Einleitung
In diesem Kapitel beginnt die Geschichte Simsons, die in zwei Teile zerfällt. Beide Teile werden mit der Bemerkung abgeschlossen, dass er Israel zwanzig Jahre richtete (Ri 15,20; 16,31). In seiner Geschichte lernen wir, dass Gottes Absicht, die in Richter 13 geäußert worden ist, und unsere Praxis zwei verschiedene Dinge sind. Auch sehen, in einer lebendigen Illustration, wie nahe Kraft und Schwachheit beieinander liegen. Es geht nicht darum, ein Leben ohne Schwierigkeiten zu haben, sondern um den Besitz von Kraft, um diese zu überwinden.
Niemand ist ohne Kampf. Jemand kann durch Kampf gestärkt werden, aber auch eine Niederlage erleiden. Dieser Kampf kann durch Konflikte z. B. mit Eltern, Familienmitgliedern oder Mitgläubigen verursacht werden. Kampf kann auch die Folge innerlicher Konflikte als Ergebnis des Versagens sein. Die Frage ist, wie wir darauf reagieren. Wir werden niemals wirklich ideale Lebens- und Arbeitsumstände finden. Wir denken oft, dass wir, wenn die Dinge um uns her nur anders wären, dann durchaus beweisen könnten, was wir wert sind. Bei Simson sehen wir, wie er immer wieder kraftlos wird, weil er nicht in der Lage ist, „Nein“ gegen die Versuchungen um sich her sagen zu können, die er manchmal sogar noch selbst sucht. Damit beginnt sogar seine Geschichte.
1 Simsons erster Kontakt mit dem Feind
1 Und Simson ging nach Timna hinab; und er sah in Timna eine Frau von den Töchtern der Philister.
Oft ist der erste Schritt, den jemand auf dem Weg im Dienst Gottes setzt, für die Folgezeit charakteristisch. Wenn es ein verkehrter Schritt ist, werden die Folgen nicht ausbleiben, und sicher, wenn jemand auf diesem verkehrten Weg weitergeht. Der erste Schritt ist der Weg zu allen anderen Schritten. Darum muss er in die richtige Richtung gesetzt werden. Jona ist hiervon ein redendes Beispiel. Er bekam von Gott den Auftrag, nach Ninive zu gehen, um dort zu predigen, aber Jona ging genau in die entgegengesetzte Richtung. Die Folge war, dass er in große Schwierigkeiten kam und diese Schwierigkeiten auch über andere brachte (Jona 1,1–15). Den Weg von Gott weg geht man nie allein. Man nimmt immer andere mit. Das sehen wir auch hier, bei Simson. Er zieht seine Eltern auf seinem eigenwilligen, verkehrten Weg mit.
Der erste Schritt, den Simson setzt, geht vielleicht äußerlich sogar in die richtige Richtung. Es wäre ein guter Schritt gewesen, wenn er nach Timna gegangen wäre, um die Philister von dort zu vertreiben. Aber sein Handeln macht deutlich, dass er nicht von einem Auftrag Gottes beseelt nach Timna geht. Er wird von seinen eigenen Lüsten getrieben. Er verliebt sich dort in eine Frau, die wohlgemerkt zu den Feinden Gottes gehört. Er bringt es fertig, sich mit den Feinden des Volkes Gottes zu verbinden.
Hieraus können wir lernen, wie viel Anziehendes von etwas oder von jemandem ausgehen kann, von dem Gottes Wort doch deutlich sagt, dass wir uns damit nicht verbinden sollen. Wir sind nicht besser als Simson. Die Philister stellen, wie gesagt, ein System des so genannten christlichen Denkens vor, das vom natürlichen, nicht wiedergeborenen Menschen verstanden werden kann. Es sind Ideen, die in der Christenheit viele Anhänger finden. Sie schmeicheln dem Fleisch, es ist angenehm, ihnen zuzuhören oder anzuschauen.
Ein einfaches Beispiel sehen wir in den prachtvollen Gebäuden, die errichtet worden sind und „Haus Gottes“ genannt werden, in denen schöne Musik, mit welcher der Glanz des Dienstes erhöht wird, dem Gehör schmeicheln muss. Dies alles kann großen Eindruck machen und anziehend scheinen, es kann das Ansehen des Gottesdienstes vergrößern. Was die Philister vorstellen, ist auf alles anzuwenden, was von Menschen dazu ausgedacht worden ist, den Dienst Gottes zu verschönern.
