1 - 7 Die ersten Jünger in Ephesus
1 Es geschah aber, während Apollos in Korinth war, dass Paulus, nachdem er die oberen Gegenden durchzogen hatte, nach Ephesus hinabkam. Und er fand einige Jünger 2 und sprach zu ihnen: Habt ihr den Heiligen Geist empfangen, nachdem ihr gläubig geworden seid? Sie aber sprachen zu ihm: Wir haben nicht einmal gehört, ob der Heilige Geist da ist. 3 Und er sprach: Worauf seid ihr denn getauft worden? Sie aber sagten: Auf die Taufe des Johannes. 4 Paulus aber sprach: Johannes taufte mit der Taufe der Buße und sagte dem Volk, dass sie an den glauben sollten, der nach ihm käme, das ist an Jesus. 5 Als sie es aber gehört hatten, wurden sie auf den Namen des Herrn Jesus getauft; 6 und als Paulus ihnen die Hände aufgelegt hatte, kam der Heilige Geist auf sie, und sie redeten in Sprachen und weissagten. 7 Es waren aber insgesamt etwa zwölf Männer.
Nach dem Einschub über Apollos setzt Lukas seinen Bericht über die dritte Missionsreise des Paulus fort, die in Kapitel 18,23 angefangen hat. Apollos tut sein Werk in Korinth, unabhängig von Paulus, jedoch in völliger Übereinstimmung mit dessen Belehrungen, die er durch Aquila und Priszilla empfangen hat. Während Apollos in Korinth ist und dort durch die Gnade den Gläubigen eine große Hilfe ist (Apg 18,27), löst Paulus seine Zusage ein und geht nach Ephesus (Apg 18,21). Er erreicht Ephesus durch die „oberen Gegenden“, das heißt durch Galatien und Phrygien Apg 18,23).
Vielleicht weist der Ausdruck „die oberen Gegenden“ schon sinnbildlich auf die himmlischen Örter hin, von denen Paulus im Brief an die Epheser schreibt. Die himmlischen Örter sind der Bereich, wo Christus ist, wo der Christ seine Segnungen besitzt (Eph 1,3) und wo sich der Kampf eines Christen abspielt (Eph 6,12). Letzteres würde sehr gut zu der geistlichen Finsternis passen, in der Ephesus sich befand. Ephesus war für seinen Okkultismus und seine Magie bekannt. Paulus kommt hier zu einer Festung Satans. Im ersten Teil dieses Kapitels ist viel vom Heiligen Geist und von Geistern die Rede und auch von dem Herrn Jesus, dem Sieger über alle bösen Mächte.
Bevor Lukas eingehender davon berichtet, fügt er ein bemerkenswertes Ereignis ein. Paulus findet in Ephesus einige Jünger. Das scheint darauf hinzuweisen, dass er sie bewusst gesucht hat. Als er mit ihnen spricht, wird ihm klar, dass sie zwar Gläubige sind, jedoch keine Christen. Vielleicht sind sie Nachfolger des Apollos aus der Zeit, bevor dieser genauer unterwiesen wurde.
Er stellt ihnen einige Fragen, um zu erfahren, wo sie geistlich stehen. Die erste Frage bezieht sich auf den Heiligen Geist. Er fragt sie, ob sie den Heiligen Geist empfangen haben, als sie zum Glauben kamen. Wie Paulus zu dieser Frage kommt, ist nicht klar. Er hat ihnen sicher vom Herrn Jesus erzählt und alles, was mit Ihm geschehen ist. An ihren Reaktionen wird er wohl festgestellt haben, dass ihnen die Innewohnung des Heiligen Geistes fehlte.
Ihre Antwort bestätigt diese Schlussfolgerung. Diese Jünger sind völlig unwissend über die Anwesenheit des Heiligen Geistes auf der Erde. In ihrer Antwort geht es nicht darum, dass sie nicht an den Heiligen Geist glauben. Das taten sie. Sie wussten aus den Schriften, dass Gott seinen Geist ausgießen würde (Jes 44,3; Joel 3,1). Sie glaubten, dass der Heilige Geist immer da gewesen ist, aber sie wussten nicht, dass Er seit dem Pfingsttag auf der Erde Wohnung genommen hat als Folge der Verherrlichung des Herrn Jesus (Joh 7,39).
Da sie den Geist nicht empfangen hatten, waren sie auch keine Christen (Röm 8,9). Sie waren zum Glauben gekommen, jedoch noch nicht mit dem Heiligen Geist versiegelt. Jemand empfängt den Heiligen Geist, wenn er das Evangelium seiner Errettung geglaubt hat (Eph 1,13). Das Evangelium der Errettung beinhaltet, dass jemand glaubt, dass Christus für seine Sünden gestorben ist nach den Schriften und dass Er begraben und auferweckt wurde nach den Schriften (1Kor 15,3.4). Dieses Evangelium der Errettung war diesen Jüngern noch nicht gepredigt worden, daher konnten sie es auch noch nicht glauben. Sie befanden sich im Zustand der alttestamentlich Gläubigen.
