1 - 2 Der Berufung würdig wandeln
1 Ich ermahne euch nun, ich, der Gefangene im Herrn, dass ihr würdig wandelt der Berufung, mit der ihr berufen worden seid, 2 mit aller Demut und Sanftmut, mit Langmut, einander ertragend in Liebe,
V1. Mit dem Wort „nun“ beginnt ein neuer Abschnitt. Dieses Wort ist der Wechsel vom überwiegend lehrmäßigen Teil zum mehr praktischen Teil. Man findet diesen Wechsel, manchmal mit dem Wort „nun“ eingeleitet, in mehreren Briefen des Paulus (Röm 12,1; Kol 3,1). Es kommt darauf an, dass wir die Belehrung des ersten Teiles des Briefes nun auch in die Praxis umsetzen. Wir werden auf unsere Verantwortung angesprochen. So wichtig Erkenntnis auch ist – ihr Zweck ist, dass sie sich in deinem und meinem Leben auswirkt. Paulus ermahnt seine Leser, der Berufung würdig zu wandeln, mit der sie berufen sind. Um dieser Ermahnung gehorchen zu können, musst du wissen, was mit dieser Berufung gemeint ist. Dem Wort „Berufung“ sind wir bereits in Kapitel 1 begegnet (Eph 1,18). Dort ging es um unsere persönlichen Segnungen. Um diese Berufung geht es hier jedoch nicht. Hier hat die Berufung mit dem zu tun, was wir in Kapitel 2 gelesen haben, nämlich dass wir zusammen mit allen Heiligen ein Leib und ein Haus geworden sind. Es ist unsere Berufung, das in die Praxis umzusetzen.
In anderen seiner Briefe spricht Paulus ebenfalls über „würdig wandeln“. Genauso wie im Brief an die Epheser schließt die Ermahnung zu einem würdigen Wandel jeweils an die Belehrung an, die dort gegeben wird. In Philipper 1 sagt Paulus ihnen: „Wandelt nur würdig des Evangeliums“ (Phil 1,27). In diesem Brief schreibt er von seiner Verteidigung des Evangeliums und der Gemeinschaft, die die Philipper darin mit ihm hatten. Er wünscht, dass sie sich im täglichen Leben in Übereinstimmung damit verhalten. In Kolosser 1 ist das Gebet des Paulus darauf gerichtet, dass die Kolosser dazu kommen, „würdig des Herrn zu wandeln“ (Kol 1,9.10). Das entspricht dem Ziel dieses Briefes, nämlich die Herzen der Kolosser auf den verherrlichten Herrn als das Haupt der Gemeinde zu richten. In 1. Thessalonicher 2 geht es darum, dass die Gläubigen „würdig des Gottes ... wandeln“ (1Thes 2,12). In diesem Brief wird unser Auge auf die Zukunft gerichtet, wenn Gott sein Königreich auf der Erde errichten wird. Paulus ermahnt dort, dass wir als Gläubige die Herrschaft Gottes, die bald auf der Erde sichtbar werden wird, bereits jetzt in unserem Leben zeigen.
Es fällt auf, dass Paulus dieses Kapitel mit beinahe denselben Worten wie das vorige beginnt. Doch wie du dort gesehen hast, spricht er nach den Anfangsworten zuerst in einer Art Zwischensatz über das „Geheimnis des Christus“ (Eph 3,4). In Kapitel 4 nimmt er mit nahezu denselben Worten den Faden wieder auf. Das macht besonders deutlich, dass der erste Vers von Kapitel 4 eigentlich an Kapitel 2 anschließt (Eph 4,1). Deshalb verstehen wir auch, dass die Berufung mit dem zu tun hat, was im letzten Teil von Kapitel 2 vorgestellt worden ist. In den folgenden Versen wirst du bestätigt finden, dass es unsere Berufung ist, die Einheit der Gemeinde als Leib und als Haus zu bewahren. Du erinnerst dich sicher noch, dass diese Einheit Bezug auf das hat, was Juden und Heiden zusammen geworden sind. In der Gemeinde ist der Unterschied zwischen diesen beiden weggefallen. Das hat Paulus verkündigt, und das hat ihn im Gefängnis landen lassen.
Dass er sich als Gefangener vorstellt, muss daher auch ein besonderer Appell an die Gläubigen sein, seiner Ermahnung Gehör zu schenken. Beachte, dass er sich selbst nicht als Gefangener des Kaisers von Rom betrachtet. Auch hörst du ihn nicht über die Juden schimpfen, die ihn überliefert hatten, als wäre es ihre Schuld. Nein, er sah sich selbst als der „Gefangene im Herrn“. Der Herr, dem er sein Leben und seinen Dienst geweiht hatte, lenkte sein Leben. Paulus wusste sich in seiner Hand. Er wäre niemals im Gefängnis gelandet, wenn der Herr das nicht zugelassen hätte. Und wenn der Herr etwas zulässt, hat Er seine weise Absicht damit. Das gab Paulus Ruhe und Vertrauen, sich in die Umstände zu schicken, in denen er sich befand. Auch du und ich d:urfen lernen, die Umstände, in denen wir uns befinden, auf dieselbe Weise zu betrachten und entsprechend damit umzugehen.
V2. Nach seiner Ermahnung zu einem Wandel, der zu der Berufung passt, beschreibt er in Vers 2, in welcher Gesinnung dieser Wandel geschehen soll. Diese Gesinnung äußert sich in Demut, Sanftmut, Langmut, Liebe und Duldsamkeit. Das Ziel, das erreicht werden soll, ist das Bewahren der Einheit des Geistes. Die verschiedenen Kennzeichen dieser Einheit werden in den Versen 4–6 aufgezählt.
Das erste Kennzeichen ist Demut. Demut bedeutet nicht, dass du schlecht von dir selbst denkst oder immer über deine Bedeutungslosigkeit sprichst. Wenn das so wäre, würdest du doch immer selbst im Mittelpunkt stehen. Demut bedeutet, dass du in den Hintergrund trittst. Das zeigt den Zustand deines Herzens. Nicht du bist wichtig, der Herr und die Seinen sind wichtig. Es geht nicht um deine Ehre, sondern um seine Ehre. Wer wirklich demütig ist, hat gelernt, von sich selbst abzusehen und auf den Herrn zu sehen. Deine eigene Person ist erst wirklich im Hintergrund verschwunden, wenn der Herr in den Vordergrund tritt. Demut stellt seine eigenen Interessen zurück, damit Christus alles ist. Damit beginnt jede gute Kommunikation zwischen Gläubigen. Deshalb steht „mit aller Demut“ hier an erster Stelle.
Auf Demut folgt Sanftmut. So wie wir lernen müssen, demütig zu sein, müssen wir auch lernen, sanftmütig zu sein. Dazu müssen unsere Leidenschaften und unser Stolz gebrochen werden, unser eigenes Ich muss zerbrochen werden. Bei Mose dauerte es 40 Jahre, bis er so weit war. In diesen 40 Jahren wurde er von einem jähzornigen in einen sanftmütigen Menschen verwandelt (vgl. 2Mo 2,12 mit 4Mo 12,3). Nachdem er das geworden war, konnte Gott ihn gebrauchen, sein Volk zu führen. Wer demütig ist, bildet für niemand eine Bedrohung; wer sanftmütig ist, fühlt sich von niemand bedroht. Wir sehen das vollkommen bei dem Herrn Jesus. Er konnte sagen: „... ich bin sanftmütig und von Herzen demütig“. Das war Er, und zwar immer. Deshalb konnte Er vorher sagen: „... lernt von mir“ (Mt 11,29). Wir sind von Natur aus nicht demütig und sanftmütig, wir können es aber werden, wenn wir von Ihm lernen wollen. Sein Angebot, von Ihm zu lernen, gilt immer noch.
Nun kann es sein, dass du durch die Gnade Gottes bereits Fortschritte in der Schule des Herrn gemacht hast. Doch dann hast du immer noch mit deinen Brüdern und Schwestern zu tun. Du merkst, dass es solche gibt, die sich noch hervortun wollen. Du merkst, dass andere sich dadurch bedroht fühlen und heftig darauf reagieren. Wie sollst du damit nun wieder umgehen? Du musst lernen, damit in „Langmut“ umzugehen. Langmut bedeutet, „lang von Gemüt sein“, dass dein Gemüt es sehr lang mit deinem Bruder oder deiner Schwester aushält. Ein anderes Wort dafür ist „Geduld“. Es geht also darum, dass du mit Geduld demütig und sanftmütig gegenüber deinem Mitbruder und deiner Mitschwester bist. Die Gefahr besteht, dass du diese Haltung zwar annimmst, dann jedoch meinst, dass du besser bist als der andere. Du kannst den Eindruck erwecken, dass du einen erhabenen Status erreicht hast, von dem aus du ein bisschen mitleidig auf andere herabsiehst, die noch nicht so weit sind.
Paulus hat ein Auge für diese Gefahr und fügt deshalb hinzu, dass wir einander in Liebe ertragen sollen. Du musst gut verstehen, dass die drei genannten Eigenschaften erst wirklich gut zur Blüte kommen, wenn sie in der Liebe gewurzelt sind. Die Liebe versetzt dich in die Lage, den anderen, der noch nicht vollkommen ist, so wie du noch nicht vollkommen bist, zu ertragen. Wenn du sehen willst, wie Liebe wirkt, kannst du 1. Korinther 13 lesen (1Kor 13,1–13). Das ist eigentlich eine Beschreibung des Wesens Gottes. Gott ist Liebe (1Joh 4,8.16). Alle seine Eigenschaften fließen daraus hervor. So war es auch bei dem Herrn Jesus. Bei uns, die wir den Herrn Jesus als unser Leben empfangen haben, ist das nicht anders.
