Einleitung
[Der vorliegende Aufsatz über den Calvinismus ist die Bearbeitung eines Vortrags über den Calvinismus, den ich im März 2018 in Bietigheim-Bissingen, Deutschland, gehalten habe. Sein Inhalt ist bemerkenswert eng mit den beiden vorangegangenen falschen Lehren verbunden. Die drei Lehren zeigen, jede von einem anderen, eigenen Standpunkt aus, dass die falsche Sichtweise auf die Beziehung zwischen dem Glauben und dem Beharren in ihm ihre Ursache in einem falschen Verständnis dessen hat, was die Schrift dazu sagt.]
Wir fangen an mit 2 Stellen. Zunächst Apostelgeschichte 13,48 „Als aber die auch die Nationen es hörten freuten sie sich und verherrlichten das Wort des Herrn und es glaubt denn so viele zum ewigen Leben bestimmt waren.“ Dann Apostelgeschichte 14,1 „es geschah aber in Iconium dass sie zusammen in die Synagoge der Juden gingen und so redeten dass eine große Menge glaubte sowohl Juden als auch Griechen.“ In diesen zwei Versen haben wir sozusagen eine Zusammenfassung von der Lehre des Calvinismus. Wie haben hier einerseits Gottes Ratschluss und andererseits die Verantwortung des Menschen.
Ich lebe in einem Land, in dem der Calvinismus in bestimmten Regionen deutlich gegenwärtig ist. Wir wohnen in solch einer Region. Wir hatten die Möglichkeit unsere Kinder zu einer reformatorischen Grundschule und auch Realschule zu schicken, die beide vom Calvinismus geprägt sind, und haben das auch getan.
Ich möchte damit anfangen zu sagen dass wir dafür dankbar sind. Es gibt nämlich auch mehrere guten Sachen im Calvinismus. In diesen Schulen wird das Wort Gottes von 1. Mose 1 bis Offenbarung 22 geglaubt. Dort wird die Autorität des Wortes Gottes anerkannt. Das Wort Gottes ist die Basis für den Unterricht der Kinder. Es gibt dort auch die Autorität der Schulführung. Es ist wichtig dass Kinder lernen Autorität zu gehorchen. Wenn die Schulleitung etwas bestimmt, wird darüber nicht diskutiert. Alles ist festgelegt, man weiß was man tun und nicht tun darf oder soll. Man kann so seine Fragen über bestimmte Standpunkte, aber es ist jedenfalls klar was erwartet wird.
Der Calvinismus hat auch eine gute Auswirkung im Leben vieler Christen, weil man die Wichtigkeit eines geheiligte, Lebens betont. Das ist was wir auch brauchen. Wir sind dankbar für alle gute Sachen die durch diese Lehre zu uns gekommen sind.
TULIP
Es gibt aber auch Punkte, die nicht in Übereinstimmung mit der Schrift sind. Eine Zusammenfassung oder die wichtigsten Punkten finden wir in den sogenannten „5-Punkten-Calvinismus“. Diese fünf Punkte haben ihren Ursprung in den Lehrregeln von Dordrecht, Holland, in den Jahren 1618-1619.
Diese fünf Punkte werden in verkürzter Form in dem englischen Wort TULIP genannt. Jeder Buchstabe steht für ein Wort:
T = Total depravity (völlige Verderbtheit)
U= Unconditional election (bedingungslose Auserwählung)
L = Limited atonement (begrenzte Sühnung)
I = Irresistible grace (unwiderstehliche Gnade)
P = Perseverance of the saints (Ausharren der Heiligen)
An sich spiegeln diese Begriffe eine in der Heiligen Schrift enthaltene Wahrheit wider. Die (oft unbeabsichtigte) Irreführung besteht darin, dass sie nur eine Seite der Wahrheit sind, auf die der ganze Schwerpunkt gelegt wird. Schauen wir uns diese Begriffe genauer an.