Nachdem Paulus nun erfahren hat, dass sie den Heiligen Geist nicht empfangen haben, stellt er eine weitere Frage. Diese Frage bezieht sich auf die Taufe. Er fragt nicht, ob sie getauft sind, sondern worauf sie getauft sind. Die Antwort auf diese Frage zeigt, in welchem geistlichen Stadium sie sich befinden. Sie sind genauso weit, wie Apollos es war, als er nach Ephesus kam (Apg 18,25). Sie haben die Botschaft so gehört, wie Johannes der Täufer sie predigte und haben sich bekehrt. Daran kann Paulus anknüpfen. Nachdem ihm nun klar ist, wo sie in ihrer geistlichen Entwicklung steckengeblieben sind, macht er sie mit dem vollen Evangelium bekannt, denn das fehlte ihnen. Er sagt ihnen, dass „Jesus“ der ist, auf den Johannes der Täufer hinwies, und er kann ihnen mitteilen, dass Er gekommen ist.
Wir sehen hier den großen Unterschied zwischen dem Glauben an den Messias Jesus nach alttestamentlicher Vorstellung und dem Glauben an Ihn als den gekommenen Christus, der jetzt verherrlicht ist. Der Unterschied besteht im vollbrachten Werk auf Golgatha und der Ausgießung des Heiligen Geistes. Diese Jünger sind der Aufforderung des Johannes gefolgt, nämlich an den zu glauben, der nach ihm kam. Das haben sie getan, aber dabei beließen sie es dann auch. Sie haben keine weiteren Mitteilungen über die Verwerfung, den Tod, die Auferstehung und die Himmelfahrt des Messias erhalten und wissen daher auch nicht, dass Er vom Himmel aus den Heiligen Geist gesandt hat.
Als sie von Paulus das volle Evangelium hören, nehmen sie den Herrn Jesus als den gekommenen, gestorbenen, auferstandenen und verherrlichten Christus an. Dann werden sie auf den Namen des Herrn Jesus getauft. Dadurch werden sie einem gestorbenen Christus hinzugefügt. Sie werden also erneut getauft. Dennoch ist das keine „Wiedertaufe“, denn die Taufe, mit der sie jetzt getauft werden, ist eine ganz andere Taufe. Sie werden auf den Namen des Herrn Jesus getauft und so mit dem Herrn Jesus verbunden, den Gott zum Herrn und zum Christus gemacht hat (Apg 2,36). Durch ihre Taufe bringen sie zum Ausdruck, dass sie nicht mehr für sich selbst leben wollen. Sie sind auf seinen Tod getauft und durch das Untertauchen im Wasser symbolisch mit Ihm begraben (Röm 6,3.4). Ab jetzt erkennen sie Ihn als den Herrn ihres Lebens an, wollen Ihm folgen und nach seinem Willen leben.
Nachdem sie getauft sind, legt Paulus ihnen die Hände auf. Er macht sich dadurch mit ihnen eins und erkennt sie so als Mitchristen an. Gott setzt sein Siegel darauf, indem Er ihnen den Heiligen Geist gibt. Der Heilige Geist kommt also nicht durch das Auflegen der Hände des Paulus auf sie, sondern folgt darauf. Bei Petrus und Johannes ist das Auflegen der Hände auch nicht das Mittel, durch das der Heilige Geist kam, sondern der Ausdruck der Einheit zwischen Samaria und Jerusalem (Apg 8,14–17). Dieses Zeichen der Einheit, das durch das Auflegen der Hände zum Ausdruck kommt, wird von Gott durch die Gabe des Heiligen Geistes bestätigt.
Das Geschehen mit den „etwa zwölf Männern“ ist einzigartig und hat sich auch nie wiederholt. Der Grund dafür ist der besondere Zwischenzustand, in dem sich diese kleine Gruppe befand. Hier mussten diese Gläubigen, die noch auf einem alttestamentlichen Boden standen, durch apostolische Autorität zu neutestamentlichen Christen im eigentlichen Sinn gemacht werden. Das Besondere dieses Ereignisses wird unterstrichen durch das Sprachenreden und das Weissagen, wie wir es schon am Pfingsttag in Jerusalem gesehen haben (Apg 2,4.17). Das Zeichen des Sprachenredens bestätigt, dass es um etwas ganz Neues geht, das über das Alte Testament und dem damit verbundenen Glauben hinausgeht. Das ist hier die letzte Erwähnung des Sprachenredens in der Apostelgeschichte.
8 - 10 Die Synagoge und die Schule des Tyrannus
8 Er ging aber in die Synagoge und sprach freimütig drei Monate lang, indem er sich unterredete und sie von den Dingen des Reiches Gottes überzeugte. 9 Als aber einige sich verhärteten und nicht glaubten und vor der Menge schlecht redeten von dem Weg, trennte er sich von ihnen und sonderte die Jünger ab, indem er sich täglich in der Schule des Tyrannus unterredete. 10 Dies aber geschah zwei Jahre lang, so dass alle, die in Asien wohnten, sowohl Juden als auch Griechen, das Wort des Herrn hörten.
