1 - 4 Der Tag des Herrn ist noch nicht angebrochen
1 Wir bitten euch aber, Brüder, wegen der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus und unseres Versammeltwerdens zu ihm hin, 2 dass ihr euch nicht schnell in der Gesinnung erschüttern noch erschrecken lasst, weder durch Geist noch durch Wort, noch durch Brief, als durch uns, als ob der Tag des Herrn da wäre. 3 Lasst euch von niemand auf irgendeine Weise verführen, denn dieser Tag kommt nicht, es sei denn, dass zuerst der Abfall komme und offenbart werde der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens, 4 der widersteht und sich erhöht über alles, was Gott heißt oder verehrungswürdig ist, so dass er sich in den Tempel Gottes setzt und sich selbst darstellt, dass er Gott sei.
Wie schon in der Einleitung gesagt, liegt in diesem zweiten Brief der Nachdruck auf der Korrektur. Sie war nötig, weil der Feind versuchte, das Leben der Gläubigen zu lähmen. Dazu gebrauchte er Irrlehren. Um diese Irrlehren einzuführen, wollte er durch Drangsal und Verfolgung das rechte Klima schaffen.
Die Drangsal hast du in Kapitel 1 gefunden. Paulus hat klargemacht, wie sie zu sehen ist, und hat die Gläubigen mit der entsprechenden Belehrung ermutigt. Die Irrlehren werden in diesem Kapitel behandelt. Du siehst, wie der Verführer die Gläubigen mit einer falschen Botschaft bezüglich der Zukunft betrügen will. Paulus macht deutlich, wie du sie sehen musst. Übrigens findest du in diesen beiden Kapiteln die beiden Erscheinungsformen des Feindes: in Kapitel 1 den brüllenden Löwen (1Pet 5,8) und in Kapitel 2 den Engel des Lichts (2Kor 11,14).
Der Feind versuchte in seiner List mit dieser Irrlehre den Thessalonichern weiszumachen, dass der Tag des Herrn bereits angebrochen sei. Der Feind ließ sogar das Gerücht verbreiten, dass Paulus das selbst auch glaubte und lehrte. Jetzt kannst du sehen, wie Paulus diesem Irrtum entgegentritt und ihn durch die Gegenüberstellung mit der Wahrheit entkräftet.
V1. Er erteilt keinen Befehl. Noch weniger beginnt er ihnen schwere Vorhaltungen zu machen, dass sie so dumm seien, dem Feind für die Irrtümer die Tür zu öffnen. Nein, als Erstes bittet er sie. Dadurch will er, dass sie über das nachdenken, was er ihnen nun sagt und was das Hauptthema seines Briefes ist. Anschließend stellt er sich mitten unter sie, nicht über sie, indem er sie wieder mit „Brüder“ anspricht, wodurch er das gegenseitige Vertrauen ausdrückt.
Sein Ausgangspunkt für das Widerlegen des Irrtums und das Vorstellen der Wahrheit ist das Kommen des Herrn Jesus für die Gemeinde. Das meint er mit „wegen“. Er sagt damit: Um euch klarzumachen, was es mit dem Tag des Herrn auf sich hat, will ich euch kurz an die Entrückung der Gemeinde erinnern. Damit sagt er gleichsam zu ihnen: Habe ich euch nicht gesagt, dass der Herr Jesus zuerst für die Gemeinde kommt und dass wir Ihm in die Luft entgegengehen werden, um zu Ihm hin versammelt zu werden (1Thes 4,15–17)? Ihr, die ihr zur Gemeinde gehört, seid noch auf der Erde. Wie kann daher der Tag des Herrn angebrochen sein, da die Gemeinde noch auf der Erde ist? Sein Kommen für die Gemeinde muss nach wie vor zuerst stattfinden. Daher gibt es also keinen einzigen Grund anzunehmen, dass der Tag des Herrn schon angebrochen ist.
V2. Lass dir nichts weismachen. Dem Feind geht es darum, dich (und jedes Kind Gottes) davon abzuhalten, den Herrn Jesus zu erwarten. Halte deinen sicheren und festen Blick auf sein Kommen, wenn Er die Seinen zu sich nimmt. Er gebraucht dazu allerlei Betrügereien und Listen. Er greift dich in deinem Denken, deinem Verstand und deiner Fähigkeit an, Dinge zu beurteilen. Du darfst dich nicht so schnell austricksen lassen. Denk nach über das, was du hörst oder siehst, und beurteile die Dinge anhand des Wortes Gottes. Dann wirst du nicht so schnell erschüttert werden durch bestimmte Ereignisse, die durch falsche Lehrer als Gottes Handeln gedeutet werden. Du wirst auch nicht so schnell durch ihre einleuchtenden Erklärungen verwirrt und erregt werden.
Sie behaupten von sich, die eine oder andere Botschaft durch Inspiration empfangen zu haben. Aber es ist unmöglich, dass hier der Geist Gottes am Werk ist. Der Geist Gottes ist immer in Übereinstimmung mit dem Wort Gottes. Deswegen müssen die Geister anhand des Wortes Gottes geprüft werden (1Joh 4,1). Lass dich daher nicht durch ihre sogenannten „geistlichen“ Kontakte überrumpeln. Lass dich auch nicht durch ihre überzeugend klingenden Argumentationen einwickeln. Prüf das, was sie sagen, anhand des Wortes Gottes. Selbst wenn sie mit einem Brief kämen, mit einem Dokument, von dem sie behaupten, dass es mit religiöser Autorität ausgestattet sei, so lass dich dadurch nicht verwirren. Es macht Satan nichts aus, welches Mittel er gebraucht, wenn es nur wirksam ist. Hauptsache, die Thessalonicher dachten, dass der Tag des Herrn schon angebrochen sei.