Solche rein menschlichen Erfindungen bewirken, dass der christliche Glaube so anziehend gemacht wird, dass auch nicht-wiedergeborene Menschen einen solchen Glauben durchaus wollen. Dabei können sie sich zumindest wohl fühlen. Wer Liebe zu solchen Dingen empfindet, fällt in den Strick, in den auch Simson gefallen ist. Dies ist die geistliche Lektion, die wir hieraus lernen können.
Es gibt auch noch eine praktische Lektion zu lernen. Wenn ein junger Mann dem Herrn zu dienen beginnen will, ist es wichtig, dass er keine Verbindungen eingeht, die ihn im Dienst hindern werden. Daher muss jeder Schritt im Gebet um Leitung getan werden. Dies gilt vor allem bei der Wahl der Frau, mit der er gemeinsam dem Herrn dienen will. Sie muss zu Gottes Volk gehören und denselben Glauben und denselben Gehorsam besitzen. Sie wird auch von derselben Gesinnung sein müssen.
Simson kann durch seine Verbindung mit dem Feind unmöglich gegen ihn zeugen. Frauen spielen in Simsons Leben eine fatale Rolle. Er hat drei Frauen gehabt. Sie stellen die Stricke des Teufels vor. Der Teufel weiß genau, worin der kräftigste Gläubige schwach ist, denn jeder hat einen schwachen Punkt. Daher muss auch ein kräftiger Gläubiger sich ständig dieser Schwachheit bewusst sein. Dann erst ist er wirklich stark (2Kor 12,10).
Timna bedeutet „zugewiesenes Teil“. Simson verlässt sein eigenes Erbteil, um eines bei den Philistern zu suchen.
2 - 3 Die Eltern Simsons
2 Und er ging hinauf und berichtete es seinem Vater und seiner Mutter und sprach: Ich habe in Timna eine Frau gesehen von den Töchtern der Philister; und nun nehmt sie mir zur Frau. 3 Und sein Vater und seine Mutter sprachen zu ihm: Ist unter den Töchtern deiner Brüder und unter meinem ganzen Volk keine Frau, dass du hingehst, eine Frau zu nehmen von den Philistern, den Unbeschnittenen? Und Simson sprach zu seinem Vater: Diese nimm mir, denn sie ist recht in meinen Augen.
Simson schleppt seinen Vater und seine Mutter auf seinem Weg des Ungehorsams mit. Sie sind nachdrücklich von dieser Geschichte betroffen. Sie waren selbst für ihre Nachgiebigkeit verantwortlich, denn sie hatten persönliche Anweisungen vom Herrn empfangen. Sie hätten „Nein“ sagen müssen. Sie protestieren zwar, gehen aber doch mit.
Leider ist dies die Haltung von vielen Eltern, deren Kinder einen eigenwilligen Weg gehen. Der Teufel weiß, dass, wenn er die Kinder auf einen verkehrten Weg bringen kann, eine große Chance besteht, dass die Eltern folgen werden. Als Mose es mit einer derartigen List zu tun bekam, hat er sie durchschaut. Er ging auf den Vorschlag Pharaos, dass die Eltern gehen dürften, wenn die Kinder nur in Ägypten blieben, nicht ein (2Mo 10,9–11). Er wusste, dass, wenn die Kinder nicht aus Ägypten mitgingen, die Eltern dann nach Ägypten zurückkehren wollten, wenn sie einmal in der Wüste wären.
Es ist nicht so, dass die Eltern Simsons ihm widerstandslos auf diesem Weg folgen. Sie bringen ihre Einwände vor. Durch die Blume wiesen sie auf die Vorschrift Gottes in 5. Mose 7 hin (5Mo 7,3). Dort steht, dass ein Israelit nicht jemanden aus den Nationen, in deren Mitte er wohnt, heiraten darf.
Trotz der Einwände seiner Eltern bleibt Simson bei seinem Vorhaben. In seiner Antwort kommt zum Ausdruck, dass er seinen eigenen Lüsten folgt. Die Aussage „sie ist recht in meinen Augen“ ist keine Sprache für einen Nasir, der von seinem eigenen Genuss Abstand genommen hat. Selbstverleugnung muss für jemanden, der vom und für den Herrn abgesondert ist, charakteristisch sein. Er fragt nicht, ob sie dem HERRN auch gefällt.
4 Dies ist von dem HERRN
4 Sein Vater und seine Mutter wussten aber nicht, dass es von dem HERRN war; denn er suchte einen Anlass gegen die Philister. Und in jener Zeit herrschten die Philister über Israel.
