1 Datierung und Adressaten
1 Im zweiten Jahr des Königs Darius, im sechsten Monat, am ersten Tag des Monats, erging das Wort des HERRN durch den Propheten Haggai an Serubbabel, den Sohn Schealtiels, den Statthalter von Juda, und an Josua, den Sohn Jozadaks, den Hohenpriester, indem er sprach:
Die Prophezeiung beginnt mit der Datierung „im zweiten Jahr des Königs Darius“. Diese Datierung findet sich auch in Esra 4 wieder. Dort lesen wir, dass die Arbeit am Hause Gottes bis zu diesem Jahr eingestellt war (Esra 4,24). Darius kommt 521 v. Chr. an die Macht. Sein „zweites Jahr“ ist daher das Jahr 520 v. Chr. Die Datierung der Prophezeiung anhand der Herrschaft heidnischer Fürsten zeigt, dass Gott sein Volk als „Lo-Ammi“ sieht, das bedeutet „nicht mein Volk“ (Hos 1,9), und dass die Zeiten der Nationen gekommen sind (Lk 21,24). Diese Zeiten begannen, als Nebukadnezar das Volk Juda in die Gefangenschaft wegführte. Dadurch verlor Juda seine Souveränität. Diese Zeit dauert bis zur Ankunft des Messias in Herrlichkeit an.
Im Weiteren erfährt man durch die Datierung, dass es „im sechsten Monat, am ersten Tag des Monats“ ist. Jeder neue Monat beginnt mit dem Neumond. Das bedeutet, dass der Mond völlig unsichtbar ist. Der Punkt der tiefsten Dunkelheit ist erreicht. Ab diesem Zeitpunkt entwickelt sich der Mond wieder weiter bis zu dem Moment, an dem man ihn schließlich in seinem vollen Zustand und voll leuchtend sehen kann. Der erste Tag des Monats ist ein Tag der Hoffnung auf Wiederherstellung. Die Israeliten feiern den Neumond normalerweise mit Festlichkeiten (4Mo 28,11–15; Jes 1,14; Hos 2,13). Es ist nicht undenkbar, dass dies für Haggai – schließlich bedeutet sein Name „der Festliche“ – eine ausgezeichnete Gelegenheit ist, seine Botschaft vor einem großen Publikum zu Gehör zu bringen.
Vor dem Hintergrund der heidnischen Herrschaft und der Hoffnung auf Wiederherstellung ergeht das Wort des HERRN an die Führer des Volkes hinsichtlich des Verhaltens des Volkes. Die Prophezeiung richtet sich an Serubbabel, den bürgerlichen Führer, und Josua, den religiösen Führer. An sie als Verantwortliche unter dem Volk wird zuerst das Wort der Prophezeiung gerichtet.
Serubbabel bedeutet „in Babel geboren“. Er wird auch Sesbazar genannt (Esra 1,8; 5,14.16). Er ist ein Nachkomme Davids und hat deshalb Anspruch auf den Thron (Mt 1,12). Aber er wurde von der Besatzungsmacht zum Statthalter von Juda ernannt, das zu der Zeit nur eine persische Provinz ist. Josua ist der Sohn von Jozadak, oder Jehozadak, der zum Zeitpunkt der Wegführung der Hohepriester ist (1Chr 5,41). Er ist wiederum der erste Hohepriester, nachdem ein Überrest des Volkes in das Land zurückgekehrt ist.
„Das Wort des HERRN“ kommt zu ihnen. Zusammen mit dem Ausdruck „indem er sprach“ und „spricht der HERR“ wird in dieser kurzen Prophezeiung nicht weniger als 26-mal nachdrücklich auf die Aussagen des HERRN hingewiesen. So wird einmal mehr deutlich, dass die Botschaften, die Haggai überträgt, nicht seine Worte sind, sondern die des HERRN.
Der HERR gibt „durch den Propheten Haggai“ die Worte weiter, von denen Er will, dass sein Volk sie beachtet. „Durch“ bedeutet buchstäblich „durch die Hand von“, was unterstreicht, dass Haggai ein Werkzeug ist, durch das Gott spricht. Haggai ist einer der Propheten, den der Autor des Hebräerbriefes meint, wenn er sagt, dass „Gott vielfältig und auf vielerlei Weise ehemals zu den Vätern geredet hat in den Propheten“ (Heb 1,1). Es ist daher ratsam, ihm aufmerksam zuzuhören und seine Worte in uns aufzunehmen, denn sie kommen von Gott.