Eine falsche Übersetzung ist: als ob der Tag des Herrn bevorstehen würde. Das wäre ja kein Irrtum, denn der Tag des Herrn ist tatsächlich bevorstehend. Die Irrlehre, die Eingang gefunden hatte, war ja gerade, dass der Tag des Herrn bereits angebrochen war. Der Beweis sollte, so behaupteten die Verführer, die Verfolgungen sein, die die Thessalonicher mitmachten. Denn am Tag des Herrn würde es ja Bedrängnis geben. Die Leiden, die sie durchlebten, schienen den Verführern recht zu geben. Stand nicht geschrieben, dass dieser Tag ein Tag der Angst und Bedrängnis sein würde?
V3. Es gibt zwei Argumente, um die Irrlehre zu widerlegen, dass der Tag des Herrn bereits angebrochen sei. Das erste Argument hast du soeben gehört: Die Gläubigen sind noch nicht mit dem Herrn vereinigt, denn erst danach kommt Er mit ihnen auf die Erde. Das zweite Argument ist, dass der Gesetzlose (Vers 8) noch nicht offenbart ist und deswegen das Gericht noch nicht ausgeübt werden kann.
Dieses zweite Argument vertieft Paulus nun. Wenn du das verstehst und festhältst, kann der Feind dich in diesem Punkt keinesfalls mehr verwirren. Zunächst weist Paulus auf den Abfall hin. Das ist das geistliche Klima, das vorherrschen wird, wenn die Gemeinde entrückt ist. Der Abfall ist die öffentliche Leugnung dessen, wozu man sich zuvor bekannt hat. Es geht hier um den Abfall des Christentums als der einzigen Religion, in der Gott sich als Vater, Sohn und Heiliger Geist bekanntgemacht hat. Es ist die radikale Leugnung, dass es ein Wesen gibt, das über den Menschen steht und dem der Mensch sich unterwerfen muss. Der Abfall bedeutet, dass der Mensch sich die absolute Autorität in der Welt und dem Weltall anmaßt.
Um einem Missverständnis vorzubeugen, ist es gut zu wissen, dass der Abfall nicht der Abfall von Christen ist. Ein Gläubiger kann nicht abfallen. Der Herr Jesus gibt entsprechende Sicherheit (Joh 10,27–29). Einige können zwar in der Zeit, in der wir jetzt leben – „den späteren Zeiten“ – vom Glauben abfallen (1Tim 4,1). Das betrifft jedoch Menschen, die eine Form der Gottseligkeit haben, jedoch keine wirklichen Christen sind (2Tim 3,5). Das ist aber nicht dasselbe wie der allgemeine Abfall all derer, die sich christlich nennen. Abfall ist nicht das Erkalten der Liebe bestimmter Personen oder das Einführen böser Dinge in die Gemeinde, sondern die völlige Aufgabe der Wahrheit Gottes. Der Abfall besteht darin, dass der Mensch Gott entthront und sich selbst auf den Thron setzt.
Die Phase, in der alle Christen abfallen, ist noch zukünftig. Der Abfall tritt erst ein, wenn die Gemeinde entrückt ist und nur Namenschristen übriggeblieben sind. Was sich dann Christenheit nennt, wird insgesamt abfallen. In dem geistigen Klima, das dann vorherrschen wird, wird eine Person gedeihen, die die Verkörperung des Widerstandes gegen Gott ist. Diese Person ist die Zusammenballung aller Gesetzlosigkeit. Sie wird „der Mensch der Sünde“ und „der Sohn des Verderbens“ genannt.
Über diesen Menschen hat die Sünde absolute Autorität. Die Sünde verfügt unbeschränkt und ungehindert über diesen Menschen. Es gibt keine einzige Verbindung zu Gott oder etwas, das von Gott kommt. Dieser Mensch hat sich als ein williges Instrument der Sünde ausgeliefert, so dass sich die Sünde in all ihrer Abscheulichkeit in ihm offenbaren kann. Ein solcher Mensch kann nichts anderes sein, als „der Sohn des Verderbens“. So hat der Herr Jesus auch Judas genannt (Joh 17,12). Dieser Name gibt den Charakter an. Wir lesen zum Beispiel auch von einem „Sohn des Friedens“ (Lk 10,6), wenn jemand durch Frieden gekennzeichnet ist, der den Frieden sozusagen zum Vater hat und diesen Charakter offenbart. „Der Sohn des Verderbens“ findet seinen Ursprung im Verderben, seine Handlungen werden durch Verderben gekennzeichnet und sein Ende wird im Verderben sein.
V4. Bevor er jedoch sein Ende erreicht, wird er alle geistliche Führung an sich reißen. Die Person des Antichrists wird offenbar. Das ist die Person, die in Daniel 11 der König genannt wird, der nach seinem Gutdünken handeln wird (Dan 11,36). Paulus zitiert diesen Vers hier. Dieser Vers macht ebenfalls deutlich, dass der Antichrist ein Jude ist. Im Neuen Testament siehst du ihn als den abgefallenen Führer des Christentums (er leugnet den Vater und den Sohn) und des Judentums (er leugnet, dass Jesus der Christus ist) (1Joh 2,22.23). In Offenbarung 13 siehst du ihn als das Tier, das aus der Erde heraufsteigt (Off 13,11–18). Die Beschreibung hat erstaunlich viel Ähnlichkeit mit Christus als dem Lamm. Der Antichrist ahmt Ihn nach, er tut so, als wäre er der Christus, ist aber in jeder Hinsicht der Gegenspieler Christi.
