1 - 6 Einst und jetzt
1 Erinnere sie daran, Obrigkeiten und Gewalten untertan zu sein, Gehorsam zu leisten, zu jedem guten Werk bereit zu sein; 2 niemand zu lästern, nicht streitsüchtig zu sein, milde, alle Sanftmut zu erweisen gegen alle Menschen. 3 Denn einst waren auch wir unverständig, ungehorsam, irregehend, dienten mancherlei Begierden und Vergnügungen, führten unser Leben in Bosheit und Neid, verhasst und einander hassend. 4 Als aber die Güte und die Menschenliebe unseres Heiland-Gottes erschien, 5 errettete er uns, nicht aus Werken, die, in Gerechtigkeit vollbracht, wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit durch die Waschung der Wiedergeburt und die Erneuerung des Heiligen Geistes, 6 den er reichlich über uns ausgegossen hat durch Jesus Christus, unseren Heiland,
V1. Im vorhergehenden Kapitel hat Paulus darüber gesprochen, wie sich die verschiedenen Gruppen im Haus Gottes zu verhalten haben. In diesem Kapitel geht er auf die Haltung ein, die Christen in der Welt einnehmen sollten. Die Kreter durften zwar wissen, dass sie von aller Gesetzlosigkeit freigemacht worden waren (Tit 2,14), doch das bedeutete nicht, dass sie sich von der Regierung nichts sagen zu lassen brauchten (vgl. 1Pet 2,13.14; Röm 13,1). Sie wussten durchaus, dass sie sich der Regierung unterzuordnen hatten, doch es scheint so, als hätten sie das vergessen. Titus sollte sie daran erinnern. Ihr früheres Leben spielte ihnen dabei möglicherweise einen Streich. Damals ließen sie sich von niemandem etwas sagen, auch nicht von amtlicher Seite.
Wie ist das bei dir? Fällt es dir auch schwer, die Autorität der Regierung anzuerkennen? Wie gehst du mit den Verkehrsregeln um? Hältst du dich daran? Und wie sieht es beim Ausfüllen von Formularen zur Studienfinanzierung oder bei der Steuererklärung aus? Vielleicht musst auch du an diese Dinge erinnert werden, damit du dich nicht durch einen Geist der Auflehnung gegen Autoritäten oder der milderen Form des zivilen Ungehorsams mitziehen lässt. Ich jedenfalls habe das nötig. Es wird jedoch nicht nur Gehorsam gefordert, sondern auch erwartet, dass du „zu jedem guten Werk bereit“ bist. In diesem Zusammenhang bedeutet das, dass du in allem, was für den Staat und die Gesellschaft gut ist, zur Zusammenarbeit mit der Regierung bereit bist. Das bedeutet aber auch, dass du darauf achtest, dass alles, was du tust, dem Willen Gottes entspricht.
V2. In diesem Vers geht es nicht mehr nur um die Regierung, sondern um alle Menschen. Was hier steht, betrifft dein Verhalten allen Menschen gegenüber. Wie kennen dich deine Nachbarn, deine Mitschüler oder deine Kollegen? Gib acht, dass du nicht abfällig über deinen ungläubigen Nächsten sprichst, der vielleicht wie ein „fauler Bauch“ oder ein „böses Tier“ lebt. Wie siehst du deine ungläubigen Kollegen? Die Aufforderung, niemanden zu lästern, bezieht sich hier auf Ungläubige. Ich hoffe, dass du dich nicht an der Verbreitung eines Gerüchtes beteiligst, das über einen Kollegen im Umlauf ist.
Dann hoffe ich auch, dass du nicht als Streithahn bekannt bist, sondern vielmehr als jemand, der nachsichtig, freundlich und hilfsbereit ist. Es kann doch nicht sein, dass du zu deinem Bruder freundlich bist, während du mit deinem Nachbarn Streit anfängst, weil er sein Auto da abgestellt hat, wo du eigentlich immer parkst, selbst wenn er das tun sollte, um dich zu schikanieren. Du lässt dann eine Gelegenheit verstreichen, „alle Sanftmut zu erweisen gegen alle Menschen“. „Alle Menschen“ heißt nicht: alle Menschen außer deinem Nachbarn, der dich schikaniert. Wenn du Sanftmut übst, zeigst du eine wunderbare Eigenschaft des Herrn Jesus, der dir sagt, dass du das von Ihm lernen kannst (Mt 11,29). Auf diese Weise werden die Menschen erkennen, dass wir Bürger eines anderen Reiches sind. Das soll bei den Menschen den Wunsch wecken, auch Bürger dieses Reiches zu werden. Unser gesamtes Verhalten soll Sanftmut ausstrahlen. Dabei sollten wir stets freundlich sein und Hilfsbereitschaft zeigen, und zwar allen und nicht nur den netten Menschen.
