Die neue Normalität und das neue Bibellesen
Wie bringt ein Mensch, der sich selbst als Christ bezeichnet, den Wandel der gesellschaftlichen Einstellung zu Ehe und Familie in Einklang mit dem, was er schon immer in der Bibel gelesen hat? Sicher wollen und können wir die Ergebnisse der sogenannten wissenschaftlichen Forschung doch nicht einfach ignorieren, oder? Der Christ, der sich der sogenannten Wissenschaft beugt, braucht sich darüber keine Sorgen zu machen. Ihm wird nämlich eine neue Art, die Bibel zu lesen, angeboten. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf die sich verändernde Vorstellung von der Erschaffung von Himmel und Erde in sechs Tagen. Darüber haben wir bereits gesprochen. Dasselbe gilt für den Meinungsumschwung über die Schöpfung von Mann und Frau. Zeit- und geldaufwändige Studien „beweisen“ die Praxis, die zeigt, dass es unzählige Variationen der Sexualität gibt. Das kann man doch nicht ignorieren, oder? Diese Gender-Diversität, diese Vielfalt der Geschlechter-unterschiede ist „die neue Normalität“.
Das neue Bibellesen fügt sich nahtlos daran an. Die „neue Normalität“ bedeutet, dass jeder frei ist, so zu sein, wie er sich fühlt und wer er sein möchte. Das „alte Normal“, das auf den von Gott auferlegten Rollenmustern von Mann und Frau beruht, taugt nicht mehr und wird schnell und kraftvoll abgeschafft. Weg mit diesen bevormundenden Mustern. Diese „neue Normalität“ wird von immer mehr christlichen Kirchen und (evangelikalen) Gemeinden warm begrüßt. Die „neue Art“ des Bibellesens, nämlich das Lesen der Bibel im Licht der aktuellen gesellschaftlichen Ansichten und Normen, unterstützt dies.
Ein Artikel über die digitale christliche Informationsplattform C.I.P. vom 27.01.2020 über die Diskussion über Frauen im Amt veranschaulicht dies.[*] Im Auftrag eines Komitees studierte ein Pastor die verschiedenen Texte, darunter den Text aus 1. Timotheus 2 der besagt, dass Frauen in aller Unterordnung in Stille lernen sollten (1Tim 2,11). Sein Fazit: „Dies ist ein Brief für eine konkrete Situation in einer konkreten Gemeinde. Seien Sie vorsichtig, um daraus große Schlussfolgerungen zu ziehen.“
[*] Vrouwelijke ouderling tijdens GKv-synode: „Nu zwijgteksten aan de orde zijn, kan ik niet langer zwijgen“. (o. J.). Abgerufen 15. August 2020, von https://cip.nl/77568-vrouwelijke-ouderling-tijdens-gkvsynode-nu-zwijgteksten-aan-de-orde-zijn-kan-ik-niet-langer-zwijgen
Die Konsequenz seiner Schlussfolgerung ist, dass wir die Bibel anders lesen und anwenden müssen, als es frühere Generationen getan haben. Schließlich gibt es in unserer Kultur im Jahr 2020 keinen Unterschied mehr zwischen Männern und Frauen. Um zu verstehen, was im Bibeltext steht, müssen wir uns von Menschen helfen lassen, die bestimmte Texte „studiert“ haben. Manchmal wird betont, dass die „neue Einsicht“ Gegenstand langwieriger Studien gewesen sei. Das muss doch Eindruck machen. Das Ergebnis dieser „gründlichen, langwierigen und breit angelegten Studie“ kann unkritisch geschluckt werden. Das ist die Botschaft der Erwähnung einer langfristigen und breit angelegten Forschung. Sicherlich kann man so viel Anstrengung nicht mit einer einzigen Handbewegung vom Tisch fegen, oder?