Wenn er an der Macht ist, wird er jede Form des Gottesdienstes untersagen. Dadurch macht er den Weg für ein bis dahin ungekanntes gotteslästerliches Auftreten frei: Er wird alle Juden und Namenschristen dazu bringen, ihn als Gott zu verehren (vgl. Hes 28,2). Er wird sich dazu in den Tempel Gottes setzen, das ist der Tempel in Jerusalem, das Zentrum des jüdischen Gottesdienstes. Für diese Anbetung wird der Antichrist ein Bild vom Diktator des wiedererstandenen Römischen Reiches machen lassen und im Tempel aufstellen. Die Anbetung des Bildes wird vom Antichrist entgegengenommen.
Dass er sich in den Tempel setzt, beweist einmal mehr, dass der Antichrist ein Jude ist. Die (abgefallenen) Juden würden ihn sonst nie als Christus oder Messias akzeptieren und auch nicht zulassen, dass er den Tempel Gottes in Besitz nehmen könnte. Der Herr Jesus hat von ihm gesagt, dass er in seinem eigenen Namen kommen würde und die Juden ihn annehmen würden (Joh 5,43).
Lies noch einmal 2. Thessalonicher 2,1–4.
Frage oder Aufgabe: Welche Beweise findest du in diesem Abschnitt dafür, dass der Tag des Herrn noch nicht gekommen ist?
5 - 8 Der Gesetzlose
5 Erinnert ihr euch nicht, dass ich dies zu euch sagte, als ich noch bei euch war? 6 Und jetzt wisst ihr, was zurückhält, damit er zu seiner Zeit offenbart wird. 7 Denn schon ist das Geheimnis der Gesetzlosigkeit wirksam; nur ist jetzt der da, der zurückhält, bis er aus dem Weg ist, 8 und dann wird der Gesetzlose offenbart werden, den der Herr Jesus verzehren wird durch den Hauch seines Mundes und vernichten wird durch die Erscheinung seiner Ankunft,
V5. In den vorigen Versen hat Paulus eigentlich nicht viel mehr getan, als die Gläubigen in Thessalonich an das zu erinnern, was er ihnen schon früher gesagt hatte. Dieses Thema gehört offensichtlich zur Grundausstattung jedes Gläubigen. Er wird nicht ausführlich darauf eingegangen sein, weil er nur kurz bei ihnen war. Dennoch weist er auf das hin, was er damals gesagt hat. Dadurch will er ihre Erinnerung auffrischen.
Es ist auch nicht so, dass Paulus dieses Thema mal eben zwischen Tür und Angel erwähnt hat. Man erkennt das im Deutschen nicht, aber er sagt, dass er wiederholt darüber gesprochen hat. Dadurch steckt ein gewisser Tadel in seinen Worten, zwar freundlich, aber doch bestimmt. Wenn sie verstanden hätten, was er gesagt hatte, wären die Schwierigkeiten, die sie nun mit ihren Umständen hatten, nicht entstanden. Durch die „Vergesslichkeit“ der Thessalonicher können wir nun jedenfalls von den Belehrungen über die Zukunft profitieren.
V6–7. Nun setzt Paulus seine Belehrungen fort. Dabei knüpft er an das Wissen an, das er bei ihnen als bekannt voraussetzen konnte. Sie wussten, dass die Offenbarung des Antichrists zurückgehalten wurde. Dieses Zurückhalten geschieht durch ein „was“ (Vers 6) und ein „der“ (Vers 7). Da ist „etwas“, was zurückhält, und „jemand“, eine Person, die zurückhält. Die Frage ist, woran wir bei „was“ und bei „der“ denken müssen, was damit gemeint ist. Verschiedene Ausleger haben unterschiedliche Erklärungen gegeben. Ich werde dir sagen, welche mir am meisten zusagt und warum.
„Was zurückhält“, ist die Gemeinde. Paulus hat dargelegt, dass der Tag des Herrn nicht angebrochen sein konnte, solange die Gemeinde auf der Erde ist. Er hat auch dargelegt, dass, bevor der Tag des Herrn anbricht, zuerst der Abfall kommen muss, der mit dem Offenbarwerden des Antichrists zusammenhängt. Die Anwesenheit der Gemeinde auf der Erde bedeutet jedoch, dass es noch keine vollständige Leugnung Gottes und Christi gibt.
„Der zurückhält“, das ist der Heilige Geist. Dass es um den Heiligen Geist geht, wird mir dadurch deutlich, dass dahinter steht, „bis er aus dem Weg ist“. Wenn die Gemeinde entrückt wird, wird auch der Heilige Geist weggenommen. Wird Er dann nicht mehr auf der Erde anwesend sein? Doch, allerdings nicht in der Art und Weise, wie das der Fall war, als die Gemeinde noch auf der Erde war. Da wohnte Er in der Gemeinde. Am Pfingsttag, bei der Ausgießung des Heiligen Geistes, kam Er, um in den Gläubigen Wohnung zu nehmen.
Vor dieser Zeit wirkte Er auf der Erde. Davon kannst du schon in den ersten Versen der Bibel etwas lesen (1Mo 1,2). Jedes Werk Gottes auf der Erde geschah (und geschieht immer noch) durch den Heiligen Geist. Aber erst nachdem der Herr Jesus das Werk auf dem Kreuz vollbracht hatte und in den Himmel zurückgekehrt war, kam der Heilige Geist hernieder, um auf der Erde zu wohnen (Joh 7,39). Wie das geschah, kannst du in Apostelgeschichte 2 (Apg 2,1–4) nachlesen. Sein Kommen auf die Erde bedeutete das Entstehen der Gemeinde. Sein Wohnort ist die Gemeinde (1Kor 3,16; Eph 2,22). Du siehst, wie sehr die Gemeinde und der Heilige Geist miteinander verbunden sind.
Durch die Anwesenheit sowohl der Gemeinde als auch des Heiligen Geistes auf der Erde wird die volle Offenbarung des Bösen noch zurückgehalten. Ein Beispiel für dieses Zurückhalten ist das Misslingen spiritistischer Dinge, wenn ein betender Gläubiger anwesend ist. Häufig verstummt ein gottloses oder unsittliches Gespräch, wenn ein treuer Gläubiger zu Leuten stößt, die ihn auch als solchen kennen.
