willen preis und nimmt eine Stellung der Unterordnung ein. Dieser allgemeine Gedanke über das lange Haar kann auch auf Stellen im Alten Testament angewandt werden, wo das lange Haar erwähnt wird.
Wenn wir auf die andere Übersetzung blicken, in der von Führern die Rede ist, dann scheint dies einen völlig anderen Aspekt zu beleuchten. Aber das ist nicht so. Wenn Führer wieder so zu funktionieren beginnen, wie es von ihnen erwartet werden darf, und sie aufs Neue ihre Verantwortlichkeiten auf sich nehmen, dann können sie erst gut funktionieren, wenn sie sich Gott hingeben und sich ihrer Unterwürfigkeit Ihm gegenüber bewusst sind. Das Ergebnis davon ist, dass das Volk sich freiwillig anbietet. Es wird kein Befehl ausgestellt, es wird ein Beispiel gegeben. Ein gutes Vorbild lässt Gutes folgen. Wenn die Verhältnisse im Volk Gottes wieder so zu wirken beginnen, dann ist das ein Grund, den HERRN zu preisen.
Tut es nicht wohl, wenn in einer Glaubensgemeinschaft Führung auf eine biblische Weise ausgeübt wird, und zwar von Führern, die nicht von Menschen, sondern von Gott angestellt sind? Über solche Personen spricht Paulus, wenn er sagt: „Habt Acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in der euch der Heilige Geist als Aufseher gesetzt hat“ (Apg 20,28a). Ist das Ergebnis ihres Auftretens nicht, dass andere sich freiwillig anbieten, etwas für den Herrn zu tun? Haben wir einen Blick dafür, und was ist unsere Reaktion?
Vers 3. Die Treue der Führer und die Bereitwilligkeit des Volkes lassen aus Debora ein Lied zur Ehre des HERRN zum Vorschein kommen. Zugleich ist dieses Lied ein Zeugnis für andere Würdenträger. Könige und andere Machthaber werden aufgerufen, auf das zu hören, was sie singen will. Sie können viel davon lernen. Machthaber, die auf den Willen Gottes Rücksicht nehmen wollen, werden von Debora in ihrem Lied ermutigt. Wer Gottes Willen jedoch nicht berücksichtigt, bekommt in demselben Lied deutliche Warnungen zu hören.
Wenn wir bedenken, dass wir, das heißt die Gläubigen der Gemeinde, auch Könige genannt werden (1Pet 2,9; Off 5,10a), dann hat ihr Lied auch uns das Nötige zu sagen. Lasst uns unsere Ohren weit aufmachen und den Inhalt dieses Liedes gut in uns aufnehmen.
Verse 4 und 5. In diesen Versen richtet sich alle Aufmerksamkeit auf den HERRN selbst und auf das, was Er in der Vergangenheit getan hat. Er wird hier als eine sichtbare Erscheinung beschrieben. So wird Gott auch in Psalm 68 beschrieben, wo Er ebenfalls als der Erlöser seines Volkes besungen wird (Ps 68,7.8). Debora stellt das Auftreten Gottes zugunsten seines Volkes im vorausgegangenen Kapitel so vor, indem sie dies mit seinem Auftreten am Anfang der Geschichte Israels vergleicht.
Sie sieht Ihn mit einer Majestät ausziehen, welche die Widersacher lähmt. Groß und beeindruckend ist die Majestät dieses Helden. Auch Habakuk gibt eine lebendige Beschreibung des Auftretens Gottes für sein Volk in der Vergangenheit (Hab 3,3–15). Vieles vom Handeln Gottes in der Geschichte wird erklärt, wenn wir einmal auf sein Auftreten in früheren Zeiten blicken.
Seir ist ein Name für die Berge, in denen die Nachkommen Esaus, die Edomiter, wohnen. Sie behandelten die Israeliten feindlich, als sie von ihnen gebeten wurden, durch ihr Land ziehen zu dürfen (4Mo 20,14–21; 5Mo 2,1–8). Die Israeliten durften keinen Krieg gegen die Edomiter führen und mussten daher um ihr Land herumziehen.
Hier, im Lied Deboras, hören wir, wie Gott selbst in Erhabenheit für sein Volk auszog. Berge sind in der Bibel oft ein Bild großer irdischer Mächte. Doch sie wanken gegenüber der Größe Gottes. Sie halten vor Ihm nicht stand. Auch Sinai, der Berg, an dem Gott seinem Volk das Gesetz gab, vermittelt denselben Eindruck (Heb 12,18–21). Die Tatsache, dass Gott Israel dazu auserwählt hat, sein Volk zu sein, nimmt nicht weg, dass Er auch für sie eine beeindruckende Erscheinung bleibt.
Obwohl wir als Gläubige, die zur Gemeinde gehören, nicht in einer Bundesbeziehung zu Gott stehen und Ihn unseren Vater nennen dürfen, steht auch für uns geschrieben: „Auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer“ (Heb 12,29). Dies braucht uns keine Angst einzujagen, aber es wird unsere Ehrerbietung und Ehrfurcht vor Ihm zunehmen lassen. Zugleich ist es eine Ermutigung, wissen zu dürfen, dass dieser Gott unser Gott ist. Er zieht für uns in den Kampf gegen den Feind aus. Welcher Feind wird dann standhalten können?
6 - 8 2. Israel während der Besatzungszeit
6 In den Tagen Schamgars, des Sohnes Anats,
in den Tagen Jaels ruhten die Pfade,
und die Wanderer betretener Wege
gingen krumme Pfade.
7 Es ruhten die Landstädte
in Israel, sie ruhten,
bis ich, Debora, aufstand,
bis ich aufstand,
eine Mutter in Israel.
8 Israel erwählte neue Götter;
da war Kampf an den Toren!
Wurde wohl Schild und Lanze gesehen
unter 40.000 in Israel?