Völlige Verderbtheit
Der erste Punkt, dass der Mensch total verdorben ist, ist wahr. Das lesen wir in Epheser 2,1 „auch euch die Tod ward in euren Vergehungen und Sünden“. Wenn einer tot ist dann ist er nicht imstande etwas zu tun, nicht einmal auf den Ruf Gottes zu reagieren. Aber die Schlussfolgerung, dass deshalb ein Mensch nicht auf den Aufruf, dass er sich bekehren soll, reagieren kann, ist nicht wahr.
Ich hatte einen Bibelkreis mit reformatorischen Gläubigen. Ein Ehepaar das aus einer Kirche kommt wo die Predigt calvinistisch geprägt ist, sagte es so: „Was bei uns geschieht, ist dass man die Auserwählung vor die Bekehrung stellt.“ Auserwählung ist eine Wahrheit für Gläubige, nicht für Ungläubige. Erst kommt der Ruf Gottes zu einem Menschen, dass er sich bekehren muss, denn das ist absolut notwendig. Wenn man aber sagt, dass der Mensch völlig verdorben ist, dann sagt man: „Ich kann das nicht.“ Unsere Kinder gingen in diese Schulen und ich bin nur einmal auf eine Weihnachtsfeier gegangen von dieser Schule. Dort wurde gesagt: „Ja, Gott will euch rufen, Gott will euch retten, Jesus Christus ist gekommen euch zu retten und betet viel dafür, dass Er auch euch rettet, betet viel dafür, dass ihr auch ein reines Herz bekommt.
Aber nirgends lesen wir in der Schrift, dass wir viel dafür beten müssen, dass Gott uns rettet. Wenn Gott sagt dass der Mensch sich bekehren muss, dann ist das ein Auftrag. Der Mensch muss sich bekehren, einfach weil Gott den Befehl dazu gibt. Das ist glaubensgehorsam. Die calvinistische Lehre dagegen lehrt das die totale Verderbtheit des Menschen es unmöglich macht dass er das Evangelium glaubt.
Hier haben wir, was ich am Anfang gelesen habe, die zwei Seiten: einerseits Gottes Ratschluss und andererseits die Verantwortung des Menschen. Die Verantwortung des Menschen kommt an erster Stelle. Die Auserwählung hat mit Gottes Vorsatz von vor aller Zeiten zu tun. Aber in unserem Leben spricht Gott uns zunächst auf unsere Verantwortung an.
Wir sind alle Sünder geworden und wir müssen uns bekehren. Das ist ein Befehl Gottes: Gott befiehlt „allen Menschen, dass sie alle überall Buße tun sollen“ (Apg 17,30). Als der Kerkermeister in Apostelgeschichte 16 fragte, was er tun sollte, um errettet zu werden, sagten sie nicht: „betet sehr lange“, sondern: „Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden, du und dein Haus“ (Apg 16,30.31) Das ist das Evangelium, das ist der Auftrag. Nicht: „Ach du bist so verdorben, es ist unmöglich, dass du das kannst, du kannst nichts tun, um errettet zu werden“, sondern: „Glaube an den Herrn Jesus!“ Das müssen wir jedem Menschen verkündigen.
Die Tatsache der völligen Verderbtheit des Menschen bedeutet, wenn man es wirklich so sieht wie der Calvinismus, dass der Mensch keine Verantwortung mehr trägt. Es gibt zwar die völligen Verderbtheit, aber es gibt auch die Verantwortung des Menschen.
Bedingungslose Auserwählung
Der zweite Punkt, die Unconditional Election, die bedingungslose Erwählung, bedeutet im Calvinismus, dass ein Mensch nichts daran tun kann, ob er ja oder nein auserwählt ist. An sich ist das auch so. Auserwählung ist eine Sache die Gott sich vorgenommen hat. Es geht um die Vorsatz Gottes Menschen, dass Er Menschen zum ewigen Leben auserwählt. Wir haben das gelesen: „Es glaubten, so viele zum ewigen Leben bestimmt waren“ (Apg 13,48). Gott hat das bestimmt. Gott ist der allwissende Gott. Gott ist Ewig. Gott hat gewusst, wer an seinem Sohn glauben würde, und hat sie auch bewusst auserwählt (Röm 8,29; Eph 1,4).