Dieses „Zurückhalten“ hört auf, wenn die Gemeinde entrückt wird. Und wenn die Gemeinde entrückt wird, kann es nicht anders sein, als dass auch der Heilige Geist die Erde verlässt. Die Gemeinde ist in alle Ewigkeit sein Wohnort. Einen Beweis dafür findest du in den Worten des Herrn Jesus über den Heiligen Geist, nämlich, dass Er bis in Ewigkeit bei und in den Gläubigen sein würde (Joh 14,15–17). Wenn die Gemeinde entrückt ist, wohnt der Heilige Geist nicht mehr auf der Erde. Was sein Werk betrifft, so wird es wieder so sein wie in der Zeit, bevor die Gemeinde auf der Erde war.
Die völlige Offenbarung des Bösen wird also noch zurückgehalten. Dennoch ist „die Gesetzlosigkeit“ schon wirksam. Für die Ungläubigen, die dafür blind sind, ist das noch ein „Geheimnis“. Die Ungläubigen arbeiten sogar intensiv an der Gesetzlosigkeit mit. Für dich braucht das jedoch kein Geheimnis zu sein. Du darfst verstehen, was Paulus hier über diese Erscheinung sagt. Dass es für sehr viele Gläubige dennoch ein Geheimnis ist, liegt daran, dass sie die Schrift nicht lesen. Wenn du die Schrift liest, brauchst du dich über die zunehmende Gesetzlosigkeit also nicht zu wundern.
Bei Gesetzlosigkeit musst du nicht an die Übertretung des Gesetzes denken. Gesetzlosigkeit geht viel weiter. Gesetzlosigkeit ist das Wesen der Sünde, denn die Sünde ist die Gesetzlosigkeit (1Joh 3,4). Es ist die völlige Verneinung jeder Form von Autorität. Ist es nicht genau das, was du in deiner Umgebung wahrnimmst? Merkst du nicht, dass der Mensch immer autonomer, unabhängiger und selbstständiger sein will? Er ist immer weniger bereit, sich einer Autorität zu unterwerfen, schon gar nicht der Autorität Gottes.
V8. Dieses Wirken des Geheimnisses der Gesetzlosigkeit nimmt immer weiter zu, bis der Mensch der Sünde, der Gesetzlose sich vollständig offenbaren kann. Lass dich daher nicht durch Stimmen verführen, die dich glauben lassen wollen, dass die Welt durch das Evangelium für Christus gewonnen werden wird. Das ist ein großer Irrtum. Hier liest du, wie die Zukunft der Welt aussieht. Das bedeutet nicht, dass du das Evangelium nicht weitergeben sollst. Es ist geradezu ein Ansporn. Das Evangelium richtet sich allerdings an den Einzelnen, nicht an die Masse. Die Masse wird, wie gesagt, abfallen, sich gegen Gott auflehnen und den Antichrist anbeten.
Vers 8 beginnt mit „und dann“. Das bedeutet: Zu diesem Zeitpunkt – und nicht früher – wird der Gesetzlose offenbart. Die Gesetzlosigkeit, die bereits im Verborgenen wirkt, wird zu der Zeit in einer Person Gestalt annehmen. Es ist dasselbe, was Johannes über die vielen Antichristen schreibt, obwohl doch nur einer der Antichrist ist (1Joh 2,18). Alles verläuft nach dem Plan Gottes. Daran können Satan und seine Dämonen nichts ändern. Nein, es ist sogar so, dass sie gegen ihren Willen an seinem Zustandekommen mitwirken.
Wenn der Gesetzlose einmal offenbart ist, wird eine Zeit des Schreckens anbrechen, wie es sie noch nie gegeben hat. Von diesem Schreckensregime liest man hier nichts. Das kannst du im Buch der Offenbarung nachlesen. Hier erfährst du nur kurz und beeindruckend von seinem ruhmlosen, erniedrigenden und abscheulichen Ende. Er endet nicht dadurch, dass er in einem Kampf auf Leben und Tod den Kürzeren zieht. Der Herr Jesus wird ihn persönlich durch nichts anderes als den Hauch seines Mundes verzehren (vgl. Jes 11,4). Dabei kannst du auch an sein Wort, an ein Machtwort denken (Ps 33,6; Off 1,16).
Stell dir diesen gesetzlosen Menschen vor, der sich selbst über alles erhebt und sich selbst zu Gott macht, statt sich Gott zu unterwerfen. Dieser aufgeblasene, großtuerische Lästerer wird durch eine einfache Handlung (doch voller Macht!) verzehrt. Und durch wen? Durch den Menschen, der sich auf der Erde selbst erniedrigt hat und gehorsam geworden ist bis zum Tod und der danach von Gott verherrlicht worden und der Herr aller geworden ist. Seine Erscheinung, wenn Er also sichtbar auf die Erde kommt, bedeutet das Ende des Gesetzlosen.
„Verzehren“ und „vernichten“ bedeuten nicht das Ende seiner Existenz. Damit wird ausgedrückt, dass Schluss ist mit seiner Stellung und der Ausübung von Autorität. In Offenbarung 19 siehst du, wie das geschehen wird (Off 19,20). Dort wird der Gesetzlose „der falsche Prophet“ genannt. Gemeinsam mit dem Tier – das ist der Diktator des dann wiedererstandenen Römischen Reiches (des vereinigten Europa) – wird er ohne Prozess lebendig in den Feuersee geworfen. Diese beiden monsterähnlichen Personen werden als erste in der Hölle sein. Sie sind dort auch die Einzigen während der 1000 Jahre des Friedens, die auf der Erde nach ihrer Verurteilung folgen werden. Wenn die 1000 Jahre vorüber sind, wird auch der Teufel dorthin geworfen werden (Off 20,10) und schließlich alle Ungläubigen (Off 20,11.12.15).