Vers 6. Wir haben schon einen einzigen Vers über Schamgar gelesen (Ri 3,31). Nun lesen wir etwas von ihm, und zwar über die Zeit, in der er lebte. Hier lesen wir, dass Zeiten, in denen Schamgar und Jael lebten, einander gleichen. Es waren Zeiten, in denen der Feind das Volk Israel belagerte. Niemand wagte mehr, auf der Straße zu gehen. Die Straßen waren leer. Und wer doch irgendwohin musste, krumme Pfade.
In 3. Mose 26 hat Gott vorausgesagt, dass die Straßen „öde“ werden sollten, wenn das Volk untreu würde (3Mo 26,22). In Jesaja 35 sehen wir bevölkerte Wege als Folge der Regierung des Messias (Jes 35,8–10). Dort ist das Volk Gottes zurückgekehrt und empfängt den verheißenen, aufgeschobenen Segen. Unsere Zeit ähnelt den Tagen Schamgars und Jaels. Das Wort Gottes wird nur wenig berücksichtigt. Es glückt dem Feind leider, viele Christen vom rechten Weg abzubringen und davon abzuhalten.
Schamgar und Jael haben im Glauben gehandelt und dem Feind einen empfindlichen Schlag versetzt. Sie begnügten sich nicht mit der allgemeinen Auffassung, dass es doch nichts helfe, sich zu widersetzen. In allen Zeiten, auch in unseren, ist es stets deutlich geworden, wer sich der herrschenden Meinung fügt und wer sich öffentlich auf Gottes Seite stellt. Die krummen Wege sind ein Bild des Handelns nach eigener Einsicht, während man nicht nach dem Willen Gottes fragt. Oft geschieht das aus Angst vor dem Kampf, der sicher kommt, wenn man sich der Meinung der Masse widersetzt.
Vers 7. Das Volk Gottes ging seine eigenen Wege. Sie bestimmten selbst, wie sie ihr Leben einrichten wollten und fragten nicht nach Gottes Willen. Es gab keine Führer, keine Menschen, die das Volk Gottes mit dem Willen Gottes bekannt machten. Mangel an Kenntnis des Wortes Gottes, die Haltung, Gott nicht zu fragen, wie Er über die Dinge denkt, führt unvermeidbar zum Untergang des Volkes Gottes (Hos 4,1.6). Dann steht Debora auf. Debora ist nicht hochmütig, wenn sie sich selbst „eine Mutter in Israel“ nennt. Im weiteren Verlauf kommt noch eine Mutter zu Wort, die Mutter Siseras, doch sie ist anders als Debora.
Dass Debora sich „eine Mutter“ nennt und nicht „eine Führerin“, sagt etwas über die Weise aus, wie geführt werden muss. Eine Mutter ist eine Frau, die sich mit Liebe und Fürsorge ihren Kindern widmet. Sie setzt alles daran, ihren Kindern zu geben, was sie für ihr Wachstum und ihre Selbstständigkeit benötigen. An solchen Führern besteht in der Gemeinde Gottes großer Bedarf. Paulus war ein Führer, der sich in der Gemeinde in Thessalonich, einer jungen Gemeinde, wie eine Mutter verhält (1Thes 2,7b.11.12a). Der echte Führer ist nicht jemand, dem gedient wird, sondern der selbst dient. Ein wunderbares und auch vollkommenes Vorbild davon ist der Herr Jesus (Lk 22,24–27).
Vers 8. Das Wort „Götter“ wird im Alten Testament einige Male als Bezeichnung für Richter oder Leiter gebraucht, Menschen, die das Volk führten (Ps 82,1). Das Tor war in Israel oftmals der Ort, an dem Verwaltung ausgeübt wurde (Rt 4,1–11).
Wir können uns beim ersten Teil dieses Verses einen Wahlkampf vorstellen. Das Ergebnis einer solchen Wahl war wiederum Kampf, und zwar nicht gegen einen Feind von außen, sondern gegeneinander. Das geschah, weil nicht nach dem Willen Gottes gefragt wurde. Die neuen Führer waren nicht besser als die vorherigen. Sie waren auf ihren eigenen Profit aus. Von Ruhe und Frieden konnte keine Rede sein.
Ist es heutzutage in der Welt anders? Und was sehen wir unter dem Volk Gottes? Viele Führer denken nur an ihre eigene Stellung, Ehre und ihr eigenes Einkommen und tragen keine wirkliche Sorge um die Herde Gottes. Dadurch werden keine Waffen beim Volk gefunden, mit denen sie sich gegen den Feind verteidigen können („Schild“) oder ihn verjagen können („Lanze“). Dies ähnelt der Zeit Sauls, als es keinen Schmied in Israel gab und dadurch keine Schwerter angefertigt werden konnten (1Sam 13,19).
Die Waffen, die wir, die Gläubigen der Gemeinde, gebrauchen, sind nicht fleischliche Waffen, sondern sie sind geistlich. Es ist eine traurige Tatsache, dass Streit unter den Führern des Volkes Gottes das ganze Volk kraftlos macht. Die Menschen, die für die Ausrüstung des Volkes Gottes verantwortlich sind, enthalten die notwendige Handreichung für ein Überwinderleben vor. Auf das Wort Gottes, das ein Schild und eine Lanze ist, wird nicht mehr verwiesen, oder es wird ihm eine eigene, zeitgenössische und inhaltslose Auslegung gegeben. In der Christenheit werden „Schild und Lanze“ kaum mehr gefunden. Wissen wir, wie wir Gottes Wort auf die richtige Weise handhaben müssen? Ich hoffe, dass wir uns dazu vom Geist Gottes unterweisen lassen.
9 - 11 3. Aufruf zu zeugen
9 Mein Herz gehört den Führern Israels,
denen, die sich freiwillig stellten im Volk.
Preist den HERRN!
