Einleitung
Die Geschichte Simsons regt die Fantasie immer an. Der Mann, gewaltig an Kraft, der doch so schwach ist. Im Gegensatz zu den vorausgegangenen Richtern, die beim Bekämpfen des Feindes immer Volksgenossen bei sich haben, tut Simson alles allein. Er führt kein Heer an, wie Gideon und Jephta es taten. In diesem Auftreten als Einzelgänger, bei dem keine Verbindung mit dem Volk Gottes besteht, scheint bei Simson ein Egozentrismus vorhanden zu sein. Gleichzeitig passt das Auftreten als Einzelgänger zu einem Volk Gottes, das als Ganzes weit vom Wort Gottes abgewichen ist.
Was die Christenheit betrifft, ist diese Situation in Paulus‘ zweitem Brief an Timotheus wiederzufinden. Wenn der Verfall in der Christenheit solche Formen angenommen hat, dass keine Wiederherstellung mehr möglich ist, kommt es auf persönliche Treue dem Herrn und seinem Wort gegenüber an. Diese Treue wird in der Absonderung von der Sünde gefunden. Dann kann von dem „Mensch Gottes“ (2Tim 3,17) die Rede sein. Das ist dieser Mensch, der in einem Zustand des Verfalls in seinem eigenen Leben die Merkmale Gottes zeigt. Er ist jemand, der für Gott und seine Rechte inmitten einer Christenheit eintritt, die darauf keine Rücksicht nimmt. Der ganze Grundsatz der Kraft ist in der Absonderung für Gott gelegen.
Es ist gut, daran zu denken, dass die Menschen von damals nicht so sehr die Menschen von heute vorstellen, sondern dass sie geistliche Kraft darstellen, die heutzutage ein ganzes Volk oder den Einzelnen leitet. Wenn wir diese Gegebenheit auf Simson anwenden, sehen wir, dass er den Grundsatz der Nasiräerschaft vorstellt. Das heißt, dass Gott durch ihn erkennen lassen will, dass geistliche Kraft in einer Zeit des Verfalls allein in jemandem zu finden ist, der in Absonderung vom Bösen und in Gemeinschaft mit Ihm wandelt. Völlige Absonderung für Gott ist die Quelle der Kraft in dem Kampf gegen unsere Feinde. Auf eine vollkommene Weise ist dies in Jesus Christus zu sehen. Er ist der wahre Nasir.
Simsons Geschichte ist eine mit merkwürdigen Gegensätzen. Wir sehen bei ihm einerseits die Gnade und den Ratschluss Gottes, den Plan, den Gott mit ihm hatte. Andererseits sehen wir, wie wenig davon im Leben Simsons zum Ausdruck kommt. Es sind zwei verschiedene Dinge: Was Gott mit Simson beabsichtigt und was Simson in der Praxis ist. Simson hat schließlich selbst einen Befreier nötig und stirbt sogar in den Händen seiner Feinde, der Philister. Er ist auch ein Vorbild von Israel, das Gott für sich selbst als Volk abgesondert hat, das sich jedoch nicht als sein Volk verhalten hat.
So erging es auch der Gemeinde, die Gott sich als ein himmlisches Volk auserwählt hat. Die Gemeinde ist ihrer Berufung untreu geworden, sich als ein himmlisches Volk auf der Erde zu verhalten. Sie ist irdisch ausgerichtet geworden. Grundsätze der Philister sind eingedrungen und bestimmen größtenteils das Gesicht der Gemeinde, oder besser gesagt, der Christenheit. Auf sie trifft zu: „Die eine Form [der] Gottseligkeit haben, deren Kraft aber verleugnen“ (2Tim 3,5). Das ist es, was die Philister vorstellen. Wir werden dieser Erscheinung einer „Form der Gottseligkeit“ immer wieder in der Geschichte, die wir vor uns haben, begegnen.
Für die Gemeinde ist keine völlige Wiederherstellung zu erwarten, obwohl es Zeiten der Erweckung gibt. Ihre irdische Geschichte endet, wie in diesem Buch, in einer immer noch ungebrochenen Gefangenschaft der Philister. Das Leben Simsons lässt uns etwas vom christlichen Zeugnis auf der Erde erkennen, sowohl in gemeinschaftlicher als auch in persönlicher Hinsicht. Wenn das Zeugnis eine individuelle Sache wird anstatt einer gemeinschaftlichen, so bedeutet dies, dass das Ganze sich im Verfall befindet.
In Richter 13, dem ersten Kapitel der Geschichte Simsons, wird alles von der Seite Gottes aus gesehen. Wir sehen, wie Er am Werk ist und dafür sorgt, dass alles für die Geburt eines Nasirs vorbereitet wird. Gott will, dass Simson in seinem ganzen Leben ein Nasir sein soll.
In 4. Mose 6 findet sich das Gesetz des Nasirs. Darin können wir lesen, dass jemand sich für eine bestimmte Zeit der Nasiräerschaft auf der Grundlage der Freiwilligkeit weihen konnte (4Mo 6,2). Simson hat keine Wahl. Gott hat ihn zur Nasiräerschaft bestimmt, sein Leben lang. Aber Gott regelt alles so, dass es für ihn auch möglich ist, dem zu genügen. Die ganze Vorbereitung zeugt davon, wie in diesem Kapitel deutlich wird.
Dass Gott so handelt, zeugt noch einmal von seiner unaufhörlichen Fürsorge und von seiner Liebe zu seinem Volk. Das bedeutet umso mehr, wenn wir daran denken, wie dieses Volk Ihm immer wieder so untreu geworden ist, zum soundsovielten Mal und jetzt in schlimmstem Maß. Gott beginnt, souverän zu handeln.
1 Die Philister
1 Und die Kinder Israel taten wieder, was böse war in den Augen des HERRN; und der HERR gab sie vierzig Jahre in die Hand der Philister.
