Einleitung
Nach dem flehenden Gebet Hannas im vorherigen Kapitel, hören wir nun von ihr ein Gebet der Anbetung und Prophetie. Es geht darin nicht so sehr um den kleinen Samuel, sondern um Christus (Vers 10). So sollte das Gebet für jedes unserer Kinder sein. Es dreht sich nicht um ihren gesellschaftlichen Wohlstand, sondern darum, ob Christus in ihnen zu sehen sein wird.
Wie bereits erwähnt, ähnelt Hannas Gebet dem Lobgesang Marias (Lk 1,46–55). Sowohl Hanna als auch Maria sind Vorbilder für einen treuen Überrest ihrer Zeit. Beide spüren tief den Verfall des Volkes Gottes. Beide verstehen, dass kein Mensch, sondern nur Gott das ändern kann. Es sind beides prophetische Lieder und eine große Ermutigung am Anfang einer Geschichte, die von dunklen Wolken gekennzeichnet ist. Es ist wie der Bogen der Hoffnung in den Wolken des drohenden Gerichtes.
Das Gebet kann in vier Teile unterteilt werden:
1. Verse 1–3: Hanna besingt den Gott ihres Heils oder ihrer Erlösung als den treuen, allmächtigen, allwissenden Gott. Sie spricht von „unserem“ Gott (Vers 2).
2. Verse 4 und 5: Hanna spricht über die Rettung, die sie erfahren hat, und die Erniedrigung des Gegners.
3. Verse 6–8a: Der Weg, auf dem Rettung erfahren wird, ist der des Todes und der Auferstehung.
4. Verse 8b–10: Gott führt alles zu seinem Ziel, der Kampf zwischen Gut und Böse wird für immer beendet. Christus regiert über die erneuerte Erde.
Das Gebet von Hanna, in dem sie die Gefühle ihres Herzens ausgießt, nachdem sie ihren Sohn dem HERRN geweiht hat, ist ein Lobgesang mit einem prophetischen und messianischen Charakter. Es ist ein Psalm als reife Frucht des Geistes Gottes. Hanna ist mit Israels Bestimmung, ein Königreich zu sein, vertraut. Sie weiß von den Verheißungen, die Gott den Vätern gegeben hat. Sie ist erfüllt von der Sehnsucht nach der Erfüllung der Verheißungen. Im Geist sieht sie den König, den der HERR seinem Volk geben wird und durch den Er seinem Volk die Herrschaft über die Erde geben wird.
1 Äußerungen der Freude
1 Und Hanna betete und sprach:
Mein Herz frohlockt in dem HERRN, erhöht ist mein Horn in dem HERRN. Mein Mund ist weit aufgetan über meine Feinde, denn ich freue mich deiner Rettung.
Die große prophetische Perspektive dieses Gebets beginnt mit dem persönlichen Ausdruck der Seelenübungen einer Frau. Sie spricht von „meinem Herzen“, „meinem Horn“, „meinem Mund“. Aus dieser persönlichen Erfahrung geht sie im Lauf ihres Lobgesangs bis zu den Enden der Erde (Vers 10).
Sie betete ihr erstes Gebet leise – nur ihre Lippen bewegten sich (1Sam 1,13) – zu Gott, der auch auf das hört, was im Verborgenen gesagt wird. Jetzt öffnet sie ihren Mund weit, um die herrlichen Dinge zu erzählen, die der HERR getan hat. Sie spricht aus der Fülle ihres Herzens. Ihr Herz freut sich nicht so sehr über die Gabe, Samuel, sondern über den HERRN als den Geber. „Mein Horn“ sieht auf die Kraft, auf die sie sich stützt, als Vorläufer des Horns des Gesalbten (Vers 10).
Der erste Teil des Verses („Herz“) und der dritte Teil („Mund“) gehören zusammen. Der Mund drückt aus, was im Herzen lebt (Röm 10,10). Auch der zweite Teil („Horn“) und der vierte Teil („Rettung“) gehören zusammen. Das Horn ist ein Bild der Kraft. Ihre Rettung liegt in der Kraft des HERRN.
2 Niemand ist mit dem HERRN zu vergleichen
2 Keiner ist heilig wie der HERR, denn keiner ist außer dir; und kein Fels ist wie unser Gott.
Nachdem sie ihre eigene Freude über das, was sie im HERRN gefunden hat, zum Ausdruck gebracht hat, spricht sie weiterhin nur von Ihm. Sie erhebt sich über ihre eigenen Segnungen und ist sozusagen völlig beschlagnahmt dadurch, wer Er ist.