V3. Die Erinnerung an das, was du einmal warst, wird dir helfen, das Vorhergehende in die Praxis umzusetzen. Du kannst den Menschen dann die gleiche Liebe entgegenbringen, die Gott dir erwiesen hat. Die schrecklichsten Dinge, zu denen andere in der Lage sind und die dich innerlich tief verletzen können, kommen nicht aus einer Quelle, die verdorbener ist als deine alte Natur. Denke deshalb daran, dass du ebenfalls zu den schlimmsten Dingen fähig bist, wenn der Herr dich nicht bewahrt. Deshalb darfst du nicht abfällig über einen Verbrecher reden, so sehr du sein Tun auch zu Recht verabscheust.
Wie hast du dich denn selbst früher verhalten (und handelst heute leider manchmal auch noch so)?
1. Du warst „unverständig“, d. h. ohne Verstand. Das ist nicht sehr schmeichelhaft für Leute, die sich doch für ziemlich gescheit halten.
2. Du warst auch „ungehorsam“, also nicht bereit, das zu tun, was von dir erwartet wurde.
3. Du hast auch den Sinn deines Lebens nicht erkannt und irrtest umher, ohne zu wissen, wohin dich das führen würde.
4. Dadurch wurdest du ein Sklave von „mancherlei Begierden und Vergnügungen“.
5. Achtung vor anderen gab es nicht. Die Bosheit in dir kam dadurch zum Vorschein, dass du anderen Schmerz zufügtest.
6. Du neidetest dem anderen das, was er hatte, und wolltest das ebenfalls haben.
7. Dein ganzes Benehmen war abscheulich und abstoßend.
8. Die Atmosphäre unter denen, mit denen du Umgang hattest, war von gegenseitigem Hass bestimmt.
V4. Wenn Gott mit dir entsprechend deinem Verhalten gehandelt hätte – wo wärst du dann geblieben? Doch das hat Er nicht getan. Er ist dir im Gegenteil mit seiner Güte und Menschenliebe begegnet. Darum lebst du noch und bist nicht in der Gosse gelandet oder, noch schlimmer, in der Hölle. Seine Güte hat dich völlig verändert. Diese Güte sollten die Menschen in dir erkennen können. Du bist nicht deshalb freundlich, weil auch du von anderen freundlich behandelt wirst, sondern weil du Christ bist. Während du dich abscheulich benommen hast, hat Er dich seine Menschenliebe erfahren lassen. Er hat dich dadurch spüren lassen, dass Ihm an dir liegt, an dem, was du als Mensch bist. Mit Ehrfurcht gesagt: Gott hat so gehandelt, weil Er nicht anders konnte. Diese Liebe zu den Menschen sollten andere in dir sehen, nicht, damit sie auch dir Liebe erweisen, sondern weil du einfach nicht anders kannst.
V5. Wie hat dich Gott errettet? Jedenfalls nicht aufgrund deiner Werke, denn die waren vor deiner Bekehrung allesamt ungerecht. Sogar deine sogenannten guten Werke waren verwerflich (Jes 64,5). Und dabei hattest du geglaubt, dass Gott sie doch als gerecht anerkennen müsse. Von deiner Seite konntest du nichts vorweisen, was Gott mit Errettung hätte belohnen können. Doch was du nicht tun konntest, tat Gott als Ausdruck seiner Barmherzigkeit. Statt seinen gerechten Zorn über dich auszugießen, hielt Er ihn zurück und gab dir in seiner Gnade, was du niemals hättest erlangen können: Errettung. Barmherzigkeit setzt größte Not bei dem voraus, dem sie erwiesen wird, beinhaltet aber auch das Mittel, dieser Not zu begegnen.
