Einleitung
Bevor das Volk durch den Jordan zieht, begegnen wir in diesem Kapitel Rahab. Im Neuen Testament wird von dem Glauben und den Werken Rahabs, der Hure, gesprochen: „Durch Glauben kam Rahab, die Hure, nicht mit den Ungläubigen um, da sie die Kundschafter in Frieden aufgenommen hatte“ (Heb 11,31). Und: „Ist aber ebenso nicht auch Rahab, die Hure, aus Werken gerechtfertigt worden, da sie die Boten aufnahm und auf einem anderen Weg hinausließ?“ (Jak 2,25).
Rahab hält sich zum Volk Gottes, bevor Israel überhaupt einen Sieg errungen hat. Durch ihr Verhalten gibt sie ihre Verbindung mit Jericho auf. Sie glaubt, dass Jericho gerichtet wird. Sie glaubt jedoch auch an die Barmherzigkeit Gottes. Ihrer Bitte, ihre ganze Familie vor dem Gericht zu retten, wird entsprochen.
Diese Art von Glauben haben wir nötig, um die Segnungen, die Gott uns gegeben hat, auch genießen zu können. Einerseits gehören wir zur Gemeinde Gottes und andererseits sondern wir uns von der Welt ab, über der das Gericht schwebt. Um dies zu verwirklichen, muss in uns das lebendig sein, was in Vers 11 steht.
Neben der praktischen Anwendung auf uns gibt es in der Geschichte Rahabs auch eine Anwendung auf die Zukunft des Volkes Israel. Dasselbe können wir mit der Apostelgeschichte tun, in der das Entstehen und die ersten Jahre der Gemeinde beschrieben werden. Bevor das Volk in das Land hineinzieht, lässt Gott uns in Rahab sehen, dass es nach seinen Gedanken ist, dass auch die Heiden durch den Glauben angenommen werden.
Als Gottes Volk davor steht, den Segen in Besitz zu nehmen, zeigt diese Geschichte, dass Gott diesen Segen auch den Heiden eröffnet. Rahab gehört zu den „Nationen im Fleisch“, die überhaupt kein Recht darauf oder Teil daran haben (Eph 2,11–13), zu denen der Segen Gottes aber ebenso kommt wie zu seinem irdischen Volk. Und unter den Nationen nimmt sie auch noch einen besonders verabscheuungswürdigen Platz ein: den einer Hure. In ihrer Aufnahme zum Volk Gottes erstrahlt Gottes Gnade auf höchste Weise.
Beim Durchzug durch das Rote Meer sehen wir keine Person wie Rahab, denn nach diesem Durchzug kommt das Volk in die Wüste. Die Wüste gehört nicht zu den Ratschlüssen Gottes. Als Gott aus dem Dornbusch zu Mose über seinen Plan spricht, das Volk aus Ägypten zu führen und in das verheißene Land zu bringen, spricht Er auch nicht über die Wüste (2Mo 3,4.8).
Das Land ist das Land des Segens. Das Volk steht im Begriff, die Erfüllung der Ratschlüsse Gottes, die lauter Segen umfassen, zu erleben. Und wenn es um Segen geht, bezieht Gott die Nationen mit ein und Er lässt auch sie daran teilhaben. Es ist wie mit dem Gesetz und der Gnade. Das Gesetz wurde einem Volk gegeben: Israel. Die Gnade ist nicht auf ein Volk beschränkt, sondern sie geht weiter: zu allen Menschen. So können alle Menschen an Gottes Segen teilhaben, wenn sie wie Rahab glauben.
Wenn Israel in der Zukunft, nachdem es zur Bekehrung gekommen ist, im Land sein wird, wird auch eine große Menge aus den Nationen an dem Segen teilhaben. An diesem Segen werden die Nationen teilhaben durch die Botschafter, die der Herr aussenden wird (Mt 25,31–40). Der Beginn der Gemeinde lässt ebenfalls sehen, dass die Nationen Zugang zu dem Segen bekommen (Apg 8,26–39; 10,44–48).
Die erste Anwendung ist, dass Gott in der jetzigen Zeit des Christentums sein Volk aus allen Völkern sammelt, um sie mit Christus, dem verherrlichten Haupt im Himmel zu verbinden. Die Gemeinde, der Leib Christi, ist nicht nur mit Ihm verbunden, sondern mit Ihm eins gemacht im Himmel. Darum haben wir dort unseren Platz.