Das erste Merkmal, von dem sie singt, ist seine Heiligkeit. Die Heiligkeit ist eine besondere Eigenschaft des Gottes Israels. Kein Götze beansprucht dies.
Es gibt auch keinen anderen Gott außer Ihn. Er allein ist der unerschaffene, ewige Gott. Alles, was außerhalb von Ihm ist, kommt von Ihm. Er ist der Ursprung davon. Nichts außerhalb von Ihm besteht unabhängig von Ihm. „Denn durch ihn sind alle [Dinge] geschaffen worden, die in den Himmeln und die auf der Erde, die sichtbaren und die unsichtbaren, es seien Throne oder Herrschaften oder Fürstentümer oder Gewalten: Alle [Dinge] sind durch ihn und für ihn geschaffen“ (Kol 1,16).
Außer Ihm gibt es keinen Halt, keine Quelle der Erlösung. Jede sichere und beständige Hilfe ist nur in Ihm gegenwärtig. Er ist der einzige Fels.
3 Der HERR ist allwissend
3 Häuft nicht Worte des Stolzes, noch gehe Freches aus eurem Mund hervor; denn ein Gott des Wissens ist der HERR, und von ihm werden die Handlungen gewogen.
Das zweite Merkmal ist seine Allwissenheit (Ps 139,1–4). Er sieht nicht nur die Taten, sondern auch die Gedanken und Motive: „Und kein Geschöpf ist vor ihm unsichtbar, sondern alles ist bloß und aufgedeckt vor den Augen dessen, mit dem wir es zu tun haben“ (Heb 4,13). Er prüft alle Worte und Handlungen.
Das ist für Hanna ein Trost und für Peninna eine Warnung, ihren Ton zu mäßigen und auf das zu achten, was sie sagt. Über Peninna hinaus spricht Hanna zu den Feinden Israels und Gottes. Sie übergibt das Gericht dem HERRN, der dort, wo es jetzt noch Unrecht gibt, vollkommen Gerechtigkeit üben wird.
4 - 5 Die Rollen werden vertauscht
4 Die Bogen der Helden sind zerbrochen, und die Strauchelnden haben sich mit Kraft umgürtet.
5 Die satt waren, dienen für Brot, und die hungrig waren, sind es nicht mehr. Sogar die Unfruchtbare hat sieben geboren, und die Kinderreiche ist dahingewelkt.
Alle Handlungen werden von Gott gelenkt. Er sorgt für eine Umkehrung der Rollen. Er steht hinter der Entwicklung der Dinge. Nur durch seinen Rat können wir ein Werk erfolgreich beginnen, fortsetzen und vollenden. Alles, was Er sich vornimmt und ausführt oder ausführen lässt, jede Handlung, jeder Gedanke, alles ist durchdacht und abgewogen, vollkommen harmonisch und zweckmäßig. Nichts ist vergeblich oder nutzlos. Jedes Ergebnis wird das bestätigen.
Hanna sieht im Glauben das Ergebnis des Handelns des HERRN. Durch sein Eingreifen wird der Held kraftlos und der Kraftlose wird mit Kraft umgürtet. So ist es auch mit denen, die gesättigt sind, und mit denen, die hungrig sind; mit denen, die unfruchtbar sind, und mit denen, die reich an Kindern sind (Ps 113,9; Jes 54,1–6).
Diese völlige Umkehrung der Rollen wird durch die Gerichte geschehen, die dem Friedensreich vorausgehen, und in dem Friedensreich, das dann direkt darauf folgt: „wenn es denn bei Gott gerecht ist, denen, die euch bedrängen, mit Drangsal zu vergelten, und euch, die ihr bedrängt werdet, Ruhe mit uns [zu geben] bei der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel her, mit [den] Engeln seiner Macht, in flammendem Feuer“ (2Thes 1,6–8a). Vorbilder davon sehen wir im Buch Esther, wo der HERR Haman erniedrigt und Mordokai erhöht. Wir sehen es auch in diesem Buch, als Er Saul erniedrigt und David erhöht.
