Einleitung
Hier beginnt die Geschichte Davids, eines Mannes, der mit seinem Schwert und seiner Feder, der Ehre Gottes und den Interessen Israels gedient hat. Es ist der Mann, der schon früher als „ein Mann nach dem Herzen Gottes“ beschrieben wird (1Sam 13,14; Apg 13,22) und der als Nächster von Saul „besser ist“ als er (1Sam 15,28). David bedeutet „Geliebter“. Das ist er nicht für seine Brüder, sondern er ist es für den HERRN. Der HERR, das heißt der Herr Jesus, ist die Wurzel Davids (Off 22,16; 5,5). David wurzelt in Ihm und kommt aus Ihm hervor. David ist aus dem Herzen Gottes hervorgekommen.
Es gibt einige Aussagen, die Gottes Wahl von David auf besondere Weise hervorheben. So ist er „ein Mann“, den der HERR „gesucht“ hat (1Sam 13,14). Er ist vom HERRN „gefunden“ worden als „mein Knecht“ (Ps 89,21), er wurde vom HERRN als „König ersehen“ (1Sam 16,1) und Er hat „ihn zum Fürsten über sein Volk bestellt“ (1Sam 13,14). David ist in vielerlei Hinsicht ein strahlendes Bild vom Herrn Jesus. Immer wieder werden wir in seiner Geschichte an Ihn erinnert.
David ist die dritte Hauptperson dieses Bibelbuchs. Von den zwei anderen Hauptpersonen, Samuel und Saul, haben wir schon viel erfahren. Samuel und Saul sind beide vom HERRN erbeten worden, es wurde um sie gebeten. Um Samuel hat eine gottesfürchtige Mutter den HERRN gebeten (1Sam 1,11.20). Um Saul wurde auch gebeten, und zwar von einem ganzen Volk, allerdings von einem von Gott abgewichenen Volk (1Sam 8,5). Saul bedeutet „erbeten“ oder „begehrt“.
Saul ist der Mann nach dem Herzen des Volkes. Indem Er ihn gegeben hat, hat Gott dem Volk das gegeben, worum sie gebeten haben. Der Wunsch, einen König zu haben, war nicht falsch, denn Gott hatte es in seinem Herzen, ihnen einen König zu geben. Sie fragen jedoch nicht nach Gottes Zeit und Motiven und auch nicht nach Gottes Mann. Sie wollen einen König haben, weil sie so wie die anderen Völker sein wollen. Gott benutzt ihre Bitte jedoch, um den Kontrast zwischen ihrem Geschmack und seinem Geschmack zu zeigen. Er kommt ihrem Verlangen zuerst nach, um danach zu zeigen, wer seinen Wünschen entspricht. Wir sehen hier das Prinzip: „Aber das Geistige war nicht zuerst, sondern das Natürliche, danach das Geistige“ (1Kor 15,46).
David bildet einen großen Kontrast, sowohl zu Samuel als auch zu Saul. Um David hat nämlich niemand gebeten. Er wird sogar vergessen. Niemand denkt an ihn (vgl. Pred 9,14–15). Nur Gott denkt an ihn (1Sam 13,14). Er ist dann auch Gottes souveräne Gabe nach dem Wunsch seines Herzens. Der HERR sagt, dass Er David „ersehen“ hat (1Sam 16,1), David ist seine Wahl. Das steht im Gegensatz zu der Art und Weise, wie Saul König geworden ist. Er ist die Wahl des Volkes. Saul entspricht ihrer Suche nach der eigenen Ehre. David wird der Ehre Gottes entsprechen.
1 Samuel soll David salben
1 Und der HERR sprach zu Samuel: Bis wann willst du um Saul trauern, da ich ihn doch verworfen habe, dass er nicht mehr König über Israel sei? Fülle dein Horn mit Öl und geh hin, ich will dich zu Isai, dem Bethlehemiter, senden; denn ich habe mir unter seinen Söhnen einen König ersehen.