In der Apostelgeschichte sind die ersten Heiden, von denen wir lesen, dass sie zum Glauben kommen, Menschen in einer hohen gesellschaftlichen Stellung wie der Kämmerer, der Schatzmeister beziehungsweise Finanzminister der Königin von Äthiopien (Apg 8,27) und der römische Hauptmann (Apg 10,1). Aber hier wird uns eine Hure vorgestellt. So wird sie zweimal im Neuen Testament genannt. Dass sie in Gottes Volk aufgenommen wird, lässt Gottes besondere Gnade sehen. Diese Gnade erstrahlt vollkommen, wenn wir bemerken, dass sie sogar die Vorfahrin des Herrn Jesus wird (Mt 1,5.6).
1 - 7 Die Kundschafter und Rahab
1 Und Josua, der Sohn Nuns, sandte von Sittim heimlich zwei Männer als Kundschafter aus und sprach: Geht, beseht das Land und Jericho. Und sie gingen hin und kamen in das Haus einer Hure, mit Namen Rahab; und sie legten sich dort nieder. 2 Und dem König von Jericho wurde berichtet und gesagt: Siehe, es sind in dieser Nacht Männer von den Kindern Israel hierher gekommen, um das Land zu erkunden. 3 Da sandte der König von Jericho zu Rahab und ließ [ihr] sagen: Führe die Männer heraus, die zu dir gekommen sind, die in dein Haus eingekehrt sind; denn sie sind gekommen, um das ganze Land zu erkunden. 4 Die Frau aber nahm die beiden Männer und verbarg sie. Und sie sprach: Allerdings sind die Männer zu mir gekommen, aber ich wusste nicht, woher sie waren; 5 und als das Tor beim Dunkelwerden geschlossen werden sollte, da gingen die Männer hinaus; ich weiß nicht, wohin die Männer gegangen sind. Jagt ihnen schnell nach, denn ihr werdet sie erreichen. 6 Sie hatte sie aber auf das Dach hinaufgeführt und unter Flachsstängeln versteckt, die sie sich auf dem Dach aufgeschichtet hatte. 7 Und die Männer jagten ihnen nach, den Weg zum Jordan, zu den Furten; und man schloss das Tor, sobald die, die ihnen nachjagten, draußen waren.
Josua sendet zwei Kundschafter aus. Das Aussenden ist nicht deshalb nötig, um über ein eventuelles Einziehen ins Land zu entscheiden. Diese Entscheidung ist längst gefallen (Jos 1,11). Warum ist es denn nötig? Geht nicht sowieso der HERR selbst vor ihnen her? Dieses Aussenden der Kundschafter ist nicht so, wie es damals in der Wüste war. Da ging es um den Unglauben des Volkes. Hier geht es darum, dass Gott uns sehen lässt, dass Er die Seinen als seine Werkzeuge einsetzen will und unsere Verantwortung dabei völlig aufrechterhalten bleibt. Wir sollen die Situation, der wir die Stirn bieten müssen, in Augenschein nehmen, um mit Einsicht und in Abhängigkeit von Ihm zu handeln.
Durch das Auskundschaften kommt ans Licht, dass das Herz der Einwohner des Landes zerschmolzen ist (Vers 11). Dieses Wissen soll Israel ermutigen. Gleichzeitig liegt es in Gottes Plan, Rahab und ihre Familie zu retten. Er hat ein Werk in ihrem Herzen begonnen. Die Kundschafter werden von Ihm gebraucht, um das Werk zu vollenden.
Das Land und Jericho müssen beobachtet werden. Jericho ist die Tür ins Land und muss zuerst erobert werden, wenn das Land eingenommen werden soll. Jericho ist ein Bild von der Welt. Es stellt die Welt als das System dar, durch das Satan verhindern will, dass wir unser geistliches Erbteil in Besitz nehmen. Die Welt übt große Anziehungskraft auf uns aus. Solange das der Fall ist, sind wir schwach. Wir müssen sie darum zuerst in unseren Herzen verurteilen, damit wir frei sind von jeglicher Bindung an die Welt.
Die Kundschafter müssen das Land auskundschaften. Bedeutet das, dass wir auch zuerst die Welt untersuchen müssen, um dann zu wissen, wovon wir uns abwenden müssen? Nein. Der Weg, den Gott die Kundschafter gehen lässt, zeigt uns, wie es den beiden Männern ergeht. Dadurch lernen wir die Lektion in Bezug auf das Auskundschaften der Welt.