6 - 9 Die Allmacht des HERRN
6 Der HERR tötet und macht lebendig; er führt in den Scheol hinab und führt herauf.
7 Der HERR macht arm und macht reich; er erniedrigt und erhöht auch.
8 Er hebt aus dem Staub empor den Geringen, aus dem Kot erhöht er den Armen, um sie sitzen zu lassen bei den Edlen; und den Thron der Ehre gibt er ihnen als Erbteil. Denn des HERRN sind die Säulen der Erde, und auf sie hat er den Erdkreis gestellt.
9 Die Füße seiner Frommen bewahrt er, aber die Gottlosen verstummen in Finsternis; denn nicht durch Stärke hat der Mensch die Oberhand.
In diesen Versen dreht sich alles um den HERRN, um das, was Er tut. Hanna schaut über den Tod und das Grab hinaus und zeigt auf das Leben und die Auferstehung. Das ist etwas Besonderes im Alten Testament (5Mo 32,39a). Aller Segen des HERRN beruht auf dem Tod und der Auferstehung Christi. Alle, die wissen, dass sie in sich selbst tot sind, bekommen Leben in Ihm. Sie dürfen wissen, dass sie mit Ihm gestorben und auferstanden sind. In der Auferstehung werden alle Verheißungen Gottes erfüllt. Das hat auch Abraham gelernt und geglaubt: „Wobei er urteilte, dass Gott auch aus [den] Toten aufzuerwecken vermag“ (Heb 11,19a).
Der HERR hat Reiche und Arme gemacht, damit Menschen voneinander abhängig sind (Spr 22,2). Das gilt auch in geistlicher Hinsicht. Die, die reich sind, d. h., die ihren geistlichen Reichtum kennen, haben das Gott zu verdanken. Die, die arm sind, schauen zu Gott auf. Diesen Unterschied aus der Hand Gottes anzunehmen, macht dankbar und zufrieden (vgl. Jak 1,9.10a). Das bewahrt den Reichen vor Hochmut und den Armen vor Entmutigung. Reiche und Arme brauchen einander. Der Unterschied in der Position, die wir einnehmen, ist auch von Gott vorgesehen.
Im Friedensreich wird Gott die großen Endergebnisse seines Handelns zeigen. Diejenigen, die jetzt niedrig und arm sind, werden dann einen Ehrenplatz bekommen. Vorbilder darauf sehen wir in Joseph, der vom Sklaven und Gefangenen zum Herrscher wird (1Mo 41,14.38–44) und in Lazarus, der auf der Erde ein Bettler ist, aber im Himmel einen Platz im Schoß Abrahams bekommt (Lk 16,20–22).
Hanna besingt Ihn als den Allmächtigen. Das sehen wir in der Weise, worauf der HERR die Erde gegründet hat. Das Fundament oder die Säulen, auf die Er die Erde gelegt hat, ist sein Wort, denn Er trägt das Universum „durch das Wort seiner Macht“ (Heb 1,3). Die Erde ruht auf Fundamenten, die sie tragen durch die Kraft, die Er ihnen verleiht. Wenn die Grundfesten der Erde Ihm gehören, hat der Gerechte nichts zu fürchten.
Mit der Allmacht, die sich in der Erhaltung seiner Schöpfung offenbart, bewahrt der HERR auch die Füße seiner Frommen. Wie könnte die Macht des Menschen jemals der Allmacht dieses großen Gottes standhalten? Er hält die Füße seiner Heiligen auf dem Weg zu dem Erbteil, das Er ihnen versprochen hat, damit sie nicht straucheln und fallen (Ps 116,8; 121,3). Er bewahrt das Erbteil für seine Heiligen und bewahrt seine Heiligen für das Erbteil (1Pet 1,4.5a). Aber von den Gottlosen, die den Gerechten unterdrücken und verfolgen, wird Gott das Licht seiner Gnade wegnehmen, so dass sie in der Dunkelheit umkommen. Die Kraft des Gottlosen vermag nichts gegen die Allmacht Gottes.
10 Der König und Gesalbte des HERRN
10 Der HERR – es werden zerschmettert werden, die mit ihm hadern; über ihnen im Himmel wird er donnern. Der HERR wird richten die Enden der Erde und Macht verleihen seinem König und erhöhen das Horn seines Gesalbten. –
Jede Auflehnung gegen den HERRN wird zunichte gemacht werden. Er wird seinen Donner im Himmel über alle seine Gegner ertönen lassen. Donner ist die Ankündigung, dass der HERR kommt, um zu richten. Wenn es donnert, spürt der Mensch auf alarmierende Weise die Gegenwart des allmächtigen Gottes. So macht der HERR durch Gericht den Weg frei, um das Friedensreich zu gründen.