Lies noch einmal 2. Thessalonicher 2,5–8.
Frage oder Aufgabe: Nenne Situationen, die zeigen, dass das Geheimnis der Gesetzlosigkeit schon wirksam ist.
9 - 12 Die Zukunft derer, die verlorengehen
9 ihn, dessen Ankunft nach der Wirksamkeit des Satans ist, in aller Macht und allen Zeichen und Wundern der Lüge 10 und in allem Betrug der Ungerechtigkeit denen, die verloren gehen, darum, dass sie die Liebe zur Wahrheit nicht annahmen, damit sie errettet würden. 11 Und deshalb sendet ihnen Gott eine wirksame Kraft des Irrwahns, dass sie der Lüge glauben, 12 damit alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt, sondern Wohlgefallen gefunden haben an der Ungerechtigkeit.
V9. In diesen Versen kommt Paulus noch auf einige Besonderheiten des Antichrists zu sprechen. Der Antichrist ist nicht nur gottlos und auf sich selbst ausgerichtet, er ist auch der große Verführer. Er wirkt in „aller Macht und allen Zeichen und Wundern“. Dadurch verführt er die, die kein Leben aus Gott haben. Doch auch Gott gibt diese Dinge. Du kannst das im Leben des Herrn Jesus und der Apostel und in der ersten Gemeinde sehen (Apg 2,22; Röm 15,19; 2Kor 12,12; Heb 2,4).
Der Antichrist äfft auch darin den Herrn Jesus nach. Die Quelle, aus der er sein Handeln speist, ist die Lüge. Das bedeutet, dass Satan ihn inspiriert, denn Satan ist der Vater der Lüge (Joh 8,44). Satan tut alles, um Menschen zu verführen. Die Zeichen zu Beginn des Christentums dienten zum Segen der Gläubigen und unterstrichen die Wichtigkeit des Wortes Gottes. Das Wort Gottes war damals noch nicht vollständig. Nachdem es vollständig ist, brauchen wir nicht mehr die Bestätigung durch Zeichen und Wunder.
Wir leben in der Zeit des Glaubens, nicht des Schauens (2Kor 5,7). Gott erwartet von jedem Menschen Glauben an sein Wort. Du weißt, dass die Zeit des Glaubens ihrem Ende entgegengeht. Wir leben in den letzten Tagen. Der kommende Abfall zeichnet sich stets schärfer ab. Ein Zeichen dafür ist das abnehmende Interesse am Wort Gottes. Die Tatsache, dass sehr viele Menschen neue moderne Bibelübersetzungen kaufen, ist kein Beweis für eine Erweckung. Das entspricht mehr der Befriedigung eines spirituellen Bedürfnisses. Man liest sie parallel zum Koran. Der Sprachgebrauch ist den Erfordernissen der Zeit angepasst. Und welche Zeit ist das wieder? Genau, die Endzeit.
Sieh um dich her. Die Frage nach sichtbaren und fühlbaren Elementen, die eine Hilfe für die Glaubenserfahrung sein sollen, nimmt überhand. Christen – unter ihnen sogar echte – haben immer größeres Interesse an Formen und Reliquien. Das bereitet den Weg, auf dem „Macht und Zeichen und Wunder“ in die bekennende Gemeinde hineinkommen können. Der Geist des Antichrists ist stark am Wirken.
Filme, in denen sogenannte gute oder weiße Magie zum Einsatz kommt, um das Böse zu überwinden, werden enorm besucht. Harry Potter, Der Herr der Ringe und Narnia werden Christen „verkauft“, damit sie angeregt werden, Gutes zu tun. Was für eine Verführung! Der gegenteilige Effekt wird erreicht: Christen werden an die Magie verkauft! Und eins muss klar sein: Es gibt keine gute oder weiße Magie. Magie kommt aus der Lüge.
V10. Satan gebraucht allen „Betrug der Ungerechtigkeit“. Nichts ist ihm zu abwegig. Alles ist zu gebrauchen, wenn es nur seinem Ziel dient. Es gibt keine Spur von Aufrichtigkeit. Er wird die Menschen absolut gewissenlos manipulieren und mit sich ins Verderben reißen. Das ist sein Ziel, weil er meint, Gott damit am meisten schaden zu können. Und auch daran erkennt man, dass er Gott nicht kennt.
Sein Betrug findet gierigen Eingang nur bei „denen, die verlorengehen“. Das sind die Menschen, für die das Wort vom Kreuz Torheit ist (1Kor 1,18). Ihnen wurde das Evangelium, die Wahrheit, angeboten, aber sie haben es als lächerlich abgewiesen. Sie hatten keine Liebe zur Wahrheit. Sie wollten ihr Herz der Wahrheit nicht öffnen, die Predigt sagte ihnen nichts. Sie wollten nicht errettet werden.
V11. Darum wird Gott dafür sorgen, dass sie der Lüge glauben. Du siehst, dass es ihre eigene Entscheidung sein wird. Ihre Haltung gegenüber der Wahrheit ist daran schuld, dass sie verlorengehen. Gott wollte sie erretten (1Tim 2,4), sie wollten aber nicht. Er hat sie viele Male durch seine Knechte gebeten, sich mit Ihm versöhnen zu lassen (2Kor 5,20). Sie haben Ihn jedoch immer wieder abgewiesen. Sie gehen verloren, weil sie dem Evangelium nicht gehorcht haben (2Thes 1,8) und weil sie es nicht aufgenommen haben, so wie die Thessalonicher und du es wohl getan haben (1Thes 1,6; 2,13).