Zum siebenten Mal lesen wir: „Und die Kinder Israels taten wieder, was böse war in den Augen des HERRN.“ Die Zuchtrute, die Gott jetzt gebraucht, sind die Philister. Sie sind schon früher in eine Züchtigung einbezogen worden (Ri 10,7). Aber dort sind sie nicht der Hauptfeind, und das ist jetzt wohl der Fall. Sie beschlagnahmen das Land.
Über das, was die Philister vorstellen, wurde bereits bei Richter 3,3 etwas gesagt. Um der Bedeutung der Erkennbarkeit dieses Feindes willen ist es gut kurz einige Dinge zu wiederholen, und auch einige neue Merkmale hinzuzufügen. Die Philister stellen Menschen vor, die äußerlich eine Stellung einnehmen, die mit dem übereinstimmt, was Gott seinem Volk gegeben hat. Sie besitzen eine Form der Gottseligkeit (2Tim 3,5). In unserer Zeit sind sie mit Namenschristen zu vergleichen, mit Menschen, die vorgeben, Christen zu sein, aber nicht wiedergeboren sind. Es sind Nachahmer.
Philister stellen eine Religion vor, die für den nicht wiedergeborenen Menschen annehmbar ist. Ihr Werk ist zum Beispiel die Verstopfung von Brunnen (1Mo 26,18). Die Bedeutung davon ist, dass sie den Heiligen Geist am Wirken hindern, denn Brunnen sind ein Bild des Wortes Gottes, das vom Heiligen Geist lebendig gemacht wird. Der Herr Jesus spricht in Johannes 4 und 7 darüber (Joh 4,13.14; Joh 7,37–39).
Philister gebrauchen die Dinge Gottes zu ihrem eigenen Vorteil. Das ist der Vorwurf, den Gott durch den Propheten Joel unter anderem den Philistern macht (Joel 4,4.5). Ein Beispiel: Der Namenschrist gibt bestimmten wichtigen biblischen Begriffen einen völlig anderen Inhalt. Man denke nur einmal an den Segen der Kindschaft und der Sohnschaft des Gläubigen. Gläubige werden Kinder Gottes und auch Söhne Gottes genannt. Was macht der Namenschrist daraus? Er sagt, dass alle Menschen Kinder Gottes seien. So wird dieser Segen auf das Niveau des natürlichen, nicht wiedergeborenen Menschen herabgewürdigt.
Und was ist über ihre Sichtweise der leibhaftigen Auferstehung Christi, ein Fundament des christlichen Glaubens, zu sagen? Der Namenschrist spricht auch über die Auferstehung Christi, aber er meint damit, dass Christus in den Ideen weiterlebt, die von seinen Anhängern verbreitet werden.
Es geht bei den Philistern darum, dass wir die Taktik zu erkennen beginnen, die sie gebrauchen, um die Wahrheit Gottes auszuhöhlen und inhaltslos zu machen. Um es mit 2. Timotheus 3 zu sagen, „deren Kraft aber verleugnen“ sie (2Tim 3,5b). Sie berufen sich auf die Bibel, aber in Wirklichkeit sagt die ganze Bibel ihnen nichts. Dennoch wollen sie nichts lieber, als ihre Ideen im christlichen Gebiet einzuführen. Die Philister sind ja keine Feinde von außerhalb des Landes, sondern sie wohnen darin.
Und obwohl sie kein Recht auf das Land haben, denn Gott hat es seinem Volk zugeteilt (5Mo 32,8.9), verbinden sie doch ihren Namen damit: Palästina. Dieser Name leitet sich vom Namen Philister ab. Sie haben Israel länger in Sklaverei gehalten als jedes andere Volk. David erst hat sie endgültig geschlagen.
Wenn wir durch Gnade und Wiedergeburt Kinder Gottes sind und keine Namenschristen, müssen wir doch enorm aufpassen, dass wir nicht in den Bann des angenehmen Lebens geraten, das der Namenschrist zu führen scheint. Es ist jedoch ein Leben aus dem und für das Fleisch und nicht für Gott. Das Einzige, das uns bewahren kann, ist, uns mit dem Herrn Jesus zu beschäftigen, von dem David ein Bild ist.
Simson gerät in den Bann der anziehenden Seite der Philister, die in einigen Frauen vorgestellt wird. Er war nicht Herr über seine Lüste. Das bedeutete seinen Untergang als Nasir, und dadurch versagte er in seinem Auftrag. So wird es auch uns gehen, wenn wir nicht von dem abgesondert bleiben, was die Christenheit dem fleischlichen Menschen zu bieten hat. Wir können dann nicht länger ein Zeuge für Gott sein; unser Zeugnis wird untergehen.
2 Gott beginnt zu wirken
2 Und es war ein Mann aus Zorha, vom Geschlecht der Daniter, sein Name war Manoah. Und seine Frau war unfruchtbar und gebar nicht.
Die Züchtigung hat hier nicht das gewünschte Ergebnis. Sie bringt Israel diesmal nicht dazu, zum HERRN zu schreien. Gott wartet vergeblich. Das Volk hat sich an sein Elend und seine Sklaverei gewöhnt, so tief ist es schon gesunken. Wenn es kein Schreien gibt, kann es auch keine Rückkehr geben. Aber damit sind die Quellen der Gnade Gottes nicht ausgeschöpft. Er sieht die unter dem Volk, welche Ihn fürchten. Er will zur Erfüllung seiner Pläne von einem gottesfürchtigen Ehepaar Gebrauch machen, das zugleich alle Merkmale von Schwachheit darstellt.