Nach seinem Zusammentreffen mit dieser besonderen Gruppe von Jüngern geht Paulus in Ephesus in die Synagoge. Dort spricht er, indem er sich unterredete und die Menschen im Blick auf die Dinge des Reiches Gottes überzeugte. Das Reich Gottes ist anwesend auf der Erde, wenn auch im Verborgenen. Sein Thema war also nicht so sehr die Gemeinde. Er predigt nicht das Evangelium des Reiches. Das predigte Johannes der Täufer (Mt 3,2) und danach der Herr Jesus (Mt 4,23), denn das hat mit der öffentlichen Regierung des Herrn Jesus zu tun. Da der Herr Jesus verworfen ist, ist die öffentliche Form des Reiches Gottes aufgeschoben.
In einem anderen Sinn ist das Reich Gottes jedoch auch heute das Thema der Predigt, nicht als zukünftig, sondern als gegenwärtig. Die Dinge des Reiches Gottes sind nämlich all die Dinge, die mit der Autorität dessen zu tun haben, der über das Reich Gottes regiert, das ist der Herr Jesus. Wenn Er auch nicht sichtbar als König auf der Erde anwesend ist, ist Er dennoch in den Herzen der Gläubigen anwesend und wirksam. Die Belehrungen über das Reich Gottes sind daher auch von größter Bedeutung für uns, denn es geht um die Jüngerschaft all derer, die Ihn als ihren Herrn anerkennen.
Diese Botschaft stößt jedoch bei einigen Juden auf zunehmende Ablehnung, die sich in Verhärtung, Ungehorsam und bösem Reden über „den Weg“ vor der Menge äußert. Der Weg ist die neue Lehre, die neue Glaubensrichtung, die wir als Christentum bezeichnen. Das stößt bei den Juden auf Widerstand, was allerdings nur bewirkt, dass die wahren Jünger dieses Weges von den Juden abgesondert werden. Es entstand ein Bruch mit den Juden.
Paulus verlegt den Ort seiner Unterweisung von der Synagoge in die Schule des Tyrannus. Diese Veränderung ist gleichzeitig ein symbolischer Hinweis auf das Neue, das gebildet wird, nämlich die Gemeinde. Hier sehen wir, wie die Gemeinde eine abgesonderte Gemeinschaft bildet, unabhängig von den Heiden und von den Juden. Es ist eine neue Gemeinschaft, die aus Heiden und Juden besteht, die zusammen die Gemeinde bilden. Das macht die Gemeinde in Ephesus zu einem Prototyp der Gemeinde. Es gibt keinen Brief, in dem Paulus so deutlich darlegt, was die Gemeinde ist, wie im Brief an die Gemeinde in Ephesus. Zugleich ist hier die Rede von „Jüngern“, was darauf hinweist, dass auch die Kennzeichen des Reiches bei ihnen vorhanden sind.
Sowohl die Gemeinde wie auch das Reich gehören zum Machtbereich des Herrn Jesus. Dieser Machtbereich breitet sich aus durch den Unterricht, den Paulus täglich erteilt, nicht mehr in der Synagoge, sondern in der Schule des Tyrannus. „Tyrannus“ ist von „Tyrann“ abgeleitet. Ein Tyrann ist jemand, der ohne jedes Mitleid Macht über andere ausübt. In der Schule, in der Satan als Tyrann seine Macht ausübt, wird jetzt die Macht des Herrn gegenüber der Macht Satans entfaltet.
Paulus hat die Jünger ausführlich in den Grundsätzen des Reiches Gottes geschult. Noch länger als in Korinth hat er in Ephesus gewirkt und gelehrt, und das jeden Tag. Das beweist auch das Interesse der Gemeinde in Ephesus.
Die Jünger haben nicht nur den Unterricht genossen, sondern auch das Wort in Asien verbreitet. Alle die in Asien wohnen, sind mit dem Wort des Herrn erreicht. Alle Menschen haben das Wort über den gehört, der die Autorität über das Reich hat. Die Verbreitung des Wortes wird nicht nur durch Paulus geschehen sein, sondern auch durch die Jünger. Unterweisung führt zu Aktivität. Das Absondern der Jünger in der Schule des Tyrannus bedeutete also nicht Isolation. Paulus unterrichtet abgesondert, doch das Zeugnis verbreitet sich unter allen Juden und Griechen.
11 - 17 Wunderwerke Gottes und teuflische Nachahmung
11 Und außergewöhnliche Wunderwerke tat Gott durch die Hände des Paulus, 12 so dass man sogar Schweißtücher oder Schürzen von seinem Leib weg auf die Kranken legte und die Krankheiten von ihnen wichen und die bösen Geister ausfuhren. 13 Aber auch einige von den umherziehenden jüdischen Beschwörern unternahmen es, über die, die böse Geister hatten, den Namen des Herrn Jesus anzurufen, indem sie sagten: Ich beschwöre euch bei dem Jesus, den Paulus predigt! 14 Es waren aber sieben Söhne eines gewissen jüdischen Hohenpriesters Skeva, die dies taten. 15 Der böse Geist aber antwortete und sprach zu ihnen: Jesus zwar kenne ich, und von Paulus weiß ich; ihr aber, wer seid ihr? 16 Und der Mensch, in dem der böse Geist war, sprang auf sie los und bemächtigte sich beider und überwältigte sie, so dass sie nackt und verwundet aus jenem Haus flohen. 17 Dies aber wurde allen bekannt, sowohl Juden als auch Griechen, die in Ephesus wohnten; und Furcht fiel auf sie alle, und der Name des Herrn Jesus wurde erhoben.