10 Die ihr reitet auf weißroten Eselinnen,
die ihr sitzt auf Teppichen
und die ihr wandelt auf dem Weg,
singt!
11 Fern von der Stimme der Bogenschützen, zwischen den Schöpfrinnen,
dort sollen sie preisen die gerechten Taten des HERRN,
die gerechten Taten an seinen Landstädten in Israel.
Da zog das Volk des HERRN hinab zu den Toren.
Vers 9 fährt mit dem ermutigenden Thema von Vers 2 fort. Drangsal und Kampf sind dem Sieg gewichen. Debora macht sich mit den Menschen eins, die sich dafür zur Verfügung gestellt haben, das Volk Gottes wieder zu befreien. Ihr Herz schlägt für sie. Schließen wir uns auch den Gläubigen an, die ein Leben der Hingabe an den Herrn führen? Fühlen wir uns mit ihnen verbunden, freuen wir uns mit solchen Gläubigen? Debora preist den HERRN aufs Neue dafür, denn Er hat dies bewirkt. Lasst uns damit fortfahren, Ihn großzumachen für alles, worin wir seine Taten bemerken.
Vers 10. Reisende können sich wieder ohne Gefahr auf den Weg machen. Die täglichen Beschäftigungen können aufgenommen werden. Dies sind die schönen Ergebnisse der Befreiung aus der Macht des Feindes. Doch Debora lädt nicht allein diejenigen ein, die gekämpft haben. Nein, alle dürfen die Früchte des Kampfes pflücken. Jeder darf von dem zeugen, was Gott zugunsten seines Volkes getan hat und darüber nachdenken.
Sie ruft dazu auf, die gerechten Taten, die uns in Richter 4 mitgeteilt werden, miteinander zu teilen (Vers 11). Sie nennt diese Taten „die gerechten Taten des HERRN, die gerechten Taten an seinen Landstädten in Israel“. Sehr schön wird hier das Handeln des HERRN durch das Handeln der Führer hindurch gesehen; sie werden seine Führer genannt. Mit solchen Menschen will er sich gern einsmachen. Ihre Taten sind seine Taten.
Diese gerechten Taten stellen einen Gesprächsgegenstand bei den Schöpfrinnen dar. Dorthin kommen die Frauen, um Wasser schöpfen und so für alle Durstigen etwas zu trinken zu haben. Wasser ist hier ein schönes Bild des Wortes Gottes (Eph 5,26). Schöpfrinnen stellen Gelegenheiten vor, bei denen man zusammenkommt, um aus dem Wort Gottes zu schöpfen. Das sind keine Orte, an denen gekämpft wird, sondern Orte, wo jeder seinen geistlichen Durst löschen kann.
Diese Gelegenheiten können wir oftmals selbst schaffen. Ein Kaffeebesuch oder ein Geburtstag kann manchmal zu einer solchen Gelegenheit werden. Es geht nicht um tief gehende Diskussionen, sondern darum, unter den Eindruck der Heilstaten zu kommen, die der Herr entweder selbst oder durch seine Knechte getan hat. Es erfreut und ermutigt, wenn wir gemeinsam an dem teilhaben können, was der Herr getan hat (vgl. Apg 15,3.4.12).
Die Folge davon ist, dass das Volk zu den Toren gehen kann, weil dort wieder auf eine gute Weise Recht gesprochen wird, im Gegensatz zu dem, was in Vers 8 erwähnt ist. Das gemeinsame Gespräch über das Wort Gottes ist eine der wichtigsten Bedingungen für eine gute Führung (das Tor) in der örtlichen Gemeinde.
Es heißt, dass „das Volk des HERRN hinab zu den Toren“ zog. Das scheint darauf hinzuweisen, dass die Beziehung zwischen dem HERRN und seinem Volk wiederhergestellt war. Sie waren zwar stets sein Volk gewesen, doch sie hatten sich nicht dementsprechend verhalten. Nun waren sie dieses Namens wieder würdig. Das Volk ließ dadurch, dass es bereit war, auf die Menschen zu hören, die der HERR „in den Toren“ dazu gegeben hatte, seinen Willen bekannt zu geben, erkennen, dass es wiederum mit dem HERRN verbunden war. Eine echte Beziehung zum Herrn zeigt sich in unserer Liebe zu Ihm. Diese Liebe kommt immer in dem Wunsch zum Ausdruck, sein Wort heranzuziehen und das zu tun, was Er darin sagt.
12 - 18 4. Die Rolle der einzelnen Stämme
12 Wach auf, wach auf, Debora!
Wach auf, wach auf, sprich ein Lied!
Mach dich auf, Barak,
und führe gefangen deine Gefangenen, Sohn Abinoams!
13 Da zog hinab ein Überrest der Edlen [und] des Volkes;
der HERR zog zu mir herab unter den Helden.
14 Von Ephraim [zogen hinab], deren Stammsitz bei Amalek ist;
hinter dir her Benjamin, unter deinen Völkern;
von Makir zogen hinab die Führer,
und von Sebulon,
die den Feldherrnstab halten.
15 Und meine Fürsten in Issaschar waren mit Debora;
und Issaschar gleich Barak;
er wurde seinen Füßen nach ins Tal gesandt.
An den Bächen Rubens
waren große Beschlüsse des Herzens.
16 Warum bliebst du zwischen den Hürden,
das Flöten bei den Herden zu hören?
An den Bächen Rubens
waren große Beratungen des Herzens.
17 Gilead ruhte jenseits des Jordan;
und Dan, warum weilte er auf Schiffen?
Aser blieb am Gestade des Meeres,
und an seinen Buchten ruhte er.
18 Sebulon ist ein Volk, das seine Seele dem Tod preisgab,
auch Naphtali auf den Höhen des Feldes.