Wenn wir sagen können, wir sind Kinder Gottes, dann wissen wir das ist weil Gott uns auserwählt hat. Aber heißt das automatisch, dass alle andere Menschen auserwählt sind um in die Hölle zu gehen? Diese Argumentation ist menschliche Logik. Es gibt eine Auserwählung zum ewigen Leben, aber nirgendwo in Gottes Wort steht, dass Menschen von Gott bestimmt sind, in die Hölle zu kommen.
Eine kurze Geschichte zur Illustration: Ein Mädchen von der Schule, wo unsere Kinder zur Schule gingen, verunglückte tödlich. Die Schule ist ganz in der Nähe unseres Hauses. In der Mittagspause standen oft mehrere junge Leute neben unserem Garten. Ich bin dann zu ihnen gegangen, um mit dieser Gruppe junger Leute über diesem Unfall zu sprechen und um ihnen das Evangelium zu erzählen. Ich sagte, dass es doch schrecklich ist, was passiert ist. Und, sagte ich, es kann auch euch passieren und wo werdet ihr dann sein? Ach, sagten sie, das ist uns egal, denn Gott hat es bestimmt. Wenn ich auserwählt bin, komme ich im Himmel, wenn nicht, komme ich da nicht hin. Es führt zu totaler Gleichgültigkeit, wenn man meint, es gibt eine bedingungslose Auserwählung, in der Gott alles bestimmt hat.
Die Lehre, dass Gott alles bestimm hat, kann so weit gehen, dass Gott sogar zum Urheber der Sünde gemacht wird. Denn, wenn alles von Gott bestimmt ist, dann ist auch die Sünde von Ihm bestimmt. Er ist über allem, Er hat alles verordnet, auch die Sünde, so ist dann die Argumentation. Aber von Gott heißt es, dass Er Licht ist und dass in Ihm gar keine Finsternis ist (1Joh 1,5). Er kann nicht sündigen, und in Ihm ist die Sünde nicht (Jak 1,13; 1Joh 3,5; Joh 14,30).
Die Verantwortlichkeit des Menschen
Dass Gott Menschen geschaffen hat nach seinem Bild, bedeutet, dass Er ihnen die Möglichkeit und Verantwortung gegeben hat zu wählen. Schon im Paradies war das so. Als die Erprobung kam, hat der Mensch gezeigt, dass er in seine Verantwortung versagte. Wenn wir das Evangelium verkünden, gibt es immer Menschen die sagen: Wenn Gott allmächtig ist, warum hat Er es dann nicht vorgebeugt? Warum hat Er es zugelassen?
Die Antwort ist, dass Er den Menschen nicht als eine Marionette geschaffen hat. Der Mensch ist völlig verantwortlich für seine Wahl. Der Mensch hat die falsche Wahl getroffen. Es war seine persönliche Entscheidung. Daher kann er nicht zu Gott sagen: „Du hast mich so gemacht, dass ich das wohl tun musste; es war deine Entscheidung.“ Die Idee dahinter ist, die eigene Verantwortung abzuschieben und zu leugnen, dass es nicht Gottes Schuld ist, dass der Mensch die falsche Entscheidung getroffen hat.
Mir muss klar werden, dass meine Sünden ganz allein meine Schuld sind, dass ich zu 100% für sie verantwortlich bin. Ich habe gesündigt. Ich kann nicht sagen: „Gott, du hättest es verhindern können und hast es nicht getan.“ Eine solche Antwort zeigt die Rebellion gegen Gott. Wir können Gott nicht zur Verantwortung ziehen, wie geschrieben steht: „Wer bist du denn, o Mensch, der du das Wort nimmst gegen Gott? Wird etwa das Geformte zu dem, der es geformt hat, sagen: Warum hast du mich so gemacht?“ (Röm 9,20). Wir müssen Gott und seinem Wort glauben, gerade wenn wir Ihn nicht verstehen können, denn Er ist Gott. Wir glauben Gott, wir vertrauen Ihn, dass er völlig gerecht ist, aber auch voller Liebe ist. Das hat Er bewiesen, indem Er seinen Sohn gab.