2 Die Zeit ist nicht gekommen
2 So spricht der HERR der Heerscharen und sagt: Dieses Volk spricht: Die Zeit ist nicht gekommen, die Zeit, dass das Haus des HERRN gebaut werde.
In seiner ersten Botschaft im Namen des HERRN präsentiert Haggai Ihn als „der HERR der Heerscharen“. Er, der spricht, steht an der Spitze aller himmlischen und irdischen Heerscharen. Er ist der Herr über alles und der Lenker aller Dinge. Er überwacht alles und alles steht Ihm zur Verfügung. Wer wird sich nicht in Ehrfurcht vor seiner Majestät verneigen, wenn Er sich auf diese Weise offenbart?
Die erhabene Majestät spricht zu seinem Volk. Das erste Wort, das Er spricht, ist eine Ermahnung. Er spricht zu den Führern, aber nicht über sie. Er spricht von der Gleichgültigkeit des Volkes, das Er „dieses Volk“ und nicht „mein Volk“ nennt. Er tut dies, weil „dieses Volk“ durch seine Handlungen zeigt, dass es Ihn nicht anerkennt. So kann Er es auch nicht anerkennen.
Er weiß genau, was das Volk sagt, wie es denkt und handelt. Er deckt ihre wahren Beweggründe, nicht mit dem Wiederaufbau anzufangen, auf. Es ist eine fromme Ausrede, um die eigene Laxheit zu verschleiern. Ihnen fehlt es am Glauben. In ihrer Ausrede sprechen sie nicht über ihre mangelnde Bereitschaft, sondern über eine ungelegene Zeit, wobei sie die Tatsache ignorieren, dass die Arbeit bereits seit fünfzehn Jahre stillsteht.
Nach ihrem guten Beginn mit dem Wiederaufbau des Altars und der Errichtung des Fundamentes des Tempels (Esra 3,1–13) ist die anfängliche Begeisterung verschwunden. Sie suchen nicht mehr die Dinge des HERRN, sondern ihre eigenen Dinge. Es ist (leider) nicht ungewöhnlich, etwas im Geist zu beginnen, dann aber im Fleisch zu enden (Gal 3,3).
Sie sagen nicht, dass sie unwillig sind, den Tempel wiederaufzubauen, sondern dass jetzt nicht die Zeit dafür ist. Es handelt sich um eine Frage der Aufschiebung. Dieses Verhalten zeigt, dass sie nicht Gottes Interessen verfolgen, sondern ihre eigenen (Phil 2,21; vgl. Mt 6,33). Die Anklage betrifft nicht ihre Schwachheit oder Unfähigkeit, sondern ihren offensichtlichen Mangel an Interesse. Sie verschieben den Wiederaufbau des Tempels, um mehr Zeit und Geld für ihre eigenen Sachen zu haben.
3 - 4 Ist es für euch selbst Zeit?
3 Und das Wort des HERRN erging durch den Propheten Haggai, indem er sprach:
4 Ist es für euch selbst Zeit,
in euren getäfelten Häusern zu wohnen,
während dieses Haus wüst liegt?
Nach dem allgemeinen Hinweis auf das Böse in Vers 2 und nachdem sie Zeit zum Nachdenken gehabt haben, ergeht in Vers 3 das Wort des HERRN durch Haggai wieder an das Volk. In diesem erneuten Hinweis liegt Kraft, die den Kontrast zu dem, was das Volk sagt, noch deutlicher macht. Das Volk sagt dies, der HERR sagt das. Es zeigt, wie sehr wir unsere eigenen Worte anhand des Wortes Gottes prüfen sollten. Das Wort Gottes muss über allem stehen.
Als Antwort auf das, was das Volk in Vers 2 sagt, stellt Gott eine Frage (Vers 4). Die Frage soll dazu dienen, ihr Gewissen zu berühren und das Streben nach dem eigenen Interesse aufzudecken. Sie denken, dass es jetzt Zeit ist, ihre eigenen Häuser zu bauen, während die Arbeit am Tempel, dem Haus Gottes, eingestellt wurde und „dieses Haus“ immer noch „wüst liegt“.