Samuel hat Mühe damit, Abschied von Saul zu nehmen. Er kennt Gottes Gedanken über Saul. Das macht ihn jedoch nicht froh, sondern traurig. Sein Kummer ist nicht flüchtig. Gottes Verwerfung von Saul berührt ihn tief und er trauert darüber. Er ist sich bewusst, wie sehr Saul abgewichen ist. Wie soll das mit dem Volk werden? Gott sieht seine Trauer. Er sagt nicht zu ihm, dass er nicht trauern darf, sondern ermahnt ihn, weil er lange genug getrauert hat.
Gott sagt Samuel, warum er mit dem Trauern aufhören kann. Es ist der Beschluss Gottes. All seine Gebete und Tränen können Gott nicht dazu bewegen, seine Entscheidung zu widerrufen (vgl. 2Sam 12,22.23). Dass Gott Saul verwerfen musste, hat mit seinem Handeln mit Ihm aufgrund seines Verhaltens zu tun. Gott konnte nicht mit ihm weitermachen. Er musste ihn verwerfen und konnte ihn nicht als König über sein Volk behalten. Jetzt möchte Gott, dass David als Ersatz für Saul gesalbt wird. Das muss im Geheimen geschehen und auch geheim gehalten werden. Es ist nicht Gottes Absicht, aus David einen Rebellen zu machen, der nach seiner Salbung Saul mit Gewalt verjagt und dessen Platz einnimmt.
Gott teilt seine Gedanken mit, damit wir die Dinge so sehen, wie Er sie sieht, und sie so empfinden, wie Er sie empfindet. Wenn Kummer die Oberhand hat, kann Gott nicht weitermachen. Wenn Er sagt, dass es genug ist, bietet Er zugleich eine neue Perspektive. Samuel bekommt den Auftrag, sein Horn mit Öl zu füllen. Er wird aufgefordert zu gehen um jemanden zu salben.
Das Horn spricht von Kraft (vgl. Lk 1,69). Für das, was Samuel tun soll, ist geistliche Kraft nötig. Das Horn kommt von einem Opfertier. Das lässt daran denken, dass das Königtum Davids auf dem Opfer des Herrn Jesus gegründet ist, worauf jedes Opfer im Alten Testament hinweist. Die ganze Grundlage der Salbung Davids ist eine völlig andere als die von Saul. Saul wurde aus einer Flasche gesalbt (1Sam 10,1), ein Symbol der Zerbrechlichkeit.
Für die Salbung muss Samuel nach Bethlehem gehen. Er muss sich bei Isai melden, denn einer dessen Söhne ist von Gott ausgesucht, um König zu sein. Der Name Davids wird von Gott nicht genannt. „Isai“ bedeutet „Jahwe besteht“. In Bethlehem wurde die Grundlage dieser Familie gelegt. Dort hat Boas gewohnt (Rt 2,4). Isai ist der Sohn Obeds und Obed ist der Sohn von Boas und Ruth (Rt 4,21.22). David ist der Urenkel von Boas und Ruth.
Bethlehem liegt im Gebiet des Stammes Juda. Aus ihm kommt nach der Prophezeiung Jakobs der Messias (1Mo 49,10; Mich 5,1a). Bethlehem bedeutet „Brothaus“. Das ist der Ort, von dem Segen ausgeht. Der Herr Jesus ist das „lebendige Brot“ (Joh 6,51). Das Haus des Vaters ist das wahre „Brothaus“. Der Herr Jesus ist auf die Erde gekommen, um seine Vorratskammern zu öffnen und den geistlichen Hunger auf der Erde mit dem Überfluss des Vaters zu beantworten.
2 - 3 Samuel hat Bedenken
2 Und Samuel sprach: Wie kann ich hingehen? Wenn Saul es hört, so tötet er mich. Und der HERR sprach: Nimm eine junge Kuh mit dir und sprich: Ich bin gekommen, um dem HERRN zu opfern. 3 Und lade Isai zum Schlachtopfer, und ich werde dir kundtun, was du tun sollst; und du sollst mir den salben, den ich dir nennen werde.