Die zwei Männer gehen in das Land, um die Macht des Feindes zu bespitzeln. Doch diese Macht bekommen sie nicht zu sehen. Stattdessen begegnen sie in Jericho der Macht Gottes. Gott führt die Kundschafter regelrecht in das Haus der Rahab. Sie sind nicht weit in die Stadt hineingegangen. Möglicherweise haben sie die erstbeste Wohnung betreten, die geöffnet war. Und dabei ist es geblieben. Sie sind lediglich im Haus der Rahab gewesen. Da haben sie das Werk Gottes im Herzen und im Leben der Rahab gesehen. Gott ist imstande, in der Stadt und im Herzen einer solchen Frau solch ein mächtiges Werk zu tun. Auf diese Weise kommen sie in Berührung mit dem Beweis und der Macht des Werkes Gottes.
Diese Handlungsweise Gottes lehrt uns, dass wir, um den wirklichen Charakter der Welt zu sehen, zum Kreuz schauen müssen. In der Verwerfung des Sohnes Gottes, während Er wohltuend auf der Erde umherging, sehen wir die wahre Art der Welt. Gleichzeitig sehen wir das Urteil Gottes über die Welt. Zwischen Ihm und der Welt gibt es keinerlei Beziehung mehr. Wer das sieht, gibt die Welt auf (Gal 6,14). Das können wirklich nur solche Menschen tun, in denen Gott das neue Leben gewirkt hat. Bei ihnen ist eine enorme Veränderung festzustellen. Zuerst ist da Liebe für die Welt und das Volk Gottes wird gehasst. Nun ist da Liebe für Gottes Volk und die Welt wird gehasst. Das ist die Kraft des Evangeliums. Dieser Kraft begegnen die Kundschafter in Rahab. Darum brauchen sie nicht weiter ins Land hineinzugehen.
Vierzig Jahre zuvor kundschafteten zwölf andere Israeliten das ganze Land aus. Zehn davon kommen voller Unglauben zurück und „verbreiteten unter den Kindern Israel ein böses Gerücht über das Land, das sie ausgekundschaftet hatten“ (4Mo 13,32.33). Wir müssen also auf gute Art und Weise auskundschaften und das ist: Sehen, was Gott im Leben von Menschen wirkt. Das überzeugt. Ein Gott, der so mächtig ist, dass Er Menschen völlig verändern kann, ist auch mächtig, das ganze Land zu geben.
Von Rahab wird erwähnt, dass „sie die Kundschafter in Frieden aufgenommen hatte“ (Heb 11,31). Das steht ganz und gar im Gegensatz zu den Absichten des Königs von Jericho. Er sucht die Kundschafter, um sie umzubringen. Die Könige von Kanaan, darunter der von Jericho, sind ein Bild der Dämonen. Sie hassen Gott und seine Gesandten.
Rahab lügt in Bezug auf die Kundschafter. Das ist ihre alte Natur. Wir dürfen das nicht beschönigen. Gott bringt niemanden in Situationen, damit wir sündigen (Jak 1,13). Aber wir müssen sie auch nicht zu hart verurteilen. Was würde ich tun in einer Situation, in der es um Leben und Tod für andere und für mich selbst ginge? Und haben Männer Gottes wie Abraham (1Mo 12,11–13) und David (1Sam 21,3) nicht auch in bedrohlichen Situationen gelogen, und das aus weit egoistischeren Motiven als Rahab?
Bei allem Verständnis für das Verhalten Rahabs muss uns klar sein, dass Lügen nicht zum neuen Menschen gehört, sondern zum alten Menschen (Eph 4,20–25). Wir sind noch immer in Gefahr, die Werke des alten Menschen zu tun. Was Rahab tut, gehört zu den Werken Kanaans. Wenn sie die Wahrheit gesagt hätte, hätte Gott sicher auf die eine oder andere Weise verhindert, dass ihr oder den Kundschaftern Böses angetan worden wäre (vgl. 1Mo 19,11; Jer 36,26).
Gott lässt zu, dass Rahab lügt. Er ist nicht auf ihr Lügen angewiesen, um die Kundschafter zu retten. Für die Männer ist dadurch allerdings deutlich, auf welcher Seite Rahab steht. Mit Gefahr für ihr eigenes Leben hat sie die Kundschafter aufgenommen. Als die Soldaten kommen, um diese gefangenzunehmen, warnt und versteckt sie die Männer. Diese Tat ist ihr Glaubensbekenntnis.