Die Erwählung ist ein Familiengeheimnis
Auserwählung ist nicht eine Auserwählung entweder zum ewigen Leben oder zum ewigen Tod. Wenn es keiner Sündenfall gegeben hätte, dann hätte es dennoch eine Auserwählung geben. Es ist nicht eine Auserwählung einerseits zum ewigen Leben und andererseits zum Tod. Es ist eine Auserwählung für den Himmel. Gott hat den Menschen die Erde gegeben (Ps 115,16). Wenn der Mensch nicht gesündigt hätte, dann bleibt es so, dass Gott aus den Menschen eine Gruppe Menschen auserwählt hat um bei Ihm im Vaterhaus zu sein.
Wir wissen vom Volk Israel, dass Gott dieses Volk aus allen Nationen auserwählt hat. Das hat nichts mit Sünden zu tun. Das hat mit einer Position zu tun die dieses Volk bekommen hat um sein eigenes Volk zu sein. Das bedeutet nicht, dass Er alle andere Völker verworfen hat. Wir müssen nicht mit unseren Logik weiterdenken und dann meinen wir können Gott nachrechnen. Und wenn Gott nicht so ist, wie wir uns Ihn vorstellen, dann machen wir Gott Vorwürfe. Das ist schlimm. Es gibt eine Auserwählung, sogar auch eine bedingungslose Auserwählung. Aber wir wissen dass erst wenn wir auserwählt sind.
Wir können uns das folgendermaßen vorstellen. Wir gehen eine Straße entlang. In dieser Straße steht ein Haus, dessen Tür offen ist. Über der Tür hängt ein Schild, auf dem geschrieben steht: Jeder darf hineinkommen, wer hineinkommt, bekommt etwas Wertvolles. Das ist ein Angebot für jeden, der es liest, niemand ist davon ausgenommen. Viele Menschen gehen an der Tür mit dieser Einladung vorbei. Es gibt einige die durch die Tür eingehen. Wenn sie dann zurückblicken, sehen sie ein Schild über der Tür, auf dem geschrieben steht: Auserwählt.
Dieses Beispiel macht deutlich, dass die Auserwählung eine Wahrheit für die Menschen ist, die das Haus durch die Tür betreten haben. Die Auserwählung ist eine Wahrheit für die Familie Gottes, sie ist sozusagen ein Familiengeheimnis, das kein Außenstehender kennt oder versteht. Erst wenn er zur Familie der Kinder Gottes gehört, beginnt er es zu verstehen. Das habe ich eingangs über die Schwester gesagt, die sagte, dass man in der calvinistischen Lehre die Auserwählung vor die Bekehrung stellt. Das ist eine Umkehrung der Dinge, die zu einem falschen Schriftverständnis führt.
Begrenzte Sühnung
Der dritte Punkt geht über die Begrenzte Sühnung. Wenn wir mittlerweile etwas von diesem Denken verstehen, können wir verstehen, dass man sagt, das Christus nur für die Auserwählten gestorben ist, also dass die Sühne sich begrenzt auf die Auserwählten.
Das liegt daran, dass zwei Dinge nicht unterschieden werden, nämlich das stellvertretende Sühnopfer, das Christus für alle Gläubigen gebracht hat, und das Angebot des Sühnopfers, das auf dem Werk Christi beruht, an alle Menschen. Christus starb anstelle aller, die an Ihn glauben. Er trug die Sünden aller, die ihre Sünden bekennen. Er hat nicht die Sünden aller Menschen getragen. Letzteres ist eine unbiblische Lehre, die als allgemeine Sühne bezeichnet wird. Wir sollten die allgemeine Sühne nicht mit Allversöhnung verwechseln. Allversöhnung ist die Irrlehre, die behauptet, dass eines Tages sogar der Teufel und alle, die ihm gefolgt sind, versöhnt werden, dass allen vergeben wird und alle bei Gott sein werden. Die allgemeine Sühne ist etwas anderes. Diese Lehre besagt, dass Christus zwar die Sünden aller Menschen getragen hat, aber dass nur diejenigen, die das glauben, gerettet sind. Wer dies ablehnt, kommt wegen seines Unglaubens in die Hölle, weil er nicht geglaubt hat, dass Christus für seine Sünden gestorben ist.