Samuel hat Einwände. Er hat Kummer und Seelenqualen wegen der Verwerfung Sauls, und hat zugleich auch Angst vor Saul. Für Saul ist er ein Feind geworden, aber Saul ist für ihn kein Feind geworden. Bei Samuel sind keine Gefühle der Feindschaft gegenüber Saul.
Bei früheren Begegnungen mit Saul hat Samuel nicht die geringste Furcht gezeigt. Er hat Saul unerschrocken mitgeteilt, dass Gott das Königtum von ihm wegnimmt und seinem Nächsten gibt. Vielleicht hat Samuel schon mit einem Wutanfall Sauls zu tun gehabt, so wie wir ihn später in diesem Kapitel sehen. Wenn herauskommen sollte, dass er einen anderen König gesalbt hat, ist Sauls Wut vorhersehbar.
Der HERR macht Samuel keinen Vorwurf wegen seiner Angst, sondern kommt ihm entgegen. Er gibt ihm einen Schutz: ein Opfertier, das als Friedensopfer dienen soll. Das Opfertier, das Samuel mitnehmen soll, ist nicht nur für ihn selbst. Es dient auch dazu, eine Opfermahlzeit damit zu halten, zu der er Isai einladen soll. Während dieser Mahlzeit wird Gott sagen, wen Samuel salben soll. Mit seinen Anweisungen über das Opfertier bringt Gott – im Vorbild – seinen Sohn zu Samuel und zu Isai und seiner Familie, um damit zu zeigen, was die Grundlage ist, auf der Er mit ihm und ihnen handelt.
4 Samuel kommt nach Bethlehem
4 Und Samuel tat, was der HERR geredet hatte, und kam nach Bethlehem. Da kamen die Ältesten der Stadt ihm ängstlich entgegen und sprachen: [Bedeutet] dein Kommen Frieden?
Samuel folgt dem Befehl des HERRN und geht nach Bethlehem. Als er dort so unerwartet auftaucht, werden die Ältesten ängstlich. Das zeigt, dass das Volk nicht auf sein Kommen wartet (vgl. Mt 2,1–3). Ihre Reaktion scheint deutlich zu machen, dass dort Dinge nicht in Ordnung sind. Warum sollten sie sonst so ängstlich sein bei dem Kommen des Mannes Gottes?
Von Natur aus lieben wir die Regierung des Fleisches – wovon Saul das Vorbild ist –, denn sie gibt uns eine trügerische Ruhe. Sobald etwas von Gottes Geist kommt, wird es unruhig und wir werden ängstlich. Es ist damit wie mit der Erscheinung von Paulus in Korinth durch seinen Brief. Sein Brief bringt auch ans Licht, dass vieles dort untauglich ist. Er droht sogar damit, dass er mit der Rute kommen wird (1Kor 4,21).
5 - 10 Die Söhne Isais
5 Und er sprach: Frieden! Ich bin gekommen, um dem HERRN zu opfern. Heiligt euch und kommt mit mir zum Schlachtopfer. Und er heiligte Isai und seine Söhne und lud sie zum Schlachtopfer. 6 Und es geschah, als sie kamen, da sah er Eliab und sprach: Gewiss, vor dem HERRN ist sein Gesalbter! 7 Aber der HERR sprach zu Samuel: Blicke nicht auf sein Aussehen und auf die Höhe seines Wuchses, denn ich habe ihn verworfen; denn [der] HERR [sieht] nicht auf das, worauf der Mensch sieht; denn der Mensch sieht auf das Äußere, aber der HERR sieht auf das Herz. 8 Da rief Isai Abinadab und ließ ihn vor Samuel vorübergehen. Und er sprach: Auch diesen hat der HERR nicht erwählt. 9 Da ließ Isai Schamma vorübergehen. Und er sprach: Auch diesen hat der HERR nicht erwählt. 10 Und Isai ließ sieben seiner Söhne vor Samuel vorübergehen; aber Samuel sprach zu Isai: Der HERR hat diese nicht erwählt.