Manoah und seine Frau gehören zu dem schwächsten Stamm Israels, dem Stamm Dan, dem Stamm, der am wenigsten den Auftrag Gottes erfüllt hat (Ri 1,34). Sie bilden einen Überrest, so wie Joseph und Maria, Zacharias und Elisabeth, die Hirten, Anna und Simeon das in der Zeit der Geburt des Herrn Jesus gewesen sind (Lukas 1 und 2). Auch das waren dunkle Tage in der Geschichte Israels. Hinzu kommt noch, dass die Frau unfruchtbar war.
Auch die Bedeutung des Namens macht die Sache nicht rosiger. Zorha bedeutet „Hornissennest“ oder „Wespennest“, während die Bedeutung des Namens Manoah „Ruhe“ ist. Wespen oder Hornissen stechen oder beißen gemein. Sie sind ein Bild satanischer Angriffe, verführerischer Geister, mit denen wir in den letzten Tagen zu tun haben (1Tim 4,1.2). Sie „stechen“, wo sie können, vor allem, um uns zu entmutigen, etwas für Gott zu tun.
Der Stamm Dan ist ein verräterischer Stamm (1Mo 49,17). Er liegt von allen Stämmen am weitesten von Jerusalem entfernt. Sich an einem solchen Ort bequem zu fühlen, dort Ruhe zu haben, ist kein günstiges Zeichen. Wie kann es Ruhe geben, wenn alles so im Widerspruch zum Willen Gottes steht? In Sacharja 1 ist die Ruhe auch nicht gesund. Der Vorwurf dort ist, wie die Erde in Ruhe sein kann, während die Stadt Jerusalem in Trümmern liegt (Sach 1,11). Aber die folgenden Verse lassen erkennen, dass diese Sache Gott keine Ruhe lässt und dass Er sich für Jerusalem einzusetzen beginnt. Das ist auch hier der Fall.
Wenn wir auf den Hintergrund der Geburt Simsons blicken, dann erscheint alles hoffnungslos. Aber Gott beginnt sein Werk dort, wo von dem Menschen nichts mehr zu erwarten ist. So wirkt er meistens.
3 Unfruchtbar
3 Und der Engel des HERRN erschien der Frau und sprach zu ihr: Sieh doch, du bist unfruchtbar und gebierst nicht; aber du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären.
Der erste, der etwas vom Vorhaben Gottes zu hören bekommt, ist nicht Manoah, sondern seine Frau. Gott richtet sich an sie, um anzuzeigen, wie schwach der Zustand des Volkes ist. Die Frau ist im Allgemeinen in der Bibel ein Bild der Schwachheit. Diese Schwachheit wird noch mit der Aussage betont, dass sie eine unfruchtbare Frau ist. Es wird noch ein extra Akzent gesetzt, indem hinzugefügt wird, dass sie nicht gebiert.
So richtet sich Gott auch an uns, wenn Er Gefäße seines Segens aus uns machen will. Es muss gut zu uns durchdringen, dass Gott, wenn Er von uns Gebrauch machen will, Er das nicht aufgrund dessen tut, wer wir von Natur aus sind. Von Natur aus sind wir nicht in der Lage, Frucht zu bringen. Er sagt das zur Frau Manoahs nicht als Tadel, sondern aus Liebe.
Es scheint, dass sie sich durch ihre Unfruchtbarkeit auf den HERRN geworfen hat. Sie wird Ihm ihre Not und ihre Sehnsucht oft bekannt gemacht haben. Als rechtschaffene israelitische Frau wünschte sie sich Nachkommenschaft. Vielleicht hat sie sogar, wie Hanna (1Sam 1,11), um einen Sohn gebeten, der von Gott gebraucht werden könnte. Im Leben Saras, Rebekkas, Hannas, die ebenfalls gottesfürchtige, unfruchtbare Frauen waren, hat ihre Unfruchtbarkeit auch Übungen in der Seele verursacht.
Für die Frau Manoahs ist Gottes Zeit gekommen. Er verheißt ihr einen Sohn und gibt dazu noch einige Anweisungen, sowohl für sie selbst als auch für ihren Sohn.
4 Anweisungen für die Frau
4 Und nun hüte dich doch und trink weder Wein noch starkes Getränk, und iss nichts Unreines!
Bevor über die Bedingungen gesprochen wird, denen der Sohn genügen muss, um ein Nasir sein zu können, wird zuerst zur Mutter gesagt, worauf sie achten muss. Hieraus können wir lernen, dass alles, was der Heranbildung eines Nasirs im Wege stehen kann, weggetan werden muss. Es ist wichtig, dass Eltern sich diese Anweisungen zu Herzen nehmen.
Eltern müssen dafür sorgen, dass sie keine Einflüsse zulassen, durch die ihre Kinder verkehrt geprägt werden können. Eltern, denen die Interessen Gottes und seines Volkes nahe am Herzen liegen, werden in ihrem Wunsch nach Kindern um Kinder bitten, die für die Gemeinde von Nutzen sein können. Sie wünschen, dass sie echte Dienstknechte Gottes werden. Mit weniger werden sie nicht zufrieden sein. Es geht um Gottes Gemeinde.
Die Familie ist das einzige Gebiet, wo der prägende Einfluss bestimmt werden kann; auch die örtliche Gemeinde ist eine Umgebung, in der Kinder geprägt werden. Alle, die zu einer örtlichen Gemeinde gehören, tun gut daran, die Tatsache zu berücksichtigen, dass auch ihr Verhalten Einfluss auf die geistliche Entwicklung der Kinder hat, die die Zusammenkünfte besuchen. Dies gilt auch, wenn die Kinder mit den Eltern in die Häuser der Glaubensgeschwister mitgehen.
Die Erziehung unserer Kinder ist darauf ausgerichtet, dass sie für den Herrn abgesondert leben sollen. Das verlangt von den Eltern, das richtige Vorbild abzugeben. Diese Lebenshaltung muss schon bei den Eltern vorhanden sein, bevor die Kinder geboren werden. Wein bezieht sich auf die angenehmen Dinge des Lebens, die an sich nicht einmal verkehrt sind sie zu gebrauchen. Wir sahen schon zuvor, dass Wein das Herz Gottes und der Menschen erfreut. Er ist ein Bild der irdischen Freude. Aber wenn der Wunsch vorhanden ist, ganz als ein Nasir für Gott zu leben, muss die Gefahr erkannt werden, die sich in der irdischen Freude verbirgt.