Dieses Reich umfasst die ganze Erde, bis zu seinen Enden. Dann gibt der HERR die Regierung dieses Reiches „seinem König“. Hanna schließt ihr Gebet mit „seinem Gesalbten“ ab. Das sagt gleichsam aus, dass der Gesalbte Gottes das letzte Wort von Gott an die Menschen ist. „Sein König“ und „sein Gesalbter“ ist niemand anderes als der Herr Jesus. Um Ihn geht es in diesem Buch (Vers 35). So wie der Name „HERR der Heerscharen“ zum ersten Mal von Hanna verwendet wird (1Sam 1,11), dort als unfruchtbare und betrübte Frau, so ist es auch mit dem Namen „Gesalbter“, doch jetzt von einer fruchtbaren und glücklichen Frau.
11 - 17 Samuel und die Söhne Elis
11 Und Elkana ging nach Rama in sein Haus. Der Knabe aber diente dem HERRN vor Eli, dem Priester. 12 Und die Söhne Elis waren Söhne Belials, sie kannten den HERRN nicht. 13 Und die Weise der Priester dem Volk gegenüber war so: Sooft jemand ein Schlachtopfer opferte, kam der Diener des Priesters, wenn man das Fleisch kochte, und hatte eine Gabel mit drei Zinken in seiner Hand; 14 und er stieß in das Becken oder in die Schüssel oder in den Kessel oder in den Topf: Alles, was die Gabel heraufbrachte, nahm der Priester damit weg. So taten sie in Silo allen Israeliten, die dahin kamen. 15 Sogar ehe man das Fett räucherte, kam der Diener des Priesters und sprach zu dem Mann, der opferte: Gib Fleisch zum Braten für den Priester! Denn er will kein gekochtes Fleisch von dir annehmen, sondern rohes. 16 Und sprach der Mann zu ihm: „Sogleich werden sie das Fett räuchern, dann nimm dir, wie deine Seele begehrt“, so sprach er: „Nein, sondern jetzt sollst du es geben, und wenn nicht, so nehme ich es mit Gewalt.“ 17 Und die Sünde der Jünglinge war sehr groß vor dem HERRN; denn die Leute verachteten die Opfergabe des HERRN.
Samuel wird immer als „Knabe“ bezeichnet. Das zeigt den Kontrast zu den Erwachsenen um ihn herum. Es zeigt auch, dass Gott etwas Neues beginnt mit dem, was in der Welt nicht geachtet wird. Er verbirgt seine Pläne „vor Weisen und Verständigen“ und offenbart sie „den Unmündigen“ (Mt 11,25).
Der Geist zeigt die Entwicklung von dem Kind Samuel zu einem erwachsenen Mann und Diener in einer religiösen und zugleich gottlosen Umgebung. Das kann nur Gottes Werk sein. Samuel wird im Verborgenen geformt. Er dient nicht Eli vor dem Angesicht des HERRN, sondern er dient dem HERRN unter der Aufsicht von Eli. Vielleicht ist er in seinen sehr frühen Jahren sogar auch noch auf die Fürsorge der Frauen, bei denen die Söhne Elis schlafen, angewiesen.
Elis Söhne sind „verdorbene Menschen“ oder „Söhne Belials“, d. h. sie haben nichts mit Christus gemeinsam (2Kor 6,15a). In diesen beiden Priestern sehen wir, wie äußere Gegenwart bei Gott, ohne Ihn jedoch zu kennen, zur schlimmsten Abweichung von Ihm führt. Eine Heiligkeit, die nur äußerlich ist, ist die schlimmste Unheiligkeit. Elis Söhne handeln so, als gäbe es keinen Gott. Als Folge ihres Handelns fängt das Volk an, das Opfer zu verachten und sich nicht mehr um Gottes Gebote zu kümmern.
Gott hat im Gesetz vorgesehen, dass die Priester ihren Teil von dem Friedensopfer erhalten (3Mo 7,34). Die Söhne Elis sind damit jedoch nicht zufrieden. Es ist ihnen egal. Sie nehmen nicht nur viel mehr als ihnen zusteht, sondern sie nehmen es sogar, bevor Gott seinen Teil erhalten hat. Es ist eine Machtdemonstration und ein Ausdruck von Ungerechtigkeit und Anmaßung der gröbsten Sorte.