Vers 12. Es ist möglich, dass es im Leben Deboras auch eine Periode der Lauheit gegeben hat. Damals hatte sie der Zustand, in dem sich das Volk Gottes befand, nicht so tief berührt. Sie kommt zum Bewusstsein, dass es in ihrem Leben anders laufen muss. Sie ruft sich selbst dazu auf, ein Lied zu singen. Es kann sein, dass hier ein Kriegslied gemeint ist, um anzudeuten, dass sie wieder kampffähig ist. Erst nachdem sie zu sich selbst gesprochen und erkannt hat, dass sie selbst zuerst wieder wach werden musste, wendet sie sich an Barak.
Manchmal müssen wir uns selbst wachrütteln und uns einmal richtig anpacken, um uns dessen bewusst werden zu können, dass wir uns nicht gut beschäftigen. Es ist möglich, dass wir durch alle angenehmen Dinge des Lebens eingenickt sind. Wir haben dann keine geistliche Aktivität mehr, wir sind mit unseren gesellschaftlichen und materiellen Interessen beschäftigt. Wir sitzen zwar in den Zusammenkünften, doch wir sind eigentlich nicht davon betroffen. Wir lesen zwar in der Bibel, doch sie berührt uns nicht wirklich. Dann dürfen wir nicht weiterschlummern, sondern es wird Zeit, dass wir wach werden und unsere Augen für die Dinge öffnen, die wirklich wichtig sind.
Falls jemand sich in einer solchen Phase befindet, dann soll er zu sich selbst sprechen und anfangen, es anders zu machen, motiviert von Gottes Liebe zu ihm und zu seinem Volk. Mit seiner Kampfbereitschaft kann er danach anfangen, andere dazu zu erwecken, aktiv zu werden und den Kampf anzugehen, so wie Debora das bei Barak tut. Sie spornt ihn an, aufzustehen und seine Kriegsgefangenen wegzuführen. Was hier zu Barak singend gesprochen wird, wird auch Gott (Ps 68,18) und Christus (Eph 4,8) zugeschrieben. Barak ist hier also ein Bild Christi.
Vers 13. Der Ausdruck „da zog hinab eine Überrest“ zeigt an, dass die Zeit der Unterdrückung ihren Tribut gefordert hatte. Viele waren im Kampf gefallen; es war kein zahlreiches Volk, das übriggeblieben war. Aber der HERR hatte für sie eine besondere Belohnung: Sie durften über ihre Feinde herrschen. „Was entronnen war“ bildet zugleich „das Volk des HERRN“. Das ganze Volk des HERRN besteht also aus Menschen, die dem Feind entronnen sind. Das ganze Volk, das noch da ist, ein Überrest, ist in seiner Existenz ein Zeugnis der Gnade Gottes. Alle hatten doch gesündigt und waren von dem HERRN abgewichen? Dass überhaupt noch Menschen übriggeblieben sind, ist allein seiner Gnade zu verdanken.
So wird es in der Zukunft auch Israel ergehen. Um ihrer Sünden willen werden sie in eine große Drangsal kommen. Der Herr Jesus sagt darüber: „Und wenn jene Tage nicht verkürzt würden, so würde kein Fleisch errettet werden“ (Mt 24,22). Aber auch dann wird ein Rest, ein Überrest, errettet werden, und dieser wird dann „ganz Israel“ sein, das „errettet werden“ wird (Röm 11,26).
Vers 14. Ephraim und Benjamin, die beiden Stämme, die im Süden wohnen, werden zuerst genannt. Makir bildet einen Teil des halben Stammes Manasse, der im Land wohnt (vgl. Jos 13,30.31). Sebulon wird auch noch in Vers 18 erwähnt und für seinen Mut gepriesen. Zusammen mit Naphtali hatte Sebulon auf den Aufruf Baraks in Richter 4 reagiert (Ri 4,10), vielleicht wegen ihrer Verbindung mit Debora.
Der Stamm Ephraim gibt das gute Vorbild. Sie wohnten inmitten der Amalekiter, die ein Bild des Fleisches sind. In Ephraim sehen wir hier Menschen, die den Lüsten des Fleisches nicht nachgeben, sondern sich für die Belange Gottes und seines Volkes einsetzen wollen. Das gute Vorbild lässt Gutes folgen: Benjamin geht hinter Ephraim her, um mit ihm zu kämpfen.
Von Makir, Manasse, schlossen sich die Führer den Kämpfern an. Sie fühlten ihre Verantwortung. Von Sebulon werden diejenigen besonders erwähnt, „die den Feldherrnstab halten“. Dies sind die Offiziere, welche die Namen von Freiwilligen notierten. Sie waren Werber. Diese Menschen tun ihr Bestes, um andere in den Kampf mit einzubeziehen. Sie denken nicht, dass sie es allein schon fertig brächten. Wir können hieraus lernen, dass wir einander im Kampf nötig haben.
Verse 15 und 16. Issaschar ist auch ein Stamm, der sich voller Hingabe in den Kampf stürzte. Sowohl der Name Deboras als auch der von Barak werden in diesem Vers an diesen Stamm gekoppelt. Die Fürsten von Issaschar teilten die Überzeugung Deboras. Sie „waren mit Debora“. Von diesem Stamm ging eine stimulierende Wirkung auf Barak aus: „Und Issaschar gleich Barak.“ Wir dürfen hinter Menschen stehen, die einen guten Blick auf das haben, was Gottes Wort sagt, und werden dann selbst auch wieder andere stimulieren.
Nach dem Preisen einiger Stämme, die sich für die Belange des Volkes Gottes eingesetzt haben, spricht Debora über andere Stämme, die abwichen. Was sie darüber sagt, ist lehrreich für uns. Ruben hatte wohl darüber nachgedacht, seine Zeit und seine Kräfte dem Kampf zu widmen.