Lies noch einmal Epheser 4,1.2.
Welche Eigenschaften hast du nötig, um die Einheit zu bewahren?
3 - 6 Die Einheit des Geistes
3 euch befleißigend, die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Band des Friedens. 4 [Da ist] ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen worden seid in einer Hoffnung eurer Berufung. 5 Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, 6 ein Gott und Vater aller, der über allen und durch alle und in [uns] allen [ist].
V3. In den vorigen Versen haben wir die Eigenschaften gesehen, die nötig sind, um die Einheit des Geistes bewahren zu können. Lasst uns nun einmal sehen, was das Bewahren der Einheit des Geistes bedeutet. Sie ist ein sehr wichtiges Thema, das häufig falsch verstanden wird. Hier steht nicht: die Einheit des Leibes bewahren. Die Einheit des Leibes besteht bereits. Leider ist diese Einheit in der Praxis nicht bewahrt geblieben. Die Ursache dafür ist die Uneinigkeit unter uns als Christen. Wir folgen nicht alle zusammen dem Herrn Jesus, sondern einer Lieblingslehre oder einem Lieblingsprediger. Was wir so recht menschlich bevorzugen, hat den Vorrang vor dem bekommen, was Gott in seinem Wort über die Gemeinde zu sagen hat.
Es ist allerdings möglich, als (örtliche) Gemeinde zu zeigen, dass es einen Leib gibt. Das geschieht dort, wo die Einheit des Geistes bewahrt wird. Die Aufforderung lautet daher auch nicht, uns anzustrengen, die Einheit des Leibes zu bewahren, sondern die des Geistes. Es gibt nur einen Geist, und den haben alle empfangen, die das Evangelium ihres Heils geglaubt haben (1Kor 15,1–4; Eph 1,13). Durch diesen einen Geist ist auch der eine Leib entstanden, als der Heilige Geist am Pfingsttag ausgegossen wurde (1Kor 12,13). Alle nun, die den Geist empfangen haben, werden aufgerufen, die Einheit des Geistes zu bewahren. Das ist also keine Aufforderung an den einzelnen Christen, sondern geht alle an, die zu dem einen Leib gehören.
Im Geist wandeln und durch den Geist geleitet werden (Gal 5,16.18) kann persönlich geschehen, doch das Bewahren der Einheit des Geistes kann nur zusammen mit anderen stattfinden. Die Einheit des Geistes ist nicht einfach eine Einheit in Gedanken, eine Einheit, die dadurch erlangt wird, dass man miteinander einig wird, manchmal, indem man einen Kompromiss schließt. An solch einer Einheit hat der Geist keinen Anteil. Es geht um eine Einheit, wie sie zu Beginn der Christenheit zu sehen war. Damals war man „ein Herz und eine Seele“ (Apg 4,32). Diese Einheit, wie auch die Einheit des Leibes, ist nicht bewahrt worden. Trotzdem werden wir hier aufgefordert, diese Einheit zu bewahren, uns sogar zu befleißigen, also einzusetzen. Das können wir tun, indem wir mit unseren Mitgläubigen dafür sorgen, dass dem Fleisch kein Raum gegeben wird. Diese Gefahr ist dadurch entstanden, dass das Fleisch, das menschliche Denken, die Möglichkeit bekommen hat, sich beim Bewahren der Einheit des Geistes Geltung zu verschaffen.
Das Wirken des Fleisches ist auf zwei Weisen zum Ausdruck gekommen. Einerseits hat man eine Einheit gebildet, die weiter ist als die des Geistes, und andererseits hat man eine Einheit gebildet, die enger ist als die des Geistes. Einer Einheit, die weiter ist als die des Geistes, begegnest du an Orten, wo Menschen als Christen aufgenommen werden, ohne dass sie es sind. Du siehst das in Kirchen und Gemeinschaften, wo jemand Mitglied sein kann ohne echte Bekehrung und ohne gottesfürchtigen Wandel, der die Folge davon ist. Man kann dort Mitglied sein durch die Taufe und das Ablegen eines Bekenntnisses, ohne dass im Herzen auch nur etwas verändert ist. Dort wird nicht die Einheit des Geistes bewahrt, sondern es wird eine menschliche Einheit gebildet. Die andere Seite, eine Einheit, die enger, begrenzter ist als die des Geistes, siehst du überall dort, wo Gläubige, die einen gottesfürchtigen Wandel führen, abgelehnt werden, weil sie den von Menschen aufgestellten Regeln nicht zustimmen. Dem begegnest du in Kirchen und Gemeinschaften, wo Forderungen gestellt werden, die der Herr uns nicht gebietet. In der Praxis wird diesen Forderungen häufig mehr Autorität beigemessen als dem Wort Gottes, während es in Wirklichkeit Gebote von Menschen sind.
Die Einheit des Geistes umfasst alle Kinder Gottes. Die einzige Forderung, die zum Bewahren der Einheit des Geistes gestellt wird, findest du in 2. Timotheus 2: Man muss den Herrn aus einem reinen Herzen anrufen, also ein wahrhaft Gläubiger sein und in Absonderung vom Bösen wandeln (2Tim 2,20–22). Wo auf diese Weise die Einheit des Geistes bewahrt wird, kann die Einheit des Leibes sichtbar werden. Ich weiß nicht, welche Glaubensgemeinschaft du besuchst, doch hier hast du den Prüfstein, um zu beurteilen, ob man nach dem Willen Gottes zusammenkommt oder nicht. Weil das solch ein wichtiges Thema ist, habe ich es etwas ausführlicher behandelt. Man könnte noch viel mehr darüber sagen, doch ich denke, dass ich die wichtigsten Kennzeichen genannt habe. Es liegt an uns, sie anzuwenden.
Für eine gute Anwendung weist Paulus noch auf das „Band des Friedens“ hin. Das Vorhergehende mag dir klar sein, praktiziert werden muss es in Frieden. In deinem Eifer kann es geschehen, dass du auf andere entweder keine Rücksicht nimmst oder ihnen deinen Willen aufzwingst. In beiden Fällen ist der Friede verschwunden. Friede ist nicht so sehr die Abwesenheit von Streit, sondern mehr, dass du in Harmonie mit deinen Mitgläubigen für das Bewahren der Einheit des Geistes eiferst. Wenn der Friede das Band ist, innerhalb dessen du eifrig bist, verhältst du dich gut.
V4. In den Versen 4–6 kommt sieben Mal das Wort „ein“ vor. Diese sieben Aspekte der Einheit kannst du in drei Gruppen einteilen. Vers 4 bildet die erste Gruppe. Dort geht es um wahrhaft Gläubige, um die innere Seite unserer Einheit, um das, was wir innerlich teilen. Nur wahre Gläubige bilden „einen Leib“; nur sie besitzen den Heiligen Geist innewohnend, haben „einen Geist“; nur sie können über „eine Hoffnung“ ihrer Berufung sprechen, die von dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus ausgegangen ist. Es geht um die Berufung in Verbindung mit dem Himmel, auf die sich die Hoffnung des Gläubigen richtet und die in Erfüllung geht, wenn der Herr Jesus wiederkommt. Dann können wir alle herrlichen Segnungen, von denen wir in diesem Brief hören, vollkommen genießen.
V5. Dieser Vers zeigt die zweite Gruppe. Hier geht es um die praktische Einheit der wahrhaft Gläubigen. Die Welt kann nichts von dem inneren Aspekt von Vers 4 sehen. Sie kann wohl sehen, dass die Gläubigen in Unterwerfung unter „einen Herrn“ leben. Er selbst ist noch nicht sichtbar auf der Erde anwesend, um seine Regierung auszuüben. Doch dass Er Autorität hat, zeigt sich im Leben seiner Untertanen. Ihr Bekenntnis ist, dass sie Christus als Herrn anerkennen. Sie dienen Ihm freiwillig, bevor die Zeit anbricht, wo jeder das gezwungenermaßen tun wird. Was ebenfalls sichtbar ist, ist „ein Glaube“. Vielleicht nicht so sehr sichtbar, wohl aber hörbar. Diejenigen, die die Einheit des Geistes bewahren wollen, bekennen eine Glaubenswahrheit, wie sehr sie sich auch voneinander unterscheiden mögen.
Auch nehmen sie im Blick auf die Welt eine völlig andere Stellung ein als die, die zur Welt gehören. Das haben sie durch die „eine Taufe“ gezeigt. Die Welt kann Zeuge davon sein, dass du getauft wirst. Von der Taufe geht das Zeugnis aus, dass der Täufling die Seite des Gestorbenen und Verworfenen wählt, den wir als den verherrlichten Herrn kennen. Durch die Taufe wirst du von der Welt und von dem Leben in der Sünde getrennt und Christus als Herrn zugefügt, um fortan in Neuheit des Lebens zu wandeln (Röm 6,1–4). Die Taufe ist also ein äußeres Kennzeichen, mit dem eine neue Art von Lebenswandel verbunden ist, und das ist für die Welt wahrnehmbar. Sie sieht Menschen, die auf den Namen des Herrn Jesus getauft sind, die Ihn als ihren einzigen Herrn anerkennen und eine Glaubenswahrheit bekennen. Die Taufe hat übrigens nichts damit zu tun, dass jemand ein Glied am Leib Christi wird. Du wirst nicht durch die Taufe ein Glied am Leib Christi, sondern durch den Empfang des Heiligen Geistes.