Exkurs: Christ und Kultur
(von: Axel Volk; mit Genehmigung übernommen)
Leider haben viele Christen eine etwas unklare Haltung zu der Kultur, in der wir leben. Viele meinen, Kultur sei eine Gegebenheit, an die wir uns anpassen müssen – so wie man sich an die Landschaft und an das Klima anpasst, in dem man lebt. Sicher ist es wahr, dass die Bewohner von Grönland andere Kleidung und andere Behausungen haben als die Beduinen in einer arabischen Wüstengegend. Und sicher hat die technische Entwicklung für andere Mittel der Fortbewegung und der Kommunikation gesorgt, als man sie in der Kultur des Mittelalters kannte. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich die Lebensweisen der Menschen einfach immer weiterentwickeln oder dass alles immer besser und fortschrittlicher wird.
Christen leben „in der Welt“ (Joh 17,11), das heißt, sie sind in eine bestimmte Kultur hineingestellt. Aber sie sollen „nicht gleichförmig dieser Welt“ sein (Röm 12,2). Das bedeutet: Sie müssen alle Denkweisen und Wertmaßstäbe der umgebenden Kultur immer auf den Prüfstand stellen. Obwohl wir innerhalb einer bestimmten Kultur leben, sollen wir eine innerliche Distanz dazu halten. Wir dürfen uns nie einfach anpassen, sondern wir sollen in allem prüfen, „was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist“ (Röm 12,2).
Auf den Punkt gebracht: Wir dürfen die Bibel nicht durch die Brille unserer Kultur lesen, sondern wir müssen alles in unserer Kultur durch die Brille des Wortes Gottes betrachten. Dann werden wir erkennen, dass gewisse Dinge, die man in unserer Kultur heute als „Licht“ (gut, natürlich) bezeichnet, in Wirklichkeit nach Gottes Wertmaßstäben „Finsternis“ (sündig, verkehrt) sind (vgl. Jes 5,20). Der einzig sichere Schutz vor Verführung besteht darin, dass wir an dem absoluten, unveränderlichen Maßstab des Wortes Gottes festhalten. Weil der Feind das weiß, setzt er alles daran, uns einzureden, dass wir die Bibel heute „anders lesen müssen“. Wenn wir auf diese Lüge hereinfallen, werden wir unser festes Fundament verlieren und von den verführerischen Denkströmungen der Endzeit mitgerissen.
Versuchen wir erst einmal zu definieren, was Kultur eigentlich ist. Kultur hat einen unsichtbaren Teil (ein System von Werten und Denkweisen) und einen sichtbaren Teil (die Gesamtheit von Faktoren, welche die Lebensweise einer Gesellschaft ausmachen). Das Wertesystem legt fest, was richtig und falsch, was gut und böse, was hässlich und schön, was normal und unnormal ist. Auch die Rollenbilder von Mann und Frau sind ein Teil davon. Zu den sichtbaren Faktoren gehören die Art, für den Lebensunterhalt zu sorgen, zu kommunizieren, zu wohnen, zu essen, sich zu kleiden und zusammenzuleben. Die politischen Strukturen gehören ebenso dazu wie Wissenschaft und Technik, Literatur, Kunst und Musik, die Art sich zu entspannen oder zu unterhalten, und vieles mehr, was der Mensch hervorgebracht hat.
Wenn man diese Aufzählung durchgeht, dann merkt man, dass einige Aspekte neutral sind, während andere eine ethische oder geistliche Dimension haben. Das gut auseinanderzuhalten und richtig einzuschätzen, ist eine unserer Aufgaben im Christenleben: „Gebt nun Acht, wie ihr sorgfältig wandelt, nicht als Unweise, sondern als Weise, die die gelegene Zeit auskaufen, denn die Tage sind böse. Darum seid nicht töricht, sondern verständig, was der Wille des Herrn sei“ (Eph 5,15–17).
Das Nächste, was wir über Kultur wissen müssen, ist die Tatsache, dass Kultur veränderbar ist. Wie leicht es ist, den Kleidungsgeschmack der Menschen zu verändern, macht uns die Modebranche vor. Aber diese Manipulation unseres Denkens und unserer Empfindungen funktioniert leider auch in Bezug auf innere Einstellungen und moralische Werte. Gerade in Bezug auf Ordnungen, Geschlechterrollen und sexuelle Orientierung ist dieser Wandel in den letzten Jahrzehnten unübersehbar.
