1 - 6 Wie Paulus das Evangelium Gottes geredet hat
1 Denn ihr selbst kennt, Brüder, unseren Eingang bei euch, dass er nicht vergeblich war; 2 sondern nachdem wir in Philippi zuvor gelitten hatten und misshandelt worden waren, wie ihr wisst, waren wir freimütig in unserem Gott, das Evangelium Gottes zu euch zu reden unter großem Kampf. 3 Denn unsere Ermahnung war nicht aus Betrug noch aus Unreinheit, noch mit List; 4 sondern so, wie wir von Gott als bewährt befunden worden sind, mit dem Evangelium betraut zu werden, so reden wir, nicht um Menschen zu gefallen, sondern Gott, der unsere Herzen prüft. 5 Denn niemals sind wir mit schmeichelnder Rede aufgetreten, wie ihr wisst, noch mit einem Vorwand für Habsucht, Gott ist Zeuge; 6 noch suchten wir Ehre von Menschen, weder von euch noch von anderen,
V1 Mit „ihr selbst kennt“ erinnert Paulus die Thessalonicher an das, was sie gesehen hatten, als er und seine Begleiter in der Stadt erschienen. Du erinnerst dich vielleicht, dass in Kapitel 1 auch etwas über den Eingang steht, den Paulus und seine Begleiter bei den Thessalonichern hatten (1Thes 1,9). Dort bezeugten andere diesen Eingang. Hier bezeugt Paulus ihn selbst. Er erinnert sie daran, dass der Eingang bei ihnen nicht ohne Ergebnis war.
Das steckt auch schon in der Art und Weise, wie er sie anspricht. Er nennt sie „Brüder“, eine Anrede, die er früher nicht gebrauchen konnte. In dieser wunderschönen Anrede klingt die herzliche Verbundenheit an, die Paulus mit ihnen empfand, und die durch den Eingang entstanden war, den das Evangelium gefunden hatte.
V2. Sie wussten um das, was Paulus in der Stadt Philippi erlebt hatte (Apg 16,19–24). Er hat ihnen gleichsam seinen blutigen Rücken gezeigt, als er zu ihnen kam, um ihnen das Evangelium zu verkündigen. Die Folterung und die Schmach, die er in Philippi erlebte, hatte sein eifriges Verlangen, das Evangelium zu predigen, nicht gedämpft (vgl. Apg 4,29; Eph 6,19.20). Der Eingang, den sie hatten, war der von verwundeten Arbeitern. Paulus ermutigte sie nicht, Drangsal zu ertragen, ohne selbst den Mut zu haben, sie zu ertragen. Er sprach aus Erfahrung.
Sein Mut zum Weitermachen steckte nicht in ihm selbst. Es war nicht eine Sache von „tief durchatmen und weitermachen“. Er hatte Freimütigkeit in Gott. Das ist kein natürlicher Mut oder Enthusiasmus, sondern göttliche Befähigung. Freimütigkeit bedeutet „Freiheit des Gemüts“ und zeigt sich darin, dass man „alles sagt“ und „unerschrocken redet“. Wenn diese Art zu reden nicht „in unserem Gott“ geschieht, ist das nichts anderes als ein schnoddriger und frecher Gebrauch von Worten.
Der Ausdruck „in unserem Gott“ bedeutet, dass du dir deines persönlichen Umgangs mit Gott bewusst bist, dass Er dich von vorn und von hinten umgibt. Das bewahrt dich vor eigenwilligem Handeln und gibt dir ein Bewusstsein von Geborgenheit und Hilfe und auch von Abhängigkeit. Und wie nötig ist das, denn die Verkündigung des Evangeliums ist immer mit viel Kampf verbunden! Es gibt einen mächtigen Widersacher, der alle Hebel in Bewegung setzt, um zu verhindern, dass über das Evangelium gesprochen wird.
Das Evangelium zu reden, wie Paulus das hier sagt, ist etwas ganz anderes, als das Evangelium ins Gespräch zu bringen. Das Evangelium ist nicht eins der vielen netten Themen, über die zu debattieren interessant ist. Das Evangelium ist einzigartig, was seinen Ursprung und seinen Inhalt betrifft. Menschen, die wirklich daran glauben, können es nicht für sich behalten, sondern werden darüber sprechen wollen (2Kor 4,13). Doch gerade deshalb, weil es von Gott kommt und Christus zum Inhalt hat, wird jeder, der darüber spricht, keine Worte gebrauchen wollen, die seine Einzigartigkeit abschwächen.
