1 - 8 Echt oder Schein?
1 Deshalb, das Wort von dem Anfang des Christus verlassend, lasst uns fortfahren zum vollen Wuchs und nicht wiederum einen Grund legen mit der Buße von toten Werken und mit dem Glauben an Gott, 2 der Lehre von Waschungen und dem Hände-Auflegen und der Toten-Auferstehung und dem ewigen Gericht. 3 Und dies werden wir tun, sofern Gott es erlaubt. 4 Denn es ist unmöglich, diejenigen, die einmal erleuchtet worden sind und die himmlische Gabe geschmeckt haben und des Heiligen Geistes teilhaftig geworden sind 5 und das gute Wort Gottes und die Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters geschmeckt haben 6 und abgefallen sind, wieder zur Buße zu erneuern, da sie den Sohn Gottes für sich selbst kreuzigen und ihn zur Schau stellen. 7 Denn das Land, das den häufig darauf kommenden Regen trinkt und nützliches Kraut hervorbringt für diejenigen, um derentwillen es auch bebaut wird, empfängt Segen von Gott; 8 wenn es aber Dornen und Disteln hervorbringt, so ist es unbewährt und dem Fluch nahe, und sein Ende ist die Verbrennung.
V1. Der Schreiber setzt im ersten Teil dieses Kapitels seine Ermahnungen aus den Schlussversen des vorigen Kapitels fort. Er möchte, dass seine Leser begreifen, dass sie nicht „hängen“-bleiben müssen bei dem „Wort von dem Anfang des Christus“. Damit meint er alles, was in Verbindung mit dem Kommen Christi auf die Erde über und von Ihm selbst gesagt worden ist. Du kannst an die Ankündigung durch Johannes den Täufer denken und auch an das Predigen von Christus selbst. Natürlich ist alles, was darüber in der Bibel steht, Gottes Wort und demnach wichtig. Aber es ist doch alles mit dem Alten Testament verbunden und mit der Regierung Christi über sein irdisches Volk.
Durch die Verwerfung Christi ist jedoch eine völlig andere Situation entstanden, und darauf will der Schreiber die Herzen der Gläubigen richten. Er will, dass sie „fortfahren zum vollen Wuchs“ oder, wie auch übersetzt werden kann, „zur Vollkommenheit“. Die „Vollkommenheit“ ist das Erkennen Christi in Verbindung mit der Stellung, die Er jetzt einnimmt: seine Verherrlichung im Himmel. Das „Fortfahren“ bezieht sich auf das geistliche Wachstum des Gläubigen hin zu dieser „Vollkommenheit“. Das heißt, dass du Ihn als den, der in der Herrlichkeit ist, zum Gegenstand deines Glaubens und zum Ziel deines Lebens machst. Dann willst du nicht zurück zu einer greifbaren Religion, sondern nach vorn, mit dem Verlangen, immer mehr von Ihm und über die herrlichen Folgen seines Werkes kennenzulernen.
Was du im zweiten Teil von Vers 1 und in Vers 2 liest, bezieht sich denn auch nicht auf das Christentum, sondern auf das Judentum. Der Schreiber will darüber nicht aufs Neue sprechen, denn das kannten sie aus ihrer Vergangenheit als Juden. Sie kannten die „Buße von toten Werken“. Dabei geht es um Reue über Werke, die aus Eigenwillen, in Unabhängigkeit von Gott getan wurden. Auch über den Glauben an Gott brauchten sie nicht erneut belehrt zu werden. Bekehrung und Glaube sind keine spezifisch christlichen Wahrheiten. Sie waren und sind zu allen Zeiten notwendig, wenn ein sündiger Mensch mit einem heiligen Gott in Verbindung kommen will.
V2. Die „Lehre von Waschungen“ (und sicher nicht: Lehre vom Taufen!) weist auf Vorschriften hin, die Gott Israel bezüglich des Waschens mit Wasser gegeben hatte. Dabei ging es darum, Dinge oder Menschen, die durch Verbindung mit der Sünde verunreinigt waren, rein zu machen, so dass sie im Dienst für Gott wieder gebraucht werden konnten (z. B. 4Mo 19,18). Die Lehre vom „Hände-Auflegen“ bezieht sich auf das, was beispielsweise beim Opfern geschehen musste. Handauflegen bedeutet Einsmachung, in diesem Fall mit dem Opfer (z. B. 3Mo 1,4; 4,15). Die Juden waren auch vertraut mit der Lehre der „Toten-Auferstehung“ (Joh 11,24), ebenso mit der Lehre vom „ewigen Gericht“ (vgl. Jes 14,9–11; 38,18; 66,24). Alle genannten Kennzeichen sind also nicht so sehr christlich, sondern gerade typisch jüdisch. Darum will der Schreiber das alles auf sich beruhen lassen.