Gott unterstreicht die Predigt und die Belehrungen des Paulus durch außergewöhnliche Wunderwerke, die durch die Hände des Paulus geschehen. Was dort geschieht, sieht aus wie Wunder im Heidentum. Es scheint, als wenn allerlei Gegenstände eine magische Wirkung bekommen. Doch bei dem, was Paulus tut, ist nichts vom Teufel. Gott ist der Ursprung dieser Wunder. Nicht die Schweißtücher und Schürzen des Paulus sorgen für Heilung, nicht die Gegenstände, sondern das Wirken Gottes. Gott zeigt seine Kraft auf eine außergewöhnliche Weise in einem Bereich, wo der Teufel der Herr und Meister zu sein meint. Das ist eine Warnung an seine Adresse und an die Adresse aller, die ihn ehren: Alle Macht gehört Gott.
Gott gebraucht für die Entfaltung seiner Macht die Hände und die Kleidungsstücke des Apostels Paulus. Auch bei Petrus haben wir eine besondere Offenbarung der Kraft Gottes gesehen (Apg 5,15). Das sind die Wunderwerke eines Apostels (2Kor 12,12). Heute haben wir keine Apostel mehr und damit auch nicht die Offenbarung von Kräften und Wundern. Es sind auch keine Dinge, die die Gläubigen zu dieser Zeit alle taten. Außer von den Aposteln lesen wir nur von Philippus und Stephanus, dass sie Wunder und Zeichen getan haben.
Wir lesen zwar, dass andere das auch tun wollten, doch sie wurden als Betrüger entlarvt, als Werkzeuge der Ungerechtigkeit. Wir haben das bei Simon dem Zauberer gesehen (Apg 8,18–24), und wir sehen es hier in der folgenden Begebenheit. Als allgemeine Anmerkung noch dies: Der Herr versetzt uns in die Lage, im Glauben das Werk Gottes zu tun und die Macht Satans zu überwinden. Die Voraussetzungen sind: Gebet, Fasten, Glaube und eine Gesinnung der Vergebung (Mk 9,29; 11,22–25). Die Voraussetzungen, die wir erfüllen müssen, machen zugleich den großen Abstand deutlich, der zwischen uns und dem Herrn Jesus besteht. Für den Herrn Jesus war und ist jede Ausübung von Kraft eine Entfaltung seiner eigenen Majestät.
Die Macht Satans versucht sich dem Werk Gottes anzuschließen und so das Reich Gottes zu untergraben und seine Ausbreitung zu verhindern. Das entspricht dem, was der Wahrsagegeist im Blick auf die Predigt des Paulus in Philippi tun wollte (Apg 16,16), und auch, was die Zauberer in Ägypten taten, die die Wunder Moses nachahmten (2Mo 7,10.11). Hier benutzt Satan jüdische Beschwörer.
Gott hatte in seiner Gnade einigen in seinem Volk die Macht gegeben, Dämonen auszutreiben (Mk 6,7; 9,38; Lk 10,17). Es gab allerdings auch Juden, die sich diese Macht anmaßten wie die Söhne der Pharisäer, das sind die Jünger der Pharisäer (Mt 12,27). Zu dieser Kategorie gehören auch sieben Söhne Skevas, eines jüdischen Hohenpriesters. Dieser Skeva hat seine Söhne nicht in der Furcht des HERRN erzogen, sondern hat sie in die dunklen Praktiken der Macht Satans eingeführt.
Diese sieben zogen aus, um ihre okkulten Künste überall zu verrichten, wo sie nur konnten. Auf ihrer Rundreise kamen sie auch nach Ephesus. Als sie dort den Erfolg bemerken, den Paulus in Verbindung mit dem Gebrauch des Namens „Jesus“ hatte, nahmen sie den Namen Jesu ebenfalls in den Mund und versuchen böse Geister auszutreiben. Sie gebrauchen den Namen „Jesus“ (natürlich ohne „Herr“ davor) als eine Art Zauberformel, wie ein magisches Wort. Doch nur der Glaube an das, was diesen Namen ausmacht, gibt Kraft, und nicht das Wort an sich.
Sie berufen sich auf den „Jesus, den Paulus predigt“, was unmittelbar deutlich macht, dass sie keinerlei Verbindung mit dem Herrn Jesus haben. Sie gebrauchen seinen Namen, ohne persönlich an Ihn zu glauben, nur um deswillen, was der Name bei anderen bewirkt. So sieht leider auch das Glaubensleben vieler Christen aus. Es ist ein gewisses Glaubensbekenntnis vorhanden, doch man lebt nicht danach (vgl. 2Tim 3,5).