V3. Das kann inneren Kampf bedeuten, nämlich in Situationen, in denen der Prediger Gefahr läuft, das Evangelium der Welt anzupassen, um es annehmbarer zu machen. Dieser Kampf muss möglicherweise auch äußerlich geführt werden. Jeder, der treu das Evangelium verkündigt, indem er die Worte der Schrift nachsprechen will – denn nur darin ist die Kraft, durch die Menschen zur Bekehrung kommen –, wird zunehmend den Druck von außen zu spüren bekommen, es nicht so radikal zu bringen.
Paulus verkündigte ein kompromissloses Evangelium. Er ließ sich durch nichts und niemand davon abbringen. Seine Motive waren glasklar, ohne jegliche Unreinheit. Niemals hatte er irgendeinen Vorteil für sich selbst gesucht. Das Evangelium war für ihn kein Broterwerb. Es hatte ihm mehr Schmach und Verfolgung eingebracht als Ehre und Wohlfahrt. Er zählt ausführlich auf, wessen er sich nicht schuldig gemacht hatte. Diese negativen Dinge werden durchaus in allerlei Sekten gefunden. Geld oder Ehre von Personen spielen dabei eine große Rolle.
Doch die Mahnung, der Aufruf zur Bekehrung, war seinerseits nicht „aus Betrug“ geschehen. Er hatte sie nicht verführt und auf einen Irrweg gebracht. Die Quelle seiner Verkündigung war das reine, unverfälschte Wort Gottes. Auch die Anschuldigung der „Unreinheit“, als ginge es um die Befriedigung von Begierden, wies er entschieden zurück. Mit „List“ hatte sein Predigen genauso wenig zu tun, so als hätte er ihnen einen Köder hingehalten, um sie zu fangen.
V4. Wie entkamen Paulus und seine Begleiter diesen Gefahren? Wie entkommen wir ihnen? Indem wir diese Dinge nur in Gemeinschaft mit Gott tun. Paulus spricht beständig von Gott. Er bringt alles mit Ihm in Verbindung; auch kann er sagen, dass sie „von Gott als bewährt befunden worden sind“. Als sie sich gemeinsam auf den Weg machten, hatten sie alle drei bereits die nötige Erfahrung im Dienst für den Herrn gesammelt. Auch wenn sie sich in Alter, Ausbildung und Erfahrung unterschieden, waren sie keine Neulinge. Und diesen Männern hatte Gott das Evangelium anvertraut, es ihnen gleichsam als ein kostbares Geschenk in die Hände gegeben, damit sie in Treue damit handelten (vgl. Mt 25,21; 1Kor 4,2).
Paulus war sich der großen Verantwortung bewusst, die das mit sich brachte. Das ist in den Worten „so reden wir“ enthalten. Wie sollte er mit dem, was Gott ihm anvertraut hatte, anders umgehen können, als dass es zu dem passte, von dem es kam? Menschen zu gefallen, ist vom Übel. Wem käme es dann in den Sinn, das Evangelium dem Geschmack der Welt anzupassen? Nein, wenn du so auf Gott achtest, denkst du nur an Ihn und willst du nur das reden, was Er gesagt hat. Dann bist du dir bewusst, dass Gott dein Herz prüft, was zeigt, dass du in deinem Herzen immer die Gemeinschaft mit Gott haben willst. Die Prüfung des Herzens ist immer wieder nötig, damit sich keine falschen Motive einschleichen und dort ausbreiten.
V5. Paulus hatte auch keine „schmeichelnde Rede“ gebraucht, um sie für das Evangelium zu gewinnen. Er drückt das sehr stark aus: Er hat „niemals“ Gebrauch davon gemacht. Das wussten sie, sie hatten das selbst wahrgenommen. Wer in der Gegenwart Gottes lebt, so wie Paulus und seine Begleiter, weiß, dass schmeichelndes Reden in den Augen Gottes verwerflich ist. Elihu war sich dessen durchaus bewusst (Hiob 32,21.22).