Der wüste Zustand des Hauses Gottes steht in scharfem Gegensatz zu ihren Häusern. Sie haben ihre eigenen Häuser zu Königshäusern gemacht (vgl. Jer 22,14; 1Kön 6,9). Jesaja spricht über eine solche Haltung das „Wehe“ aus (Jes 5,8). David zeigt eine ganz andere Gesinnung (2Sam 7,1.2).
Das Leben in solchen Häusern zeigt, dass sie Wohlstand und komfortable Lebensbedingungen lieben. Wir sehen diese Haltung auch bei fleischlichen Christen. Sie zeigen keinen Eifer und keine Anstrengung gegenüber Gottes Werk und Gottes Haus, sondern sind voller Liebe zu sich selbst und ihren eigenen Bequemlichkeiten. Was das Herz Gottes beschäftigt, zählt für sie nicht.
5 Richtet euer Herz auf eure Wege
5 Und nun, so spricht der HERR der Heerscharen:
Richtet euer Herz auf eure Wege!
Die Ermahnung des HERRN an die Israeliten in ihrer Sünde ist, dass sie ihr Herz auf ihre Wege richten und auf ihre Wege achten sollen (Vers 7; Hag 2,18). Es ist ein Aufruf zur Selbstbeurteilung. Untersuche dein Herz, woran hängt es? Es ist ein Aufruf zur Besinnung.
Es geht nicht um einen flüchtigen und vorübergehenden Blick in das Herz, sondern um eine gründliche Selbstuntersuchung. Es ist die Art von Aufmerksamkeit, von der Gott zu Satan in Bezug auf Hiob spricht: „Hast du Acht gehabt auf meinen Knecht Hiob?“ (Hiob 1,8). Auch Satan beobachtet mit intensiver Aufmerksamkeit den Gottesfürchtigen, mit dem Ziel, ihn zur Untreue zu bringen. Umgekehrt muss das Volk seine volle Aufmerksamkeit auf seine eigenen sündigen Wege richten, um zurückzukehren und dem HERRN wieder treu zu werden.
6 Viel Arbeit, enttäuschendes Ergebnis
6 Ihr habt viel gesät und wenig eingebracht;
ihr esst, aber nicht zur Sättigung;
ihr trinkt, aber nicht zur Genüge;
ihr kleidet euch, aber es wird keinem warm;
und der Lohnarbeiter erwirbt Lohn für einen durchlöcherten Beutel.
Um ihnen bei ihrer Selbstprüfung zu helfen, weist der HERR sie auf ihre Tätigkeiten und deren Ergebnisse hin. Sie werden aufgerufen, die Ergebnisse ihrer Arbeit zu betrachten und ihr Handeln auf dieser Grundlage zu beurteilen. Wenn sie dies ehrlich tun, müssen sie zu dem Schluss kommen, dass alles ihre Erwartungen enttäuscht wurden. Ihre Bemühungen bringen eher Verlust als Gewinn. Sie dachten, dass sie ihre eigene Armut verhindern könnten, wenn sie an ihren eigenen Häusern bauen. Doch genau dadurch sind sie nun arm geworden. Das sollte sie zum Nachdenken und zur Umkehr bringen.
Der HERR erwähnt einige Aktivitäten und deren Ergebnisse:
1. Sie haben viel gesät. Ohne Zweifel taten sie das, weil sie eine große Ernte wollten. Aber der Ertrag ist sehr enttäuschend (3Mo 26,26; Hos 4,10; Mich 6,14). So kann es viel geistliche Aktivität geben, aber wenn sie nicht aus einer lebendigen Beziehung zum Herrn kommt, gibt es keine geistliche Frucht.
2. Sie essen genug, aber das Gefühl des Hungers bleibt. So kann man viel in Gottes Wort lesen und darüber hören, aber wenn man es nur aus Vernunftgründen heraus tut und Gottes Wort nicht beherzigt, gibt es dem Herzen keine Befriedigung.
