1 - 4 Die Bitte um ein Zeichen
1 Und die Pharisäer und Sadduzäer kamen herzu, [und] um [ihn] zu versuchen, baten sie ihn, ihnen ein Zeichen aus dem Himmel zu zeigen. 2 Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Wenn es Abend geworden ist, sagt ihr: Heiteres Wetter, denn der Himmel ist feuerrot; 3 und frühmorgens: Heute stürmisches Wetter, denn der Himmel ist feuerrot und trübe. Das Aussehen des Himmels wisst ihr zwar zu beurteilen, aber die Zeichen der Zeiten könnt ihr nicht [beurteilen]? – 4 Ein böses und ehebrecherisches Geschlecht begehrt ein Zeichen, und kein Zeichen wird ihm gegeben werden als nur das Zeichen Jonas. Und er verließ sie und ging weg.
Wenn Menschen auf den Herrn zugehen, können sie dabei sehr verschiedene Motive haben. In Kapitel 15 (Mt 15,30) kamen Menschen zum Herrn, die völlig andere Motive hatten als die Pharisäer und Sadduzäer hier. Dort half der Herr, hier aber verlässt Er sie und geht weg (Vers 4). Die Pharisäer und Sadduzäer waren miteinander verfeindet. Sie, die normalerweise Feinde waren, vereinigen sich hier in ihrer Abwendung vom Herrn und versuchen im Schulterschluss gemeinsam stark zu sein und den Herrn auf die Probe zu stellen. Die Sadduzäer waren die Freidenker jener Tage, während die Pharisäer die Verfechter der Einrichtungen und der Autorität des Gesetzes waren. Gemeinsam kommen sie jetzt zum Herrn und verlangen ein Zeichen aus dem Himmel, während das größte jemals von Gott gegebene Zeichen aus dem Himmel direkt vor ihnen steht.
Der Herr verweist in seiner Antwort auf die Zeichen in der Natur. Wenn sie bestimmte Naturerscheinungen wahrnähmen, wüssten sie diese genau zu deuten. So könnten sie abends an der Farbe des Himmels erkennen, dass schönes Wetter bevorstand. Für alle, die geistliches Unterscheidungsvermögen hatten, standen damals auch schöne Aussichten bevor. Schließlich hatte sie doch in dem Herrn Jesus der Aufgang aus der Höhe besucht. Ebenso konnten sie an der Farbe des Himmels sehen, wenn ein Sturm heraufzog. In geistlicher Hinsicht waren sie jedoch nicht in der Lage, zu erkennen, dass sich ein Unwetter zusammenbraute, d. h., dass das Gericht Gottes als Folge ihrer Ablehnung des von Gott aus dem Himmel gegebenen Zeichens auf sie zu kam.
Der Herr bezeichnet sie deshalb als ein böses und ehebrecherisches Geschlecht. Böse waren sie in ihrem Herzen, in ihrer Gesinnung. Ehebrecherisch waren sie in ihren Taten, in ihren Handlungen der Untreue gegenüber dem Herrn. So hält Er ihnen jetzt als Zeichen vor, was mit Jona geschehen war. Es ist das Zeichen eines Menschen, der von der Erde verschwunden ist, der gewissermaßen durch den Tod für das jüdische Volk unsichtbar wurde und ihnen nach einer gewissen Zeit zurückgegeben wurde.
So stellt Er ihnen im Bild seinen Tod und seine Auferstehung vor; das bedeutet, dass Er in den Tod gehen wird, daraus wieder aufersteht, um danach die von Israel gering geachtete Botschaft zu den Heidenvölkern zu bringen. Genau das hat auch Jona getan und ist damit zu einem Abbild, einem Zeichen dessen geworden, was der Herr Jesus tun würde.