Von den Dingen der Erde kann ein berauschender Einfluss ausgehen. Dieser kann die Sicht auf die wahre Berufung, ganz für Gott zu leben, benebeln. Die irdischen Dinge können einen so großen Stellenwert bekommen, dass sie das Herz und die Zeit von jemandem, der dazu berufen ist, für Gott zu leben, ganz in Beschlag nehmen. Die Interessen werden allmählich von einem Ausgerichtetsein auf Gott und die Dinge des Himmels zu einem Ausgerichtetsein auf sich selbst und die Dinge der Erde verlagert. Es geht immer mehr um unser Wohlbefinden als um das, was Gott im Blick auf sein Volk beschäftigt.
Es ist auch viel angenehmer, die guten Dinge dieses Lebens mit vollen Zügen zu genießen, als Abstand von diesen Dingen zu nehmen und anstelle dessen Entbehrung, Schmach und Einsamkeit durch die Untreue des Volkes zu leiden. Wir müssen dann in der Tat sehr gut durchschauen, wofür wir leben, oder besser: für Wen wir leben.
Neben diesen an und für sich nicht verkehrten Dingen durfte die Mutter Simsons auch nichts Unreines essen. Was unrein ist, steht mit der Sünde in Verbindung. Sie durfte in ihrem Leben nichts zulassen, was sündig war. So konnte sie in Verbindung mit Gott bleiben, der nicht mit etwas verbunden sein kann, das unrein ist. Eltern können nichts von ihren Kindern verlangen, worin sie selbst hinken. Wenn Eltern selbst schlechte Lektüre lesen, können sie nicht erwarten, dass ihre Kinder davon fernbleiben werden. Das geistliche Leben wird dann nicht blühen, sondern eher absterben. Wenn Unreinheit keine Chance bekommt, wird die Kraft des geistlichen Lebens sich entwickeln können.
Es wird deutlich sein, dass es noch kein gesundes Wachstum garantiert, wenn man bloß von schädlichen Dingen Abstand hält. Dafür muss gute Speise genossen werden. Dennoch stellt der Heilige Geist in dieser Geschichte vor allem in den Vordergrund, wie notwendig es ist, von jedem Hindernis für eine richtige Erfüllung der Nasiräerschaft Abstand zu nehmen. Wie wichtig sind diese Anweisungen für Eltern, die ihre Kinder zu brauchbaren Werkzeugen in der Hand des Herrn erziehen wollen.
Ein Nasir ist jemand, der vor dem zurückscheut, was die Natur erregt, der den Platz der Frau in Schwachheit einnimmt und in dem allein die Kraft des Lebens wirksam ist. Dies sind die notwendigen Bedingungen, um zur Heranbildung des Nasirs zu kommen, mit dem Gott seinen Plan ausführen kann. Dieser Plan besteht darin, die Religion des Fleisches zur Seite zu stellen – von der die Philister ein Bild sind –, um damit den Weg für den Mann nach seinem Herzen, David, der ein Vorbild des Herrn Jesus ist, vorzubereiten.
5 Der Nasir
5 Denn siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären; und kein Schermesser soll auf sein Haupt kommen, denn ein Nasir Gottes soll der Knabe sein von Mutterleib an; und er wird anfangen, Israel aus der Hand der Philister zu retten.
Das Wort Nasir oder Nasiräer bedeutet „Abgesonderter“ oder „Geweihter“. Beide Bedeutungen sind wichtig, um Gottes Absicht mit der Nasiräerschaft kennenzulernen und hoffentlich auch in der Praxis zu verwirklichen. Der Sinn ist: abgesondert von der Sünde und Gott geweiht zu sein. Gott stellt uns diese Dinge nicht vor, damit wir uns damit wie mit einem nützlichen Zeitvertreib beschäftigen. Er will, dass diese Dinge auf unser Herz und Gewissen einwirken und in unserem Leben verwirklicht werden.
Es werden mehrere Nasir in der Bibel erwähnt. Von Joseph heißt es, dass er der „Abgesonderte“ (wie ein Nasir) unter seinen Brüdern ist (1Mo 49,26). Auch Samuel und Johannes der Täufer sind Nasir (1Sam 1,11; Lk 1,15). Der Herr Jesus ist der Nasir schlechthin. Das bestand bei Ihm nicht in der Einhaltung der Vorschriften von 4. Mose 6 oder Richter 13. Er hat Wein getrunken, unreine Menschen (Aussätzige) und auch Tote angerührt. Nirgends gibt es einen Hinweis, dass Er langes Haar gehabt hätte. Dennoch ist Er der wahre Nasir, weil Er vollkommen der geistlichen Bedeutung der Vorschriften entsprochen hat, die für den Nasir gelten. Auch wir haben es mit der geistlichen Bedeutung dieser Vorschriften zu tun, und wir werden dazu aufgerufen, dem Herrn darin zu folgen.
Wie gesagt, ist Simsons Nasiräerschaft keine freiwillige Sache, sondern eine Berufung Gottes. Seine Übung wird es, dieser Berufung zu entsprechen. Es ist bemerkenswert, dass die Vorschriften, denen der Nasir in 4. Mose 6 genügen muss, hier über die Mutter Simsons und über Simson selbst verteilt werden. Die Mutter durfte keinen Wein oder starkes Getränk trinken, obwohl dies natürlich auch für Simson gilt, während von Simson hier allein gesagt wird, dass er sein Haar nicht abschneiden darf. Das lange Haar ist ein äußerliches Kennzeichen, sichtbar für andere, während die übrigen Kennzeichen für andere nicht sichtbar sind. Die Kennzeichen, die nicht sichtbar sind, stehen mehr mit der Gesinnung des Herzens in Verbindung. Sein langes Haar, das sehr wohl sichtbar ist, steht mehr mit dem äußerlichen Zeigen dieser Gesinnung in Verbindung.