Das Kommen Samuels bedeutet Frieden, denn er kommt mit einem Friedensopfer, und sein Ziel ist es, David zu salben. Das Opfer ist für den HERRN und die Mahlzeit ist für Isai und seine Söhne. Um daran teilnehmen zu können, ist Heiligkeit nötig. Sie müssen ihre Kleidung und sich selbst reinigen. Das befiehlt Samuel dann auch. Er nimmt diese Heiligung selbst in die Hand. Durch diese Handlung stellt er sie separat von allen anderen Menschen in Bethlehem, um mit ihnen die Opfermahlzeit zu halten.
Isai lässt seine Söhne einen nach dem anderen hereinkommen. Er beginnt mit dem ältesten und größten. Als Samuel ihn sieht, ist er deutlich beeindruckt von dieser Erscheinung (vgl. 1Sam 10,24). Wir sehen hier, dass selbst Propheten, die unter göttlicher Leitung reden, genauso dem Irrtum unterworfen sind wie andere Menschen. Wir sehen das zum Beispiel auch bei Nathan (2Sam 7,2–5). Hier sehen wir, dass Samuel in Wirklichkeit auf der Suche nach einem zweiten Saul ist.
Die hohe Gestalt Eliabs lässt an Saul denken. Unsere natürlichen Herzen werden schnell von dem beeindruckt, was wir sehen. Wir müssen lernen, dass Gott nie den Erstgeborenen nach dem Fleisch erwählt hat. Im Gegenteil, gerade sie stehen unter dem Urteil des Todes. Nicht Kain, sondern Abel hat Er erwählt; nicht Ismael, sondern Isaak; nicht Esau, sondern Jakob.
Gott teilt Samuel mit, wie Er auf die Menschen schaut. Es geht nicht um das Äußerliche, sondern um das Innere. Diese Lektion ist für uns schwer zu lernen, aber sie ist dennoch nötig. Der Herr sieht das Herz an, das Er auch vollkommen kennt (Jer 17,10; 1Chr 28,9; Ps 7,10; Jer 11,20; 20,12).
Nach der Belehrung darüber, wie Gott auf Menschen sieht, gehen auch die nächsten Söhne Isais an Samuel vorbei. Jedes Mal sagt der HERR, dass Er diesen nicht erwählt hat. Samuel kann glücklicherweise die Stimme des HERRN von seiner eigenen Vorliebe unterscheiden. Der erste Saul hat versagt. Jeder folgende Saul wird auch versagen. Wir müssen einen Mann nach einem ganz anderen Modell haben. Das muss sogar Samuel noch lernen. Gott sieht das Herz an. Er kennt das Herz Davids, das ein Herz wie sein eigenes ist.
So gehen sieben Söhne vorbei. In der Zahl Sieben sehen wir, wie die vollkommene Herrlichkeit dessen, was der Mensch ist, vorbeigeht, um Platz für den Achten zu machen. Die Zahl Acht spricht von einem Neuanfang. [Hier lesen wir, dass Isai acht Söhne hat, wogegen in dem Geschlechtsregister in 1.Chronika 2 nur sieben genannt werden (1Chr 2,13–15)].
11 - 13 David wird gesalbt
11 Und Samuel sprach zu Isai: Sind das die Jünglinge alle? Und er sprach: Noch ist der Jüngste übrig, und siehe, er weidet das Kleinvieh. Und Samuel sprach zu Isai: Sende hin und lass ihn holen; denn wir werden uns nicht zu Tisch setzen, bis er hierher gekommen ist. 12 Und er sandte hin und ließ ihn kommen; und er war rötlich, dazu schön von Augen und von gutem Aussehen. Und der HERR sprach: Auf, salbe ihn; denn dieser ist es! 13 Da nahm Samuel das Ölhorn und salbte ihn inmitten seiner Brüder. Und der Geist des HERRN geriet über David von diesem Tag an und weiterhin. Und Samuel machte sich auf und ging nach Rama.