V3. Wenn er in diesem Vers sagt: „Dies werden wir tun“, will er damit nicht sagen, dass er später doch noch einmal darauf zurückkommen wird. Nein, „dies“ bezieht sich auf „fortfahren zum vollen Wuchs“ aus Vers 1. Wenn Gott es erlaubt, will er die Leser in Gedanken zum Himmel mitnehmen, zum Herrn Jesus in der Herrlichkeit.
V4. Er drückt sich bewusst so aus, dass er dabei von der Kraft Gottes abhängig ist, weil der geistliche Zustand von einigen der Hebräer in diesem Augenblick nicht zuließ, das auszuführen, was er sich vorgenommen hatte. Das kommt daher, weil unter seinen Lesern einige waren (und noch immer sind), die nur äußerlich das Christentum angenommen hatten, während innerlich nichts verändert war. Sie üben einen falschen Einfluss auf die echten Gläubigen aus, die dadurch ebenfalls träge darin werden, dem verworfenen, aber verherrlichten Christus nachzufolgen. Darum spricht der Schreiber in allgemeinen Worten alle an. Aber die Unmöglichkeit, noch einmal zur Buße erneuert zu werden, betrifft nur die, die zwar äußerlich an den Vorrechten aus den Versen 4 und 5 teilhaben, aber innerlich kein neues Leben besitzen.
Alle Kennzeichen, die in diesen Versen genannt werden, sind äußerliche Kennzeichen. Sie gelten für alle bekennenden Christen, also sowohl für echte Christen als auch für Namenschristen, also „Christen“, die es nur dem Namen nach und nicht in Wirklichkeit sind. Da sind Kenntnis, Freude, Erleuchtung, Vorrechte und Kraft vorhanden, aber kein geistliches Leben. Es sind Menschen, die Tränen haben wie Esau (Heb 12,17), die den Tod der Rechtschaffenen sterben wollen wie Bileam (4Mo 23,10b), die wollen, dass gottesfürchtige Menschen für sie beten wie der Pharao (2Mo 8,4) und Simon der Zauberer (Apg 8,24), die prophezeien wie Kajaphas (Joh 11,49–52), die gern das Wort Gottes hören wie Herodes (Mk 6,20) und die doch nicht mehr sind als ein tönendes Erz oder eine schallende Zimbel.
„Einmal erleuchtet“ heißt, dass sie Licht über die Person Christi empfangen hatten, über sein Werk, seine Verherrlichung. Aber sie waren nur verstandesmäßig erleuchtet, das Licht hatte nicht ihre Gewissen beschienen. „Die himmlische Gabe geschmeckt“ bedeutet, dass sie einen gewissen Geschmack an dem gefunden hatten, was Gott in Christus geschenkt hatte, vielleicht auch an der himmlischen Stellung, die Christus, der Messias, nun einnahm. Aber sie hatten nicht davon gegessen, sich nicht damit einsgemacht. „Des Heiligen Geistes teilhaftig geworden“ sind solche, die sich in dem Bereich befinden, wo der Heilige Geist wirkt. Das bedeutet nicht notwendigerweise, dass der Heilige Geist auch in der Person wohnt.
V5. „Das gute Wort Gottes … geschmeckt“ bedeutet, dass man verstanden hat, wie kostbar das Wort ist, aber es braucht nicht zu bedeuten, dass man mittels dieses Wortes lebendig gemacht ist. „Die Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters“ sind die Wunder, die im zukünftigen Zeitalter stattfinden werden, wenn der triumphierende Messias, der Sohn Gottes, alle Macht des Feindes vernichten wird. Die Hebräer hatten solche Wunder gesehen, als der Herr Jesus auf der Erde war und auch während der Anfangszeit des Christentums.