Die Konsequenz dieser Lehre ist, dass Gott die Sünden zweimal richtet. Einmal hat Er das getan, als Jesus Christus, nach dieser Lehre, die Strafe für die Sünden aller Menschen trug. Das zweite Mal tut Gott dies, wenn Er, nach dieser Lehre, die Sünden derjenigen, die nicht daran glauben, erneut gestraft, denn sie werden in der Hölle das ewige Gericht erhalten. Es gibt auch eine Ungereimtheit in dieser Lehre. Wenn Christus, nach dieser Lehre, die Sünden aller Menschen getragen hat, scheint es doch noch eine Ausnahme zu geben, nämlich die Sünde des Unglaubens. Diese Sünde hat Jesus Christus anscheinend nicht getragen, denn diese eine Sünde, der Unglaube, ist der Grund, warum sie in der Hölle landen.
Jesus Christus ist gestorben, anstelle von denjenigen, die glauben. Für sie hat Er stellvertretend das Gericht Gottes getragen. Das heißt aber nicht, dass wir das Evangelium nicht verkünden sollten. Es gibt niemanden, der mehr von diesem stellvertretenden Opfer überzeugt war als Paulus. Und es gibt auch niemanden, der wie Paulus das Evangelium allen Menschen verkündet hat. Wir wissen nicht, wen Gott auserwählt hat; er allein weiß es. Doch dieser Punkt der calvinistischen Lehre bedeutet, dass wir das Evangelium nur denen verkünden können, die auserwählt worden sind.
Jesus Christus ist gestorben und, es ist wichtig das zu bedenken, Er ist zur Sünde gemacht (2Kor 5,21), und Er hat unsere Sünden [die Sünden aller die glauben] getragen an seinem Leib auf dem Holz (1Pet 2,23). Er hat für die Sünden aller Gläubigen gebüßt; Er hat sie wirklich getragen. Das gibt denen, die glauben, das volle Vertrauen in Gott, dass er ihnen ihre Sünden vergeben hat. Aber, wie bereits erwähnt, wurde der Herr Jesus auch zur Sünde gemacht, sozusagen zur Quelle allen Bösen. Deshalb kann und darf das Angebot allen Menschen getan werden, ja es muss sogar getan werden. Wir dürfen niemandem das Evangelium vorenthalten. Es ist wichtig, diese beiden Seiten klar zu sehen und zu unterscheiden: Stellvertretung und Angebot. Beide ergeben sich aus seinem Werk am Kreuz.
Ich habe mich ausführlich auseinandergesetzt mit jemandem der die allgemeine Sühne lehrt. Er sagte das Christus für alle Menschen bezahlt hat. Wenn jemand das nicht akzeptiert, dann geht er verloren. Wie gesagt, bedeutet das, dass Gott Sünden zweimal straft, aber es bedeutet auch dass Jesus Christus etwas getan hat, das vor Gott nicht gültig ist. Das ist das Schlimme dieser Lehre. Dann machen wir Jesus Christus zu einer der etwas getan hat, was Gott nicht angenommen hat. Es geht nicht um eine Theologie, es geht um das Werk des Herrn Jesus, das für Gott von größter Wichtigkeit ist und das Er in höchstem Maß zu schätzen weiß.