5 - 12 Der Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer
5 Und als die Jünger an das jenseitige Ufer kamen, hatten sie vergessen, Brote mitzunehmen. 6 Jesus aber sprach zu ihnen: Gebt Acht und hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer. 7 Sie aber überlegten bei sich selbst und sagten: Weil wir keine Brote mitgenommen haben. 8 Als aber Jesus es erkannte, sprach er: Was überlegt ihr bei euch selbst, Kleingläubige, weil ihr keine Brote mitgenommen habt? 9 Versteht ihr noch nicht, erinnert ihr euch auch nicht an die fünf Brote für die fünftausend und wie viele Handkörbe ihr aufgehoben habt, 10 noch an die sieben Brote für die viertausend und wie viele Körbe ihr aufgehoben habt? 11 Wie, versteht ihr nicht, dass ich euch nicht von Broten sagte: Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer? 12 Da verstanden sie, dass er nicht gesagt hatte, sich zu hüten vor dem Sauerteig der Brote, sondern vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer.
Als die Jünger am anderen Ufer ankommen, merken sie, dass sie vergessen haben, Brote mitzunehmen. Der Herr weiß, dass sie darüber beunruhigt sind. Er selbst aber denkt nicht nur an ihr leibliches, sondern jetzt an ihr geistliches Wohlergehen. Er weiß, wie sehr seine Jünger noch für die Vernunftschlüsse der Pharisäer und Sadduzäer anfällig sind, und deshalb warnt Er sie in einer bildlichen Sprache, die sie eigentlich verstehen müssten, davor.
Die Jünger aber haben noch eine ganz andere Wellenlänge als der Herr. Wenn der Herr über Sauerteig redet, stellen sie sofort eine Verbindung zu den Broten her, die sie vergessen haben. Sie denken immer nur an ihre leiblichen Bedürfnisse. Wenn der Herr spricht und Christen anfangen, ihre eigene Vernunft zu gebrauchen, verstehen sie den Herrn nie. Die Ursache ist, dass sie beim Menschen anfangen und dann versuchen, zu Gott emporzusteigen. Richtige, gesunde Überlegung eines Christen beginnt aber bei Gott und endet beim Menschen. Der Herr merkt, wie und worüber sie miteinander nachdenken und stellt ihnen dazu eine Frage. Indem Er sie als „Kleingläubige“ anredet, weist Er sie gleich darauf hin, dass ihre Überlegungen nicht richtig sind. Auch wir beginnen mit unseren eigenen Überlegungen, wenn wir nicht zuerst an Christus denken. Darauf weist der Herr in seiner Antwort hin. Wenn sie gleich an Ihn gedacht hätten, wäre die Sorge um Brot bei ihnen gar nicht aufgekommen.
Der Herr erinnert sie nicht nur an die fünf Brote für die Fünftausend, sondern insbesondere daran, wie viel hinterher übrig geblieben war. Er versorgt nicht nur, sondern Er gibt Überfluss. Um seine Jünger noch deutlicher darauf hinzuweisen, erinnert Er sie auch noch an die sieben Brote für die Viertausend, und auch hier wieder besonders an das, was dabei übrig geblieben war. Sie waren doch dabei gewesen! Sie hatten doch selbst das Brot ausgeteilt und sogar selbst die übrig gebliebenen Brocken eingesammelt. Bei beiden Wundertaten waren sie so unmittelbar beteiligt gewesen, und trotzdem waren sie jetzt so sehr mit ihren vergessenen Broten beschäftigt, dass sie die Worte des Herrn nur darauf zu bezogen. Durch die Erinnerung des Herrn musste ihnen am Ende doch wohl klar werden, dass Er nicht über Brote gesprochen hatte.
Im Anschluss daran warnt der Herr sie noch einmal vor dem Sauerteig der Pharisäer. Nun begreifen die Jünger, was der Herr gemeint hat: die böse Lehre der Pharisäer und Sadduzäer. Sauerteig ist in der Heiligen Schrift immer ein Bild von etwas Verkehrtem, Sündigem. Der Sauerteig der Pharisäer ist deshalb die religiöse Heuchelei, der es vor allem auf äußere und zeremonielle Korrektheit ankommt. Der Sauerteig der Sadduzäer ist der intellektuelle Stolz, der den Verstand auf den Thron des alleinigen Richters setzt, die Offenbarung Gottes und den Glauben aber mit einer Handbewegung beiseiteschiebt. Diese Fehlhaltungen durchziehen die ganze Christenheit. Auf der einen Seite sehen wir Ritualismus, auf der anderen Rationalismus und manchmal auch eine Mischung von beidem. Im Brief an die Kolosser warnt uns Paulus sowohl vor dem Rationalismus (dem Verstand) als auch vor dem Ritualismus (dem rein formalen Dienst) (Kol 2,8; 2,16–22).