Gott hat dich also errettet, weil Er barmherzig ist. Doch um dich zu erretten, hat Er zwei Dinge als Mittel benutzt. Das erste Mittel ist „die Waschung der Wiedergeburt“. Obwohl die Wiedergeburt sehr der neuen Geburt ähnelt (Joh 3,3–6), ist sie doch nicht dasselbe. Während sich die neue Geburt innerlich in dir vollzieht, ist Wiedergeburt eher eine äußere Sache.
Du kannst das der einzigen Stelle entnehmen, in der das Wort „Wiedergeburt“ sonst noch vorkommt, nämlich in Matthäus 19 (Mt 19,28). Da bezieht sich Wiedergeburt auf die Zeit, wo das Reich Gottes in seiner äußeren Form angebrochen sein wird, wenn nämlich der Herr Jesus auf der Erde regiert und die Seinen mit Ihm regieren werden. Die Schöpfung wird dann sozusagen wiedergeboren sein. Alles, was du dann siehst, wird neu sein.
Was dann allgemein so sein wird, gilt bereits jetzt für dich persönlich. Für dich ist dieser neue Zustand der Dinge bereits jetzt angebrochen. Die Sünden, in denen du früher lebtest (Vers 3), sind von dir abgewaschen. Diese Waschung ist durch das Wort geschehen (Eph 5,26; vgl. Jak 1,18; 1Pet 1,23). Dadurch hat sich dein Verhalten völlig geändert. Was die Menschen an dir sehen, ist nicht mehr das, was du früher warst, sondern ist von der Welt, die bald sein wird.
Du kannst allerdings nur dann äußerlich so leben, wenn innerlich mit dir etwas geschehen ist. Dein äußeres Leben entwickelt sich von innen heraus, wo „die Erneuerung des Heiligen Geistes“ stattgefunden hat. Mit der Erneuerung des Heiligen Geistes ist die Erneuerung aufgrund des Heiligen Geistes gemeint, die Erneuerung, die von Ihm ausgegangen und durch Ihn bewirkt worden ist. Durch dieses erneuernde Werk des Heiligen Geistes hast du eine neue geistliche Fähigkeit bekommen, die dich befähigt, die Dinge in Übereinstimmung mit Gott zu sehen und entsprechend zu denken (siehe Röm 12,2, die einzige andere Stelle, wo das Wort „Erneuerung“ noch vorkommt). Der Heilige Geist ist die Quelle eines völlig neuen Lebens und eines völlig neuen Denkens.
V6. Hier ist nicht nur von dem Werk des Geistes die Rede, sondern auch von der Gabe des Geistes. Er ist dir gegeben worden (Eph 1,13) und Er gibt dem neuen Leben Kraft, sodass das neue Leben sich nach außen zeigen kann. Er bewirkt in dir eine tägliche Erneuerung und macht dich gleichzeitig frei von dem Leben, dass du früher geführt hast. Die Ausgießung des Heiligen Geistes ist ein einmaliges Ereignis, das zu Pfingsten stattfand (Apg 2,33; 1Kor 12,13). Der Herr Jesus hat aufgrund seines Werkes und als Folge dessen vom Vater die Verheißung des Heiligen Geistes empfangen und Ihn anschließend ausgegossen. Das hat Er nicht spärlich getan, sondern „reichlich“.
Stell dir vor: Du bist nicht nur aus Ihm geboren, sondern Er wirkt auch in dir und steht dir zur Verfügung. Er wohnt in dir, bleibt bei dir und macht dich mit allem vertraut, was dir in Christus gehört. Durch den Heiligen Geist kannst du das wahrhaftige Leben, das Leben in Überfluss, in reichem Maß genießen (Joh 10,10).
Lies noch einmal Titus 3,1–6.
Frage oder Aufgabe: Wie zeigt sich in deinem Leben der Unterschied zwischen einst und jetzt?