V6. „Ein Gott und Vater aller“ zeigt uns den dritten Aspekt der Einheit des Geistes. Alle wahrhaft Gläubigen sind mit Gott als ihrem Vater in Verbindung gebracht und dürfen Ihn so kennen. So nahe sind die Gläubigen zu Gott gebracht. Zugleich ist Er auch „über allen“ weit erhaben. Er ist ja Gott, und wir bleiben Geschöpfe. Doch Er wirkt auch „durch alle“. Er wird im Leben all der Seinen sichtbar, Er wirkt durch sie. Schließlich ist Er auch „in allen“. Ich denke, dass Johannes 17 am besten wiedergibt, was „in allen“ bedeutet. Dort sagt der Herr Jesus zum Vater: „... ich in ihnen und du in mir“ (Joh 17,23). Der Herr Jesus ist in uns, denn wir haben das ewige Leben im Sohn (1Joh 5,11.12). Dadurch, dass der Sohn in uns ist, ist auch der Vater in uns. Ist das nicht ein gewaltiger Gedanke?
Lies noch einmal Epheser 4,3–6.
Was ist dein Beitrag zum „Bewahren der Einheit des Geistes“?
7 - 10 Die Gabe des Christus
7 Jedem Einzelnen aber von uns ist die Gnade gegeben worden nach dem Maß der Gabe des Christus. 8 Darum sagt er: „Hinaufgestiegen in [die] Höhe, hat er [die] Gefangenschaft gefangen geführt [und] den Menschen Gaben gegeben.“ 9 Das aber: Er ist hinaufgestiegen, was ist es anderes, als dass er auch hinabgestiegen ist in die unteren Teile der Erde? 10 Der hinabgestiegen ist, ist derselbe, der auch hinaufgestiegen ist über alle Himmel, damit er alles erfüllte.
V7. In den vorhergehenden Versen lag der Nachdruck auf der Einheit der Gemeinde. Nun bekommst du die andere Seite zu sehen. Innerhalb der Gemeinde ist für jedes Glied eine eigene, einzigartige Aufgabe vorgesehen. Jedes Glied hat seine eigene besondere Funktion, und jede einzelne Funktion dient dazu, dass der gesamte Leib als eine harmonievolle Einheit funktioniert. Nun steht hier nicht, dass uns eine Gabe gegeben ist, sondern dass uns „die Gnade“ gegeben ist. Ich denke, dass so mehr der Nachdruck auf dem liegt, was nötig ist, damit du deine Funktion erfüllen kannst, und nicht so sehr auf der Funktion selbst. Du kannst wissen, dass du eine Aufgabe am Leib hast, doch du musst auch wissen, dass du zu ihrer Ausübung von der erforderlichen Gnade abhängig bist. Nun, du darfst wissen, dass diese Gnade bereits da ist, du brauchst nicht mehr darauf zu warten. Du kannst dich direkt an die Arbeit machen. Und du hast auch noch genau das Maß an Gnade empfangen, das du beim Ausüben deiner Gabe brauchst. Es ist sehr genau von Christus festgelegt. Er ist es, der die Gnade gibt.
V8. Auf Christus wird in den Versen 8–10 noch einmal besonders der Scheinwerfer gerichtet. Wer ist Er, der diese Gnade austeilt, und das in der richtigen Menge? Er ist es, der einen vollkommenen Sieg über den Feind errungen hat. Er ist es, der als Folge davon über alles und alle erhaben ist. Er ist es, der aus dieser erhabenen Stellung heraus den Gliedern seines Leibes Gaben austeilt.
Lasst uns erst einmal den Sieg betrachten, der in Vers 8 beschrieben wird. Dieser Vers wird mit „Darum“ eingeleitet, und anschließend folgt ein Zitat aus Psalm 68 (Ps 68,19). Auf den ersten Blick könnte es allerdings fremd erscheinen, dass Paulus einen Vers aus dem Alten Testament anführt, um seine Belehrung zu illustrieren. Im Alten Testament ist doch überhaupt noch nicht die Rede von der Gemeinde. Hat er das nicht ausführlich im vorigen Kapitel dargelegt? Das stimmt. Doch im Alten Testament ist durchaus die Rede von Christus, und im Blick auf Ihn führt Paulus diesen Vers an.
An dem Wort „Darum“ kannst du sehen, dass die Anführung aus Psalm 68 als Bestätigung für Vers 7 dient. In diesem Vers geht es um Christus als den Geber. Vers 8 legt den Nachdruck sowohl auf den Platz, von dem aus Er gibt („die Höhe“), als auch auf das, was Er getan hat, um geben zu können („die Gefangenschaft gefangen geführt“). Psalm 68 ist ein Siegespsalm. Du liest dort, wie der HERR seine Feinde zerstreut und in die Flucht jagt. Könige, die sich gegen Ihn auflehnen, vergehen vor seinem Angesicht. Für sein unterdrücktes Volk bedeutet das Eingreifen Gottes Befreiung. Deshalb feiern sie ein Fest. Diese Szene blickt voraus auf den Beginn des Tausendjährigen Friedensreiches.
Paulus führt diesen Psalm an, weil er weiß, dass der Sieg, der dann öffentlich gesehen werden wird, für den Glauben bereits jetzt Wirklichkeit ist. Der Herr Jesus ist durch den Tod gegangen; danach ist Er auferstanden und „hinaufgestiegen in die Höhe“. In dem Wort „hinaufgestiegen“ verspürst du göttliche Kraft, die Majestät des Siegers. Dass Er die „Gefangenschaft gefangen geführt“ hat, bedeutet, dass Er allem, wodurch Menschen gefangen gehalten wurden, die Macht genommen hat. So liest du in Hebräer 2: „... damit er durch den Tod den zunichte machte, der die Macht des Todes hat, das ist den Teufel, und alle die befreite, die durch Todesfurcht das ganze Leben hindurch der Knechtschaft unterworfen waren“ (Heb 2,14.15). Er hat für alle, die Ihm angehören, die Macht der Sünde, den Tod, die Welt und das Fleisch besiegt.
Doch Er hat sie nicht nur befreit, Er hat ihnen auch Gaben gegeben. Zuerst hat Gott Ihm als Belohnung für seinen Sieg Gaben gegeben. Christus wiederum gibt denen Gaben, die an seinem Sieg teilhaben, und das sind wir. Die Gaben kommen also von einem, der gesiegt hat und nun im Himmel ist. In Vers 8 sehen wir also einen Triumphator, der im Triumph zur Höhe hinaufgestiegen ist. Und sein Sieg ist sehr groß, denn Er hat nicht nur den besiegt, der uns gefangen hielt, sondern auch dessen gesamten Apparat, alles, was ihm dabei zu Diensten stand. Auch wir, die wir in Gefangenschaft waren, sind befreit. So kann der Herr auch uns Gaben geben.
V9. Dieser Vers sagt, auf welche Weise der Sieg stattgefunden hat. Der ist geschehen, weil Er zur Erde hinabgestiegen ist. Und nicht allein zur Erde, sondern auch in deren untere Teile, d. h. in den Tod. Wenn Er nur auf die Erde gekommen wäre, hätte Er die Gefangenschaft nicht gefangen nehmen können. Er musste in den Tod, in das Grab. Es ist der Sieg dessen, der in die Höhle des Löwen eingedrungen ist, der durch den Tod gegangen und als Triumphator daraus hervorgekommen ist. Er hat gezeigt, dass Er über die Macht Satans erhaben ist. Und alle, die mit Ihm verbunden sind und an seinem Werk auf dem Kreuz teilhaben, haben auch teil an dessen Folgen. Sie sind mit Ihm der Macht des Todes entrückt und mit Ihm in die himmlischen Örter versetzt. Das gilt also nur für die Gläubigen. Für die Ungläubigen gilt, dass sie noch unter der Macht der Sünde und des Todes sind.
„Hinabgestiegen in die unteren Teile der Erde“, bedeutet nicht „niedergefahren zur Hölle“, als wäre der Herr Jesus in der Hölle gewesen. Das steht zwar im Apostolischen Glaubensbekenntnis (nach Luther), doch nicht in der Bibel. Allerdings kann man sagen, das der Herr Jesus das Gericht Gottes erfuhr, als Er am Kreuz für unsere Sünden gerichtet wurde. Hätte Er das nicht getan, wären wir in Ewigkeit in der Hölle unter dem Zorn Gottes gewesen. Das Gericht, das Er erduldete, wird nicht geringer gewesen sein als das, was unser Teil in der Hölle gewesen wäre.
V10. Doch Er ist nicht in den „unteren Teilen der Erde“ geblieben. Er ist, nachdem Er den Sieg errungen hat, hoch erhoben „über alle Himmel“, mit dem Ziel, dass „er alles erfüllte“ (vgl. Jer 23,24). Es gibt keine noch so tiefe Tiefe – Er ist dort gewesen. Es gibt keine noch so hohe Höhe – Er ist darüber erhoben. „Über alle Himmel“ ist ein bemerkenswerter Ausdruck. Es ist sozusagen die Stufe über die Erhabenheit hinaus. In Markus 16 liest du von der ersten Stufe (Mk 16,19). Dort wird Er, der wahre Diener, „in den Himmel aufgenommen“. In Hebräer 4 siehst du die zweite Stufe (Heb 4,14). Dort ist Er der große Hohepriester, „der durch die Himmel gegangen ist“. In unserem Vers ist Er der siegende Mensch, der „über alle Himmel“ hinaufgestiegen ist. Das ist die dritte, alles übertreffende, über alles hinausgehende Stufe.
Er wird alles mit seiner Gegenwart erfüllen. Das erinnert uns an das, was wir in Kapitel 1 gesehen haben (Eph 1,23). Der Unterschied ist, dass es dort um Ihn als Gott geht, während es hier um Ihn als Mensch geht. Das macht deutlich, dass es um eine Person geht, die sowohl Gott als Mensch ist.