Während „gleichgeschlechtliche Betätigung“ noch vor etwas über 50 Jahren gegen das Gesetz verstieß, macht sich heute derjenige strafbar, der etwas gegen Homosexualität sagt, und sogar derjenige, der Homosexuellen Hilfe anbietet, von ihrer Neigung frei zu werden. Hier sagt also die heutige westliche Kultur das Gegenteil von dem, was sie früher gesagt hat.
Weltliche Soziologen würden sagen, dass Kultur vom Menschen konstruiert wird und dass der Mensch sich grundsätzlich weiterentwickelt. Heute haben wir angeblich endlich die falschen Denkweisen der Vergangenheit überwunden.
Die Bibel zeichnet jedoch ein anderes Bild von der Menschheit. Wir finden dort genau das Gegenteil einer stetigen Höherentwicklung. Vielmehr ist es so, dass, je gottloser eine Gesellschaft wird, sie alle gesunden moralischen Empfindungen verliert und sich rasant abwärtsentwickelt. Das erste Kapitel des Römerbriefes spricht hier eine sehr deutliche Sprache:
„…weil sie, Gott kennend, ihn weder als Gott verherrlichten noch ihm Dank darbrachten, sondern in ihren Überlegungen in Torheit verfielen und ihr unverständiges Herz verfinstert wurde. … Deswegen hat Gott sie hingegeben in schändliche Leidenschaften; denn sowohl ihre Frauen haben den natürlichen Verkehr mit dem widernatürlichen vertauscht, als auch ebenso die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau verlassen haben und in ihrer Wollust zueinander entbrannt sind, indem sie, Männer mit Männern, Schande trieben und den gebührenden Lohn ihrer Verirrung an sich selbst empfingen. Und weil sie es nicht für gut befanden, Gott in Erkenntnis zu haben, hat Gott sie hingegeben in einen verworfenen Sinn, zu tun, was sich nicht geziemt…“ (Röm 1,21-28).
Der Apostel Paulus beschreibt hier den moralischen Zustand der gottlosen Heiden im damaligen Römischen Reich. Die Adjektive (unverständig, verfinstert, widernatürlich, verworfen) zeigen unmissverständlich, wie Gott den Zustand dieser Kultur bewertet. Sehen wir nicht eine sehr deutliche Parallele zu heute? Wieder hat unsere Gesellschaft die Gottesfurcht über Bord geworfen. Und folgerichtig entwickelt sich das moralische Empfinden der Menschen in die gleiche Richtung wie damals.
Glauben wir wirklich, der unveränderliche und heilige Gott würde heute anders über diese „Verirrungen“ denken und wir müssten die Bibel heute „anders lesen“?
Nein, als Christen finden wir im Neuen Testament die klare Aufforderung, dass wir uns vom verfinsterten Denken unserer Gesellschaft nicht anstecken lassen dürfen:
„Dies nun sage und bezeuge ich im Herrn, dass ihr fortan nicht wandelt, wie auch die Nationen wandeln, in Eitelkeit ihres Sinnes, verfinstert am Verstand, entfremdet dem Leben Gottes wegen der Unwissenheit, die in ihnen ist, wegen der Verhärtung ihres Herzens, die, da sie alle Empfindung verloren, sich selbst der Ausschweifung hingegeben haben, um alle Unreinheit mit Gier auszuüben. Ihr aber habt den Christus nicht so gelernt, wenn ihr wirklich ihn gehört habt und in ihm gelehrt worden seid, wie die Wahrheit in dem Jesus ist …“ (Eph 4,17-21). [Ende Exkurs]
Die „Einfältigen“
Wenn wir die Bibel auf die gute, alte Weise lesen wollen, müssen wir kulturelle und wissenschaftliche Behauptungen, die nicht gemäß dem Wort Gottes sind, in der Tat vom Tisch fegen. Gottes Wort gibt diesen Hinweis: „Die Eröffnung deiner Worte erleuchtet, gibt Einsicht den Einfältigen“ (Ps 119,130). Wir sollten nicht im Licht von Menschen, einer veränderlichem Kultur oder Wissenschaft, sondern im Licht von Gottes unveränderliches Wort wandeln. Die Voraussetzung für das Verstehen von Gottes Wort ist nicht der Besitz eines guten Verstandes, sondern ein einfaches Herz.