Der Herr Jesus, das Friedensopfer
In 1. Johannes 2 lesen wir: „Und er ist die Sühnung für unsere Sünden nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die ganze Welt.“ (1Joh 2,1) Es gibt Übersetzungen, die übersetzen: „sondern auch für die der ganzen Welt“. Auf diese Weise übersetzt, bedeutet der Vers, dass Er das Sühneopfer „für die Sünden der ganzen Welt“ ist. Aber es heißt: „auch für die ganze Welt“; es heißt nicht „für die der ganzen Welt“ oder „für die Sünden der ganzen Welt“. Der Herr Jesus ist nicht für die Sünden aller Menschen in der ganzen Welt gestorben. Er starb für die ganze Welt, was etwas ganz anderes ist. Er ist das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt (Joh 1,29). Das bedeutet, dass Er eines Tages alles, alles was an die Sünde erinnert, von der ganzen Schöpfung wegnehmen wird.
Diese Wahrheit wird auf eindrucksvolle Weise in Kolosser 1 betont. Dort lesen wir: „Denn es war das Wohlgefallen der ganzen Fülle, in ihm zu wohnen und durch ihn alle [Dinge] [lese gut: alle Dinge] mit sich zu versöhnen – indem er Frieden gemacht hat durch das Blut seines Kreuzes –, durch ihn es seien die [Dinge] auf der Erde oder die [Dinge] in den Himmel“ (Kol 1,19.20). Und dann kommt der Unterschied im nächsten Vers: „Und euch, die ihr einst entfremdet und Feinde wart nach der Gesinnung in den bösen Werken, hat er aber nun versöhnt“ (Kol 1,21.22a). Er wird einmal alle Dinge – der Begriff „alle [Dinge]“ ist sächlich, nicht weiblich; es sind Dinge gemeint, nicht Personen, sondern alle Dinge die Er erschaffen hat, die ganze Schöpfung – einmal wieder mit Gott versöhnen, wenn die Sünde aus die Schöpfung weggenommen worden ist. Die Sünde ruht auf diese Schöpfung und um die Sünde von und aus der Schöpfung zu entfernen, musste der Herr Jesus sterben.
Ich habe einmal das folgende Beispiel gehört: Wenn hier in diesem Raum jemand mit einer Waffe hineinkäme und uns alle erschießen würde, dann hätte hier in diesem Raum eine Tragödie stattgefunden. Wenn den nächsten Tag hier Personen hinein kämen, dann kann er das nicht tun, ohne tief zu empfinden: hier ist etwas Schreckliches passiert. Es ist ein Ort des Schreckens geworden. So ist diese Welt für Gott. Für Gott ist diese Welt eine Welt, wo die Sünde herrscht und wo sein Sohn ermordet wurde. Deshalb muss auch diese Welt versöhnt werden. Aber in der Welt, auf der noch der Fluch der Sünde liegt, gibt es diejenigen, die bereits versöhnt sind. Das sind diejenigen, die ihre Sünden bekannt haben, die zu Gott gesagt haben: „O, Gott, ich bin ein Sünder, vergib mir meine Sünden.“ Wir müssen diesen Unterschied zwischen der (zukünftigen) Versöhnung aller Dinge und der (gegenwärtigen) Versöhnung von Menschen, die ihre Sünden bekannt haben, gut sehen und festhalten.
Es gibt noch zwei Stellen die in diesem Zusammenhang hilfreich sind. [Ich habe sie bereits im Abschnitt über die Erlösung durch den Herrn kurz erwähnt, gehe jetzt aber noch etwas ausführlicher darauf ein.] In Matthäus 20 lesen wir: „So wie der Sohn des Menschen nicht gekommen ist, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele“ (Mt 20,28). Das Wort „für“ bedeutet „anstelle von viele“. In 1. Timotheus 2 lesen wir: „Denn Gott ist einer, und einer ist Mittler zwischen Gott und Menschen, [der] Mensch Christus Jesus, der sich selbst gab als Lösegeld für alle“ (1Tim 2,5-6a). Das Wort „für“ bedeutet hier, das es zum Nutzen aller Menschen ist, das es alle Menschen angeboten wird, dass es ausreicht für alle, dass alle es annehmen dürfen.