Als alle Söhne vor dem Auge Samuels vorbeigezogen sind, muss er sagen, dass der HERR keinen von ihnen erwählt hat. Dann fragt er Isai, ob er denn alle seine Söhne gezeigt hat. Isai antwortet, dass noch ein Sohn da ist, der jüngste. Er hat nicht an ihn gedacht. Von den sieben Brüdern hat auch keiner an ihn gedacht. Sie haben ihn alle vergessen. Isai nennt nicht einmal den Namen seines Sohnes, David, sondern spricht von ihm als „dem Jüngsten“. Es ist deutlich, dass David nicht die Wahl von Menschen ist. So ist man auch an dem Herrn Jesus vorbeigegangen, man vergaß Ihn, achtete nicht auf Ihn. „Auch seine Brüder glaubten nicht an ihn“ (Joh 7,5).
Isai sagt wohl, womit David im Moment beschäftigt ist: „Siehe, er weidet das Kleinvieh.“ Er versorgt in Treue die wenigen Schafe seines Vaters. Samuel gibt den Auftrag, David zu holen. Die Art und Weise, wie die erste Begegnung Samuels mit David zustande kommt, ist ganz anders als die erste Begegnung Samuels mit Saul. David ist bei den Schafen, während Saul auf der Suche nach verlorenen Eselinnen war, die er noch nicht einmal fand. David wird buchstäblich hinter den Schafen weggeholt, um König zu werden (Ps 78,70).
Isai gehorcht und lässt David holen. Das muss auch sein, denn ohne David wird keine Mahlzeit stattfinden. Er ist die Hauptperson. Als er hineinkommt, kommt er sozusagen aus dem Nichts. Sein Name wird nicht einmal genannt. Wohl wird seine Schönheit beschrieben. Die Schönheit Davids ist anders als die von Saul. Er ähnelt dem Herrn Jesus (Hld 5,10a). Er ist rötlich, was in Israel etwas Besonderes ist. Außerdem hat er schöne Augen und ein schönes Aussehen. Darin kommen seine moralischen Eigenschaften zum Ausdruck. Seine Augen weisen auf seine Einsicht hin, die durch seinen Umgang mit Gott geprägt ist. Sein Aussehen weist auf sein Verhalten, sein Handeln hin, worin er sich ebenfalls von Gott leiten lässt. Ihn soll Samuel salben.
David wird inmitten seiner Brüder gesalbt. Saul wird gesalbt, als er allein ist. David wird danach noch zweimal gesalbt: über das Haus Juda (2Sam 2,4), und über Israel (2Sam 5,3). Hier nimmt er, wie der Herr Jesus bei seiner Taufe gesalbt wird, seinen Platz inmitten des Überrests ein. In Psalm 89 sehen wir die Verbindung zwischen Auserwählung und Salbung in Worten, die in ihrer Vollständigkeit auf den Herrn Jesus zutreffen (Ps 89,20.21; vgl. Jes 61,1; Lk 4,18–21; Ps 45,7.8; Heb 1,8.9).
Auch wir sind gesalbt mit dem Heiligen Geist (2Kor 1,21; 1Joh 2,20.27). Wir haben auf Basis des Glaubens nicht nur den Heiligen Geist in uns empfangen, sondern es ist auch die Rede von dem Heiligen Geist, der auf uns ist. Das ist nämlich der Fall, wenn es um das Verrichten eines Dienstes für Gott geht. Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen Salbung und Dienst. In diesem Zusammenhang spricht der Herr Jesus über „angetan werden mit Kraft aus der Höhe“ (Lk 24,49).
Bei der Salbung Sauls hat Samuel einige Worte gesprochen (1Sam 10,1). Bei der Salbung Davids sagt er nichts, zumindest nichts, was aufgeschrieben ist. Das heißt nicht, dass David die Bedeutung seiner Salbung nicht gekannt hat. Die Betonung liegt auf der Tatsache der Salbung.