„Einfältige“ sind keine ahnungslosen, törichten Leser, die nur nachplappern, was andere gesagt haben. „Einfältige“ sind Kinder Gottes, die erkennen, dass sie leicht getäuscht werden können, entweder durch ihren eigenen Verstand oder den der anderen (vgl. Kol 2,8). Sie wissen aber auch, dass der Heilige Geist in ihnen wohnt (1Kor 6,19), der sie in die ganze Wahrheit leitet und durch den sie alles wissen (Joh 16,13.14; 1Joh 2,20.27). Unter seiner Leitung öffnen sie das Wort Gottes und lesen den Text in seinem Kontext.
Gott hat dem Mann und der Frau für ihren Aufenthalt auf der Erde und in der Gemeinde eine Rangordnung gegeben: „Ich will aber, dass ihr wisst, dass der Christus das Haupt eines jeden Mannes ist, [das] Haupt [der] Frau aber der Mann, [das] Haupt des Christus aber Gott“ (1Kor 11,3). Dass dies für die Welt inakzeptabel, ja sogar verwerflich ist, sollte uns nicht überraschen. Leider müssen wir feststellen, dass die Welt auch in immer mehr örtlichen Gemeinden in Bezug auf diese Ordnung Eingang erhält.
Eines der ersten Anzeichen dieses Einflusses lässt sich m. E. in der veränderten Lesart des Textes erkennen: „Die Frauen sollen schweigen in den Versammlungen“ (1Kor 14,34a). Es wird behauptet, dass es nicht so einfach sei, wie es da geschrieben steht. Ein Bibellehrer erklärte, dass er und eine Reihe von Ältesten, mit denen dieser Vers betrachtet wurde, „nach gründlichen Studien festgestellt haben, dass man diesen Vers anders lesen sollte“. Sie teilten der Gemeinde ihre Befunde mit und machten deutlich, dass Frauen in der Gemeinde Lieder vorschlagen und im Gebet leiten können.
In einer Gemeinde, in der die Ältesten Lehrautorität beanspruchen und sagen, dass Frauen nicht schweigen sollen, missbrauchen diese Ältesten diese Autorität. Eine solche Autorität sollte nicht anerkannt werden. Gott spricht mit Autorität direkt zu jedem Glied seiner Gemeinde persönlich. Jedes Glied ist persönlich dafür verantwortlich, sich vor der Autorität seines Wortes zu beugen.
Das „Schweigegebot“.
Das Schweigegebot ist einfach und daher auch für die „Einfältigen“ verständlich. Diejenigen, die einfältig sind, erkennen an, dass das Gebot „die Frauen sollen schweigen in den Versammlungen“ (1Kor 14,34a) „ein Gebot [des] Herrn“ ist (1Kor 14,37). Sie sehen, welchen Platz Gott der Frau im ganzen Alten Testament gegeben hat. Letzteres wird durch die Bemerkung des Paulus angedeutet, „wie auch das Gesetz sagt“ (1Kor 14,34b; vgl. 1Mo 3,16). Diese Bemerkung steht in direktem Zusammenhang mit dem Schweigegebot. Das „Gesetz“, mit dem die Gesamtheit der Gebote Gottes im Gesetz des Mose gemeint ist, zeigt deutlich die Unterordnung der Frauen im öffentlichen Dienst der Gemeinde.