Heute sehen wir, dass dies geschieht, wenn die Kirche den Menschen des Volkes Gottes das abnimmt, worauf Gott Anspruch hat. Wir sehen es bei Kirchenführern, die sich auf Kosten der Mitglieder bereichern. In einer solchen Situation sind Menschen nötig, die wieder zuerst Gott den Teil geben, der Ihm zusteht. Nehmen wir das Beste für uns selbst und soll Gott sich dann mit den Resten zufriedengeben?
Jemand vom Volk, der zum Opfern kommt, kennt das Gesetz und spricht die verdorbenen Priester darauf an. Er weist darauf hin, dass zuerst das Fett geopfert werden muss (3Mo 3,3–5.16). Dem Knecht des Priesters ist das völlig egal. Er hat seinen Befehl vom Priester erhalten und er hält sich strikt daran. Das bringt ihm auch den größten Vorteil. Er droht sogar mit Gewalt, wenn der Opfernde nicht das gibt, was der Priester verlangt.
Dieses Verhalten zeigt ein Bild von dem Dienst an Gott, das als eine sehr große Sünde angesehen wird. Die Vertreter Gottes präsentieren Ihn als gewalttätigen, gierigen Gott. Das Ergebnis ist, dass die Menschen das Opfern nicht mehr so ernst nehmen. Hier können wir die Lektion lernen, dass eine falsche Darstellung dessen, wer Gott ist, dazu führt, dass der Herr Jesus und sein Werk abgelehnt werden.
18 Samuel dient dem HERRN
18 Und Samuel diente vor dem HERRN, ein Knabe, umgürtet mit einem leinenen Ephod.
Nach der Beschreibung der Gottlosigkeit der Priestersöhne sehen wir hier wieder den wahren Diener. Obwohl Samuel nicht zur Priesterfamilie gehört, ist er der wahre Priester. Seine Reinheit in der unreinen Umgebung kommt stark zum Ausdruck. Samuels Verhalten steht in starkem Kontrast zum Verhalten der Söhne Elis.
Das leinene Ephod ist ein Leinengewand, das von den Priestern getragen wird (1Sam 22,18). David trägt es auch einmal, als er die Bundeslade nach Zion bringt (2Sam 6,14). David ist ein König-Priester. Reinheit und priesterliche Gesinnung gehören zusammen. Samuel gehört nicht zur Familie Aarons, aber er lebt in der Gegenwart Gottes und kann als Prophet Gottes Gedanken weitergeben.
19 - 21 Wachstum
19 Und seine Mutter machte ihm ein kleines Oberkleid und brachte es ihm Jahr für Jahr hinauf, wenn sie mit ihrem Mann hinaufging, um das jährliche Schlachtopfer zu opfern. 20 Und Eli segnete Elkana und seine Frau und sprach: Der HERR gebe dir Nachkommen von dieser Frau anstelle des Geliehenen, das man dem HERRN geliehen hat. Und sie gingen nach Hause. 21 Und der HERR wandte sich Hanna zu, und sie wurde schwanger; und sie gebar drei Söhne und zwei Töchter. Und der Knabe Samuel wurde groß bei dem HERRN.
Immer wenn Elkana und Hanna das jährliche Opfer bringen, nimmt Hanna ein kleines Oberkleid für Samuel mit. Das bedeutet, dass seine Mutter mit seinem Wachstum beschäftigt ist. Jedes Jahr bringt sie die richtige Größe mit. Sie kennt sein Wachstum. Kennen wir das geistliche Wachstum unserer Kinder? Eltern müssen für jedes geistliche Alter etwas haben.
Hanna ist immer mit Samuels Kleidung beschäftigt. So ist eine Mutter immer mit der Bildung des Charakters ihrer Kinder beschäftigt, besonders durch ihr Vorbild. Die Kinder sehen, wie sie sich verhält, was sie sagt und wie sie etwas sagt, und auch wie ihr Umgang mit dem HERRN ist. Auf diese Weise werden Kinder freundlich oder rau werden, werden sie sich interessieren für die Dinge des Herrn oder ihnen gegenüber gleichgültig sein, gemäß dem Vorbild, das sie im Leben ihrer Eltern gesehen haben.