Was war das Hindernis? Ruben hat viel Vieh. Die Herden Rubens haben ihn auch bereits daran gehindert, seinen Anteil des Landes in Besitz zu nehmen (4Mo 32,1). Er hat sich mit dem begnügt, was jenseits des Jordan war. Nun forderte man ihn dazu auf, sich seinen Brüdern anzuschließen und mit ihnen den Feind zu bekämpfen. Er denkt und überlegt – das wird zweimal von ihm gesagt! – und er tut es nicht. Seine eigenen Dinge sind wichtiger als die Interessen Gottes.
Wir haben auch so unsere Überlegungen bei der Teilnahme am Kampf für Gottes Volk gegen den Feind. Immer wieder aufs Neue ergeben sich solche Gelegenheiten. Wir werden gefragt, ob wir bei der Verteilung von Traktaten oder bei der Straßenevangelisation oder anderen geistlichen Aktivitäten mitwirken wollen. Diese kosten Zeit und Anstrengung. Jedes Mal, wenn so etwas auf uns zu kommt, ist das ein entscheidender Moment, durch den sich zeigen wird, wie wir unsere Prioritäten verteilen. Suchen wir das Unsere, oder das, was Jesu Christi ist (Phil 2,21)? Es gibt Christen, die wirklich wollen; sie sind voller guter Vorsätze und haben sogar manchmal gute Ideen. Doch im entscheidenden Augenblick springen sie ab. Die Dinge des Lebens, die eigenen Interessen, sind für sie ausschlaggebend. Das ist Ruben.
Vers 17. Gilead liebte seine Ruhe. Stell dir vor, dass du müde werden solltest! Angenehm in deinem bequemen Sessel, dein Lieblingsprogramm vor der Nase, das du nicht für einen geretteten Sünder oder wiederhergestellten Heiligen missen wolltest.
Der Stamm Dan war zu sehr mit Geschäften beschäftigt. Sie hatten einen großen Betrieb mit internationalen Kontakten. Die Geschäfte und der Profit waren wichtiger als der Kampf für die Brüder und das Erbteil des HERRN.
Aser tat überhaupt nichts. Er pflegte den Müßiggang und kümmerte sich um nichts. Er saß hinter einem Getränk auf der Terrasse und vergnügte sich, indem er sich die Menschen anschaute, die vorbeiliefen.
Vers 18. Welch einen Gegensatz stellen dann Sebulon und Naphtali zu den eben erwähnten Stämmen dar. Sie sind die wahren Überwinder, die überwinden, indem sie ihr Leben aufs Spiel setzen (vgl. Off 12,11; Lk 12,26). Sie lieben Gott mehr als sich selbst und stellen das unter Beweis, indem sie ihr Leben aufs Spiel setzen.
Auch wir können das, wenn wir sehen, wie Gott uns geliebt hat. Diese Liebe ist deutlich in dem zu sehen, was der Herr Jesus am Kreuz tat. Wenn wir das sehen, kann dann etwas anderes von uns erwartet werden? „Hieran haben wir die Liebe erkannt, dass er für uns sein Leben hingegeben hat; auch wir sind schuldig, für die Brüder das Leben hinzugeben“ (1Joh 3,16).
Paulus war so jemand, der der Liebe Gottes mit einem Leben entsprach, in dem er sich selbst außer Acht ließ, um anderen zu dienen. In Apostelgeschichte 20 zeugt er davon: „Aber ich nehme keine Rücksicht auf mein Leben als teuer für mich selbst, damit ich meinen Lauf vollende und den Dienst, den ich von dem Herrn Jesus empfangen habe, zu bezeugen das Evangelium der Gnade Gottes“ (Apg 20,24). Paulus sagt über einen anderen Knecht, dass dieser „um des Werkes Christi willen … dem Tod nahe gekommen“ ist (Phil 2,30). Wo sind heutzutage solche Männer und Frauen zu finden? Willst du solch ein Mensch sein?
19 - 23 5. Beschreibung des Kampfes
19 Könige kamen, sie kämpften;
da kämpften die Könige Kanaans
bei Taanak an den Wassern Megiddos:
Beute an Silber trugen sie nicht davon.
20 Vom Himmel her kämpften,
von ihren Bahnen aus kämpften die Sterne
mit Sisera.
21 Der Bach Kison riss sie weg,
der Bach der Urzeit, der Bach Kison.
Du, meine Seele, tritt auf in Kraft!
22 Da stampften die Hufe der Pferde
vom Rennen, dem Rennen ihrer Gewaltigen.
23 Verflucht Meros!, spricht der Engel des HERRN,
verflucht seine Bewohner!
Denn sie sind dem HERRN nicht zu Hilfe gekommen,
dem HERRN zu Hilfe unter den Helden.
Vers 19. In diesem lebendigen Bericht sehen wir, wie die Könige Kanaans in großer Selbstsicherheit hinaufzogen, um mit dem aufrührerischen Völkchen Israel abzurechnen. Sie hatten gedacht, einen großen Sieg zu erringen, mit viel Beute. Doch mit Ironie in ihrer Stimme sagt Debora: „Beute an Silber trugen sie nicht davon.“
Der Kampf spielte sich bei Taanak ab, an den Wassern Megiddos, das heißt in den Grenzgebieten Issaschars und Manasses. Viele Ausleger weisen auf den Zusammenhang hin, der zwischen Megiddo im Alten Testament und „Harmagedon“ in Offenbarung 16 besteht (Off 16,16). Harmagedon bedeutet vermutlich „Gebirge oder Berg von Megiddo“.