Schmeichelnde Rede bringt Menschen nicht ins Licht Gottes, sondern bringt sie weiter von Gott weg. Schmeichelnde Rede schmeichelt dem Menschen in seinem Egoismus und Hochmut und macht ihn für die Not seiner Sünden gefühllos. Wer schmeichelt, tut das nur, um bei anderen etwas durchzusetzen, wovon er selbst profitiert. Dadurch betört man einen anderen, um ihn für sein eigenes Ziel gefügig zu machen. Bei schmeichelnder Rede steht Gott völlig abseits und dreht sich alles um den Menschen.
Im Blick auf die schmeichelnde Rede beruft Paulus sich auf das Zeugnis der Thessalonicher, und was die Habsucht betrifft, beruft er sich auf Gott als Zeugen. Nur Gott kann die Motive des Herzens beurteilen. Ein „Vorwand für Habsucht“ bedeutet, dass das wahre Motiv getarnt wird. Habsucht ist das Motiv, doch sie wird in einem anderen, irreführenden Gewand präsentiert. Die Sucht nach materiellen Dingen, vor allem nach Geld, macht einen Menschen erfinderisch im Gebrauch von Methoden, diese Sucht vor anderen zu verbergen, während man dem Begehrten nachjagt. Wir müssen selbst arbeiten, um für unsere Bedürfnisse zu sorgen. Sollen wir jemanden belästigen, indem wir um Geld bitten (Bettelbriefe) oder sogar nur Anspielungen darauf machen (Manipulation)?
V6. Eine andere große Gefahr für jeden, der dem Herrn dienen will, besteht darin, „Ehre von Menschen“ zu suchen. Das hat Paulus ebenfalls nicht getan. Wie leicht hätte er durch seine Würde als Apostel Eindruck auf sie machen können. Immerhin war er jemand von großer geistlicher Klasse. Wie viel Ehre hätte ihm das eingebracht, wenn er sich so präsentiert hätte. Er war jedoch nicht darauf aus gewesen, seine eigene Bedeutung zu erhöhen. Es ging ihm nicht darum, ihnen bestimmte Verpflichtungen ihm gegenüber vorzustellen. Er war beständig auf das geistliche Wohl der Thessalonicher bedacht gewesen, und darum ging es ihm immer noch. Er war nicht als jemand unter ihnen gewesen, der etwas forderte, sondern wie eine Mutter. Im nächsten Abschnitt werden wir weiter darüber nachdenken.
Lies noch einmal 1. Thessalonicher 2,1–6.
Frage oder Aufgabe: Welche Kennzeichen gibt es bei Paulus und seinen Begleitern und welche gibt es nicht? Was kannst du davon auf dich anwenden?
7 - 12 Wie Paulus sich unter ihnen verhalten hat
7 obwohl wir als Christi Apostel euch zur Last sein konnten; sondern wir sind in eurer Mitte zart gewesen, wie eine nährende Frau ihre eigenen Kinder pflegt. 8 So, da wir ein sehnliches Verlangen nach euch haben, gefiel es uns wohl, euch nicht allein das Evangelium Gottes, sondern auch unser eigenes Leben mitzuteilen, weil ihr uns lieb geworden wart. 9 Denn ihr erinnert euch, Brüder, an unsere Mühe und Beschwerde: Während wir Nacht und Tag arbeiteten, um niemand von euch beschwerlich zu fallen, haben wir euch das Evangelium Gottes gepredigt. 10 Ihr seid Zeugen und Gott, wie heilig und gerecht und untadelig wir gegenüber euch, den Glaubenden, waren; 11 ebenso, wie ihr wisst, wie wir jeden Einzelnen von euch, wie ein Vater seine eigenen Kinder, 12 euch ermahnt und getröstet und euch bezeugt haben, würdig des Gottes zu wandeln, der euch zu seinem eigenen Reich und seiner eigenen Herrlichkeit beruft.
Es ist schön zu sehen, wie jedes Kapitel dieses Briefes ein Entwicklungsstadium des Gläubigen vom Baby bis zum Erwachsenen zu beschreiben scheint.
1. In Kapitel 1 wird das Kind geboren.
2. In Kapitel 2 wird es ernährt und im Glauben erzogen.
3. In Kapitel 3 sieht man, wie das Kind im Glauben steht.
4. In Kapitel 4 bekommt es Anweisungen für ein Leben im Glauben.
5. In Kapitel 5 ist die Reife da, und der junge Gläubige geht an die Arbeit.
V7. Wir befinden uns hier in der Phase, wo das Kind geboren ist und versorgt werden muss. Es ist klar, dass man bei einem Baby nicht an die Ausübung von Autorität denkt. Einem Baby gebührt allein mütterliche Fürsorge. Es ist beeindruckend, mit wie viel Zärtlichkeit der große Apostel vorgeht. Er war wie eine Mutter, wie eine nährende Frau.