Dieser Vers scheint einen Widerspruch zu enthalten. Wie kann Gott etwas verfügen, das verkehrt ist? Passen wir gut auf. Dort steht nicht, dass Gott etwas Verkehrtes bewirkt. Er verursacht die Sünde nicht. Was Er wohl tut, ist die verkehrte Tat Simsons für sein Ziel zu gebrauchen. So steht Gott über all unseren Torheiten; er kann sie für sein Ziel gebrauchen.
Das kann niemals eine Entschuldigung für das Begehen dieser Torheiten sein, ebenso wie Er nicht der Urheber unserer Torheiten ist. Ein Beispiel hiervon lesen wir in der Rede des Petrus am Pfingsttag in Jerusalem: „Diesen, hingegeben nach dem bestimmten Ratschluss und nach Vorkenntnis Gottes, habt ihr durch [die] Hand von Gesetzlosen an [das Kreuz] geschlagen und umgebracht“ (Apg 2,23).
Hier sehen wir einerseits den Ratschluss und die Vorkenntnis Gottes und andererseits das böse Handeln des Menschen. Das Wunderbare ist, dass das böse Handeln des Menschen, dasjenige, was er mit dem Herrn Jesus getan hat, in die Pläne Gottes passte. Gott hat die Missetat, die der Mensch an dem Herrn Jesus beging, für die Ausführung seiner Pläne gebraucht.
Das spricht den Menschen nicht frei. Er ist am Tod des Herrn Jesus schuldig. Dass Gott dies gebraucht, macht Ihn groß. Er gebraucht das schuldige Handeln des Menschen, um sich selbst dadurch zu verherrlichen. Dies alles lässt erkennen, wie weit Gott über alles erhaben ist, was wir Menschen tun.
Etwas Derartigem begegnen wir in dem, was Gott von der Teilung Israels in zwei und zehn Stämme sagt, welche die Folge der Untreue Salomos und Rehabeams ist. Davon sagt Er: „Denn von mir aus ist diese Sache geschehen“ (2Chr 11,4). Bedeutet das, dass Gott diese Teilung bewirkt hat? Durchaus nicht! Gott ist nicht der Urheber des Bösen. Es bedeutet lediglich, dass Gott die Untreue des Menschen gebraucht, um seinen Ratschluss zu erfüllen. Noch einmal: Das spricht den Menschen nicht frei; er empfängt die Frucht seines Handelns. Aber Gott steht über den Taten des Menschen, Er wird dadurch nicht in Verlegenheit gebracht, sondern weiß sie zur Vollendung seines Vorhabens zu gebrauchen.
Noch ein Beispiel, aus der Lebenspraxis. Es schließt sich eng an das an, was hier über Simson gesagt wird. Wenn ein gläubiger Junge mit einem ungläubigen Mädchen oder ein gläubiges Mädchen mit einem ungläubigen Jungen ein festes Verhältnis hat, so ist das ein Verhältnis, das die Bibel deutlich verbietet: „Seid nicht in einem ungleichen Joch mit Ungläubigen“ (2Kor 6,14). Gott kann diese Beziehung dazu gebrauchen, den Ungläubigen zu retten. Dennoch ist das völlig von der Handlungsweise des Gläubigen zu trennen. Die Errettung des Ungläubigen ist ausschließlich reine Gnade Gottes. Sie ist in keinster Weise ein Verdienst des Gläubigen. Dieser muss seine Sünde bekennen, andernfalls wird für diese Erde kein bleibendes Glück aus dieser Beziehung hervorgehen.
5 - 7 Simson tötet einen Löwen
5 Und Simson ging mit seinem Vater und seiner Mutter nach Timna hinab; und als sie an die Weinberge von Timna kamen, siehe, da brüllte ein junger Löwe ihm entgegen. 6 Und der Geist des HERRN geriet über ihn, und er zerriss ihn, wie man ein Böckchen zerreißt; und er hatte gar nichts in seiner Hand. Und er berichtete seinem Vater und seiner Mutter nicht, was er getan hatte. 7 Und er ging hinab und redete zu der Frau, und sie war recht in den Augen Simsons.
Die Eltern Simsons folgen ihm auf seinem verkehrten Weg. Stellen wir uns einmal vor: Der Nasir, von dem Gott gesagt hatte, dass er anfangen werde, „Israel aus der Hand der Philister zu retten“ (Ri 13,5), wird eine Philisterin heiraten! Auf dem Weg nach Timna, in der Nähe der Weinberge, kommt ein Löwe auf ihn zu. Es scheint so, als ob er kurze Zeit einen anderen Pfad als seine Eltern genommen hätte, denn sie wissen später nicht, was dort geschehen ist, siehe auch Vers 9. Hieraus können wir wieder einige Lektionen lernen.