V6. An all diesen Kennzeichen hatte jeder Christ teil, weil er in dem Kreis lebte, wo diese Dinge gefunden wurden. Selbst wenn kein geistliches Leben vorhanden war, hatte jeder mit diesen Einflüssen zu tun. Doch nur für jemanden, der kein geistliches Leben hat, gilt, dass er von dem Kreis abfallen wird, wo es die beschriebenen Segnungen gibt. Er konnte von diesem Kreis weggehen und zu seinem früheren Bekenntniskreis zurückkehren. Die Menschen, um die es hier geht, gehörten zuerst zu dem Volk Gottes, das den Sohn Gottes gekreuzigt hatte. Dann hatten sie das als Sünde erkannt und angefangen, den Herrn Jesus als Messias zu bekennen. Aber nun begingen sie selbst wissentlich dasselbe Verbrechen, indem sie zu diesem Volk zurückkehrten, während sie dem Christentum mit seinem verherrlichten Herrn den Rücken kehrten. Das betrifft nicht Menschen, die in Unwissenheit handelten. Für diese betete der Herr Jesus ja: „Sie wissen nicht, was sie tun.“
Abgefallene sind solche, die schon erleuchtet waren und Christus als den Sohn Gottes erkannt hatten, die seine Kreuzigung als Sünde bekannt hatten, aber ihr Bekenntnis widerriefen und Ihn doch für einen Verräter hielten, der zu Recht gekreuzigt wurde. Das sind keine Unwissenden. Viele in der Christenheit befinden sich in derselben Stellung. Sie sind mit den Wahrheiten bekanntgemacht, die Christus betreffen, aber sie kommen wider besseres Wissen dahin, seine Geburt durch eine Jungfrau zu leugnen, ebenso sein vollkommenes Leben, seine Gottheit, sein sühnendes Sterben und seine leibliche Auferstehung. Für solche Menschen ist es unmöglich, dass sie noch einmal zur Buße erneuert werden, das heißt, dass sie aufs Neue zur Besinnung kommen von ihrem derzeitigen Irrtum. Sie haben die Wahrheit gekannt, sie bekannt, danach jedoch wieder verworfen und widerstehen ihr nun. Diese Rebellion offenbart ein verhärtetes Herz, das niemals mehr zur Bekehrung kommen kann.
V7. Der Schreiber verdeutlicht mit einem Beispiel aus der Natur, wie es sich mit dem Besitz des Lebens aus Gott oder dessen Fehlen verhält. Das Leben des Bekenners wird mit einem Land verglichen, das den Regen trinkt. Im Regen siehst du den Dienst des Wortes (das mit Wasser verglichen wird; Eph 5,26). Der Zustand des Bodens wird durch den häufig darauf fallenden Regen offenbar. Der „Regen“, das heißt der Segen aus dem Himmel, fällt auf die Seele des Bekenners herab in der Form göttlichen Lichts, der himmlischen Gabe, des Heiligen Geistes, des guten Wortes Gottes und der Wunder des zukünftigen Zeitalters. Bei dem wahren Christen wird die Folge dieses „Regens“ Frucht für Gott sein, indem er Lob opfert und dem Herrn Jesus nachfolgt.
Aber bei dem, der nur dem Namen nach ein Bekenner ist, dem Abgefallenen, zeigt sich, dass der Regen keine Frucht aus seinem Leben hervorbringt. Das rührt daher, dass im Boden selbst nichts vorhanden ist, das Frucht hervorbringen kann: Es ist kein neues Leben da, kein innewohnender Heiliger Geist.
V8. Der Namenschrist bringt niemals nützliches Gewächs hervor, denn das Land taugt nicht. Daraus wachsen nur Dornen und Disteln, die Folgen des Sündenfalls (1Mo 3,17.18). Was in Verbindung mit der Sünde steht, steht unter dem Fluch und wird schließlich in einem ewigen Fluch verbrennen.
Lies noch einmal Hebräer 6,1–8.
Frage oder Aufgabe: Welche Übereinstimmungen und welche Unterschiede gibt es zwischen den echten und den falschen Christen?