Die Verwandtschaft zwischen den Namen ist nicht das Einzige, was auffällt. Was von noch größerer Bedeutung ist, ist die Ähnlichkeit zwischen den Geschehnissen aus Richter 4 und demjenigen, was im Buch der Offenbarung beschrieben wird. Bei Megiddo werden die feindlichen Heerlager geschlagen und das Volk des HERRN wird befreit. Bei Harmagedon wird auch etwas Derartiges stattfinden (Off 19,11–21). Die Heerlager des dann wiederhergestellten Römischen Reiches, das heißt des vereinigten Westeuropas, das in der Zukunft dem abfälligen Israel in seinem Kampf gegen den König des Nordens zu Hilfe kommen wird, werden durch das Kommen Christi vertilgt werden. Der gottesfürchtige Teil Israels ist dann errettet und wird „ganz Israel“ genannt (Röm 11,26).
Verse 20–22. Es ist die Vermutung geäußert worden, dass hier auf einen Wolkenbruch angespielt wird, wodurch sich das Schlachtfeld in einen Schlammtümpel verwandelte und die festgefahrenen Streitwagen nichts mehr ausrichten konnten. Dadurch konnten die Israeliten den Sieg erringen. Hieraus wäre zu erklären, dass Sisera nicht mit seinem Wagen flüchtete, sondern zu Fuß (Ri 4,15). Die Reifen blieben in dem Morast stecken und die Pferde sackten darin ein. Dies erklärt auch, dass der Bach Kison sich in eine wild strömende Wassermasse verwandeln konnte.
Es ist aber möglich, dass Gott etwas tat, was Er früher bei den Plagen über Ägypten getan hatte. Bei der siebenten Plage heißt es: „Und der HERR sandte Donner und Hagel, und Feuer fuhr zur Erde. Und der HERR ließ Hagel auf das Land Ägypten regnen. Und es kam Hagel, und Feuer, mitten im Hagel zusammengeballt, sehr schwer“ (2Mo 9,23.24). Man kann sich vorstellen, dass es angesichts solcher Naturgewalt so scheinen kann, als ob die Sterne vom Himmel fallen und der Hagel den Boden morastig und den Bach wild macht.
Dieses Schauspiel ist für jeden, der an dem Kampf teilnimmt, eine Ermutigung. Sie sagen zu sich selbst: „Du, meine Seele, tritt auf in Kraft!“ Wenn man sieht, dass Gott sich in den Kampf einmischt, dann verleiht das zusätzlich Kraft und Mut. Der Ausdruck „tritt auf“ wird auch übersetzt mit „einherschreiten über ihre Höhen“ (5Mo 33,29), als Beweis der Unterwerfung des Feindes. In Richter 20 ist er mit „traten ihn nieder“ übersetzt (Ri 20,43). Das „tritt auf“ bezieht sich also auf das Zerbrechen der feindlichen Macht und das Einholen des Sieges.
Diese Sprache ist auch kennzeichnend für jemanden, der im Sieg Christi steht. Eine solche Person ist nicht mit dem halben Ergebnis zufrieden, sondern macht weiter, bis der volle Sieg errungen ist, und zwar in der Sicherheit, diesen auch wirklich zu erringen. Wie die Pferdehufe der feindlichen Heerlager den Boden auch donnern lassen mögen, der Feind wird in der Verfolgung von den tapferen Kämpfern des Volkes Gottes geschlagen werden.
Vers 23. Es ist nicht bekannt, wo Meros lag. Aller Wahrscheinlichkeit nach war es eine Stadt, die mitten in dem Gebiet lag, in dem die Schlacht sich abspielte. Das ist aus der schweren Verfluchung abzuleiten, die über Meros ausgesprochen wird. Andere Stämme haben ebenfalls Vorwürfe zu hören bekommen, weil sie nicht am Kampf teilgenommen haben, doch diese waren nicht so ernst wie dieser Vorwurf. Es kann sein, dass dieser Unterschied aus der Lage der Gebiete hervorgeht. Wer sich näher bei einem Kampfgebiet befindet und mit eigenen Augen sieht, was dort geschieht, hat eine größere Verantwortung als jemand, der weiter entfernt steht und weniger direkt vom Geschehen betroffen ist.
Eine mögliche Bedeutung des Namens Meros ist „gebaut aus Zedern“. Dies deutet wohl etwas davon an, wofür sie lebten. Sie wohnten in Zedernpalästen und lebten in aller Ruhe, ohne sich über den Zustand ihrer Brüder Sorgen zu machen. Sie liebten sich selbst und nicht den HERRN. Paulus sagt von Menschen, die den Herrn nicht lieben: „Wenn jemand den Herrn [Jesus Christus] nicht lieb hat, der sei verflucht; Maranatha!“ (1Kor 16,22).
Was Debora über Meros sagt, erinnert auch an das, was der HERR durch den Mund Haggais sagt. Er tadelt sein Volk, dass sie alle mit ihrem eigenen Haus beschäftigt sind, während sie sich nichts an dem Haus Gottes machen (Hag 1,2–4.9). Sie völlig für ihr Hier und Jetzt.
Debora ist der Mund des Engels des HERRN, als sie den Fluch über Meros ausspricht. Diese Gleichgültigkeit hinsichtlich ihrer Brüder wird so gesehen, als ob sie dem HERRN in seinem Kampf gegen den Feind ihre Hilfe versagten. Wir sehen hier, wie der HERR sich mit seinem leidenden Volk identifiziert.
24 - 27 6. Jael wird für ihre Tat gerühmt
24 Gesegnet vor Frauen sei
Jael, die Frau Hebers, des Keniters,
vor Frauen in Zelten gesegnet!
25 Wasser verlangte er, Milch gab sie;
in einer Schale der Edlen reichte sie geronnene Milch.
26 Ihre Hand streckte sie aus nach dem Pflock
und ihre Rechte nach dem Hammer der Arbeiter;
und sie hämmerte auf Sisera ein, zerschmetterte sein Haupt
und zerschlug und durchbohrte seine Schläfe.
27 Zwischen ihren Füßen krümmte er sich, fiel, lag da;
zwischen ihren Füßen krümmte er sich, fiel;
da, wo er sich krümmte,
fiel er überwältigt.