So die Weinberge: Sie stellen eine äußerst gefährliche Umgebung für einen Nasir dar, der nichts von der Frucht des Weinstocks essen darf (4Mo 6,3). Simson sucht die Gefahr. Er geht bis an die Grenze. Wer ein echter Nasir sein will, wird gefährlichen Orten so weit wie möglich fernbleiben.
Simson tut, was auch im Leben junger Christen geschehen kann. Sie gehen aus Neugierde an Orte, von denen sie wissen, dass es besser ist, dort nicht hinzukommen. Die Disco, das Kino, der Zeitschriftenkiosk, die Kirmes, das Rotlichtviertel der großen Stadt, das sind Gebiete, in denen sich ein Christ nicht ohne Grund aufhalten sollte.
Wenn wir freiwillig eine solche „Seitenstraße“ nehmen, ist die Chance groß, dass dort dann „ein Löwe“ auf uns zukommt. Der Löwe ist hier ein Bild des Teufels. „Seid nüchtern, wacht; euer Widersacher, [der] Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge“ (1Pet 5,8). Wenn wir den Pfad des Gehorsams verlassen, kommt der Teufel auf uns zu. In 1. Könige 13 ist auch von jemandem die Rede, der auf seinem Weg einem Löwen begegnet (1Kön 13,23.24). Dieser Löwe wurde von Gott dazu gebraucht, den Mann Gottes aus Juda, der von dem Weg abgewichen war, den Gott ihm angewiesen hatte, zu töten.
So weit kommt es bei Simson nicht, wie es glücklicherweise auch bei jungen Gläubigen nicht immer so weit kommt, wenn sie aus Neugierde verkehrte Orte aufsuchen. Wenn die brutale Gewalt oder die Saugkraft der Verführung auf einmal zu ihnen durchdringt, laufen sie schnell weg. Schnelles Weglaufen von einem verkehrten Ort, wohin jemand durch eigene Schuld gekommen ist, ist eine Niederlage, die bekannt werden muss. So jemand lässt an diesem Ort kein Zeugnis für den Herrn zurück.
Simson gebraucht seine Kraft, um sich selbst zu befreien und nicht, um den Feind zu schlagen. Charakteristisch für Simson ist seine große Kraft. Gott hatte ihm diese enorme körperliche Kraft gegeben, damit er die Philister besiegen kann. Für uns bedeutet dies, dass wir Kraft benötigen, um das zu überwinden, was die Philister vorstellen. Gott hat auch uns diese Kraft gegeben: „Denn Gott hat uns nicht einen Geist [der] Furchtsamkeit gegeben, sondern [der] Kraft und [der] Liebe und [der] Besonnenheit“ (2Tim 1,7). Indem wir von der Kraft des Heiligen Geistes abhängig sind, werden wir die Dinge, die Menschen erdacht haben, um den christlichen Glauben anziehender zu machen, überwinden können. Das heißt, dass wir solche Dinge erkennen und verwerfen werden.
Die Kraft des Geistes wird nicht erfahren, wenn wir unser Fleisch wirken lassen. Wir geraten dann leicht in den Bann dessen, was im Glauben das Erleben des Menschen in den Mittelpunkt stellt und nicht das, was Gott darüber sagt. Das Erleben des Glaubens muss in den Augen dieser Menschen ein fröhlicher Kram werden.
Simson hatte in der Kraft des Geistes den brüllenden Löwen besiegt. Das merkt er jedoch nicht, weil er seinen eigenen Weg geht. Das lässt ihn in die Verführung einer Frau fallen. Die Töchter der Philister stellen Grundsätze vor, die Gottesdienst angenehm, anziehend für das Fleisch machen. Dafür werden allerlei Formen ins Leben gerufen, die den Dienst Gottes „schmackhafter“ machen sollen, wie schöne Musik, beeindruckende Redner, äußerliches Beiwerk. Die Menschen müssen mit allem gelockt werden, was sie anspricht. All diese Dinge sind für einen Nasir keine Hilfe, sondern ein Hindernis.