Rahab versteckt die Kundschafter, weil sie weiß, dass diese Männer ihre einzige Hoffnung auf Rettung sind, dass sie dem bevorstehenden Gericht entkommt. Wenn sie diese verbirgt, kann sie befreit werden. Sie glaubt nicht nur an den Gott Israels, sondern macht sich hier eins mit Israel, dem Volk Gottes. Sie macht sich damit eins, während das Volk noch nichts besitzt außer Gott allein.
Rahab verbirgt die Kundschafter unter Flachsstängeln. Das hat eine schöne geistliche Bedeutung. Flachs ist der Grundstoff für Leinen. Leinen spricht von den gerechten Taten der Gläubigen (Off 19,8). Dass Rahab Flachs zur Verfügung hat und damit ein gutes Werk tut, deutet in geistlicher Weise darauf hin, dass schon viel früher in ihrem ausschweifenden Leben eine Umkehr stattgefunden hat. Sie war eifrig im Guten (Spr 31,13). Dadurch hat sie in ihrem Haus Mittel zur Verfügung, mit denen sie die Kundschafter vor der Mordsucht des Feindes beschützen kann.
8 - 11 Das Zeugnis der Rahab
8 Und ehe sie sich niederlegten, stieg sie zu ihnen auf das Dach hinauf 9 und sprach zu den Männern: Ich weiß, dass der HERR euch das Land gegeben hat und dass der Schrecken vor euch auf uns gefallen ist und dass alle Bewohner des Landes vor euch verzagt sind. 10 Denn wir haben gehört, dass der HERR die Wasser des Schilfmeeres vor euch ausgetrocknet hat, als ihr aus Ägypten zogt, und was ihr den beiden Königen der Amoriter getan habt, die jenseits des Jordan waren, Sihon und Og, die ihr verbannt habt. 11 Und wir hörten es, und unser Herz zerschmolz, und es blieb kein Mut mehr vor euch in irgendeinem Menschen; denn der HERR, euer Gott, ist Gott im Himmel oben und auf der Erde unten.
Durch das Bekenntnis „ich weiß“ gibt Rahab Zeugnis von ihrem persönlichen Glauben. Sie zeigt einen größeren Glauben als die zehn früher genannten Kundschafter. Weiter spricht sie in den Versen 9–11 im Namen aller Einwohner des Landes ein Bekenntnis aus. Sie bekennt, dass der Schrecken auf alle gefallen ist und dass sie alle verzagt sind. Das hat Mose vorhergesagt, als das Volk durch das Rote Meer gezogen ist: „Niemand wird vor euch bestehen; euren Schrecken und eure Furcht wird der HERR, euer Gott, auf das ganze Land legen, auf das ihr treten werdet, so wie er zu euch geredet hat“ (5Mo 11,25; vgl. 2Mo 15,14–16).
Die bloße Feststellung, dass ihre Herzen aufgrund dessen, was Gott getan hat, verzagt sind, ist kein Glaubensbekenntnis, das vom Gericht befreit. Von den Dämonen wissen wir auch, dass sie glauben, „dass Gott einer ist … und zittern“ (Jak 2,19). Dieser Glaube ist nicht der rettende Glaube, wie er bei Rahab persönlich vorhanden ist. Dämonen werden dargestellt in den Königen von Kanaan. Ihr Glaube ist, ebenso wie der Glaube der Dämonen, ein Glaube in Bezug auf die Kraft Gottes, während sie gleichzeitig Gott hassen. Das sieht man beim König von Jericho, denn er will die Kundschafter töten. Er kann nicht anders, als Gott hassen.
Nicht alle Menschen, die in Kanaan wohnen, sind ein Bild der Dämonen. Viele sind nur Sklaven dämonischer Mächte. Das gilt auch für Rahab. Für sie gibt es Hoffnung, nicht für die Dämonen. Rahab spricht im Glauben davon, dass der HERR seinem Volk das Land gegeben hat. Das bringt keinen Hass in ihr Herz, sondern Vertrauen. Sie glaubt auch an den HERRN selbst, und das nicht nur als den Gott eines bestimmten Volkes, sondern als den Gott des Himmels und der Erde (Vers 11). Dieses Bekenntnis erinnert an das, was Mose den Israeliten vorgehalten hat; sie sollten das zu Herzen nehmen: „So erkenne denn heute und nimm zu Herzen, dass der HERR der Gott ist im Himmel oben und auf der Erde unten, keiner sonst“ (5Mo 4,39).