Die Warnung des Herrn vor dieser Art des Sauerteigs geht unmittelbar seiner Offenbarung betreffs der Gemeinde voraus, die wir in den nun folgenden Versen von Ihm hören. Das bedeutet: Wenn wir die eine oder die andere Art von Sauerteig in uns aufnehmen, werden wir seine Offenbarung bezüglich der Gemeinde in den folgenden Versen nicht verstehen.
13 - 14 Wer sagen die Menschen, dass ich sei?
13 Als aber Jesus in das Gebiet von Cäsarea Philippi gekommen war, fragte er seine Jünger und sprach: Wer sagen die Menschen, dass ich, der Sohn des Menschen, sei? 14 Sie aber sagten: Die einen: Johannes der Täufer; andere aber: Elia; und wieder andere: Jeremia oder [sonst] einer der Propheten.
Die Frage des Herrn bezieht sich direkt auf seine Person und ist deshalb der Kern aller weiteren Fragen. Er stellt diese Frage an seine Jünger. Als Menschen, die mit den gängigen Meinungen über den Herrn vertraut sind, sollten sie in der Lage sein, hierauf zu antworten. Der Herr stellt diese Frage ausgerechnet in dem Gebiet, das die Beherrschung des Volkes durch die Heiden und damit auch die Sünde des Volkes sowie Gottes Zucht darüber wie kaum ein anderes ins Bewusstsein bringt. Cäsarea Philippi ist nach Caesar, dem römischen Kaiser, benannt, der auch das Land Israel unterworfen hat, ebenso aber auch nach Philippus I. aus der Familie des Herodes. In diesem Gebiet, dessen Name also so deutlich macht, wie sehr das Volk Gottes von Gott abgewichen ist, beginnt der Herr jetzt über die Gemeinde zu sprechen.
Er will also zuerst von seinen Jüngern wissen, was die Menschen im Allgemeinen so über Ihn denken. Das ist den Jüngern ja bekannt. Ihre Antwort zeigt, dass im Volk – menschlich gesehen – eigentlich ganz gut gemeinte Vergleiche gezogen werden. Sie reichen aber an die wahre Bedeutung des Herrn Jesus überhaupt nicht heran. Alles, was sie dachten, bestand nur aus menschlichen Ansichten und hatte mit Glauben gar nichts zu tun. Es ließ die Menschen in völliger Unsicherheit. Diese Unsicherheit resultiert aus der Gleichgültigkeit dem Herrn Jesus gegenüber; die Seele empfindet keinerlei geistliche Not und weiß nichts davon, dass sie nur in der Wahrheit, in dem Heiland Ruhe finden kann.
Solche Menschen haben zwar eine hohe Meinung über den Herrn Jesus, sind aber von der Wahrheit über seine Person unendlich weit entfernt. Sie bilden eine zweite Klasse von Menschen neben den Pharisäern, die in ihrem Hochmut und Unglauben den Heiland abweisen. Es gibt aber auch noch eine dritte Klasse, von der Petrus ein Beispiel ist. Das sind die Menschen, denen Gott offenbart, wer Christus wirklich ist, indem Er ihnen den Glauben schenkt.
15 - 16 Wer sagt ihr, dass ich bin?
15 Er spricht zu ihnen: Ihr aber, wer sagt ihr, dass ich sei? 16 Simon Petrus aber antwortete und sprach: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.
Nun aber fragt der Herr sie direkt: Wer sagt ihr, dass ich sei? Diese Frage ist für jeden Jünger von höchster Wichtigkeit. Simon Petrus antwortet als Erster. Er bekennt, dass der Herr Jesus der Christus ist, das bedeutet: der Messias als der Erfüller der Verheißungen Gottes sowie der Prophezeiungen, die eben diese Erfüllung angekündigt haben. Er ist der von Gott verheißene Messias und außerdem nach Psalm 2 der Sohn Gottes. Dies ist das Bekenntnis des jüdischen Überrestes (Joh 1,49).