Der wahre König ist jetzt gesalbt. Aber es gefällt Gott, dass die Art der Thronbesteigung genauso besonders sein wird wie seine Auserwählung zum König. Wer ist je nach seiner Salbung solch einen Weg zum Thron gegangen, außer dem Herrn Jesus, von dem David in so vielerlei Hinsicht ein Vorbild ist? David wird fähig für die Regierung gemacht, während zugleich die Menschen in ihrer Schlechtigkeit offenbar werden. Gott benutzt diese Bosheit, um sein auserwähltes Gefäß auf den Thron vorzubereiten. Er lehrt David dadurch, auf Ihn allein zu vertrauen. David ist hier wahrscheinlich ungefähr zwanzig Jahre alt. Er ist dreißig, als Saul stirbt. Er hatte ungefähr zehn Jahre unter Saul zu leiden.
Als Samuel David gesalbt hat, geht er zurück nach Rama. Danach lesen wir nur noch zweimal von ihm (1Sam 19,18; 25,1). Er zieht sich nach Rama zurück, um dort gewissermaßen in Frieden zu sterben. Seine Augen haben sozusagen in David das Heil gesehen (vgl. Lk 2,27b–30), in dem das Zepter in den Stamm Juda gekommen ist (1Mo 49,10).
14 - 17 Ein böser Geist von Gott bei Saul
14 Aber der Geist des HERRN wich von Saul, und ein böser Geist von dem HERRN ängstigte ihn. 15 Und die Knechte Sauls sprachen zu ihm: Sieh doch, ein böser Geist von Gott ängstigt dich. 16 Es befehle doch unser Herr deinen Knechten, die vor dir sind, dass sie einen Mann suchen, der die Laute zu spielen versteht; und es wird geschehen, wenn der böse Geist von Gott über dich kommt, so wird er mit seiner Hand spielen, und es wird dir wohl werden. 17 Und Saul sprach zu seinen Knechten: Erseht mir doch einen Mann, der gut spielen kann, und bringt ihn zu mir.
Während der Geist von der Salbung an auf David ruht, weicht Er von Saul. Wenn der Geist des HERRN von Saul weicht und ein böser Geist des HERRN ihm Angst einjagt, heißt das nicht, dass Saul erst ein Gläubiger war und es danach nicht mehr ist. Saul ist kein Gläubiger gewesen. Es geht auch nicht um die Innewohnung des Heiligen Geistes. Saul ist der gesalbte König und als solcher ist Gott mit ihm gewesen. Da Saul Gott verworfen hat, zieht sich Gott von ihm zurück.
An den leeren Ort kommt ein böser Geist, denn was Gott nicht füllt, füllt der Teufel. In Gegensatz zu seinem Geist, sendet Gott einen bösen Geist, der, so wie alle bösen Geister, auch Gott unterworfen ist und von Ihm benutzt wird, um sein Ziel zu erreichen. Der Satan ist in seinem Tun und Lassen immer beschränkt und kann nur in den Grenzen agieren, die Gott setzt (Hiob 1,12; 2,6).
Es ist mit Saul genauso wie einst mit dem Pharao. Saul hat Gott so oft abgewiesen, dass jetzt der Augenblick kommt, in dem Gott ihm nicht mehr helfen kann. Zweifellos wird der böse Geist ihm das Gefühl gegeben haben, dass er von Gott verlassen ist und nicht mehr länger seine Zustimmung hat. Ein böser Geist bewirkt ein geistliches Leiden und führt letztlich zu Verzweiflung und Selbstmord. Er macht einen Menschen unfähig, seine täglichen Besorgungen zu verrichten, da er ihn nur mit sich selbst beschäftigt.
Sauls Diener erkennen, dass es ein böser Geist ist, der von Gott kommt. Sie haben Mitleid mit ihm und schlagen eine Lösung vor. Das Mittel, das seine Diener ihm zur Erleichterung empfehlen, ist Musik. Es wäre viel besser gewesen, wenn sie ihm geraten hätten, mit aufrechter Reue zu Gott zu gehen. Sie hätten auch vorschlagen können, zu fragen, ob Samuel kommen würde, um für ihn zu beten und bei Gott für ihn zu flehen. Dann hätte er nicht bloß für den Moment Erleichterung gehabt, sondern der gute Geist Gottes wäre zu ihm zurückgekehrt.