Es geht also um Menschen, denen der Weg zur Errettung vorgestellt wurde, die ihn aber nicht gegangen sind. Es geht also nicht um Menschen, die das Evangelium noch nie gehört haben. Das bedeutet, dass dieses Gericht der Verhärtung vor allem über unsere westliche Welt kommen wird, wo das Wort des Evangeliums so klar erklungen ist. Obwohl sie dann noch nicht gestorben sind, wird es für sie zu spät sein, sich noch bekehren zu können. Sie haben ihre Zeit, wie Pharao, vorübergehen lassen (Jer 46,17). Das Gericht der Verhärtung trifft die Heiden (Röm 1,22–32), trifft Israel, ausgenommen ein Überrest (Röm 11,25), und trifft hier die Christenheit nach der Entrückung der Gemeinde.
Was nach der Entrückung der Gemeinde als Christenheit übrigbleibt, ist eine christuslose Christenheit. Die Christenheit besteht dann aus Menschen, die ihr Bekenntnis als Christen ohne jegliche Verbindung mit dem Christus Gottes aufrechterhalten. Sie sind eine leichte Beute der „wirksamen Kraft des Irrwahns“, die Gott senden wird.
Es wird ihnen dann unmöglich sein, sich noch zu bekehren. Nach der Entrückung der Gemeinde gibt es also keine Gelegenheit mehr für die, die vor diesem Zeitpunkt der Wahrheit nicht geglaubt haben. Für die, die einmal das Evangelium gehört und dann abgewiesen haben, gibt es also nach der Entrückung der Gemeinde keine zweite Chance! Der Wahrheit wollten sie nicht glauben, dann werden sie der Lüge glauben.
Gott gebraucht Satan, um das Gericht, das Er festgesetzt hat, auszuführen. Er hat die Macht, Satan und seine Dämonen für die Erfüllung seiner Ziele zu gebrauchen. Er gebrauchte den Teufel, um seinen Knecht Hiob zu prüfen. Er gebrauchte einen Lügengeist, um Ahab zu verführen, damit dieser im Kampf fiele (1Kön 22,19–23).
V12. Die Vergeltung, die Gott über Menschen bringt, steht in engem Zusammenhang mit der Übertretung, die sie begangen haben (Hes 14,9). Haben diese Menschen der Lüge des Teufels den Vorzug vor der Liebe zur Wahrheit gegeben, so wird Gott dafür sorgen, dass sie die Lüge des Teufels zu ihrem eigenen Gericht annehmen. Die Lüge, der sie glauben werden, ist die Behauptung des Antichrists, dass er Gott sei (Vers 4). Du siehst, wie Gott heutzutage immer mehr aus der Gesellschaft verbannt wird und der Mensch immer mehr in den Mittelpunkt rückt. Nun, bald wird die Bewunderung des Menschen für den Menschen ihre Vollendung finden, die nicht rückgängig gemacht werden kann, wenn nämlich der Mensch seine ganze Huldigung dem Menschen der Sünde darbringen wird.
Das ist die Folge davon, dass man der Wahrheit nicht glaubt. Es geht um den Glauben an die Wahrheit. Das ist nicht eine Sache des Verstandes, sondern des Herzens. Daher hast du soeben von der „Liebe“ zur Wahrheit gelesen. Liebe ist eine Sache des Herzens. Die Wahrheit ist daher auch keine theoretische, theologische Kenntnis des Kopfes, sondern die Beziehung zu einer Person. Diese Person ist der Herr Jesus.
Er ist die Wahrheit (Joh 14,6). Willst du die Wahrheit über Gott wissen? Du lernst sie kennen, wenn du dich mit Ihm beschäftigst. Willst du die Wahrheit über den Menschen wissen? Dann musst du auf Ihn sehen. Was ein Mensch für Gott sein soll, siehst du an Ihm. Was der Mensch als Sünder ist, fehlt bei Ihm vollständig. Jede Tat, jedes Wort, jeder Gedanke Gottes wird an Ihm vollkommen sichtbar und ist gleichzeitig Maßstab für alles, was du als Mensch tust, sagst und denkst.
Wer der Wahrheit nicht glaubt, keine innere Verbindung zu ihr hat und keine Liebe zu ihr empfindet, legt seine eigenen Normen zugrunde. Das sind per Definition Normen, die den sündigen Menschen so leben lassen, wie er das gern will. Ein solches Leben zeigt sich in „Wohlgefallen ... an der Ungerechtigkeit“. Der Mensch wählt wohlüberlegt und bewusst die Befriedigung der Bedürfnisse des eigenen Ichs. Was Gott will und was zur Ehre des Herrn Jesus ist, kommt ihm nicht in den Sinn. Das Gericht Gottes an ihm ist gerecht.
Lies noch einmal 2. Thessalonicher 2,9–12.
Frage oder Aufgabe: Was fängst du mit dem an, was du hier über die schreckliche Zukunft der Ungläubigen gelernt hast?
13 - 17 Auserwählung und Berufung
13 Wir aber sind schuldig, Gott allezeit für euch zu danken, vom Herrn geliebte Brüder, dass Gott euch von Anfang erwählt hat zur Errettung in Heiligung des Geistes und im Glauben an die Wahrheit, 14 wozu er euch berufen hat durch unser Evangelium, zur Erlangung der Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus. 15 Also nun, Brüder, steht fest und haltet die Überlieferungen, die ihr gelehrt worden seid, sei es durch Wort oder durch unseren Brief. 16 Er selbst aber, unser Herr Jesus Christus, und Gott, unser Vater, der uns geliebt und uns ewigen Trost und gute Hoffnung gegeben hat durch die Gnade, 17 tröste eure Herzen und befestige euch in jedem guten Werk und Wort.