Eli hat mittlerweile verstanden, dass Elkana und Hanna Menschen sind, die für den HERRN etwas Besonderes sind, weil der HERR für sie etwas Besonderes ist. Er spricht seinen Segen über sie aus. Er wird dies jetzt mit mehr Einsicht getan haben als zuvor (1Sam 1,17). Elkanas Familie wächst. Hanna bekommt insgesamt sechs Kinder, ein reicher Segen. Sie bekommt mehr als das, um was sie gebetet hat. So handelt Gott oft.
In der Zwischenzeit wächst Samuel bei dem HERRN auf, d. h. in seiner Nähe im Heiligtum und unter seinem Schutz und Segen. Wenn das Herz auf den HERRN gerichtet ist, wie es bei Samuel der Fall ist, werden wir in geistlicher Hinsicht aufwachsen „in [der] Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus“ (2Pet 3,18a), auch wenn die Umgebung noch so gottlos ist.
22 - 25 Eli ermahnt seine Söhne
22 Und Eli war sehr alt; und er hörte alles, was seine Söhne ganz Israel taten, und dass sie bei den Frauen lagen, die sich scharten am Eingang des Zeltes der Zusammenkunft. 23 Und er sprach zu ihnen: Warum tut ihr solche Dinge? Denn ich höre diese eure bösen Handlungen vom ganzen Volk. 24 Nicht so, meine Söhne! Denn nicht gut ist das Gerücht, das ich höre; ihr macht das Volk des HERRN übertreten. 25 Wenn ein Mensch gegen einen Menschen sündigt, so entscheidet Gott über ihn; wenn aber ein Mensch gegen den HERRN sündigt, wer wird für ihn bitten? Aber sie hörten nicht auf die Stimme ihres Vaters, denn der HERR war willens, sie zu töten.
Elis Söhne sind nur darauf aus, ihre Begierden zu befriedigen. Sie suchen die Befriedigung ihres Bauches (vgl. Phil 3,19a). Der Schritt von körperlicher Befriedigung zu Befriedigung ihrer sexuellen Lüste erfolgt schnell. Diejenigen, die sich beim Essen nicht beherrschen können, können sich oft auch nicht in sexuellen Dingen beherrschen. Elis Söhne können sich dem Gericht nicht mehr entziehen, nachdem sie sich so schlecht verhalten haben.
Eli ermahnt seine Söhne wegen ihres Verhaltens, aber seine Ermahnung kommt zu spät. Unter anderem wegen seines schlaffen Auftretens haben sie ihre Herzen verhärtet. Nun ist die Zeit der Bekehrung vorbei. Eli kennt die Gedanken Gottes nicht und handelt daher weiterhin auf seine schwache Art und Weise. Er ist zu spät.
Der HERR musste die Entscheidung treffen, sie zu töten. Diese Entscheidung ist unwiderruflich, weil sie unwiderruflich an dem Bösen festhalten und jede Ermahnung verachten. Es ist mit den Söhnen Elis wie mit dem Pharao, der auch zuerst sein eigenes Herz verhärtet hat (2Mo 7,13.14.22; 8,11.15.28; 9,7.34; 13,15) und dessen Herz danach von Gott verhärtet wird (2Mo 9,12; 10,1.20.27; 11,10; 14,4.8.17).
26 Samuel wächst im Ansehen
26 Und der Knabe Samuel wurde immer größer und angenehmer, sowohl bei dem HERRN als auch bei den Menschen.
Wenn die geistliche Finsternis zunimmt, leuchtet auch das Licht Gottes immer heller. Samuel wächst trotz der Abtrünnigkeit des Volkes. Der HERR und die Menschen freuen sich immer mehr, je mehr sie von Samuels Gottesfurcht sehen (vgl. Lk 2,52). Sein Leben ist eine Wohltat für alle, die mit ihm in Kontakt kommen. Es fällt auf, wie sehr er anders ist als die gottlosen Söhne Elis.
27 - 29 Ein Mann Gottes kommt zu Eli
27 Und es kam ein Mann Gottes zu Eli und sprach zu ihm: So spricht der HERR: Habe ich mich dem Haus deines Vaters nicht deutlich offenbart, als sie in Ägypten waren im Haus des Pharaos? 28 Und ich habe ihn aus allen Stämmen Israels mir zum Priester erwählt, um auf meinem Altar zu opfern, um Räucherwerk zu räuchern, um das Ephod vor mir zu tragen; und ich gab dem Haus deines Vaters alle Feueropfer der Kinder Israel. 29 Warum tretet ihr mit Füßen mein Schlachtopfer und mein Speisopfer, die ich in der Wohnung geboten habe? Und du ehrst deine Söhne mehr als mich, dass ihr euch mästet von den Erstlingen aller Opfergaben Israels, meines Volkes.