Vers 24. Was Jael getan hat, stellt einen großen Gegensatz zur Haltung Meros im vorausgegangenen Vers dar. Indem die Haltungen einander gegenübergestellt werden, treten die Taten jedes Betroffenen umso deutlicher hervor. Wir haben in Richter 4 bereits gesehen, welches der Anteil Jaels in dem Kampf gewesen ist (Ri 4,17–22). Hier wird sie für das gepriesen, was sie getan hat. Sie ragt über alle Frauen Israels hinaus. Ihre Verbindung mit Heber machte sie nicht neutral und hielt sie nicht davon zurück, ihre Glaubenstat zu vollbringen.
Sie war eine einfache Hausfrau, wie so viele andere, doch sie hat sich durch den Mut, den sie bewiesen hat, von allen anderen unterschieden. Noch einmal: Dies ist eine große Ermutigung für jede Hausfrau. Sie kann auf ihrem eigenen Gebiet große und entscheidende Siege für den Herrn erringen!
Vers 25. Debora beschreibt, wie Jael gehandelt hat. Sie ging sehr vorsichtig zu Werke und gebrauchte die Mittel, die ihr zur Verfügung standen. Sie machte es dem Feind bequem. Obwohl Sisera erschöpft bei ihr ankam, war das nicht der richtige Moment, um ihn zu töten. Sie sah das ein. Es ist wichtig, den richtigen Moment dafür abzuwarten, dem Feind die Niederlage beizubringen. Wenn sie zu früh gehandelt hätte, wäre viel mehr Energie nötig gewesen. Dabei können wir uns fragen, ob das bezweckte Ergebnis in der Tat erreicht worden wäre. Diese Übung ist für uns alle notwendig.
Jael gerät nicht in Panik, als der mächtige Feind in ihr Zelt kommt. Sie kommt seiner Bitte entgegen und gibt sogar mehr, als er erbeten hat. Sie passt sogar das Trinkgefäß ihrem vornehmen Gast an und gibt ihm aus „einer Schale der Edlen“ zu trinken. Das ganze Verhalten Jaels muss Sisera das Gefühl vermittelt haben, dass er sich auf sicherem Boden befand. Erschöpft versinkt er in Schlaf. Dann nutzt Jael ihre Chance. Dies ist der Moment, auf den sie gewartet hat, und ohne zu zögern, rechnet sie mit diesem Feind ab.
Verse 26 und 27. Auf eine wunderschöne Weise besingt Debora die Handlungen, die Jael verrichtet, um den gefürchteten Feind umzubringen. Man sieht es sozusagen vor sich. Über die Bedeutung der Mittel, die sie gebraucht, ist im vorherigen Kapitel bereits etwas gesagt worden. An dieser Stelle werden einige Einzelheiten hinzugefügt. Sie sind wichtig genug, um die Aufmerksamkeit darauf zu richten.
Hier steht, dass sie „ihre Rechte“ gebrauchte und dass es der „Hammer der Arbeiter“ war. Die rechte Hand spricht von Kraft. Der Hammer ist ein Bild des Wortes Gottes (Jer 23,29); die Hinzufügung „der Arbeiter“ lässt erkennen, dass das Wort praktiziert werden muss. Zugleich weist sie darauf hin, dass man einfältig sein kann, um die Werkzeuge zu gebrauchen, und dass man nicht zu den „Hochgebildeten“ zu gehören braucht.
Was Jael mit dem Hammer tut, wird hier mit unterschiedlichen Worten besungen: Sie „hämmerte“, „zerschmetterte“, „zerschlug“ und „durchbohrte“. Verschiedene Worte für dieselbe Handlung. Dies weist auf die mächtige Wirkung des Wortes hin.
Das Ergebnis wird uns genauso anschaulich vorgestellt. Die Macht dieses Feindes ist völlig zerbrochen und er ist endgültig ausgeschaltet. Er krümmte sich, fiel, lag da, vernichtet, zu Füßen einer Frau. Von seiner früheren Größe und Macht bleibt nichts übrig. Es handelt sich um ein Bild dessen, was letztlich mit allen Widersachern Gottes geschehen wird. Wir können uns am Glauben Jaels ein Beispiel nehmen.
28 - 30 7. Die Mutter Siseras wartet vergeblich
28 Aus dem Fenster spähte
Siseras Mutter und rief ängstlich durchs Gitter:
Warum zaudert sein Wagen zu kommen?
Warum zögern die Tritte seiner Gespanne?
29 Die Klugen unter ihren Edelfrauen antworten ihr,
und sie selbst erwidert sich ihre Reden:
30 Finden sie nicht, teilen sie nicht Beute?
Ein Mädchen, zwei Mädchen auf den Kopf eines Mannes?
Beute an bunten Gewändern für Sisera,
Beute an bunt gewirkten Gewändern;
zwei bunt gewirkte Gewänder
für den Hals der Gefangenen. –
Vers 28. Von Jaels einfachem Zelt wird unser Blick nun auf das luxuriöse Haus Siseras gelenkt. Dort wohnt auch eine Frau, jedoch ein ganz anderer Typ als Jael und Debora. Ihre Verzweiflung kommt auf treffende Weise zum Ausdruck. Ihr Sohn kam doch nicht nach Hause, und das war sie nicht gewöhnt. Meistens kam er bald von einem Gefecht zurück und hatte dann die Beweise seines Sieges bei sich. Dass er so lange wegblieb, konnte bedeuten, dass er geschlagen war.
Die Mutter Siseras schien frei, ungebunden zu sein, aber sie war es nicht. Sie saß hinter einem „Gitter“, wodurch sie die Welt beobachtete. Das spricht von den „geistlichen“ Gittern ihres Denkens. Sie kannte keine echte Freiheit. So ist das mit allen Feinden Gottes. Sie meinen, mit niemand etwas zu tun zu haben, während sie sich nach allen Seiten hin mit Sicherheitsmaßnahmen umgeben.