12 - 13 Rahab tritt für ihre Familie ein
12 Und nun schwört mir doch bei dem HERRN, weil ich Güte an euch erwiesen habe, dass auch ihr an dem Haus meines Vaters Güte erweisen werdet; und gebt mir ein zuverlässiges Zeichen, 13 und lasst meinen Vater und meine Mutter und meine Brüder und meine Schwestern und alle ihre Angehörigen am Leben und errettet unsere Seelen vom Tod!
Rahab bittet nicht nur um Rettung für sich selbst. Obwohl sie nicht einmal das Familienoberhaupt ist, bittet sie doch um Rettung für ihre ganze Familie. Das ist ihr Wunsch, den bringt sie vor. Sie vertraut auf die Güte Gottes. Es ist Gottes Absicht, Familien zu retten. Das nimmt nicht unsere Verantwortung weg, ihnen davon zu erzählen. Rahab muss auch zu ihrer Familie gehen, um ihnen zu sagen, was nötig ist, um gerettet zu werden. Wir müssen hinausgehen, um das Mittel zur Rettung bekanntzumachen.
Die Sorge um ihre Familie ist ein Beweis dafür, dass sie bereits mit ihrer Hurerei gebrochen hat. Für eine Hure bedeuten die von Gott eingesetzten Familienverhältnisse faktisch nichts, wie sehr sie selbst vielleicht auch manchmal das Gegenteil behaupten mag. Wenn die Rede von einer echten Bekehrung ist, dann merken wir auch ein Verlangen, dass zerbrochene Familienbeziehungen wieder in Ordnung gebracht werden.
Es gibt kein einziges vor Gott gültiges Motiv dafür, dass jemand in die Prostitution geht oder darin bleibt. Nirgends in der Bibel wird mit irgendeiner Achtung oder auch nur mit irgendeinem Verständnis über Hurerei gesprochen. Immer wird diese Sünde stark verurteilt. Alle Sünden sind schlimm, doch Gott stempelt Hurerei als eine besondere Sünde ab (1Kor 6,18). Doch für die Hure gibt es Gnade. Das sehen wir bei Rahab.
14 - 21 Der Rettungsplan
14 Und die Männer sprachen zu ihr: Unsere Seele soll an eurer statt sterben, wenn ihr diese unsere Sache nicht verratet; und es soll geschehen, wenn der HERR uns das Land gibt, so werden wir Güte und Treue an dir erweisen. 15 Da ließ sie sie an einem Seil durchs Fenster hinunter; denn ihr Haus war in der Stadtmauer, und sie wohnte in der Stadtmauer. 16 Und sie sprach zu ihnen: Geht in das Gebirge, damit die Verfolger euch nicht treffen; und verbergt euch dort drei Tage, bis die Verfolger zurückgekehrt sind, und danach geht eures Weges. 17 Und die Männer sprachen zu ihr: Wir werden von diesem deinem Eid entbunden sein, den du uns hast schwören lassen: 18 Siehe, wenn wir in das Land kommen, so sollst du diese Karmesinschnur ins Fenster binden, durch das du uns heruntergelassen hast, und sollst deinen Vater und deine Mutter und deine Brüder und das ganze Haus deines Vaters zu dir ins Haus versammeln; 19 und es soll geschehen, wer irgend aus der Tür deines Hauses auf die Straße gehen wird, dessen Blut sei auf seinem Haupt, und wir werden [von unserem Eid] entbunden sein. Jeder aber, der bei dir im Haus sein wird, dessen Blut sei auf unserem Haupt, wenn Hand an ihn gelegt wird. 20 Und wenn du diese unsere Sache verrätst, so werden wir von deinem Eid entbunden sein, den du uns hast schwören lassen. 21 Und sie sprach: Nach euren Worten, so sei es! Und sie entließ sie, und sie gingen weg. Und sie band die Karmesinschnur ins Fenster.
Als Rahab ihren Wunsch geäußert hat, braucht sie Worte der Rettung. Diese Worte sprechen die Kundschafter. Sie hofft, nicht mit dem Volk von Jericho umzukommen. Das Mittel wird ihr angeboten. Will sie tatsächlich Nutzen davon haben, dann ist es nötig, dass sie der Aussage der beiden Kundschafter glaubt und tut, was sie gesagt haben.