So war auch Gott früher für sein Volk in der Wüste, wo Er sie umsorgte, pflegte und nährte (Apg 13,18). Auch bei dem Herrn Jesus finden wir diese Gefühle, als Er über seine Liebe zu Jerusalem spricht und sie mit den Gefühlen einer Henne vergleicht, die ihre Flügel zu einem Zufluchtsort für ihre Küken ausbreitet, um sie darunter zu beschützen (Mt 23,37).
Paulus hatte dieselben mütterlichen Gefühle für seine geistlichen Kinder. Er erinnert sie daran, dass er sich „zart“ oder mild, freundlich ihnen gegenüber verhalten hatte. Diese Eigenschaft sollte übrigens jeden Knecht des Herrn zieren (2Tim 2,24). Siehst du diese Freundlichkeit nicht auch bei dem Herrn Jesus in Jesaja 40 (Jes 40,11)?
Bei einer guten Mutter steht das Wohl des Kindes im Vordergrund. Ihre Liebe zu dem Kind bringt sie dazu, selbstlos zu handeln und sich aufzuopfern. Das siehst du auch bei dem Herrn Jesus. Er suchte immer das Wohl des anderen. Er war ja auch nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen. Paulus ahmte Ihn darin nach.
V8. Er liebte sie so, dass er ihnen sogar sein eigenes Leben mitteilen wollte. Das bedeutet hier nicht, dass er bereit war, sein Leben für das Evangelium einzusetzen (obwohl das sicher so war), sondern dass er mit seinem ganzen Dasein hinter der Botschaft stand, die er verkündigte. Er wollte für sie leben, sein Leben in ihren Dienst stellen. Sein ganzes Leben, sowohl alle seine Habe als auch seine Zeit, war untrennbar mit dem Evangelium verbunden. Er brachte nicht nur eine Botschaft, sondern er brachte damit auch sich selbst, und zwar so, dass Christus gesehen wurde und nicht seine Person.
V9. Das Evangelium wird nur dann das von Gott gewünschte und gewirkte Ergebnis bringen, wenn der Prediger selbst in den Hintergrund tritt. Eltern setzen sich sehr dafür ein, dass ihre Kinder die richtige Nahrung und Erziehung bekommen. Dabei ist ihr Vorbild von großer Bedeutung. Die Thessalonicher hatten gesehen, dass Paulus und seine Begleiter keine Nichtsnutze waren, die von ihnen als Bekehrte profitieren wollten. Im Gegenteil.
Sie hatten sich keine Ruhe gegönnt, sogar auf Nachtruhe verzichtet, um für ihren eigenen Unterhalt zu sorgen. Paulus wollte um jeden Preis den Eindruck vermeiden, dass er einen finanziellen Vorteil aus seinem Dienst ziehen wollte (1Kor 9,1–18). Er war nach Thessalonich gekommen, um zu geben und mitzuteilen, und nicht, um zur Last zu fallen oder sich selbst zu bereichern. Das Evangelium Gottes ist nichts, wodurch eine Last auferlegt wird, sondern es befreit aus der Macht der Sünde und nimmt die Last der Sünden weg.
V10. Paulus weist auf sein Verhalten unter ihnen hin. Er führt wieder Gott als Zeuge für sein Verhalten an. Doch nicht nur Gott. Sie hatten es selbst mit eigenen Augen gesehen, wie er sich unter ihnen verhalten hatte. Hatten sie andere Dinge bei Paulus gesehen, als Gott an ihm sah? Sie konnten nicht leugnen, was sie wahrgenommen hatten, auch wenn der Feind alles versuchte, um den Dienst des Apostels oder seine Motive in Verruf und ihn selbst bei den Thessalonichern in Misskredit zu bringen.