Das ist für den menschlichen Verstand unbegreiflich und unerklärbar, doch der Glaube betet an und beugt sich nieder. Die Herrlichkeit seiner Person ist unergründlich, unerforschlich. Sie lädt dazu ein, sich mit dieser Person zu beschäftigen und Ihn immer mehr zu genießen und zu bewundern. In der Ewigkeit wird es keine Stelle im Himmel und auf der Erde geben, wo nicht seine Herrlichkeit sichtbar ist. Es gibt dann keinen Platz mehr für etwas anderes. Er ist es, und Er allein. Was Er dann sein wird, kann Er nun bereits für das Herz all derer sein, die mit Ihm verbunden sind. Auf Ihn will der Heilige Geist unser Herz richten. Auf welche Weise Er das tut, wirst du in den folgenden Versen entdecken.
Lies noch einmal Epheser 4,7–10.
Beschreibe mit deinen eigenen Worten, was du in diesen Versen von der Größe des Herrn Jesus siehst.
11 - 13 Ziel der Gaben
11 Und er hat die einen gegeben [als] Apostel und andere [als] Propheten und andere [als] Evangelisten und andere [als] Hirten und Lehrer, 12 zur Vollendung der Heiligen, für [das] Werk [des] Dienstes, für [die] Auferbauung des Leibes des Christus, 13 bis wir alle hingelangen zu der Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zu [dem] erwachsenen Mann, zu [dem] Maß [des] vollen Wuchses der Fülle des Christus;
V11. „Und er.“ Damit beginnt dieser Vers, darauf liegt der Nachdruck. Er ist es, dessen große Herrlichkeit und Erhabenheit du in den vorigen Versen gesehen hast. Er ist hinaufgefahren zur Höhe und ist dort als der siegreiche Mensch über allen Dingen. Er hat die Macht, die die Menschen beherrschte, gefangen genommen. Sein Sieg und seine Macht sind in diesem Augenblick für die Welt noch nicht sichtbar. Doch Er beweist seine Macht bereits in dieser Welt. Weißt du, wie? Dadurch, dass Er nach seiner Verheißung (Vers 8) den Menschen, die Er aus der Macht des Feindes befreit hat, Gaben gibt. Dass Er der Gemeinde Gaben gibt, ist der Beweis dafür, dass Er über allen Dingen ist. Die Gemeinde befindet sich in der Welt, im Autoritätsbereich Satans. Dennoch hat Satan nicht die geringste Autorität über die Gemeinde, sondern alle Autorität hat Er. Seine Macht ist so groß, dass Er solche, die früher Gefangene Satans waren, als Werkzeuge gebraucht, damit auch andere erlöst und auferbaut werden.
Nun musst du genau lesen: „Er hat die einen gegeben als …“ Hier steht also nicht, dass Er bestimmten Personen Gaben gegeben hat. Das liest du z. B. in Römer 12 (Röm 12,6–8). Dort hat jemand eine Gabe (vgl. 1Kor 12,4–11). Doch hier ist die Person selbst vom Herrn Jesus als eine Gabe seiner Gemeinde gegeben. In jeder der Gaben, die hier genannt werden, siehst du etwas von dem, was Christus alles für die Seinen ist. Er ist der Apostel unseres Bekenntnisses (Heb 3,1), der von Gott erweckte Prophet (Apg 3,22), der Evangelist, der Armen das Evangelium verkündigt (Mt 11,5), und der gute Hirte, der große Hirte und der Erzhirte der Schafe (Joh 10,11.14; Heb 13,20; 1Pet 5,4).
Als Erstes werden die Apostel genannt. Wir sind ihnen bereits in den Kapiteln 2 und 3 begegnet, zusammen mit den an zweiter Stelle genannten Propheten (Eph 2,20; 3,5). In Kapitel 2,20 waren sie es, die das Fundament der Gemeinde als das Haus Gottes gelegt haben (Eph 2,20). In Kapitel 3,5 waren sie es, denen Gott das Geheimnis der Gemeinde mitgeteilt hatte, damit sie es weitergäben (Eph 3,5). In beiden Fällen geht es um ein einmaliges Ereignis: Ein Fundament legst du nur einmal; ein Geheimnis, das mitgeteilt worden ist, braucht danach nicht mehr offenbart zu werden. Daher haben die Apostel und die hier gemeinten Propheten keine Nachfolger nötig. Du wirst daher in der Bibel auch vergeblich nach einer „apostolischen Nachfolge“ suchen. Wir haben keine Apostel mehr. Das wird besonders deutlich, wenn du bedenkst, was die Voraussetzungen sind, um ein Apostel werden zu können. Es ist jemand, der (a) den Herrn Jesus gesehen haben musste (1Kor 9,1) und (b) durch seine Zeichen bekannt sein musste (2Kor 12,12).
Für die Propheten gilt dasselbe. Es geht nicht um alttestamentliche Propheten. Wäre das der Fall gewesen, hätte dort nicht „Apostel und Propheten“ gestanden, sondern: Propheten und Apostel. Nein, es geht um Propheten, die zusammen mit den Aposteln das Fundament der Gemeinde gelegt haben und denen Gott das Geheimnis der Gemeinde mitgeteilt hat. Wenn diese Gaben auch nicht länger als Personen auf der Erde anwesend sind, so haben wir doch ihren Dienst. Ihre Briefe stehen nämlich in der Bibel. Apostel sind Matthäus, Johannes, Petrus und Paulus, und Propheten sind Markus, Lukas, Jakobus und Judas. Wenn wir ihre Evangelien und Briefe lesen und sie zu Herzen nehmen, werden wir dadurch als Glieder der Gemeinde immer mehr befähigt, die Funktion, die wir als Glieder haben, zu erfüllen.
Die drei folgenden Gaben sind noch als Personen unter uns. Evangelisten sorgen für neuen „Zuwachs“ der Gemeinde. Hirten und Lehrer sorgen dafür, dass diese neuen Glieder geistlich versorgt, genährt und unterwiesen werden.
V12. Das kommt in dem mehrfachen Ziel zum Ausdruck, das in diesem Vers genannt wird. Der Dienst der Gaben geschieht an den „Heiligen“ und bewirkt, dass diese Heiligen schließlich zum „Maß des vollen Wuchses der Fülle des Christus“ kommen (Vers 13). Die Gaben sind also auf die Heiligen ausgerichtet, auf dich und mich, um uns in erster Linie zu „vollenden“. Das bedeutet, dass alle Glieder des Leibes sich bewusst werden, welchen Platz sie im Leib haben, und auch, welche Funktion sie als Glied erfüllen.
Es geht also um das Funktionieren des ganzen Leibes, und das kann nur geschehen, wenn jedes Glied entsprechend funktioniert. Der Herr Jesus kann nicht mit einem mangelhaft funktionierenden Leib zufrieden sein. Deshalb ist es wichtig, dass jedes einzelne Glied sich von den Gaben dienen lässt. Das bedeutet, dass du dich mit dem Wort Gottes unter Zuhilfenahme von Bibelkommentaren bibeltreuer Männer beschäftigst, auf ihre Predigt hörst und dass du die Zusammenkünfte besuchst, wo das Wort ausgelegt und angewandt wird. Das entbindet uns übrigens nicht von der Verpflichtung zu prüfen, ob das, was sie schreiben oder sagen, mit dem Wort Gottes übereinstimmt (Apg 17,11).
Auf diese Weise werden die Glieder, du und ich, „für das Werk des Dienstes“ gebildet. Wir werden dann immer mehr befähigt, die Aufgabe auszuführen, die der Herr uns zugedacht hat, als Er uns durch seine Evangelisten der Gemeinde hinzufügte. Und dieser Dienst wiederum ist nicht losgelöst, sondern hat die „Auferbauung des Leibes des Christus“ im Auge. Es geht um das Ganze. Du bist kein Glied im Alleingang. So funktioniert es im menschlichen Leib nicht, und so funktioniert es auch im geistlichen Leib nicht. Jeder ist für den anderen da und steht im Dienst für den gesamten Leib. (Das beschränkt sich also nicht auf einige Glieder des Leibes, die du kennst und mit denen du zusammenkommst.) Und dieser ganze Leib ist für Christus da.
V13. Das Werk der Gaben ist erst abgeschlossen, wenn „wir alle hingelangen zu der Einheit des Glaubens“. Solange Uneinigkeit da ist, kann von „der Einheit des Glaubens“ keine Rede sein. Sie ist nicht ein Glaubensbekenntnis, das von Menschen aufgestellt ist und durch das Gläubige in der Praxis doch wieder voneinander getrennt werden. Jede der Gaben, die der Herr Jesus gegeben hat, ist also auch dazu bestimmt, alle Glieder auf der Grundlage der einen und vollen Wahrheit Gottes zusammenzubringen.
Es ist nicht möglich, diese Einheit des Glaubens zu erleben und gleichzeitig Glied einer Kirche oder Gruppe zu sein. Er gibt nur eine Wahrheit. Die Bibel kennt daher als einzige Mitgliedschaft die Mitgliedschaft am Leib Christi. Im Himmel wird es keine unterschiedlichen Auffassungen mehr geben und auch keine Uneinigkeit. Dort wird es Einheit im Glauben an die eine Wahrheit geben. Die Gaben arbeiten bereits jetzt an diesem Ziel. Sie sollen alle Glieder zusammen die ganze Glaubenswahrheit lehren. Sie verkündigen dazu nicht eine Anzahl Glaubenswahrheiten oder Dogmen, sondern eine Person. Es geht bei der Einheit des Glaubens um die „Erkenntnis des Sohnes Gottes“. Es geht den Gaben darum, dass alle Glieder zusammen zu Ihm hin wachsen und an Ihm, der der ewige Sohn ist, Genüge haben. Das ist das Kennzeichen alles wahren Dienstes, der anhält, bis alle Glieder „zu dem erwachsenen Mann“ gekommen sind, zu geistlichem Erwachsensein. Dieses geistliche Erwachsensein kann an der Tatsache gemessen werden, ob Christus in ihnen Gestalt bekommt (Gal 4,19). Das ist gemeint, wenn es heißt: „... zu dem Maß des vollen Wuchses der Fülle des Christus“. Das ist das Maß, nach dem Gott das Wachstum der Gemeinde misst. Niemals wird und kann Gott diesen Maßstab verringern. Und wir werden von Herzen zustimmen, wenn wir einen Blick für die Herrlichkeit des Christus Gottes bekommen haben, der der Gemeinde von Gott gegeben ist.