Rahab glaubt der Aussage der Männer. Sie hat auch den Glauben, dass ihr Zeugnis von ihrer Familie angenommen wird. Als sie ihrer Familie erzählt, dass es in ihrem Haus Rettung gibt, glaubt die Familie ihr. Sie kommen zu ihr ins Haus und werden gerettet (Jos 6,22.23). Weil sie ihren Worten glauben, sind sie gerettet. Wie kennt man uns, glaubt man unserem Zeugnis?
Vor langer Zeit haben schon einmal zwei Engel einem Mann Zeugnis gegeben von dem Gericht, das über Sodom kommen sollte, wo er wohnte: Lot. Sie haben ihn vor dem Gericht gewarnt und ihn gefragt, wer sonst noch in seinem Haus ist. Als es darauf ankommt, gehen seine Schwiegersöhne nicht mit. Sie glauben dem Zeugnis Lots nicht (1Mo 19,14). Das Zeugnis Lots bildet einen starken Kontrast zu dem Zeugnis Rahabs. Das kommt daher, dass Lot zwar ein Gläubiger ist, aber überhaupt nicht danach lebt, während Rahab radikal mit ihrem alten Leben gebrochen hat und sich auf die Seite Gottes und seines Volkes stellt.
In den beiden Kundschaftern, die von der Rettung Zeugnis geben, können wir ein Bild von den beiden Zeugen sehen, die Gott uns in unserer Zeit gegeben hat: das Wort und der Geist. Gottes Wort gibt uns die Gewissheit über das Gericht und über die Rettung. Rahab hat geglaubt, was die Kundschafter, die Zeugen, gesagt haben. Dadurch ist sie gerettet. So gibt der Glaube an das, was Gott gesagt hat, die Gewissheit der Errettung.
Der zweite Zeuge ist der Heilige Geist. Das Wort und der Geist zeugen von einem Menschen im Himmel. Das spricht von dem vollbrachten Werk. Der Herr Jesus hat den Heiligen Geist gesandt, damit Er von Ihm zeuge: „Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten; denn er wird nicht von sich selbst aus reden, sondern was er hören wird, wird er reden, und das Kommende wird er euch verkündigen. Er wird mich verherrlichen, denn von dem Meinen wird er empfangen und euch verkündigen“ (Joh 16,13.14). Wir dürfen auf Ihn schauen, wenn der Feind uns angreifen will.
Rahab zeigt zwei Glaubenswerke, die beide im Neuen Testament genannt werden. Das erste Glaubenswerk ist, dass sie „die Kundschafter in Frieden aufgenommen hatte“ (Heb 11,31). Das zweite Glaubenswerk ist, dass sie diese „auf einem anderen Weg hinausließ“ (Jak 2,25). In Hebräer 11 ist die Rede von ihrem Glauben. In Jakobus 2 wird von ihren Werken gesprochen, indem sie die Botschafter, die sie aufgenommen hatte, auf einem anderen Weg wieder hinausließ. Beide Zeugnisse ergänzen einander. Der Glaube ohne Werke ist tot (Jak 2,17). Rahab beweist ihren Glauben durch ihre Taten.
Sie lässt die Kundschafter im Vertrauen auf deren Zusage gehen. Jakobus spricht über Boten, während es doch Kundschafter sind. Aber für Rahab sind es Männer, die mit einer Botschaft Gottes zu ihr gekommen sind. Sie haben Worte der Rettung gesprochen, die sie nötig hatte. Sie war überzeugt von dem kommenden Gericht, aber wusste noch nicht, wie sie dem entkommen konnte. Das haben sie ihr gesagt.
Die Kundschafter sind durch die Tür hereingekommen, aber Rahab lässt sie auf einem anderen Weg, durchs Fenster, hinaus. Sie lässt sie gehen, aber im Vertrauen darauf, dass sie zurückkommen. Rahab bleibt mit einem glücklichen und hoffnungsvollen Herzen zurück. Sie lebt nicht mehr an der Tür, sondern am Fenster: Sie schaut aus nach der Erlösung. Das Fenster der Rahab ist nicht nach Jericho gerichtet, sondern nach draußen, zum Volk Gottes.