Zunächst hatten sie gesehen, wie „heilig“ er sich verhalten hatte. Sein ganzes Tun und Lassen war in Übereinstimmung mit Gott. Sie hatten auch gesehen, dass er im Umgang mit Menschen immer „gerecht“ gewesen war. Niemals hatte er andere benachteiligt. Schließlich konnten sie nicht anders als bezeugen, dass er „untadelig“ gewesen war. Es gab keine einzige Anklage, die man gegen ihn hätte vorbringen können. Er spricht sie als „Glaubende“ an. Es ist ihm wichtig, dass sie als Gläubige sein Verhalten beurteilen, also keine weltlichen Maßstäbe anlegen.
V11. Paulus hat zuerst das Bild einer Mutter gebraucht, die ihren Säugling nährt. Das zeigt die zärtliche Liebe des Predigers. Nun gebraucht er das Bild eines Vaters, der sich mit seinen Kindern beschäftigt. Damit ergänzt er das Bild der Mutter. Den Hinweis auf diese elterliche Beziehung findest du nur in den Briefen von Paulus.
Bei einem Vater sieht man mehr die ernste Seite derselben Liebe, die die Mutter hat (vgl. 1Kor 4,14–21; 2Kor 6,13; Gal 4,19). Paulus war für seine Kinder ein guter Vater. Er sprach sie nicht nur in ihrer Gesamtheit an, sondern schenkte jedem Einzelnen persönlich Beachtung. Das ist für jeden Diener des Herrn wichtig, der das Wort verkündigt. Es ist einfacher, die Dinge von der Kanzel herab zu sagen, als in einem persönlichen Gespräch. Nachsorge für den Einzelnen ist wichtig.
V12. Paulus ermahnt und tröstet die Thessalonicher und bezeugt ihnen das Reich Gottes aus der Vater-Kind-Beziehung heraus. Zu Unrecht denken manche beim Ermahnen an den erhobenen Zeigefinger im Sinn von „Pass auf, sonst …“ Ermahnen bedeutet, dass jemand, der in Gefahr steht, abzuweichen oder schon abgewichen ist, wieder in die Gemeinschaft mit den Gläubigen zurückgeführt wird. Väter trösten auch. Bei Rückschlägen ermutigen sie, nicht den Kopf hängen zu lassen, sondern auszuharren.
Paulus fügt dem Ermahnen und Trösten das Bezeugen hinzu. Dadurch verbindet er das Ermahnen und Trösten miteinander. Er ermahnt und tröstet nicht auf Abstand, als würde das nur für sie gelten, und er hätte keinen Anteil daran. Bezeugen bedeutet, dass er ihnen die Wahrheit mit Überzeugung verkündigt.
Bezeugen hat mit Unterweisung zu tun, die ihren Wert in der Praxis des Lebens bewiesen hat. Jeder Vater muss seine Kinder mit Überzeugung in der Wahrheit Gottes unterweisen. Kein Vater kann sagen: Das kann ich nicht. Er muss die Wahrheit bezeugen, das heißt, die Wahrheit eindringlich auf das Herz des Kindes binden. Diese Unterweisung wird natürlich nur dann wirkungsvoll sein, wenn die Kinder im Leben ihres Vaters sehen, dass er selbst danach handelt.
Es geht um die „eigenen Kinder“. Väter sind häufig nicht zu Hause. Manchmal sind sie auch mit den Problemen anderer beschäftigt. Dann besteht die Gefahr, dass sie ihre eigenen Kinder vergessen. Doch das Arbeitsfeld, das der Herr an erster Stelle zugewiesen hat, ist die eigene Familie. Wenn er sie vernachlässigt, wird sich das bei der Arbeit rächen, die für den Herrn getan wird.
Das Ziel, das Paulus vor Augen hat, besteht darin, dass sie würdig des Gottes wandeln. Würdig heißt, dass es der Heiligkeit und den Kennzeichen Gottes, auf den sie ihr Vertrauen gesetzt haben, entspricht und damit in Übereinstimmung ist (vgl. Röm 16,2; Eph 4,1; Phil 1,27; Kol 1,10; 3Joh 1,6). Es ist wichtig, dass dein Leben und dein Verhalten als Christ mit deinem Bekenntnis übereinstimmt.
Eine Illustration: Im Heer Alexanders des Großen war ein Soldat, der sich falsch verhalten hatte. Er wurde vor Alexander den Großen gebracht. Alexander fragte ihn nach seinem Namen. Der Soldat antwortete: Ich heiße Alexander. Daraufhin antwortete Alexander der Große: Entweder änderst du dein Benehmen oder du änderst deinen Namen.