Dass der böse Geist von diesen Leuten nicht beeindruckt ist, das zeigt sich an seiner Antwort und der anschließenden Tat. Er kennt Jesus, und von Paulus weiß er auch. Es ist ein Kennen und Wissen, ohne dass es irgendeine innere Verbindung gibt. Der Teufel hat Glauben (Jak 2,19) und Kenntnis, weil er weiß, dass er es mit einer göttlichen Personen zu tun hat, die er nicht leugnen kann, aber er unterwirft sich Ihr nicht. Denen gegenüber, die sich in seiner Macht befinden, offenbart er eine tiefe Missachtung, so wie er einen tiefverwurzelten Hass gegenüber dem Herrn Jesus und gegenüber denen hat, die Ihm treu nachfolgen. Wir sehen hier die Missachtung Satans gegenüber seinen Sklaven, die er als unfähige Helfer wegjagt, wobei er sie geistig demütigt und körperlich verletzt.
Was eine List Satans war, führt letztlich dazu, dass auf alle, die in Ephesus wohnen, Furcht fällt, sowohl auf Juden als auch auf Griechen, und dass der Name des Herrn Jesus erhoben wird. Das heißt nicht, dass sie alle auch zum Glauben kamen, doch Lukas erwähnt das Zeugnis, das von diesem Ereignis ausgeht. So wird das Streben Satans, Gottes Werk zu durchkreuzen, von Gott benutzt, um das Zeugnis des Evangeliums umso deutlicher hervortreten zu lassen.
18 - 20 Die Wirkung des Wortes des Herrn
18 Und viele von denen, die gläubig geworden waren, kamen und bekannten und verkündeten ihre Taten. 19 Viele aber von denen, die Zauberei getrieben hatten, trugen die Bücher zusammen und verbrannten sie vor allen; und sie berechneten deren Wert und kamen auf fünfzigtausend Stück Silber. 20 So wuchs das Wort des Herrn mit Macht und nahm überhand.
Das Zeugnis bewirkt jedoch bei vielen, dass sie zum Glauben kommen. In allen, die glauben, wird Satans Macht gebrochen und sein Betätigungsfeld eingenommen. In dieser dämonischen Stadt ist es zu einem Durchbruch gekommen. Die Bekehrung zu Gott und der Glaube an den Herrn Jesus sind echt. Das sehen wir, wenn sie kommen und ihre Taten bekennen und bekanntmachen.
Wer zur Bekehrung und zum Glauben gekommen ist, hat nichts mehr zurückzubehalten. Jeder Dünkel und alles, was sie gefangen hielt, wird als Sünde bekannt. Unter denen, die zum Glauben gekommen sind, gibt es viele, die Zauberkünste getrieben hatten. Sie hatten sich diese okkulten Praktiken durch Bücher angeeignet. Diese Bücher tragen sie zusammen und verbrennen sie. Auf diese Weise kann niemand anders mehr dadurch zu Schaden kommen.
Erst nachdem die Bücher verbrannt sind, berechnen sie ihren Wert. Wenn sie den Wert vorher berechnet hätten, hätten sie es sich vielleicht doch noch überlegt. Es ging nämlich ein ganzes Vermögen in Rauch auf. Ein Silberstück ist wahrscheinlich mit einer Drachme oder einem Denar vergleichbar, was einem Tageslohn entspricht. Ein Denar war in dieser Zeit der Lohn eines Tagelöhners (Mt 20,2). Zurzeit beträgt der Mindestlohn für einen Arbeiter von 23 Jahren und darüber pro Tag ca. 70 € brutto. Das entspricht ca. 50 € netto. Der Einfachheit halber gehen wir von 50 € aus. Der Sachwert der verbrannten Bücher würde heute etwa 2,5 Millionen € betragen. Glücklicherweise gibt es auch heute Gläubige, die die Echtheit ihrer Bekehrung zeigen, indem sie dämonische Musik oder Filme verbrennen oder vernichten, die vor ihrer Bekehrung ihr Leben bestimmten.
Durch das Wegtun von Verkehrtem entsteht Raum für das Wort, hier wieder „das Wort des Herrn“ genannt. In Vers 20 beschreibt Lukas wieder das allgemeine Wirken des Herrn, wie wir das schon einige Male gefunden haben (Apg 6,7; 12,24; 16,5).
21 - 22 Jerusalem und Rom
21 Als dies aber erfüllt war, nahm sich Paulus in seinem Geist vor, nachdem er Mazedonien und Achaja durchzogen habe, nach Jerusalem zu reisen, und sprach: Nachdem ich dort gewesen bin, muss ich auch Rom sehen. 22 Er sandte aber zwei von denen, die ihm dienten, Timotheus und Erastus, nach Mazedonien, und er selbst verweilte eine Zeit lang in Asien.