Darüber hinaus bekennt Petrus Ihn als den Sohn des lebendigen Gottes, womit er zugleich zum Ausdruck bringt, dass in dem Herrn Jesus Leben ist und Er die Macht hat, Leben zu geben. Der Sohn des lebendigen Gottes zu sein bedeutet, dass Er selbst dieses Leben besitzt. Was darauf gebaut wird, kann nicht durch den Tod angetastet und kann niemals vernichtet werden. Alles ist auf seine Person gegründet.
17 - 20 Die Gemeinde und das Reich
17 Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Glückselig bist du, Simon, Bar Jona; denn Fleisch und Blut haben es dir nicht offenbart, sondern mein Vater, der in den Himmeln ist. 18 Aber auch ich sage dir: Du bist Petrus; und auf diesen Felsen werde ich meine Versammlung bauen, und [die] Pforten [des] Hades werden sie nicht überwältigen. 19 Ich werde dir die Schlüssel des Reiches der Himmel geben; und was irgend du auf der Erde binden wirst, wird in den Himmeln gebunden sein, und was irgend du auf der Erde lösen wirst, wird in den Himmeln gelöst sein. 20 Dann gebot er den Jüngern, niemand zu sagen, dass er der Christus sei.
Christus hat zur Genüge bewiesen, wer Er ist. Aber alle diese Beweise hatten offensichtlich keinerlei Auswirkung auf das Herz irgendeines Menschen. Allein die Offenbarung des Vaters ist der Weg, zu erfahren, wer Er ist, und das geht weit über die Erwartung eines Messias hinaus. Der Herr Jesus fügt nun der Offenbarung des Vaters an Petrus eine neue Offenbarung hinzu. Indem Er sagt: „aber auch ich sage dir“, stellt Er sich auf dieselbe Ebene wie der Vater. Er und der Vater sind eins (Joh 10,30). Der Vater hat etwas offenbart, und nun wird auch der Herr Jesus etwas offenbaren.
Vor dieser Offenbarung aber benutzt Er die Bedeutung des Namens Petrus, indem Er zu ihm sagt: „Du bist Petrus“. Petrus bedeutet „Stein“. Damit zeigt der Herr, dass Petrus einer der Steine ist, die auf den Felsen (griech. petra) gebaut werden. Petrus hat diese Anspielung auf seinen Namen sehr wohl verstanden, wie wir in seinem ersten Brief sehen; darin bezeichnet er nämlich die Gläubigen als lebendige Steine, die ein geistliches Haus bilden (1Pet 2,5).
Das Bauen der Gemeinde lag hier noch in der Zukunft, denn der Herr sagt: „werde ich ... bauen“. Das beinhaltet übrigens auch, dass die Gemeinde also nicht seit Adam existiert. Außerdem weist der Herr darauf hin, dass dieses Werk Gottes durch keine Macht des Feindes gestört werden kann. Wo es darum geht, dass Menschen am Bauen der Gemeinde beteiligt sind, ist allerdings wohl Zerstörung möglich (1Kor 3,12–17). Die Auferstehung des Herrn Jesus ist der Beweis, dass Er der Sohn des lebendigen Gottes ist (Röm 1,4) und dass der Tod keinerlei Macht über Ihn hat. Der Herr Jesus selbst hat die Schlüssel des Todes und des Hades (Off 1,18).
Nun gibt der Herr Jesus Petrus die Schlüssel des Reichs der Himmel, nicht etwa die Schlüssel der Gemeinde. Das Reich wird durch Menschen gestaltet; die Gemeinde, wie der Herr sie hier vorstellt, ist allein das Werk Gottes. Wir sehen bei verschiedenen Gelegenheiten, wie Petrus die Schlüssel gebraucht: in Apostelgeschichte 2, um die Juden zu „lösen“, d. h. sie aus ihrer jüdischen Umgebung zu befreien (Apg 2,37–40). In Apostelgeschichte 10 gebraucht er die Schlüssel, um die Heiden zu „lösen“, d. h. sie aus ihrer heidnischen Umgebung zu befreien (Apg 10,44–48). Die Tür, durch die sie in das Reich der Himmel gelangten, ist die Taufe. In Apostelgeschichte 8 benutzt Petrus die Schlüssel, um den Zauberer Simon zu „binden“, d. h., seine Sünden an ihm festzumachen (Apg 8,20–23). Obwohl dieser Zauberer Simon getauft war, wurde doch erkennbar, dass er noch mit seinen Sünden behaftet war, was durch die Handlung des Petrus gewissermaßen bekräftigt wurde. Aus diesen Situationen, in denen Petrus von den Schlüsseln Gebrauch macht, erkennen wir, dass das Reich und die Gemeinde zwei unterschiedene Bereiche sind.