8 - 9 Honig aus dem toten Löwen
8 Und er kehrte nach einiger Zeit zurück, um sie zu nehmen, und er bog ab, um das Aas des Löwen zu besehen, und siehe, ein Bienenschwarm war im Körper des Löwen und Honig. 9 Da nahm er ihn heraus in seine Hände und ging und aß im Gehen; und er ging zu seinem Vater und zu seiner Mutter und gab ihnen, und sie aßen; aber er berichtete ihnen nicht, dass er den Honig aus dem Körper des Löwen herausgenommen hatte.
Als Simson sich auf den Weg macht, um die philistäische Frau zu heiraten, besucht er noch kurz den Ort, wo er den Löwen getötet hat. Dort sieht er einen Bienenschwarm, der in dem Körper des Löwen Honig zusammengetragen hat. Aus dem Tod geht eine überfließende und geordnete Aktivität hervor (das wird durch den Bienenschwarm vorgestellt). Das Produkt der Bienen, das Ergebnis ihrer Aktivität, ist der Honig. Zusammen mit der Milch bildet der Honig den Segen des Landes: Israel war ein Land, das überfloss von Milch und Honig (2Mo 3,8).
Hier sehen wir im Bild, dass aus dem Tod Leben hervorgeht. Dieses Bild spricht, trotz der Tatsache, dass es mit einem abgewichenen Simson verbunden ist, von dem Tod Christi, „der den Tod zunichtegemacht, aber Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht hat durch das Evangelium“ (2Tim 1,10). Der Gläubige entlehnt alles dem Tod Christi.
Honig ist hier ein Produkt der eifrig zusammenarbeitenden Bienen, die sich im Körper eines toten Löwen befinden. Honig stellt das Süße, das Liebliche in der Schöpfung vor, etwas, das Gott in den natürlichen Verhältnissen der Menschen untereinander gegeben hat. Eines der Merkmale der „letzten Tage“ ist, dass die Menschen „lieblos“, das heißt „ohne natürliche Liebe“ sind (2Tim 3,3).
Um das Süße der Liebe zueinander in der Ehe und der Familie genießen zu können, wird der Tod Christi die Grundlage darstellen müssen. Wenn das der Ausgangspunkt unseres Lebens ist, dann werden wir beim Bereiten des Honigs zusammenarbeiten. Das erfordert eine aktive Zusammenarbeit, die von der Liebe genährt wird, und es gibt keinen Philister, der dies kennt. In den Tagen, die 2. Timotheus 3 beschreibt, ist der Besitz eines aktiven geistlichen Lebens notwendig, und die Kraft Gottes kommt uns dabei zu Hilfe.
Nach seiner Auferstehung erschien der Herr Jesus den Jüngern bei dem See Tiberias. Sie waren dort beisammen, und der Herr bat sie um etwas zu essen. Dann wurde ihm neben einem Stück gebratenem Fisch auch ein Stück von einer Honigwabe gegeben. Die Frucht seines Todes war, dass die Jünger beisammen waren, und von dieser „Frucht“ gaben sie ihrem Herrn zu essen. Er kam dorthin, um Frucht von seinem Werk zu empfangen.
Simson nimmt etwas von dem Honig in seine Hände und esst davon. Die Hand, die den Löwen tötete, ist auch die Hand, die den Segen davon festhält. Jeder Sieg, den ein Gläubiger in seinem Leben gegen den Teufel erringt, indem er beispielsweise einer bestimmten Versuchung widersteht, gibt ihm Nahrung. Schließlich hat er ja durch Gottes Kraft diesen Sieg errungen, oder? Dieses Bewusstsein macht dankbar und verhindert Eigendünkel.
Es ist übrigens schade, dass Simson seinen Eltern nichts von seinen Erfahrungen erzählt. Es ist eine gute Sache, Erfahrungen, die du als jüngerer Gläubiger mit dem Herrn machst, mit deinen Eltern zu teilen. Es gibt Eltern, die den Herrn nicht kennen, dann wird es schwierig. Es gibt auch Eltern, die den Herrn zwar kennen, aber wenig Interesse zeigen. Besonders im letzten Fall kann deine Erfahrung vielleicht ein Anreiz für sie sein, um sich wieder mit dem Herrn und mit seinem Wort zu beschäftigen. Dann kannst du das Gegenteil dessen miterleben, was wir vorher bei Simson gesehen haben, dass er seine Eltern auf einen verkehrten Weg mitzog.
Es ist möglich, dass Simson es seinen Eltern nicht erzählen wollte, weil er tief in seinem Herzen wusste, dass er mit der Ausführung eines verkehrten Plans beschäftigt war. Seine körperliche Kraft war groß, aber er hatte nicht genügend geistliche Kraft, um sich aus dieser Schlinge zu befreien.