Denk an deine hohe Berufung. Zuerst wurdest du durch das Evangelium berufen. Jetzt erfährst du, zu welch hoher Berufung das führt: zu Gottes eigenem Reich und seiner eigenen Herrlichkeit (vgl. Röm 8,28; Phil 3,14; 2Tim 1,9; Heb 3,1). Das steht hier so, als würde Gott dir gleichsam beständig zurufen: Dein Weg führt zu meinem eigenen Reich und zu meiner eigenen Herrlichkeit. Wenn dir das bewusst wird, sollte das dann nicht deinem täglichen Leben seinen Stempel aufdrücken? Lebe auf dieses Ziel hin. Halte dein Auge darauf gerichtet. So wird die Zukunft für dich lebendig, und diese herrliche Zukunft wird deinen Weg bestimmen und erleuchten.
Lies noch einmal 1. Thessalonicher 2,7–12.
Frage oder Aufgabe: Welche Kennzeichen der mütterlichen und väterlichen Eigenschaften Gottes siehst du in diesem Abschnitt bei Paulus?
13 - 20 Verfolgung und Verlangen
13 Und darum danken auch wir Gott unablässig dafür, dass ihr, als ihr von uns das Wort der Kunde Gottes empfingt, es nicht als Menschenwort aufnahmt, sondern, wie es wahrhaftig ist, als Gottes Wort, das auch in euch, den Glaubenden, wirkt. 14 Denn, Brüder, ihr seid Nachahmer der Versammlungen Gottes geworden, die in Judäa sind in Christus Jesus, weil auch ihr dasselbe von den eigenen Landsleuten erlitten habt, wie auch jene von den Juden, 15 die sowohl den Herrn Jesus als auch die Propheten getötet und uns durch Verfolgung weggetrieben haben und Gott nicht gefallen und allen Menschen entgegen sind, 16 indem sie uns wehren, zu den Nationen zu reden, damit sie errettet werden, um so ihre Sünden allezeit voll zu machen; aber der Zorn ist völlig über sie gekommen. 17 Wir aber, Brüder, da wir für kurze Zeit von euch verwaist waren, dem Angesicht, nicht dem Herzen nach, haben uns umso mehr befleißigt, euer Angesicht zu sehen, mit großem Verlangen. 18 Deshalb wollten wir zu euch kommen (ich, Paulus, nämlich), einmal und zweimal, und der Satan hat uns daran gehindert. 19 Denn wer ist unsere Hoffnung oder Freude oder Krone des Ruhmes? Nicht auch ihr vor unserem Herrn Jesus bei seiner Ankunft? 20 Denn ihr seid unsere Herrlichkeit und Freude.
V13. Nachdem Paulus die Thessalonicher an seine Arbeit erinnert hat, führt er sie dahin, dass sie an der Grundlage des Wortes festhalten, das sie durch seine Predigt empfangen hatten. Er tritt selbst in den Hintergrund und dankt Gott, dass sie das Wort „nicht als Menschenwort“ aufgenommen hatten, „sondern, wie es wahrhaftig ist, als Gottes Wort“. Ihr Glaube gründete sich also auf das Wort Gottes, obwohl es durch den Dienst eines Menschen zu ihnen gekommen war.
Warum glaubst du, dass die Bibel das Wort Gottes ist? Das darfst du nicht glauben, weil andere das sagen. Das darfst du nur dann glauben, wenn du seine Kraft erfahren hast. Als das Wort Gottes zu dir kam, hast du es als das Wort der Wahrheit erkannt, weil es ein klares Bild von dir als Sünder zeigte. Du hast durch das Wort gesehen, wer Gott in seiner Heiligkeit und Gerechtigkeit ist und dass Er deswegen die Sünde richten muss. Doch du hast darin auch gefunden, dass Gott deine Rettung will und durch die Gabe seines Sohnes Jesus Christus dazu die Möglichkeit geschaffen hat.
Die Person, die dir das Evangelium gebracht hat (das können deine Eltern gewesen sein oder eine völlig unbekannte Person oder jemand anderes), dankt Gott, dass du es angenommen hast. Sie konnten nur das Wort predigen. Als du es annahmst, hast du das nicht wegen der Person getan, die dir das Wort brachte. Wenn das so wäre, stünde ein Mensch zwischen Gott und dir. Nein, ein Kind Gottes bist du nur durch eine persönliche Begegnung mit Gott durch sein Wort. Der andere war lediglich der Botschafter.