Lies noch einmal Epheser 4,11–13.
Was ist die Aufgabe der Gaben?
14 - 16 Heranwachsen zum Haupt
14 damit wir nicht mehr Unmündige seien, hin und her geworfen und umhergetrieben von jedem Wind der Lehre, [die] durch die Betrügerei der Menschen [kommt], durch [ihre] Verschlagenheit zu listig ersonnenem Irrtum; 15 sondern die Wahrheit festhaltend in Liebe, lasst uns in allem heranwachsen zu ihm hin, der das Haupt ist, [der] Christus, 16 aus dem der ganze Leib, wohl zusammengefügt und verbunden durch jedes Gelenk der Darreichung, nach [der] Wirksamkeit in [dem] Maß jedes einzelnen Teiles, für sich das Wachstum des Leibes bewirkt zu seiner Selbstauferbauung in Liebe.
V14. In den vorhergehenden Versen hast du gesehen, dass der Herr Jesus der Gemeinde die Gaben mit einem bestimmten Ziel gegeben hat: zur Fülle des Christus zu kommen. Dieses Ziel wird erst völlig erreicht sein, wenn wir beim Herrn Jesus im Himmel sind. Doch auch für hier und heute wird bereits ein Ziel erreicht, wenn die Gaben an dir und mir ihre Aufgaben ausüben können. Das Ziel besteht darin, dass wir feststehen und nicht sofort umfallen, wenn der Feind uns angreift. Wenn du und ich als Glieder Christi mit der Fülle des Christus erfüllt sind, werden die Lehren des Feindes keine Gelegenheit bekommen, uns wankend zu machen. Der Feind wird alles versuchen, um die Glieder daran zu hindern, zusammen ein „erwachsener Mann“ zu werden, erfüllt mit der „Erkenntnis des Sohnes Gottes“ (Vers 13).
Eins seiner erprobten Mittel besteht darin, Uneinigkeit unter den Gliedern zu säen. Er beginnt damit, Keile in die Einheit zu treiben. Die Ursache für die Uneinigkeit ist ihm egal. Ob es Uneinigkeit über die alltäglichsten Dinge ist, ob es eine Irrlehre über die Person oder das Werk Christi ist, wenn die Glieder nur aneinander geraten. Die Folge ist, dass das Bild der Fülle des Christus nicht mehr gesehen wird. Wenn die Glieder eine Einheit bilden, beieinander sind und einander stützen, sind sie stark. Doch wenn sie voneinander getrennt sind, sind sie schwach. Dann ist die Gemeinde kein Zeugnis von der Einheit des Glaubens mehr. Und wenn sie im Gegensatz zueinander stehen, ist Satans Erfolg vollständig. Weil sie in der Lehre der Schrift nicht kräftig gewurzelt sind, werden sie schnell hin und her geworfen, wenn Menschen kommen, die ihre eigene „Wahrheit“ predigen. Und wenn sie die gut zu bringen wissen, ziehen sie große Mengen an. Viele amerikanische Fernsehprediger sind ein beredtes Beispiel dafür.
Der Feind verbucht seine größten Erfolge in den Gemeinden, wo Gläubige Babys oder Unmündige bleiben. Die Gläubigen wachsen nicht in der Wahrheit, sie bleiben unausgewachsen, unerwachsen. Sie wissen nichts von der Einheit der Gemeinde und – was noch schlimmer ist – haben daran auch kein Interesse. Deshalb haben sie überhaupt keine Festigkeit und werden eine leichte Beute für schlaue Menschen, die sie mit ihrer Betrügerei auf die falsche Fährte setzen. Durch ihre Listen lassen sie unbefestigte Glieder irregehen. Oft bleiben diese Gläubigen von einem bestimmten Typ von Führern abhängig. Jede Gabe, jeder wahre Diener, ernährt ein Kind im Glauben so, dass es nicht von ihm abhängig bleibt. Der Diener wird froh, wenn er sieht, dass Kinder im Glauben durch seine Belehrung immer mehr zum Herrn hin heranwachsen und immer selbständiger werden.
V15. In seiner Belehrung wird er von Wahrheit und Liebe Gebrauch machen. Das sind die richtigen Mittel, durch die wir zu Christus hin heranwachsen. Der Vers beginnt mit „sondern“ und bildet daher einen Gegensatz zu dem Vorhergehenden. Wahrheit steht gegenüber Betrug und Irrtum, und Liebe steht gegenüber Verschlagenheit. Sowohl Wahrheit als auch Liebe sind nötig, um gesund wachsen zu können. Wahrheit ohne Liebe ist kalt und führt zu Fanatismus. Liebe ohne Wahrheit ist schwach und führt zu fleischlicher Toleranz. „Die Wahrheit festhalten“ bedeutet, dass du als Glied des Leibes in deinem ganzen Auftreten wahrhaftig bist. Du lebst aus der Wahrheit, und du lebst die Wahrheit aus. Du tust das in einem Geist der Liebe. Die Liebe ist sozusagen der Duft eines guten Parfüms, der dich umgibt.
Das war an Christus vollkommen zu sehen. Alles, was Er sagte und tat, war wahrhaftig und in Liebe eingebettet. Eine Folge davon ist, dass das, was nicht in der Gesinnung Christi gesagt wird, nicht wirklich wahr ist, es kommt dann aus dem Fleisch hervor. Jemand „die Wahrheit um die Ohren zu schlagen“, ist nicht „die Wahrheit festhalten in Liebe“. Ich fürchte, dass ich nicht der Einzige bin, der mit Scham bekennen muss, Dinge gesagt zu haben, die an sich zwar wahr waren, aber die nicht mit dem Duft der Liebe umgeben waren. Wahrheit ist nur das, was auch in Liebe festgehalten wird.
Das Gegenteil ist auch wahr: Nur die Liebe ist wahre Liebe, die in Übereinstimmung mit der Wahrheit ist. Wenn du nur lieb tust und niemals über falsche Dinge sprichst, bist du nicht wahrhaftig in der Liebe. Dann ist Liebe Heuchelei, so tun als ob. Echte Liebe wird den anderen auf das Verkehrte hinweisen, denn das richtet Schaden an. Wenn du jemand darauf hinweist, beweist du damit, dass du ihn liebst, denn dadurch kannst du Schaden abwenden oder begrenzen.
Was individuell gilt, gilt auch für die Gemeinde als Ganzes, und darum geht es hier in erster Linie. Eine Gemeinschaft, die die Wahrheit in Liebe festhält, ist nicht schnell von jedem Wind der Lehre hin und her zu werfen. Das ist eine Gemeinschaft von Menschen, wo jeder Gläubige seine eigene feste und unverbrüchliche Beziehung zu Christus hat, dem Haupt des Leibes. Zusammen wachsen sie in allem heran zu Ihm hin. Alle Aspekte ihres gemeinschaftlichen Lebens werden immer mehr von den Kennzeichen des Hauptes durchzogen. Wie gesagt, Wahrheit und Liebe sind die Kennzeichen Christi. Wenn diese bei seinen Gliedern gefunden werden, hat das zur Folge, dass sie Ihm ähnlich werden, zu Ihm hin heranwachsen.
V16. Andererseits ist das Heranwachsen zu Ihm hin wieder die Folge der Beziehung zum Haupt. Aus Christus – als dem Haupt des Leibes – kommt alles hervor, was der Leib zum Wachstum nötig hat. Es geht um das Wachstum des ganzen Leibes. Doch der ganze Leib besteht aus lauter Teilen, die durch Gelenke miteinander verbunden sind. Für das Wachstum des ganzen Leibes ist es nötig, dass jedes Glied wächst. Kein Glied sollte seinen eigenen Weg gehen und gelöst vom Haupt für sich selbst sorgen. Eine derartige Haltung würde das Wachstum des Ganzen behindern und zu Schiefwuchs führen. Es ist Gottes Ziel, dass jedes der Glieder durch die Verbindung mit dem Haupt wächst. Dadurch wird jedes Glied auch entsprechend dem Platz, den es im Leib hat, wirken können. Das „Zusammenspiel“ zwischen den Gliedern untereinander wird harmonisch verlaufen. Die Gelenke, die unsichtbaren Verbindungen zwischen den Gliedern, werden ihr Werk nicht quietschend und knirschend verrichten.
Gott hat das Maß jedes Teiles bestimmt. Kein Glied braucht mehr zu tun, sollte jedoch auch nicht weniger tun als seiner Aufgabe entspricht. Eine Hand braucht nur das Werk einer Hand zu tun. Sie sollte nicht das Werk des Fußes übernehmen wollen oder das zusätzlich machen, denn dann wird die Harmonie des Leibes gestört. Dann ist nicht mehr der ganze Leib sichtbar, sondern lediglich ein paar Funktionen, die auch noch eine schlechte Leistung bringen. Das ist zur Unehre des Hauptes, das sich selbst gern in seinem Leib widergespiegelt sieht. Wenn die Glieder einander dienen und froh machen, ist das nämlich die Folge des Werkes Christi in ihnen. Christus dient und macht froh. Wenn sein Werk auf diese Weise in den Gliedern Gestalt bekommen kann, werden sie zusammen Christus auf der Erde zeigen. Wenn der Leib so vom Haupt her funktioniert, erbaut der Leib sich selbst. Durch den Dienst, den die Glieder einander erweisen, werden sie zu Ihm hin, dem Haupt, heranwachsen. Dieser reiche Vers schließt mit den Wörtern „in Liebe“. Liebe ist, ebenso wie für das Festhalten der Wahrheit, das einzig passende „Klima“, in dem das Wachstum optimal verwirklicht wird.