9 - 20 Gottes Verheißung steht fest
9 Wir sind aber in Bezug auf euch, Geliebte, von besseren und mit der Errettung verbundenen Dingen überzeugt, wenn wir auch so reden. 10 Denn Gott ist nicht ungerecht, euer Werk zu vergessen und die Liebe, die ihr für seinen Namen bewiesen habt, da ihr den Heiligen gedient habt und dient. 11 Wir wünschen aber sehr, dass jeder von euch denselben Fleiß beweise zur vollen Gewissheit der Hoffnung bis ans Ende, 12 damit ihr nicht träge werdet, sondern Nachahmer derer, die durch Glauben und Ausharren die Verheißungen erben. 13 Denn als Gott dem Abraham die Verheißung gab, schwor er, weil er bei keinem Größeren zu schwören hatte, bei sich selbst 14 und sprach: „Wahrlich, reichlich werde ich dich segnen, und sehr werde ich dich mehren.“ 15 Und nachdem er so ausgeharrt hatte, erlangte er die Verheißung. 16 Denn Menschen schwören bei einem Größeren, und der Eid ist ihnen das Ende allen Widerspruchs zur Bestätigung; 17 worin Gott, da er den Erben der Verheißung die Unwandelbarkeit seines Ratschlusses überreichlicher beweisen wollte, sich mit einem Eid verbürgt hat, 18 damit wir durch zwei unwandelbare Dinge – wobei es unmöglich war, dass Gott lügen würde – einen starken Trost hätten, die wir Zuflucht genommen haben zum Ergreifen der vor uns liegenden Hoffnung, 19 die wir als einen sicheren und festen Anker der Seele haben, der auch in das Innere des Vorhangs hineingeht, 20 wohin Jesus als Vorläufer für uns hineingegangen ist, der Hoherpriester geworden ist in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks.
V9. Im vorigen Abschnitt hat der Schreiber auf eindringliche und ernste Weise darauf hingewiesen, wie schrecklich es ist, äußerlich zu den Christen zu gehören, aber innerlich nicht wiedergeboren zu sein. Wenn du das so gelesen hast, wirst du an dir selbst zweifeln, ob es wohl alles echt ist. Es kann dir so gehen wie denen, an die der Brief ursprünglich gerichtet war. Sie hatten es ja so schwer, es gab viel Widerstand, und der verheißene Segen schien so weit weg. Aber nun hörst du auf einmal, dass der Schreiber davon überzeugt ist, dass er es im Hinblick auf die Leser seines Briefes mit echten Gläubigen zu tun hat. Dass er doch so ernst und eindringlich geschrieben hatte, war wegen der Gefahr, unter dem Druck von außen abzufallen. Mit seiner Warnung hatte er den Einzelnen im Blick, der in der Gefahr stand, abzufallen. Doch drückte er seine Warnung allgemein aus, damit jeder sich angesprochen fühlen sollte. Auch dir muss bewusst sein, dass du nicht aus eigener Kraft standhaft bleiben kannst.
Nach der Warnung spricht er nun über die Früchte des neuen Lebens, die im Leben dieser jüdischen Christen zu sehen sind. Seine Überzeugung, dass ihr Glaube echt ist, hatte er nicht aufgrund von großen Glaubenstaten gewonnen, die sie verrichtet hätten, sondern weil sie ihren Mitgläubigen in Einfachheit gedient hatten. Das werden andere auch bei dir bemerken. Er nennt sie „Geliebte“, um sie seine Liebe zu ihnen empfinden zu lassen. Wenn er auch auf ernste Weise über das Los der Abgefallenen reden muss, so ist er, was sie betrifft, davon überzeugt, dass sie mit „besseren“ Dingen verbunden sind. Das „Bessere“ ist alles, was mit der himmlischen Stellung zu tun hat, die der Messias jetzt einnimmt. Ebenso ist er, was sie betrifft, davon überzeugt, dass sie die „Errettung“, das ist das Endziel der Reise, die der Christ auf der Erde macht, erreichen würden. So richtet er ihren Blick auf die Befreiung aus den irdischen Umständen, wenn sie dann an der Seite des Messias im Himmel am Friedensreich teilhaben.
V10. Vielleicht waren die Hebräer bange, Gott könnte vergessen haben, was sie für seinen Namen, das heißt zu seiner Ehre getan hatten. Sie sahen ja so wenig von seiner Anerkennung. Zu ihrem jüdischen Denken passte der Gedanke, dass Treue gegenüber Gott und das Einstehen für die Ehre seines Namens von Ihm belohnt werden. Doch anstelle der Ruhe und des Gedeihens, das sie möglicherweise erwarteten, wurde das Leben nur immer schwerer. Der Schreiber versichert ihnen, dass Gott nicht ungerecht ist. Er belohnt, was für seinen Namen geschehen ist, auch wenn die Belohnung noch ein Weilchen auf sich warten lassen kann. Sie hatten den Seinen gedient, und das taten sie noch, und darin hatten sie Ihm gedient und dienten sie Ihm noch. Gott ist nicht ungerecht, das zu vergessen (Mt 25,40).