Das Wort, durch das du errettet wurdest, ist dasselbe Wort, das noch immer in dir wirkt. Das setzt voraus, dass du nach wie vor von dem Wort lebst, täglich darin liest und es als das Wort Gottes annimmst; dann gibt es dir Kraft, um als Christ zu leben. Es ist ein lebendiges Wort. Deswegen tut es auch sein Werk in jedem, der sich ihm öffnet. Es ist die Energie (wie es eigentlich dort heißt), wodurch das Leben wachsen und Frucht für Gott hervorbringen kann.
V14. Wenn du als Christ lebst und ein Nachfolger des Herrn Jesus bist, wird das Widerstand hervorrufen. Verfolgung ist die Konsequenz des Glaubens. Wenn dir die widerfährt, solltest du bedenken, dass unzählige Mitchristen sie erleben, die sich zu dem Herrn Jesus bekennen. Das kann eine Ermutigung für dich sein (1Pet 5,9). Hier galt das Leiden der ganzen Gemeinde.
Um sie zu ermutigen, spricht Paulus sie zunächst wieder mit „Brüder“ an, dem Wort, das seine Verbundenheit mit ihnen so besonders betont. Anschließend ermutigt er sie, indem er sie auf die Gemeinden in Judäa hinweist. Was die Thessalonicher von ihren Landsleuten zu erleiden hatten, hatten auch die Gläubigen in Judäa von ihren Landsleuten, den Juden, zu erleiden. Durch dieses Leid waren die Thessalonicher, ohne danach zu streben, Nachahmer der Gemeinden Gottes in Judäa geworden.
V15. Der Widerstand der Juden ging sehr weit und ist unvermindert groß geblieben. Wie groß ihr Hass war, zeigt sich doch wohl in der Ermordung des Herrn Jesus. Der Herr war in Güte und Gnade gekommen, um Gottes Liebe bekanntzumachen. Sie sahen Ihn allerdings als eine Bedrohung für ihre Stellung als Gottes auserwähltes Volk, eine Stellung, derer sie sich rühmten. Es waren vor allem die Führer des Volkes, die sich gegen Ihn wandten. Den Herrn Jesus traf dasselbe Los wie die Propheten Gottes vor Ihm (Mk 12,1–9). Auch die Apostel bekamen den Hass der Juden zu spüren. Sie wurden von Stadt zu Stadt verfolgt und mussten jedes Mal wieder fliehen.
Der Widerstand blieb in seiner Heftigkeit bestehen (Apg 7,51.52). Und während die Juden so tobten, meinten sie auch noch, Gott damit zu gefallen (Joh 16,2). Wie kann sich ein Mensch doch irren, wenn er nur seiner eigenen Wichtigkeit nacheifert! Gott gefallen solche nicht, und statt das Gute der Menschen zu suchen, sind sie gegen alle Menschen. Dafür zu sorgen, dass Menschen das Evangelium nicht hören können, durch das sie wahrhaftig glücklich werden können, bedeutet, gegen sie zu sein. Mit ganzem Eifer waren sie damit beschäftigt zu verhindern, dass die Nationen das Evangelium ihrer Errettung hörten.
V16. Sie hatten Christus und das Evangelium verworfen. Nun verwarfen sie die, die im Namen des verherrlichten Herrn den Nationen Errettung predigten. Damit machten sie das Maß ihrer Sünden voll. Solange das noch nicht der Fall ist, ist Gott langsam zum Zorn (1Mo 15,16; Dan 8,23; Mt 23,32). Doch jetzt gibt es keine Aussicht mehr auf die Bekehrung dieser Juden. Das Gericht ist in vollem Ausmaß über sie ausgeschüttet worden. Das Land ist verwüstet, und die Bewohner sind unter die Völker zerstreut. Am Schluss, in der Endzeit, wird noch eine Zeit ungekannter Bedrängnis kommen (Jer 30,7), an anderer Stelle „große Drangsal“ genannt (Mt 24,21). Gott wird dann die Sünden der ungläubigen Juden an ihnen heimsuchen.