Ein anonymer Mann Gottes wird zu Eli geschickt. Wenn der Mann Gottes von dem „Haus deines Vaters“ spricht, meint er damit das Haus Aarons. Er stellt dieses dem „Haus des Pharaos“ gegenüber, was das Haus der Sklaverei ist, wo das Volk dem Pharao und seinen Interessen gedient hat. Auf diese Weise erinnert er Eli an seine Herkunft.
Dann spricht der Mann Gottes von der auserwählende Gnade Gottes, dass Er Aaron und sein Haus zum Priestertum berufen hat. Er verweist auch auf die gnädige Versorgung Gottes für die Priester. Alles, was Er gegeben hat, bewirkt, dass ihre Sünde, noch mehr haben zu wollen, eine Verachtung für all diese reichlichen Gaben Gottes ist (vgl. 2Sam 12,8.9).
Der HERR macht Eli verantwortlich für die Verachtung von „meinem Schlachtopfer und meinem Speiseopfer“, weil er nicht gegen seine Söhne vorgegangen ist. In dem Vorwurf, der Eli gemacht wird, heißt es auch, dass er sich gemästet hat vom besten Teil jedes Speisopfers. So sehr werden die Taten seiner Söhne auch ihm persönlich zugeschrieben.
Obwohl er seine Söhne zurechtgewiesen hat, wodurch er zeigt, dass er Einsicht in ihr Fehlverhalten hat, hat er ihren falschen Praktiken nicht Einhalt geboten. Elis Untätigkeit hat zu der Verachtung beigetragen, die das Volk für das Opfer und den Dienst für den HERRN bekommen hat. Er hat seinen Söhnen mehr Ehre gegeben als dem HERRN. Jeder Vater steht in der Gefahr, sich für seinen Sohn zu entscheiden, wenn er zwischen seinem Sohn und Gott wählen muss. Lasst die Väter dem Beispiel Abrahams folgen, der sein Haus nicht freundlich gebeten hat, sondern ihnen befahl, „den Weg des HERRN [zu] bewahren, Gerechtigkeit und Recht auszuüben“ (1Mo 18,19).
30 - 34 Das Urteil über das Haus Elis
30 Darum spricht der HERR, der Gott Israels: Ich habe allerdings gesagt: Dein Haus und das Haus deines Vaters sollen vor mir wandeln in Ewigkeit; aber nun spricht der HERR: Fern sei es von mir! Denn die, die mich ehren, werde ich ehren, und die, die mich verachten, werden gering geachtet werden. 31 Siehe, Tage kommen, da werde ich deinen Arm und den Arm des Hauses deines Vaters abhauen, dass es keinen Greis mehr in deinem Haus geben wird. 32 Und du wirst einen Bedränger in der Wohnung sehen, in allem, was er Gutes tun wird an Israel; und es wird keinen Greis mehr in deinem Haus geben alle Tage. 33 Und der Mann, den ich dir nicht ausrotten werde von meinem Altar, wird zum Erlöschen deiner Augen und zum Verschmachten deiner Seele sein; und aller Nachwuchs deines Hauses, sie sollen als Männer sterben. 34 Und dies soll dir das Zeichen sein, das über deine beiden Söhne kommen wird, über Hophni und Pinehas: An einem Tag sollen sie beide sterben.
Das Verachten des Opfers (Vers 29) ist dasselbe wie das Verachten von Gott. Die Folgen sind gravierend. Gott kann jetzt das Verheißene nicht geben (Jer 18,9.10). Wird Gott nun seine Verheißung zurücknehmen und im Widerspruch zu sich selbst handeln? Das kann nicht sein und das ist auch nicht so.
Gott hat dem Haus Aaron versprochen, dass es Ihm immer dienen wird. Aaron hatte vier Söhne. Zwei wurden vom HERRN getötet (3Mo 10,1.2). Von den beiden verbleibenden, Ithamar und Eleasar, ist Eleasar Aarons Nachfolger. Eleasar wird von Pinehas abgelöst. Das ist die Linie des Priestertums in Israel geworden. Es ist jedoch etwas geschehen – was es ist, lässt sich nicht aus der Schrift ableiten –, durch das die Linie des Priestertums auf Ithamar übergegangen ist. Eli stammt nämlich nicht aus der Linie von Eleasar, sondern aus der Linie von Ithamar. Durch seine Untreue gegenüber dem HERRN wird die Verheißung, die Aaron gegeben wurde, von Ithamar weggenommen.