Nun kommt die Zeit, wo Paulus von Ephesus Abschied nimmt. Er hat einen anderen Plan. Jerusalem beschäftigt ihn, wo er gern am Pfingstfest teilnehmen will (Apg 20,16). Er denkt sogar noch weiter. Er will, nachdem er in Jerusalem gewesen ist, auch nach Rom. Dorthin wird er auch kommen, jedoch anders als er denkt, nämlich als Gefangener. Hier beginnt seine Reise dorthin, und am Ende der Apostelgeschichte ist er dort als Gefangener. Jerusalem und Rom sind die beiden Orte, zwischen denen sich dieses Buch nun abspielt. Er sehnt sich danach, das Wort in das Herz der Heidenwelt zu bringen, wie er es bereits in das Herz der religiösen Welt gebracht hatte.
Er will nach Jerusalem wegen der brennenden Liebe zu seinem Volk. Zwei von denen, die ihm dienten, schickt er schon einmal voraus, während er selbst noch eine Zeit lang in Asien bleibt. Von den beiden, die er vorausschickt, kennen wir Timotheus. Der andere, Erastus, ist uns unbekannt. Erastus wird, ebenso wie Timotheus, von dem Apostel unterwiesen worden sein. Gemeinsam gehen sie nach Mazedonien, wahrscheinlich nach Korinth, wo sie als seine Repräsentanten, die von dem Apostel empfangene Unterweisung weitergeben konnten. Vielleicht haben sie den ersten Brief mitgenommen, den Paulus den Korinthern in dieser Zeit geschrieben hat.
23 - 32 Demetrius entfesselt einen Aufruhr
23 Um jene Zeit aber entstand ein nicht geringer Aufruhr bezüglich des Weges. 24 Denn ein gewisser Silberschmied, mit Namen Demetrius, der silberne Tempel der Artemis machte, verschaffte den Künstlern einen nicht geringen Erwerb; 25 und nachdem er diese samt den damit beschäftigten Arbeitern versammelt hatte, sprach er: Männer, ihr wisst, dass aus diesem Erwerb unser Wohlstand ist; 26 und ihr seht und hört, dass dieser Paulus nicht allein von Ephesus, sondern beinahe von ganz Asien eine große Volksmenge überredet und umgestimmt hat, indem er sagt, dass das keine Götter seien, die mit Händen gemacht werden. 27 Nicht allein aber besteht für uns Gefahr, dass dieses Geschäft in Verruf kommt, sondern auch, dass der Tempel der großen Göttin Artemis für nichts geachtet und auch ihre herrliche Größe, die ganz Asien und der Erdkreis verehrt, vernichtet wird. 28 Als sie aber das hörten und von Wut erfüllt wurden, schrien sie und sagten: Groß ist die Artemis der Epheser! 29 Und die Stadt geriet in Verwirrung; und sie stürmten einmütig zum Theater und rissen die Mazedonier Gajus und Aristarchus, die Reisegefährten des Paulus, mit fort. 30 Als aber Paulus unter das Volk gehen wollte, ließen die Jünger es ihm nicht zu. 31 Aber auch einige der Asiarchen, die seine Freunde waren, sandten zu ihm und baten ihn, sich nicht zum Theater zu begeben. 32 Die einen nun schrien dieses, die anderen jenes; denn die Versammlung war in Verwirrung, und die meisten wussten nicht, weshalb sie zusammengekommen waren.
Während Paulus Vorbereitungen für seine Reise nach Mazedonien trifft, entsteht ein großer Aufruhr in Ephesus. So wie in Philippi kommt dieser Aufruhr nicht aus jüdischer, sondern aus heidnischer Quelle. Lukas beschreibt ausführlich und lebendig seinen Verlauf. Vielleicht tut er das, um zu zeigen, dass es neben einem inneren Drang, nach Jerusalem zu gehen, auch einen äußeren Anlass gab, Ephesus zu verlassen. Der Aufruhr entsteht über „den Weg“. Mit dem Weg wird hier der christliche Glaube bezeichnet, der von denen verbreitet wird, die zum Glauben an den Herrn Jesus gekommen sind. Diese Verbreitung des Glaubens geschieht nicht so sehr durch Worte, sondern vielmehr durch Taten, durch einen Wandel auf dem Weg des Glaubens.
Das Leben vieler in Ephesus hat sich dadurch, dass sie dem Herrn Jesus konsequent nachfolgen, völlig verändert. Das spürte Demetrius an seinem Portemonnaie. Durch die vielen Bekehrungen lief sein Geschäft nicht mehr so gut. Die Nachfrage nach seinen silbernen Tempelchen nahm rapide ab. Das machte seinen tief verwurzelten Hass gegen das Evangelium offenbar. Das ganze System, das ihm Wohlstand brachte, kam ins Wanken und damit auch das Ansehen, den sein Handel ihm verschaffte.
Die Tempel, die er machte, waren der Artemis, der Göttin der Jagd, geweiht. Diese Muttergöttin ist der große Gegensatz zu dem Gott der Bibel, der der Vater ist. Wir sehen hier den großen Kontrast zwischen dem Weg, d. h. dem christlichen Glauben, und dem Heidentum. Hinter den Götzen verbergen sich dämonische Mächte. Hinter dem Götzendienst verbirgt sich auch der Gott des Mammons. Bei Demetrius gehören Geld und Götzendienst zusammen.