3. Sie trinken Wein, aber das macht sie nicht fröhlich. Wein ist ein Bild der Freude an irdischen Dingen. So gibt es keine Befriedigung im Familienleben, wenn das Leben nur aus diesen Dingen besteht und der Herr Jesus nicht den zentralen Platz darin erhält.
4. Die Kleidung, die sie tragen, gibt keine Wärme. So mag es viel Wissen über die Position in Christus geben, aber wenn es keine praktische Wirkung hat, ist das Ergebnis ein kalter oder gesetzlicher Geist. Die Galater haben den Herrn Jesus Christus angezogen, aber durch die Wiedereinführung des Gesetzes ist die Wärme der Liebe verschwunden (Gal 3,27; 5,14.15).
5. Derjenige, der Lohn für seine Arbeit erhält, kann kaum etwas davon kaufen, weil dieser so schnell aufgebraucht ist. So ist es mit dem Lohn, den Menschen von Menschen erwarten. Wer sich bemüht, von den Menschen Lohn zu erhalten, der empfängt ihn auch, aber solcher Lohn bringt nichts für den Himmel, er verfliegt (Mt 6,2.5.16).
Die allgemeine Lektion für uns ist, dass wir Kenntnis von dem Wort Gottes haben können, ohne dass unser Herz beteiligt ist und ohne, dass es unser Leben in all seinen Facetten beherrscht. Das Leben eines Christen, der nicht die Dinge Gottes sucht, ist ein karges, leeres und armseliges Leben. Bittere Enttäuschung ist immer der Teil derer, die für sich selbst leben, anstatt Gott zu ehren.
Wie oft wird die christliche Gemeinschaft aufgegeben, das Privileg, den Tod des Herrn zu verkünden, die Unterstützung durch die Predigt und die Auferbauung der Gemeinde, um ein paar Euro pro Monat mehr zu verdienen! Man wechselt den Wohnort, um woanders mehr zu verdienen, ohne sich zu fragen, was das in geistlicher Hinsicht mit sich bringen wird. Es ist dann nicht verwunderlich, wenn sowohl der soziale als auch der geistliche Nutzen ausbleiben.
Auch bei den Kindern wird zu sehen sein, was die Eltern angestrebt haben. Wenn sie nie sehen, dass der Vater oder die Mutter in der Bibel liest oder betet, werden die Kinder dies auch nicht tun. Gibt es stattdessen Kritik an Dienern Gottes in der Gegenwart der Kinder? Seid dann nicht überrascht, wenn sie mit Verachtung von denen sprechen, die ein Werk für den Herrn tun. Wie sprechen wir über die Zusammenkünfte? Wenn wir kaum Gebetsstunden und Bibelstunden besuchen, werden die Kinder das auch nicht tun.
7 Nochmals: Richtet euer Herz auf eure Wege
7 So spricht der HERR der Heerscharen:
Richtet euer Herz auf eure Wege!
Nach Vers 5 ruft „der HERR der Heerscharen“ wieder auf, ihr Herz auf ihre Wege zu richten oder ihre Wege genau zu betrachten. Anstatt sie wegen ihrer Untreue wieder ins Exil zu schicken, wird das Volk aufgefordert, darüber nachzudenken, wie sie vorgehen, was mit ihnen passiert ist. Es sollte sie dazu bringen, die ersten Dinge an die erste Stelle zu setzen. Wenn wir Gott nicht seinen Platz, d. h. den ersten Platz, einräumen, wird unser Werk kein dauerhaftes Ergebnis haben.
8 Was der HERR von ihnen will
8 Steigt auf das Gebirge und bringt Holz herbei
und baut das Haus,
so werde ich Wohlgefallen daran haben und verherrlicht werden,
spricht der HERR.
Hier wird ihnen gesagt, wie sie den Willen Gottes erfüllen und wieder Segen erwarten können. Der Prophet sagt gleichsam: „Gib Gott den ersten Platz in deinem Leben.“ Das Haus Gottes kann nicht ohne Material wiederaufgebaut werden, und Material kann nicht ohne Arbeit erlangt werden. Der HERR sagt ihnen, wo sie sein müssen, um das Material für Gottes Haus zu bekommen. Sie müssen auf das Gebirge gehen. Dort gibt es Holz zu holen. Mit diesem Holz können sie „dieses Haus“, das Haus Gottes, den Tempel, wiederaufbauen.