Dieser Abschnitt beginnt mit „Wir aber“. Das, was jetzt folgt, steht in schroffem Gegensatz zu dem, was vorausgegangen ist. Eine kurze Wiederholung wird – denke ich – nicht schaden. Im Vorhergehenden hat Paulus Irrtümer angesprochen, die es bezüglich des Tages des Herrn gab. Verführer waren mit diesen Irrtümern aufgetreten. In Kapitel 1 ermutigt er die Thessalonicher, auf das Kommen des Herrn zu warten, und spornt sie an, bis zu diesem Zeitpunkt für den Namen des Herrn zu leiden. In Kapitel 2 geht Paulus näher auf den Irrtum ein. Er zeigt, dass der Tag des Herrn noch nicht gekommen ist.
In Kapitel 1 weist er auf den Charakter dieses Tages hin. Er beschreibt, dass die Situation dann genau umgekehrt sein wird zu der Situation, in der sie sich jetzt befinden. In Kapitel 2 erklärt er, warum dieser Tag noch nicht gekommen sein kann: weil zuvor andere Ereignisse stattfinden müssen. Zuerst der Antichrist, dann der Abfall. Aber auch der Antichrist kann erst kommen, wenn etwas und jemand weggenommen sind: die Gemeinde und der Heilige Geist. Danach kann das Böse losbrechen, jedoch auch dann noch nicht in vollem Ausmaß. Das volle Ausmaß des Bösen wird sich offenbaren, wenn der Teufel auf die Erde geworfen sein wird und seine dämonische Regierung beansprucht und sie ausübt (Off 12,7–18). Das ist ungefähr dreieinhalb Jahre nach der Entrückung der Gemeinde. Dann sind alle Bremsen gelöst.
Paulus weist auch auf die Menschen hin, die zurückbleiben (Vers 12). Nach der Entrückung der Gemeinde werden sicherlich Menschen zur Bekehrung kommen. Das wird durch die Predigt von gläubigen Juden geschehen. Das sind jedoch nicht die Menschen aus Vers 12, Menschen, die sich bewusst geweigert haben, dem Evangelium zu glauben. Über sie kommt das Gericht der Verhärtung. Sie werden der Lüge des Antichrists glauben und im Unglauben mit ihm umkommen. Es gibt nicht so etwas wie eine zweite Chance.
V13. Wenn du bedenkst, dass du von solchen Menschen umgeben bist, könntest du dadurch fast entmutigt werden. Vielleicht denkst du in einem schwachen Augenblick sogar: Könnte das wohl auch mein Los sein? Nun, Paulus beruhigt dich. Er nennt die Thessalonicher – und du darfst dich mit ihnen angesprochen fühlen – „vom Herrn geliebte Brüder“. Das sagt man nicht zu Menschen, die keine Liebe zur Wahrheit haben. Das sagt man zu solchen, die die Wahrheit von Herzen lieben. Wer die Wahrheit liebt, wird vom Herrn geliebt.
Paulus hat das dunkle Bild des Loses beschrieben, das den Antichrist und seine Anhänger treffen wird, wenn die Gemeinde entrückt ist. Die Verfolger und Bedränger, die den Thessalonichern nun noch nachstellten und sie verfluchten, würden dieses Los teilen. Es muss ihnen inmitten all ihrer Leiden gut getan haben zu hören, dass Paulus Gott allezeit für sie dankt. Es muss ihnen auch gut getan haben zu hören, dass sie von Gott zur Errettung auserwählt waren. Das beendet alle Zweifel.
Hinzu kommt noch eine weitere Ermutigung. Gott hatte sie „von Anfang an“ oder „als Erstlingsfrucht“ erwählt. Das zeigt, dass sie einen besonderen Platz vor Gott einnahmen. Wenn von einer „Erstlingsfrucht“ die Rede ist, bedeutet das, dass noch weitaus mehr folgt. „Erstling“ weist auf eine Ernte hin, die noch folgt. So waren die Thessalonicher die Ersten einer großen Ernte von Gläubigen, die Gott einbringen wird (vgl. Röm 16,5; 1Kor 16,15; Off 14,4). Die Gemeinde wird erst dann vollzählig sein, wenn alle, die Gott auserwählt hat, errettet sind. Wenn die letzte Seele hinzugefügt ist, ist die Gemeinde vollständig und wird entrückt. Die Thessalonicher waren der Anfang dieses großen Werkes Gottes. In ihnen sah Gott gleichsam die Gesamtheit der Erlösten. Das muss eine große Freude für sein Herz gewesen sein.
Wie konnte Paulus nun wissen, dass Gott sie auserwählt hatte? Das konnte er aufgrund der Früchte sagen, die er in ihrem Leben sah. Und wer von Gott erwählt ist, wird errettet werden. Die Errettung steht hier im Gegensatz zum ewigen Verderben (2Thes 1,9). Errettung bedeutet, dass man sicher an seinem Bestimmungsort ankommt und die völlige Ruhe erreicht.
Gott hat seine Auserwählung durch das Werk des Geistes in deinem Herzen und Gewissen bestätigt. Der Geist hat dich geheiligt, von der Welt abgesondert, damit du für Gott da bist (1Pet 1,2). Hier siehst du die Seite des Werkes Gottes in dir. Es gibt auch eine andere Seite, nämlich deine Seite, nämlich dass du der Wahrheit geglaubt hast. Du hast erkannt, dass das, was Gott über die Sünde und den Sünder sagt, auch für dich gilt, und hast das Evangelium angenommen.