7 - 15 Erben, Sektiererei, persönliche Aufforderungen, Grüße
7 damit wir, gerechtfertigt durch seine Gnade, Erben würden nach der Hoffnung des ewigen Lebens. 8 Das Wort ist gewiss; und ich will, dass du auf diesen Dingen fest bestehst, damit die, die Gott geglaubt haben, Sorge tragen, gute Werke zu betreiben. Dies ist gut und nützlich für die Menschen. 9 Törichte Streitfragen aber und Geschlechtsregister und Zänkereien und Streitigkeiten über das Gesetz vermeide, denn sie sind unnütz und wertlos. 10 Einen sektiererischen Menschen weise ab nach einer ein- und zweimaligen Zurechtweisung, 11 da du weißt, dass ein solcher verkehrt ist und sündigt, wobei er durch sich selbst verurteilt ist. 12 Wenn ich Artemas oder Tychikus zu dir senden werde, so befleißige dich, zu mir nach Nikopolis zu kommen, denn ich habe beschlossen, dort zu überwintern. 13 Zenas, dem Gesetzgelehrten, und Apollos gib mit Sorgfalt das Geleit, damit ihnen nichts mangle. 14 Lass aber auch die Unseren lernen, für die notwendigen Bedürfnisse gute Werke zu betreiben, damit sie nicht fruchtleer seien. 15 Es grüßen dich alle, die bei mir sind. Grüße die, die uns lieben im Glauben. Die Gnade sei mit euch allen!
V7. Jetzt erfährst du etwas über den Zweck der Errettung. Gott hat dich errettet, damit du Erbe würdest nach der Hoffnung des ewigen Lebens. In den vorhergehenden Versen hast du gesehen, was Gott alles dafür getan hat: Er ist dir in Güte und Barmherzigkeit erschienen; Er hat dir Barmherzigkeit erwiesen; Er hat dich gereinigt und erneuert. Um dich jedoch zu einem Erben zu machen, musste noch etwas geschehen: Als Erbe musst du nämlich der Gerechtigkeit Gottes völlig entsprechen. Als ein echter Erbe darf dein „Anrecht“ auf das Erbe nicht anfechtbar sein.
Auch dafür hat der Herr Jesus durch sein Werk am Kreuz gesorgt. Er hat den Rechtsansprüchen Gottes vollkommen entsprochen. Durch den Glauben an Ihn und sein Werk für dich rechnet Gott dir seine Gerechtigkeit zu (Röm 3,21.22). In Christus bist du eine neue Schöpfung. Du hast neues Leben, Leben aus Gott. Du bist ein Kind Gottes und damit auch ein Erbe Gottes (Röm 8,17). Gott sieht dich in Christus, und Er ist für dich die Gerechtigkeit Gottes geworden (1Kor 1,30). Damit ist ganz deutlich geworden, dass du die Rechtfertigung allein der Gnade Gottes zu verdanken hast (Röm 3,24).
Was das Erbe nun genau beinhaltet, wird hier nicht mitgeteilt. Das heißt aber nicht, dass du nicht weißt, worin das Erbe besteht: Es ist alles, was Christus erbt, denn wir sind seine Miterben (Röm 8,17; Eph 3,6). Hier wird die Erbschaft mit „der Hoffnung des ewigen Lebens“ verbunden. Das Wort „Hoffnung“ bedeutet nicht Unsicherheit, sondern richtet deinen Blick auf die Zukunft. In der Zeit, wenn die Sünde ihren verderblichen Einfluss nicht mehr ausüben kann, wirst du das Erbe in der gleichen Weise genießen, wie du das ewige Leben genießen wirst. Du selbst bist dann so wie alle Gläubigen vollkommen, auch die Umstände sind dann vollkommen, ohne die geringste Möglichkeit, dass die Sünde noch einmal eindringen könnte. Das ganze Ergebnis des Werkes Christi wird in all seiner Herrlichkeit bis in alle Ewigkeit gesehen und genossen werden. Und du darfst daran Anteil haben. Ist das nicht eine großartige Aussicht?