Als er seinen Gewinn einbrechen sieht, spricht er vom wirtschaftlichen Rückgang als einer Sache, die jeden im eigenen Betrieb und bei den Zulieferbetrieben betrifft. Menschen der Welt kann man nicht härter treffen, als wenn man ihnen den Wohlstand und den damit verbundenen Luxus wegnimmt. Wenn das geschieht, gibt es ein Aufbegehren. Demetrius macht Paulus als den Schuldigen aus, weil dieser sich erkühnt hatte, zu behaupten, dass ihre Götter keine Götter seien.
Die Tempelchen sind also nicht lediglich Souvenirs, sondern Gegenstände mit religiöser Bedeutung. Damit rechnete die Botschaft von Paulus ab. Ohne sich dessen bewusst zu sein, erkennt Demetrius in seiner Anklage die Kraft des Evangeliums an. Viele müssen wohl das Evangelium angenommen haben, denn Demetrius kann sagen, dass dieses Geschäft bedroht wird (obwohl er das sicher übertrieben hat), weil seine Tempel nicht mehr solch reißenden Absatz finden.
Dann bringt er geschickt die abnehmende Verehrung der „großen Göttin Artemis“ ins Spiel. Damit verlagert er den Angriff vom wirtschaftlichen auf den religiösen Bereich. Es gibt nichts, worin ein Mensch fanatischer ist, als in seiner Religion. Wenn man ihn hier angreift, ist er empört und für Argumente nicht mehr zugänglich. Das zeigt sich unmittelbar nach seinen Ausführungen. Alle werden wütend und schreien unbändig. Sie erklären ihre Solidarität mit der Artemis der Epheser. Die ganze Stadt gerät in Verwirrung.
Doch die Verwirrung ist nicht so groß, dass ihre Wut nicht einen Ausweg suchen würde: Sie wollen die aufspüren, die ihre große Artemis beleidigt haben. Es scheint, als können sie Paulus nicht finden. Deshalb schleppen sie zwei der Reisegefährten des Paulus mit zum Theater, das gewohnheitsgemäß auch für Volksversammlungen genutzt wurde.
Paulus will sich wegen seiner Freunde, die seinetwegen mitgeschleppt worden sind, unter das Volk begeben. Doch die Jünger hindern ihn daran und halten ihn zurück. Es wäre nicht weise gewesen, das zu tun. Einige Oberste von Asien, Freunde des Paulus, unterstreichen die Richtigkeit des Vorgehens der Jünger. Sie senden eine Nachricht, in der sie Paulus dringend anraten, nicht zum Theater zu gehen. Es ist sehr mühsam, Paulus davon abzuhalten. Doch schließlich geht er nicht.
Dass auch einige Oberste Paulus wohl gesonnen waren, zeigt, was für eine gewaltige Auswirkung die Predigt des Paulus unter dem Segen des Herrn erfahren hat. Ob diese Obersten Gläubige waren, ist nicht deutlich. In jedem Fall standen sie auf seiner Seite.
In dem allgemeinen Aufruhr wissen die Menschen nicht einmal, worum es geht, sie werden einfach durch die allgemeine Stimmung mitgerissen. Wenn sich ein Mensch in der Menge befindet, ist die Gefahr groß, dass er seine Persönlichkeit verliert und damit auch die Fähigkeit, eine Situation persönlich zu beurteilen.
33 - 40 Die Wut des Volkes legt sich
33 Sie zogen aber Alexander aus der Volksmenge hervor, den die Juden vorschoben. Alexander aber winkte mit der Hand und wollte sich vor dem Volk verantworten. 34 Als sie aber erkannten, dass er ein Jude war, erhob sich eine Stimme aus aller Mund, und sie schrien etwa zwei Stunden: Groß ist die Artemis der Epheser! 35 Als aber der Stadtschreiber die Volksmenge beruhigt hatte, spricht er: Männer von Ephesus, wer von den Menschen wüsste denn nicht, dass die Stadt der Epheser eine Tempelhüterin der großen Artemis und des vom Himmel gefallenen Bildes ist? 36 Da nun dies unbestreitbar ist, so geziemt es euch, ruhig zu sein und nichts Übereiltes zu tun. 37 Denn ihr habt diese Männer hergeführt, die weder Tempelräuber sind noch unsere Göttin lästern. 38 Wenn nun Demetrius und die Künstler mit ihm gegen jemand eine Streitsache haben, so werden Gerichtstage gehalten, und es sind Prokonsuln da; mögen sie einander verklagen. 39 Wenn ihr aber wegen anderer Dinge ein Gesuch habt, so wird es in der gesetzlichen Versammlung erledigt werden. 40 Denn wir laufen auch Gefahr, wegen des heutigen Tages des Aufruhrs angeklagt zu werden, da es keine Ursache gibt, derentwegen wir uns über diesen Auflauf werden verantworten können. Und als er dies gesagt hatte, entließ er die Versammlung.