Lies noch einmal Epheser 4,14–16.
Wo liegt für dich der Kern dieser Verse?
17 - 24 Früher und jetzt
17 Dies nun sage und bezeuge ich im Herrn, dass ihr fortan nicht wandelt, wie auch die Nationen wandeln, in Eitelkeit ihres Sinnes, 18 verfinstert am Verstand, entfremdet dem Leben Gottes wegen der Unwissenheit, die in ihnen ist, wegen der Verhärtung ihres Herzens, 19 die, da sie alle Empfindung verloren, sich selbst der Ausschweifung hingegeben haben, um alle Unreinheit mit Gier auszuüben. 20 Ihr aber habt den Christus nicht so gelernt, 21 wenn ihr wirklich ihn gehört habt und in ihm gelehrt worden seid, wie [die] Wahrheit in dem Jesus ist: 22 dass ihr, was den früheren Lebenswandel betrifft, abgelegt habt den alten Menschen, der nach den betrügerischen Begierden verdorben wird, 23 aber erneuert werdet in dem Geist eurer Gesinnung 24 und angezogen habt den neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit.
V17. Der Kontrast zwischen den Versen 17–19 und den vorhergehenden Versen ist groß. Der Geist der Welt, in der jeder für sich selbst lebt, ist in völligem Gegensatz zu dem Leib und den Gliedern, wo jeder für den anderen da ist. Doch Paulus weist auf die Gefahr hin, dass der Geist der Welt sich in der Gemeinde Geltung verschaffen kann. Du musst beständig damit rechnen, dass alte Gewohnheiten wieder aufleben. Es ist gefährlich zu denken, dass dein früheres Leben dich nicht mehr in den Griff bekommen könnte. Die einzige Garantie dafür, dem zu entkommen, liegt darin, nahe bei dem Herrn Jesus zu bleiben. Dass du diese Gefahr ernstnehmen musst, kannst du an den einleitenden Worten des Paulus sehen: „Dies nun sage und bezeuge ich.“ Das legt großen Nachdruck auf seine Worte. Die Zufügung „im Herrn“ weist auf die Gemeinschaft der Schreiber und Leser hin. Der Ausgangspunkt für seine Ermahnung ist die absolute Trennung, die es zwischen den Gläubigen und den Nationen gibt, zu denen sie früher – jetzt jedoch nicht mehr – gehörten. Die Trennung ist radikal und muss in ihrem gesamten Wandel, in allem, zu sehen sein.
Der Wandel des Menschen hängt stark mit seinem Denken zusammen. Wie er denkt, so lebt er. Das Denken des Menschen enthält nichts, was von bleibendem Wert ist: Es ist „in Eitelkeit“. Wie völlig anders ist das, was Gott vom Gläubigen erwartet. Der Herr Jesus sagt zu seinen Jüngern: „... ich habe ... euch dazu bestimmt, dass ihr hingehet und Frucht bringet und eure Frucht bleibe“ (Joh 15,16).
V18. Das Denken umfasst das Gedankenleben im weitesten Sinn des Wortes. Dort liegt der Ursprung des Wandels. Der Verstand hat es mit der Fähigkeit zu tun, etwas zu erkennen oder zu ergründen. In der Welt schaut man an Menschen mit einem großen Verstand hoch hinauf. Menschen, die eine gescheite Denkleistung erbracht haben, bekommen dafür Preise. Doch wenn solche Menschen nicht durch die Bekehrung und ein neues Leben mit Gott in Verbindung stehen, hat sich all ihr Denken in der Finsternis vollzogen. Finsternis herrscht überall dort, wo das Licht Gottes nicht geschienen hat. Sie sind in der Finsternis, und die Finsternis ist in ihnen.
Sie haben kein Leben aus Gott, sie sind dem Leben Gottes entfremdet. Sie haben es beständig auf Abstand gehalten. Sie haben sich davor verschlossen. Sie wissen nichts davon und wollen auch nichts davon wissen. Diese Haltung ist die Folge der „Verhärtung ihres Herzens“. Das Herz ist der innerste Kern des Menschen. Es ist das Zentrum unseres ganzen Seins. Ein verhärtetes Herz ist unzugänglich für das Gute und ist unverbesserlich. Es ist eigentlich ein Zirkel: Wer beständig alles abweist, was von Gott ist, verhärtet sein Herz, und wer ein verhärtetes Herz hat, weist stets alles ab, was von Gott ist.
V19. Noch ist Paulus nicht fertig mit seiner dunklen Schilderung des Menschen ohne Gott. In Richtung auf Gott ist alles Eitelkeit, Finsternis, Tod, Unwissenheit und Verhärtung. In Richtung auf sie selbst und ihre Umgebung gibt es kein Gefühl für das, was passend ist. Ihre natürlichen Empfindungen funktionieren nicht mehr, sie haben „alle Empfindung verloren“. Wer einerseits „dem Leben Gottes entfremdet“ ist, ist andererseits mit einem Leben in der Sünde sehr vertraut. Darin fühlen sie sich wohl wie ein Fisch im Wasser. Solche Menschen haben sich zügellos den liederlichsten Dingen hingegeben. Mit aller Gier stürzen sie sich in jedes denkbare „Treiben der Ausschweifung“ (1Pet 4,4). „Unreinheit“ hat es häufig mit sexueller Unreinheit zu tun. „Gier“ bezeichnet einen inneren Drang, der beständig mehr verlangt. Da ist eine unersättliche Sehnsucht nach der Befriedigung unreiner Wünsche.
V20. Nach dieser Beschreibung eines unbändigen Wandels der Nationen, zeigt sich der enorme Gegensatz zu Christus. Es ist auffallend, dass Paulus der Lebensweise der Welt nicht eine christliche Lebensweise gegenüberstellt, sondern eine Person. Die Gläubigen in Ephesus hatten nicht eine neue Lehre angenommen, sondern Christus. Er ist der Inhalt all dessen, was sie gelernt hatten. Alle Pläne Gottes sind mit Ihm verbunden, haben Ihn als Zentrum und Ziel. Es gibt keine Wahrheit der Schrift, die von Christus losgelöst ist. Der Christus, der den Ephesern gepredigt wurde, ist der Mensch zur Rechten Gottes. Alles, was und wer Er ist, ist dem Inhalt der Verse 17–19 völlig fremd. Es gibt keinen einzigen Berührungspunkt zwischen Ihm und den Völkern. Das bedeutet, dass für den Christen, der mit Ihm verbunden ist, das Vorhergehende „passé“, vergangene Zeit, sein muss.
V21. Bei dem Namen „Christus“ kannst du an den Herrn Jesus als den Mann der Ratschlüsse Gottes denken. So hast du Ihn kennen gelernt, nachdem du Ihn als deinen Heiland und Herrn angenommen hast. Das öffnete die Tür zu einer ungekannten Herrlichkeit. In diese Herrlichkeit dringst du in dem Maß immer tiefer ein, wie du mehr von Ihm kennen lernst. Alle Wahrheit Gottes ist in Ihm. Die Wahrheit siehst du, mit Ehrfurcht gesagt, leibhaftig in „Jesus“. Bei diesem Namen kannst du an sein Leben denken, als Er auf der Erde war. Paulus nennt Ihn nicht häufig „Jesus“, ohne weitere Zufügung. Er tut das nur, wenn er auf Ihn als demütigen Menschen auf der Erde hinweist. Paulus tut das hier, um Ihn als Vorbild vorzustellen. Wenn du wissen willst, wie du auf der Erde die Wahrheit Gottes ausleben kannst, musst du auf das Leben Jesu sehen.
V22. „Die Wahrheit in dem Jesus“ kommt in unserem Leben zum Ausdruck, wenn wir den alten Menschen abgelegt und den neuen Menschen angezogen haben. Der alte Mensch ist der gefallene Adam, wie er in all seinen Facetten in allen Menschen zu sehen ist: sehr anziehend und sehr abstoßend und alles dazwischen. „Unser alter Mensch [ist] mitgekreuzigt worden“ mit Christus (Röm 6,6). Das hat Gott damit getan. Die Folge ist, dass wir diesen alten Menschen auch so betrachten und ihn ablegen müssen. An diesem alten Menschen gibt es nichts zu verbessern. Im Gegenteil, es kommen nur betrügerische Begierden daraus hervor, die einen verderblichen Prozess fördern. Mit deiner Bekehrung ist die Verbindung mit diesem alten Menschen und seinem Wandel radikal zerbrochen. In Apostelgeschichte 19 kannst du nachlesen, wie das bei den Ephesern ging (Apg 19,18.19).
V23. An die Stelle des Alten ist etwas völlig Neues gekommen, eine neue Quelle des Denkens, wodurch auch ein neuer Wandel entstanden ist.
V24. In diesem neuen Wandel wird der neue Mensch sichtbar. Dieser neue Mensch ist ganz und gar in Übereinstimmung mit dem Wesen Gottes. Das war der Herr Jesus auch. Doch ist Er nicht der neue Mensch. Von dem neuen Menschen heißt es, dass er geschaffen ist. Der Herr Jesus ist nicht geschaffen worden. Doch die Kennzeichen des neuen Menschen sind genau dieselben wie die bei dem Herrn. Bei Ihm und bei Gott ist nichts vorhanden, was zum alten Menschen gehört. Den neuen Menschen siehst du überall dort, wo Gläubige die Kennzeichen des Herrn Jesus zeigen.