Aber ihre Absicht ist es, ihn fröhlich zu machen und ihn so zu heilen. Durch solche Methoden werden viele, deren Gewissen von Sünde überzeugt und aufgeschreckt ist, ins Verderben geführt. Ihr Vorschlag ist eine Methode, bei der alle Sorgen der Seele im Genuss der Sinne erstickt werden. Die Diener Sauls hätten nicht falsch gehandelt, wenn sie Musik als ein Hilfsmittel vorgeschlagen hätten, um seinen Geist zu erfreuen, wenn sie dabei auch nach dem Propheten geschickt hätten, um Saul einen guten Rat zu geben.
Positiv ist jedoch, dass sie nicht vorgeschlagen haben, Zauberer oder Wahrsager zu fragen, durch Beschwörungen den bösen Geist auszutreiben. Einer solchen gottlosen Praxis begegnen wir bei denen, die sich mit dem Namen Christ schmücken, aber in ihrer Bedrängnis den Teufel um Rat gefragt haben, womit sie ihre Zuflucht zur Hölle genommen haben. Es wäre nicht weniger als ein Wunder der Gnade Gottes, wenn diejenigen, die sich dem Satan übergeben haben, je wieder aus seiner Macht befreit werden.
18 Ein Knecht beschreibt David
18 Und einer von den Knaben antwortete und sprach: Siehe, ich habe einen Sohn Isais, des Bethlehemiters, gesehen, der zu spielen versteht, und [er ist] ein tapferer Held und ein Kriegsmann und der Rede verständig und ein schöner Mann, und der HERR ist mit ihm.
Die Knechte kennen David schon länger. Sie kennen seine Musik. Er hat über Gott gesungen und gespielt. Musik kann eine beruhigende Wirkung haben (2Kön 3,13–15). Sie bringt jedoch nur einen natürlichen Frieden. Es muss von einem Mann Gottes gespielt werden, denn es geht um das Verjagen eines bösen Geistes. Es geht nicht um eine Therapie, sondern um einen geistlichen Kampf. Darum wird mehr über David berichtet als nur, dass er spielen und singen kann. Neben diesen Fähigkeiten ist er auch als Held und Kriegsmann bekannt. Der Knecht, der Davids musikalische Qualitäten kennt, hat David auch reden hören und zeugt davon gegenüber Saul (vgl. Joh 7,46). So wie der Knecht zu Saul über David spricht, kennen seine Brüder ihn nicht, denn sie haben keinen Blick dafür.
Der Knecht weiß das alles von David, ohne dass David in der Armee gewesen ist. Es sind alles Eigenschaften, die erst auffallen, wenn sie verwendet werden. Bei Saul ist es nur das Äußere, seine herausragende Gestalt. Die Gestalt Davids ist auch schön, aber anders als bei Saul. Er ist nur für denjenigen schön, der einen Blick dafür hat. Es ist nicht für das natürliche Auge, sondern für das geistliche Auge. Für diese Schönheit müssen wir tiefer als die Oberfläche schauen, tiefer als das direkt Wahrnehmbare.
Das letzte, was der Knecht über David sagt, ist, dass der HERR mit ihm ist. Der Knecht hat auch das bemerkt. Dieses Zeugnis wird mehrere Male von Joseph gegeben (1Mo 39,2.3.21.23). Es wird auch vom Herrn Jesus bezeugt (Apg 10,38). Alles erinnert an den Herrn Jesus. Dass der Knecht das als Besonderheit anmerkt, sagt alles über das Volk Gottes, denn es ist etwas, was von dem ganzen Volk hätte gesagt werden können.
19 - 23 David bei Saul
19 Da sandte Saul Boten zu Isai und ließ [ihm] sagen: Sende deinen Sohn David zu mir, der beim Kleinvieh ist. 20 Und Isai nahm einen Esel mit Brot und einen Schlauch Wein und ein Ziegenböckchen, und er sandte es durch seinen Sohn David zu Saul. 21 Und David kam zu Saul und stand vor ihm; und er liebte ihn sehr, und er wurde sein Waffenträger. 22 Und Saul sandte zu Isai und ließ [ihm] sagen: Lass doch David vor mir stehen, denn er hat Gnade gefunden in meinen Augen. 23 Und es geschah, wenn der Geist von Gott über Saul kam, so nahm David die Laute und spielte mit seiner Hand; und Saul fand Erleichterung, und es war ihm wohl, und der böse Geist wich von ihm.