Der Name Rahabs kommt in zwei beachtenswerten Namenslisten im Neuen Testament vor. Erstens in Matthäus 1, im Geschlechtsregister des Herrn Jesus (Mt 1,5). Sie ist eine der vier Frauen, die in diesem Geschlechtsregister genannt werden. Die zweite Namensliste ist die der Glaubenszeugen in Hebräer 11. In dieser Liste werden nur zwei Frauen genannt, sie und Sara (Heb 11,11.31). Dadurch wird sie auf eine besondere Weise mit der Frau Abrahams verbunden.
Ihre Erwähnung in Jakobus 2 verbindet sie mit Abraham, von dem in den vorhergehenden Versen ein Werk des Glaubens angeführt wird (Jak 2,22–25). Sowohl Abraham als auch sie werden von Jakobus erwähnt, um zu zeigen, auf welche Weise der vorhandene, aber unsichtbare Glaube durch Werke sichtbar wird. Zu sagen, dass man glaubt, reicht nicht aus. Das Zeugnis des Glaubens ist nur gerechtfertigt, wenn es Werke gibt, die aus dem Glauben hervorgehen und dadurch den Beweis liefern, dass wirklich Glaube vorhanden ist (Jak 2,26).
Übrigens sind die Glaubenstaten sowohl von Rahab als auch von Abraham nicht gerade Taten, die von der Welt bewundert werden. In den Augen der Welt ist Rahab eine Landesverräterin und Abraham ein Kindermörder.
Sobald die Kundschafter weggegangen sind, hängt sie die Schnur ins Fenster (Vers 21). Sie wartet damit nicht, bis das Volk Gottes in das Land hineinzieht (Vers 18). Sie legt direkt Zeugnis von ihrem Glauben ab. Die Schnur bedeutet ihre Rettung. Dadurch steht sie in Verbindung mit dem Volk Gottes. Ihr Haus steht auf der äußeren Seite der Mauer. Dort lässt sie die Kundschafter aus dem Haus. Die Karmesinschnur weist auf das Werk des Herrn Jesus hin. Karmesin ist ein roter Farbstoff, der von einer bestimmten Wurmart gewonnen wird. Das steht in Verbindung mit einem Ausspruch, der sich prophetisch auf den Herrn Jesus am Kreuz bezieht: „Ich aber bin ein Wurm und kein Mann“ (Ps 22,7).
Karmesin spricht nicht allein von den Leiden des Herrn Jesus, sondern auch von seinem Königtum. Könige kleiden sich in Karmesin. Er erlangt sein Königtum durch Leiden. Auffallend ist, dass das Evangelium, das den Herrn Jesus als König vorstellt, das Evangelium nach Matthäus, als einziges der vier Evangelien über einen scharlachroten Mantel spricht, der Ihm spottend umgehängt wurde (Mt 27,28).
Die rote Farbe spricht vom Blut. Nicht die Worte der Kundschafter allein, sondern die Grundlage des vergossenen Blutes gibt die Sicherheit der Rettung. Rahab und ihre Familie verbergen sich sozusagen hinter dem Blut, so wie damals die Erstgeborenen in Ägypten durch das Blut an den Türpfosten vor dem Engel des Verderbens (2Mo 12,12.13) sicher waren.
22 - 24 Die Rückkehr der Kundschafter
22 Und sie gingen weg und kamen in das Gebirge und blieben dort drei Tage, bis die Verfolger zurückgekehrt waren. Und die Verfolger suchten sie auf dem ganzen Weg und fanden sie nicht. 23 Und die beiden Männer kehrten zurück und stiegen vom Gebirge herab, und sie gingen hinüber und kamen zu Josua, dem Sohn Nuns; und sie erzählten ihm alles, was ihnen begegnet war. 24 Und sie sprachen zu Josua: Der HERR hat das ganze Land in unsere Hand gegeben, und auch sind alle Bewohner des Landes vor uns verzagt.
Die Kundschafter waren drei Tage im Land. Die Zahl Drei, die häufiger in den ersten Kapiteln des Buches Josua vorkommt, weist auf die Auferstehung des Herrn Jesus hin. Er ist am dritten Tag nach seinem Tod auferstanden (Mt 16,21; 17,23; 20,19; Apg 10,40; 1Kor 15,3.4). Um den Segen des Landes kennenzulernen, ist es immer wichtig, die Auferstehung des Herrn Jesus im Gedächtnis zu halten.
Der Bericht, den die Kundschafter Josua über die Situation im Land geben, ist das Zeugnis, das sie aus dem Mund Rahabs gehört und in ihren Taten gesehen haben. In ihr haben sie gesehen, was Gott tut.