Im gesamten Alten Testament gibt es keine Frauen, die in irgendeiner Weise die Führung über das Volk haben. Priester, Könige und Propheten sind alle Männer. Ausnahmen wie Miriam, Debora und Hulda bestätigen die Regel. Ihr Dienst als Prophetin findet in Ausnahmefällen statt. Auffallend ist, dass sie ihren untergeordneten Platz nicht verlassen.
Wenn wir die Schriftworte vergleichen, die sich mit der Rolle der Frau in der Gemeinde befassen, bestätigen sich diese Schriftworte offenbar gegenseitig. Wir sehen dies im Blick auf 1 Timotheus 2. Es heißt: „Eine Frau lerne in der Stille in aller Unterordnung. Ich erlaube aber einer Frau nicht, zu lehren noch über den Mann zu herrschen, sondern still zu sein“ (1Tim 2,11.12). In den beiden folgenden Versen nennt Paulus zwei Gründe, warum es der Frau nicht erlaubt ist, zu lehren oder über den Mann zu herrschen: „Denn Adam wurde zuerst gebildet, danach Eva; und Adam wurde nicht betrogen, die Frau aber wurde betrogen und fiel in Übertretung“ (1Tim 2,13.14).
Diese beiden Gründe stammen aus den ersten Kapiteln der Bibel. Dort lesen wir, dass Gott etwas bestimmt hat und dass etwas geschehen ist. Gott hat dies in seinem Wort niedergelegt, so dass immer darauf Bezug genommen werden kann. Das ist es, was der Herr Jesus tut, wenn Er Fragen über die Beziehung zwischen Mann und Frau bekommt. Seine Antwort ist der Rückbezug auf „den Anfang“ (Mt 19,4). Die Hinweise auf den Anfang der Bibel beweisen auch, dass der untergeordnete Platz der Frau unabhängig von Zeit und Kultur ist.
Der erste Grund, den Paulus für sein Gebot angibt, ist die Reihenfolge, in der Adam und Eva geschaffen wurden (1Tim 2,13). Adam, der Mann, wurde von Gott als erstes unabhängiges Lebewesen geschaffen. Der zweite Grund, den Paulus für sein Gebot nennt, ist der Sündenfall (1Tim 2,14). Im Vorfeld des Sündenfalls spielt Eva, und nicht Adam, die Hauptrolle. Wenn die Frau die Leitung übernimmt, nimmt sie eine Position ein, die Gott ihr nicht gegeben hat. Dies geschieht auch, wenn die Frau ein Lied vorschlägt oder ein Gebet in der Gemeinde ausspricht, weil sie damit die Gemeinde leitet oder anleitet.
Die Bibel anders lesen
Halten wir also fest: In keinem der Bibeltexte, die sich mit unserem Thema beschäftigen, argumentiert Paulus mit der damaligen Kultur. Seine Argumente beziehen sich auf Schöpfung und Sündenfall, sind also komplett kulturunabhängig. Die Argumente, die vorgebracht werden, um Frauen in den Gemeinden den gleichen Raum wie Männern einzuräumen, kommen nicht aus der Schrift, sondern aus der Gesellschaft. Unter diesem Einfluss haben die Menschen begonnen, die Bibel auf eine neue Art und Weise zu lesen, und die Praxis wurde an das angepasst, was in der Welt als normal angesehen wird. Dieser Prozess der Anpassung an die Welt fasst in immer mehr Gemeinden Fuß.
Doch denken wir an die Warnung des Herrn Jesus: „Wenn aber das Salz kraftlos geworden ist [d. h., wenn die Christen sich dem Denken dieser Welt anpassen], womit soll es gesalzen werden? Es taugt zu nichts mehr, als hinausgeworfen und von den Menschen zertreten zu werden” (Mt 5,13).