10 - 11 Das Fest beginnt
10 Und sein Vater ging zu der Frau hinab, und Simson machte dort ein Festmahl; denn so pflegten die Jünglinge zu tun. 11 Und es geschah, als sie ihn sahen, da nahmen sie dreißig Gefährten; und sie waren bei ihm.
Wenn man einmal auf die schiefe Ebene geraten ist, dann sinkt man immer tiefer. Simson setzt sich hier, um es mit den Worten von Psalm 1 zu sagen, „auf den Sitz der Spötter“ (Ps 1,1). Dies ist mit eine Folge des kraftlosen Auftretens seines Vaters. Dieser hat zwar einen Protest hören lassen, sich jedoch weiter den Wünschen seines Sohnes gefügt. Ein kräftiger Protest ohne eine konsequente Haltung bleibt ohne Ergebnis. Sprüche 29 warnt vor einer solchen Haltung: „Durch Worte wird ein Knecht nicht zurechtgewiesen; denn er versteht, aber er folgt nicht“ (Spr 29,19).
Simson steht bereits so weit unter dem Einfluss der Philister, dass er ein Festmahl organisiert, und zwar nach den Gebräuchen, die unter Jugendlichen der Philister geläufig sind. Es ist ein Fest, bei dem die Welt mitmachen kann. Es wird entsprechend den Einsichten und Normen einer neuen Generation abgehalten. Für junge Gläubige besteht immer die Gefahr, dass sie Feste auf eine Weise feiern, die in der Welt gebräuchlich ist. Den Ausdruck „alle machen es doch so“ hört man oft bei Jugendlichen.
So folgt man der Masse in der Mode, beim Festfeiern und sogar beim Abhalten der Zusammenkünfte der Gemeinde. Es wird kaum mehr danach gefragt, was das Wort Gottes über all diese Dinge zu sagen hat. Wer diese Dinge in das Licht der Bibel stellen will, bekommt es mit Bemerkungen wie „überholt“ oder „nicht auf der Höhe dieser Zeit“ zu tun.
Simson fragt sich auch nicht, wie Gott will, dass er zu Werke gehen soll. Das kann er auch nicht, denn er ist mit einer verkehrten Sache beschäftigt. Wir können nun nichts anderes erwarten, als dass ihm die verkehrten Mittel dargereicht werden. Aber nicht nur das: Er war gekommen, um eine Frau zu heiraten, doch er bekommt 30 Gefährten dazu.
Dies beinhaltet die Lektion, dass, wer in einem Punkt einen Kompromiss schließt, danach in viel mehr Punkten diese Haltung einnehmen wird. Wer einen Grundsatz der Philister zulässt, übernimmt immer mehr davon. Immer mehr Nützlichkeitserwägungen treten hinzu. Solche Erwägungen werden dann zu „geistlichen Freunden“.
12 - 14 Das Rätsel
12 Und Simson sprach zu ihnen: Ich will euch einmal ein Rätsel aufgeben: Wenn ihr es mir in den sieben Tagen des Festmahles kundtut und es erratet, so werde ich euch dreißig Hemden und dreißig Feierkleider geben. 13 Wenn ihr es mir aber nicht kundtun könnt, so sollt ihr mir dreißig Hemden und dreißig Feierkleider geben. Und sie sprachen zu ihm: Gib dein Rätsel auf, dass wir es hören! 14 Und er sprach zu ihnen: Aus dem Fresser kam Fraß, und aus dem Starken kam Süßigkeit. Und sie konnten das Rätsel drei Tage lang nicht kundtun.
Dann beginnt Simson eine Erfahrung, die er durch den Geist Gottes gemacht hat, zur Belustigung der Philister zu gebrauchen. Philister sind Menschen, die solch ein Rätsel nie selbst lösen können. Sie können unmöglich begreifen, dass Leben aus dem Tod hervorgehen kann. Sie können vielleicht wohl die richtigen Antworten geben. Das ist jedoch nur möglich, wenn sie diese Antworten von anderen entlehnen oder stehlen, doch das geschieht auch nach der Handlungsweise der Philister.
Wir müssen das Rätsel auflösen können. Wer das Rätsel auflöst, erhält andere Kleider. Das ist die Belohnung, die in Aussicht gestellt wird. Das Wechseln der Kleider bezieht sich auf die Veränderung der Lebensgewohnheiten. Kleider können wir sehen; sie bilden das Teil des Menschen, das sichtbar ist. Das Sprichwort „Kleider machen Leute“ ist bekannt.