V11. Nun kam es darauf an, darin mit demselben Eifer auszuharren, den sie zu Beginn an den Tag gelegt hatten. Sie waren im Hören bereits träge geworden (Heb 5,11). Die Gefahr bestand durchaus, dass sie das auch in ihren Werken werden würden. Der Ansporn zum Ausharren richtet sich an jeden persönlich: „… jeder von euch“. Es ist schön, gut zu beginnen, aber es muss „bis ans Ende“ ausgeharrt werden. Wieder wird der Blick auf die Zeit gerichtet, wo die Hoffnung in Erfüllung gehen wird. Das Ende ist die Erscheinung Christi zur Errichtung seines Friedensreiches, wenn Er, der wahre Melchisedek, als König-Priester regieren und sein Volk segnen wird.
V12. Darum also sollten sie, sollen wir nicht träge werden. „Träge“ werden wir dann, wenn die irdischen Dinge den Platz der himmlischen Dinge einzunehmen beginnen, die einst das Herz erfüllten. Das geistliche Wachstum wird vor allem durch das Zurückkehren zu einer greifbaren Religion enorm gehemmt.
Um sie anzuregen, auf dem Weg, den sie eingeschlagen hatten, fortzufahren, weist der Schreiber sie darauf hin, doch Nachahmer derer zu werden, die in derselben Stellung waren wie sie. Kannten sie nicht das Alte Testament? Nun, darin stehen Beispiele genug von solchen Gläubigen, die durch Glauben und Ausharren die Verheißung geerbt haben. Gott hatte ihnen etwas verheißen, und sie vertrauten Gott, dass Er geben würde, was Er verheißen hatte. Und obwohl Zeit verging, verließen sie sich weiter geduldig darauf. Sie hatten diese Verheißung als ein Erbe empfangen und hielten daran fest, dass Gott sie sicher erfüllen würde, selbst über den Tod hinaus.
V13. Das große Beispiel für jemand, dem Gott etwas verheißen hat und der von Gott in seinem Glauben gestärkt wurde, ist Abraham. Die jüdischen Christen befanden sich in derselben Lage wie er. Auch Abraham musste sich auf die Verheißungen stützen, ohne das Verheißene zu besitzen. Gott hatte seine Verheißung sogar mit einem Eid bestätigt, um Abraham völlige Sicherheit zu geben. Das zeigt, dass Gott wohl weiß, wie schwierig es für die Seinen ist, geduldig weiter auf die Erfüllung der Verheißungen zu vertrauen. Um der Sicherheit des Eides noch besonderen Nachdruck zu verleihen, weist der Schreiber darauf hin, dass Gott bei sich selbst schwor. Eine höhere Instanz gibt es nicht. Die allerhöchste Autorität verbürgt sich für die Erfüllung der Verheißung.
V14–15. Du siehst, dass jeder Zweifel ausgeschlossen wird. Gott hatte Abraham bereits lange zuvor einen Sohn verheißen. Damals hatte Abraham Gott geglaubt (1Mo 15,1–6). Dieser Glaube an Gott hielt ihn aufrecht, als Gott von ihm verlangte, seinen einzigen Sohn zu opfern (Heb 11,17.18). Deshalb gab Gott Abraham eine neue Verheißung, und zwar die eines reichen Segens und einer zahlreichen Nachkommenschaft (1Mo 22,16.17). Diese Verheißung unterstützte Gott mit dem kräftigsten Eid. Abraham erlebte deren Erfüllung nicht, aber die Verheißung und der Eid reichten für ihn aus, um im Glauben weiterzuleben und zu sterben, in der Sicherheit, dass die Erfüllung kommt.
V16. Gott setzt alles daran, sein Volk davon zu überzeugen, dass Er wirklich tun wird, was Er gesagt hat. Indem Er einen Eid ablegt, passt Er sich dem an, was unter Menschen üblich ist. Bei Menschen ist der Eid das Ende allen Widerspruchs (vgl. 2Mo 22,10). Aus allem erkennst du, wie sehr Er seinem Volk entgegenkommt.