Saul hört auf den Vorschlag seines Knechtes und lässt David holen. Er nennt den Namen Davids, so dass es keinen Zweifel darüber gibt, wen er meint. Außerdem bemerkt er als Besonderheit, dass es um den geht, „der beim Kleinvieh ist“. David ist nicht zu Hause, sondern bei der Arbeit, bei den Tieren, die er versorgen und hüten muss.
Isai erkennt die Ehre an, die ihm dadurch von Saul erwiesen wird. Er sendet David mit einem Geschenk zu Saul. So kommt David zu Saul. Dass Gott einen bösen Geist zu Saul schickt, ist der Anlass dafür, dass David zu Saul an den Hof kommt. So kommt David durch die Souveränität Gottes an den Hof Sauls. Er muss Saul kennenlernen und andersherum. Durch die Vorsehung Gottes kommt David zu Saul, so wie früher Joseph und Mose in die Gegenwart der Herrscher ihrer Zeit gekommen sind.
Auch bei Saul am Hof ist David in seinem Dienst treu. Sein Dienst wird von Saul sehr geschätzt, sogar so sehr, dass er David liebte. Saul ist die erste Person, von der wir lesen, dass er David liebt. Der Hass Sauls, den er später zeigt, ist nicht auf Davids Person gerichtet, sondern auf das, was er tut und sein wird. Er hasst ihn nicht wegen seiner Eigenschaften, sondern wegen seiner Berufung. Er sieht in David einen Konkurrenten für den Thron, den er nicht abgeben will.
Später wird er ihn zu seinem Waffenträger machen, eine besondere Vertrauensfunktion in der direkten Umgebung des Königs. Der Geist weist hier bereits darauf hin. Auch die Frage an Isai, ob er David für immer bei sich behalten darf, wird erst später gestellt. Saul hat David zu Beginn nur als Musiker während seiner bösen Anfälle kennengelernt. Später lernt er ihn besser kennen.
Es wird Isai als Vater gutgetan haben, dass Saul ein solches Zeugnis von seinem Sohn abgibt. David hat sich wie ein guter Untertan verhalten und erfüllte die in ihn gesetzten Erwartungen. So sollten Arbeitgeber auch über unsere Kinder als Arbeitnehmer sprechen können.
Saul profitiert von dem Dienst Davids, aber es bringt keine Veränderung in seiner Haltung gegenüber dem HERRN. So wie der böse Geist durch die Musik Davids von Saul weicht, so hat auch der Dienst des Herrn Jesus während seines Wandels auf der Erde für viele Erleichterung gebracht, die von bösen Geistern besessen waren. Auch in den Tagen des Herrn Jesus haben viele von den Segnungen profitiert, die Er verbreitete, aber auch ohne, dass es eine Umkehr zu Gott zur Folge hatte.
Lauten oder Harfen werden mit dem Prophetendienst verbunden (1Sam 10,5; 1Chr 25,1a). In der Anwendung kann man sagen, dass das Wort Gottes, das in einer Zusammenkunft geredet wird, eine beruhigende Auswirkung haben kann. Es geht bei dem Dienst von neutestamentlichen Propheten – ein Dienst, der in dem Zusammenkommen der Gemeinde jedem Bruder offensteht (1Kor 14,25–33) – um die Auferbauung der Gemeinde. „Wer aber weissagt, redet den Menschen zur Erbauung und Ermahnung und Tröstung“ (1Kor 14,3). Wenn solche Worte gesprochen werden, wird das eine angenehme Erfahrung für jeden Anwesenden sein, der etwas vom Herrn erwartetet, was für sein oder ihr geistliches Leben zum Nutzen ist.