Nach diesen besonderen Mitteilungen des Herrn ist bei den Jüngern vielleicht der Wunsch entstanden, Ihn als den Christus bekanntzumachen. Das will der Herr aber nicht. Die Zeit dafür ist vorbei, seitdem das Volk Ihn verworfen hat. Ihm geht es jetzt um etwas anderes: um sein Werk am Kreuz. Das stellt der Herr im folgenden Vers vor.
21 - 23 Die erste Leidensankündigung
21 Von da an begann Jesus seinen Jüngern zu zeigen, dass er nach Jerusalem hingehen müsse und von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten vieles leiden und getötet und am dritten Tag auferweckt werden [müsse]. 22 Und Petrus nahm ihn beiseite und fing an, ihn zu tadeln, indem er sagte: [Gott] behüte dich, Herr! Dies wird dir nicht widerfahren! 23 Er aber wandte sich um und sprach zu Petrus: Geh hinter mich, Satan! Du bist mir ein Ärgernis, denn du sinnst nicht auf das, [was] Gottes, sondern auf das, [was] der Menschen [ist].
Nachdem der Herr offenbart hat, dass Er die Gemeinde bauen wird, spricht Er nun zum ersten Mal über seine Leiden, seinen Tod und seine Auferstehung. Er weiß, dass Ihm das nun bevorsteht. Wenn die Gemeinde entstehen soll, dann wird Er zuerst das Erlösungswerk am Kreuz vollbringen und alle Leiden durchstehen müssen, die Ihm in diesem Zusammenhang zugefügt werden. Um das alles zu erleiden, musste Er nach Jerusalem gehen (also nicht, um dort den Thron zu besteigen). Aber Er fügt auch hinzu, dass Er am dritten Tag auferweckt werden wird. Sein Tod ist nicht das Ende. Der Herr will, dass seine Jünger das wissen.
Von einem leidenden Messias will Petrus allerdings nichts hören: Das kann nicht wahr sein und darf auch nicht geschehen! Dafür beruft er sich sogar auf die Gnade Gottes. Petrus war noch zu sehr mit der Errichtung des Reichs hier und jetzt beschäftigt. Darüber ignorierte er das Problem der Sünden des Volkes. Wie gesegnet und geehrt Petrus durch die Offenbarung des Vaters auch war, sein Herz hing doch noch auf eine fleischliche Weise an der menschlichen Herrlichkeit des Messias (in Wirklichkeit an seiner eigenen). Zu der Höhe der Gedanken Gottes konnte er sich nicht erheben. Darin ist Petrus nicht allein. Überzeugt zu sein von den erhabenen Wahrheiten und diese sogar aufrichtig als Wahrheiten zu genießen, ist etwas anderes als ein durch sie gebildetes Herz zu haben, so dass auch die Empfindungen und der Wandel auf der Erde mit diesen Wahrheiten übereinstimmen.
Der Herr erkennt, aus welcher Quelle Petrus redet. Petrus lässt sich vom Satan benutzen, der den Herrn von seinem Weg des Gehorsams abbringen will. Satan konnte Petrus dazu gebrauchen, weil Petrus nicht die Wege Gottes, sondern die der Menschen bedachte. Menschen sind leidensscheu; sie wollen Herrlichkeit, ohne dafür leiden zu müssen. Bei Gott aber gibt es keine irdische Herrlichkeit, ohne vorher dafür zu leiden.