V8. Was Paulus soeben gesagt hat, ist absolut zuverlässig; du kannst dich darauf verlassen. Aber es darf nicht bei schönen Betrachtungen bleiben. Titus sollte darauf drängen, dass die Gläubigen dieses Wort auch glaubten und ihr Leben danach ausrichteten. Gib das, was du soeben gelernt hast, an andere weiter, die auch an Gott glauben, die Ihn also ebenfalls beim Wort nehmen. Vielleicht wissen sie das alles noch nicht. Doch wenn du ihnen davon erzählst, wirst du merken, dass sie dadurch ermutigt werden und ihnen dadurch weitergeholfen wird. Wie dir wird es auch ihnen dann ein Anliegen sein, „gute Werke zu betreiben“. Damit ist gemeint, dass sie gut darüber nachdenken, welche guten Werke sie tun können. Sie gehen mit Verstand an die Sache. Wenn du mit guten und ehrbaren Werken beschäftigt bist, bist du nicht damit beschäftigt, anderen Schaden zuzufügen oder sie zu belasten, sondern gerade mit Dingen, die auf die Menschen in deiner Umgebung eine gute und nützliche Auswirkung haben.
V9. Die Beschäftigung mit guten Werken verhindert, dass du die Zeit für Dinge verschwendest, die nicht gut sind. Diese Dinge wirst du dann meiden. Paulus nennt einige davon. Titus sollte „törichte Streitfragen“ vermeiden, das sind Fragen, die nichts betreffen und nichts bewirken. Er sollte sich auch davon fernhalten, Geschlechtsregister zu analysieren und darüber zu diskutieren, denn darüber werden die wildesten Phantasien zum Besten gegeben. Auch sollte er sich nicht an den zänkischen Diskussionen beteiligen, die jüdische Gesetzesgelehrte über das Gesetz führten, um ihm allerlei Gebote hinzuzufügen. Alle derartigen Wortgefechte waren sinn- und nutzlos. Sie führten nur zu heißen Köpfen und kalten Herzen. Wem es in seinem Reden hauptsächlich um äußere Dinge geht, begreift nicht viel von der Güte und Menschenliebe Gottes.
V10. Unter Leuten, die solche unsinnigen Dinge äußern, kann sehr leicht ein sektiererischer Mensch auftreten. Deshalb verwundert es nicht, dass Paulus Titus anschließend anweist, was er mit einem sektiererischen Menschen tun soll. Ein sektiererischer Mensch kann, muss aber nicht gleichzeitig ein Irrlehrer sein (2Pet 2,1). Die Pharisäer bildeten eine Sekte (Apg 15,5; 26,5). Sie machten aus vielen Dingen eine Streitfrage und schlossen andere aus, die ihre Meinung nicht teilten. Trotzdem kann man nicht sagen, dass sie eine Irrlehre verkündigten. Sie waren rein in der Lehre, fügten dem Wort Gottes aber manches hinzu und machten es dadurch kraftlos (Mt 15,6).
Eine Sekte ist eine Gruppe von Gläubigen, die sich von anderen Gläubigen dadurch unterscheidet, dass sie bestimmte Teile der Wahrheit übermäßig betont. Um mit ihnen Gemeinschaft haben zu können, fordern sie, dass man ihre Auffassung über diese Teile der Wahrheit unterschreibt. Wenn für die Aufnahme mehr Bedingungen gestellt werden, als die Schrift sie fordert, ist eine Sekte entstanden. Trotzdem ist nicht jeder, der zu einer Sekte gehört, ein sektiererischer Mensch. Die Führer einer solchen Gruppe sind das jedoch schon.
Paulus zeigt Titus dann (und damit auch dir), wie man einen sektiererischen Menschen behandeln muss. Bedenke dabei, dass dies ein persönlicher Brief ist und kein Brief an eine Gemeinde. Es geht deshalb um die persönliche Haltung gegenüber einem sektiererischen Menschen. Deshalb wird auch nicht gesagt, dass sie ihn aus ihrer Mitte hinaustun sollten (1Kor 5,13), sondern dass er ermahnt und abgewiesen werden sollte. Sobald sich jemand als ein sektiererischer Mensch zu erkennen gibt, muss er ein- oder zweimal gewarnt werden. Erst wenn deutlich ist, dass die Ermahnungen nichts nützen, kann jemand feststellen, dass er es mit einem sektiererischen Menschen zu tun hat und ein Abweisen notwendig wird. Solch ein Mensch bleibt so sehr bei seiner abweichenden Haltung, dass weitere Bemühungen, ihn zur Umkehr zu bewegen, vergeblich sind.