Hier sehen wir erneut dieser Unterschied zwischen Angebot an alle Menschen und Stellvertretung derer die es angenommen haben. Im Griechischen sieht man das auch. Ich kann kein Griechisch, aber was ich darüber von Kenner des Grundtextes gelesen habe, hat mir geholfen den Unterschied dieser zwei Wörter zu sehen. Das Wort „für“ in Matthäus 20,28 ist „anti“ mit der Bedeutung „anstelle von“ und in 1. Timotheus 2,6 ist das „huper“ und geht es um das Angebot „für alle“. Der Unterschied ist also „anstelle von vielen“ und „für alle“.
Christus, der Eigentümer
Auch in 2. Petrus 2 steht so eine Stelle die angeführt wird von diesen Unterstützer dieser Lehre: „Es waren aber auch falsche Propheten unter dem Volk, wie auch unter euch falsche Lehrer sein werden, die Verderben bringende Sekten nebeneinführen werden und den Gebieter verleugnen, der sie erkauft hat, und sich selbst schnelles Verderben zuziehen.“ (2Pet 2,1) Hier lesen wir, dass der Herr Jesus auch die falschen Lehrer gekauft hat. Aber hier steht nicht, dass Er sie erlöst hat. Es bedeutet, dass das Werk des Herrn Jesus so groß ist, dass Er auf Grund dieses Werkes Eigentümer aller Menschen und aller Welten geworden ist. Er ist der Eigentümer, Er „ist aller Herr“ (Apg 10,36). Das können wir auch lesen in Matthäus 13, in den Gleichnissen, wo Er den Acker gekauft hat, um einen Schatz zu besitzen (Mt 13,44). Er ist Eigentümer der ganzen Welt. Der Acker ist die Welt, sagt der Herr später (Mt 13,38). Weil Er als Menschensohn der Eigentümer ist, hat Er das Recht erhalten, zu richten (Joh 5,27).
Ein Mensch geht nicht darum verloren, weil er nicht geglaubt hat, sondern weil er böse Taten getan hat und die nicht bekannt hat, und das auch nicht wollte. Der Herr Jesus hat zu Jerusalem gesagt, wie gerne Er sie zu sich genommen hätte, aber Er musste zu ihnen sagen: „Und ihr habt nicht gewollt!“ (Mt 23,37). Auch wenn in Offenbarung 20 die Bücher in der alle Werke der Ungläubigen geschrieben stehen, geöffnet werden, dann lesen wir, dass ein jeder nach seinen Werken gerichtet wird (Off 20,12). Welche Werke werden das sein müssen, wenn Jesus Christus die Strafe darüber schon empfangen hatte und gebüßt hatte? Hier wird klar, dass die allgemeine Sühne nicht wahr ist. Jesus Christus wird alle richten, weil Er der Eigentümer des Universums geworden ist, indem Er den erforderlichen Kaufpreis dafür bezahlt hat. Er hat alles, was Er erschaffen hat, zurückgekauft für Gott. Und Er hat aus den Nationen alle, die durch Bekehrung und das neue Leben mit Gott in einer lebendigen Beziehung stehen, erlöst. Das ist das Großartige des Werkes des Herrn Jesus.
Unwiderstehliche Gnade
Es hängt alles miteinander zusammen, auch der vierte Punkt, die unwiderstehliche Gnade. Wer nach dieser Lehre auserwählt ist, kann diesen Ruf der Gnade nicht widerstehen. Aber der Herr Jesus sagte, wie ich das schon erwähnte, ihr habt nicht gewollt. Auch Stephanus sagt das klar in Apostelgeschichte 7: „[Ihr] Halsstarrigen und Unbeschnittenen an Herz und Ohren! Ihr widerstreitet allezeit dem Heiligen Geist“ (Apg 7,51; vgl. Apg 18,5.6). Man kann sehr wohl den Ruf der Gnade ignorieren, daran vorbei gehen, ihn sogar widerstehen. Das ist gerade die menschliche Verantwortlichkeit. Deshalb geht ein Mensch verloren, nicht, weil Gott ihn nicht auserwählt hat, sondern weil er nicht will. Diese zwei Seiten müssen wir immer beachten und stehen lassen. Wir können das nicht miteinander in Übereinstimmung bringen. Wir können nur die Bibel öffnen und wir können feststellen, wie Gott es sagt.