Ich spreche nicht von Gemeinden, die immer geglaubt haben, dass es einer Frau erlaubt ist, im Namen des Ganzen ein Lied vorzuschlagen oder ein Gebet zu sprechen oder sogar das Wort Gottes zu lehren. Seit mehreren Jahren hatte ich das Privileg, jedes Jahr eine oder mehrere Wochen lang Gottes Wort in China zu lehren. Dies geschah in Untergrundgemeinden und in Untergrund-Bibelschulen, das sind Gemeinden und Schulen, die von der Regierung nicht anerkannt und registriert sind. Bei einer dieser Gelegenheiten hatte ich ein Gespräch mit einem israelischen Bruder und seiner chinesischen Frau.
Der Bruder fragte mich, ob meine Frau auch lehrte. Ich antwortete ihm, dass sie das nicht tut, denn nach 1. Timotheus 2 erlaubt Gott ihr das nicht. Seine nächste Frage war, ob ich dann nicht Probleme mit den vielen „lehrenden Frauen“ in den verschiedenen Gemeinden habe. Meine Antwort lautete: „Ich bin nicht hierhergekommen, um Umstände zu ändern, sondern um Gottes Wort zu bringen. Wenn es zur Sprache kommt, so wie es jetzt ist, erkläre ich, was Gottes Wort dazu sagt. Nur Gottes Wort kann Umstände ändern, die nicht mit seinem Wort in Übereinstimmung sind.“ Er brachte seine Wertschätzung für meine Haltung zum Ausdruck.
Diese Frauen handeln nach dem Licht, das sie über Gottes Wort haben. Es geht nicht darum, dass sie das Recht haben wollen, wie ein Mann das hat, zu predigen. Der Bruder aus Hongkong, mit dem ich mehrmals die Gelegenheit hatte, gemeinsam das Wort Gottes in China zu lehren, sagte bei einer anderen Gelegenheit Folgendes: „Viele Frauen sind gezwungen, den Platz des Pastors in einer Gemeinde einzunehmen. Sie würden diesen Platz jedoch gerne aufgeben, wenn es Männer gibt, die die Verantwortung übernehmen wollen.“
Diese Gespräche und Erfahrungen zeigen, dass die Beurteilung des Phänomens „die Frau im Amt“ auch im Licht der geistlichen Umstände gesehen werden sollte, in denen sich die Gläubigen befinden. In unserer westlichen, säkularisierten Gesellschaft ist man vom blühenden Gemeindeleben in Ländern wie China in seiner Beziehung zur Heiligen Schrift weit entfernt. Auch dort wächst der Druck, die Heilige Schrift anders zu lesen, wenn auch mit anderen Akzenten. Es gibt in China einen Plan, die Bibel neu zu schreiben. Es muss ein Buch werden, in dem der Sozialismus angepriesen wird. Die Bibel muss ein Buch werden, um China zu verherrlichen. Die Gläubigen dort wollen dem Druck der Regierung nicht nachgeben, sondern an der Wahrheit des Wortes Gottes festhalten.
In unserer westlichen Gesellschaft haben wir es mit einer völlig anderen Situation zu tun. Hier öffnet sich eine Gemeinde bereitwillig dem herrschenden Zeitgeist und beginnt deshalb, „die Schrift anders zu lesen“. Dies führt zu sogenannten innovativen Einsichten. Immer mehr Gemeinden fallen dieser „neuen Lesart“ zum Opfer, was eine unbiblische „Erneuerung“ nach der anderen zur Folge hat. Auf diese Weise wird die Gemeinde allmählich zu einem Ort, an dem sich die Menschen wohl fühlen, während Gott und das, was er über das Verhalten in seinem Haus sagt (1Tim 3,15), an den Rand gedrängt werden. Dort mag Gott noch etwas rufen, aber Er wird nicht mehr ernst genommen.