24 - 28 Die Nachfolge des verworfenen Christus
24 Dann sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn jemand mir nachkommen will, [so] verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf und folge mir nach. 25 Denn wer irgend sein Leben erretten will, wird es verlieren; wer aber irgend sein Leben verliert um meinetwillen, wird es finden. 26 Denn was wird es einem Menschen nützen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber seine Seele einbüßt? Oder was wird ein Mensch als Lösegeld geben für seine Seele? 27 Denn der Sohn des Menschen wird kommen in der Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Engeln, und dann wird er jedem vergelten nach seinem Tun. 28 Wahrlich, ich sage euch: Es sind einige von denen, die hier stehen, die [den] Tod nicht schmecken werden, bis sie den Sohn des Menschen haben kommen sehen in seinem Reich.
Mit den Hinweisen auf seine Verwerfung verbindet der Herr eine Belehrung für seine Jünger. Er stellt ihnen die Kosten der Nachfolge vor: Sie kostet alles! Wer Ihm nachfolgen will, muss sich selbst und alle seine eigenen Interessen völlig verleugnen. Zudem muss er bereit sein, die Verachtung seitens der Welt zu ertragen. Das bedeutet nämlich „sein Kreuz aufnehmen“. Das eine wie auch das andere stellt der Herr seinen Jüngern als notwendige Wahl vor. Wer Ihm folgen will, muss dazu bereit sein – erst dann kann er dem Herrn folgen. Niemand wird dazu gezwungen, aber wenn jemand es Ihm nachfolgen will, ist das der Preis.
Wer nur für das Diesseits leben und auf diese Weise sein Leben retten will, wird es letzten Endes nicht retten können, sondern es ganz sicher verlieren. Wenn jemand aber sein Leben dem Herrn ausliefert, wird er das wahre Leben finden, das man nur in Gemeinschaft mit Ihm finden und genießen kann. Was der Herr hier sagt, ist einfach die Wahrheit, die unausweichlich ist; wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um des Herrn willen verliert, wird es finden.
Der Herr gibt den Jüngern und uns noch etwas zu bedenken, das die Wahl erleichtern soll. Er möchte, dass sie und wir einmal darüber nachdenken. Stellen wir uns vor, wir würden die ganze Welt gewinnen. Wie lange könnten wir das genießen? Es könnten allerhöchstens hundert Jahre sein, und das auch nur in begrenztem Maß. Wir könnten uns z. B. einen Überfluss an wunderbarem Essen und kostbare Schmuckstücke leisten, aber unser Magen hat nur ein begrenztes Fassungsvermögen und auch unser Körper oder unser Haus könnte nur eine begrenzte Menge an Schmuckgegenständen aufnehmen. Und am Ende kommen sowieso der Tod und die Ewigkeit. Wenn dann dabei die Seele eingebüßt wird, folgt dem kurzen irdischen Genuss ein ewiger Schmerz. Die Seele ist nun einmal das Kostbarste, was ein Mensch hat. Wenn er diese für immer verliert, gibt es kein einziges Tauschmittel, um ihn von der ewigen Pein zu befreien. Mit diesen Worten weist der Herr auf den unermesslichen Wert der Seele hin. Darüber sollen die Menschen sich Sorgen machen, nicht über den zeitlichen Genuss der Welt.
Der Herr stellt die hohe Bedeutung der Seele in das Licht seiner baldigen Ankunft als Sohn des Menschen, wenn Er jedem Menschen nach seinen Werken vergelten wird. Er wird dann auch nicht allein kommen, sondern seine Engel werden Ihn begleiten und die Herrlichkeit seines Vaters wird Ihn umgeben. Alles wird in Glanz und Majestät erstrahlen. Wer das verachtet und sich nicht jetzt schon im Glauben vor dieser kommenden Majestät niederbeugt, tut seiner Seele Gewalt an.
Nach diesen ernsten Worten hat der Herr eine Ermutigung für einige seiner Jünger, und zwar für Petrus, Jakobus und Johannes. Sie werden mit ihren eigenen Augen den Sohn des Menschen in seinem Reich kommen sehen, bevor sie sterben. Das wird sogar sehr bald geschehen, denn der Herr deutet mit diesen Worten auf die Szene hin, die wir in dem unmittelbar folgenden Abschnitt vor Augen haben: die Verherrlichung des Herrn auf dem Berg. Das, was sie dort zu sehen bekommen, wird sie ermutigen, ihren Dienst für Ihn fortzusetzen, wie groß der Widerstand auch sein mag.