Nachdem wir Paulus mit den Jüngern und danach die Heiden gesehen haben, sehen wir nun eine dritte Gruppe, und zwar die Juden. Sie schieben Alexander nach vorn. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieser Alexander der Schmied ist, vor dem Paulus Timotheus warnt, weil er ihm sehr widerstanden hat (2Tim 4,14.15). Timotheus ist zu diesem Zeitpunkt in Ephesus und wird ihn gekannt haben.
Der Jude Alexander will sich verteidigen, doch wogegen? Sehr wahrscheinlich haben die Juden am meisten Angst davor, dass auch sie die Zielscheibe des Hasses der Heiden werden. Dann empfiehlt es sich, dass sie deutlich machen, dass sie nichts mit den Christen zu tun haben. Wenn er einmal zu Wort kommt, würde er nach seiner Verteidigung seine Pfeile auf die Christen richten können, um sie in ein schlechtes Licht zu rücken, so dass die Wut des Volkes sich noch stärker auf sie richtet.
Doch die Situation ist bereits so aufgeheizt, dass Alexander keine Chance bekommt, sich im Namen der Juden zu verteidigen. Was Alexander auch immer sagen wollte, als die Volksmenge merkt, dass er ein Jude ist, entladen sie sich in ekstatischem Geschrei, das sie zwei Stunden lang durchhalten. Sie haben es nicht nur auf die Christen abgesehen, sondern auch auf die Juden, denn auch sie lassen keinen anderen Gott gelten als den einen Gott. Ohne Gott ist es unmöglich, dem Teufel zu widerstehen, wie es die jüdischen Beschwörer versuchten (Verse 13–16). Doch ebenso unmöglich ist es, ohne Gott für die Wahrheit des einen Gottes einzustehen, wie die Juden es hier vorhaben.
Der Einzige, der die Menge beruhigen kann, ist der Stadtschreiber. Er ist einer von ihnen. Seine Taktik ist geschliffen. Er spricht das an, was für sie unumstößlich ist und was jeder ohne Widerrede anerkennt. Dass es einige Juden und Christen gibt, die das nicht wissen oder sogar bestreiten, darf doch nicht so wichtig genommen werden! Warum regen sie sich denn so darüber auf?
Nachdem er ihnen das gesagt hat, ermahnt er sie, sich ruhig zu verhalten und sich nicht von ihren Gefühlen mitreißen zu lassen. Danach weist er auf die Jünger hin, die sie mitgenommen haben. Er ist bestens informiert über die Aktivitäten der Christen und weiß, dass sie keine Bilderstürmer sind und dass sie in ihrer Predigt auch nicht gegen ihre Göttin vorgegangen sind. Paulus und die Seinen hatten das Wort verkündigt, ohne Kritik zu üben an der Religion, der die Epheser anhingen. Es ist übrigens bemerkenswert, dass die weltlichen Obrigkeiten in der Apostelgeschichte sehr oft die Unschuld der Christen bezeugen.
Was Demetrius und die Künstler betrifft, können sie ihre Sache an einem bestimmten Tag den Richtern vortragen. Dort können sie ihre Gegenpartei anklagen, und die Gegenpartei erhält die Gelegenheit, sich zu verteidigen. Wenn sie weitere Rechtssachen haben, ist der Rechtsweg festgelegt, darüber kann nämlich in der gesetzlichen Versammlung entschieden werden.
Das Wort für „Versammlung“ ist wörtlich ekklesia. Dieses Wort wird auch für die Gemeinde Israels gebraucht und für die Gemeinde der Christen. Das Wort existierte bereits. Es bedeutet „eine [irgendwo] herausgerufene Gemeinschaft von Menschen“. Es sind die Herausgerufenen aus der Stadt Ephesus, die in der Stadtversammlung zusammenkommen, um die Belange der Stadt zu besprechen.
Das Wort ekklesia ist ein wichtiges Wort in Verbindung mit der Gemeinde des Herrn Jesus. Der Herr Jesus redet zum ersten Mal in der Geschichte über „meine“ ekklesia, wenn Er über die Gemeinde spricht, die Er bauen wird (Mt 16,18). Die Heiden haben ihre ekklesia (hier), Israel hat seine ekklesia (Apg 7,38), und nun hat der Herr Jesus auch seine ekklesia.
Doch was für einen Unterschied gibt es zwischen seiner ekklesia und den anderen beiden! Wenn jemand stirbt, der zur ekklesia der Heiden oder der Israels gehört, hört er auf zu dieser ekklesia zu gehören. Wer jedoch zur ekklesia des Herrn Jesus gehört, gehört ihr bis in Ewigkeit an, selbst wenn er gestorben ist. Diese ekklesia können nämlich die Pforten des Hades nicht überwältigen (Mt 16,18).
Das letzte Argument, das der Stadtschreiber gebraucht, um die erhitzten Gemüter zu beruhigen, ist der Hinweis darauf, dass es keine Rechtsgrundlage für diesen Aufruhr gibt. Nachdem der Stadtschreiber die Menge mit einem Appell an ihren Verstand zur Ruhe gebracht hat, entlässt er die Versammlung. Das bedeutet, dass die Menge sich zerstreut und die Menschen wieder nach Hause oder an die Arbeit gehen.