Die Christenheit in der westlichen Welt ist als Ganzes von der Wahrheit des Wortes Gottes weggetrieben. Der Grund dafür ist, dass in der heutigen Kultur nicht mehr das Wort Gottes die Norm ist, sondern das Gefühl, die Erfahrung. Ein Zitat aus dem Reformatorischen Dagblad vom 01.02.2020 in einem Bericht der Synode der christlich-reformierten Kirchen veranschaulicht dies: Pfarrer H. J. Vazquez (Emmen) nimmt Frauen im Amt und in Homosexualität lebende Männer in der Gemeinde auf. „Bin ich der Heiligen Schrift untreu? Warum sollten Sachen zu grundsätzlichen Sachen gemacht werden, die es meiner Erfahrung nach nicht sind? Welcher Vater würde sich weigern, ein Kind wegen einer Meinungsverschiedenheit gehen zu lassen?“ [kursiv von mir, GdK][*]
[*] Synode CGK: Gemeente moet zich houden aan landelijke afspraken. (o. J.). RD.nl. Abgerufen 13. August 2020, von https://www.rd.nl/kerk-religie/synode-cgk-gemeente-moet-zich-houden-aan-landelijke-afspraken-1.1628514
Wie dramatisch weit ist doch ein solcher Umgang mit der Schrift entfernt von der Art und Weise, wie Gott will, dass mit seinem Wort umgegangen wird! Wenn man so mit der Heiligen Schrift umgeht und trotzdem sagt, dass man treu ist gemäß der Heiligen Schrift, so bedeutet das, dass man in Wirklichkeit eine Form der Gottseligkeit hat und gleichzeitig ihre Kraft verleugnet. Dies ist die Namenschristenheit schlechthin. Die Aufgabe besteht darin, uns von solchen Menschen wegzuwenden (2Tim 3,5). Diese Menschen ehren Gott mit ihren Lippen, während ihre Herzen weit von Ihm entfernt sind (Mt 15,7–9).
Wir können von dieser falschen Lesart mit ihren bösen Folgen verschont bleiben. Dies geschieht, wenn wir selbst im Gebet, in Einfachheit und unter der Leitung von Gottes Geist, die Schrift lesen, während wir bereit sind, das zu tun, was Gott in seinem Wort sagt.
Ein Beispiel aus dem Buch Esther
In dem Buch Esther gibt es eine Geschichte, die uns etwas über die Beziehung zwischen Mann und Frau lehren kann. In Esther 1 lesen wir von einer Frau, Königin Vasti, die sich der Autorität ihres Mannes, König Ahasveros, nicht unterwirft. Als Ahasveros ihr befiehlt an seinem Fest teilzunehmen, weigert sie sich. Der König übergibt die Angelegenheit „den Weisen“ (Est 1,13). Sie verstehen „die Zeiten“ und „das Gesetz“ und „das Recht“.
„Die Zeiten verstehen“ bedeutet, den Zeitgeist, das geistige Klima der Zeit, in der sich die Ereignisse abspielen, zu verstehen. „Gesetz“ bezieht sich auf die Regeln, die für das Leben im Königreich gelten. „Das Recht“ bedeutet, dass sie auch die Weisheit haben, das Gesetz richtig anzuwenden. Sie sorgen dafür, dass das Gesetz seinen Lauf nimmt.
Einer der Weisen, Memukan, malt den Stand der Dinge (Est 1,16). Er weist darauf hin, dass Vasti sich nicht nur gegen den König, sondern auch gegen alle Fürsten und Nationen im Königreich des Königs schlecht benommen hat. Die Begründung ist, dass alle Frauen vom Fall der Königin erfahren, und ermutigt werden, ihre eigenen Ehemänner zu verachten (Est 1,17). Sie werden ihre Verachtung mit dem Hinweis auf den Ungehorsam der Königin Vasti gegenüber König Ahasveros rechtfertigen.
Memukan macht einen Vorschlag und weist auf die segensreichen Folgen hin, wenn der König entsprechend handelt. Es handelt sich um ein königliches Wort, das von ihm in sein ganzes Königreich ausgehen muss. Das Wort beinhaltet, dass alle Frauen in allen Rängen und Positionen Respekt vor ihren Ehemännern haben müssen (vgl. Eph 5,33). Wenn sie dies tun, wird dies dem Frieden der Familien zugutekommen. Und wenn es Frieden in den Familien gibt, dann gibt es auch Frieden im ganzen Reich.