V11. Titus sollte ihn abweisen, weil „ein solcher verkehrt ist und sündigt“. Weiterer Umgang mit ihm würde ihm selbst schaden (1Kor 15,33). Durch seine halsstarrige Haltung verurteilt der sektiererische Mensch sich selbst, ohne sich dessen übrigens selbst bewusst zu sein.
V12. In einem ganz anderen Ton spricht Paulus in seinen Schlussworten über einige Mitarbeiter. Er würde Titus gern wieder bei sich haben. Doch Paulus wollte die Gläubigen auf Kreta nicht ohne Führung lassen. Deshalb sagt er zu, dass er für Titus Ersatz schicken würde. Er wusste noch nicht, ob er Artemas oder Tychikus schicken würde. Über Artemas wissen wir nicht mehr als das, was hier steht. Er muss ein zuverlässiger Mitarbeiter des Paulus gewesen sein. Über Tychikus wissen wir mehr (Apg 20,4; Eph 6,21; Kol 4,7; 2Tim 4,12). Erst wenn Ersatz für ihn da sein würde, sollte Titus zu Paulus nach Nikopolis kommen, wo er beschlossen hatte, den Winter zu verbringen. Im Frühjahr würde er dann zusammen mit Titus weiterreisen können.
V13. Artemas und Tychikus scheinen Mitarbeiter des Apostels gewesen zu sein, die er irgendwohin schicken konnte. Das galt nicht für jemanden wie Apollos. Der bestimmte selbst in Abhängigkeit vom Herrn, was sein Auftrag war und wohin er ging (vgl. 1Kor 16,12). Es besteht die Gefahr, dass man meint, den Weg auch für andere festlegen zu müssen, wenn man ihn für sich selbst deutlich erkannt hat. Paulus tut das nicht. Zenas und Apollos würden kommen, aber nicht als solche, die Paulus geschickt hatte, sondern der Herr.
Paulus ist nicht eifersüchtig, dass andere das Gebiet betreten, wo er gearbeitet hat, sondern freut sich darüber. Er sieht darin keine Konkurrenz, sondern ein gegenseitiges Helfen. Zenas kannte sich im Gesetz aus und konnte daher den falschen judaistischen Lehrern Paroli bieten. Apollos war „mächtig in den Schriften“ (Apg 18,24). Paulus beauftragt Titus, dafür zu sorgen, dass es diesen beiden Dienern an nichts fehle.
V14. Die Gläubigen auf Kreta konnten dazu ihren Beitrag leisten. Titus sollte sie anspornen, diese Art von guten Werken zu tun. Dann wären sie nicht unfruchtbar. „Die Unseren“ sind zunächst einmal alle Gläubigen auf Kreta und im weiteren Sinn alle Gläubigen auf der Erde. Wir dürfen das nicht auf solche beschränken, die „mit uns des Weges“ sind. Du kannst lernen, nach guten Werken zu streben. Bist auch du so lernbegierig, dass du wissen willst, wie du den notwendigen Bedürfnissen entsprechen kannst? Diese Ermahnung wird jeden Tag wichtiger, weil wir in einer Welt leben, in der die Menschen immer mehr nur für sich selbst leben. Dieser Geist greift auch auf Christen immer mehr über. Die Leidtragenden sind verlorene Sünder und bedürftige Gläubige.
V15. Paulus beschließt den Brief mit Grüßen an Titus von allen, die bei ihm waren. Dort, wo er war, hatte er Gemeinschaft mit anderen Gläubigen. Seinerseits sollte Titus unterschiedslos alle Gläubigen auf Kreta von Paulus und denen grüßen, die bei ihm waren. Er unterstellt einfach, dass alle Gläubigen auf Kreta ihn und die, die bei ihm waren, als Gläubige liebten. Er wünscht allen auf Kreta die Gnade. So nimmt er Abschied, und so sollten auch du und ich uns voneinander verabschieden. Wir wünschen einander, dass uns auf unseren unterschiedlichen Wegen die Gnade begleitet und wir uns dessen bewusst sind.
Lies noch einmal Titus 3,7–15.
Frage oder Aufgabe: Wovor sollte Titus sich hüten, und woran sollte er mitwirken?