Bei der Betrachtung von Richter 5,1 ist bereits etwas über die allgemeine Bedeutung gesagt worden, die das lange Haar in der Schrift hat. Mit Bezug auf Simson kann dem Folgendes hinzugefügt werden: Die Frau trägt langes Haar, das ist normal. Es ist ihr Schmuck (1Kor 11,15). Es ist ein beständiges Symbol ihrer Abhängigkeit und ist zugleich ihre Herrlichkeit. Wenn ein Mann langes Haar trägt, ist „es eine Unehre für ihn“ (1Kor 11,14). Gott erlegt dem Nasir diese Schande auf. Er zeigt damit, dass er seinen Platz als Mann, als Haupt der Schöpfung, aufgibt, und dass er einen Platz der Abhängigkeit, wie die Frau, einnimmt. Er deutet damit an, dass er schwach sein will, damit die Kraft Christi in ihm wohnen kann (2Kor 12,9).
Ein negatives Beispiel dessen, was das lange Haar vorstellt, steht in Offenbarung 9. Dort sind die Monster scheinbar stark, aber in Wirklichkeit erhalten sie ihre Kraft von jemand anderem, nämlich von Apollyon, dem Engel des Abgrunds (Off 9,11), was darin zum Ausdruck kommt, dass sie Haare haben „wie Frauenhaare“ (Off 9,7.8). Sie folgen nicht ihrem eigenen Willen, sondern sind von diesem Engel des Abgrunds abhängig, der Macht über sie hat und sie lenkt. Für den Nasir hat das lange Haar die Bedeutung, dass seine ganze Kraft in seiner Abhängigkeit von Gott liegt.
Über Simson steht noch in unserem Vers geschrieben: „Er wird anfangen, Israel aus der Hand der Philister zu retten.“ Darin wird ausgedrückt, dass er keine endgültige Erlösung zustande bringen würde.
6 - 7 Der Bericht der Frau
6 Und die Frau kam und sprach zu ihrem Mann und sagte: Ein Mann Gottes ist zu mir gekommen, und sein Aussehen war wie das Aussehen eines Engels Gottes, sehr furchtbar; und ich habe ihn nicht gefragt, woher er sei, und seinen Namen hat er mir nicht kundgetan. 7 Und er sprach zu mir: Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären; und nun, trink weder Wein noch starkes Getränk, und iss nichts Unreines; denn ein Nasir Gottes soll der Knabe sein von Mutterleib an bis zum Tag seines Todes.
Als Manoahs Frau die Voraussage angehört hat, geht sie zu ihrem Mann. Sie erzählt ihm zuerst über die Erscheinung des Engels des HERRN, bevor sie erzählt, was Er ihr gesagt hat. Die Person, die die Botschaft gebracht hat, hat größeren Eindruck auf sie gemacht als das, was sie von Ihm zu hören bekommen hat. Sie nennt Ihn einen „Mann Gottes“ mit einem Aussehen „wie das Aussehen eines Engels Gottes“. Im Alten Testament werden Propheten manchmal „Mann Gottes“ genannt. Indem sie Ihm diese Bezeichnung gibt, erkennt sie die göttliche Quelle der Botschaft an.
Er sah auch aus wie ein „Engel Gottes“. Es scheint so, als ob sie empfand, dass diese Person mehr war als ein Mensch. Wer Er genau ist, kann sie nicht sagen. Wohl brachte seine Erscheinung sie zum Fürchten. Als Gideon zur Entdeckung kommt, dass er es mit dem HERRN selbst zu tun hat, wird er auch ängstlich (Ri 6,22). Jesaja äußert dieselben Gefühle (Jes 6,5), wie auch Mose (2Mo 3,6).
Wegen dieses erschreckenden Anblicks hat die Frau Manoahs es nicht gewagt, nach seinem Namen zu fragen. Auch hat der Besucher ihr seinen Namen nicht mitgeteilt. Wohl hatte Er ihr einige Dinge erzählt: Er hat die Verheißung gegeben, dass sie schwanger werden soll. Er hat ihr auch vorgeschrieben, was sie nicht trinken und essen darf. Schließlich hat Er ihr mitgeteilt, dass Gott will, dass dieses Kind ein Nasir Gottes sein wird. Doch sie sagt nichts über den Auftrag ihres Kindes, dass er gegen die Philister kämpfen soll.
8 Manoahs Gebet
8 Da flehte Manoah zu dem HERRN und sprach: Bitte, Herr, der Mann Gottes, den du gesandt hast, möge doch wieder zu uns kommen und uns lehren, was wir tun sollen mit dem Knaben, der geboren werden soll.
Es ist wunderschön zu sehen, wie Manoah auf alles reagiert, was seine Frau ihm erzählt. Er vertraut ihr völlig. Er kennt den Umgang seiner Frau mit Gott und weiß, dass sie sich nichts einbildet. Es ist für dieses Ehepaar nicht fremd, miteinander Dinge zu teilen, die sie vom Herrn gehört oder gesehen haben. Manoah und seine Frau können gut miteinander über die Dinge des HERRN reden. Es ist ihr gemeinsames Verlangen, nach Gottes Willen zu leben.
Auch heute ist die Grundlage einer guten Ehe die Weise, wie Mann und Frau die Dinge des Herrn miteinander teilen können. Beide müssen ihren eigenen Umgang mit dem Herrn haben, und zwar durch ein persönliches Bibellesen und durch ein persönliches Gebetsleben. Das kann der eine nicht für den anderen tun. Aber sie dürfen darin nicht aneinander vorbei leben. Es hat eine harmonische Ehe zur Folge, wenn Mann und Frau miteinander teilen, was jeder von dem Herrn gesehen und empfangen hat, und einander auch in bestimmten Dingen korrigieren.