Die Gitterstäbe, die als Schutz dienen sollen, sind gerade der Beweis ihrer Gefangenschaft. Sie wagt ihrem Sohn auch nicht entgegenzugehen. Sie bleibt in ihrer Burg, denn das ist es, wie luxuriös es auch eingerichtet sein mag. Die Angst herrscht, wo man auf Menschen oder auf Dinge anstatt auf Gott vertraut.
Verse 29 und 30. Die Fragen der Mutter Siseras werden von klugen Damen beantwortet. Ihre Antworten sind solche, die sich ihren eigenen Auffassungen anschließen. Es sind Antworten, die das Gewissen beruhigen sollen: „Du brauchst keine Angst zu haben, es wird alles wieder gut. Es liegt an der großen Beute, die sie mitführen. Die verspätet den Rückzug.“
Es war gebräuchlich, dass die Soldaten schöne Mädchen als Trophäen mit nach Hause nahmen. Das Wort für „Mädchen“ bedeutet eigentlich „Schoß“ oder „Gebärmutter“, was darauf hinweist, dass diese Mädchen zur Befriedigung der Lüste der Soldaten dienen mussten. Zur Kriegsbeute gehörte auch schöne und teure Kleidung. Die gefärbten Gewänder waren für Sisera, die bunte Stickerei für seine Mutter und die Edelfrauen. Außer zur Befriedigung der Lüste diente diese Kleidung dazu, jeden sehen zu lassen, wie groß ihr Sieg war. Sie schmeichelte dem Hochmut, das Ansehen wuchs. Sie entspricht den Wesensmerkmalen des Feindes: Er ist egozentrisch und sucht seine eigene Ehre.
Lasst uns darauf bedacht sein, dass das, was der Feind vorbildet, auch in unserem bösen Herzen vorhanden ist. Wir müssen verhindern, dass diese Wesensmerkmale Eingang bei uns finden. Wie? Indem wir auf das blicken, was am Kreuz auf Golgatha damit geschehen ist und auf das, was bei der Wiederkunft des Herrn Jesus damit geschehen wird. Am Kreuz ist der Feind geschlagen worden. Doch er will sich noch gern Geltung verschaffen und erhält die Gelegenheit dazu, wenn wir uns nicht der Sünde für tot halten und das Fleisch doch wirken lassen.
Beim Kommen des Herrn Jesus für die Gemeinde werden wir alles, was wir durch Sünde und Fleisch erworben haben, zurücklassen. Nichts davon kommt in den Himmel mit. Sind wir nicht dumm und töricht, wenn wir doch den Lüsten des Fleisches folgen wollen? Lasst uns auf das hören, was Debora am Ende ihres Liedes sagt.
31 8. Umkommen und aufgehen
31 So mögen umkommen alle deine Feinde, HERR!
Aber die ihn lieben, [seien], wie die Sonne aufgeht in ihrer Kraft! –
Und das Land hatte vierzig Jahre Ruhe.
In diesem Vers stellt Debora die Feinde und die Liebhaber des HERRN nebeneinander. Achte auf das Ende jeder Gruppe. Die Feinde kommen um, wie Sisera und sein Heerlager. Ihre Herrschaft ist zerbrochen und endgültig vorbei, sie sind erniedrigt und zunichtegemacht.
Debora nennt die andere Gruppe: „Die ihn lieben.“ Es geht um die, die in den vorigen Versen genannt sind (Verse 13.14.15.18). Ihre Liebe zu Gott und zu seiner Sache ist in der Liebe zum Ausdruck gekommen, die sie für die Sache seines Volkes hatten. Es ist sehr leicht zu sagen, dass du Gott liebst. Doch du darfst es nur sagen, wenn es dein aufrichtiger Wunsch ist, dies in deinen Taten, deinem ganzen Verhalten und deiner Haltung erkennen zu lassen. Das haben die verschiedenen Stämme in diesem Kapitel deutlich gezeigt.
Wer ihn so liebt, wird mit der Sonne verglichen, „die aufgeht in ihrer Kraft“. Die Sonne lässt ihr Licht scheinen und bewirkt, dass es Tag wird. Dies ist ein wunderbarer Hinweis auf den Herrn Jesus. Er wird „die Sonne der Gerechtigkeit“ genannt (Mal 3,20). Er vertreibt mit seinem Licht die Finsternis aus unserem Leben, aus all den Gebieten, in denen Unsicherheit oder Sünde unser Leben dunkel machen. Die Zeit, auf die Maleachi verweist, ist die Zeit, wo der Herr Jesus als der Sohn des Menschen über die gesamte Erde regieren wird. Tausend Jahre lang wird Er dafür sorgen, dass die Sünde auf der Erde keine Chance erhält, das Elend zu verursachen, das jetzt noch da ist.
Das will Er schon jetzt im Leben derer tun, die Ihn liebhaben. Sie dürfen sein „wie“ die Sonne. Sie dürfen Ihm immer mehr gleichen und darin zunehmen, so wie auch die Sonne an Kraft zunimmt. Davon wird Segen ausgehen, zu anderen hin, genauso wie es für jeden Segen geben wird, wenn der Herr Jesus über die Erde regiert. Zwar gibt es jetzt noch Widerstand und Feindschaft. Diese wird es nicht mehr geben, wenn der Herr Jesus regiert.
Ein Thema zum Selbststudium ist Folgendes: Der Ausdruck „die ihn (oder Gott oder mich) lieben“ kommt noch einige Male vor. Immer wird etwas anderes damit verbunden, wie zum Beispiel hier die aufgehende Sonne (Ps 145,20; Spr 8,17; Röm 8,28; 1Kor 2,9; Jak 1,12; 2,5). Der Leser kann selbst über diesen besonderen Ausdruck nachdenken.