Das Holz ist ein Bild Christi als „die Frucht der Erde“ (Jes 4,2). Aus geistlicher Sicht ist es auch wahr, dass man bei allen geistlichen Arbeiten die Herrlichkeit des Hauses Gottes, seiner Gemeinde, im Auge haben muss. Es geht um Christus. Es ist nicht einfach, aber was könnte schöner sein, als für etwas arbeiten zu können, an dem Gott „Wohlgefallen“ hat und was Ihn verherrlicht? Sein Haus, die Gemeinde, besteht aus allen Gläubigen. Eine Ortsgemeinde darf in der Praxis zeigen, dass die Gemeinde der Wohnort Gottes ist. Der Heilige Geist wohnt in der Gemeinde (1Kor 3,16) und im Leib des Gläubigen (1Kor 6,19).
Wie können wir die Gemeinde aufbauen? Die Gemeinde wird durch Unterricht aus dem Wort Gottes durch die Gaben, die der Herr Jesus seiner Gemeinde gegeben hat, aufgebaut (Eph 4,11–13). Deshalb ist es wichtig, dass jeder, der als Gabe der Gemeinde geschenkt ist, seinen Dienst treu erfüllt und dabei nicht nachlässt. Der Gläubige wird durch den Unterricht aufgebaut. Dann baut er sich selbst in seinem heiligsten Glauben auf (Jud 1,17–20). Darüber freut sich Gott und dadurch wird Er verherrlicht.
9 Egoismus blockiert den Segen
9 Ihr habt nach vielem ausgeschaut, und siehe, es wurde wenig;
und brachtet ihr es heim, so blies ich hinein.
Weshalb das?, spricht der HERR der Heerscharen.
Wegen meines Hauses, das wüst liegt,
während ihr lauft, jeder für sein [eigenes] Haus.
In dem, was Gott hier sagt, spiegelt sich wider, wie sehr es Ihn trifft, dass sein Volk Ihn ignoriert. Er spricht nicht von ihrem schwachen Zustand oder dem schäbigen Tempel im Vergleich zu Salomos Tempel. Er spricht über ihre Gleichgültigkeit, ihr mangelndes Interesse an Ihm und seinem Haus.
Die enttäuschenden Ergebnisse sind eine Züchtigung Gottes, weil sie darin nachgelassen haben, sein Haus wiederaufzubauen. Die Bedeutung des Hauses Gottes wurde durch die Bedeutung ihrer eigene Häuser verdrängt. Anstatt sich für Gottes Haus anzustrengen, das wüst liegt, engagieren sie sich für ihre eigenen Häuser. Wenn es um Gottes Haus geht, sind sie nicht zu motivieren. Aber sobald es ihr eigenes Haus betrifft, sind sie voller Tatendrang, sie rennen, wie es wörtlich heißt, um daran zu arbeiten.
Der Ausdruck „ihr lauft, jeder für sein Haus“ drückt den Eifer aus, mit dem sie ihre eigenen Interessen verfolgen. Es ist bemerkenswert, wie viel Energie bei der Realisierung eigener Pläne verbraucht wird, die nur dazu dienen, die persönliche Bequemlichkeit zu erhöhen, während man sich gleichzeitig beschwert, dass es so wenig Zeit für die Dinge des Herrn gibt. Mangelnder Eifer und mangelnde Liebe zum Haus Gottes und zur Gemeinde des lebendigen Gottes, gehen oft Hand in Hand mit großer Hingabe und Sorge um unsere eigene Bequemlichkeit.
Es gibt Zeit und Mittel im Überfluss für Dinge, die keinen dauerhaften Nutzen haben. Im Vergleich dazu sehen wir, wie schwierig es manchmal ist, Zeit für die Zusammenkünfte der Gemeinde freizumachen und wie wenig manchmal finanziell oder auf andere Weise für das Werk des Herrn beigetragen wird. Sobald aber das Gewissen angesprochen wird, ändert sich das.