Manoah glaubt, dass das, was seine Frau erzählt hat, eine Botschaft Gottes ist. Das ist der Ausgangspunkt für sein Gebet. Er zweifelt nicht daran: Was Gott gesagt hat, wird geschehen. Er hat nur noch eine Frage. Diese Frage dreht sich um die Erziehung des Kindes, das geboren werden soll. Werdende Eltern dürfen hierin ein gewaltiges Vorbild sehen.
9 - 14 Antwort auf das Gebet
9 Und Gott erhörte die Stimme Manoahs; und der Engel Gottes kam wieder zu der Frau, als sie auf dem Feld saß, und Manoah, ihr Mann, nicht bei ihr war. 10 Da eilte die Frau und lief und berichtete es ihrem Mann, und sie sprach zu ihm: Siehe, der Mann ist mir erschienen, der an jenem Tag zu mir gekommen ist. 11 Und Manoah machte sich auf und ging seiner Frau nach; und er kam zu dem Mann und sprach zu ihm: Bist du der Mann, der zu der Frau geredet hat? Und er sprach: Ich bin es. 12 Und Manoah sprach: Wenn nun dein Wort eintrifft, was soll die Weise des Knaben sein und sein Tun? 13 Und der Engel des HERRN sprach zu Manoah: Vor allem, was ich der Frau gesagt habe, soll sie sich hüten: 14 Von allem, was vom Weinstock kommt, soll sie nicht essen, und Wein und starkes Getränk soll sie nicht trinken, und sie soll nichts Unreines essen; alles, was ich ihr geboten habe, soll sie halten.
„Und Gott erhörte die Stimme Manoahs.“ Was für eine Ermutigung für jeden, der danach verlangt, Kinder nach dem Plan Gottes zu erziehen. Die Weise, wie das Gebet erhört wird, schließt sich an den vorherigen Besuch des Engels Gottes an. Wieder geht Gott an dem Mann vorbei, um deutlich zu machen, dass nichts von der Kraft des Mannes in der Erlösung einen Platz haben kann. Er sucht wiederum die Frau auf, als sie allein ist. Sie erkennt ihn direkt wieder und geht eilends ihren Mann holen. Bei ihr ist kein einziger Zweifel zu sehen, während Manoah so seine Fragen hat.
Er muss zuerst Sicherheit haben, dass er es in der Tat mit der Person vom ersten Besuch zu tun hat. Er empfängt die kürzeste mögliche Bestätigung. Dann wiederholt er die Frage, die er in seinem Gebet in Vers 8 gestellt hat. Aber es besteht doch ein Unterschied zwischen Vers 8 und Vers 12. In Vers 8 fragt er, wie sie als Eltern mit dem Kind umgehen sollen. In Vers 12 hat die Frage mehr Bezug auf das Kind selbst. Er fragt nach der „Lebensweise“ und dem „Tun“ des Jungen.
Solche Fragen zu stellen, ist von großer Bedeutung. Eltern, die dies tun, sind sich bewusst, dass sie keine Kinder für sich selbst bekommen, sondern dass sie diese für Gott erziehen dürfen, damit Er im Leben dieser Kinder verherrlicht werde. Es geht also um die Frage, wofür wir unsere Kinder erziehen: für eine hohe Position in dieser Welt oder für eine hohe Position im Reich Gottes? Eine hohe Position im Reich Gottes verlangt das Einnehmen eines niedrigen Platzes.
Um in das Reich Gottes kommen zu können, muss ein Kind zuerst von Neuem geboren werden (Joh 3,3.5). Danach muss die Entwicklung des christlichen Charakters stattfinden. Das geschieht durch das Wachstum in den Dingen Gottes. Ein Kind, das so geprägt wird, wird sich später als von großem Nutzen für die Gemeinde und im Dienst Gottes erweisen.
Es ist wichtig, gut auf die Lebensweise des Kindes zu achten. Eltern müssen darauf sehen, dass Kinder sich Zeit für die Dinge des Herrn einräumen, auch wenn sie mit Hausarbeiten und derartigem belastet sind. Sie müssen ihre Kinder lehren, persönlichen Umgang mit dem Herrn zu haben und Ihn in alles einzubeziehen, was sie tun. Kinder dürfen in dem Herrn jemanden kennenlernen, mit dem sie einen vertraulichen Umgang haben dürfen.
Es ist auch von Bedeutung, auf die Art der Arbeit, die sie für den Herrn möglicherweise zu tun beginnen, zu achten. Jedes Kind hat andere Fähigkeiten, ist anders vom Herrn ausgerüstet worden. Eltern müssen ihre Kinder dazu anreizen, ihre natürlichen Fähigkeiten für den Herrn zu gebrauchen. Sie dürfen ihre Kinder auch lehren, dass Gott es schön findet, wenn sie tun, was sie können. Sie brauchen nicht mehr zu sein, als sie sind.
Dieses Bewusstsein der Annahme durch Gott hängt zu einem großen Teil von dem Gefühl ab, das Eltern ihrem Kind vermitteln, indem es von ihnen akzeptiert wird, wie es ist. Die Akzeptanz von Dingen, die verkehrt sind, ist selbstverständlich davon ausgeschlossen.
Die Antwort, die Manoah bekommt, ist dieselbe wie die, die seine Frau schon vorher zu hören bekommen hat. Diese Antwort bezieht sich nicht auf den Jungen, sondern auf die Mutter. Es ist bemerkenswert, dass der Engel diese Dinge nicht dem Vater mitteilt. Wir können hieraus lernen, dass die Atmosphäre im Haus am meisten von der Mutter bestimmt wird und dass vor allem ihr Einfluss auf die Prägung eines Kindes groß ist. Der Titel eines Buches über Erziehung, das von Professor Waterink geschrieben wurde, gibt das schön wieder: „An Mutters Hand zu Jesus“.