V17. Du siehst, dass Er sie noch einmal nachdrücklich „Erben der Verheißung“ nennt. Als ob es nicht genug wäre, dass Er als der allmächtige Gott etwas verheißen hat, bestätigt Er seine Verheißung mit einem Eid. Eine Verheißung ist eine Absichtserklärung. Ein Eid richtet die Aufmerksamkeit auf die Person, die sich öffentlich und ernstlich hinter die Absicht stellt. Weil Er weiß, wie schwierig es für die Seinen ist, länger geduldig auf die Erfüllung zu warten, setzt Er alles daran, um überreichlicher zu beweisen, dass sein Ratschluss unveränderlich ist.
V18. Und als ob das alles noch nicht genug wäre, weist der Schreiber darauf hin, dass Gott nicht lügen kann (4Mo 23,19; 1Sam 15,29; Spr 19,21; Tit 1,2). Gott schwört keinen Meineid. So verbürgen sich Verheißung und Eid als zwei unveränderliche Dinge für die Erfüllung des Ratschlusses Gottes. Von diesem Wissen und dieser Sicherheit geht ein starker Trost aus.
Die Leser des Hebräerbriefes standen in der Gefahr, den Mut zu verlieren und aufzugeben. In dieser Lage ist Trost nötig (1Thes 5,14). Dann ist es notwendig, dass der Blick auf den himmlischen Herrn gerichtet wird und auf die Sicherheit, dass alles, was mit Ihm verbunden ist, in Erfüllung gehen wird (vgl. 1Thes 4,18). Die jüdischen Christen hatten ihre Zuflucht zum Herrn Jesus genommen, sie hatten sich taufen lassen und die Sünde des Volkes in der Verwerfung ihres Messias verurteilt. Damit hatten sie die Hoffnung, die vor ihnen lag, ergriffen, und nun sehnten sie sich nach dem Kommen des König-Priesters, damit Er sein Friedensreich aufrichte. Er ist die Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit (Kol 1,27).
V19–20. Diese Hoffnung ist wie ein Anker, durch den das Schiff inmitten der Unruhe doch fest in seiner Position liegen bleibt. Der Anker liegt hinter dem Vorhang, im Himmel. Hier findet der schwächste Gläubige die stärkste Versicherung, ohne dass er auf der Erde etwas von der Erfüllung der Verheißungen sieht. Im Himmel siehst du den Herrn Jesus, der als Vorläufer dort schon hineingegangen ist, vor allen, die Ihm dorthin noch folgen werden. Dorthin, wo Er als der Hohepriester hineingegangen ist, dürfen wir Ihm nun schon im Geist, aber bald auch buchstäblich folgen. Für den jüdischen Christen war der „Vorläufer“ ein völlig neuer Gedanke. Im Alten Testament ging der Hohepriester nicht als Vorläufer in das Heiligtum hinein, sondern als Vertreter. Er ging zu dem Ort hinein, wohin niemand ihm folgen konnte. Aber Christus ist in das Heiligtum hineingegangen, und die Seinen folgen Ihm hinein.
Es ist ermutigend, bei dem Anker innerhalb des Vorhangs an die Verbindung zu denken, die zwischen dir auf der Erde und dem Herrn Jesus im Himmel besteht. Ein Beispiel, das ich einmal las, gibt das sehr gut wieder. Wenn ein großes Schiff in einen kleinen Hafen hineinfahren muss, wird der Anker des großen Schiffes durch ein kleines Boot in den Hafen gebracht. Im Hafen wird der Anker ausgeworfen, wobei das Schiff sich durch das Seil an dem Anker in den Hafen zieht.
Die Sicherheit, dass wir in den Himmel kommen werden, liegt in der Tatsache, dass der Vorläufer bereits dort ist. Das wird in der letzten Zeile noch einmal bestätigt, indem noch einmal Psalm 110 angeführt wird (Ps 110,4; Heb 5,6). Dadurch bleibt die Aufmerksamkeit des jüdischen Christen unvermindert auf den Herrn Jesus im Himmel und auf die Zukunft gerichtet, denn Er ist bis in Ewigkeit mit dem himmlischen Heiligtum verbunden. Indem er so beständig auf Ihn sieht, wird er vom Judentum befreit und in dem himmlischen Charakter des Christentums, das er angenommen hat, gestärkt werden.
Lies noch einmal Hebräer 6,9–20.
Frage oder Aufgabe: Schreibe alle Sicherheiten auf, die in diesem Abschnitt stehen, dass Gott seine Verheißungen einlöst, und danke Ihm regelmäßig dafür.