Der neue Mensch ist auch keine Wiederherstellung des ersten Menschen, Adams. Du kannst von Adam nicht sagen, dass er „in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit“ geschaffen wurde, denn als er geschaffen wurde, gab es noch keine Sünde. Er war nicht gerecht, sondern unschuldig; er hatte keine Kenntnis des Guten und des Bösen. Diese Kenntnis bekam er nach seinem Sündenfall. Da konnte er nicht mehr das Gute, sondern nur noch das Böse tun. Der neue Mensch hat ebenfalls Kenntnis von Gut und Böse, doch wählt er immer das Gute und weist das Böse ab. „Gerechtigkeit“ beinhaltet das, was recht ist inmitten des Bösen und gegenüber dem Bösen. „Heiligkeit“ beinhaltet Absonderung zu Gott, während wir vom Bösen umgeben sind.
Lies noch einmal Epheser 4,17–24.
Was sind bei dir die Unterschiede zwischen früher und jetzt?
25 - 29 Der neue Mensch
25 Deshalb, da ihr die Lüge abgelegt habt, redet Wahrheit, jeder mit seinem Nächsten, denn wir sind Glieder voneinander. 26 Zürnt, und sündigt nicht. Die Sonne gehe nicht unter über eurem Zorn, 27 und gebt nicht Raum dem Teufel. 28 Wer gestohlen hat, stehle nicht mehr, sondern arbeite vielmehr und wirke mit seinen Händen das Gute, damit er dem Bedürftigen [etwas] zu geben habe. 29 Kein faules Wort gehe aus eurem Mund hervor, sondern was irgend gut [ist] zur notwendigen Erbauung, damit es den Hörenden Gnade darreiche.
V25. Das Wort „deshalb“ gibt an, dass die Ermahnungen, die nun folgen, aus dem soeben Gesagten hervorkommen. Die Gläubigen in Ephesus hatten von der „Wahrheit in dem Jesus“ gehört. Paulus hat nun über den alten und den neuen Menschen gesprochen. Er hat deutlich gemacht, dass der neue Mensch „nach Gott geschaffen ist“. Du kannst das alles wissen, doch du hast es erst wirklich verstanden, wenn das auch in deinem Leben zu sehen ist. Deshalb gibt Paulus seiner Belehrung Hände und Füße (und einen Mund). Er zeigt, auf welche Weise die Kennzeichen Gottes im Leben des Gläubigen zum Ausdruck kommen sollten. Dazu bist du in der Lage. Du bist ja „nach Gott geschaffen“. Das bedeutet, dass du erneuert bist, um in deinem täglichen Leben zu werden, wie Gott ist, dass du seine Wesenszüge zeigen kannst.
Der erste Mensch auf der Erde, in dem das vollkommen sichtbar war, ist der Herr Jesus. Niemals ist irgendeine (halbe oder ganze) Lüge aus seinem Mund gekommen (1Pet 2,23), immer sprach Er die volle Wahrheit. Und das muss auch bei jedem so sein, der nach Gott geschaffen ist. Lügen ist eine bewusste Leugnung oder bewusste Verdrehung der Wahrheit. Du gaukelst Menschen etwas vor, weil es dir Vorteil bringt. Das braucht nicht immer ein finanzieller Vorteil zu sein. Es kann dir auch nützlich sein, dass man nicht hinter deine wahren Absichten schaut. Doch so ist Gott nicht, und so war auch der Herr Jesus nicht, als Er auf der Erde lebte. Gott ist vollkommen durchsichtig, und das war der Herr Jesus auf der Erde auch. Er sprach nur die Wahrheit und konnte sagen: „Ich bin ... die Wahrheit“ (Joh 14,6). Es ist „keine Lüge aus der Wahrheit“ (1Joh 2,21). Natürlich ist „nicht lügen“ und „die Wahrheit reden“ etwas, das du immer und gegenüber jedem tun musst. Doch hier steht es vor allem im Zusammenhang mit deinen Mitgläubigen. Wenn du deinen Bruder belügst, betrügst du dich selbst. Das ist in dem Wort, „denn wir sind Glieder voneinander“, enthalten. Diese Ausdrucksweise passt völlig zu einem Brief, in dem die Einheit der Gemeinde solch einen wichtigen Raum einnimmt.
V26. Das Aussprechen von Lügen ist immer falsch und geschieht fast immer wohl überlegt. Zornig zu werden ist nicht immer verkehrt und geschieht beinahe immer spontan, wenn man Unrecht sieht. Wir sprechen von „heiligem Zorn“, wenn er beim Betrachten von Unehre aufkommt, die Gott angetan wird. Dieser Zorn ist berechtigt. Hier ruft der Apostel sogar dazu auf: „Zürnt.“ Zürnen steht nicht im Gegensatz zur Liebe. Gott ist Liebe, doch Er zürnt über die Sünde, und daher ist Zorn nicht im Gegensatz zur Liebe. Der Herr Jesus zürnte über die Unehre, die seinem Gott angetan wurde, und reinigte im Zorn den Tempel (Mt 21,12). Bei uns besteht die Gefahr, dass unser Zorn ein sündiger Zorn wird. Daher wird sofort hinzugefügt: „... und sündigt nicht“. Wenn wir zornig werden, wenn wir ein bestimmtes Unrecht sehen, können wir so entrüstet und erregt werden, dass wir uns selbst nicht mehr in der Hand haben. Wir können dann ohne weiteres Dinge sagen oder tun, die nicht „nach Gott“ sind. Bei dem Herrn Jesus gehen Zorn und Betrübnis zusammen (Mk 3,5), während bei uns die Möglichkeit besteht, dass Zorn mit einem persönlichen Gekränktsein zusammengeht.
Auch Mose ist einmal im Zorn entbrannt. Das geschah, als er von dem Berg herabkam und das Volk um das goldene Kalb tanzte (2Mo 32,19). Dieser Zorn war berechtigt. Später wurde er wieder zornig und schlug auf den Felsen, statt zu ihm zu sprechen, wie Gott ihm gesagt hatte. Da war er jähzornig, und für diesen Zorn musste Gott ihn strafen, weil er da sündigte und dem Teufel Raum gab (4Mo 20,7–12). Dass die Sonne nicht über unserem Zorn untergehen soll, bedeutet, dass wir Zorn nicht sollen, sondern zu Gott bringen sollen. Psalm 4 weist darauf hin (Ps 4,5). Wenn du Zorn pflegst, wird auch in geistlicher Hinsicht die Sonne über deinem Zorn untergehen. Du wirst verbittert, und das Leben verliert alles Licht und alle Hoffnung. Zorn kann sich dann in Hass und Rachsucht verwandeln. Es ist möglich, dass du durch Unrecht, das dir angetan worden ist, in eine derartige Lage gekommen bist. Suche dann Hilfe bei jemand, dem du vertraust. Du kannst auch Kontakt mit mir aufnehmen. Tu in jedem Fall etwas, um wieder ins Licht zu kommen!
V27. „... gebt nicht Raum dem Teufel“ bedeutet: Biete ihm keine Gelegenheit, dich sündigen zu machen. Wenn du ihm doch Gelegenheit dazu geboten hast, so nimm sie ihm sofort, damit dein Leben nicht weiter in Finsternis gestürzt wird. Er hat kein Recht darauf: Der Herr Jesus hat ihn besiegt. Lass ihn nicht länger einen Vorteil über dich erlangen (2Kor 2,10).
V28. Nachdem Paulus unser Reden und unsere Empfindungen in Verbindung mit dem alten und dem neuen Menschen besprochen hat, kommt er nun zu unseren Taten. Diebstahl ist die eigene Bereicherung auf Kosten anderer, Geben ist die Bereicherung anderer auf Kosten deiner selbst. Das Gesetz ist eindeutig in Bezug auf Lügen und Stehlen: „Du sollst nicht“ (2Mo 20,15.16). Doch Paulus beruft sich nicht auf das Gesetz! Der Christ, der in Christus in den Himmel versetzt ist und dort mit jeder geistlichen Segnung gesegnet ist, lebt nicht in der Sphäre des Gesetzes. Natürlich darf er nicht lügen und stehlen, doch das will jemand, der „nach Gott geschaffen“ ist, auch überhaupt nicht. Im Gegenteil, er will die Kennzeichen Gottes zeigen. Hat Gott jemals etwas gestohlen? Dumme Frage. Gott ist ein Geber (Joh 4,10), und Er gibt reichlich. So soll es auch bei dir der Fall sein.
Du brauchst kein Dieb gewesen zu sein, um zu lernen, auf welche Weise du Gott in deinem Leben zeigen kannst. Es geht hier sogar noch ein Stückchen weiter als das, was du in Römer 13 liest: „Seid niemand irgendetwas schuldig“ (Röm 13,8). Gut, du stiehlst nichts, du bist sogar niemand etwas schuldig. Doch im Licht dieses Briefes ist das nicht der Höhepunkt des Christseins. Hier wirst du auf höchstem Niveau angesprochen: Indem du hart, ehrlich und ehrbar arbeitest, wirst du in der Lage sein, anderen etwas zu geben. Paulus hat selbst das gute Beispiel gegeben – und damit die Worte des Herrn Jesus praktiziert –, als er den Ältesten der Gemeinde in Ephesus sagte: „Ich habe niemandes Silber oder Gold oder Kleidung begehrt. Ihr selbst wisst, dass meinen Bedürfnissen und denen, die bei mir waren, diese Hände gedient haben. Ich habe euch in allem gezeigt, dass man, so arbeitend, sich der Schwachen annehmen und der Worte des Herrn Jesus gedenken müsse, der selbst gesagt hat: Geben ist seliger als Nehmen“ (Apg 20,33–35).