Als der Engel seine Antwort, die Er zuvor der Frau gegeben hat, wiederholt, gibt Er eine kleine Erweiterung der Dinge, derer sie sich enthalten muss: „Von allem, was vom Weinstock kommt, soll sie nicht essen.“ Dies deutet darauf hin, dass die Erziehung eines Kindes viel von den Eltern verlangt.
Die Aufgabe eigener Interessen und das Einhalten einer Distanz von allerlei Vergnügungen sind fundamental für das Erreichen des gesteckten Ziels. Das bedeutet gewiss nicht, dass es kein Vergnügen mehr zu erleben gäbe oder dass wir uns immer davor fürchten müssten, etwas Verkehrtes zu tun. Es geht darum, was Eltern dafür übrig haben, echtes Vergnügen an ihren Kindern zu haben. Für solche Eltern wird das Wort des Apostels Johannes eine große Bedeutung haben: „Ich habe keine größere Freude als dies, dass ich höre, dass meine Kinder in der Wahrheit wandeln“ (3Joh 1,4).
In der Welt, und leider kommt das auch unter Christen vor, will man (eine bestimmte Zeit) keine Kinder, weil sie ein Hindernis für das Erleben der „angenehmen Dinge des Lebens“ darstellen. Kinder erlegen zu viele Verpflichtungen auf. Doch wer das wirkliche Ziel des Kindersegens sieht, wird sich dafür einsetzen wollen, diese echte Freude kennenzulernen.
15 - 21 Das Opfer Manoahs
15 Und Manoah sprach zum Engel des HERRN: Lass dich doch von uns aufhalten, so wollen wir dir ein Ziegenböckchen zubereiten. 16 Und der Engel des HERRN sprach zu Manoah: Wenn du mich auch aufhieltest, ich würde nicht von deinem Brot essen; willst du aber ein Brandopfer opfern, so opfere es dem HERRN. Denn Manoah wusste nicht, dass es der Engel des HERRN war. 17 Und Manoah sprach zum Engel des HERRN: Wie ist dein Name, dass wir dich ehren, wenn dein Wort eintrifft? 18 Und der Engel des HERRN sprach zu ihm: Warum fragst du denn nach meinem Namen? Er ist ja wunderbar! 19 Da nahm Manoah das Ziegenböckchen und das Speisopfer und opferte es dem HERRN auf dem Felsen. Er aber handelte wunderbar, und Manoah und seine Frau sahen zu; 20 und es geschah, als die Flamme vom Altar zum Himmel emporstieg, da fuhr der Engel des HERRN in der Flamme des Altars hinauf. Und Manoah und seine Frau sahen zu und fielen auf ihr Angesicht zur Erde. 21 Und der Engel des HERRN erschien Manoah und seiner Frau fortan nicht mehr. Da erkannte Manoah, dass es der Engel des HERRN war.
Aus allem, was Manoah gehört und mitgemacht hat, ist ihm deutlich geworden, dass ein besonderer Gast bei ihm zu Besuch war. Er muss den Eindruck bekommen haben, dass er es mit einer göttlichen Person zu tun hat. Dies wird aus der Tatsache deutlich, dass er seinem Gast ein Opfer bringen will, etwas, das allein Gott gebracht werden kann. Das Opfer, das er bringen will, ist dasselbe wie das Opfer, das Gideon seinem himmlischen Gast gebracht hat (Ri 6,19). Dennoch weiß Manoah nicht, wen er in Wirklichkeit vor sich hat. Erst in Vers 21 kommt er zu der Erkenntnis, dass er dem Engel des HERRN Auge in Auge gegenübergestanden hat.
Dass Manoah noch nicht wusste, wen er vor sich hat, wird auch aus dem deutlich, was der Engel des HERRN in Vers 16 zu ihm sagt. Er sollte sein Opfer dem HERRN bringen und nicht jemandem, der für Manoah eigentlich unbekannt war. Dies lässt uns erkennen, dass Gott von Menschen geehrt werden will, die Ihn kennen und durch den Glauben eine Beziehung zu Ihm haben. Er kann kein Opfer annehmen, das aus vagen Gefühlen über Ihn hervorgeht. Hiermit ist es wie mit dem reichen Jüngling, der den Herrn Jesus „guter Meister“ nennt, auch, ohne zu begreifen, an wen er sich richtet (Mk 10,17.18).
Nur wenn Manoah Ihn als den HERRN, als Gott, erkennt, will Er das Opfer, oder die Höflichkeit, annehmen, dann muss die Darbringung des Opfers allerdings nach den Anweisungen, die Er gibt, geschehen. Das bringt Manoah zu der Frage, die seine Frau nicht gestellt hat. Er fragt nach seinem Namen. Er möchte gern mehr über Ihn wissen. Der Name, das haben wir schon zuvor gesehen, gibt oft an, mit was für eine Person wir es zu tun haben. Der Name Gottes gibt seinem Wesen Ausdruck.
Der Name, mit dem Er sich Manoah vorstellt, ist „Wunderbar“. Diesem Namen begegnen wir auch in Jesaja 9. Dort geht es eindeutig um den Herrn Jesus. Dort heißt es von Ihm: „Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn uns gegeben. … Und man nennt seinen Namen Wunderbarer“ (Jes 9,5). Der Name „Wunderbarer“ gibt das Wesen des Herrn Jesus an. Er ist wahrhaftig Gott und wahrhaftig Mensch und doch eine Person. Dieses Wunder ist zu groß für das Fassungsvermögen des menschlichen Verstandes. Daher der Name „Wunderbarer“.