Die Verheißung eines zuverlässigen Priesters wird in Zadok erfüllt werden (Hes 44,15), der in der Zeit Davids Hohepriester wird. Zadok stammt aus der Linie von Eleasar (1Chr 5,29–34). Gott macht seine Versprechen immer wahr, und zwar auf eine Weise, die zeigt, dass Er es getan hat.
Das Abhauen des Armes bedeutet, dass die Kraft und der Einfluss weggenommen werden. Das gilt für Eli ebenso wie für seine ganze Familie. Seine Nachkommen werden jung sterben. Eli wird es noch zu seiner Zeit erleben, dass die Wohnung des HERRN in Bedrängnis sein wird. Er wird dies erleben, wenn die Bundeslade von den Philistern erbeutet wird (1Sam 4,10.11; Ps 78,59–61). Später wird Silo zerstört und die Bundeslade verschwindet, erbeutet von den Feinden (Jer 7,12; 26,6). Die wenigen Jahre, die Eli noch leben wird, werden durch das, was ihm hier vorhergesagt wird, zur Qual werden. Der Gedanke an dieses Gericht wird ihn immer beschäftigen. Er wird in den letzten Jahren seines Lebens keine Freude mehr kennen.
Der Mann Gottes sagt ihm auch den Tod seiner beiden Söhne voraus. Hier werden ihre Namen genannt. Pinehas trägt den gleichen Namen wie ein früheres Familienmitglied. Dieses Familienmitglied verhielt sich jedoch völlig treu gegenüber dem HERRN, als die Sünde in das Volk eindrang (4Mo 25,7–13). Dieser Pinehas war Eleasars Sohn.
35 Gott sorgt für einen treuen Priester
35 Und ich werde mir einen treuen Priester erwecken, der wird tun, wie es in meinem Herzen und in meiner Seele ist; und ich werde ihm ein beständiges Haus bauen, und er wird vor meinem Gesalbten wandeln alle Tage.
Nach den Gerichtsankündigungen in den vorigen Versen folgt eine Zusage des HERRN. Sie basiert auf nichts anderem als seinem eigenen souveränen Vorsatz. Er selbst wird einen treuen, zuverlässigen Priester einsetzen. „Treue“ steht im starken Kontrast zur Untreue von Eli und seinen Söhnen.
In erster Linie können wir das auf Samuel anwenden. Weiterhin trifft es auf Zadok zu, der anstelle von Abjathar Priester werden wird. Abjathar ist der letzte Nachkomme des Hauses Elis. Durch Salomo wird ihm das Priestertum entzogen (1Kön 2,26.27). Es wird Abjathar genommen, weil er mit Adonija verbunden ist, der sich selbst zum König erklärt hat (1Kön 1,7), während Zadok nicht daran teilnimmt (1Kön 1,8). Vor allem aber ist es zutreffend auf den Herrn Jesus als König-Priester.
Das „beständige Haus“ ist das Haus Davids (1Sam 25,28). Mit dem „Gesalbte“ ist oft der Priester gemeint, aber hier ist es der König nach den Gedanken Gottes. Der Priester wird vor dem gesalbten König wandeln. Das sehen wir in diesem Buch, wo die Betonung auf dem König nach dem Herzen Gottes liegt. Das Priestertum wird in der Gegenwart des Königtums ausgeübt. Der Herr Jesus ist beides. Er ist sowohl König als auch Priester. In Ihm vereinigen sich das Königtum und das Priestertum in vollkommener Weise. In Ihm ist es so, wie Gott es beabsichtigt hat.
36 Der Überrest des Hauses Elis
36 Und es soll geschehen, jeder, der in deinem Haus übrig bleibt, wird kommen, um sich vor ihm niederzuwerfen für eine kleine Silbermünze und einen Laib Brot und wird sagen: Geselle mich doch einem der Priesterämter bei, damit ich einen Bissen Brot esse.
Was dieser Vers aussagt, sehen wir in Abjathar, der sich David zur Verfügung stellen wird (1Sam 22,20; 23,9; 30,7). Er repräsentiert alle, die dem Gericht entkommen werden. Sie werden abhängig sein von der Gnade des neuen Priesters. Auf diese Gnade werden sie sich berufen.