V29. Ebenso wenig wie Gott etwas stiehlt, sagt Er etwas, was nachteilig ist oder was nicht erbaut. Alles, was Gott sagt, sein ganzes Wort, ist gut, erbaut und gibt Gnade. Die Welt ist voller fauler Worte und schmutziger Ausdrücke. Radio, Fernsehen, Internet, Bücher und Mengen von Zeitschriften sind oft nichts anderes als Sprachrohre des alten Menschen. Sie geben ihre Botschaft an die weiter, die hören, sehen und lesen wollen. Hörer, Zuschauer und Leser werden auf diese Weise mit einem Jargon versehen, der dem alten Menschen zu Eigen ist. Die Gespräche am Arbeitsplatz und bei einer Werksbesprechung beweisen das. Die benutzte Sprache ist oft nicht frei von „Schmutz“ im Sinn von verrottet, verdorben.
Der Ausdruck „faules Wort“ bezieht sich nicht nur auf einen verkehrten, schmutzigen Ausdruck, sondern auch auf den gesamten Inhalt, die Botschaft, die weitergegeben wird. Und ob jemand nun banale oder anständige Worte gebraucht, sein Sprachgebrauch ist so unrein oder faul, wie seine Botschaft „faul“ ist. Nein, auch im Sprachgebrauch will Gott gern sich selbst hören. Statt Verrottung und Verderben zu bewirken, soll unser Wort ein Werkzeug sein, das „den Hörenden Gnade darreicht“. Vom Herrn Jesus wird bezeugt: „Niemals hat ein Mensch so geredet wie dieser Mensch“ (Joh 7,46). Er sprach „gute Worte“ (Sach 1,13). Zur „notwendigen Erbauung“ weist darauf hin, dass es nicht nur wichtig ist, was gesagt wird, sondern auch, wo und wann. Ich hoffe von Herzen, dass in deinem und meinem Sprechen das Reden Gottes gehört wird.
Lies noch einmal Epheser 4,25–29.
Wie legst du den alten Menschen ab, und ziehst den neuen Menschen an?
30 - 32 Seid aber zueinander gütig
30 Und betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes, durch den ihr versiegelt worden seid auf [den] Tag [der] Erlösung. 31 Alle Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und Lästerung sei von euch weggetan, samt aller Bosheit. 32 Seid aber zueinander gütig, mitleidig, einander vergebend, wie auch Gott in Christus euch vergeben hat.
V30. „Nach Gott geschaffen“ – also bist du in der Lage, in dieser von der Sünde verdorbenen Welt zu zeigen, wer und wie Gott ist. Du bringst den Himmel auf die Erde. Wie du dir das praktisch vorstellen sollst, hast du in den vorangegangenen Versen gesehen. Wie du das in die Praxis umsetzen kannst und dafür die richtige Motivation bekommst, findest du in diesem Vers. Du bist nämlich versiegelt mit „dem Heiligen Geist Gottes“. Das schließt, kurz gesagt, mit ein, dass du ein Eigentum Gottes bist. Das gibt einem doch Sicherheit! Was Versiegelung sonst noch beinhaltet, kannst du in Kapitel 1 nachlesen, wo du ja schon einmal auf diesen Ausdruck gestoßen bist (Eph 1,13.14). Der Heilige Geist gibt dir die Kraft, in deinem Leben die Eigenschaften Gottes zu zeigen. Hier wird der Heilige Geist nachdrücklich der Geist Gottes genannt. Es geht also voll und ganz um Gott: Du bist nach Gott geschaffen, und du hast den Geist Gottes empfangen, sodass du – um es mit Kapitel 5 zu sagen, als Nachahmer Gottes bezeichnet werden kannst (Eph 5,1). Im Leben des Herrn Jesus auf der Erde siehst du das auf vollkommene Weise zum Ausdruck gebracht. Auf dieselbe Art geschieht das auch in dir, denn du besitzt dieselbe Natur.
Der Heilige Geist wohnt in dir auf den „Tag der Erlösung“. Das weist auf die Erlösung deines Leibes und die Erlösung der Schöpfung hin. Dass dein Leib noch nicht erlöst ist, merkst du ja an Schmerzen, die du schon mal hast. Nicht nur körperliche Schmerzen, sondern auch Schmerzen in deiner Seele, wenn du etwas getan hast, was nicht gut ist, oder wenn du das Elend um dich herum anschaust. Auch Römer 8 redet von der „Erlösung unseres Leibes“ (Röm 8,23). Diese Erlösung findet statt, wenn der Herr Jesus kommt und uns holt (Phil 3,20.21). Nach diesem Augenblick kannst du dich richtig stark sehnen; du darfst ihn dir herbeiwünschen; es wird so eintreffen. Nach diesem Ereignis wird der Herr Jesus den „erworbenen Besitz“ (Eph 1,14), also die ganze Schöpfung, erlösen. Wie sich das abspielt, wird im Buch der Offenbarung ausführlich beschrieben. Am Ende kommt dabei heraus, dass alles in Übereinstimmung mit Gott sein wird, denn dann wird Gott „alles in allem“ sein (1Kor 15,28). Der Herr Jesus hat das Recht, alles zu erlösen, weil Er am Kreuz den vollen Preis für die Erlösung bezahlt hat. Die Aussicht auf diesen „Tag der Erlösung“ gibt dem Gläubigen eine riesige Motivation dazu, in der Kraft des Geistes Gottes ein Nachahmer Gottes zu sein.
Dann wirst du auch davor bewahrt, den Heiligen Geist Gottes zu betrüben. Der Appell, das nicht zu tun, steht nicht umsonst da. Wenn du etwas tust, was nicht mit Gott im Einklang steht – und das, wo du doch nach Gott geschaffen bist! –, betrübst du Ihn damit. Der Heilige Geist ist Gott. Dass du Ihn betrüben kannst, beweist, dass Er eine Person ist und nicht bloß eine Kraft oder ein Einfluss. Es wird auch gesagt, dass wir Ihn auslöschen (1Thes 5,19) und Ihn belügen können (Apg 5,3).
V31. Klar, dass die Dinge, die in diesem Vers genannt werden, nicht zu der „Wahrheit in dem Jesus“, nicht zu dem „neuen Menschen“ und auch nicht zu dem gehören, was „nach Gott geschaffen“ ist. Hier geht es um dein persönliches Verhalten in der Gemeinde („von euch“, oder, wie andere übersetzen, „aus eurer Mitte“). Und das wird zu einer Gemeinde gesagt, der Paulus so viele herrliche Dinge mitgeteilt hat. Da siehst du, dass das Kennen der höchsten Segnungen keinerlei Garantie dafür bietet, nicht den niedrigsten Praktiken zu verfallen. Denn man hält es doch fast nicht für möglich, dass in einer Gemeinde wie Ephesus solche Dinge vorkommen, wie Paulus sie hier nennt. Und doch kommen sie vor – und das nicht nur damals, sondern auch heute bei uns. Hier handelt es sich um eine Aufzählung von bösen Gefühlen und Äußerungen, wobei das eine aus dem anderen Bösen hervorkommt.
Es fängt mit Bitterkeit an. Wenn einmal eine Wurzel der Bitterkeit aufgesprosst ist (Heb 12,15), die nicht gerichtet wird, kommt da auch Ärger oder Wut hinzu. Wenn aufgestaute Wut nicht im Selbstgericht weggetan wird, wird diese sich in Zorn und Geschrei entladen. Und wenn es zu keiner Einkehr kommt, folgt auf Zorn und Geschrei Lästerung. Zorn und Geschrei werden auf den Gegner ausgegossen. Lästerung geschieht hinter dem Rücken des Gegners. Wenn Lästerung nicht als Sünde bekannt wird, ist jeder Form von Bosheit Tür und Tor geöffnet. Dieser Steckbrief des alten Menschen ist aufschlussreich. Ebenso aufschlussreich ist auch der Auftrag (es ist keine Bitte), dies alles aus der Gemeinde wegzutun.
V32. Der Boshaftigkeit des alten Menschen steht die völlig andere Gesinnung des neuen Menschen gegenüber. Nach den finsteren Empfindungen und Äußerungen des alten Menschen scheint hier das helle Licht, und du fühlst die Wärme der guten Empfindungen und Äußerungen des neuen Menschen. Anstatt bittere Gefühle gegen einen anderen zu hegen, wird hier erwartet, dass du dem anderen wohlgesonnen bist. Statt den anderen zu beschimpfen oder zu lästern, wird von dir erwartet, dass du dem anderen mit Güte und Vergebungsbereitschaft begegnest. Das gute Beispiel hast du vor Augen. Wie ist Gott zu dir gewesen, und wie ist Er es immer noch? Er hat dir in Christus vergeben. Je mehr du darüber nachdenkst, desto mehr wirst du fähig sein, anderen gegenüber Gottes Gesinnung der Vergebung zu haben und zu zeigen. Das ist in der Tat eine riesig hohe Norm. Doch das ist die einzig richtige Norm. Und weil du nach Gott geschaffen bist, bist du auch fähig, diese Norm zu erfüllen. Gott ist dir wegen deiner Schuld nicht mit Bitterkeit, sondern mit Vergebung begegnet. Er sprach dich von deiner Schuld frei und erbarmte sich über dich. Raum für Güte und Vergebung entsteht, wenn die Hindernisse aus dem vorigen Vers weggeräumt worden sind.
Lies noch einmal Epheser 4,30–32.
Welche Kennzeichen von dem alten Menschen siehst du hier und welche von dem neuen Menschen?