Wir können das Rätsel von der Seite Gottes betrachten. Das bedeutet, dass unser Leben sich verändern wird, wenn wir wirklich ein Verständnis der Tatsache erlangen, dass aus dem Tod des Herrn Jesus für uns Leben zum Vorschein gekommen ist. Das wird auf unsere Haltung und unser Verhalten Einfluss haben, auf alles, was Menschen von uns sehen. Wir werden beginnen, einen neuen Lebensstil zu zeigen.
Das Auflösen des Rätsels muss dann wohl die Folge innerlicher, geistlicher Übung sein. Wenn wir so weit gekommen sind, lernen wir einzusehen, dass es nichts gibt, das irgendeinen Wert hat, wenn wir es nicht durch den Tod Christi empfangen haben. Das Ergebnis davon wird in der Weise sichtbar, wie wir innerhalb der Familie oder der örtlichen Gemeinde miteinander umgehen: in Liebe, aus der Fraß und Süßes hervorgehen.
Wenn wir jedoch das Rätsel von der Seite Simsons betrachten, dann sehen wir, dass er jemanden vorstellt, der geistliche Erfahrungen der religiösen Welt als eine Art „Belustigung“ mitteilt. Wenn das Rätsel nicht erraten wird, soll Simson 30 Festkleider bekommen. Von wem? Von den Philistern. Es wird ihm keinen Gewinn, sondern Verlust bringen.
Jemand, der seine Erfahrungen zur Schau trägt, läuft Gefahr, die Gewohnheiten und das Verhalten der christlichen Welt zu übernehmen. Aber auch wenn das Rätsel auf eine philistäische Weise aufgelöst wird, ist das Ergebnis nicht, dass derjenige, der das Rätsel auflöst, sich dadurch verändert. Wir sehen, was bei Simson geschieht. Was er schließlich tut, ist, die Philister mit einer Anzahl zusätzlicher philistäischer Festkleider zu versehen (Vers 19). Die Veränderung ist keine wesenhafte Veränderung.
Aber nun die Bedeutung des Rätsels! Was stellt es vor? Der Teufel ist der Fresser, der Löwe. Ein besiegter Löwe sorgt für „Fraß“, geistliche Nahrung. Am Kreuz ist der Löwe geschlagen worden. Der Herr Jesus hat am Kreuz den zunichtegemacht, „der die Macht des Todes hat, das ist den Teufel“ (Heb 2,14). Dadurch sind die Schatzkammern Gottes aufgegangen, und wir können uns mit allen Köstlichkeiten nähren, die die Folge des Sieges des Herrn Jesus sind. Angewandt auf unsere eigene Erfahrung, gibt ein Sieg über den Teufel Kraft und Erquickung.
15 - 18 Wie das Rätsel aufgelöst wurde
15 Und es geschah am siebten Tag, da sprachen sie zu der Frau Simsons: Berede deinen Mann, dass er uns das Rätsel kundtue, sonst verbrennen wir dich und deines Vaters Haus mit Feuer! Um uns zu berauben, habt ihr uns geladen, nicht wahr? 16 Und Simsons Frau weinte an ihm und sprach: Du hasst mich nur und liebst mich nicht. Das Rätsel hast du den Kindern meines Volkes aufgegeben, und mir hast du es nicht kundgetan. Und er sprach zu ihr: Siehe, meinem Vater und meiner Mutter habe ich es nicht kundgetan, und dir sollte ich es kundtun? 17 Und sie weinte an ihm die sieben Tage, während sie das Festmahl hatten. Und es geschah am siebten Tag, da tat er es ihr kund, denn sie drängte ihn. Und sie tat das Rätsel den Kindern ihres Volkes kund. 18 Da sprachen die Männer der Stadt zu ihm am siebten Tag, ehe die Sonne unterging: Was ist süßer als Honig? Und was ist stärker als der Löwe? Und er sprach zu ihnen: Wenn ihr nicht mit meinem Kalb gepflügt hättet, so hättet ihr mein Rätsel nicht erraten.
Aus der Weise, wie die Philister zu Werke gehen, um hinter die Auflösung des Rätsels zu kommen, zeigt sich ihr unbarmherziger Charakter. Sie drohen der Frau Simsons mit Verbrennung, wenn sie ihm die Auflösung nicht abluchst und ihnen weitergibt. Die Frau lässt erkennen, dass sie, trotz einer Verbindung mit Simson, im Grunde eine Philisterin geblieben ist. Ihr Umgang mit ihm hat keinen Einfluss auf ihr Herz gehabt. Sie fühlt sich immer noch mit den Philistern eins und spricht in Vers 16 über die „Kinder meines Volkes“.