V17. Nach diesem Exkurs über die Juden spricht Paulus jetzt wieder über seine Liebe zu den Gläubigen in Thessalonich. Diese war durch seine Abwesenheit nicht abgekühlt, sondern hatte sogar zugenommen. Die Juden konnten die Thessalonicher wohl der Gemeinschaft und des Dienstes des Paulus berauben, doch konnten sie die Thessalonicher nicht aus dem Herzen und dem Denken des Paulus rauben. Er spricht sein großes Verlangen nach ihnen aus und dass er alle Mühe aufgewendet hat, zu ihnen zu kommen.
V18. Er hat es zweimal versucht, doch in beiden Fällen trat Satan ihm in den Weg. War sein Verlangen nicht in Ordnung? Oder hat er nicht mit seinem Herrn darüber gesprochen und wollte eigenmächtig gehen? Oder gibt es noch etwas anderes bei ihm, was nicht in Ordnung war? Nein, nichts von alledem. Sein Verlangen war ein gutes Verlangen. Es ist auch gut, nach der Erfüllung zu streben. Dann gibt es eine Verhinderung, nicht vom Geist, sondern von Satan. Paulus sagt das klar. Er setzt es aber nicht durch, koste es, was es wolle, sondern zieht die Schlussfolgerung daraus, dass der Weg für ihn verschlossen ist. Er sieht die Lösung in der Sendung von Timotheus (1Thes 3,2).
Natürlich hat Satan keine Macht, das Werk Gottes oder den Arbeiter aufzuhalten, wenn Er das nicht zulässt. Gott bestimmt die Grenzen dieses Widersachers (Hiob 1,12; 2,6). Paulus spricht bei einer anderen Gelegenheit von einem „Engel Satans, damit er mich mit Fäusten schlage“. Dort lernt er, dass ihm die Gnade des Herrn genügt (2Kor 12,8.9). Paulus weiß wie kein anderer, dass alle Dinge denen, die Gott lieben, zum Guten mitwirken (Röm 8,28), auch Verhinderungen durch Satan.
V19. Dass Satan ihn verhinderte, seine geliebten Kinder im Glauben wiederzusehen, machte ihn nicht verdrießlich. Er sah über alle Enttäuschungen hinweg auf das Wiederkommen Christi. Dort würden er und die Thessalonicher vereint sein und sich zusammen über alles freuen, was die Gnade und die Kraft des Heiligen Geistes in ihnen bewirkt hatte. Dann würden alle Leiden und Mühen vorbei sein.
Das Kommen des Herrn Jesus führt nicht nur aus allen Leiden heraus, sondern Er kommt auch mit Lohn für das Werk, das für Ihn getan wurde (Off 22,12). Dieses Bewusstsein war bei Paulus immer vorhanden und wurde durch diese Verhinderung verstärkt. So wurde die Enttäuschung des Augenblicks für ihn zu einem freudigen Ausblick. Das Band, das Satan zu durchtrennen suchte, indem er den Genuss daran verhinderte, wurde im Licht der Wiedervereinigung beim Kommen Christi intensiver erfahren. Dann würde es völlige Freude geben. Dann würde er die Thessalonicher dort als eine Belohnung seiner Arbeit sehen (vgl. Phil 4,1), eine Belohnung, auf die er sich über die Maßen freut.
Sicher ist es wahr, dass alles, was wir für den Herrn tun, von Ihm bewirkt ist. Dennoch belohnt Er es so, als hätten wir es getan. Was für einen Herrn haben wir doch! Daher werden wir jede Krone, die wir verdienen können (1Kor 9,25; 2Tim 4,8; 1Pet 5,4; Jak 1,12; Off 2,10), als eine Ehrerweisung für Ihn zu seinen Füßen niederlegen (Off 4,10).
V20. Nachdem Paulus so über die zukünftige Vereinigung mit den Thessalonichern gesprochen hat, beschließt er dieses Kapitel damit, ihnen zu sagen, was sie ihm jetzt schon bedeuten. Was bald in seiner ganzen Fülle von Angesicht zu Angesicht genossen werden wird, erlebt er jetzt schon im Geist. Sie sind bereits jetzt seine Herrlichkeit und Freude.
Lies noch einmal 1. Thessalonicher 2,13–20.
Frage oder Aufgabe: Wie gehst du mit Hindernissen um, die dir im Leben mit dem Herrn begegnen?