V14. Das Evangelium war der Ruf Gottes. Dadurch hat Er dich gerufen, und das hast du geglaubt. Du darfst wissen, dass du an der Herrlichkeit des Herrn teilhaben wirst. Ist das nichts? Noch ist es aber nicht so weit, noch gilt es, etwas zu warten. Die Sache steht jedoch fest. Du wirst die Herrlichkeit bekommen, die dem Herrn Jesus eigen ist. In seiner Fülle übertrifft das das Erbteil im Friedensreich. Du kannst hier an die Herrlichkeit denken, die der Herr Jesus von seinem Vater für das Werk am Kreuz bekommen hat, wo Er den Vater verherrlicht hat (Joh 17,4.5). Diese Herrlichkeit wird Er mit allen teilen, die mit Ihm im Vaterhaus sein werden (Joh 17,22). Ist das nicht gewaltig?
V15. Wenn das also für dich vorbereitet ist, brauchst du dich nicht mehr verwirren zu lassen. Der Feind wird alles aufbieten, um diese Aussicht aus deinen Gedanken wegzunehmen. Das sollte dich jedoch gerade motivieren, festzustehen. Wenn du diese deine Berufung in Erinnerung behältst, macht dich das geistlich stabil. Die Festigkeit liegt nicht in sogenannten Briefen oder Offenbarungen begründet, die Menschen angeblich gehabt haben (Vers 2). Die Festigkeit liegt darin, dass du die Belehrungen des Apostels zu Herzen nimmst. Er erinnert sie an die Überlieferungen, die er sie gelehrt hatte.
Das hatte er zunächst mündlich getan, als er bei ihnen war. Später tat er es durch seinen ersten Brief an sie und auch durch diesen zweiten Brief. Wenn sie die Überlieferungen ernstnahmen und erkannten, dass sie im Namen Gottes gegeben waren, weil Paulus sie von Gott empfangen hatte (vgl. Gal 1,12), würden sie sich daran halten. Sie würden dann auch nicht den falschen Lehrern mit ihren verderblichen und beunruhigenden Lehren zur Beute werden.
Indem er das niederschrieb, was er ihnen zuerst mündlich mitgeteilt hatte, haben die Überlieferungen einen dauerhaften und auch unveränderlichen Charakter bekommen. Das ist sehr wichtig für uns. Wir brauchen keine neuen mündlichen Überlieferungen mehr zu erwarten. Jeder, der mit einer „neuen“ Mitteilung kommt, um der Schrift etwas hinzuzufügen, kann als Betrüger entlarvt werden. Die Schrift ist vollständig. Was das betrifft, kannst du beruhigt sein. Alles, was Gott dich wissen lassen will, ist in der Bibel verankert, die du in Händen hältst. Wenn du anhand der Bibel prüfst, was jemand dich glauben lassen will, läufst du nicht Gefahr, deine Festigkeit zu verlieren.
V16. In den Schlussworten dieses Kapitels fügt Paulus noch etwas hinzu. Er hat darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, an den Überlieferungen festzuhalten – das ist die Schrift. Nun weist er nachdrücklich auf zwei göttliche Personen hin. Er macht das Festhalten an der Schrift zu einer Sache des Herrn Jesus und Gottes. Du kannst dabei an die Liebe denken, die diese beiden göttlichen Personen zu dir haben. All ihre Liebe richtet sich auf dich. Ihre Liebe zu dir haben sie bewiesen, als der Herr Jesus unter dem Gericht Gottes für dich starb (Joh 3,16; Gal 2,20).
Dadurch hast du „ewigen Trost“ bekommen. Als du noch unbekehrt warst, kam der Augenblick, wo du dich vor dem Zorn Gottes fürchtetest. Du sahst keinen Ausweg mehr. Dann kamst du zum Glauben an den Herrn Jesus, der Zorn Gottes wurde abgewendet und du fandest Trost bei Ihm (Jes 12,1). Auch als Gläubiger hast du ihren Trost in allerlei Situationen der Traurigkeit und der Verzweiflung erfahren, weil Gott der Gott allen Trostes ist (2Kor 1,3.4). Diesen Trost wirst du auch in der Ewigkeit erfahren (vgl. Lk 16,25; Off 7,17).
Diese beiden göttlichen Personen haben dir auch gute Hoffnung gegeben. Wenn du dich Irrlehrern öffnest, wirst du unsicher. Dann verlierst du den Blick für das, was Gott für dich bereitet hat. Dem steht die gute Hoffnung gegenüber. Biblische Hoffnung ist eine Sicherheit. Gott ist ja der Gott der Hoffnung (Röm 15,13). Bei Ihm ist nichts unsicher. Hier ist von Hoffnung die Rede, weil die Erfüllung in der Zukunft liegt, wofür Gott der Garant ist. Wenn du wissen darfst, dass der Trost und die Hoffnung dein Teil sind, ist das nichts, wessen du dich rühmen könntest. Sie sind durch die Gnade Gottes dein Teil. Ihm sei dafür alle Ehre!
V17. Paulus schließt mit einem Wunsch. Er wünscht, dass der Herr Jesus und Gott der Vater in den Herzen der Thessalonicher etwas bewirken. Sie sollen die Liebe dieser göttlichen Personen kennen, und sie dürfen auch wissen, dass sie ewigen Trost und gute Hoffnung bekommen haben, obwohl noch eine Wegstrecke zu gehen ist. Das heißt nicht, dass du dich mit verschränkten Armen hinsetzt und auf die Erfüllung der Hoffnung wartest. Nein, alles, was du tust („Werk“) und sagst („Wort“), soll nützlich und eine Hilfe und Wohltat für andere sein. Da alle Aktivitäten aus deinem Herzen hervorkommen (Spr 4,23), blickt Paulus auf zu Gott und dem Herrn Jesus, dass sie dein Herz in dieser Hinsicht trösten und stärken. Im folgenden Kapitel bekommst du dazu praktische Belehrungen.
Lies noch einmal 2. Thessalonicher 2,13–17.
Frage oder Aufgabe: Was lernst du in diesen Versen über die Auserwählung und Berufung?