Als Manoah danach sein Opfer darbringt, geschieht etwas sehr Wunderbares. Sein Besucher geht mit der Flamme, die vom Altar hinaufsteigt, in den Himmel. Dies ist ein Bild dessen, was mit dem Herrn Jesus auf dem Kreuz geschehen ist. Als Er dort litt und starb unter dem Feuer des Gerichtes Gottes über die Sünde, stieg zugleich ein lieblicher Geruch vom Kreuz zu Gott empor. Gott wurde durch das Werk seines Sohnes verherrlicht. Aufgrund dessen hat Gott Ihm im Himmel den Platz der Herrlichkeit zu seiner Rechten gegeben.
Wir dürfen jetzt wissen, dass es einen verherrlichten Menschen im Himmel gibt. Mit diesem verherrlichten Menschen im Himmel ist die Gemeinde unauflöslich verbunden. Gott lässt dieses „wunderbare Handeln“ gerade in einer Zeit sehen, in welcher der Verfall zunimmt, um diejenigen, die Ihm in Treue als Nasir dienen wollen, zu ermutigen. Hierdurch wird der Blick emporgelenkt. Nach oben zu blicken, „wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes“ (Kol 3,2), ist die notwendige Haltung, um als Nasir standhalten zu können.
Nachdem angegeben worden ist, was nicht in das Haus gehört, in dem der Nasir geboren und erzogen wird (Wein und Unreinheit), tritt nun das Positive in den Vordergrund. Das Haus wird gleichsam mit dem Wohlgeruch des Opfers erfüllt, das die Herrlichkeit Christi vorstellt. Das Evangelium nach Markus, das den Herrn Jesus als den wahren Dienstknecht Gottes vorstellt, endet mit einem Blick in den Himmel: „Der Herr nun wurde, nachdem er mit ihnen geredet hatte, in den Himmel aufgenommen und setzte sich zur Rechten Gottes“ (Mk 16,19). Dieser Blick in den Himmel ist eine Ermutigung für jeden, der einen Dienst als Nasir für den Herrn tun will.
22 - 23 Reaktion Manoahs und seiner Frau
22 Und Manoah sprach zu seiner Frau: Wir werden gewiss sterben, denn wir haben Gott gesehen! 23 Aber seine Frau sprach zu ihm: Wenn es dem HERRN gefallen hätte, uns zu töten, so hätte er nicht ein Brandopfer und Speisopfer aus unserer Hand angenommen, und er hätte uns dies alles nicht gezeigt, noch uns zu jener Zeit dergleichen vernehmen lassen.
Als es zu Manoah durchgedrungen ist, mit wem er es zu tun hatte, wird er ängstlich und fürchtet sich, dass er und seine Frau sterben werden. Dafür besteht jedoch kein Grund, weil das Opfer angenommen worden ist. Das hat seine Frau gut verstanden. Manoah nimmt sich selbst als Ausgangspunkt in seinem Reden. Seine Frau nimmt das Opfer als Ausgangspunkt. Ihre Haltung zeigt Glaubenssicherheit, wie wir diese für den Christen finden: „Was sollen wir nun hierzu sagen? Wenn Gott für uns ist, wer gegen uns? [Er], der doch seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben hat: wie wird er uns mit ihm nicht auch alles schenken?“ (Röm 8,31.32).
Auch hier sehen wir wieder, wie die Verhältnisse bei diesem Ehepaar liegen. Manoah ist in geistlicher Hinsicht geringer als seine Frau. Als echte Hilfe an seiner Seite weist sie ihn auf den Wert des Opfers und auf das Handeln Gottes hin. Schön, wenn ein Mann und eine Frau so miteinander umgehen und einander auf solche Dinge hinweisen können.
24 - 25 Simsons Geburt und sein erstes Auftreten
24 Und die Frau gebar einen Sohn; und sie gab ihm den Namen Simson. Und der Knabe wuchs heran, und der HERR segnete ihn. 25 Und der Geist des HERRN fing an, ihn zu treiben in Machaneh-Dan zwischen Zorha und Eschtaol.
Gottes Verheißung wird erfüllt. Der verheißene Sohn wird geboren, und seine Mutter gibt ihm den Namen Simson. Sein Name ist aus dem Wort für „Sonne“ gebildet worden. Vielleicht wird dadurch angegeben, dass Gott in dieser dunklen Zeit für Israel neues Licht scheinen lassen will, das Licht der Hoffnung auf Befreiung. Was er in seiner Jugend getan hat, wird nicht erwähnt, allerdings wohl der Ort, wo er beschäftigt war, in Machaneh-Dan, also in seiner unmittelbaren Umgebung.
Der Dienst eines jeden, der etwas für den Herrn tun will, beginnt immer in der direkten Umgebung: zu Hause, in der Nachbarschaft, an der Arbeitsstelle, in der Schule. Er beginnt zu Hause, danach wird der Kreis des Dienstes größer. Sonntagschularbeit zu tun und zu Hause unsäglich zu sein, passen nicht zusammen. Es ist unmöglich, „in die Mission zu gehen“, ohne zuerst zu Hause, in der Umgebung, Zeuge gewesen zu sein. Auch kann ein Bruder keiner anderen örtlichen Gemeinde dienen, wenn er sich in der eigenen örtlichen Gemeinde nie hören lässt. Der Einfluss des Geistes und seine Auswirkung werden zuallererst in der häuslichen Atmosphäre wahrgenommen.
Simson wächst in den idealsten Umständen auf, ganz anders als beispielsweise Jephta. Er hat gottesfürchtige Eltern, der HERR segnet ihn, hat ihn für sich zur Seite genommen und der Geist des HERRN leitet ihn schon in seinen jungen Jahren. Trotz all dieser großen Vorrechte nimmt das Leben Simsons einen tragischen Verlauf, wie die folgenden Kapitel uns erkennen lassen.