Wir wissen nur teilweise
In 1. Korinther 13 lesen wir, dass unser Wissen nur teilweise ist, das heißt, wir betrachten eine Seite oder einen Aspekt und dann eine andere Seite oder einen anderen Aspekt. Wir können nicht alles in seiner Gesamtheit betrachten und das Ganze auf einen Blick erfassen (1Kor 13,9a). Das hat auch mit der Tatsache zu tun, dass der Herr Jesus Gott und gleichzeitig Mensch ist. Das können wir nicht begreifen. Wir können nicht verstehen, dass Er, der Gott ist, müde war. Und doch war Er es, denn Er war wirklich ein Mensch auf der Erde. Er war müde im Schiff und schlief ein (Mk 4,38). Als die Jünger befürchteten, dass sie im Wasser untergehen würden, weckten sie Ihn auf. Da stand der Herr Jesus auf und strafte die Wellen (Mk 4,39). Er war Gott und sprach mit Vollmacht. Das können wir nicht verstehen. So ist es auch mit der Verantwortung des Menschen auf der einen Seite und dem Rat Gottes auf der anderen.
Das Ausharren der Heiligen
Dann der fünfte Punkt: das Ausharren der Heiligen. Der Beweis für die Erwählung ist das Ausharren, sagt diese Lehre. Aber in Wirklichkeit bedeutet es, dass wir (mit)arbeiten müssen, um gerettet zu werden. Sicherlich geht es darum, zu zeigen, dass wir gläubig sind, indem wir ausharren. Aber das Ausharren ist eine Folge des neuen Lebens, das wir haben. Nur die, die glauben, werden ausharren. Probleme und alle Arten von Schwierigkeiten in unserem Leben werden zeigen, ob wir wirklich gläubig sind. Es kann nicht anders sein. Diejenigen, die glauben, haben das neue Leben und werden deshalb ausharren.
Alle die das Leben nicht haben, von ihnen wird deutlich werden, dass sie abfallen. Es gibt keinen Abfall von Heiligen, von echten Gläubigen. Die Abgefallenen sind nie Heilige gewesen. Der Glaube zeigt sich im Ausharren. Ausharren ist nicht Bedingung um zu glauben, sondern eine Folge des Glaubens, den jemand hat. Dann gibt es Ausharren. Dann können wir straucheln, so wie bei Petrus passiert ist, aber wir werden darüber Busse tun, wie der Herr Jesus selbst über Petrus voraussagt (Lk 22,31.32). Es müssen Früchte des Lebens sichtbar sein, sonst müssen wir sagen: „Du kannst zwar sagen, dass du gläubig bist, aber so wie du lebst, ist davon nichts zu sehen. Wenn du so weiter gehst, landest du mit deinem Glauben, was du meinst zu haben, in der Hölle.“ Das müssen wir auch betonen, und nicht leichtfertig sagen: „Na ja, wenn sie nur glauben, dann ist es doch gut.“ Nein, der Glauben muss gelebt werden.
Wir haben die Gewissheit, durch den Heiligen Geist, dass wir Kinder Gottes sind. Das lesen wir in Römer 8: „Der Geist selbst bezeugt mit unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind“ (Röm 8,16). Auch 1. Johannes 5 lesen wir über diese Gewissheit: „Dies habe ich euch geschrieben, damit ihr wisst, dass ihr ewiges Leben habt“ (1Joh 5,13). Das wird nicht deutlich durch euer Ausharren, sagt Johannes, sondern ich habe das geschrieben damit ihr wisst, dass ihr ewiges Leben habt, „die ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes“. Es geht um glauben, nicht mit dem Kopf, sondern mit dem Herzen, einen Glauben, der ganz auf Jesus Christus und sein Werk am Kreuz vertraut.