Es gibt einen großen Kontrast zwischen „Mein Haus“ und „jeder … sein eigenes Haus“. In unserem „eigenen Haus“ können wir ein Bild religiöser Gruppen sehen, die nach eigenen Vorstellungen eingerichtet sind. Die Menschen wollen sich selbst wiedererkennen und sich dort zu Hause fühlen können. Ob sich Gott dort „zu Hause“ fühlt, wird nicht ernsthaft anhand des Wortes Gottes geprüft, irgendwie interessiert es oft gar nicht. Wir hören den Ausdruck „jeder sein Haus“, auch wenn ein Pastor von „meiner Gemeinde“ spricht. Es gibt nur eine Person, die das Recht hat, über „meine Gemeinde“ zu sprechen (Mt 16,18). Das ist der, von dem die Gemeinde ist, weil Er sie mit dem Preis seines Blutes gekauft hat (Apg 20,28).
10 - 11 Kein Tau, kein Ertrag
10 Darum hat der Himmel den Tau über euch zurückgehalten
und die Erde ihren Ertrag zurückgehalten.
11 Und ich habe eine Dürre gerufen über das Land und über die Berge
und über das Korn und über den Most und über das Öl
und über das, was der Erdboden hervorbringt,
und über die Menschen und über das Vieh
und über alle Arbeit der Hände.
Der Himmel gibt auf dem Land keinen Tau, weil das Volk das Haus Gottes und damit Ihn selbst verachtet. Wenn sie an Ihn gedacht hätten, hätten sie an den Wiederaufbau seines Hauses gedacht. Dass es Dürre gibt, sollte nicht auf natürliche Ursachen zurückgeführt werden, sondern darauf, dass die Interessen des HERRN ignoriert werden. Wenn sie das tun, ignoriert der HERR auch ihre Interessen. Wenn sie Ihm nicht dienen, dient Er ihnen auch nicht mit Tau. Aber Er dient ihnen auf eine andere Weise. Sein Dienst durch die Züchtigung sollte sie dazu bringen, darüber nachzudenken, warum es keinen Ertrag gibt und wer die Dürre sendet.
Dass Er eine Dürre über das Land und über die Berge verkündet (Vers 11), ist ein Zeichen des Gerichts als Folge der Untreue des Volkes (1Kön 17,1). Diese Dürre betrifft allen Ertrag des Landes, alles „was der Erdboden hervorbringt“. „Das Korn“, „der Most“ und „das Öl“ fassen die Segnungen des Landes zusammen (5Mo 11,14; 18,4).
Nicht nur die Menschen, sondern auch die Tiere leiden unter der Untreue der Menschen. Die ganze Schöpfung leidet unter der Sünde des Menschen (Röm 8,22). In der Schöpfung, zwischen den Tieren, zwischen Mensch und Tier und zwischen den Menschen, gibt es nur dann Harmonie, wenn die Schöpfung durch Christus ins richtige Verhältnis zu Gott zurückgebracht wird.
12 Das Volk fürchtet sich vor dem HERRN
12 Und Serubbabel, der Sohn Schealtiels, und Josua, der Sohn Jozadaks, der Hohepriester, und der ganze Überrest des Volkes hörten auf die Stimme des HERRN, ihres Gottes, und auf die Worte des Propheten Haggai, so wie der HERR, ihr Gott, ihn gesandt hatte; und das Volk fürchtete sich vor dem HERRN.
Nachdem Haggai seine erste Botschaft im Namen des HERRN gesprochen hat, hören die Führer und das Volk „auf die Stimme des HERRN, ihres Gottes“. Die Worte des Propheten fallen auf guten Boden und alle gehorchen. Sie hören „die Stimme des HERRN, ihres Gottes“ in den „Worten des Propheten Haggai“. Das muss bei jedem so sein, der das Wort Gottes verkündigt. Haggai kam nicht aus eigener Initiative. Er wurde vom HERRN, ihrem Gott, zu ihnen geschickt. Er kommt in seinem Namen.
Das Kommen und Sprechen von Haggai verursachen keine Zwietracht oder Spaltung, sondern Einheit und Anerkennung. Das zeigt eine gute Gesinnung. Jeder erkennt die Wahrheit dessen an, was gesagt wurde. Das Volk fürchtet sich, die Worte beeindrucken. Furcht oder Ehrfurcht ist die erste Frucht des Hörens. Die zweite Frucht ist, dass sie die vernachlässigte Arbeit im Tempel wieder aufnehmen (Vers 14).