Sie erpresst ihn mit einer der stärksten Waffen, die eine Frau besitzt, nämlich mit ihren Gefühlen. Dagegen ist der starke Simson offensichtlich nicht gewachsen. Er wird zu einem armen, schwachen Simson, der kein Geheimnis für sich behalten kann. Dies wird später noch einmal geschehen, und dann wird es fatal für ihn. Von beiden Fällen können wir lernen, dass etwas, das wir als einen unerlaubten „Partner“ – im Sinn von unerlaubten Ideen, Verhaltensweisen, Verbindungen – in unserem Leben zulassen, der Verräter unseres Geheimnisses wird.
Verrat steht für das Paktieren mit dem Feind. Der Verrat besteht in der Anwendung darin, dass wir zwar als ein Gläubiger die Bedeutung des Rätsels wissen, dass wir aber wie die Feinde damit umgehen. Er bewirkt also keine echte Veränderung in unserem Leben.
Simson hat an dem ganzen Fest nicht viel Freude erlebt. Es ist nichts Festliches daran, wenn deine Frau versucht, dir mit Tränen ein Geheimnis zu entlocken, das du für dich behalten willst. Das ganze Verhältnis macht deutlich, dass beide für sich selbst leben. Dennoch ist die am meisten Düpierte in dieser Geschichte die Frau. Sie hat Simson nicht gesucht, er hat sie haben wollen. Durch sein Auftreten sorgt er dafür, dass auch für sie das Fest kein ungeteiltes Vergnügen ist.
So ist es in der Praxis heute immer noch. Bei einer Ehe zwischen einem Gläubigen und einem Ungläubigen ist der Ungläubige der Düpierte, das Opfer. Der Ungläubige denkt, jemanden zu heiraten, mit dem er/sie Vergnügen im Leben erleben kann. So jemand heiratet in seinen/ihren Gedanken nicht einen Christen, sondern eine Frau/einen Mann. Schon sehr bald zeigt sich, dass der Gläubige, wenn dieser dem Glauben noch einen gewissen Wert beimisst, doch nicht zu allerlei Gelegenheiten oder Freunden mitwill, wo der Ungläubige gern hingehen möchte. Natürlich ist darüber wohl in der Freundschafts- und Verlobungszeit gesprochen worden, doch die Realität kündigt sich doch erst an, wenn man etwas länger verheiratet ist.
19 - 20 Die Belohnung
19 Und der Geist des HERRN geriet über ihn; und er ging hinab nach Askalon und erschlug von ihnen dreißig Mann und nahm ihre ausgezogenen Gewänder und gab die Wechselkleider denen, die das Rätsel kundgetan hatten. Und sein Zorn entbrannte, und er ging hinauf in das Haus seines Vaters. 20 Und die Frau Simsons wurde einem seiner Gefährten gegeben, den er sich zugesellt hatte.
Simson ist der Verlierer. Er verliert zuerst die Herausforderung in Bezug auf das Rätsel. Er muss der Abmachung nachkommen und für 30 Wechselkleider sorgen. Dafür geht er nach Askalon, einer der fünf Städte der Philister. Dort tötet er 30 Männer und gibt ihre Kleider denjenigen, die die Auflösung des Rätsels gegeben haben. Die Anwendung ist, dass „das Rätsel“ des Kreuzes des Herrn Jesus zwar vom Unglauben „beantwortet“ werden kann, dass dies das Leben aber nicht wirklich, innerlich verändert. Die Kleidung bleibt philistäisch.
Es ist bemerkenswert, dass wir hier wiederum lesen, dass der Geist des HERRN über ihn kam, obwohl er doch damit beschäftigt war, einer Absprache nachzukommen, die er nie hätte eingehen dürfen. Möglicherweise hat dies mit der Tatsache zu tun, dass er hier durchaus die Feinde des Volkes Gottes bekämpft und daher mit der Ausführung seines eigentlichen Auftrags beschäftigt war.
Er verliert auch seine Frau. Sie wird einem anderen gegeben. Sein Schwiegervater hat keine Ahnung davon, ob Simson je wieder zurückkommen wird. Der Mann hat, als er seine Tochter einem anderen gab, nicht vermutet, was die Folgen davon für ihn und seine Tochter sein würden.