Ahasveros handelt entsprechend und sendet Briefe an alle Regionen seines Reiches (Est 1,22). Dabei stellt er sicher, dass jede Region den Brief in ihrer eigenen Schrift und jedes Volk in seiner eigenen Sprache erhält. Jeder muss über die Entscheidung informiert werden. In dem Brief wird „jeder Mann“ als verantwortliches Familienoberhaupt angesprochen. Seine Verantwortung hat zwei Aspekte. Er muss „Herr in seinem Haus“ sein. Das ist seine Autoritätsposition, er muss diese Position einnehmen. Er muss auch „in der Sprache seines Volkes reden“, er muss auch dieser Position gerecht werden und sie in seinem Verhalten, seinem Beispiel zeigen.
Die Lektion für heute ist klar. Der Ruf, die von Gott gegebene Autorität tatsächlich auszuüben, ist heute dringend nötig. Wenn die Autorität des Wortes Gottes in den Familien anerkannt wird, wird sie auch in der Gemeinde anerkannt werden. In den Familien zeigt sich dies in der untergeordneten Haltung der Frau gegenüber ihrem Mann und in der untergeordneten Haltung der Kinder gegenüber ihren Eltern. Die Männer tragen die Hauptverantwortung dafür, dass in ihren Familien die richtigen Verhältnisse herrschen. Dasselbe gilt für die Beziehungen und das Verhalten in der Gemeinde.
„Entvaterung“
Hieran schließt sich bemerkenswert gut an, was der emeritierte Professor der Psychiatrie Frank Koerselman, ein überzeugter Evolutionist, am Mittwoch, den 26. Februar 2020, im Radio sagte . Dies geschah in einem Interview anlässlich seines Aufsatzes „Entvaterung“. In diesem Aufsatz sagt er, dass jeder, der seine Augen gut benutzt, bemerken wird, dass Mann und Frau, Vater und Mutter, eine unterschiedliche Aufgabe haben und dass die Aufgabe des einen nicht wirklich vom anderen übernommen werden kann. Mit meinen Worten: die Aufgabe des Mannes und die Aufgabe der Frau sind nicht austauschbar.
Er fragt sich, ob diese Aufgabenteilung etwas mit der Natur der Mutter oder des Vaters zu tun hat, wie sie in der Evolution entstanden ist. Er sieht, dass das Verschwinden der Vaterrolle in der Familie Konsequenzen für die Gesellschaft hat, in der Autorität keine Rolle mehr spielt. Als Beispiele nennt er Regierungsführer, Bürgermeister, Polizisten und Lehrer, die keine Autorität mehr haben.
„Jeder sieht sich selbst als Zentrum, sieht sich selbst als zentral, und ernährt sich nur mit dem Feedback, das er auf seinem Handy erhält. Aber dass man Teil eines Ganzen ist, dass man auch einen vertikalen Platz hat, mit Menschen, die über einem stehen, und mit Menschen, die unter einem stehen, dass man nach oben zuhören muss und dass man nach unten Verantwortung übernehmen muss, das sieht man in unserer heutigen Gesellschaft ziemlich auf dem Rückzug.“ [*]
[*] BV, R. D. N. (o. J.). „Ontvadering“ maatschappij: „De vaderlijke autoriteit verdwijnt“. NPO Radio 1. Abgerufen 13. August 2020, von https://www.nporadio1.nl/cultuur-media/21920-ontvadering-maatschappij-de-vaderlijke-autoriteit-verdwijnt
Nachdem ich dem Gespräch zugehört hatte, wurde ich an eine Aussage des Herrn Jesus im Gleichnis vom ungerechten Verwalter erinnert: „Und der Herr lobte den ungerechten Verwalter, weil er klug gehandelt hatte; denn die Söhne dieser Welt sind klüger als die Söhne des Lichts ihrem eigenen Geschlecht gegenüber“ (Lk 16,8).