13 Ich bin mit euch
13 Da sprach Haggai, der Bote des HERRN, kraft der Botschaft des HERRN zum Volk und sagte: Ich bin mit euch, spricht der HERR.
„Da“ bedeutet, dass das, was folgt, eine Reaktion auf das ist, was vorangegangen ist. Die gute Gesinnung des Volkes wird vom HERRN mit einer ermutigenden Zusage beantwortet. Haggai, der jetzt nachdrücklich „der Bote des HERRN“ genannt wird, kommt zu ihnen mit einer äußerst kurzen, aber inhaltsreichen Botschaft des HERRN. Wenn der HERR bei seinem Volk eine Gesinnung sieht, zu gehorchen, verspricht Er: „Ich bin mit euch.“ Was braucht ein Mensch noch mehr? Diese Zusage bedeutet, dass ihre Bekehrung echt ist.
Wenn der HERR dabei ist, gibt es die Garantie für Hilfe, Schutz, Kraft und Segen. Wer Ihn hat, hat alles. Es gibt keine größere Ermutigung, eine Aufgabe zu erfüllen, besonders wenn es ein Tag der Schwäche ist, als die Worte des HERRN Jesus: „Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters“ (Mt 28,20; Ps 23,4; 91,15; Jes 43,2). Selbst in den besten Tagen gibt es nichts Besseres. Es ist das einzige Wort, das zu dem sich fürchtenden Volk gesprochen wird. Aber es bedeutet alles.
Haggai erhält die Ehre, der einzige Prophet in der Bibel zu sein, der „der Bote des HERRN“ genannt wird, obwohl dies für alle wahren Propheten gilt. Du kannst ein Bote des HERRN sein, aber dennoch keine Botschaft des HERRN überbringen. Bei Haggai ist beides wahr.
14 Die Arbeit wird wieder aufgenommen
14 Und der HERR erweckte den Geist Serubbabels, des Sohnes Schealtiels, des Statthalters von Juda, und den Geist Josuas, des Sohnes Jozadaks, des Hohenpriesters, und den Geist des ganzen Überrestes des Volkes. Und sie kamen und arbeiteten am Haus des HERRN der Heerscharen, ihres Gottes,
Wenn die richtige Gesinnung da ist, kann der HERR den Geist der Führer und des Überrestes erwecken, um an die Arbeit zu gehen. Er bewirkt in ihnen „sowohl das Wollen als auch das Wirken“ (Phil 2,13). Er ermutigt sie innerlich und macht sie willig und stark, um das Werk Gottes zu wirken. Sie beginnen, ohne auf die Erlaubnis des Königs zu warten. Das Wort des HERRN ist wichtiger als das eines Königs.
Auf der einen Seite sind sie gehorsam gegenüber der Botschaft des Haggai. Auf der anderen Seite wirkt Gottes Geist in ihnen die Bereitschaft, den Bau des Hauses Gottes wieder aufzunehmen. Beide Aspekte sind notwendig, wenn das Ergebnis die Herrlichkeit Gottes sein soll. Nichts kommt zustande, was zur Ehre Gottes ist, wenn ein Werk vom Menschen ausgeht und er in eigener Kraft tätig ist.
Paulus war sich dessen durchaus bewusst. Wir hören das, wenn er sagt: „Ich habe viel mehr gearbeitet als sie alle; nicht aber ich, sondern die Gnade Gottes, die mit mir war“ (1Kor 15,10b). Es muss auch tief in uns eindringen, dass der Herr Jesus sagt: „Außer mir könnt ihr nichts tun“ (Joh 15,5b).
15 Das Datum der Wiederaufnahme
15 am vierundzwanzigsten Tag des sechsten Monats, im zweiten Jahr des Königs Darius.
Dieser Vers verbindet sich direkt mit der Wiederaufnahme des Wiederaufbaus des Tempels. Der Tag, an dem sie mit der Arbeit beginnen, ist für den HERRN so wertvoll, dass das Datum genau angegeben wird.